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Polizeinotizen Scheune in Flammen STUTTGART. Eine Scheune eines land- wirtschaftlichen Betriebs zwischen Mühlhausen und Kornwestheim ist am späten Mittwochabend in Flammen auf- gegangen. Der Alarm ging um 23.09 Uhr ein, die Feuerwehr konnte schnell lö- schen. Die Ursache liegt laut einem Poli- zeisprecher in einem Heizungsraum. Zeugen gesucht STUTTGART. Nach einem Zusammenstoß zwischen einem Lastwagen und einem Mercedes am Mittwoch gegen 15.45 Uhr in der Motorstraße in Weilimdorf sucht die Polizei Zeugen. Der 41 Jahre alte Lkw-Fahrer war aus einem Firmengelän- de gefahren, kollidierte mit einer A- Klasse einer 28-jährigen Fahrerin. Die Verkehrspolizei bittet um Hinweise unter der Rufnummer 07 11 / 89 90 - 52 00. Drogengeschäft gestoppt STUTTGART. Polizisten haben am Diens- tagabend in den Mittleren Schlossgarten- anlagen einen 22-Jährigen festgenom- men, der kurz zuvor Rauschgift verkauft haben soll. Der Verdächtige war bereits am Sonntag erwischt worden, nun wurde er beim Verkauf von mehreren Gramm Marihuana beobachtet. Die Staatsan- waltschaft beantragte Haftbefehl. Polizei erschnüffelt Drogen WAIBLINGEN. Ihr guter Riecher hat Poli- zisten am Dienstag zu einer Cannabis- Zuchtanlage geführt. Als die Beamten einen 38-Jährigen baten, seine Woh- nungstür in der Straße am Wasserturm zu öffnen, roch es nach Cannabis. In der Wohnung fanden sie eine Cannabis- Zuchtanlage und Amphetamin. Im Gar- ten lagen 23 Cannabispflanzen, die der Mann zum Fenster hinausgeworfen hatte. Radmuttern gelöst OSTFILDERN. Ein Klack-Geräusch hat eine 23-Jährige am Montag vor einem Unglück bewahrt. Als sie in der Straße Im Holder in Ostfildern anfuhr, hörte sie ein Klacken. Ein Mechaniker fand die Ursache: Jemand hatte drei Muttern am linken Vorderrad gelöst. Die Polizei er- mittelt wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. DNA entlarvt Räuber SINDELFINGEN. Am 30. Oktober 2013 hatte ein mit einem Messer bewaffneter Räuber in einem Sindelfinger Einkaufs- markt vom Kassierer 1000 Euro erpresst. Durch DNA-Spuren an der Mütze, die der Mann am Tatort verloren hatte, stieß die Polizei jetzt auf einen Tatverdächti- gen: ein 28-Jähriger, der mehrfach wegen Diebstählen und Drogendelikten vorbe- straft ist. Er sitzt in U-Haft. Autodiebe gefasst MURR. Zwei Diebe, die am Sonntag im Murr (Kreis Ludwigsburg) in ein Haus eingestiegen sind und mit dem erbeute- ten Autoschlüssel einen VW Tiguan ge- stohlen haben, sind der Polizei ins Netz gegangen. Die beiden 33 und 31 Jahre alten Männer wurden auf der A 70 bei Bayreuth festgenommen. Dabei entdeck- ten die Fahnder auch eine kleinere Men- ge der Droge Amphetamin. Die beiden Ganoven sitzen jetzt in Untersuchungs- haft. Es wird geprüft, ob sie am 25. Feb- ruar in Ditzingen-Heimerdingen einen Porsche Panamera gestohlen haben. Info Journalisten-Austausch ¡ Die Stuttgarter Nachrichten beteiligen sich am Austauschprojekt „Nahaufnahme“ des Goethe-Instituts. Die portugiesische Re- dakteurin Maria João Guimarães war be- reits in unserer Redaktion zu Gast. ¡ Im Moment arbeitet unsere Redakteurin Regine Warth in Lissabon bei der Zeitung „Público“. Ein Schwabe in Portugal: Hans-Peter Heilmair kennt die Calçadas, die kleinen Gässchen in Lissabon, wie seine Westentasche. Seit 18 Jahren arbeitet er hier als Fremdenführer Fotos: Regine Warth Von Regine Warth aus Lissabon LISSABON. Der Weg führt hinauf – wie so oft in Lissabon, der Stadt mit den sieben Hü- geln. Über die rutschigen und holprigen Pflastersteine der Calçadas, der kleinen Gässchen. An diesem Frühlingstag wird einem ein Lissabon vorgestellt, wie es in kei- nem Reiseführer zu finden ist – und auf kei- ner Postkarte. Es soll das wahre Lissabon sein, heißt es am Telefon. Und so reicht man dem Mann mit Schiebermütze, Bart, Horn- brille und verschmitztem Lächeln die Hand und sagt: „Grüß Gott!