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KFKI aktuell................................................................ 10. Jahrgang | 02/2010 | Hamburg, Dezember 2010 Editorial Küstenschutz – eine Daueraufgabe Küstenschutz ist Voraussetzung für die Erhaltung und Entwicklung des Lebens- und Wirtschaftsraumes der ca. 1,1 Mio. ha Niederungsgebiete an Nord- und Ostsee. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) fühlt sich als Sachwalter innerhalb der Bundesregierung insbesondere für die ländlichen Räume, aber auch für die im Tidebereich liegenden Städte zuständig. Deshalb werden im Rahmen der Gemeinschafts- aufgabe “Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) jedes Jahr entsprechende Bundesmittel zur Verfügung gestellt. Die Durchführung der Küstenschutzmaßnahmen ist Sache der Länder; sie legen auch die Prioritäten fest. Der Bund erstattet ihnen 70% der Ausgaben im Rahmen der GAK. Bund und Küstenländer haben sich in Stichworten auf folgende grundlegende finanzie- rungsfähige Küstenschutzstrategie verständigt: Sorgfältige Beobachtung und Bewertung der hydromorphologischen Änderungen und der Klimaänderungen an der Küste, Entwicklung von Folgeszenarien; (Forschungsaktivitäten im Rahmen des KFKI); Gewährleistung eines bestimmten Schutz- standards der Küstenniederungsgebiete (kein absoluter Schutz möglich); Grundsätzlich keine Rückverlegung oder Auf- gabe von Deichen (linienhafter Küstenschutz), aber auch keine Landgewinnung durch Vor- deichungen; zweite Deichlinien schaffen, wo dies möglich ist (flächenhafter Küstenschutz); neue Deichprofile so anlegen, dass spätere Anpassungen problemlos möglich sind (Flexi- bilisierung); sonstige Küstenschutzbauwerke statisch so ausrichten, dass spätere signifikante Erhö- hungen noch möglich sind; Sandvorspülungen als “weiche” Küstenschutz- maßnahme weiter betreiben; Schutz der Inseln und Halligen weiter fördern, da auch sie dem Schutz der Festlandsküste dienen; vordringliche Küstenschutzmaßnahmen zuerst durchführen (Prioritäten setzen). Diese Strategie hat sich bewährt, denn sie hat ganz unspektakulär dazu geführt, dass, obwohl noch nicht einmal alle geplanten Maßnahmen nach der verhee- renden Sturmflut vom Februar 1962 durchgeführt · · · · · · · · · sind, die nachfolgenden, noch höheren Sturmfluten von 1976, 1990, 1994 oder 2007 keine wesentlichen Schäden angerichtet haben. Im Zeitraum von 1973 bis 2009 hat der Bund zusam- men mit den Küstenländern über 4 Mrd. € in den Küstenschutz investiert. Darüber hinaus hat der Planungsausschuss am 20. Januar 2009 den Sonder- rahmenplan “Maßnahmen des Küstenschutzes in Folge des Klimawandels” beschlossen, mit dem der Bund den Küstenländern in den Jahren 2009 bis 2025 zusätzlich jährlich 25 Mio. €, insgesamt also 380 Mio. €, zur Verfügung stellt. Somit können die Küstenländer bis 2025 jährlich rund 182 Mio. Gesamtinvestitionsmittel für Küstenschutzmaß- nahmen verbauen und das auch bei gekürztem Mittelvolumen der GAK. Damit hat die Bundesregie- rung auf die Forderungen der Küstenländer reagiert, sich noch stärker als bisher an den Investitionskosten für Küstenschutzmaßnahmen zu beteiligen. Die Länder können auch ELER-Mittel (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländli- chen Raums) der EU verwenden. Sie sind auch daran interessiert, entsprechende Mittel nach 2013 für den Küstenschutz einzusetzen. Der Bund unterstützt dieses Anliegen. Es ist in den vergangenen 30 Jahren schon vieles geschehen, es bleibt aber auch noch etliches zu tun, und zwar nicht nur in der praktischen Abwicklung von Baumaßnahmen, sondern auch im Forschungs- bereich. In diesem Zeitraum sind etwa 80 Projekte vorrangig mit Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit Erfolg gefördert worden, und es besteht zweifellos weiterhin ein erheblicher Forschungsbedarf, um die im Küstenraum ablaufenden Prozesse noch besser verstehen und darauf richtig reagieren zu können. Küstenschutz- maßnahmen und Sicherung des Seeverkehrs kosten viel Geld. Deshalb ist jeder Erkenntnisgewinn aus der angewandten Forschung zu nutzen, um zu sachge- rechten, wirtschaftlichen und damit nachhaltigen Lösungen zu kommen. Ich denke, die Politik ist sensibilisiert, und die Weichen sind gestellt - soweit es möglich war -, um den Küstenschutz auch in Zukunft nicht als Selbstzweck, sondern zum Wohle der an der Küste lebenden Menschen voranzubringen. Postfach 140270 | 53107 Bonn | [email protected] MinR Dr.-Ing. Eiko Lübbe | Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

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KFKI aktuell................................................................ 10. Jahrgang | 02/2010 | Hamburg, Dezember 2010

EditorialKüstenschutz – eine Daueraufgabe

Küstenschutz ist Voraussetzung für die Erhaltung undEntwicklung des Lebens- und Wirtschaftsraumes derca. 1,1 Mio. ha Niederungsgebiete an Nord- undOstsee. Das Bundesministerium für Ernährung,Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) fühltsich als Sachwalter innerhalb der Bundesregierunginsbesondere für die ländlichen Räume, aber auch fürdie im Tidebereich liegenden Städte zuständig.Deshalb werden im Rahmen der Gemeinschafts-aufgabe “Verbesserung der Agrarstruktur und desKüstenschutzes” (GAK) jedes Jahr entsprechendeBundesmittel zur Verfügung gestellt.Die Durchführung der Küstenschutzmaßnahmen istSache der Länder; sie legen auch die Prioritäten fest.Der Bund erstattet ihnen 70% der Ausgaben imRahmen der GAK. Bund und Küstenländer haben sichin Stichworten auf folgende grundlegende finanzie-rungsfähige Küstenschutzstrategie verständigt:

Sorgfältige Beobachtung und Bewertung derhydromorphologischen Änderungen und derKlimaänderungen an der Küste, Entwicklungvon Folgeszenarien; (Forschungsaktivitäten imRahmen des KFKI);Gewährleistung eines bestimmten Schutz-standards der Küstenniederungsgebiete (keinabsoluter Schutz möglich);Grundsätzlich keine Rückverlegung oder Auf-gabe von Deichen (linienhafter Küstenschutz),aber auch keine Landgewinnung durch Vor-deichungen;zweite Deichlinien schaffen, wo dies möglich ist(flächenhafter Küstenschutz);neue Deichprofile so anlegen, dass spätereAnpassungen problemlos möglich sind (Flexi-bilisierung);sonstige Küstenschutzbauwerke statisch soausrichten, dass spätere signifikante Erhö-hungen noch möglich sind;Sandvorspülungen als “weiche” Küstenschutz-maßnahme weiter betreiben;Schutz der Inseln und Halligen weiter fördern,da auch sie dem Schutz der Festlandsküstedienen;vordringliche Küstenschutzmaßnahmen zuerstdurchführen (Prioritäten setzen).

