2019 in - Nachrichten aus Niederbayern, Oberbayern und der ... · Finanzplatz Europa: Dublin,...

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Fotos: Ai Weiwei Studio; Thomas Imo, Photothek; CDU Rheinland-Pfalz; Friedrich Merz/Laurence Chaperon; Georges Boulougouris Die Verlagsgruppe Passau präsentiert die Veranstaltungsreihe 2019 MENSCHEN in EUROPA 9

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Die Verlagsgruppe Passaupräsentiert die Veranstaltungsreihe

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■ MENSCHEN in EUROPA

Inhalt3 Editorial Kunst,Wirtschaft,Politik–Wegbereiter

undBrückenbauerinEuropa4 Brauchtum InternationalerVolksmusiktag

MeineHeimat–UnserEuropa8 Wirtschaft SinnbildHormus:DerWelthandelin

gefährlicherEnge12 Kunst AiWeiwei–KunstoderWiderstand?16 Finanzen FinanzplatzEuropa:Dublin,Frankfurt,

Luxemburg–WaskommtnachLondon?20 Politik PerspektivenderFinanzpolitik:

IstGeiznochgeil?22 Agrar VomLeistungsträgerzumSündenbock–

LandwirtschaftamPranger26 Kinder WeltpremierefürjungesPublikum:

„Vorsicht,Kinder!Oper!“

28 Leserreisen 2020 Mehralsgrün:IrlandmitKulturhauptstadt

Galway

29 Leserreisen 2020 IstriensAdriaperlenmitKulturhauptstadt

Rijeka

30 Rückblick2018

32 MENSCHEN in EUROPA DasProgramm2019

IMPRESSUM

Herausgeber Passauer Neue Presse GmbH Medienstraße 5 · 94036 Passau

MENSCHEN in EUROPA ist eine Veranstaltungsreihe der Verlagsgruppe Passau · Tel. +49-(0)851-802-202 www.menschen-in-europa.de · [email protected]

Projektleitung MiE Anita Cermakova

Redaktion Deborah Voß

Design/Produktion Alexandra Steiner, Ilona Wagner

Fotos (soweit nicht anders vermerkt) Roland Binder, Manuel Birgmann, Thomas Jäger, Jörg Schlegel

Druck pnp.druck GmbH, Passau

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MENSCHEN in EUROPA 2019

Kunst, Wirtschaft, Politik – Wegbereiter und Brückenbauer in Europa

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Zukunft ist ein Produkt der Gegenwart. Bildlich ausgedrückt: Das Straßennetz, in dem wir uns morgen bewegen, ist von den Wegen gezeichnet, die wir heute gehen. Daher ist es heute umso wichtiger, Schritte aufeinander zuzugehen, Brücken zu bauen, Grenzen zu überwinden und aus Parallelen einen gemeinsamen Weg zu machen, statt in Sackgassen zu verharren. Dafür steht MENSCHEN in EUROPA. 1996 als Kunstforum unter dem Mot-to „Kunst kennt keine Muttersprache“ gestartet, finden mittler-weile Podiumsgäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Kunst und dem öffentlichen Leben alljährlich den Weg nach Passau, um über aktuelle Themen zu diskutieren und sich auszutauschen. MENSCHEN in EUROPA hat sich zu einem Treffpunkt entwickelt – einer Kreuzung, an der sich Menschen aus Deutschland, Europa und der Welt treffen und über alte und neue Wege sprechen.

Kunst als Sprachrohr nutzt Konzeptkünstler und Menschenrecht-ler Ai Weiwei. Er macht mit seinem künstlerischen Schaffen auf Missstände in seinem Heimatland China und weltweit aufmerk-sam. Für sein Werk, seinen Mut und seinen unerschütterlichen Einsatz als „soziales Gewissen“ ehren wir ihn dieses Jahr mit dem MENSCHEN in EUROPA – Kunst Award. Mit dem ehemaligen Bundesminister und Fraktionsvorsitzenden der Linken im Saarland Oskar Lafontaine hält ein Politiker die Laudatio, der sich ebenfalls für soziale Gerechtigkeit starkmacht.

Ai Weiweis Heimatland ist auch anderweitig ein brisantes Thema: China hat sich zur wichtigsten Handelsmacht neben den USA entwickelt. Durch den „Handelskrieg“ zwischen den beiden Groß-mächten, den Brexit und die Eskalation im Persischen Golf droht der gesamte Welthandel ins Stocken zu geraten. Welche Gefahr die Krisenherde für die Märkte darstellen, diskutieren EU-Kommis-sar Günther Oettinger, vbw-Präsident Wolfram Hatz und Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, mit Mode-ratorin Ursula Heller vom Bayerischen Rundfunk.

Mit dem Brexit steht auch der Finanzplatz London zur Debatte – er ist der größte innerhalb der EU. Braucht die Staatengemein-schaft nun ihren eigenen? Und wo? Darüber spricht der ehemalige ZDF-Brüssel-Korrespondent Udo van Kampen mit Friedrich Merz, Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrats, Dr. Theodor Weimer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse, und Prof. Dr. Dr. Ann-Kristin Achleitner, Wirtschaftswissenschaftlerin und Professo-rin an der TUM.

Fest im Blick haben wir auch die deutsche Politik: Die Finanzplä-ne von Finanzminister Olaf Scholz haben nicht überall für Beifall gesorgt. Anstelle der sogenannten „schwarzen Null“ fordern Kri-tiker einen Richtungswechsel: Investitionen in Digitalisierung, Bil-dung und Klimaschutz. Welche Perspektiven Olaf Scholz für die deutsche Finanzpolitik sieht, erörtert er mit dem Journalisten und stern-Kolumnisten Hans-Ulrich Jörges.

Neue Wege braucht die Landwirtschaft. Ob Arten-, Tier- oder Klimaschutz – es hagelt Negativschlagzeilen für die Agrarbranche. Was getan werden muss und inwiefern Verbraucher, Unter nehmer und Politiker verantwortlich für die Missstände sind – darüber reden Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, Präsident und CEO der US-amerikanischen AGCO Corporation Martin Richenhagen und der ehemalige Präsident des Europäischen und Deutschen Bauernverbands Gerd Sonnleitner mit Moderator Tilmann Schöberl vom Bayerischen Rundfunk.

Für die Kinder haben wir mit „Vorsicht, Kinder! Oper!“ eine Welt-premiere im Programm. Margit Gilch und Basil H. E. Coleman vom Landestheater Niederbayern haben eigens für MENSCHEN in EUROPA ein Mitmach-Stück kreiert, das junge Ohren und Au-gen für die Opernwelt öffnet. Bleiben wir bei der Musik: Mit über 500 internationalen und bayerischen Musikern und Tänzern freuen wir uns, auch beim Internationalen Volksmusiktag wieder mit Ihnen Brauchtum und Vielfalt zu feiern. Denn für eine bunte Zukunft sind nicht nur neue Richtungen wichtig. Es ist genauso relevant, Quer-straßen zwischen den alten Chausseen unseres kulturellen Erbes zu schaffen, damit Traditionen nicht nur gewahrt, sondern auch ge-teilt und gelebt werden können.

Ich lade Sie ganz herzlich ein, Teil unseres diesjährigen Programms zu sein!

Ihre

Verlegerin und Initiatorin von MENSCHEN in EUROPA

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Heimat durch das Kaleidoskop – Regionale und internationale Gruppen zeigen in Aldersbach ihr Bild von Tradition

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■ BRAUCHTUM

Wonach klingt Volksmusik? Nach Wirtshaus und Tracht, nach Dirndldrehen und Schuhplattlern, nach Gemütlich-

keit und Geborgenheit – nach Tradition und folglich dem Fleckchen Land, das wir Heimat nennen. Und nach all den Generationen, die vor uns hier gelebt haben. Volksmusik verbindet: uns mit unserer Geschichte, aber auch uns mit der weiten Welt. Denn Tradition und Brauchtum gibt es überall. Überall wird das kulturelle Erbe bewahrt; überall lebt es in der Folklore. Und je nachdem, wo die Menschen

auf ihre Heimat blicken, fallen die einzelnen Bau-steinchen von Tra-dition wie in einem Kaleidoskop im-mer unterschied-lich zusammen und es entsteht ein ganz eigenes buntes Bild.

„Meine Heimat – Unser Europa“ – Vielfalt in Einklang – das feiert der Internationale Volksmusiktag mit Musik, Tanz und Gesang von weit über die eu-ropäischen Grenzen hinaus. Zehn Gruppen aus aller Welt – von Finnland bis Mexiko, von den USA bis China – kommen nach Al-dersbach und bringen ihre farbenfrohen Traditionen mit Tanz und Tracht auf die Bühnen. Zugleich spielen 31 bayerische Musikgrup-pen ihre Heimatklänge und auch die haben je nach Region ihre ganz eigene Färbung.

Wer am 22. September also über das Aldersbacher Klosterareal schlendert, dreht an jedem der fünf Musikstandorte und drei Büh-

nen ein Stück am Kaleidoskop– einmal um den Planeten und ein-mal quer durch die bayerische Volksmusiklandschaft. Meist bunt gemischt: Der Internationale Volksmusiktag ist ein Fest der Begeg-nung zwischen den Kulturen, zwischen Geschichte und Gegen-wart, zwischen Besuchern und Künstlern.

Eingebettet ist das Farbenspiel für Ohr und Auge in ein ebenso schillerndes Rahmenprogramm, bei dem natürlich auch der kulina-rische Genuss nicht zu kurz kommt. Über 80 Standler aus der Re-gion sorgen auf dem Bauern- und Handwerkermarkt nicht nur für Gaumenfreuden. Traditionelle Handwerker präsentieren ihr Brauch-tum und bringen ihre Arbeit auch gerne den Besuchern bei. Auf die großen Gäste warten an der ProBierbar der Brauerei Aldersbach Craftbiere und Bier-Cocktails. Für die kleinen Gäste gibt es ein gro-ßes Kinderprogramm.

Ein besonderes Glanzlicht inmitten des bunten Treibens erwartet die Gruppe Martal Musi aus Tittmoning. Gemeinsam mit einer dreiköpfi-gen Jury haben die volksmusikaffinen PNP-Leser sie zum Gewinner des Internationalen Volksmusikpreises in der Kategorie „Volksmu-sik“ gewählt. Staatsminister Bernd Sibler ehrt die Oberbayern als Laudator bei der Preisübergabe in Aldersbach. Zudem wird Sänger Patrick Lindner in der Kategorie „Volkstümliche Musik“ ausgezeich-net. Seine Laudatorin ist Sängerkollegin Nicki aus Plattling.

„Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten“, sagte Kompo-nist Gustav Mahler einst. Das Beste in der Volksmusik besteht dar-in, wie sie Menschen zusammen- und in Bewegung bringt, wie sie Tradition lebendig macht und jeder Region Klang und Farbe gibt. Genau dafür steht der Internationale Volksmusiktag als Auftakt zu MENSCHEN in EUROPA: Er ist ein Kaleidoskop der Heimat.

Deborah Voß

Internationaler VolksmusiktagInternationaler VolksmusiktagMeine Heimat – Unser EuropaMeine Heimat – Unser Europa

■ BRAUCHTUM

BerndSibler,MdLBayerischer Staats-minister für Wissen-schaft und Kunst

Laudator:

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BRAUCHTUM ■

Im Gespräch mit Patrick LindnerHerr Lindner, Sie haben in Ihrer langen Karriere einen Bam-bi gewonnen, fünf Goldene Stimmgabeln, sind mit Goldenen Schallplatten in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgezeichnet worden. Was bedeutet nun der Internationale Volksmusikpreis in der Kategorie „Volkstümliche Musik“ für Sie? Jede dieser Auszeichnungen ist etwas Besonderes für mich, sie sind ja in gewisser Weise Meilensteine in meiner Karriere. Es ist im-mer wieder schön, sich an diese Momente zu erinnern. Deshalb

freu’ ich mich auch ganz besonders auf den internatio-nalen Volksmusik-preis, schließlich war die „Volks-tümliche Musik“ der sehr erfolgrei-che Anfang meiner Karriere. Heute bin ich sehr glücklich, dass ich musika-lisch eine große

Bandbreite anbieten kann und schlussendlich der Schlager und die deutsche Musik mein Zuhause sind.

Der Internationale Volksmusiktag findet unter dem Titel „Meine Heimat – Unser Europa“ statt. Sie haben vor Ihrer Musikkarrie-re als Koch gearbeitet. Wie schmeckt für Sie die Heimat? Ich bin ein sehr heimatverbundener Mensch. Die Musik und mein Beruf haben mich natürlich in viele Länder der Welt geführt, ganz besonders natürlich in unsere Nachbarländer in Europa. Dennoch freu ich mich immer wieder, wenn ich zurück in meine bayerische Heimat komme.

Und was macht für Sie Europa aus – auch musikalisch?Für die Musik gibt es keine Grenzen. Es ist immer wieder schön zu spüren, dass man auch in anderen Ländern das Publikum begeis-tern kann. Wie heißt es doch so schön: Musik verbindet die Men-schen – das ist einfach fantastisch.

Worauf sind Sie in Ihrer Karriere rückblickend besonders stolz?Auf meine vielen Fans und mein Publikum, das mich seit Jahrzehn-ten begleitet, unterstützt, mir immer wieder die Kraft für neue Auf-gaben schenkt, und dass ich mit meinen Liedern, denke ich, ihnen doch immer wieder etwas zurückgeben konnte.

2012 haben Sie bei „Let’s Dance“ erfolgreich das Tanzbein ge-schwungen und den sechsten Platz belegt. Der Internationale

Volksmusiktag ist auch ein Feiertag traditioneller Tänze. Inwie-weit gehören Tanz und Musik für Sie zusammen?Wenn ich ehrlich bin, bin ich lieber der Musiker, der zum Tanz spielt und unterhält. Ich hatte mit der Profitänzerin Isabel Edvardsson eine zauberhafte Lehrerin, aber es ist nicht vieles von der Tanzkunst im Kopf geblieben. Eigentlich schade.

Traditionen und volkstümliche Musik sind wieder en vogue. Auch junge Menschen hören wieder Volksmusik, tragen Tracht. Wie erklären Sie sich die neue Wertschätzung alter Traditionen?Ich glaube, sie sind so wichtig wie schon lange nicht mehr. Die al-ten Werte, die Traditionen bedeuten heute vielen jungen Menschen wieder sehr viel, was ich großartig finde. Gerade hier in Bayern kann man das vermehrt spüren. Aber ich denke, es ist in jeder Region so, dass man sich wieder mehr darauf besinnt. Es ist doch etwas Wun-derbares, selbstgelebte Traditionen an seine Nachkommen weiter-zugeben und sie gemeinsam zu erleben.

Im Gespräch mit NickiNicki, voriges Jahr haben Sie und Patrick Lindner zu Ihrem 35-jährigen Bühnenjubiläum ein Duett aufgenommen. Was schätzen Sie an Ihrem Kollegen und was bedeutet es für Sie, die Laudatio auf ihn zu halten?Ich kenn den Patrick schon so lange – quasi seit Beginn seiner Kar - riere vor gut 30 Jahren, als wir uns immer wieder in Fernsehshows über den Weg ge-laufen sind. Man hört kein böses Wort von ihm, er ist immer mensch-lich geblieben. Mit seiner Musik hat er vieles erreicht – eigentlich fast alles, was man erreichen kann in dem Geschäft. Seit unserem ge-meinsamen Duett „Baby Voulez Vous“, das Anfang 2018 erschienen ist, sind wir zusammen unterwegs. Daher ist es eine Ehre für mich, seine Laudatorin zu sein.

In den Achtzigern waren Sie mit Hits wie „I bin a bayerisches Cowgirl“ kaum aus den Deutschen Hitparaden wegzudenken. Wie haben sich Musik und Musikgeschäft seitdem verändert?