“ Hans-Peter Heilmair ist portugiesischer Schwabe oder schwäbischer Portugiese – wie man eben möchte. Seit 18 Jahren lebt der gebürtige Stuttgarter schon in Lissabon. Museen und Denkmäler sind auf seinen Stadtspaziergängen gestrichen. Wer mit ihm unterwegs ist, muss sich vor Hundedreck auf dem Bürgersteig vorsehen und auch mal ren- nen, um die Fähre über den Tejo noch zu er- wischen. Und er muss vor allem Treppchen steigen, denn aus nichts anderem besteht Al- fama, eines der ältesten Viertel Lissabons. Ruhig schreitet Hans-Peter Heilmair vo- ran und erzählt von seiner Jugend in Stutt- gart, wo er an der Mönchheide aufgewach- sen ist und im Wagenburg-Gymnasium zur Schule ging. Er erzählt von seiner Studen- tenzeit in Freiburg. Aber noch mehr erzählt der 56-Jährige von der Sprache – Portugie- sisch. Darin, wo das ungeübte Ohr nur ein Nuscheln hört, erkennt er klangvolle Worte, die ihn schon beim ersten Hören faszinier- ten. In Freiburg studierte er die Sprache, in Lissabon lebte er sie. Doch erst mit seiner zweiten Frau Susanne fand er dort eine Hei- mat. Sie arbeitet als Deutschlehrerin, er als Fremdenführer und Sprachlehrer für Tou- risten. Ihr gemeinsamer Sohn Baltasar wächst somit zweisprachig auf „na, eigentlich dreisprachig“, korrigiert sich Heilmair. Mit Portugiesisch, Deutsch und Schwäbisch. Das Treppensteigen wird belohnt. Oben angekommen, liegt einem Lissabon zu Fü- ßen. Miradouros heißen diese Aussichts- punkte im Portugiesischen, die einen schö- nen Blick versprechen. Doch wer dem ausge- streckten Arm von Heilmair folgt, sieht auch die Löcher und die Fadenscheinigkeit des in dem aus der Ferne so prächtig aussehenden Häuserteppich, der sich bis zum Tejo aus- breitet. Alles Ergebnisse einer fehlorientier- ten Sparpolitik. Sie wirkt sich auf die alten Häuser aus, die längst renoviert gehören. Doch dann stockt der Geldfluss und damit auch die Bauarbei- ten. Statt einem neuen Dach gibt es einen Hut aus Wellblech. Ein Provisorium auf Zeit, das sich irgendwann ganz selbstverständ- lich in das Stadtbild einfügt. Anderswo ver- fallen die Häuser vollends: Gras wächst aus den Fugen. Damit die skelettierten Überres- te nicht einstürzen, sind die Fenster zuge- mauert. Teils steckt dahinter Kalkül: Weil sich mit den Mieten kaum was verdienen lässt, warten viele Besitzer ab, bis das Haus sich nicht mehr renovieren lässt, um es dann ganz abzustoßen. Denn Bauplätze bringen hier noch Geld. Teils ist es aber auch die langwierige Bürokratie der Stadtverwal- tung, die renovierungswillige Hausbesitzer resignieren lässt. Auch Heilmair schüttelt den Kopf und wendet sich ab. Das Bruddeln und Schimpfen, das hat sich Heilmair ebenso bewahrt wie sein breites Schwäbisch. „O saco“, wie auf Portugiesisch die Tüten genannt werden, ist bei ihm „a Gugg“ (also eine Tüte). Und die ehrwürdige Electrico, die kleine gelbe Tram, ist für ihn „d’ Stroßaboh“. Mit ihr hat er schon zu sei- ner Studentenzeit die Stadt entdeckt: „An- fangs bin ich alle Linien abgefahren – bis ich alle Viertel in- und auswendig kannte.“ Noch heute sind die Busse und die Metro, die Straßenbahnen und die Elevadores, die den Weg bergauf erleichtern, sein Hobby. Nur mit der Pünktlichkeit nimmt es die portugie- sische Variante des ÖPNV nicht ganz so ge- nau wie in der schwäbischen Heimat. In vier Minuten soll der Bus kommen, der zum Fährhafen fahren soll. Nach zehn Minuten ist er immer noch nicht da. Heilmair beru- higt – wie alle Portugiesen: „Há-de chegar“, er wird schon bald kommen. In Almada, drüben auf der anderen Seite des Tejo, ist vom geschäftigen Treiben der Hauptstadt wenig zu spüren. In dem ehema- ligen Werftarbeiter- und Fischerstädtchen zeigt sich diese Flussseite eher so wie der Te- jo selbst: gemächlich. Dass die Portugiesen aber auch durchaus anders können, zeigt sich an den Straßenschildern, wie etwa dem der Rua Cândido Capilé: Zu Ehren des gleichnamigen Kommunisten, der beim Arbeiteraufstand in den 60er Jahren ums Leben kam, zieren das Schild nun Hammer und Sichel. „Die Leute kämpften damals für bessere Arbeitsbedingungen“, sagt Heil- mair. Die Protestkultur der Portugiesen gehört zu seinen Lieblingsthemen. Umso mehr mag er Almada und seine Bewohner, die meist aus der