Diese Strategie hat sich bewährt, denn sie hat ganzunspektakulär dazu geführt, dass, obwohl noch nichteinmal alle geplanten Maßnahmen nach der verhee-renden Sturmflut vom Februar 1962 durchgeführt

sind, die nachfolgenden, noch höheren Sturmflutenvon 1976, 1990, 1994 oder 2007 keine wesentlichenSchäden angerichtet haben.Im Zeitraum von 1973 bis 2009 hat der Bund zusam-men mit den Küstenländern über 4 Mrd. € in denKüstenschutz investiert. Darüber hinaus hat derPlanungsausschuss am 20. Januar 2009 den Sonder-rahmenplan “Maßnahmen des Küstenschutzes inFolge des Klimawandels” beschlossen, mit dem derBund den Küstenländern in den Jahren 2009 bis 2025zusätzlich jährlich 25 Mio. €, insgesamt also 380Mio. €, zur Verfügung stellt. Somit können dieKüstenländer bis 2025 jährlich rund 182 Mio. €Gesamtinvestitionsmittel für Küstenschutzmaß-nahmen verbauen und das auch bei gekürztemMittelvolumen der GAK. Damit hat die Bundesregie-rung auf die Forderungen der Küstenländer reagiert,sich noch stärker als bisher an den Investitionskostenfür Küstenschutzmaßnahmen zu beteiligen.Die Länder können auch ELER-Mittel (EuropäischerLandwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländli-chen Raums) der EU verwenden. Sie sind auch daraninteressiert, entsprechende Mittel nach 2013 für denKüstenschutz einzusetzen. Der Bund unterstütztdieses Anliegen.Es ist in den vergangenen 30 Jahren schon vielesgeschehen, es bleibt aber auch noch etliches zu tun,und zwar nicht nur in der praktischen Abwicklung vonBaumaßnahmen, sondern auch im Forschungs-bereich. In diesem Zeitraum sind etwa 80 Projektevorrangig mit Mitteln des Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF) mit Erfolg gefördertworden, und es besteht zweifellos weiterhin einerheblicher Forschungsbedarf, um die im Küstenraumablaufenden Prozesse noch besser verstehen unddarauf richtig reagieren zu können. Küstenschutz-maßnahmen und Sicherung des Seeverkehrs kostenviel Geld. Deshalb ist jeder Erkenntnisgewinn aus derangewandten Forschung zu nutzen, um zu sachge-rechten, wirtschaftlichen und damit nachhaltigenLösungen zu kommen.Ich denke, die Politik ist sensibilisiert, und dieWeichen sind gestellt - soweit es möglich war -, umden Küstenschutz auch in Zukunft nicht alsSelbstzweck, sondern zum Wohle der an der Küstelebenden Menschen voranzubringen.

Postfach 140270 | 53107 Bonn | [email protected]

MinR Dr.-Ing. Eiko Lübbe | Bundesministerium fürErnährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

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MudSim (03KIS66-67)

Beschreibung der Dynamik (Entstehung, Ent-

wicklung und Transport) von Flüssigschlick

auf der Grundlage der physikalischen Prozesse

und deren mathematische Implementation

zum Sedimentmanagement in Küstenge-

wässern

Universität der Bundeswehr, München, Institut für

Wasserwesen, Hydromechanik und Wasserbau

Bundesanstalt für Wasserbau, Dienststelle Hamburg

Fortschreitende Ausbaumaßnahmen der Seeschiff-fahrtsstraßen haben in Tideästuaren zu einer anstei-genden Verschlickungsproblematik in Häfen, Hafen-zufahrten und auch teilweise in Fahrrinnenab-schnitten geführt. Dies beeinträchtigt einerseits dieLebensräume in den Ästuaren, andererseits ist dieUnterhaltung verschlickter Gewässerbereiche sehrkostenintensiv. Mit einem neuen numerischenModellverfahren soll zukünftig das Verhalten vonFlüssigschlick simuliert und analysiert werden, umMaßnahmen zur Unterhaltung von Häfen und Ästua-ren zu optimieren. Aus diesem Grund ist es Ziel desProjektes, ein numerisches Verfahren zur Simulationder Dynamik von Flüssigschlick (Entstehung,Deposition, Transport, Fluidisierung, Resuspension,Konsolidierung) zu entwickeln.

Fragestellungen des Suspensionstransports werdenmit hydrodynamischen numerischen Modellverfahrenuntersucht. Die derzeitig etablierten und erprobtenModellverfahren sind jedoch kaum in der Lage dieDynamik von Flüssigschlick (auch fluid mud oderhochkonzentrierte Schlicksuspension genannt) zusimulieren. Dies begründet sich in den besonderenrheologischen Eigenschaften von Flüssigschlick. DasFließverhalten entspricht nicht einem NewtonschenFluid, wie Klarwasser, jedoch basieren die hydrodyna-mischen numerischen Modelle in der Regel auf diesemAnsatz.

In diesem Forschungsprojekt ist daher ein bestehen-des und bewährtes hydrodynamisches Modellver-fahren für die Simulation von Flüssigschlick erweitertworden. Grundlegend für die Entwicklung neuerMethoden zur numerischen Simulation vonFlüssigschlick sind die Erforschung der rheologischenEigenschaften und die Bestimmung der charakterisie-

Prof. Dr.-Ing. habil. Andreas Malcherek

Hyunho Cha

LRDir. Dr.-Ing. Harro Heyer

Denise Knoch

renden Parameter. Zu diesem Zweck sind in der Emsund Weser Flüssigschlickproben entnommen undanalysiert worden. Zunächst wird das Material aufeinen Korndurchmesser kleiner 63 m ausgesiebt undmittels eines Laser Particle Sizers die Korngrößen-verteilung bestimmt. Einer der wichtigsten charakte-risierenden Parameter für das Verhalten vonFlüssigschlick ist der Feststoffgehalt, bzw. die sichdazu proportional verhaltende Dichte, daher werdenfür eine weitergehende rheologische Analyse ver-schiedene Verdünnungsgrade der Schlicksuspensionerstellt. Für diese werden mit einem Rheometer imCSS-Modus (controlled shear stress) Fließkurven unddie Viskosität in Abhängigkeit von der Scherspannunggemessen (Abbildung 1).

Zusätzlich wird die Sedimentdichte und der Glüh-verlust bestimmt. Aus den rheologischen Unter-suchungen werden Parametrisierungen für ein rheo-logisches Modell in Abhängigkeit vom Feststoffgehaltermittelt. Das verwendete rheologische Modell vonWorrall-Tuliani (1964) beinhaltet insbesondere einenTerm zur Beschreibung des Zerstörungsgrades vonAggregaten. In das numerische Modell wird dasrheologische Modell als Viskositätsformulierung in

μ

Abbildung 1:

Fließkurven einer exemplarischen Schlickprobe für die

Verdünnungen 10% (*), 8,5% (+), 7,0% (x) und 5,5%

(o)Feststoffgehalt.

Abbildung 2:

Schematische Darstellung des isopyknischen MudSim-

Modells

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Mobilisierung der deutlich langsamer strömendenFlüssigschlickschichten. Dabei bilden sich auchPhänomene wie interne Wellen aus. Das weiterentwi-ckelte numerische Verfahren zur Simulation vonhochkonzentrierten Schlicksuspensionen bildet dieGrundlage für einen weiteren wichtigen Baustein zurwasserbaulichen Systemanalyse von Flüssigschlick-prozessen in Ästuaren und ergänzt damit die bewähr-ten hydromorphologischen Modellverfahren, diebisher nicht in der Lage sind, diese Prozesse zuberücksichtigen. Mit Hilfe des Verfahrens MudSimsollen zukünftig erforderliche Maßnahmen auch inihrer Wirkung auf Schlicktransport und Schlick-akkumulation untersucht werden können, um Bau-und Unterhaltungsmaßnahmen auch im Hinblick aufdas mögliche Aufkommen von Flüssigschlick bewer-ten zu können. Zudem sollen hiermit bestehende undzukünftige Maßnahmenstrategien zur Umlagerungund Unterbringung hoch konzentrierter Schlick-suspensionen und konsolidierter Schlicke verbessertwerden

Knoch, D., Malcherek A. (2010): A numerical modelfor simulation of fluid mud with different rheologicalbehaviors. Ocean Dynamics, vol. 60, DOI:10.1007/s10236-010-0327-x.