PatrickLindnerMusiker

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NickiMusikerin

Laudatorin:

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■ BRAUCHTUM

Sonntag, 22. September 2019Beginn ab 10.00 Uhr · Einlass 9.00 Uhr Kloster Aldersbach, Freiherr-von-Aretin-Platz 1, AldersbachEintritt Erwachsene 10,– € · Kinder 2,– € (bis 6 Jahre frei)VVK Erwachsene 7,– €

Kartenvorverkauf in allen PNP-Geschäftsstellen (bis Fr., 20. Sept., bis 12 Uhr, solange der Vorrat reicht) und im Klosterladen Aldersbach (bis Sa., 21. Sept., 17 Uhr) Karten sind seit 22. Juli 2019 erhältlich.

Informationen unter Tel. +49-(0)851-802-202 oder www.menschen-in-europa.de

Mit dem Internet hat sich sehr viel verändert. Der Plattenverkauf ist extrem zurückgegangen, Fernsehauftritte und Jobangebote sehen heute anders aus. Die Zeit ist sehr kurzlebig geworden in der Musik und in dem Geschäft.

Welche Musik hören Sie privat?Querbeet nach Lust und Laune – wie jeder andere Mensch auch. Oft ist es Country, da packt mich schon mal die Nostalgie und ich krame alte Platten raus. Früher hab’ ich gern Jazzrock gehört. Au-ßerdem läuft bei uns im Haus eigentlich immer das Radio.

2018 haben Sie mit „Herzhoamat“ Ihr 15. Studioalbum ver-öffentlicht – nicht das erste Comeback in Ihrer Karriere. Wie muss ein Künstler sich immer wieder neu finden und er-finden?Auch wenn man älter wird, sollte man am Ball bleiben. Man muss mit der Zeit gehen und mit der Technik. Zwar kann man seinem Stil immer treu bleiben – und das sollte man auch –, aber den Sound weiterzuentwickeln, ist trotzdem möglich.

Sie sind Ihrem Geburtsort Plattling im Landkreis Deggendorf bis heute treu geblieben. Was bedeutet in diesem Zusammen-hang der Albumtitel „Herzhoamat“ für Sie?Der Titel passt für mich wie die Faust aufs Auge! Jeder, der mich kennt, weiß, wie heimatverbunden ich bin, dass ich hier geboren und nie weggezogen bin, obwohl viele immer gesagt haben: „War-um gehst du nicht nach München?“ Ich habe hier meine Familie und meine Freunde und konnte mir nie vorstellen, das zurückzulassen. Ich reise zwar gerne und bin neugierig auf die Welt, aber freue mich auch immer, wenn ich wieder nach Hause komm.

Die Gespräche führte Deborah Voß

Regionale und internationale Gruppen des Volksmusiktages:

Regionale Gruppen:A gmahde Wies, Stephansposching, A spontan Musi, Ernsgaden, Bamhagge Buam, Eggenfel-den, Bierstub‘m Muse, Tiefenbach, Blaskapelle Wurmannsquick e.V., Wurmannsquick, Bründl-musikanten, Witzmannsberg, De Zwee, Traun-walchen, Drent und Herent, Unterneukirchen, Eder AlphornSolo, Schönberg, Feuerwehrka-pelle-Unterzeitlarn, Unterzeitlarn, Göltnschmie-rer, Hepberg, Heimat- und Trachtenverein Lindenthaler-Hebertsfelden, Hebertsfelden, Hoabergmusi, Ortenburg, Hoizbach-Musi, Hebertsfelden, Jagdhornbläser des Jagd-schutzvereins Passau, Passau, Jonas & Se-bastian, Mauth, Larenzer Schmankerlmusi mit dem Larenzer 5er, Bad Griesbach, Männerchor Erlach, Erlach, Manda, Spiegelau, Martal Musi, Tittmoning, Pfiffige-Knepf, Arnbruck, Sauglockn - läutn, Hallertau, Schäffler, Eggenfelden und Die Neuen Münchsdorfer, Arnstorf, Schwarzbauer & Maklar, Schrobenhausen, Sie & I, Passau, SMS de Waidlerische Wirtshausmusi, Neuschönau, Soizweger Zwoagsang, Salzweg, Stehauf-musi Grafenau, Grafenau, Wirthausmusik Ohne Nam’!, Pocking, ZechFreiStil, Wurmannsquick

Internationale Gruppen:Celtic Colleens, Irland, Úsmev, Tschechi-en, Heijakat, Finnland, Huaxing Arts Group, China, Iliria, Albanien, Las Adelitas, Mexiko, Letas, Russland, Libín-S, Tschechien, Lipa, Slowenien, Munich Square Dancers, USA

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Die Straße von Hormus hat sich im Sommer politisch betrach-tet zu einer Zerreißprobe entwickelt. Die Meerenge zwischen

dem Persischen Golf und dem Golf von Oman verbindet ölpro-duzierende Staaten mit den Märkten Europas, Nordamerikas und Asiens. Wie die Globalisierung ist sie im Welthandel fest verankert. 30 Prozent des verschifften Erdöls passieren Hormus – zwangs-läufig durch iranisches Gewässer. Das bringt Macht: Als Vergeltung für die Sanktionen von der EU und den USA drohte der Iran 2012

an, den Seeweg zu schließen – so auch 2018 und dieses Jahr. Seitdem von ira-nischer Seite im Sommer verschie-dene Handels-schiffe angegan-gen worden sind, droht die Eskalati-on. Für die Straße

von Hormus als Handelsroute wird es gefährlich eng. Durch po-litische Maßnahmen bedroht und für den internationalen Handel unabdingbar ist die Meerenge so ein Sinnbild für zahlreiche aktuelle Krisenherde im Welthandel geworden:

Seit eineinhalb Jahren führen China und die USA einen Handels-krieg mit Strafzöllen und Exportverboten. Doch sie bringen nicht zwangsläufig den anderen Staat zum Einknicken, sondern meist die Unternehmen. Und das nicht nur in Fernost und den Verei-nigten Staaten: Es liegt viel Wertschöpfung in der Handelsachse zwischen China und den USA – auch für europäische Unterneh-men. Der Schaden für den Welthandel beträgt schätzungsweise 90 Milliarden Euro im Jahr. „Ich bin ein Mann der Zölle“, twitterte US-Präsident Donald Trump unlängst. Auch der EU hält er seine außenpolitisches Lieblingsinstrument auf die Brust: Französischer Wein, deutsche Autos –Trump lässt die Muskeln zucken, droht mit Zöllen, wie es ihm gerade passt, und wird so zum Flammenwerfer. Besonders hart könnte er die deutsche Automobilindustrie treffen:

Zölle auf europäische Automobile in Höhe von 25 Prozent könnten die Bruttowertschöpfung langfristig um 7 Milliarden Euro senken – das sind 0,2 Prozent des Inlandsprodukts. Und Europa hat noch einen weiteren Brennpunkt: Die EU und Großbritannien bereiten den Brexit vor, der nicht zuletzt aufgrund seiner schwerwiegenden Konsequenzen für den Binnenmarkt zweimal verschoben worden ist.

Wo brennt es im Welthandel eigentlich nicht? Laut einer Analyse der Deutschen Außenhandelsförderung Germany Trade and Invest profitieren südostasiatische Staaten vom Konflikt zwischen China und den USA: Die Wertschöpfung hat sich aus dem Reich der Mitte gen Süden verlagert. Die EU hat im Februar für ein Freihan-delsabkommen mit Singapur gestimmt. Binnen fünf Jahre sollen alle Zölle zwischen den beiden Akteuren abgebaut werden. Sind neue Freihandelsabkommen die Lösung? Seit dem G20-Treffen in Osaka hat die EU zudem eines mit dem südamerikanischen Staa-tenbund Mercosur im Visier. Dafür gab es direkt Kritik aus Frank-reich: Man sei in Sachen Umweltschutzauflagen nicht auf einem Level. Unterschiedliche Standards waren bereits das Problem bei Verhandlungen zu TTIP, dem nicht vollendeten Freihandelsabkom-men zwischen der EU und den USA. Ohnehin bleibt es fraglich, ob Freihandelsabkommen mit anderen Staaten die Schäden durch die angespannten Beziehungen zwischen China und den USA sowie der USA mit Europa auffangen können.

Das führt zurück zum Sinnbild der Straße von Hormus: Es gibt für den Handelsweg kaum Ausweichrouten. Die USA, China sowie Europa auf der anderen Seite müssen sich ihren Konflikten stellen. Wie brenzlig es um den Welthandel steht, wie Politik und Wirtschaft die Krisenherde löschen könnten und welche Folgen die derzei-tigen Entwicklungen für Unternehmer und Verbraucher letztend-lich haben, darüber diskutieren am 1. Oktober Günther Oettinger, EU-Haushaltskommissar, Wolfram Hatz, Unternehmer und Prä-sident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) sowie Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobil industrie (VDA). Die Moderation der Veranstaltung übernimmt Ursula Heller vom Bayerischen Rundfunk. Deborah Voß

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WIRTSCHAFT

Im Gespräch mit Bernhard MattesHerr Mattes, vor Ihrer Tätigkeit als Präsident des VDA wa-ren Sie Vorstandsvorsitzender der Ford-Werke GmbH, einer Tochtergesellschaft des amerikanischen Autobauers Ford. Die USA befinden sich derzeit im Handelsstreit mit China und drohen immer wieder der EU. Welche Auswirkungen haben die Streitigkeiten für Autobauer, die auf beiden Seiten des Atlantiks produzieren? Bereits jetzt wirken sich die Handelsstreitigkeiten für alle Beteilig-ten negativ aus: So haben führende Wirtschaftsforschungsinstitute und der Internationale Währungsfonds (IMF) die Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum im laufenden und im kommenden Jahr zurückgenommen. Für die Automobilindustrie führen diese Handelskonflikte zu Ver-werfungen in den internationalen Lieferketten, das ist auf beiden Seiten des Atlantiks zu spüren – auch in China. Sowohl die euro-päischen als auch die US-amerikanischen Hersteller sind gegen zusätzliche Zölle auf Importe in die USA. Das würde allen schaden – vor allem den Verbrauchern.Die Pkw-Exporte deutscher Hersteller aus US-Produktion nach China sind bereits 2018 deutlich zurückgegangen, der Trend hält im laufenden Jahr an. 2018 wurden 38 Prozent weniger Light Vehicles aus den USA nach China exportiert als im Vorjahr. Im lau-fenden Jahr (Januar bis Juni) beträgt der Rückgang neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das heißt: Der Handelskonflikt trifft auch die USA selbst. Wir hoffen, dass bald die Vernunft siegt.

Wie stark würden direkte Strafzölle der USA auf europäische Autos, wie sie Donald Trump immer wieder androht, die deut-sche Automobilindustrie treffen?Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den USA. Diese Zeit sollte genutzt werden. Die EU hat nur dann eine starke Verhandlungsposition, wenn sie geschlossen auftritt. Die deutsche Automobilindustrie braucht keine Schutz-zölle, wir stellen uns immer dem Wettbewerb. Wir hätten mit ei-ner Absenkung der transatlantischen Zölle auf null kein Problem. Das wäre der beste Weg. Dass massiv höhere Importzölle die deutsche Automobilindustrie – Hersteller wie Zulieferer – und den Industriestandort Deutschland erheblich treffen würden, ist offen-kundig. Jetzt muss es darum gehen, dass dieses Szenario nicht eintritt.

Laut dem Automobilexperten Ferdinand Dudenhöffer ist das „Hauptkrisengebiet im weltweiten Automarkt“ momentan China. Sollte der dortige Wachstumseinbruch weitergehen, rechnet er mit einer „gefährlichen Krise für die Weltautoindus-trie“. Inwiefern stimmen Sie dem zu?Der chinesische Pkw-Markt ist in den vergangenen 15 Jahren mas-siv gewachsen, er ist heute der weltweite größte Einzelmarkt. 2018 gab es erstmals seit Jahrzehnten einen Rückgang, verursacht vor allem durch den Handelskonflikt mit den USA. Für das Jahr 2019 rechnen wir in China mit einem Rückgang um sieben Prozent auf 21,6 Millionen Neuwagen.Erfreulich: Der Absatz deutscher Konzernmarken entwickelt sich in China besser als der Gesamtmarkt. Unser Marktanteil liegt in den ersten sieben Monaten bei 24 Prozent – und damit mehr als zwei Prozentpunkte höher als im Vorjahr (21,8 Prozent). Die deut-schen Premiumhersteller haben eine deutlich bessere Performance als der Gesamtmarkt: Sie konnten bis Juni ihre Pkw-Produktion in China um fünf Prozent steigern. Zu Ihrer Frage: Die aktuelle Marktentwicklung in China ist vor allem durch den Handelskonflikt bestimmt. Mittelfristig gehe ich davon aus, dass der chinesische Pkw-Markt wieder wachsen wird, das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Handelsstreitigkeiten mit den USA beigelegt wer-den können.

Glauben Sie, dass sich die Lage des Welthandels generell in nächster Zeit entspannen wird? Wenn wir uns die vergangenen einhundert Jahre anschauen, dann gab es immer wieder Phasen, in denen der freie und faire Handel weltweit blühte – und anschließend von protektionistischen Maß-

nahmen eingebremst wurde. Es gibt also auch „Konjunkturzyklen“ des Welthandels.Das Wachstum der Weltwirtschaft in den vergangenen zwei Jahr-zehnten, vor allem der wirtschaftliche Aufstieg Chinas, ist ohne Globalisierung nicht denkbar. Protektionismus ist immer auch ein Zeichen für verschärften internationalen Wettbewerb, dem sich das jeweilige Land am liebsten entziehen möchte. Doch jede Ab-schottung führt mittel- und langfristig nicht zu verbesserter Wett-bewerbsfähigkeit, sondern zur Verkrustung von Strukturen und technologischem Rückstand.Wir hoffen auf Lösungen im Handelsstreit zwischen den USA und China. Das gilt auch für andere Länder. Ein positives Zeichen sind Freihandelsverträge der EU, z. B. mit Ja-pan, Kanada und hof-fentlich auch mit dem Mercosur. Indien ist ein wichtiger Partner, Afrika gewinnt Be-deutung. Aus unserer Sicht sollten alle Staa-ten daran interessiert sein, dass die Idee des Abbaus von Handels-hemmnissen und der Intensivierung internationaler Kooperationen weiter die Überhand behält – vor Protektionismus und Abschot-tung. Dafür setzen wir uns ein.