südportugiesischen Provinz Alentejo stammen. Die Geschichte der Landarbeiter, die im Faschismus unterdrückt wurden, dann in landwirtschaftlichen Zusammen- schlüssen das Land bebauen durften und seit den 80er Jahren nun mit ansehen muss- ten, wie das Land mehr und mehr von großen ausländischen Agrar-Unternehmen über- nommen wurde, erzählt Heilmair gern und ausführlich. Auf seinen Touren darf daher ein Abstecher in das Kultur- und Vereins- haus Casa de Alentejo in der Lissabonner Altstadt nicht fehlen. In dem alten neomau- rischen Palast treffen sich die Auswanderer aus dem Süden, veranstalten Ausstellungen, Lesungen und singen die alten Lieder. In Stuttgart würde man Lonha, wie Heilmair in Schwaben und Portugal genannt wird, wohl im Waldheim Gaisburg antreffen. Hier enga- giert er sich in der Arbeiterpartei PCP für ein sozialeres Lissabon. Er gehört nicht zu der Gruppe deutscher Auswanderer, die den schlechten wirtschaftlichen Zustand Portu- gals zwar hautnah erleben, aber nicht un- mittelbar davon betroffen sind. Er zeigt zwar Fremden, wie das wahre Lissabon ist. Er möchte es aber verändern, damit es nicht so bleibt. Denn er will bleiben. „Hier ist mein Zuhause.“ Hier bewohnt er mit seiner Fami- lie eine Mietwohnung am Cemitério do Alto de São João, dem größten Friedhof Lissa- bons. Das Haus hat einen winzigen Garten, in dem man sich mit den Nachbarn trifft, um über Politik, Fußball oder die Arbeit zu reden. Ob man es schade gefunden hätte, keine Museen oder Kirchen von innen gesehen zu haben. fragt Heilmair nach dem Stadtspa- ziergang? Das Kopfschütteln quittiert er mit seinem verschmitzten Lächeln. „Das steht ja auch in jedem Reiseführer.“ ¡ Hans-Peter Heilmair bietet seine Stadt- spaziergänge Lissabon über das soziale Netzwerk Facebook an, www.face- book.de. Kontaktaufnahme auch per E- Mail möglich: [email protected] Der portugiesische Schwabe Stuttgarter weltweit: Vor 18 Jahren ist Hans-Peter Heilmair nach Portugal ausgewandert – heute führt er Touristen durch Lissabon Wer mit Hans-Peter Heilmair Lissabon erkundet, braucht festes Schuhwerk und eine gute Kondition. Belohnt wird der Aufstieg durch die kleinen Gässchen mit einem atemberaubenden Ausblick – und vielen Geschichten rund um die Stadt, die der Stuttgarter zu seiner neuen Heimat erkoren hat. Der prächtige Häuserteppich der Stadt hat Löcher – ein Ergebnis der Sparpolitik Die Protestkultur der Portugiesen gehört zu Heilmairs Lieblingsthemen Die Mühe lohnt sich: Die steilen Gässchen führen zu den Miradouros, den Aussichtspunkten Lissabons EXTREMWERTE in Stuttgart in ° C: SONNE / MOND REISEWETTER Nach Nebelauflösung sonnig und frühlingshaft warm LAGE HEUTE AUSSICHTEN BIOWETTER Die in unsere Region eingeströmten Mee- resluftmassen gelangen unter Hochdruck- einfluss und erwärmen sich. Nach örtlichen Frühnebelfeldern scheint verbreitet die Frühlingssonne. Dabei er- wärmt sich die Luft im Tagesverlauf auf Temperaturen von 22 bis 23 Grad. Der Wind weht schwach aus Süd. In der Nacht bleibt der Himmel überwiegend klar. Morgen ist es anfangs noch freundlich, später wolkig. Am Samstag ziehen von Westen her Wolken mit Regen auf. Das Befinden wird wetterbedingt nicht un- günstig beeinflusst. Konzentrations- und Leistungsfähigkeit liegen im Bereich der Norm, und auch die Stimmung ist über- wiegend ausgeglichen. Der Kondition an- gepasste Bewegung im Freien fördert die allgemeine Gesundheit und stärkt außer- dem die Abwehrkräfte. GESTERN in Stuttgart in °C Höchstwert (bis 16 Uhr): Tiefstwert: 13,8 8,7 UMWELTDATEN Mikrogramm pro Kubik- meter Luft, in Stuttgart- Bad Cannstatt, gestern 15 Uhr (Quelle LUBW): Feinstaub: (Vorsorgewert: 50) Stickstoffdioxid: (Vorsorgewert: 135) Ozon: (Richtwert: 180) sonnig heiter wolkig bedeckt Regen Schnee Schauer Gewitter Hochdruck- zentrum Tiefdruck- zentrum Warmfront Okklusion Kaltluft Kaltfront Warmluft Wetter: 18 14 76 POLLENFLUG Heute wird eine schwache Belastung durch Hasel- und eine mäßige Belastung durch Erlenpollen erwartet. 20 Nummer 66 • Donnerstag, 20. März 2014 Stuttgart und die Region