Initiiert wurde das Projekt durch eine im Jahre 2008vom KFKI veröffentlichte Rahmenausschreibung zurgroßräumigen und langfristigen Morphodynamik inder Deutschen Bucht. Die wichtigsten Forschungs-objekte sind die Deutsche Nordseeküste mit Fokus aufdas Küstenvorfeld, die Vorstrände und Strände, dieInseln und Wattgebiete sowie die Tideflüsse.Maßgebliche Untersuchungsinhalte und –grundlagenwurden vorgegeben: Es sind plausibilisierte, konsis-tente Daten für Bathymetrie und Sedimentologie zuverwenden. Neben den durch die Gezeiten und denWind erzeugten Strömungen sind die seegangs- undbrandungserzeugten Strömungen zu berücksichti-gen. Zielsetzungen bestehen in der Definition undAnalyse der Sedimenttransportwege, -richtungen,mengen und –bilanzen. Das Systemverständnis

Literatur

Aufbau von integrierten Modellsystemen zur

Analyse der langfristigen Morphodynamik in

der Deutschen Bucht - Überblick und

Bearbeitungsstrategie

Bundesanstalt für Wasserbau

AufMod (03KIS082-088)

LRDir. Dr.-Ing. Harro Heyer

Abhängigkeit vom Feststoffgehalt überführt.

Das verwendete numerische Modell basiert auf einemisopyknischen Ansatz. Die vertikale Diskretisierungim numerischen Modell orientiert sich an Schichtengleicher Dichte, den Isopyknen (Abbildung2). DieDichteklassen und deren Anzahl werden vordefiniert.Das Fließverhalten der Dichteschichten wird nundurch die rheologische Formulierung für die Viskositätbestimmt. Je nach Dichte bzw. Konzentration einerSuspensionsschicht wird diese als ein Newtonschesoder ein nicht-Newtonsches Fluid, bzw. Worrall-Tuliani-Fluid, behandelt.

Die Dynamik von Flüssigschlickschichten wird durch

das Entstehen und Verschwinden von Dichteschichten

realisiert. In einem Ästuar kann das Flüssigschlick-vorkommen stark örtlich und zeitlich variieren(Abbildung 3), welches insbesondere durch dasdynamische Verhalten der Dichteschichten wiederge-geben wird. Prozesse wie “hindered settling” und“entrainment” werden durch Massentransportzwischen den Dichteschichten und dem darausfolgenden Anwachsen oder Abnehmen der betroffe-nen Schichten erreicht. Der horizontale Transportwird durch Strömung, Dichtegradienten undGravitation angetrieben.

Am Ausschnittsmodell des Dortmund-Ems-Kanals,welches vom Pegel Rhede bis Herbrum reicht, zeigtsich die Eigendynamik der Schlicksuspensionen(Abbildung 4). Es ist die Dichteverteilung in einerFlutstromphase dargestellt. Die höhere Strömungs-geschwindigkeit des Wasserkörpers führt zu einer

Abbildung 4:

Ausschnittsmodell des Dortmund-Ems-Kanals vom Pegel

Rhede bis Herbrum – exemplarische Darstellung von

Flüssigschlickschichten bei Flutströmung (perspektivische

Darstellung).

Abbildung 3:

Schematische Darstellung der Schlickdynamik eines

Fließquerschnittes in Abhängigkeit von Tidephasen

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über die langfristige und großräumige Sediment-dynamik ist damit grundlegend zu verbessern. Diesschließt auch die Möglichkeiten zur Prognose groß-räumiger Transport- und Formänderungsprozesseein. Im konzeptionellen Projektansatz sind verschie-dene Modellverfahren zu berücksichtigen, so dassauch die Streubreite der Ergebnisse verschiedenerMethoden und Verfahren analysiert werden kann. DieErgebnisse sollen in eine Datenbank offen für dieNutzung durch Dritte eingebunden werden. Dieeingesetzten Modellsysteme sollen auch für ausge-wählte Szenarien (erwartete Klimaänderungen -Anstieg des Meeresspiegels, ggf. intensiviertesSeegangsklimas) verwendet werden. Da der ausge-schriebene Anforderungskatalog sehr umfangreichist, kann er nur im Rahmen eines größerenVerbundprojektes bewältigt werden. Hierzu habensich folgende Institutionen zusammen gefunden:Bundesanstalt für Wasserbau, Bundesamt fürSeeschifffahrt und Hydrographie, Christian AlbrechtsUniversität zu Kiel, Forschungsinstitut Senckenbergin Wilhelmshaven, Universität Bremen, Universitätder Bundeswehr in München, smile consult GmbH.

Die Veränderungen der Bodenformen ergeben sichprimär aus den räumlich und zeitlich variierendenBelastungen des Gewässerbodens in Wechselwirkungmit dessen Eigenschaften und dem zugehörigenFeststofftransportgeschehen. Im Projektgebietbeschreiben die unterschiedlichen Raumskalen lokaleVerhältnisse (z.B. Kolke, Unterwasserdünen, Rinnen-

abschnitte, Ebbdeltas, Flussmündungen), dasVerhalten von Teilgebieten (z.B. Watteinzugsgebiete,Inselketten mit Vorstrandbereichen, Tideästaure)sowie die Wechselwirkungen dieser Teilgebiete in derDeutschen Bucht. Darüber hinaus sind überregionaleWechselwirkungen (Nordsee - Nordatlantik) zu be-rücksichtigen. Obwohl die KFKI-Vorgabe auf diegroßräumige Sedimentdynamik in der DeutschenBucht fokussiert, ist das Spektrum der kleinen,mittleren und großen Raumskalen zu berücksichti-gen, weil sich lokale Änderungen über ein nochverborgenes Wirkungsgefüge langfristig auchgroßräumig auswirken können. Die in den genanntenRaumskalen stattfindenden Veränderungen sind mitverschiedenen Zeitskalen gekoppelt, welche inadäquaten morphodynamischen Modellen zu berück-sichtigen sind. Generell kann man die kurzfristigen(Tidezyklus), die mittelfristigen (saisonal bis jährlich)und die langfristigen (Jahrzehnte) Zeitskalen unter-scheiden. Fallweise müssen episodisch auftretendeExtremzustände gesondert im Hinblick auf dieMorphodynamik betrachtet werden. Die für veränder-liche Strukturen durchgeführten Untersuchungenmüssen zusätzlich die unveränderlichen, durchUnterhaltung fixierten Strukturen (z.B. Bauwerke wieFahrrinnen, festgelegte Inselköpfe, Leitwerke)berücksichtigen. Grundsätzlich ist zu analysieren, wieweit eine Kombination der verschiedenen Skalen inRaum und Zeit durch Anwendung mathematischerModellverfahren möglich ist. Hierzu geht das

Abbildung 1:

Integrierter Bearbeitungsansatz

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Transportbänder, Erosions- undSedimentationsgebiete

Morphodynamik: Evolution der Gewässersohlein Wechselwirkung mit der Belastung

Aus einer Kombination der genannten Methoden sollim Verbundprojekt das Systemverständnis für dielangfristige Morphodynamik in der Deutschen Buchtgewonnen werden. In diesem Zusammenhang ist derGültigkeitsbereich der Modellergebnisse aufGrundlage von einer Validierungsstrategie und vonValidierungsrechnungen mit Bezug auf verfügbareValidierungsdaten zu analysieren und zu dokumentie-ren.

Mit dem Verbundprojekt sollen letztendlich integrierteDatengrundlagen und Werkzeuge geschaffen werden,mit denen Fragestellungen zur Sediment- undMorphodynamik innerhalb der Deutschen Bucht undin den Gewässern entlang der Deutschen Bucht miteinem integrierten Ansatz bearbeitet werden können.Für den im Verbundprojekt gewählten integriertenBearbeitungsansatz steht die Abbildung 1.