Im Gespräch mit Günther Oettinger

Herr Oettinger, sollte es zum Brexit kommen, geht der EU nicht nur eine starke Handelsmacht verloren, sondern auch ein wichtiger Einzahler in den EU-Haushalt. Welche Berück-sichtigung findet der Brexit mit oder ohne Deal im Haushalts-plan?Der Entwurf des Austrittsabkommens sieht eine vollständige Rege-lung der gegenseitigen finanziellen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs und der Europäischen Union aus der Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs vor, einschließlich des Übergangszeit-raums bis zum 31. Dezember 2020. Bei seiner Ratifizierung wird das Abkommen sicherstellen, dass der derzeitige mehrjährige Finanzrahmen (2014-2020) vorbehaltlich einiger spezifischer Re-gelungen mit den laufenden Haushaltsbeiträgen und der uneinge-schränkten Beteiligung des Vereinigten Königreichs finanziert und umgesetzt wird. Im Falle eines Austritts ohne Abkommen am 1. November 2019 gäbe es für die letzten Monate dieses Jahres kein Haushaltspro-blem. Es gäbe keine Notwendigkeit, Ausgabenkürzungen vorzu-nehmen oder nationale Beiträge zu erhöhen. Für 2020 würde sich die Finanzierungslücke auf rund 11 Milliarden EUR belaufen. Wäh-rend das Vereinigte Königreich nach internationalem Recht weiter-hin an seine finanziellen Verpflichtungen gebunden wäre, müssten wir eine Möglichkeit finden, diese Lücke kurzfristig zu schließen. Ein möglicher Ansatz wäre, die Belastung gleichmäßig zu verteilen: Indem die Ausgabenprogramme um einen Betrag gekürzt werden, der die Hälfte der Differenz (d. h. rund 5.5 Milliarden EUR) deckt und die nationalen Beiträge um den gleichen Betrag erhöht. Auf jeden Fall wäre dies angesichts der bereits für 2020 vorgesehenen Höhe der nationalen Beiträge und der Ablehnung der Kürzungen bei den Ausgabenprogrammen, die sowohl im Parlament als auch im Rat zu erwarten sind, eine Herausforderung. Der Vorschlag der Kommission für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen, den EU-Haushalt für 2021 bis 2027, wurde für eine Union mit 27 Mitgliedstaaten konzipiert. Er berücksichtigt somit bereits den Be-schluss des Vereinigten Königreichs, die Union zu verlassen, und für unsere Haushaltsplanung macht es somit keinen Unterschied, ob dies mit oder ohne Abkommen geschieht.Fo

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Welche sind die wichtigsten Punkte in Ihrer Haushaltsplanung für den langfristigen EU-Haushalt (MFR 2021 – 2027) und für den Haushalt 2020?Der Haushalt 2020 ist die Brücke zum nächsten mehrjährigen Fi-nanzrahmen. Wir müssen für einen reibungslosen Übergang und eine reibungslose Umsetzung der EU-Programme sorgen, die un-seren Wohlstand in Europa fördern. Die Bereitstellung der Mittel, die zur Förderung des Wirtschaftswachstums und der Wettbewerbsfä-higkeit erforderlich sind, ist für das Jahr 2020 von entscheidender Bedeutung und wird in den kommenden Jahren noch wichtiger wer-den. Auf die Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf die Bekämpfung des Klimawandels und die Erhaltung der Umwelt, aber auch in Bezug auf eine stärkere Rolle Europas in der Welt und eine sicherere Union zu reagieren, sind Herausforderungen, die unsere kontinuierliche Aufmerksamkeit erfordern. Der Haushalt 2020 beruht somit auf dem übergeordneten Ziel, das wir auch für den nächsten

MFR betonen: einen Mehrwert für die EU zu schaffen, mit Schwerpunkt auf den Auswirkungen und Ergebnissen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die EU-Mittel konkrete Wirkung zeigen und Projekte vor Ort un-terstützen, die den

EU-Bürgern einen echten Mehrwert bieten. Dies wird auch ein Schlüsselelement des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens sein. In Zeiten des Brexit und seiner Auswirkungen auf die finanziellen Mit-tel der Union muss der nächste Haushalt sicherstellen, dass er künf-tigen Herausforderungen wie Digitalisierung, Migration, Verteidigung, Forschung und Innovation, und die Bekämpfung des Klimawandels wirksam und effizient gerecht wird. Neben dem allgemeinen künftigen Rahmen für die Ausgabenseite bleiben einige weitere Neuerungen ebenfalls wichtig: Ein Haushalts-instrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit für das Eu-ro-Währungsgebiet; die Einnahmenseite des Haushaltsplans, die so genannten Eigenmittel; und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, um sicherzustellen, dass die EU-Mittel ausreichend vor Missbrauch oder Betrug geschützt sind.Wie hoch schätzen Sie die Erfolgschancen, dass der mehrjähri-ge Finanzrahmen für 2021 bis 2027 beschlossen wird?Der Europäische Rat bekräftigte im Juni seine Verpflichtung, was den Zeitrahmen für die politischen Verhandlungen angeht, die zu einer formellen Einigung über den nächsten langfristigen Haushaltsplan führen. Der Europäische Rat wird im Oktober 2019 einen Gedan-kenaustausch führen, um vor Jahresende eine Einigung erzielen zu können. Aufbauend auf den Arbeiten seit Mai 2018, als die Kommis-sion ihre Vorschläge vorlegte, ist der derzeitige finnische Ratsvorsitz ehrgeizig und verpflichtet sich ebenfalls diesem Ziel. Die Europäische Kommission unterstützt die Verhandlungen, und ich bin vorsichtig optimistisch, dass die Mitgliedstaaten noch in diesem Jahr eine Eini-gung erzielen werden. Die Beibehaltung dieses Zeitrahmens ist von entscheidender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass alle EU-För-derprogramme am 1. Januar 2021 beginnen können. In Zeiten eines verlangsamten Wirtschaftswachstums wird es von entscheidender Bedeutung sein, diesen zukunftsorientierten Haushalt in vollem Um-fang zu nutzen, um das Investitionsniveau aufrechtzuerhalten und unsere Wirtschaft zu unterstützen. Die Alternative besteht darin, dass sich die Verhandlungen bis Ende 2020 verzögern könnten. Dies wäre einfach zu riskant. Wir könnten nicht garantieren, dass alle Programme am 1. Januar 2021 starten. Unsere Forscher, unsere Unternehmen, unsere Universitäten und Studenten würden das einfach nicht verstehen – sie verdienen Kon-tinuität und Vorhersehbarkeit.Sie werden die Kommission heuer verlassen. Welche Themen legen Sie Ihrem Nachfolger besonders ans Herz? Die designierte Präsidentin der Europäischen Kommission (Anm. d. Red.: Ursula von der Leyen) hat bereits eine überzeugende Agen-

da für die politische Arbeit der künftigen Kommission vorgelegt. Diese hat klare Schwerpunkte, sie ist ambitioniert und umfassend. Auf die meisten zentralen Fragen wie etwa den Klimaschutz kann es nur europäische oder sogar globale Antworten geben. Die Ant-wort auf die Skeptiker darf daher nicht weniger Europa sein, es bedarf vielmehr politischer Angebote, bei denen der europäische Mehrwert klar erkennbar ist. Die künftige Kommission wird zahlrei-che Herausforderungen zu bewältigen haben, wie etwa den Schutz unserer Bürger zu verbessern oder die Rolle Europas in der Welt als verantwortungsvolle Führungsmacht zu stärken, um nur einige Beispiele zu nennen. Mir ist wichtig, dass wir trotz dieser wichtigen Aufgaben nicht vergessen, dass die Grundlage für das europäische Modell eine funktionierende soziale Marktwirtschaft ist. Wir müssen deshalb Europas Wirtschaft fit für den wachsenden globalen Wett-bewerb und für die Herausforderungen der Digitalisierung machen. Hier muss ein Schwerpunkt künftiger Politik liegen. Die rechtzeitige Annahme des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens wird auch in dieser Hinsicht von erheblicher Bedeutung sein. Es handelt sich um mehr als eine Buchführungsübung. Es geht darum, unsere Prioritä-ten und politischen Ambitionen auf längere Sicht festzulegen und sie dann in Haushaltsmittel zu übersetzen; nicht umgekehrt. Nur wenn der nächste mehrjährige Finanzrahmen zeitnah angenommen wird, wird die künftige Kommission in der Lage sein die für ihre Politik er-forderlichen Mittel von Anfang an wirkungsvoll einzusetzen.

Im Gespräch mit Wolfram Hatz Herr Hatz, welche Auswirkungen hätte ein No-Brexit-Deal Ihrer Meinung nach für Bayern? Die derzeitige politische Lage in Großbritannien gibt Anlass zu großer Sorge. Wir brauchen dringend Gewissheit über den weiteren Kurs. Ein Austrittsabkommen sollte so schnell wie möglich abgeschlos-sen werden, um endlich Rechts- und Planungssicherheit für unsere bayerischen Unternehmen zu schaffen. Die anhaltende Diskussion um den Brexit hat bereits zu massiven Verlusten in der Wirtschaft geführt. In den Monaten Januar bis Juni 2019 exportierte Bayern Waren im Wert von 6,6 Milliarden Euro nach Großbritannien. Im Ver-gleich zum Vorjahreszeitraum sanken sie damit um sechs Prozent. Das Vereinigte Königreich nimmt damit aber immer noch Platz fünf unter den größten Exportmärkten für bayerische Waren ein.Welche Inhalte wären bei einer Einigung zum EU-Austritt der Briten in Bezug auf die bayerische Wirtschaft wünschenswert?Am Ende muss ein umfassendes Partnerschafts-, Investitions- und Handelsabkommen mit möglichst wenig Handelshemmnissen ste-hen.In Anbetracht aller derzeitigen Krisenherde im Welthandel: Was ist für Sie die langfristig betrachtet größte Gefahr aus deutscher und aus europäischer Sicht?Deutschland und auch Bayern sind Exportnationen. Das gleiche gilt auch für Europa, daher muss eine Ausweitung der protektionisti-schen Tendenzen unter allen Umständen vermieden werden. Euro-pa muss zu einer gewichtigen politischen Stimme in der weltweiten Handelspolitik werden.Welche Schritte erhoffen Sie sich von der Politik bezüglich der Reibungen im Welthandel?Gerade in Zeiten mit handelspolitischen Konflikten und zunehmenden protektionistischen Tendenzen ist es wichtig, dass wir mit europäi-scher Geschlossenheit und Stärke konsequent stabile wirtschaftliche Beziehungen zu anderen Wirtschaftsregionen aufbauen und vertiefen. Wir begrüßen daher sehr die europäischen Freihandelsabkommen mit Japan, den südamerikanischen Ländern im Mercosur sowie mit Vietnam. Mit diesen Bündnissen betont die EU beispielhafte Marktof-fenheit, einheitliche Standards und verlässliche Handelsregeln.Könnten Steuersenkungen für Unternehmen und/oder Beschäf-tigte das abschwächende Wirtschaftswachstum auffangen? Ja, sehr wohl. Wir fordern schon sehr lange und bisher leider ver-geblich Steuersenkungen und die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Nur ein einfaches, wettbewerbs- und leistungs gerechtes Steuerrecht hat einen positiven Einfluss auf das

GüntherOettingerEU-Kommissar für Haushalt und Personal

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Wirtschaftswachstum. Die Entlastung des Steuerzahlers, Anreize für erfolgreiches Wirtschaften der Unternehmen, eine Reduzierung der Steuerbürokratie und mehr Rechtssicherheit haben oberste Priorität. Davon sind wir in Deutschland leider weit entfernt.Sie sind selbst Unternehmer, waren lange Jahre als Geschäfts-führer der Motorenfabrik Hatz in Ruhstorf (Landkreis Passau) tätig und sind heute Hauptgesellschafter und Vorsitzender des Beirats des Unternehmens. Dieselmotoren sind umstritten. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft des Dieselmotors aus und welche Folgen hat die Debatte für die Industrie?Der konventionelle Antrieb und insbesondere der Diesel werden auf Jahre unverzichtbar sein. Dazu muss sich auch die Politik bekennen. Zudem gilt: Ohne den Diesel werden wir die festgelegten CO2-Ziele nicht erreichen. Daneben müssen wir bei der Entwicklung alternati-ver Antriebe auf Technologieoffenheit setzen. Das reicht von Wasser-

stoff über synthetische Kraftstoffe bis hin zur E-Mobilität. Die Gren-zwerte von Stickoxid müssen auf den Prüf-stand, sie müssen zudem endlich euro-paweit einheitlich an-gewandt werden. Die aktuellen Messungen zeigen, dass Fahrver-bote nicht nötig sind,

weil immer mehr neue, sehr saubere Diesel-Autos auf den Stra-ßen fahren. Die Debatte gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen und bayerischen Automobilstandortes. Wir brauchen intelligente Mobilitätskonzepte, eine Förderung des öffentlichen Per-sonennahverkehrs und die Umstellung der Flotten städtischer Nutz-fahrzeuge und Taxis auf umweltfreundlichere Antriebe.

Die Gespräche führte Deborah Voß

WIRTSCHAFT

WolframHatzUnternehmer und Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.

vbw – Stark für BayernDie vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. ist die freiwillige, branchenübergreifende Interessen-vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Sie vertritt die gemeinsamen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Interessen von 134 bayerischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden sowie von 42 Einzelunternehmen. Die Mitglieder der vbw reprä-sentieren das gesamte Spektrum der Branchen der bayerischen Wirtschaft. Ziel der vbw ist es, die Wett-bewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken und die Zukunftsfähigkeit Bayers zu sichern.

www.vbw-bayern.de

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Künstler, Aktivist, Provokateur, Selbstinszenierer– wer Ai Wei-wei ist, das wissen viele. Was er ist, daran scheiden sich die

Geister. Seine Werke sind oft plakativ, manchmal protzig. Kunstkri-tikern bietet er eine Angriffsfläche. Gleichzeitig feiern ihn viele als „chinesischen Joseph Beuys“. Doch der Konzeptkünstler ist vor al-lem eines: Menschenrechtler. Mit Installationen, Fotografien, Filmen und Skulpturen macht Ai Weiwei auf Missstände aufmerksam: vom kommunistischen China seiner Kindheit zum heutigen totalitären Staatsapparat des Reichs der Mitte hinaus in die weite Welt zu glo-balen Problemen wie der Flüchtlingskrise und dem Klimawandel. Es gibt keinen Stil, keine Technik, kein Medium, das sich wie ein roter Faden durch seine Kreationen zieht. Es gibt nur die Realität – nicht selten seine eigene – in ihren bittersten Facetten, die aus jedem seiner Werke spricht.

Sein Vater Ai Qing war Lyriker – und Regimekritiker. 1958, als Ai Weiwei ein Jahr alt war, wurde die Familie verbannt und floh in die Wüste Gobi. 20 Jahre später nach Maos Tod durfte sie nach Peking zurückkehren. Ai Weiwei begann, an der Pekinger Filmakademie zu studieren. Von 1981 bis 1993 lebte er in New York, schloss dort ein Studium an der Parsons School of Design ab, ehe er aufgrund einer Erkrankung seines Vaters nach China zurückkehrte. Dort wurden seine Arbeiten immer politischer. Drei Schwarz-Weiß-Fotografien aus dem Jahr 1995 fangen ein, wie Ai Weiwei eine wertvolle Vase aus der chinesischen Han Dynastie (206 v.Chr. bis 220 n.Chr.) fallen lässt. Kaputt. Er verzieht während-dessen keine Miene. Provokativ. Die drei Bilder erinnern an den Umgang des kommunistischen Systems mit dem kulturellen Erbe Chinas: „Der einzige Weg, eine neue Welt zu bauen, ist eine alte zu zerstören“, sagte Mao einst.

Nach dem Erdbeben in Sichuan 2008, bei dem mehrere tausend Schüler ums Leben kamen, da aufgrund von Korruption viele Schulgebäude voller Baupfusch waren, sammelte Ai Weiwei ihre Namen und veröffentlichte knapp 5000 von ihnen in seinem Blog. „Jedes Problem, das mit Politik zu tun hat, wird überdeckt“, erklär-te er. Bei seiner Arbeit wurde er festgenommen und von der Polizei geschlagen, bis er Gehirnblutungen erlitt. Daraufhin ließ er sich in München behandeln und arbeitete dort weiter: An der Außenfas-

sade des Münchener Haus der Kunst brachte sein Team hunderte Schulranzen an, die an die Kinder von Sichuan erinnern sollten. Sein Blog, auf dem er sich seit Jahren regimekritisch äußert, wird von der Zensur immer wieder blockiert.

2011 – zurück in China – wurde Ai Weiwei erneut verhaftet. 81 Tage lang saß er hinter Gittern unter dem Vorwand angeblicher Steuerhinterziehungen. Anschließend nahm man ihm den Pass ab; er konnte nicht ausreisen. Hausarrest. Die Nachricht ging um die Welt, vor allem in Deutschland machten sich Künstler und Politi-ker für seine Freilassung stark. 2015 wieder rei-sefähig zog er ins Exil nach Berlin. Im selben Jahr wählte ihn das bri-tische Kunstmagazin Art Review auf Platz zwei der weltweit einfluss-reichsten Menschen im Kunstbetrieb.