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Polizeinotizen

Scheune in FlammenSTUTTGART. Eine Scheune eines land­wirtschaftlichen Betriebs zwischenMühlhausen und Kornwestheim ist amspäten Mittwochabend in Flammen auf­gegangen. Der Alarm ging um 23.09 Uhrein, die Feuerwehr konnte schnell lö­schen. Die Ursache liegt laut einem Poli­zeisprecher in einem Heizungsraum.

Zeugen gesuchtSTUTTGART. Nach einem Zusammenstoßzwischen einem Lastwagen und einemMercedes am Mittwoch gegen 15.45 Uhrin der Motorstraße in Weilimdorf suchtdie Polizei Zeugen. Der 41 Jahre alteLkw­Fahrer war aus einem Firmengelän­de gefahren, kollidierte mit einer A­Klasse einer 28­jährigen Fahrerin. DieVerkehrspolizei bittet um Hinweise unterder Rufnummer 07 11 / 89 90 ­ 52 00.

Drogengeschäft gestopptSTUTTGART. Polizisten haben am Diens­tagabend in den Mittleren Schlossgarten­anlagen einen 22­Jährigen festgenom­men, der kurz zuvor Rauschgift verkaufthaben soll. Der Verdächtige war bereitsam Sonntag erwischt worden, nun wurdeer beim Verkauf von mehreren GrammMarihuana beobachtet. Die Staatsan­waltschaft beantragte Haftbefehl.

Polizei erschnüffelt DrogenWAIBLINGEN. Ihr guter Riecher hat Poli­zisten am Dienstag zu einer Cannabis­Zuchtanlage geführt. Als die Beamteneinen 38­Jährigen baten, seine Woh­nungstür in der Straße am Wasserturmzu öffnen, roch es nach Cannabis. In derWohnung fanden sie eine Cannabis­Zuchtanlage und Amphetamin. Im Gar­ten lagen 23 Cannabispflanzen, die derMann zum Fenster hinausgeworfen hatte.