Eine Vielzahl von Schäden an See- und Ästuardeichenist auf den Wellenüberlauf zurückzuführen. Dahersind für die Freibordbemessung von Deichen derWellenauflauf und -überlauf maßgebende Be-messungsgrößen. Der Wellenauflauf und Wellen-

Freibordbemessung von Ästuar- und

Seedeichen unter Berücksichtigung von Wind

und Strömung

Einführung

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule

(RWTH) Aachen, Lehrstuhl und Institut für

Wasserbau und Wasserwirtschaft (IWW)

Technische Universität Dresden, Institut für

Wasserbau und Technische Hydromechanik (IWD)

Van der Meer Consulting B.V., Heerenveen,

Niederlande

FlowDike-D (03KIS075-76)

Stefanie Lorke

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Holger Schüttrumpf

Antje Bornschein

Stefano Gilli

apl. Prof. Dr.-Ing. habil. Reinhard Pohl

Dr. Jentsje van der Meer

Verbundprojekt davon aus, dass eine Kombinationvon Datenanalysemethoden, von “bottom up”Methoden (prozessbasiertes physikalischesVerhalten, partielle DGL) und von “top down”Methoden (am bekannten Systemzustand orientiert)erforderlich ist. Die im Verbundprojekt vereintenTeilprojekte lassen sich in diese Methodenvielfalteinordnen. Zu den erforderlichen Grundlagen gehörtein umfassendes Bodenmodell, für das im Rahmendes Verbundprojekts vorhandene Daten (Sedimento-logie, Bathymetrie, Sohlformen, im Ansatz auch Bau-werke,…) integriert und neue Daten aufgenommenwerden. Das Bodenmodell wird mit innovativerInformationstechnik für die Aufgaben in der morpho-dynamischen Analyse und Prognose genutzt. NachAuffassung des Autors ist dies eine sehr wichtige,über das Ende des Verbundprojekts hinaus reichendeKernaufgabe. Weiterhin gehört zu den erforderlichenDatengrundlagen eine umfassende Datenbasis zurOzeanografie und Hydrologie der Nordsee, insbeson-dere der Deutschen Bucht einschließlich der besonde-ren Verhältnisse in den Tideflüssen und Watteinzugs-gebieten. Das Bodenmodell und die ozeanographisch-hydrologische Datenbasis unterstützen im Verbund-projekt verschiedene Ansätze für die o.g. datenorien-tierten Analysemethoden (statistische, räumliche undzeitliche Analysen, Sedimentbilanzen) und die „topdown” Methoden (z.B. Formanalysen, Analysen fürGeometrie- und Tide-Kennwerte, Analysen zurAsymmetrie von Tidekennwerten).

Zur Diagnose des noch verborgenen Wirkungs-gefüges, das sich über verschiedene Kombinationender Raum- und Zeitskalen erstrecken kann, werdenverschiedene prozessbasierte Modelle genutzt. Sieorientieren sich je nach angestrebter Auflösung derRaum- und Zeitskalen an unterschiedlichen Graden inder detaillierten Beschreibung der physikalischenProzesse. Im Hinblick auf die eingesetzten Simu-lationsverfahren bzw. Simulationsbausteine kanngrundsätzlich die folgende Einteilung kommuniziertwerden:

Hydrodynamik: Wasserstände, Durchflussmengen,Strömungen (auch Dichte-, Sekundär- oder Zirku-lationsströmungen), Wellen, Seegang sowie Boden-schubspannungen aus Strömung und Seegang

Advektion und turbulente Diffusion gelösterund partikulärer Stoffe: Salz, verschiedeneFraktionen suspendierter Feststoffe,Sinkgeschwindigkeiten der Feststoffe

Partikel Tracking: Nachverfolgung einzelnerPartikel im Wasserkörper

Sedimenttransport am Gewässerboden:residuelle Transporte, charakteristische

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Abbildung 1 sind die Wellenmaschine sowie dieWindgeneratoren zu erkennen. Die durch dieParameter Wind, Strömung und Wellenangriffs-richtung beeinflussten Wellen trafen bzw. überström-ten den Deich (rechts im Bild). Dabei wurde dieWellenüberlaufrate mittels zwei Wellenüberlaufbe-hältern je Deichkronenhöhe gemessen. Zur Be-stimmung der Wellenauflaufhöhe wurde eine 2 mbreite Wellenauflaufplatte installiert.

Die Versuchsergebnisse zeigen, dass mit zunehmen-dem Wellenangriffswinkel die Wellenüberlaufrateabnimmt. Ein Windfeld auf der Deichkrone führt zueiner erhöhten Wellenüberlaufrate, insbesondere beikleinen Überlaufraten. Diese Aussagen stimmen mitfrüheren Untersuchungen überein (De Waals und Vander Meer, 1992; Waal, 1996; Ward, 1996).

In weiteren Versuchen wurde der Einfluss derStrömung auf die Wellenentwicklung untersucht, diesich durch das strömungsinduzierte Shoaling und dieströmungsinduzierte Refraktion bestimmen lässt.Dieser Einfluss ist in den bestehenden Bemessungs-formeln für den Wellenauflauf und den Wellenüberlaufdes EurOtop-Manuals (2007) noch nicht enthalten.Für die Berücksichtigung unterschiedlicher Wellen-angriffsrichtungen wird bisher ein Einflussfaktor

r -ührt, der den Einfluss der

Strömung kombiniert mit der Wellenangriffsrichtungauf den Wellenauflauf und den Wellenüberlauf -

nangriffwinkel bestimmt,sondern von dem Energiewinkel der Welle, der sichaufgrund der Strömung von dem Wellenangriffs-winkel unterscheidet. Aus den Unter

ür unter-schiedliche Energiewinkel der Welle ermittelt. Es zeigtsich eine gute Übereinstimmung mit der Formel nachde Waal & Van der Meer (1992), die noch keineStrömung entlang des Deiches berücksichtigt hat.

Ergebnisse

γβverwendet. Im FlowDike-Projekt wu de der Einflussfaktor γβ,cu eingef

beschreibt. Der Einflussfaktor γβ,cu wird nun nicht mehrallein von dem Welle

suchungenwurden daher die Einflussfaktoren γβ,cu f

überlauf wird unter Berücksichtigung der Deich-geometrie sowie der Wellenhöhe, der Wellenperiodeund der Wellenangriffsrichtung berücksichtigt (vgl.EurOtop-Manual, 2007). Eine durch die Tide induzier-te deichparallele Strömung sowie lokale Windfelderwerden bislang in diesen Bemessungsformeln nichtberücksichtigt. Ziel des Projektes FlowDike-D ist dieUntersuchung des Wellenauflaufs und -überlaufsbeeinflusst durch Strömung und Wind in Kombinationmit unterschiedlichen Wellenangriffsrichtungen sowiedie Implementierung dieser Erkenntnisse in beste-hende Bemessungsformeln für die Wellenauflaufhöheund die -überlaufrate.