Seit seinem Umzug aus China wendet er sich in seinen Werken vermehrt globalen Missständen zu. In seinem Film „Human Flow“ von 2017 nahm sich Ai Weiwei der Flüchtlingskrise an, reiste in über 20 Länder, um Geflüchtete auf ihrem Weg von Iran bis nach Lesbos zu interviewen und zu filmen. Kritiker bemän-gelten, dass sich der Künstler in dem Werk, das in Venedig bei der Biennale gezeigt wurde, zu sehr selbst in Szene setze. Bei Ai Weiwei gibt es jedoch keinen Künstler und kein Werk. Er ist ein Gesamtkonzept und hat sein Gesicht zu einem Symbol gemacht für Heimatlosigkeit, Unterdrückung und Widerstand. Zu sehen war das zuletzt in Düsseldorf, wo Ai Weiwei im Sommer mit seiner bis dato größten Ausstellung in Europa 200 000 Besucher angelockt hat. Im August kündigte Ai Weiwei an, dass er Deutschland verlas-sen wolle. Das Land sei keine offene Gesellschaft, sondern „eine Gesellschaft, die offen sein möchte, aber vor allem sich selbst be-schützt“, kritisierte er in einem Interview mit der Welt. Eigenen Aus-sagen zufolge zieht er nach Cambridge.

Ai Weiwei – Kunst oder Widerstand?

ClausStrunzJournalist

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Am 14. Oktober wird Ai Weiwei mit dem MENSCHEN in EUROPA – Kunst Award ausgezeichnet. Die Laudatio auf den Künstler und Menschenrechtler hält Bundesminister a.D. sowie Fraktionsvorsit-zender der Linken im Saarländischen Landtag Oskar Lafontaine. Vorab findet ein Podiumsgespräch mit Ai Weiwei unter der Mode-ration von Journalist Claus Strunz statt. Lafontaine ist kein Künstler und Ai Weiwei kein Politiker. Aber an einer Schnittstelle reichen die beiden sich die Hand: Menschenrechte. Deborah Voß

Im Gespräch mit Ai WeiweiSie saßen in China in Haft, weil Sie als Künstler immer wieder das Regime kritisiert und sich für Menschenrechte eingesetzt haben. Nun leben Sie in Europa. Welche Freiheiten an einem Leben in Europa schätzen Sie besonders? Und sehen Sie die-se in Anbetracht des aufkeimenden Populismus in Europa be-droht?2011 war ich für 81 Tage inhaftiert und stand danach weitere vier Jahre lang unter Arrest. Ich bin nach Europa gekommen, da Deutschland meine Freilassung sehr hartnäckig gefordert hat und mir eine Professur an der Berliner Universität der Künste angebo-ten wurde. Über die vergangenen 100 Jahre haben Europa und der Westen grundlegende gemeinsame Werte der Humanität geschaf-fen, inklusive der Menschenrechte, der freien Meinungsäußerung und des Konzepts eines unabhängigen Gerichtssystems – all jenes fehlt in China. Rechte und populistische Bewegungen versuchen, diese Werte zu zerstören oder ihnen zu schaden; sie erschüttern den Grundstein Europas. So steht es nun schlecht um den Kon-tinent. Die Ablehnung Europa gegenüber wird mehr und mehr akzeptiert, Europa verliert an Toleranz und es sorgt sich weniger um humanitäre Angelegenheiten. Das spiegelt eine selbstsüchtige, kurzsichtige und ausschließende Gesellschaft wider und garantiert keine rosige Zukunft für die nächste Generation.

Ihre Kunst setzt Politik und Gesellschaft den Spiegel vor – un-verzerrt und gegenwärtig. Aber wie stellen Sie sich das Euro-pa der Zukunft vor und wie würden Sie es künstlerisch dar-stellen? Europas Zukunft kann nicht von der Zukunft des Rests der Welt abgespalten werden. Es ist keine alleinstehende, einzelne Figur in der globalisierten Landschaft. Das heutige Europa ist nicht autark, sondern stark von China und anderen Nationen abhän-gig. Das wissen wir, das weiß Europa und das weiß auch China. Der Versuch, Probleme einfach innerhalb Europas zu beheben, wird nicht funktionieren. Wir müssen über den Tellerrand schauen und verstehen, womit wir weltweit konfrontiert sind: Klimaschutz, Menschenrechtsverletzungen, Krieg und die vielen Menschen, die viele Jahre lang vernachlässigt und ausgebeutet wurden und nun zunehmend verarmen. Als Künstler versuche ich, mich einzumi-schen. Ich versuche, von der Realität zu lernen und eine Sprache zu finden, die die Schönheit von Mensch und Gesellschaft reflek-tiert. Es ist nicht immer einfach, sondern es ist immer ein Kampf. Dessen bin ich mir komplett bewusst und diesen Kampf mittler-weile gewohnt.

Welches Ihrer bisherigen Werke halten Sie persönlich für das Bedeutendste? Mein wichtigstes Werk ist meine Verstrickung mit der Realität. Viele meiner Werke setzen sich mit ihr auseinander, wie Fairytale bei der documenta 12 oder Sunflower Seeds in der Tate Modern und die Citizen’s Investigation, bei dem ich nach dem Erdbeben in Sichuan die Namen der vielen jungen Opfer ermittelt habe. Mein aktuelles Werk ist eine umfangreiche Studie zur weltweiten Situation Ge-flüchteter. Wir haben drei Filme gedreht, mehrere Publikationen produziert und hunderte Interviews geführt. Ich bin jemand, der stets lernt und wächst – wie eine Pflanze mit dem Wind, mit dem Regen und mit der Sonne.

Im Januar haben Sie in Berlin an einer „Fridays-For-Futu-re“-Demonstration teilgenommen. Inwieweit können Ihrer

Meinung nach die Schülerproteste Einfluss auf klimapolitische Entscheidungen nehmen?Es ist großartig, dass Schüler sich der Situation bewusst sind. Das ändert unsere Zukunftswahrnehmung ungemein. Aber wie bei je-der Demonstration ist die größte Gefahr der Mangel an Kreativität. Die Schüler sollten von den Erfahrungen der Protestierenden in Hong Kong lernen. Diese verhalten sich wie Wasser. Sie passen ihre Strategie jedweder Situation an. Sie haben die Behörden ner-vös und ihnen auf diese Art und Weise ihre Forderungen deutlich gemacht. So gestaltet sich der Akt des Protests weitaus effekti-ver, als es durch ein bloßes Formalisieren von Protest geschehen könnte.

In Hongkong laufen derzeit Proteste für Menschenrechte und gegen die Regierungschefin Carrie Lam, deren Regierung ein umstrittenes Auslieferungsgesetz verabschiedet hat. Sie ha-ben diese Bewegungen als „historisch“ bezeichnet. Inwiefern trauen Sie den Demonstrationen zu, sich über ganz China aus-zubreiten?Was gerade in Hongkong passiert ist sehr aufschlussreich. Bei den Demonstranten handelt es sich um eine gesamte Generation, die in den Neunzigern geboren wurde, mit dem Internet aufgewachsen ist – informiert, klar im Kopf, rational und diszipliniert. Sie kennen die Gegenseite ganz genau und müssen sich mit ihr auseinander-setzen. Das ist beeindruckend – nicht nur für die Chinesen selbst, sondern für die Welt. Hongkong ist ein Teil der weltweiten Jugend-revolution. Ich hoffe, dass die Proteste im Sinne einer Fallstudie für die Zukunft dienen können. Und zu China speziell: Wir wissen alle, dass es ein Land mit starker Zensur und das Bild der Menschen von den Demonstrationen verzerrt ist. Die Proteste werden in China nicht positiv aufgenommen werden. Und das ist genau der Grund, warum wir finden, dass die Art von Macht, die der Staat ausübt – die Macht, die grundlegende Wahrheit abzuändern – bösartig ist.

Möchten Sie selbst eines Tages nach China zurückkehren und Ihr dortiges Engagement für Menschenrechte fortsetzen?Es ist mein Traum, zurückzukehren, aber es sieht nicht so aus, als könnte das in absehbarer Zeit passieren.

Sie sind nicht nur Konzeptkünstler, Bildhauer und Kurator. Sie drehen auch Filme. Was reizt Sie an diesem Medium?Neugier. Ich bin enorm neugierig, der Realität ins Auge zu blicken, direkt auf einen Schnitt zu schauen und das Blut fließen zu sehen. Ich denke, das ist ein Teil der Natur des Menschen. Ich mag es, Wissen aus erster Hand zu haben und ich mag die visuelle Darstel-lung in zweierlei Hinsicht – als Sprache und als Beweis.

In „Human Flow“ haben Sie dokumentarisch die globalen Flüchtlingsbewegungen mit Aufnahmen und Interviews aus 28 Ländern herausgearbeitet. Sie waren selbst in Lesbos und

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Das Passauer Scharfrichter Kino zeigt zu Ehren Ai Weiweis drei seiner cineastischen Werke. Auf die Leinwand kommen die Dokumentationen „Never Sorry“ (OmU) über Ai Weiwei als Kunstschaffender und Aktivist aus dem Jahr 2011, „The Fake Case“, die seine Verhaftung sowie deren Umstände beleuchtet und 2014 erschienen ist, und „Human Flow“, der 2017 veröffentlichte Film des Chinesen über die Folgen der Flüchtlingskrise.

Die Filmreihe läuft vom 18. Oktober bis zum 5. November.

Tickets sind an der Kinokasse erhältlich.

Informationen und Reservierung unter Tel. +49-(0)851-988 3550 oder auf www.cineplex.de/passau.

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haben sich ein Bild von der Lage gemacht. Sie sind auch aus politischen Gründen geflohen. Konnten Sie sich mit den Ge-flüchteten identifizieren?Ich identifiziere mich mit den Menschen, die gezwungen worden sind, ihrer Nation den Rücken zu kehren – daher mein Entschluss, einen Film über ihre Situation zu machen. Ich habe meine Jugend als Binnen-Flüchtling in China verbracht. Ich würde niemals einen Ort mein Zuhause nennen, da ich niemals eines hatte. Bis heute bin ich immer noch ein Fremder oder Dissident. Mein ganzes Leben lang schon fehlt ein Wort in meinem Wortschatz und das ist „Zuhause“.

Im Gespräch mit Oskar LafontaineHerr Lafontaine, für Pablo Picasso war die Kunst eine Waffe. Am wohl bekanntesten war diesbezüglich sein Werk

„Guernica“, seine Reaktion auf den Bombenangriffder Deutschen im Spanischen Bür-gerkrieg 1937. Aber kann die Kunst wirklich Missstände nicht nur aufgreifen, sondern auch an-greifen?

Ob Picassos „Guernica“, Bertold Brechts dialektisches Theater oder Ai Weiweis Installationen: Kunst kann die Menschen zum kriti-schen Nachdenken und Hinterfragen anregen und ein Bewusstsein für die Probleme schaffen. Wäre Kunst nicht in der Lage aufzurüt-teln und Missstände anzugreifen, hätten die chinesischen Macht-haber Ai Weiwei nicht inhaftiert. Dann hätte er dem System nicht gefährlich werden können. Dann wären nicht in Diktaturen kritische Künstlerinnen und Künstler mit die Ersten, die verfolgt würden. Auch in den USA wurden zu Zeiten McCarthys Künstler wie Charlie Chaplin, Leonard Bernstein und Thomas Mann und Wissenschaft-ler wie Albert Einstein und Robert Oppenheimer wegen „anti-ame-rikanischer Umtriebe“ verfolgt und Werke von Schriftstellern wie Ernest Hemingway, William Faulkner und John Steinbeck aus den Bibliotheken entfernt.

Vielen Chinesen gilt Ai Weiwei als „soziales Gewissen“, weil er gesellschaftliche Missstände thematisiert. Sie selbst ha-ben sich auch immer wieder gegen den Sozialabbau starkge-macht, haben die Politik Schröders teils als Abkehr von sozi-alen Grundwerten und Schritte in Richtung Neoliberalismus kritisiert. Was verbindet Sie und Ai Weiwei in diesem Sinne?Ich bewundere Ai Weiwei, aber wir stammen aus sehr unterschied-lichen Gesellschaften und Kulturen. Ai Weiwei hat mutig Missstän-de angeprangert, obwohl er wusste, dass die Machthaber in sei-

nem Land das nicht einfach hinnehmen würden. Sein Vater, der Dichter und Regimekritiker Ai Qing, wurde 20 Jahre verbannt und erhielt Publikationsverbot. Meine Kritik an der Agenda-Politik, an Sozialabbau und Kriegsbeteiligungen, war niemals von Haft, Folter oder Verfolgung bedroht und verlangte nicht diesen Mut und diese Standhaftigkeit. Uns verbindet der Wunsch nach einer gerechten und friedlichen Welt.

Was beeindruckt Sie als Politiker an Ai Weiwei und seinem Engagement für Menschenrechte besonders? Dass er trotz der zu erwartenden Repressionen des chinesischen Staates bereit war und ist, für seine Überzeugungen zu kämpfen. Dass er sich nicht hat verbiegen oder korrumpieren lassen.

Ai Weiwei hat sich in China für die Meinungsfreiheit starkge-macht. „Jedes Plädoyer für die Menschenrechte lohnt sich“, sagte er 2015. Welche Menschenrechte liegen Ihnen beson-ders am Herzen und wo sehen Sie dabei einen Bedarf an poli-tischem Engagement in Europa? Das Menschenrecht auf Freiheit. Jeder Mensch sollte frei von Zwängen und Angst leben können, überall auf der Welt. Ob in Chi-na, wo Künstler wie Ai Weiwei verfolgt werden, oder in der westli-chen Welt, wo die Freiheit von Whistleblowern wie Julian Assange und Chelsea Manning bedroht wird. Zur Freiheit gehört auch ganz wesentlich, frei von Armut und Ausbeutung leben zu können.Außerdem liegen mir das Menschenrecht auf Frieden und das Menschenrecht auf angemessene Nahrung besonders am Herzen. Diese werden täglich mit Füßen getreten. Auch mit Unterstützung Europas und Nordamerikas. Es ist großartig, dass die Staaten der Europäischen Union seit Jahrzehnten in Frieden leben. Aber wir führen trotzdem Krieg und unterstützen die Kriege um Rohstoffe und Absatzmärkte der USA – außerhalb Europas, außerhalb des Blickfelds der Europäerinnen und Europäer. Die Konzerne machen Profit durch Waffenverkäufe an Kriegsparteien und durch soge-nannte Freihandelsabkommen, die die Wirtschaft afrikanischer Staaten niederkonkurrieren und die Armut in den ärmsten Ländern vergrößern. Wenn wir das Geld, das die europäischen Staaten für die weitere Aufrüstung ausgeben wollen, stattdessen für die Be-kämpfung von Hunger und Krankheiten in den ärmsten Ländern der Welt verwenden würden, wäre schon viel erreicht.

Die Gespräche führte Deborah Voß

Montag, 14. Oktober 2019Beginn 18.00 Uhr · Einlass 17.00 UhrMedienzentrum · Medienstraße 5 · Passau-SperrwiesEintritt 20,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten 15,– € (VVK) Karten nur im Vorverkauf in allen PNP-Geschäftsstellen ab 13. September 2019Informationen unter Tel. +49-(0)851-802-202 oder www.menschen-in-europa.de

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Die Londoner Skyline: Mächtig wächst sie inmitten der histo-rischen Gemäuer der britischen Hauptstadt in den Himmel.

Sie steht für ein ganz anderes London als der Buckingham Palace, das Globe Theater oder Westminster Abbey: die Finanzhauptstadt Europas. Neben New York, Shanghai und Singapur zählt London zu den wichtigsten Orten der Finanzbranche auf dem Globus; das Bankenviertel ist der größte Finanzplatz in der Europäischen Union. Pfund, Dollar, Yen, Euro, Rubel gehen über die Theken – Banken aus aller Welt haben hier einen Sitz. Seit dem Referendum zum

britischen Austritt aus der EU fragen sich al-lerdings viele Finanz-experten: Wie lange noch?