Radmuttern gelöstOSTFILDERN. Ein Klack­Geräusch hateine 23­Jährige am Montag vor einemUnglück bewahrt. Als sie in der StraßeIm Holder in Ostfildern anfuhr, hörte sieein Klacken. Ein Mechaniker fand dieUrsache: Jemand hatte drei Muttern amlinken Vorderrad gelöst. Die Polizei er­mittelt wegen gefährlichen Eingriffs inden Straßenverkehr.

DNA entlarvt RäuberSINDELFINGEN. Am 30. Oktober 2013hatte ein mit einem Messer bewaffneterRäuber in einem Sindelfinger Einkaufs­markt vom Kassierer 1000 Euro erpresst.Durch DNA­Spuren an der Mütze, dieder Mann am Tatort verloren hatte, stießdie Polizei jetzt auf einen Tatverdächti­gen: ein 28­Jähriger, der mehrfach wegenDiebstählen und Drogendelikten vorbe­straft ist. Er sitzt in U­Haft.

Autodiebe gefasstMURR. Zwei Diebe, die am Sonntag imMurr (Kreis Ludwigsburg) in ein Hauseingestiegen sind und mit dem erbeute­ten Autoschlüssel einen VW Tiguan ge­stohlen haben, sind der Polizei ins Netzgegangen. Die beiden 33 und 31 Jahrealten Männer wurden auf der A 70 beiBayreuth festgenommen. Dabei entdeck­ten die Fahnder auch eine kleinere Men­ge der Droge Amphetamin. Die beidenGanoven sitzen jetzt in Untersuchungs­haft. Es wird geprüft, ob sie am 25. Feb­ruar in Ditzingen­Heimerdingen einenPorsche Panamera gestohlen haben.

Info

Journalisten-Austausch

¡ Die Stuttgarter Nachrichten beteiligen sicham Austauschprojekt „Nahaufnahme“ desGoethe-Instituts. Die portugiesische Re-dakteurin Maria João Guimarães war be-reits in unserer Redaktion zu Gast.

¡ Im Moment arbeitet unsere RedakteurinRegine Warth in Lissabon bei der Zeitung„Público“.

Ein Schwabe in Portugal: Hans-Peter Heilmair kennt die Calçadas, die kleinen Gässchen in Lissabon,wie seineWestentasche. Seit 18 Jahren arbeitet er hier als Fremdenführer Fotos: RegineWarth

Von Regine Warth

aus Lissabon

LISSABON. Der Weg führt hinauf – wie so oftin Lissabon, der Stadt mit den sieben Hü­geln. Über die rutschigen und holprigenPflastersteine der Calçadas, der kleinenGässchen. An diesem Frühlingstag wirdeinem ein Lissabon vorgestellt, wie es in kei­nem Reiseführer zu finden ist – und auf kei­ner Postkarte. Es soll das wahre Lissabonsein, heißt es am Telefon. Und so reicht mandem Mann mit Schiebermütze, Bart, Horn­brille und verschmitztem Lächeln die Handund sagt: „Grüß Gott!“

Hans­Peter Heilmair ist portugiesischerSchwabe oder schwäbischer Portugiese –wie man eben möchte. Seit 18 Jahren lebt dergebürtige Stuttgarter schon in Lissabon.Museen und Denkmäler sind auf seinenStadtspaziergängen gestrichen. Wer mit ihmunterwegs ist, muss sich vor Hundedreck aufdem Bürgersteig vorsehen und auch mal ren­nen, um die Fähre über den Tejo noch zu er­wischen. Und er muss vor allem Treppchensteigen, denn aus nichts anderem besteht Al­fama, eines der ältesten Viertel Lissabons.

Ruhig schreitet Hans­Peter Heilmair vo­ran und erzählt von seiner Jugend in Stutt­gart, wo er an der Mönchheide aufgewach­sen ist und im Wagenburg­Gymnasium zurSchule ging. Er erzählt von seiner Studen­tenzeit in Freiburg. Aber noch mehr erzähltder 56­Jährige von der Sprache – Portugie­sisch. Darin, wo das ungeübte Ohr nur einNuscheln hört, erkennt er klangvolle Worte,die ihn schon beim ersten Hören faszinier­ten. In Freiburg studierte er die Sprache, inLissabon lebte er sie. Doch erst mit seinerzweiten Frau Susanne fand er dort eine Hei­mat. Sie arbeitet als Deutschlehrerin, er alsFremdenführer und Sprachlehrer für Tou­risten. Ihr gemeinsamer Sohn Baltasarwächst somit zweisprachig auf – „na,eigentlich dreisprachig“, korrigiert sichHeilmair. Mit Portugiesisch, Deutsch undSchwäbisch.