Für die Untersuchung dieser zwei Aspekte - deichpar-allele Strömung und senkrecht auf den Deich treffen-der Wind - wurden im Jahr 2009 in zwei Testphasenphysikalische Modellversuche im Wellenbecken desDHI in Hørsholm (Dänemark) durchgeführt. In derersten Testphase (im Rahmen des EU-Hydralab-Projektes HYIII-DHI-5, Vertragsnr.: 022441) wurdeder genannte Einfluss an einem 1:3 geneigten Deichuntersucht, während in der zweiten Testphase ein 1:6geneigter Deich getestet wurde. Das FlowDike-D-Projekt ist vom Bundesministerium für Bildung undForschung (BMBF) gefördert und stellt eineKooperation der RWTH Aachen (03KIS075), der TUDresden (03KIS076) und VanderMeer Consulting B.V.dar. Ziel des Verbundprojektes ist zum einen dieBestimmung der Wellenauflaufhöhe und der Wellen-überlaufrate in Abhängigkeit von Wellenangriffs-richtung, Strömung und Wind. Zum anderen sollendie einzelnen Überlaufereignisse identifiziert und diezugehörigen Strömungsprozesse auf der Deichkronequantifiziert werden. Neben den zwei unterschiedli-chen Deichneigungen wurden die Versuche mit jezwei Kronenhöhen durchgeführt. Die sich darausergebenden vier Deichformen wurden mit Welleneines Jonswap-Spektrums belastet. Abbildung 1 zeigtden Modellversuch im Wellenbecken des DHI. Links in

Modellversuche

Abbildung 1:

Versuchsaufbau, 1:3 geneigter Deich

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Referenzen

Ermittlung des MSL (Mean Sea Level) und

Analyse von hochaufgelösten Tidewasser-

ständen an der deutschen Nordseeküste:

MSL + Trends Nordsee

Zielsetzung

De Waal, J. P., Van der Meer, J. W. (1992): Wave run-up and overtopping on coastal structures.Proceedings of the 23th International Conference onCoastal Engineering, 1758-1771. Venice, Italy.

EurOtop-Manual (2007): European OvertoppingManual, www.overtopping-manual.com. Eds. Pullen,T., Allsop, N.W.H., Bruce, T., Kortenhaus, A.,Schüttrumpf, H., van der Meer, J. W.. Die Küste, 73.

Waal, J.P.; Tönjes, P.; van der Meer, J.W. (1996):Wave overtopping of vertical structures includingwind effect. Proc. 25th Int. Conf. on CoastalEngineering, 2216-2229, .

Ward, D.L., Zhang, J., Wibner, C. and Cinotto, C.M.(1996): Wind effects on run-up and overtopping ofcoastal structures. Proc. 25th Int. Conf. on CoastalEngineering, 2206-2215, .

Eines der Hauptziele des KFKI-ForschungsvorhabensAMSeL bestand in der Analyse der beobachtetenÄnderungen des relativen mittleren Meeresspiegels(engl. Relative Mean Sea Level, RMSL) entlang derDeutschen Nordseeküste. Im Rahmen des Projekteswurde im Detail untersucht, (i) welchen mittel- bislangfristigen Veränderungen der RMSL in derVergangenheit (ca. 150 Jahre) unterworfen war, (ii)ob eine Beschleunigung in den Beobachtungsdaten zuerkennen ist, (iii) ob es signifikante Unterschiede inder RMSL-Entwicklung entlang der deutschenNordseeküste gibt und (iv) ob die durchgeführtenAnalysen der Beobachtungsdaten in irgendeinerWeise zur Erarbeitung belastbarer regionaler

Meeresspiegeländerungen in der Deutschen

Bucht

Universität Siegen, Forschungsinstitut Wasser und

Umwelt, Abteilung Wasserbau und Hydromechanik

Orlando

Orlando

AMSeL(03KIS068)

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jensen

Thomas Wahl

Dr.-Ing. Torsten Frank

Meeresspiegelszenarien beitragen können.

Insgesamt wurden 13 Pegel, mit langen qualitativ

hochwertigen Zeitreihen in die Analysen einbezogen

(siehe Abbildung 1). Alle verwendeten Datensätze

wurden um die im KFKI-Projekt IKÜS (Wanninger et

al., 2010) ermittelten Pegeloffsets korrigiert.

Für die Untersuchungen wurden soweit möglich hochaufgelöste Datensätze (mind. Stundenwerte)verwendet. Aus diesen Daten resultieren zunächst fürviele Pegel vergleichsweise kurze (10-12 Jahre)RMSL-Zeitreihen. Diese wurden mit Hilfe des k-Wert-Verfahrens mit den lange zurückreichendenTidehalbwasser-Zeitreihen (aus Mittelung derTidehoch- und Tideniedrigwasser) kombiniert. Diedazu verwendeten k-Werte wurden zunächst mittelsverschiedener Testverfahren auf Sationarität geprüft.Die so generierten langen RMSL-Zeitreihen wurdendurch Anpassung parametrischer (z.B. Polynome 1.Ordnung) und nicht-paramterischer Funktionen(hier: Singuläre Systemanalyse, SSA) analysiert bzw.geglättet. Während die Ergebnisse der Anpassungparametrischer Funktionen einen direkten Vergleichzulassen und die Funktionen selbst extrapolierbarsind, erlauben nicht-paramterische Funktionen einedeutlich bessere Anpassung an die Beobachtungs-daten und Beschleunigungsphasen können belastba-rer detektiert werden. Im Rahmen des AMSeL-Vorhabens wurde eine Methode entwickelt (Monte-

Daten und Methodik

Abbildung 1:

Untersuchungsgebiet und berücksichtigte Pegel

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die bis heute noch nicht abschließend erfasst werdenkonnten. (iv) Beim Vergleich der Rekonstruktion fürdie Deutsche Bucht mit globalen Meeresspiegel-rekonstruktionen konnten deutliche Unterschiede inder Variabilität nachgewiesen werden. Dies lässt eineVerwendung von globalen Meeresspiegelszenarien fürregionale Planungsaufgaben zumindest fragwürdigerscheinen und verdeutlicht die Notwendigkeitweiterer, detaillierter Analysen.

Wanninger et al. (2010): Bestimmung von Höhen-änderungen im Küstenbereich durch Kombinationgeodätischer Messtechniken. Die Küste, Heft 76, 121-180

Wahl, T., Jensen, J., Frank, T. (2010): On analysingsea level rise in the German Bight since 1844. Nat.Hazards Earth Syst. Sci., 10, 171-179.

Wahl, T., Jensen, J., Frank, T.: Improved estimates ofmean sea level changes in the German Bight over thelast 166 years, Under review.

Neben der Analyse der beobachteten Änderungen desrelativen mittleren Meeresspiegels (engl. RelativeMean Sea Level, RMSL) entlang der DeutschenNordseeküste bestand im KFKI-ForschungsvorhabenAMSeL weiterhin das Ziel, den Tideverlauf in seinerzeitlichen Abfolge von extremen Scheitelwerten sowieden Verweildauern bestimmter Wasserstände zuuntersuchen. Es wurde daher im Rahmen desProjektes untersucht (i), ob sich an den untersuchtenPegeln Veränderungen oder Verlagerungen interan-nueller oder intersaisonaler Art in den Verweildauernerkennen lassen und wie sich die Verweildauer-verteilungen an den einzelnen Pegeln darstellen, (ii)ob und in welcher Form sich an ausgewählten PegelnTrendentwicklungen bei der Betrachtung vonVerweildauern von Sturmflutwasserständen ergebenund (iii) in wie fern sich mögliche Trends auf dieVerknüpfung mehrerer, hintereinander auftretender,extremer Tidescheitel (sowohl Tnw als auch Thw)

Literatur

Untersuchungen zu Tideketten und

Verweildauern in der Deutschen Bucht

Zielsetzung

Universität Siegen, Forschungsinstitut Wasser und

Umwelt, Abteilung Wasserbau und Hydromechanik

AMSeL(03KIS068)

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jensen

Thomas Wahl

Dr.-Ing. Torsten Frank

carlo-Autoregressive Padding, MCAP; Wahl et al.,2010), die eine Glättung der Zeitreihen bis an dieRänder zulässt um auch Rückschlüsse über kürzlicherfolgte Veränderungen zu ermöglichen. Neben denZeitreihen der Einzelpegel wurden verschiedenesynthetische Zeitreihen analysiert, welche aus einerbestimmten Anzahl von Einzelzeitreihen konstruiertwurden (Wahl et al., Under review).