Finanzdienstleister,die ihren Fokus auf den europäischen Markt legen, bauen ihre Sitze in anderen EU-Staaten aus. Ban-ken, beispiels weise

Goldman Sachs, Morgan Stanley, Citi, Nomura, Daichi oder auch die Schweizer UBS, haben eine Standortverlagerung bereits an-gekündigt. Sie beantragen Lizenzen für andere Finanzplätze – wie sie Goldman Sachs in Frankfurt bereits erhalten hat. Die deutsche Bankenhauptstadt könnte in dieser Hinsicht ein Gewinner des Brexit sein, munkeln manche. Dafür habe sie aber gar nicht die Kapazitäten, meinen andere. Paris, Dublin, Amsterdam oder Lu-xemburg werden ebenfalls als Alternativen für London gehandelt. Laut einer Studie der Londoner Denkfabrik New Financial ist vor allem die irische Hauptstadt zukunftsträchtig – insgesamt 100 Fi-nanzinstitute haben ihre Geschäfte infolge des Brexit-Referen dums bereits dorthin verlegt; die meisten von ihnen entstammen dem Branchenzweig der Vermögensverwaltung. Zahlenmäßig auf Platz zwei liegt Luxemburg mit 60 Zuzügen, darauf folgen Paris mit 41, Frankfurt mit 40 und Amsterdam mit 32. Für Frankfurt spricht, dass sich insbesondere Banken für die Mainmetropole entscheiden.

Mit den Finanzinstituten stehen auch Arbeitsplätze und Vermö-genswerte vor dem Umzug. Der Studie nach betreffen die Verla-gerungen bislang fast 5000 Arbeitsplätze. Zudem verlagern laut New Financial Banken allein rund 800 Milliarden Pfund an Kapital, Vermögensverwalter mehr als 65 Milliarden Pfund, Versicherungen 35 Milliarden Pfund. Das sind insgesamt umgerechnet über 980 Milliarden Euro. William Wright, Gründer der Londoner Denkfab-rik mahnt: Der „Brexit-Effekt“ werde sich in den nächsten Jahren noch erhöhen, der Einfluss des Finanzplatzes London auf die eu-ropäischen Finanzströme entsprechend sinken. Vieles hängt der-weil noch davon ab, wie geregelt der Brexit letztendlich vollzogen werden kann. Solange bleiben Prognosen Szenarien. Mit dem bri-tischen und globalen Finanzmarkt werde London nichtsdestotrotz auch ohne den europäischen Markt ein wichtiger Finanzplatz blei-ben, meinen Experten.

Die Skyline von London wird ihre Symbolkraft in der Stadt dem-nach wohl nach dem Brexit behalten. Nicht aber in Europa: Wo findet der Kontinent seine neue Finanzhauptstadt? Oder wird der Finanzplatz Europa dezentralisiert? Und welche Folgen hat das – für Deutschland, Europa und die Welt? Darüber diskutieren am 7. November Friedrich Merz, Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrats, Dr. Theodor Weimer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse und Prof. Dr. Dr. Ann-Kristin Achleitner, Wirtschaftswissenschaft-lerin und Professorin an der TUM, im Medienzentrum der Verlags-gruppe Passau. Moderiert wird das Gespräch vom ehemaligen EU-Korrespondenten des ZDF Udo van Kampen. Deborah Voß

Im Gespräch mit Dr. Theodor WeimerHerr Dr. Weimer, sollte es zum 31. Oktober zu keiner Eini-gung kommen, droht endgültig ein ungeregelter Austritt Groß britanniens aus der EU. Welche Auswirkungen hätte ein No-Deal-Brexit auf die Deutsche Börse in der kurzen und in der langen Frist?Was wann vielleicht passieren wird, ist hoch spekulativ und auch unter dem neuen Premierminister Boris Johnson bislang nicht kla-

UdovanKampenJournalist

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LUXEMBURG – WAS KOMMT NACH LONDON?FINANZPLATZ EUROPA: DUBLIN, FRANKFURT,

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rer geworden. Die Deutsche Börse bereitet sich und ihre Kunden jedenfalls seit dem Austrittsvotum 2016 auch auf ein No-Deal-Sze-nario vor. Gerne haben wir das nicht gemacht. Aber wir müssen uns damit auseinandersetzen. Es ist nicht das Ende der Welt.

Was bedeutet der Austritt für die Aktionäre oder für die deut-schen Unternehmen?Die Innovationskraft und die wirtschaftliche Stärke der Unterneh-men hängen nicht vom Brexit ab – ob sie nun ein Dax-Konzern sind oder ein Mittelständler aus Passau. Im Übrigen sollte der Markt erwartete Entwicklungen weitgehend eingepreist haben.

Welche Unterschiede erwarten Sie künftig zwischen den Fi-nanzmärkten der EU-Mitgliedsstaaten?

Ich erwarte kei-ne wesentlichen Unterschiede, so-wohl im Verhält-nis zu London als auch innerhalb der EU27. Für alle europäischen Mit-gliedsstaaten gel-ten im Verhältnis zu Großbritannien die gleichen Über-

gangsregeln. Zudem ist die relevante Finanzmarktregulierung EU-weit harmonisiert.

Die US-Bank Goldman Sachs hat infolge des Brexit- Referendums ihren deutschen Standort in Frankfurt ausge-baut. Mitarbeiter – nicht nur aus London – sind nach Hessen gezogen. Frankfurt wird als neuer Finanzplatz Europas gehan-delt. Wie würden Sie diesen Ortswechsel aus deutscher Sicht und Sicht der Deutschen Börse bewerten?

Frankfurt war schon vor dem Brexit-Referendum ein bedeutender internationaler Finanzstandort und hat seine Bedeutung seither weiter steigern können. Natürlich hat Frankfurt aus dieser Position heraus gute Chancen, Funktionen aus London zu übernehmen und mehr Geschäft an sich zu ziehen. Erst recht, wenn das politisch gewollt oder regulatorisch erforderlich werden sollte. Aber ich war-ne vor zu großer Euphorie: Zum einen werden die Banker der City nicht in Heerscharen nach Kontinentaleuropa laufen. Zum ande-ren müssen wir aufpassen, dass wir nicht nur zu Booking-Centern werden.

Und welche Bedeutung haben solche Umzüge von Finanz-dienstleistern für die EU?Für die EU ist es wichtig, außerhalb Londons attraktive Alternativen zu haben. Frankfurt steht bereit: Mit großen nationalen wie inter-nationalen Banken und Finanzmarktakteuren, der Europäischen Zentralbank, der Deutschen Bundesbank, einigen europäischen Institutionen und nicht zuletzt der Deutschen Börse befinden sich bereits wichtige Akteure am Standort. Allerdings wird London auch in Zukunft ein wichtiger Finanzplatz bleiben, da dürfen wir uns nichts vormachen. Die britische Hauptstadt wird für die Investoren-gemeinde attraktiv bleiben.

Kritiker mahnen an, dass der Finanzplatz Frankfurt bereits überfüllt sei, keine Kapazitäten für einen Finanzplatz der Di-mension Londons habe. Wären daher die Standorte Paris, Dublin oder Amsterdam Ihrer Meinung nach geeignete Alter-nativen? Warum oder warum nicht?Die anderen Finanzplätze möchte ich nicht beurteilen. Die Stand-ortfrage für Unternehmen ist immer auch eine kulturelle und Kos-tenfrage. Wo fühlen sie sich wohler? Wo finden sie die richtigen Mitarbeiter? Wo gibt es ein funktionierendes Kapitalmarktökosys-tem? Wichtig ist dabei, dass alle Finanzplätze in der EU27 daran mitarbeiten, den europäischen Finanzmarkt zu stärken und interna-tional attraktiver zu machen.

www.sparkasse-ooe.at

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Dr.TheodorWeimerVorstandsvor-sitzender Deutsche Börse AG

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Prof.Dr.Dr.Ann-KristinAchleitnerWirtschaftswissen-schaftlerin und Professorin an der TUM

Zuletzt zu Ihrer Rolle als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse: Welche Konsequenzen haben oder hätten der Brexit und eine Finanzplatzverlagerung für Sie?Mein Job ist es in jedem Fall, mögliche Risiken abzuwägen und die Chancen für die Deutsche Börse und den Finanzplatz bestmöglich zu nutzen. So bedauerlich ein Brexit wäre – als Geschäftsmann muss ich darauf schauen, ob sich für uns daraus auch Vorteile er-geben und wie wir diese nutzen könnten.

Im Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Ann-Kristin AchleitnerFrau Prof. Dr. Dr. Achleitner, Sie haben gesagt, dass infolge des Brexit Deutschland und Frankreich enger zusammen-rücken müssen. Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor? Der Brexit hat nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine politische Komponente. Kritik an der Funktionsweise der EU gibt es

auch in Kontinentaleuro-pa. Das Projekt Europa ist zu wichtig, als dass wir es schleifen lassen und den Kritikern zusätzliche Argu-mente für eine Rückkehr zu Nationalismen liefern dürfen. Frankreich und Deutschland können und müssen die Motoren der Weiterentwicklung Euro-pas sein. Sie sollten für Impulse stehen, welche

die europäische Idee, die für eine bislang nicht dagewesene Epoche von Frieden und Wohlstand steht, stärkt.

Sie sind Mitglied der Trilateralen Kommission, einer Gesell-schaft mit einflussreichen Mitgliedern der drei großen Wirt-schaftsblöcke Europa, Nordamerika und Asien-Pazifik. Die Kommission verbindet politische Entscheidungsträger mit dem privaten Sektor. Welche Brücken müssen Ihrer Meinung nach zwischen EU-Politik und dem privaten Sektor gebaut werden, um die europäische Wirtschaft möglichst sanft über den Brexit zu führen?Wichtig für die Wirtschaften auf beiden Seiten des Kanals wäre vor allem ein geordneter Brexit. Darüber hinaus brauchen wir ein stabi-les Europa. Ein stabiles politisches Umfeld gibt Planungssicherheit. Es ist nicht von ungefähr, dass sich Wirtschaften in Ländern mit hoher Stabilität und Berechenbarkeit besonders gut entwickeln. Und schließlich sollten wir auch über Handelsabkommen sprechen. Solche Brücken gilt es weiter zu bauen – ganz unabhängig vom politischen Brexit. Handel verbindet und schafft Verständnis. Darauf sollten wir auch in Zukunft achten.

Zudem waren Sie lange Zeit im Aufsichtsrat der Deutschen Börse AG. Wie beurteilen Sie die Einflüsse des Brexit auf den Finanzmarkt in Deutschland? Und in anderen EU-Staaten?London wird auch nach einem Brexit nach New York der führende Finanzplatz sein. Aber richtig ist auch, dass die Finanzzentren in Kontinentaleuropa von einem Ausscheiden der Briten profitieren. In erster Linie sind dies Frankfurt, Paris und Luxemburg. Wir spüren dies beispielsweise an den Büropreisen. Aber ein Brexit wird an den internationalen Gewichten der einzelnen Zentren grundsätzlich nichts ändern.

Seit dem Brexit-Referendum spekulieren viele, dass Frankfurt der neue Finanzplatz Europas werden könnte – einige Finanz-dienstleister bauen ihren Standort dort bereits aus. Was hal-ten Sie davon?Neue Arbeitsplätze bedeuten Wachstum. Die Menschen brauchen nicht nur einen Schreibtisch, sondern auch eine Wohnung. Investi-tionen sind notwendig, von denen die ganze Region letztlich profi-tiert. Und schließlich, wird Frankfurt noch internationaler und jünger.

All dies sorgt für zusätzliche Impulse. Das gilt auch für Paris und Luxemburg, die ebenfalls über Umzüge aus London berichten.

Braucht es in der heutigen Zeit überhaupt noch einen zentra-len Finanzplatz?Wir haben mit Paris, Frankfurt und Luxemburg heute schon mehr als ein Finanzzentrum in Europa. Hinzu kommen London, Zürich und Genf, wenn wir Europa nicht nur politisch definieren. Jeder Platz hat seine Besonderheit. Insofern sind wir bereits heute dezen-tral aufgestellt. Auch in Zeiten der Digitalisierung wird es Marktplät-ze geben, an denen Menschen bewusst zusammenkommen, um sich auszutauschen. Der führende Marktplatz weltweit für techno-logische Innovationen ist das Silicon Valley, für Finanzen ist es New York. In Europa sind es London, Paris, Frankfurt, Luxemburg und nicht zuletzt Zürich und Genf an denen die Talente versammelt sind.

In Ihren Forschungen haben Sie sich unter anderem mit dem Thema Entrepreneurship auseinandergesetzt. Gerade in klei-neren und jüngeren EU-Mitgliedsstaaten wie Estland haben sich Gründerszenen entwickelt, die Motoren für wirtschaft-lichen Aufschwung werden – auch vor dem Hintergrund der Binnenmarkt-Freiheiten der EU. Welchen Einfluss hat der Brexit auf diese Entwicklungen?Der europäische Binnenmarkt bleibt auch nach dem Brexit der größte gemeinsame Wirtschaftsraum der Welt. Die vielfältigen Han-delsabkommen der EU bieten zusätzliche Chancen. Und schließ-lich möchten die Briten ja auch nach dem Brexit mit uns Kontinen-taleuropäern Handel betreiben. Immerhin gehen knapp 50 Prozent aller Exporte von Großbritannien in die EU. Die EU ist also auch nach einem Brexit interessant.

Im Gespräch mit Friedrich MerzHerr Merz, Sie wollten bereits vergangenes Jahr zu MEN-SCHEN in EUROPA nach Passau kommen, mussten jedoch kurzfristig aufgrund Ihrer Kandidatur um den CDU-Parteivor-sitz absagen. Damals haben Sie in einem eingespielten Vi-deobeitrag gesagt, Deutschland sei in der Pflicht, die Lücke, die die Briten in der EU durch ihren Austritt reißen, mit einem überproportionalen Beitrag zu füllen. In welchen Bereichen entstehen Lücken durch den Austritt und wie? Zunächst einmal verlieren wir mit Großbritannien einen strategi-schen Partner in der Europäischen Union, der uns zum Beispiel in Fragen der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik häufig näherstand als andere Mitgliedstaaten. Wir verlieren mit Großbri-tannien aber auch die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU und eine von zwei Nuklearmächten. Deutschland kann die Briten in Euro-pa nicht ersetzen, aber unser politisches Gewicht wird relativ zu den anderen Mitgliedstaaten und auch innerhalb Europas dadurch größer, ob wir das nun wollen oder nicht. Und damit nimmt die politische Verantwortung für Deutschland zu, und dies kommt nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass unsere politische Führung in Eu-ropa gefragt ist. Auch finanziell muss Deutschland für Europa mehr leisten. Dieses Geld wird sich in Form von politischer Stabilität und ökonomischem Erfolg aber auch ganz schnell wieder einspielen.

Obwohl der Brexit noch nicht vollzogen ist, zeichnen sich zahlreiche Rückzüge europäischer Finanzdienstleister aus der Finanzhauptstadt Europas, London, ab oder sind bereits in Gange. Vor welche Probleme stellt das die britische Finanz-branche? Wäre ein endgültiger Brexit das Aus für den Finanz-platz London?Der Finanzplatz London wird eine wichtige internationale Funktion behalten, allein für den internationalen Zahlungsverkehr bleibt Lon-don enorm wichtig. Aber es gibt eben in London keine Banklizenz mehr, die in ganz Europa gilt, und auch Versicherungen bekom-men allein von London aus keinen europäischen Zulassungspass mehr. Damit wandern vor allem Banken und Versicherungen mit ihren Hauptquartieren wenigstens in einigen zentralen Funktionen auf den Kontinent ab. Und auch Industrieproduktion wird weiter von Großbritannien abziehen und andere Standorte suchen. Fo

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Donnerstag, 7. November 2019Beginn 18.00 Uhr · Einlass 17.00 UhrMedienzentrum · Medienstraße 5 · Passau-SperrwiesEintritt 15,- € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten 10,- € (VVK) Karten nur im Vorverkauf in allen PNP-Geschäftsstellen ab 13. September 2019 · Informationen unter Tel. +49-(0)851-802-202 oder www.menschen-in-europa.de

FriedrichMerzVizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU e. V.