Das Treppensteigen wird belohnt. Obenangekommen, liegt einem Lissabon zu Fü­ßen. Miradouros heißen diese Aussichts­punkte im Portugiesischen, die einen schö­nen Blick versprechen. Doch wer dem ausge­streckten Arm von Heilmair folgt, sieht auchdie Löcher und die Fadenscheinigkeit des indem aus der Ferne so prächtig aussehendenHäuserteppich, der sich bis zum Tejo aus­breitet. Alles Ergebnisse einer fehlorientier­ten Sparpolitik.

Sie wirkt sich auf die alten Häuser aus, dielängst renoviert gehören. Doch dann stockt

der Geldfluss und damit auch die Bauarbei­ten. Statt einem neuen Dach gibt es einenHutausWellblech.EinProvisoriumaufZeit,das sich irgendwann ganz selbstverständ­lich in das Stadtbild einfügt. Anderswo ver­fallen die Häuser vollends: Gras wächst ausden Fugen. Damit die skelettierten Überres­te nicht einstürzen, sind die Fenster zuge­mauert. Teils steckt dahinter Kalkül: Weilsich mit den Mieten kaum was verdienenlässt, warten viele Besitzer ab, bis das Haussich nicht mehr renovieren lässt, um es dannganz abzustoßen. Denn Bauplätze bringenhier noch Geld. Teils ist es aber auch dielangwierige Bürokratie der Stadtverwal­tung, die renovierungswillige Hausbesitzerresignieren lässt. Auch Heilmair schütteltden Kopf und wendet sich ab.

DasBruddelnundSchimpfen,dashatsichHeilmair ebenso bewahrt wie sein breitesSchwäbisch. „O saco“, wie auf Portugiesischdie Tüten genannt werden, ist bei ihm „aGugg“ (also eine Tüte). Und die ehrwürdigeElectrico, die kleine gelbe Tram, ist für ihn„d’ Stroßaboh“. Mit ihr hat er schon zu sei­ner Studentenzeit die Stadt entdeckt: „An­fangs bin ich alle Linien abgefahren – bis ichalle Viertel in­ und auswendig kannte.“Noch heute sind die Busse und die Metro, dieStraßenbahnen und die Elevadores, die denWeg bergauf erleichtern, sein Hobby. Nurmit der Pünktlichkeit nimmt es die portugie­sische Variante des ÖPNV nicht ganz so ge­nau wie in der schwäbischen Heimat. In vierMinuten soll der Bus kommen, der zumFährhafen fahren soll. Nach zehn Minutenist er immer noch nicht da. Heilmair beru­higt – wie alle Portugiesen: „Há­de chegar“,er wird schon bald kommen.

In Almada, drüben auf der anderen Seitedes Tejo, ist vom geschäftigen Treiben derHauptstadt wenig zu spüren. In dem ehema­ligen Werftarbeiter­ und Fischerstädtchenzeigt sich diese Flussseite eher so wie der Te­jo selbst: gemächlich. Dass die Portugiesenaber auch durchaus anders können, zeigtsich an den Straßenschildern, wie etwa demder Rua Cândido Capilé: Zu Ehren desgleichnamigen Kommunisten, der beimArbeiteraufstand in den 60er Jahren umsLeben kam, zieren das Schild nun Hammerund Sichel. „Die Leute kämpften damals fürbessere Arbeitsbedingungen“, sagt Heil­mair.