Bezogen auf die oben formulierten Ziele können nachheutigem Kenntnisstand folgende Ergebnisse formu-liert werden: (i) Der für den gesamten Unter-suchungszeitraum (1843-2008) abgeleitete Langzeit-trend für eine synthetische Zeitreihe für die gesamteDeutsche Bucht ergibt sich zu 2,01 mm/a, wobei darinein bestimmter Anteil an bisher unbekanntenVertikalbewegungen enthalten ist. (ii) Aus derBetrachtung kürzerer Zeitperioden ergeben sich fürdie gleiche Zeitreihe höhere Trends von z.B. 2,14mm/a (für den Zeitraum 1951-2008) oder 3,60 mm/a(für den Zeitraum 1971-2008). Sowohl aus diesenAnalysen, als auch aus der SSA-Analyse (sieheAbbildung 2), lässt sich eine Beschleunigung im RMSLüber die letzten Dekaden erkennen. Betrachtet mandie gesamte Beobachtungszeitreihe, wird deutlich,dass ähnliche Beschleunigungsphasen bereits früherstattgefunden und zu zeitweise hohen Anstiegsratengeführt haben. Die zuletzt beobachtete Beschleuni-gung kann nach heutigen Erkenntnissen daher nichtals außergewöhnlich bezeichnet werden. (iii)Insgesamt konnten höhere Anstiegsraten entlang derKüste Schleswig-Holsteins im Vergleich zuNiedersachsen beobachtet werden, was vermutlichauf stärkere Landsenkungsraten zurückzuführen ist,

Ergebnisse

Abbildung 2:

Geglättete RMSL-Jahreswert-Zeitreihe (oben) und die daraus

ermittelten Anstiegsraten (unten)

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Zusammenhang mit der Entwicklung der MSL ab-schätzen zu können werden für die Trendunter-suchungen dieselben Zeiträume gewählt wie in denUntersuchungen zum MSL. Für den Gesamtzeitraum1901-2008 zeigt der Pegel Cuxhaven einen linearenTrend von1,36 ± 2,89 min/Jahr (siehe Abbildung 2)

Für die Untersuchung von Tidenketten, Sturmtide-ketten bzw. Folgen von erhöhten Tnw/Thw könnenverschiedene Definitionen und Merkmalsabgren-zungen herangezogen werden. In AMSeL wurden alleuntersuchten Pegel sowohl Auswertungen auf Basisder Definition von Lüders (1973) zugeführt als auchauf Folgehäufigkeiten bezogen auf überschritteneHöhenstufen untersucht und statistisch betrachtet.

Führböter, A. (1979): Über Verweilzeiten und Wellen-energien. Mitteilungen des Leichtweiss-Instituts fürWasserbau, Heft 65.

Lüders, K. (1973): Sturmtidenketten. Jahresbericht1973 der Forschungsstelle für Insel- und Küsten-schutz der Niedersächsischen Wasserwirtschaftsver-waltung, Band XXV.

Wahl, T., Jensen, J., Frank, T. (2010): On analysing

sea level rise in the German Bight since 1844. Nat.

Hazards Earth Syst. Sci., 10, 171-179.

Wahl, T., Jensen, J., Mudersbach, C. (2010): A

multivariate statistical model for advanced storm

surge analyses in the North Sea. Proceedings of the

32nd International Conference on Coastal

Engineering, Shanghai, China.

Inhaltlich baut das Projekt PEGASUS auf demVorgängerprojekt IKÜS (03KIS056) auf. Ziel vonIKÜS war es, rezente Krustenbewegungen im Gebietder Deutschen Bucht abzuleiten. Das resultierendeModell sollte die Beobachtungen verschiedenerMessverfahren (Nivellement, GNSS, Schwere undPegel) kombinieren. Resultat das Projektes IKÜSwaren signifikante Höhenänderungen (in der Regelgroßräumige Landsenkungen) im Gebiet derDeutschen Bucht. Vertikale Landbewegungen bzw.die Höhenänderungen werden von auf der

Literatur

Entwicklung eines operationellen

automatisierten Höhenüberwachungssystems

für Pegel im Bereich der Deutschen Bucht

Bundesanstalt für Gewässerkunde

Pegasus (03KIS077)

Dr.-Ing. Astrid Sudau

Robert Weiß

auswirken und ob zunehmend mit sehr langen Folgenvon erhöht auflaufenden Tnw oder Thw zu rechnen ist.

Aufbauend auf die umfangreiche Datenakquise undAuswertung der insgesamt 13 in AMSeL untersuchtenPegel (siehe Beitrag AMSeL - Meeresspiegelände-rungen in der Deutschen Bucht) wurden aus den hochaufgelöst vorliegenden, vergleichsweise kurzen (10-12 Jahre) Wasserstandsganglinien in Minutenauf-lösung Verweildauerkurven für unterschiedliche Zeit-räume (Kalenderjahre, Wasserwirtschaftsjahre,Sommerhalbjahre, Winterhalbjahre) erzeugt (sieheAbbildung 1). Für die Auswertung von Verweildauernvon Sturmflutwasserständen konnte darüber hinausauf durchgehend digitalisierte Ganglinien einesSturmflutkollektivs von 311 Ereignissen für den PegelCuxhaven (Zeitraum 1901 bis 2008) und 199Ereignissen für den Pegel Hörnum (Zeitraum 1936 bis2008) aus dem Projekt XtremRisK zurückgegriffenwerden. Ein Ereignis ist dann zum Kollektiv zugehörig,wenn ein Scheitel größer als 1,5 m über dem jeweili-gen Jahres-MThw erreicht wird. Um Tendenzen im

Daten, Methodik, Ergebnisse

Abbildung 2:

Entwicklung der kumulierten jährlichen Verweildauern für

Wasserstände aufgrund Sturmflutereignissen am Pegel

Cuxhaven

Abbildung 1:

Beispiel zur Verteilung von Verweilzeiten und Darstellung

der Streuung aufgetretener Wasserstände in Bezug zum

Tideverlauf, Pegel Dagebüll, Kalenderjahr 2004

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(DWD) wurde von Seiten der BfG ein mobilfunkbasier-ter Kommunikationsweg erstellt. Alle GNSS-Systemesind mit einem GPRS-Modul ausgestattet, wobei diezugehörige SIM-Karte über den Mobilfunkbetreibermit einem Server vom DWD und dieser wiederum mitdem Netzwerk der BfG verbunden ist. Der beschriebe-ne Kommunikationsweg ist bidirektional, wodurcheine Steuerung der GNSS-Systeme aus dem Intranetder BfG heraus möglich ist und die Receiver diegesammelten GNSS-Beobachtungen automatisch aufeinen FTP-Server der BfG übertragen. Die Receiverarbeiten autark und ein Eingriff ist nur in Ausnahme-fällen vorgesehen (Upgrades usw.).

Alle GNSS-Beobachtungen werden nach internationa-len Standards aufbereitet und qualitätsgesichert. Imwissenschaftlichen Bereich werden zur Ableitunglangfristiger Koordinatenänderungen die Beobach-tungsdaten auf 30 Sekunden ausgedünnt und inTagesblöcken auf einem FTP-Server bereitgestellt. ImRahmen einer Überprüfung der Beobachtungsdatenwerden diese einem Qualitätscheck unterzogen,wobei einzelne Kennzahlen wie etwa Beobachtungs-dauer, Anzahl der GNSS-Beobachtungen, Signal-Rauschverhältnisse, Multipath-Kennzahlen undandere Angaben berechnet und je Tag und Stationzusammen mit den GNSS-Beobachtungen abgespei-chert werden. Neben den GNSS-Beobachtungen sindweitere Informationen (Beschreibungen, Bilder,Antennenmodelle usw.) und Nivellementsergebnisse(Höhendifferenz GNSS-Bezugspunkt – Pegelfest-/Pegelnullpunkt) an dieser Stelle hinterlegt. Mit denhinterlegten Informationen ist es auch anderenNutzern möglich, die GNSS-Beobachtungen in jedembeliebigen Referenzrahmen zu prozessieren und dieKoordinaten auf den Pegelnullpunkt zu übertragen. InVerbindung mit den Wasserstandsdaten über demPegelnullpunkt ergeben sich Wasserstandsdaten, dieauf das jeweils gewählte Referenzsystem bezogensind. Alle auf dem FTP-Server hinterlegten Daten sindwissenschaftlichen Nutzern frei zugänglich.