Passau I Dresden IMünchen IMühldorf/Inn I Tittling I Deggendorf I Regensburg I Rosenheim

Wir freuenunsauf lebhafteDiskussionenundaufschlussreicheDialogemit interessantenPersönlichkeitenaus Politik, Kunst, Wirtschaft und des öffentlichen Lebens und wünschen den Veranstaltern viel Erfolg.

Ihre Consilia

„Wir müssen immer wieder das Gespräch mit unserem Nächsten suchen.Das Gespräch ist die einzige Brücke zwischen den Menschen.“

Albert Camus, französischer Schriftsteller, 1913 - 1960

Menschen in Europa - für ein europäisches undgrenzenloses Miteinander.

In den Medien wurde spekuliert, dass Frankfurt der neue Finanzplatz Europas werden könnte – einige Zuzüge aus der Finanzbranche konnte die Mainmetropole bereits verzeich-nen. Wie stehen Sie dazu?Es gibt eine ganze Reihe von Finanzdienstleistungsunternehmen, die schon über die letzten Jahre hinweg Frankfurt als wichtigen

Finanzplatz zu schät-zen gelernt haben. Die Stadt und ihre Umge-bung haben ja auch eine hohe Arbeits- und Lebensqualität, nicht zuletzt die EZB hat mit ihrem Sitz in Frankfurt für viele zusätzliche Ar-beitsplätze innerhalb und außerhalb der

EZB gesorgt. Natürlich gibt es weitere Finanzplätze in Europa, aber Frankfurt liegt – wie ich meine – weit vorn und entwickelt sich gut weiter. In Europa spielen nach dem Brexit sicher Paris, Amsterdam, Dublin, Luxemburg und einige andere ebenfalls eine Rolle, aber das ist ja auch der gute Ausdruck gelebter Vielfalt und dezentraler Strukturen in Europa.

Braucht es in der heutigen Zeit überhaupt noch einen zentra-len Finanzplatz? Jeder Platz hat sein eigenes Profil, zum Teil auch durch die un-terschiedliche Besteuerung der Finanzdienstleistungsprodukte be-dingt. Wichtig ist, dass der regulatorische Rahmen für alle möglichst gleich ist, und dass wir einen wirklich vollständigen Binnenmarkt für die Finanzdienstleistungen bekommen, sonst fallen wir gegenüber den großen Märkten in den USA und China noch weiter zurück.

Sie waren bis zum Sommer Vorsitzender des Vereins „Atlan-tik-Brücke“, der sich unter anderem auch für wirtschaftliche Brücken zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und

Deutschland stark macht. Was braucht der neue europäische Finanzplatz, um mit New York mithalten zu können? Was kann die Europäische Union von den USA lernen? Wir sollten uns da keine Illusionen machen. Die Amerikaner haben mit der Zwangs-Rekapitalisierung ihrer Banken in der Finanzkrise vor 10 Jahren alles richtig gemacht, und die amerikanischen Ban-ken sind, auch in Europa, stärker als je zuvor. Aus China gibt es mittlerweile Banken, die ebenfalls eine stärkere Marktkapitalisie-rung und damit eine ganz andere Feuerkraft haben als die größeren europäischen Institute. Wenn die europäischen Banken wenigstens so stark wären, dass sie im Heimatmarkt weiter eine Rolle spielen, dann wäre schon viel erreicht. In der Betreuung der mittelständi-schen Kunden sehe ich da durchaus große Chancen.

Von 1989 bis 1994 saßen Sie im Europaparlament. Welche Schritte muss Ihrer Meinung nach die europäische Politik nun einleiten, um den finanziellen Sektor der EU möglichst schmerzfrei von London loszulösen?Da sind aus meiner Sicht schon einige sehr wichtige Entscheidun-gen getroffen worden. Besonders wichtig wird sein, dass das „Ob“ und das „Wie“ des Austritts Großbritanniens möglichst rasch ge-klärt werden, denn nichts ist schädlicher für die Märkte, auch für Kapitalmärkte, als lange Phasen der Unsicherheit und der unklaren Prozesse. Auch hier gilt der Satz: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Die Gespräche führte Deborah Voß

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IST GEIZ NOCH GEIL?PERSPEKTIVEN DER FINANZPOLITIK:

Die Euphorie war groß: Zum ersten Mal seit 1969 schaffte Deutschland 2014 die „schwarze Null“ – einen Bundeshaus-

halt ohne Neuverschuldung – und das ein Jahr eher als ursprüng-lich geplant. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) werde in

die Geschichts-bücher eingehen, hieß es damals von der CDU, das Jahr markiere ei-nen Wendepunkt in der Finanz-politik, so bleibe Deutschland ein „Stabilitätsanker“ im europäischen Währungsraum. Doch Metaphern

müssen zu Ende gedacht werden: Die See kennt nicht nur eine Wetterlage. In stürmischen Zeiten oder bei Ebbe kann es fatal sein, den Anker im Boden zu lassen, statt die Segel zu adjustieren. Mittlerweile hat Wolfgang Schäuble sein Amt verlassen. Olaf Scholz (SPD) ist gekommen, die schwarze Null geblieben. Mit sei-nen Finanzplänen bis 2023 möchte er die Dekade ohne Neuver-schuldung vollmachen. Aber schon der Haushaltsplan für 2020 of-fenbart: Die schwarze Null gibt es nicht zum Nulltarif. Der Entwurf, den der Bundesrat Ende Juni gebilligt hat, ist vom ursprüng lichen Plan bereits um fast drei Milliarden Euro nach unten korrigiert worden. Zudem besteht ein strukturelles Defizit – für den ausge-glichenen Haushalt müssen über neun Milliarden Euro aus den Rücklagen für Geflüchtete entnommen werden. Denn: Die Steuer-einnahmen steigen weniger als zuvor. Gleiches gilt laut Prognosen

für das Wirtschaftswachstum. Zudem könnten Streitigkeiten im Welthandel die Exportnation Deutschland hart treffen. Die rosigen Zeiten verblühen.Zum Haushaltsplan: Von den knapp 360 Milliarden Euro, die für das kommende Jahr als Ausgaben geplant sind, sollen etwa 41 Prozent ins Ressort Arbeit und Soziales fließen. Fast 45 Milliarden Euro gehen in die Verteidigung, knapp 30 Milliarden in den Verkehr und 18 Milliarden in die Bildung. Damit steigt der Verteidigungsetat vorerst auf 1,37 Prozent des Inlandprodukts. Insgesamt 40 Milli-arden Euro stehen 2019 für Investitionen bereit – so viel, wie nie zuvor. Aber noch lange nicht genug, prangern Kritiker des Haus-haltsplans, der im Spätherbst verabschiedet werden soll, an. Sie kommen aus allen Lagern: Zu wenig Geld fließe in Forschung, Bildung und die Digitalisierung von Schulen, heißt es von der FDP. Die Industrie verweist auf marode Infrastrukturen vielerorts und den rückständigen Breitbandausbau – im OECD-Vergleich ist Deutschland Glasfaser-Entwicklungsland: Nur 3,2 Prozent al-ler stationären Breitbandanschlüsse sind mit einem Glasfaserka-bel verbunden – der OECD-Durchschnitt liegt bei über 30 Pro-zent. Die Linken, denen hohe Sozialausgaben prinzipiell gefallen müssten, wollen mehr Investitionen in Wohnen, Bildung und Ge-sundheit. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht zudem einen Bedarf im Bereich Energieeffizienz. Die Grünen fordern mehr finanzielle Mittel für den Klimaschutz – die Herausforderungen des Klimawandels seien mit dem Entwurf nicht zu bewerkstelligen. Auch beim Koalitionspartner CDU stößt der Haushaltsentwurf auf Unzufriedenheit: Entwicklungsminister Müller klagte unlängst, dass ihm für die bereits versprochenen Vorhaben der Bundes regierung in der Entwicklungshilfe eine halbe Milliarde Euro fehlen. Eckert Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Union, bemängelte den Abbau der Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Fo

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Hans-UlrichJörgesstern-Kolumnist

Moderation:

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Montag, 11. November 2019Beginn 18.00 Uhr · Einlass 17.00 UhrMedienzentrum · Medienstraße 5 · Passau-SperrwiesEintritt 15,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten 10,– € (VVK) Karten nur im Vorverkauf in allen PNP-Geschäftsstellen ab 13. September 2019Informationen unter Tel. +49-(0)851-802-202 oder www.menschen-in-europa.de

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OlafScholzBundesminister der Finanzen und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland

Unterm Strich bleibt somit nur die dicke, schwarze Null – kein Ge-winner, kein Richtungswechsel. Da stellt sich die Frage: Ist Geiz überhaupt noch geil? Sollte in Anbetracht der derzeit niedrigen Zinsen nicht das Ruder rumgerissen, erst recht viel mehr investiert werden? Und sollten wir zukünftigen Generationen mit Blick auf den Klimawandel nicht besser eine grüne statt eine schwarze Null hinterlassen, wie sie einige Kritiker des Bundesetats fordern? Für einen ausgeglichenen Haushalt gehen die Schüler schließlich nicht auf die Straßen. Darüber und was er sich von dem Budget für 2020 sowie die Planung bis 2023 erhofft und wie die Perspektiven der Finanzpolitik aussehen, diskutiert am 11. November Bundes-finanzminister Olaf Scholz mit dem Journalisten und stern-Kolum-nisten Hans-Ulrich Jörges im Medienzentrum der Verlagsgruppe Passau. Deborah Voß

Im Gespräch mit Olaf ScholzHerr Scholz, im Juni wurden Ihr Haushaltsplan für das kom-mende Jahr sowie Ihr Finanzplan bis 2023 vom Kabinett ge-billigt. Der Bund soll weiterhin ohne Neuverschuldung aus-kommen. Warum ist die „schwarze Null“ so wichtig?Wichtig ist es, solide zu haushalten. Denn in einer echten Krise müssen wir die Mit-tel haben, um kräftig gegenzusteuern und Arbeitsplätze zu sichern. Wenn die Kas-se leer ist, sind der Regierung die Hände gebunden. Ich stehe aber für einen hand-lungsfähigen Staat. Beim Haushalt geht es letztlich darum, die richtigen Prioritäten zu setzen. Wir brauchen wirksamen Klima-schutz, innovative Forschung, gute Schu-len und eine leistungsfähige Infrastruktur. Seitdem ich Bundesfinanzminister bin, zeichnet den Bundeshaushalt deshalb Investitionen in Rekordhöhe aus. In Zahlen ausgedrückt: Insgesamt 160 Milliarden Euro wollen wir bis 2021 für Investitionen bereitstellen, fast ein Drittel mehr als in der vorherigen Legislaturperiode.

41 Prozent der Gesamtausgaben 2020 sollen an das Ressort Arbeit und Soziales gehen. Wo sehen Sie dort den größten Bedarf an Unterstützung – kommendes Jahr und langfristig?Unser Sozialstaat ist ein Erfolgsmodell. Und wir sorgen dafür, dass das so bleibt. Deshalb müssen wir uns für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wappnen und an alle jene denken, die der technologische und strukturelle Wandel zu überrollen droht. Die Zukunft soll neue Chancen eröffnen und darf nicht zur Verödung ganzer Landstriche führen. Gute Bildung darf nicht nur für Kinder von Besserverdienenden zur Verfügung stehen. Und am Ende ei-nes langen Arbeitslebens muss eine Rente stehen, von der man leben kann.

Der Etat für das Verteidigungsministerium soll kontinuierlich steigen. Die NATO erwartet, dass Deutschland bis 2024 die Verteidigungsausgaben auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleis-tung erhöht. Ist das machbar und ist das sinnvoll?Es geht darum, unsere Soldatinnen und Soldaten vernünftig aus-zustatten. Genau dafür sorgen wir. Die Ausgaben für die Bundes-wehr wurden deutlich aufgestockt, seit ich Verantwortung trage. Wir sind jetzt bei 45 Milliarden Euro pro Jahr, Tendenz steigend. Das sind 40 Prozent mehr als 2014. Parallel tun wir auch mehr für die Entwicklungszusammenarbeit.

Erwarten Sie, dass der Haushaltsplan im Spätherbst so ver-abschiedet wird, oder könnte es noch Änderungen geben, beispielsweise in Sachen Ausgaben für den Klimaschutz?Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine der größten Aufgaben unserer Zeit. Das nehme ich sehr ernst. Am 20. September wer-den wir ein Gesamtpaket an Maßnahmen beschließen, um das Klima wirksamer zu schützen. Das Paket wird auch einen Finan-zierungsvorschlag beinhalten. Im Energie- und Klimafonds sind ja

bereits erhebliche Mittel verfügbar. Mit einer sozial ausgewogenen Bepreisung des CO2-Ausstoßes kämen zusätzliche Einnahmen hinzu.

Ein Blick in die Zukunft: 2021 wird der Solidaritätszuschlag abgeschafft. Welche Auswirkungen hat das für den Bundes-haushalt?Die Einnahmen werden um mehr als 10 Milliarden Euro sinken. Gleichzeitig wird der ganz überwiegende Teil der Bürgerinnen und Bürger den Soli künftig nicht mehr zahlen. Damit steigen ihre Net-toeinkommen. Das ist eine gute Nachricht vor allem für Normalver-diener, die nicht nur vom Wegfall des Soli profitieren, sondern auch von verbesserten Familienleistungen, geringeren Sozialabgaben und höheren Grundfreibeträgen. Dass Spitzenverdiener den Soli erst einmal weiterzahlen, ist gerechtfertigt. Denn es gibt weiterhin viele Aufgaben aus der deutschen Einheit, die zu finanzieren sind. Außerdem gilt im Steuerrecht das Prinzip der Leistungsfähigkeit. Das heißt, stärkere Schultern müssen mehr tragen.

Und ein Blick über die Bundesgrenzen: Auf dem internationa-len Parkett setzen Sie sich für eine Mindestbesteuerung von Unternehmen ein. Wie soll sie konkret aussehen und was er-hoffen Sie sich davon?Das Grundprinzip ist einfach und einleuchtend: Werden Gewin-ne einer Tochtergesellschaft im Ausland unter dem Mindestsatz

besteuert, kann der Staat, in dem die Muttergesellschaft sitzt, die Differenz ein-fordern. Das schafft mehr Steuergerech-tigkeit. Denn die Mindestbe steuerung sorgt dafür, dass auch internationale Großunternehmen und Digitalkonzerne ihren fairen Anteil zum Steueraufkommen beitragen. Wir machen Schluss damit, dass sich Firmen aus der Finanzierung des Gemeinwesens ausklinken, während sie Milliardengewinne einfahren.

Sind Sie privat Sparer? Oder wofür nehmen Sie gerne Geld in die Hand?Ich bin ein ganz schlechtes Beispiel, weil ich mein Geld einfach auf meinem Konto bei der Sparkasse habe.