Die Protestkultur der Portugiesen gehörtzu seinen Lieblingsthemen. Umso mehr mager Almada und seine Bewohner, die meist ausder südportugiesischen Provinz Alentejostammen. Die Geschichte der Landarbeiter,die im Faschismus unterdrückt wurden,dann in landwirtschaftlichen Zusammen­schlüssen das Land bebauen durften undseit den 80er Jahren nun mit ansehen muss­ten, wie das Land mehr und mehr von großenausländischen Agrar­Unternehmen über­nommen wurde, erzählt Heilmair gern undausführlich. Auf seinen Touren darf daherein Abstecher in das Kultur­ und Vereins­haus Casa de Alentejo in der LissabonnerAltstadt nicht fehlen. In dem alten neomau­rischen Palast treffen sich die Auswandereraus dem Süden, veranstalten Ausstellungen,

Lesungen und singen die alten Lieder. InStuttgart würde man Lonha, wie Heilmair inSchwaben und Portugal genannt wird, wohlim Waldheim Gaisburg antreffen. Hier enga­giert er sich in der Arbeiterpartei PCP für einsozialeres Lissabon. Er gehört nicht zu derGruppe deutscher Auswanderer, die denschlechten wirtschaftlichen Zustand Portu­gals zwar hautnah erleben, aber nicht un­mittelbar davon betroffen sind. Er zeigtzwar Fremden, wie das wahre Lissabon ist.Er möchte es aber verändern, damit es nichtsobleibt.Dennerwillbleiben.„Hier istmeinZuhause.“ Hier bewohnt er mit seiner Fami­lie eine Mietwohnung am Cemitério do Altode São João, dem größten Friedhof Lissa­bons. Das Haus hat einen winzigen Garten,in dem man sich mit den Nachbarn trifft, umüber Politik, Fußball oder die Arbeit zureden.

Ob man es schade gefunden hätte, keineMuseen oder Kirchen von innen gesehen zuhaben. fragt Heilmair nach dem Stadtspa­ziergang? Das Kopfschütteln quittiert er

mit seinem verschmitzten Lächeln. „Dassteht ja auch in jedem Reiseführer.“

¡ Hans­Peter Heilmair bietet seine Stadt­spaziergänge Lissabon über das sozialeNetzwerk Facebook an, www.face­book.de. Kontaktaufnahme auch per E­Mail möglich: [email protected]

DerportugiesischeSchwabeStuttgarterweltweit: Vor 18 Jahren ist Hans-Peter Heilmair nachPortugal ausgewandert – heute führt er Touristen durch Lissabon

Wermit Hans-Peter Heilmair Lissabonerkundet, braucht festes Schuhwerk undeine gute Kondition. Belohnt wird derAufstieg durch die kleinen Gässchenmiteinem atemberaubenden Ausblick –und vielen Geschichten rund umdieStadt, die der Stuttgarter zu seinerneuenHeimat erkoren hat.

Der prächtige Häuserteppichder Stadt hat Löcher – einErgebnis der Sparpolitik

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Die in unsere Region ein ge ström ten Mee -res luft massen gelangen unter Hoch druck -ein fluss und erwärmen sich.

Nach örtlichen Frühnebelfeldern scheintverbreitet die Früh lings son ne. Dabei er-wärmt sich die Luft im Tagesverlauf aufTemperaturen von 22 bis 23 Grad. Der Windweht schwach aus Süd. In der Nacht bleibtder Himmel überwiegend klar.

Morgen ist es anfangs noch freundlich,später wolkig. Am Samstag ziehen vonWes ten her Wolken mit Regen auf.

Das Befinden wird wetterbedingt nicht un -güns tig be ein flusst. Konzentrations- undLeis tungs fä hig keit liegen im Bereich derNorm, und auch die Stimmung ist über-wiegend ausgeglichen. Der Kondition an -ge pass te Bewegung im Freien fördert dieallgemeine Gesundheit und stärkt außer-dem die Abwehrkräfte.

G E S T E R Nin Stuttgart in °CHöchstwert(bis 16 Uhr):Tiefstwert:

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Feinstaub:(Vorsorgewert: 50)

Stickstoffdioxid:(Vorsorgewert: 135)

Ozon:(Richtwert: 180)

sonnig heiter wolkig bedeckt Regen SchneeSchauer Gewitter

Hochdruck- zentrum

Tiefdruck- zentrum

Warmfront

Okklusion KaltluftKaltfront

Warmluft

Wetter:

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P O L L E N F L U GHeute wird eine schwache Be las tung durchHasel- und eine mäßige Be las tung durchErlenpollen erwartet.

20 Nummer 66 • Donnerstag, 20. März 2014 Stuttgart und die Region