Die Prozessierung erfolgte in sehr enger Zusammen-

arbeit mit dem Deutschen Geodätischen Forschungs-

institut in München (DFGI). Diese Einrichtung trägt

wesentlich zu der Realisierung globaler Referenz-

systeme bei. Darüber hinaus prozessiert das DGFI

einen Teil des TIGA-Netzwerkes (TIGA = TIde GAuge

Benchmark Monitoring Project), dessen Aufgabe

darin besteht, die Vertikalbewegungen von weltweit

verteilten Pegelstationen zu überwachen. Vom DGFI

werden dabei über sechzig Stationen im Nord- und

Südatlantik prozessiert.

Im Rahmen von PEGASUS erfolgte eine Prozessierungmit der Bernese Software 5.0 unter Nutzung von

Erdoberfläche installierten Pegelanlagen mit ausge-führt. In den an Pegeln erfassten langwelligenWasserstandsänderungen überlagern sich demnachreale Wasserstandsänderungen mit Höhenände-rungen der Pegelanlagen (Abschlussbericht KFKI-Projekt IKÜS). Für die Ableitung der absolutenWasserstandsänderungen ist es damit notwendig,Höhenänderungen zu erfassen. Im Rahmen von IKÜSbestand eine Teilaufgabe darin, ein Konzept für einHöhenmonitoring der Pegel zu erfassen. Das ausgear-beitete Konzept sah die Ausstattung wichtiger Pegelmit permanent arbeitenden GNSS-Sensoren vor.Aufgrund der exponierten Lage der Pegel kommendabei nur geodätische GNSS-Empfänger in Frage, dieüber eine Fernadministration verfügen, derenBeobachtungsdaten automatisch an eine Auswerte-stelle übertragen und dort prozessiert werden. AmEnde werden wöchentliche Koordinaten der GNSS-Bezugspunkte auf den Pegeln ermittelt, die in Bezugzu einem bestimmten Referenzsystem bzw. einerHöhenreferenzfläche stehen (Georeferenzierung).

In Verbindung mit Nivellements zwischen den GNSS-Bezugspunkten und den Pegelfest- und Pegelnull-punkten lassen sich die Höhen der GNSS-Bezugs-punkte auf den Pegelnullpunkt übertragen.

Im Rahmen von PEGASUS wurde das Konzept aufinsgesamt sechs Stationen realisiert. Die Pegel-stationen Knock, Leuchtturm Alte Weser, UnterfeuerDwarsgat, Cuxhaven Steubenhöft, Büsum undDagebüll wurden im Rahmen von PEGASUS mitentsprechenden Anlagen ausgestattet. Die dafürnötigen GNSS-Anlagen wurden von der Bundes-anstalt für Gewässerkunde (BfG) beschafft undbereitgestellt. Darüber hinaus wurden durch die BfGInfrastrukturen bereitgestellt, welche für dieDatenübertragung, der Fernadministration und derDatenprozessierung erforderlich sind. Von Seiten derzuständigen Wasser- und Schifffahrtsämter bzw. desLandesbetriebes für Küstenschutz, Nationalpark undMeeresschutz Schleswig-Holstein wurden der Aufbauund die Unterhaltung der Stationen unterstützt.

Bei den eingesetzten GNSS-Systemen handelt es sichum geodätische Zweifrequenzempfänger der FirmaLeica (GRX1200-Serie) in Verbindung mit absolutkalibrierten Choke-Ring Antennen (Leica AT504GG).Darüber hinaus wurde bei der Installation versucht,alle derzeit bekannten höhenbeeinflussenden Fak-toren weitestgehend zu minimieren. Dies betrifftinsbesondere die Setupkalibrierung (Kalibrierung mitRadom und Dreifuß in der Aufbaukonfiguration) unddie Montage der Antennen an Orten ohne Reflektorenin der unmittelbaren Umgebung der Antenne (Mini-mierung von Nahfeldeffekten).

In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst

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(WSV)/BfG überwacht wird. Dabei handelt es sich umdie GREF-Stationen HELG, HOE2 und BORJ bzw. diePegel Helgoland, Hörnum und Borkum-Südstrand.

Neben Deutschland haben weitere Staaten (Großbri-tannien, Niederlande und Norwegen) wichtige Pegelmit permanent arbeitenden GNSS-Systemen ausge-stattet, deren Beobachtungen im Rahmen vonKLIWAS mit genutzt werden. Dies erlaubt eine grenz-überschreitende Auswertung der Wasserstandsdaten,da die Pegelnullpunkte aller GNSS-Pegelstationen ineinem homogenen Referenzsystem vorliegen. Prak-tisch bedeutet dies, dass beispielsweise der Pegel-nullpunkt des Pegels Lerwick auf den Shetland Inselnmit dem Pegelnullpunkt des Pegels CuxhavenSteubenhöft mit einer Genauigkeit von wenigen mmvergleichbar ist. Darüber hinaus ist es mit Pegel-nullpunkten in globalen Referenzsystemen möglich,die dort erfassten Wasserstände mit den Beobach-tungen der Satellitenaltimetrie zu kombinieren.

Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

Im Rahmen der GMES-Initiative (Global Monitoringfor Environment and Security) streben EU und ESAan, für ganz Europa einen eigenständigen undunabhängigen Zugang zu verlässlichen Erdbeobach-tungsinformationen dauerhaft sicherzustellen. Zielvon GMES ist es, Daten von unterschiedlichen Quellenzu harmonisieren und qualitativ hochwertigeInformationen und Dienste kontinuierlich undtermingerecht zur Verfügung zu stellen. Hierfürwerden derzeit sogenannte Basisdienste (CoreServices) aufgebaut, die für Politik, Wirtschaft,Bürger, Behörden und Wissenschaft aktuelle sicher-heits- und umweltrelevante Informationen liefernsollen.

Für europäische Meeresgebiete wurde 2009 im7. Rahmenprogramm der EU das Projekt MyOceangestartet, mit dem operationelle marine Basisdienste(Marine Core Services, MCS) aufgebaut werden.Diese stützen sich auf die Kombination vonBeobachtungsdaten von Fernerkundung und Insitu-Systemen mit Modellsimulationen. MyOcean nutzthierbei Erfahrungen, die in früheren EU-Projekten wieMERSEA, MarCoast, PolarView, ECOOP u.a. gewonnenwurden und baut auf Kooperationen der regionaleneuropäischen GOOS-Allianzen (NOOS, BOOS, MOONetc.) auf. MyOcean ist ein Dreijahresprojekt mit 61Partnern aus 29 Ländern und wird von Mercator

MyOcean – Ein Projekt zum Aufbaueuropäischer mariner Basisdienste

ORR Stephan Dick

Produkten des IGS. Neben den Pegelstationen wurdenauch verschiedene IGS und EPN Stationen miteingebunden. Die Prozessierung erfolgt vom Großenins Kleine. In Relation zu einem globalenReferenzsystem werden die Koordinaten der GNSS-Pegelstationen ermittelt und anschließend in dieregionalen amtlichen Referenzsysteme überführt.Vom IGS wird wöchentlich eine Koordinatenlösungaller IGS-Stationen in einem globalen Referenz-system (IGS05) herausgegeben. Diese enthält dieaktuellen Koordinaten der IGS-Stationen in Relationzu einem unveränderlichen Koordinatensystem.Bewegungen und damit verbundene Koordinaten-änderungen dieser Stationen (z.B. durch Auflast-effekte, Grundwasserentnahmen, Tektonik usw.) sinddamit erfasst. Eine Auswahl von IGS-Stationendienen als weiche Lagerungspunkte (“Coordinateconstraint solution”) für das BfG GNSS-Netz. Die imRahmen von PEGASUS ermittelten Koordinaten sinddamit auf die wöchentlichen Koordinaten des IGSbezogen.