Das Gespräch führte Deborah Voß

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Es ist mittlerweile wie beim Schach: Der Bauer lässt sich leicht als Erstes schlagen. Artensterben, Tierhaltung, Antibiotika im

Fleisch und Nitrat im Grundwasser, Monokulturen, Glyphosat – die Landwirtschaft bekommt einen nach dem anderen auf den Deckel. Durch die kaum endenden Negativschlagzeilen steht mittlerweile die ganze Branche am Pranger. Zu Recht? Oder gibt es noch wei-tere Prügelknaben? Nitratwerte im Grundwasser lassen sich nicht leugnen. 50 Mil-ligramm pro Liter erlaubt die EU. In Deutschland wurde jedoch an mehr als jeder vierten Messstelle ein höherer Wert festgestellt. Grund für das Nitrat im Grundwasser ist die unverhältnismäßige Menge Gülle, die Bauern auf ihren Feldern verteilen dürfen: Nur 75 Prozent davon brauchen die Pflanzen zum wachsen; der Rest sickert durch und kann so letztendlich im Grundwasser landen. Das ist nicht

ungefährlich: Nitrat im Trinkwasser kann ge-sundheitliche Schäden anrichten – vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern. Aber wo-hin dann mit der Gülle? Ein für jedermann rea-lisierbarer Ansatz wäre eine Reduktion des Fleischkonsums. We-niger Schnitzel heißt

weniger Gülle und folglich weniger Nitrat im Grundwasser. Der Kon-sument – nicht der Bauer – ist hier Problem und Lösung zugleich. Ebenso in Sachen Tierhaltung: Wenn Verbraucher bereit sind, mehr für Fleisch oder Milcherzeugnisse zu zahlen, regional beim Metzger kaufen statt im Discounter, bleibt dem Bauern am Ende mehr Geld für das Wohl seiner Tiere, idealistisch gedacht.

Auch auf den Feldern ist nicht alles im Grünen: In der konventio-nellen Landwirtschaft werden Pflanzenschutzmittel verwendet, die Mensch, Tier und Umwelt schaden können – wie Glyphosat: Das Unkrautvernichtungsmittel ist umstritten – es könnte krebserregend sein; Forschungsgremien kommen zu unterschiedlichen Ergeb-nissen. Wesentlich eindeutiger sind die Auswirkungen bei Insek-tenvernichtungsmitteln. Die sogenannten Insektizide töten neben Schädlingen auch Insekten wie Wildbienen. Die Hälfte derer steht auf der roten Liste gefährdeter Arten. In Bayern wurden heuer im Rahmen des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ über 1,7 Millionen Unterschriften gesammelt – fast doppelt so viele wie nötig, um das Anliegen in den Bayerischen Landtag zu bringen. Verlangt werden verpflichtende Umweltschutzmaßnahmen für Landwirte, mehr Bio

und weniger Pestizide. Der Bauernverband klagt: Die „Bienenret-ter“ würden es sich zu einfach machen, den Landwirten die Schuld zuzuschieben. Auch Urbanisierung und Lichtverschmutzung scha-den den Tieren. Hinzu kommt: Es ist wirtschaftlich wenig tragbar, den Markt für Bio zu erweitern, solange nicht mehr Bio gekauft wird. Nachfrage bestimmt das Angebot. Wieder ist der Verbrau-cher gefragt. Bienen brauchen Blühwiesen. Da könnte man – wenn möglich – statt den Finger zu heben, Gartenhandschuhe anziehen und die pflegefreundliche Steinlandschaft gegen einen Blumengar-ten austauschen, sagen Kritiker des Volksbegehrens.

Ein anderes leidiges Thema für die Landwirtschaft sorgte bereits vor einem Jahr für Aufruhe: die Dürre. Der Klimawandel und seine Konsequenzen stellen auch die Landwirtschaft vor Herausforde-rungen. Extreme Wetterlagen nehmen zu. Dagegen würden sich die Bauern zu wenig wappnen, meinen Experten und fordern mehr Multi- statt Monokulturen. Doch der Umstieg ist für viele Landwirte kaum zu finanzieren. Der Bauer auf dem Schachbrett ist nur einer von vielen Figuren. Es braucht neue Spielregeln aus der Politik, neue Spielzüge von Unternehmern und Verbrauchern. Denn an-ders als beim Schach muss für den Erfolg der Gesellschaft nicht nur der König gesichert werden, sondern auch die Bauernschaft. „Wir brauchen die Bauern“ – darin sind sich Verbraucher, Unter-nehmer und Politiker einig. Was für die Landwirtschaft getan wer-den kann und muss, wie sich die Branche verändern wird und wel-che Verantwortung Politiker, Bauern, Konsumenten und Industrie zu übernehmen haben – darüber diskutieren am 13. November Bundeslandwirtschafsministerin Julia Klöckner, CEO und Präsident der US-amerikanischen AGCP Corporation Martin Richenhagen sowie Gerd Sonnleitner, ehemaliger Präsident des Europäischen und Deutschen Bauernverbands. Die Moderation übernimmt Til-man Schöberl vom Bayerischen Rundfunk. Deborah Voß

Im Gespräch mit Julia KlöcknerFrau Klöckner, die Landwirtschaft steht am Pranger. In Sa-chen Arten-, Tier-, Pflanzen- und Umweltschutz werden Land-wirte immer mehr zum Sündenbock. Zeitgleich wird das Wet-ter immer extremer, der Klimawandel stellt die Landwirtschaft vor viele neue Herausforderungen. Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten für die Zukunft und was macht Ihnen die größte Hoffnung? Dass die Gesellschaft sich so für Landwirtschaft interessiert, ist eigentlich erfreulich. Umso wichtiger ist dann aber ein differen-

TilmannSchöberlBayerischer Rundfunk

Moderation:

Landwirtschaft am PrangerVom Leistungsträger zum Sündenbock –

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zierter Blick, nicht die pauschale Anklage. Den Druck der öffentli-chen Erwartungen, unter denen die Bauern stehen, sprechen Sie an: Klimaschutz, Artenvielfalt, Tierwohl. Und hier tut sich viel. Ich sehe eine neue Offenheit gerade der jungen Landwirte für ambi-tionierten Umwelt-, Natur- und Klimaschutz. Die Branche nehme ich hier auch in die Pflicht, wünsche mir aber auch, dass sie selbst nach vorne geht, sich den Debatten stellt und nicht abwartet. Denn was nicht aus dem Blick geraten darf: Landwirte sind mehr als nur Landschaftsgärtner, sie sind Unternehmer, die unsere Le-bensmittel erzeugen. Das ist lebenswichtig – auch weltweit. Und deshalb müssen wir weg von pauschalen Schuldzuweisungen, von unzumutbaren Verkürzungen, die die Debatten um die Land-wirtschaft prägen. Ich meine: Wir brauchen einen neuen Gesell-schaftsvertrag mit Respekt vor der Leistung des jeweils anderen, ein neues Landwirtschaftsbewusstsein und ein neues Verbrau-cherbewusstsein. Das heißt, die Landwirtschaft wird überhaupt nicht umhinkommen, nicht nur effizienter, sondern gleichzeitig auch nachhaltiger und ressourcenschonender zu produzieren und noch mehr auf Tierwohl, Umweltschutz und Artenvielfalt zu ach-ten. Dabei werden vor allem auch digitale Lösungen helfen. Und wenn Landwirte Mehrleistungen für das Allgemeinwohl erbringen, dann muss das auch geför-dert werden, die Bauernfamilien können das nicht alleine stemmen. Ebenso hat es der Verbraucher in der Hand, welche Wirtschaftsweise er mit seinem Konsum und seinem Geldschein unterstützt. Sei-nen Forderungen und Erwartungen sollte er eigene Taten folgen lassen.

2018 klagten viele Bauern über einen Dürresommer. Nach einem Erntebe-richt erhielten Sie 340 Millionen Euro Entschädigung. Hitzepe-rioden werden beim Klimawandel wohl Thema bleiben. Sind Entschädigungen eine Dauerlösung oder wie wollen Sie auf Bundesebene in Zukunft solchen Katastrophen entgegenwir-ken? Wie sinnvoll wäre eine staatliche Förderung von Versi-cherungen gegen Dürren?Staatliche Dürrehilfen sind die absolute Ausnahme. Der Steuer-zahler wird es nicht mitmachen, jedes Jahr solche Hilfsleistungen zu stemmen. Und schon gar nicht gibt es solche Hilfen nach Ge-fühl oder subjektiver Prognose. Im vergangenen Jahr aber – das hatten die Zahlen des offiziellen Ernteberichts gezeigt – war die Situation so, dass fast alle Bundesländer massiv von der lang an-haltenden Trockenheit betroffen waren. Es war ein Problem natio-nalen Ausmaßes. Betriebe, die nachweisbar in ihrer Existenz be-droht waren, haben wir deshalb unterstützt. Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Betriebe sind in erster Linie gefragt, selbst Risikovor-sorge zu betreiben, Landwirte sind Unternehmer. Voraussetzung dafür sind entsprechende Angebote, die wir ausbauen müssen. Mit dem Bundesfinanzministerium war ich daher seit dem ver-gangenen Sommer in intensiven Gesprächen, den Steuersatz bei der Dürreversicherung auf 0,3 Promille der Versicherungssumme abzusenken. Der Finanzminister hat kürzlich signalisiert, einer sol-chen Reduzierung nicht im Wege zu stehen. Jetzt ist die Versiche-rungswirtschaft gefordert, auf dieser Basis attraktive Angebote zu machen, damit die Bauernfamilien eigenverantwortlich vorbeugen können. Zudem habe ich mich für die so genannte Gewinnglättung eingesetzt. Bauern können gute und schlechte Erntejahre so steu-erlich ausgleichen. Die EU hat dem zugestimmt, die erforderliche Gesetzesänderung ist auf den Weg gebracht. Auch prüfen wir der-zeit gemeinsam mit den Ländern, ob eine Mehrgefahrenversiche-rung für die Landwirtschaft geeignet sein könnte. Daneben leistet die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik mit verschiedenen In-strumenten ebenfalls einen Beitrag zur Risikoabsicherung in der Landwirtschaft.

Der CO2-Ausstoß in der Landwirtschaft ist hoch. Dafür verant-wortlich sind vor allem Methan-Emissionen aus der Tierhal-tung, das Ausbringen von Wirtschaftsdünger (Gülle, Festmist) sowie Lachgas-Emissionen aus landwirtschaftlich genutz-ten Böden als Folge der Stickstoffdüngung (mineralisch und

organisch). Wie wollen Sie Umweltschutz- und Agrarpolitik diesbezüglich in Einklang bringen?Die Land- und Forstwirtschaft ist Opfer des Klimawandels, Beteilig-ter, aber auch Teil der Lösung. Denn Böden und Wälder binden er-heblich CO2 aus der Atmosphäre. Ich setze daher auf Aufforstung, die Wiedervernässung von Mooren und das Ende des Torfabbaus. Auch die neue Düngeverordnung dient dem Klimaschutz genau-so wie der Humusaufbau im Ackerland, den wir aktiv fördern. Wir streben damit eine Minderung der Stickstoffemissionen, von Amo-niak und Lachgas an. Das ist auch Ansatzpunkt meiner nationalen Ackerbaustrategie, die ich noch dieses Jahr vorstellen werde. Der Erhalt von Dauer-Grünland und eine Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Flächen sind ebenfalls wichtig und binden viel CO2. Unser Bundesprogramm Energieeffizienz sorgt für zusätzli-che Einsparungen. Zudem müssen wir ran an die Lebensmittelver-schwendung. Sie verursacht erhebliche Emissionen. Hier besteht großes Einsparpotential – durchschnittlich wirft jeder von uns 55 Kilogramm Lebensmittel im Jahr weg. Kurzum: Gerade weil die Land- und Forstwirtschaft vom Klimawandel besonders betroffen

ist, mache ich mich für einen wirksamen Klimaschutz stark und nehme die Branche hier in die Pflicht, ihren Beitrag zu leisten. Das müssen aber auch andere – es ist zu einfach, die Landwirtschaft für alles ver-antwortlich zu machen. Die Emissionen im Industrie-, Energie oder Verkehrssektor liegen weit höher. Anders als die Landwirt-schaft können diese Bereiche auch kein CO2 binden. Zudem ist jeder Verbraucher in seinem Alltagsverhalten gefragt, sich Gedanken über seinen CO2-Fußabdruck zu machen.

Bisher hat die EU ihre Subventionen vor allem danach verteilt, wie viel Grund ein Landwirt besitzt. Was wäre eine bessere Richtlinie – auch mit Blick auf Klimaschutz und Nachhaltig-keit?Mit den so genannten Direktzahlungen werden von der EU ge-forderte höhere Leistungen und dadurch entstehende Kosten der Landwirte ausgeglichen. Gerade für die Kleinbetriebe ist das wichtig zur Einkommens- und Risikoabsicherung. Es geht hier auch um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirt-schaft. Klar ist aber, dass auch diese Zahlungen zukünftig noch stärker an die Einhaltung von Umweltauflagen und verbindlicher Mindeststandards gebunden werden müssen. Nochmal: Als Bun-desregierung fordern wir, dass die zentralen Vorhaben für mehr Umwelt-, Natur- und Klimaschutz mit der Reform der GAP über-all in der EU gleich wirksam umgesetzt werden. Wir brauchen Mindeststandards, die verpflichtend gelten, gleichzeitig müssen höhere Umweltleistungen für die Landwirte effizient und einfach umsetzbar sein.

Ganz generell: Sind Lebensmittel – insbesondere Fleisch- und Milcherzeugnisse – in Deutschland zu billig?Die Politik macht bei uns nicht die Preise, und das ist auch gut so. Tatsache ist, dass in Deutschland vergleichsweise wenig des verfügbaren Haushaltseinkommens für Lebensmittel ausgegeben wird. Durchschnittlich sind es neun Prozent. Unabhängig davon halte ich es für absolut falsch und auch moralisch verwerflich, tie-rische Produkte, überhaupt landwirtschaftliche Erzeugnisse, als Lockprodukte für das wöchentliche Werbeprospekt zu nehmen. Das entwertet die Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern und sug-geriert dem Verbraucher, dass unsere Mittel zum Leben billig zu haben sind. Weshalb sollte er beim nächsten Einkauf dann mehr zahlen für Fleisch, Obst oder Gemüse? Das ist kontraproduktiv für alle Bemühungen, die wir seit Jahren unternehmen, um für mehr Wertschätzung für unsere Lebensmittel zu werben.

Im Juni dieses Jahres haben Sie ein Video veröffentlicht, in dem Sie unmissverständlich den Nahrungsmittelkonzern Nestlé für seine Reduzierung von Fetten und Zucker in Pro-dukten loben. Dafür haben Sie viel Kritik geerntet. Generell schwebt über der deutschen Agrarpolitik immer wieder der

JuliaKlöcknerBundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft

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■ AGRAR

MartinRichenhagenPräsident und CEO der AGCO Corporation

Vorwurf, von der Agrarlobby dirigiert zu werden. Was setzen Sie dieser Kritik entgegen? Mir geht es um das Erreichen politischer Ziele. Im angesprochenen Fall um weniger Zucker, Fette und Salz in Lebensmitteln, die häu-fig gekauft werden. Dazu haben sich verschiedene Unternehmen, die diese Produkte produzieren, öffentlich verpflichtet. Das ist gut für den Verbraucher, ein Erfolg. Gleichzeitig ist es sicher nicht der Wunsch aller in der Lebensmittelwirtschaft, dass ich den Zusatz von Zucker in Babytees verbiete und eine klare Nährwertkenn-zeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen plane. Darum geht es aber ebensowenig wie darum, eine politische Haltung ab-hängig zu machen von der öffentlichen Reaktion. Ich bin unabhän-gige Ministerin und dem Gemeinwohl, dem Ausgleich verpflichtet, nicht Alles-oder-nichts-Forderungen.

Im Gespräch mit Martin Richenhagen

Herr Richenhagen, Sie sind der einzige deutsche CEO eines US-amerikanischen Fortune-500-Unternehmens. In der EU le-ben viele Landwirte von Subventionen. Auch in den USA flie-ßen große Gelder in die Landwirtschaft – jedoch nicht zentral von der Regierung, sondern auf Bundesstaatenebene. Welche Effekte hat dieser Unterschied?Amerikanische Landwirte betreiben die Landwirtschaft als Ge-schäft und optimieren die Prozesse, um profitabel zu sein. Hier sehe ich keinen großen Unterschied zu Deutschland. Die Vorstel-lung, der deutsche Bauer lebe von Subventionen, ist völlig falsch.