Daraus resultierende Koordinatenlösungen derPegelstationen sind für die Auswertung von Wasser-standszeitreihen nur bedingt geeignet. Für eineÜberführung in ein physikalisches (amtliches) Höhen-system wird ein Schwerefeldmodell benötigt. ImRahmen des Projektes wurde das GCG05 Modell desBundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG)genutzt, wobei dafür Koordinaten im amtlichenKoordinatensystem der Landesvermessung nötigsind. Über mitprozessierte GREF-Stationen (Inte-griertes Deutsches Geodätisches Referenznetz)(BORJ, HELG, HOBU und HOE2) wird der Bezug deramtlichen Realisierung des ETRS89 Referenzsystemshergestellt, die Koordinatenlösung in das amtlicheETRS89 Referenzsystem überführt und dieHöhenanomalie des GCG05 angebracht. Ergebnissind aktuelle Höhen im Höhenstatus 160 (DHHN92).

Aufgrund der kurzen Zeitreihe lassen sich im Rahmenvon PEGASUS kaum belastbare Aussagen zuHöhenänderungen treffen. Im Rahmen des Bundes-ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung(BMVBS) Forschungsprogramms KLIWAS (Auswir-kungen des Klimawandels auf Wasserstraßen undSchifffahrt – Entwicklung von Anpassungsoptionen)wird der eingeschlagene Weg weiter fortgesetzt. Eswurden und werden weitere Pegelstationen mitkontinuierlichen GNSS-Systemen

ausgestattet. Aktuell sind imBereich der Deutschen Bucht bzw. den Ästuaren auf18 WSV-Pegelstationen GNSS-Systeme installiert. Zuden 18 GNSS Stationen der BfG kommen weitereGREF GNSS-Stationen des BKG, deren Bezug zumPegel durch die Wasser- und Schifffahrts-verwaltung

(Global NavigationSatellite Systems)

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betrieben, hier liegen Schwerpunkte der BSH-Aktivitäten im Bereich Validation und Qualitäts-kontrolle. Das BSH koordiniert außerdem das Insitu-Datenmanagement für den Nordwestschelfbereich.Für den Ostseeraum hat diese Aufgabe das SMHI(Schweden) übernommen.

In MyOcean wurde ein zentraler und einheitlicherZugang zu Diensten und Produkten unter

eingerichtet. Bei den bereitsseit Start des Projektes existierenden 128 Version 0-Produkten ist jedoch nur in wenigen Fällen eindirekter “Download” vom Web-Portal möglich, in denmeisten Fällen müssen noch die Produktionszentrenkontaktiert werden. Nach Registrierung als MyOcean-Nutzer bzw. dem Abschluss eines Service LevelAgreements (SLA) können dann Daten von ftp- oderOpenDAP-Servern heruntergeladen werden. In dernächsten Version 1, die Ende 2010 vorliegen soll,sollen alle Produkte direkt über das MyOcean-Portalerhältlich sein.

Von Besonderer Bedeutung für das Projekt MyOceanist die Einbeziehung und Anbindung von Nutzern. Inder ersten Jahreshälfte 2010 wurden bereits von über70 Nutzern mehr als 600 Produkte angefordert sowieca. 20 SLAs mit sogenannten “Core Usern”, zu denenauch das BSH gehört, unterzeichnet.

Die Weiterentwicklung und operationelle Implemen-tierung der Basisdienste soll in einem Folgeprojekterfolgen, welches im 7. Rahmenprogramm der EU bisNovember 2010 ausgeschrieben ist und den Zeitraum2012 bis 2014 abdecken wird. In dem Folgeprojektvon MyOcean sollen neue Produkte erstellt, dieQualität der Basisdienste gesteigert und der Zugangzu Produkten sowie die Nutzeranbindung weiterverbessert werden. Herausforderungen und Un-sicherheiten bestehen derzeit noch bei der langfristi-gen Finanzierung der GMES Basisdienste nach 2014.

Bahurel, P., F. Adragna, M. J. Bell, F. Jacq, J. A.Johannessen, P.-Y. Le Traon, N. Pinardi, J. She (2009):Monitoring and Forecasting Core Services, TheEuropean MyOcean Example. Proceedings ofOceanObs'09: Sustained Ocean Observations andInformation for Society, Venice, Italy, 21-25September 2009, ESA Publication WPP-30.

www.myocean.eu.org

Referenz

Ocean (Frankreich) koordiniert. In MyOcean werdenvon meteorologischen und ozeanographischenInstitutionen, Forschungseinrichtungen und Firmenvier Themen-bereiche bearbeitet. Anwendungs-beispiele sind u.a. Beiträge zur Sicherheit imSeeverkehr, die Unterstützung von Offshore-Aktivi-täten, präventive Methoden gegen Ölverschmutzun-gen, das Management mariner Ressourcen, Wasser-qualitätsmonitoring zum Schutz der Meeresumwelt,Klimaüberwachung und saisonale Vorhersagen.

In MyOcean gibt es 12 Produktionseinheiten, die aus5 thematischen Zentren für Beobachtungsdaten (4Zentren für Fernerkundungsdaten und ein Insitu-Datenzentrum) sowie 7 Vorhersagezentren (6regionale und 1 globales Zentrum) bestehen. AlleProduktionseinheiten sind zur kontinuierlichen,offenen und kostenlosen Lieferung von Basisdatenzum physikalischen Zustand und zum Ökosystem desMeeres verpflichtet. Nutzer der MyOcean-Produktesind europäische Organisationen (EEA, EMSA,HELCOM, OSPAR, ICES u.a.) sowie unterschiedlicheInstitutionen der EU-Mitgliedsstaaten. Da dieBasisdaten von MyOcean eher großräumig bismesoskalig sind, müssen diese für spezielleAnwendungen und Anforderungen von Endnutzernnoch von weiteren Dienstleistern zu sogenannten“Downstream Services” weiterverarbeitet werden.

Deutsche Partner in MyOcean sind das Bundesamt fürSeeschifffahrt und Hydrographie (BSH), das LeibnizInstitut für Meereswissenschaften an der UniversitätKiel (IfM GEOMAR) sowie die Firma BrockmannConsult. Schwerpunkte der BSH-Beteiligung liegenbei den Insitu-Beobachtungsdaten sowie beiModellierungsaktivitäten in den Vorhersagezentrenfür die Ostsee und den NW-Schelfbereich. BeimVorhersagezentrum Ostsee ist das BSH als Partnereines Konsortiums von 4 Ostseeanliegerstaaten (DMI,BSH, SMHI, FMI) direkt an der Produktion beteiligt.Derzeit wird im Konsortium ein neues physikalisch-biogeochemisches Ostseemodell HBM (HIROMB-BOOS-Model) entwickelt, welches zentral gepflegtund von den Partnern mit unterschiedlichenRandbedingungen angetrieben wird. Hierdurch wirddie Grundlage für ein Ensemble-Vorhersagesystem inder Ostsee geschaffen. Das Vorhersagezentrum fürdas Nordwestschelfgebiet wird vom UK Met. Office

ImpressumKuratorium für Forschung im Küsteningenieurwesenc/o Bundesanstalt für Wasserbau | Wedeler Landstraße 157 | 22559 Hamburg

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