In einem Interview mit der WELT haben Sie trotz aller Kritik am amerikanischen Präsidenten gesagt, Donald Trump habe ein „Ohr für die Wirtschaftsvertreter“. Hört die deutsche Po-litik der deutschen Landwirtschaft nicht genug zu? Was kann in der Politik zur Stärkung und Sicherung der Landwirtschaft getan werden?Die Politik sollte ordentliche Rahmenbedingungen schaffen. In Deutschland gibt es immer das Problem, dass Politiker Dinge regu-lieren wollen, von denen sie nichts verstehen. „No Farmers no Na-

tion“ sagt man in Afrika. In Deutschland schiebt man den Landwirten immer die Schuld zu. Wie sähen die wunder-baren deutschen Land-schaften wohl ohne Landwirtschaft aus? Die Landwirtschaft braucht die digitale Vernetzung an der letzten Milchkan-ne, da Böden, Grund-

wasser und Flüsse und auch die tiergerechte Haltung von Nutztieren ohne digitale Präzisionslandwirtschaft nicht funktionieren.

Zudem haben Sie gesagt, Afrika habe in Sachen Landwirt-schaft ein enormes Wachstumspotenzial. China hat seit zehn Jahren landwirtschaftliche Flächen in Afrika gekauft. Hinkt Eu-ropa da hinterher? Welche Möglichkeiten bietet eine solche Erweiterung oder Auslagerung der Landwirtschaft?Wir sollten unsere Landwirtschaft nicht auslagern, sondern den Afrikanern dabei helfen, durch moderne Landwirtschaft die nach-haltige Ernährung aller Afrikaner sicherzustellen. Gelingt dies, wird auch das Flüchtlingsproblem vor Ort gelöst.

Die USA und Deutschland sind zwei der drei größten Expor-teure von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Wie stehen Sie zum Export landwirtschaftlicher Produkte?Freie Märkte ohne Barrieren sind wichtig. Trotzdem kann das Dum-ping von Produkten in Entwicklungsländern zu Problemen für die Kleinbauern vor Ort werden. Hier wäre etwas mehr Sensibilität und Verständnis für die jeweilige Region wichtig.

Die Sommer werden immer heißer, die Landwirte bekommen den Klimawandel vor allem durch Dürren wie im Sommer 2018 und Unwetter zu spüren. Sie sind CEO eines Unternehmens für Landmaschinen. Was bedeutet der Klimawandel für Ihr Unter-nehmen und wie reagieren Sie konkret auf die Veränderungen?Unter dem Strich gleicht sich das global immer aus. Negative Wet-terphänomene in einer Region und erstklassige Bedingungen in anderen Ländern – das ändert sich mit jedem Erntezyklus. Unse-re Maschinen verbrauchen weniger Kraftstoff und können alle mit Biokraftstoffen betrieben werden, was die Umwelt entlastet.

In Deutschland wird die Düngeverordnung diskutiert, seitdem zu hohe Nitratwerte im Grundwasser festgestellt worden sind. Warum ist diese Problematik in den Vereinigten Staaten weni-ger präsent – oder ist sie einfach weniger relevant?Weil Amerikaner viel gelassener und sachlicher diskutieren und nicht permanent eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird!

Wäre es aus Sicht Ihres Unternehmens möglich, Probleme wie den Güllegehalt im Boden technologisch zu lösen?Wir bieten in diesem Bereich bereits gute Lösungen, die die Gülle kontrolliert und dosiert nah am Boden ausbringen, und zwar nur so viel, wie die Umwelt verträgt. In Deutschland ist der Tierbestand in einigen Regionen einfach zu hoch. Die Politik hilft leider nicht bei der Problemlösung, sondern schafft unnötigen bürokratischen Auf-wand, der den Bauern die Arbeit sehr schwer macht. Wir brauchen konstruktive Gespräche zwischen allen Stakeholdern!

Im Gespräch mit Gerd SonnleitnerHerr Sonnleitner, Sie waren lange Zeit Präsident sowohl des Europäischen als auch des Deutschen Bauernverbands, sa-ßen quasi an der Quelle. Was sind die wahren Sorgen der deutschen und europäischen Bauern?Unsere Bauernfamilien sind enorm verunsichert. Gesellschaft und Politik diskutieren und ständige Auflagen und Vorschriften steigern die Kosten. Auf der anderen Seite werden die Grenzen geöffnet für Nahrungsmittel, z.B. bei Rindfleisch aus den USA und Mercosur- Staaten, die unter Bedingungen produziert werden, die bei uns verboten sind. Wenn es um neue Absatzmärkte für die deutschen Autos geht, öffnet man ohne Rücksicht auf Klima und Tierschutz unsere Grenzen zu Lasten unserer Bauern.

Sie kommen aus Bayern. Das Volksbegehren „Artenschutz“ hat im Freistaat große Kreise gezogen. Politiker sprangen auf den Zug auf und die Landwirtschaft wurde zum Sündenbock. Auch wenn eine Lösung des Konflikts im Landtag über den Tisch ging, bleibt der Ärger bei vielen Bauern groß. Warum?Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ war nur zwei Wochen vor-bei, da konnte man in der Presse lesen, es werde mehr Flugrei-sende und mehr Kreuzfahrtreisende geben als jemals zuvor. Es werden auch mehr SUVs verkauft. Wir Bauern müssen unseren Beitrag für das Klima leisten. Aber wo bleibt der Beitrag unserer Mitbürger? Das Klima wird nicht gerettet, wenn man die Bauern zum Sündenbock macht. Das sind nur Alibireaktionen, um selbst nichts tun zu müssen.

Jeder vierte – in manchen Branchen sogar jeder dritte – Euro, den ein Landwirt einnimmt, ist aus dem Export. Seit 2000 ha-ben sich laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirt-schaft die Exporte um 160 Prozent gesteigert. Die Quote liegt bei einem Drittel. Was begründet diesen Anstieg und sollte die Tendenz Ihrer Meinung nach weiterhin nach oben zeigen?Da muss die Bezeichnung Export klargestellt werden. Wir haben den gemeinsamen Binnenmarkt, d.h. Warenhandel mit zum Bei-spiel Italien ist eigentlich kein Export, wird aber statistisch als sol-cher erfasst. Ich sehe kein Problem, wenn wir aufgrund unseres Klimas mehr Milchprodukte nach Italien liefern und die Italiener aber wegen ihres Klimas mehr Obst und Gemüse an uns verkau-fen. Deutschland importiert Nahrungsmittel im Wert von 85 Milliar-den Euro. Unser Export ist niedriger – er liegt bei 70 Milliarden Euro. Aber davon verbleiben 61 Milliarden Euro in der EU und nur neun Milliarden Euro Exportvolumen gehen in Drittländer. Fo

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Rund 60 Prozent der gesamten Methan (CH4)-Emissionen und 80 Prozent der Lachgas (N2O)-Emissionen in Deutschland stammen aus der Landwirtschaft. Wie können Umweltschutz- und Agrarpolitik diesbezüglich in Einklang gebracht werden?Wer Nahrungsmittel produziert, wird immer Emissionen produzie-ren. Unser Ehrgeiz war und ist, diese Emissionen zu reduzieren – seit den Neunzigerjahren sind sie um circa 20 Prozent gesenkt worden. Im Vergleich ist durch die sorgfältige und wissenschaftlich

begleitete Produk-tion unser Aus-stoß an Treibhaus-gasen wesentlich geringer als in anderen Ländern. Insgesamt ist die Landwirtschaft mit sieben Prozent an den Gesamttreib-hausgasen in Deutschland be-

teiligt. Nicht berücksichtigt werden dabei leider unsere Emissi-onsbindungen und Emissionsminderungen durch Forstwirtschaft, Biotreibstoffe, Biogasanlagen und durch Humusaufbau.

Kritiker landwirtschaftlicher Exporte prangern an, dass land-wirtschaftliche Erzeugnisse die Märkte in Afrika ruinieren. Die dortigen Landwirte müssten mit den subventionierten europä-ischen Exporten konkurrieren – dabei seien sie meist chancen-los. Inwieweit ist das tragbar und inwieweit müssen Exporte aus der EU besser gesteuert werden, damit sie in Drittländern keinen solchen Schaden anrichten können?Ab 1992 wurden EU-Agrarexportsubventionen drastisch ab-gebaut, weil sie weltweit viel Schaden angerichtet haben. Die deutsche Landwirtschaft exportiert also seit vielen Jahren ohne Exportsubventionen. Deutschland importiert von Entwicklungs- und Schwellenländern Nahrungsmittel im Wert von 18 Milliarden Euro und exportiert in diese Länder Nahrungsmittel im Wert von

nur neun Milliarden Euro. Deutschland nimmt mehr Nahrungsmittel von Entwicklungs- und Schwellenländer auf als die USA, Japan und Kanada zusammen. Wir sind ein verlässlicher, verantwor-tungsbewusster Partner für Entwicklungs- und Schwellenländer.

Inwiefern ist „Bio für alle“ möglich? Inwieweit bleibt die kon-ventionelle Landwirtschaft wichtig? Wenn alle, die die Bio-Landwirtschaft fordern, dementsprechend konsumieren, müssten wir bereits einen Bio-Nahrungsmittelabsatz von 30 Prozent haben. Er liegt aber bei circa fünf Prozent. Poli-tisch 20 Prozent zu fordern, aber dann nicht kaufen – das geht nicht. Wir Bauern produzieren Nahrungsmittel, die der Verbraucher nachfragt. Ganz gleich, ob „öko“ oder konventionell – sie müssen gesund und nachhaltig produziert sein.

Sind Lebensmittel – insbesondere Fleischerzeugnisse – in Deutschland zu billig?Generell sind Nahrungsmittel so preisgünstig wie noch nie. Eine durchschnittliche Familie gibt circa zwölf Prozent des Einkommens für Nahrungsmittel aus. Von einem Euro, der für Nahrungsmittel ausgegeben wird, fließen aber nur 25 Cent an den Rohstoffprodu-zenten Landwirt. Deswegen ist es für die Landwirtschaft die ent-scheidende Frage: Wie kommt bei uns wieder mehr Geld an, um all die Forderungen, die an uns gestellt werden, zu erfüllen?

Die Gespräche führte Deborah Voß

Mittwoch, 13. November 2019Beginn 18.00 Uhr · Einlass 17.00 UhrMedienzentrum · Medienstraße 5 · Passau-SperrwiesEintritt 15,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten 10,– € (VVK) Karten nur im Vorverkauf in allen PNP-Geschäftsstellen ab 13. September 2019Informationen unter Tel. +49-(0)851-802-202 oder www.menschen-in-europa.de

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O per – das sind Primadonnen, die oben auf der Bühne so hoch ihre Arien trällern, dass davon Gläser zerspringen

könnten. Davor verschwindet das Orchester in einem Graben. Und die Handlung? Die ist meist schwer zu verstehen. Oper – für viele Kinder ist das, wie der Name schon sagt, eher etwas für Opas, als für sie. Das stimmt nicht, finden Regisseurin Margit Gilch und Diri-gent sowie Generaldirektor Basil H. E. Coleman vom Landesthea-ter Niederbayern. Opern sind bunt auf der Bühne und in der Musik, mal spannend, mal lustig, mal traurig. Sie können alles sein. Und vor allem all das, was Kinder mögen. Man muss den Nachwuchs nur richtig heranführen.

Da ein Barbier von Sevilla oder ein Fliegender Holländer das wohl kaum alleine schaffen, haben Margit Gilch und Basil H. E. Coleman ein ganz eigenes Stück kreiert mit einem Potpourri an Figuren und Arien aus allen Epochen. „Vorsicht, Kinder! Oper!“ heißt es – „eine Weltpremiere speziell für MENSCHEN in EUROPA“, sagt der in London geborene Coleman. Das Werk spielt in einer Zauberwelt, es gibt Helden und Bösewichte und es ist nicht immer unbedingt alles so, wie es auf den ersten Blick scheint. So wird wahrscheinlich die Königin der Nacht die Gelegenheit nutzen, ihr finsteres Image ein wenig aufzupolieren, munkeln die beiden Initiatoren. Viel mehr verraten sie nicht: „Wir wollen, dass es eine Überraschung wird. Nicht die Handlung soll im Mittelpunkt stehen, sondern das Kon-zept Oper“, erklärt Margit Gilch.

Das heißt? „Mitmachen und Oper erleben.“ Die studierte Theater-wissenschaftlerin führt als Erzählerin durch das Stück, das vielmehr wie eine große Probe wirke, sagt sie. Denn: So interaktiv „Vorsicht, Kinder! Oper!“ konzipiert ist, gibt es immer wieder Unterbrechun-gen – Platz für Fragen, Wünsche und Erklärungen. Und: Nicht alle Rollen sind vom Ensemble des Landestheater Niederbayern be-

setzt. Da kommt es vor, dass die Kinder selbst auf die Bühne dür-fen, um mitzusingen und mitzuspielen. Dieses Konzept funktioniert. Das hat sich schon bei „Peter und der Wolf“ sowie „Karneval der Tiere“ gezeigt, die Margit Gilch und Basil H. E. Coleman 2015 und 2017 bei MENSCHEN in EUROPA mit den Kindern aufgeführt haben. „Das Schöne ist, dass es im Me-dienzentrum keinen Orchestergraben, keine Abtrennung zwischen Bühne und Publikum gibt“, erinnert sich der Dirigent. Künstler und Kinder sind auf einer Ebene. „Wir machen alle gemeinsam Oper“, sagt Margit Gilch – und zwar von den Grundfragen „Was ist eigent-lich eine Oper und was brauche ich dafür?“ bis hin zum letzten Ton. Zudem bietet das Opernpasticcio einige Hörschmankerl für die El-tern. Neben Stücken aus „Die Zauberflöte“ und „Hänsel und Gre-tel“, die per se für junges Publikum geeignet sind, haben Margit Gilch und Basil H. E. Coleman für „Vorsicht, Kinder! Oper!“ bekann-te und unbekannte Arien ausgewählt, die auch Erwachsenen die Vielfalt, Imposanz und zeitlose Schönheit der Oper vor Augen und in die Ohren führen. Deborah Voß

Weltpremiere für junges Publikum: „Vorsicht, Kinder! Oper!“

Sonntag, 17. November 2019Beginn 15.00 Uhr · Einlass 14.00 UhrMedienzentrum · Medienstraße 5 · Passau-SperrwiesEintritt 15,– € · Kinder 7,– € Sonderpreis für PNP-Abonnenten 10,– € (VVK) Karten nur im Vorverkauf in allen PNP-Geschäftsstellen ab 13. September 2019Informationen unter Tel. +49-(0)851-802-202 oder www.menschen-in-europa.de

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Mehr als grün: Irland mit Kulturhauptstadt Galway

Irland – die grüne Insel. Kaum ein Reisebericht kommt ohne die-ses Klischee aus. Und ja: Die Insel lässt es auch immer wieder

und überall aufleuchten – in all seinen wunderschönen Nuancen. Aber Irland hat noch viel mehr auf der Farbpalette: Schroffe Klippen an der Küste und mächtige Berge im Inland durchbrechen den grü-nen Teppich. Weiße Bauernkaten, ergraute Herrensitze aus engli-

scher Zeit, bunte Kneipengassen und rätselhafte Kulturdenkmäler sowie die zahlreichen mystischen Lochs zeichnen das Bild der At-lantikinsel. Seit Jahrtausenden ist Irland in Menschenhand – oft umkämpft und dennoch vielerorts unberührt.

Die Reise quer über die Farb-palette Irlands beginnt in Dublin im Osten der Insel. Die irische Hauptstadt wird bei einer Pan-orama-Stadtrundfahrt entdeckt. Diese endet außerhalb der alten Stadtmauer, im Stadtteil „The Liberties“. Dort befindet sich die Dublin Liberties Destillerie. Der hier produzierte Whiskey, den es natürlich auch zu verköstigen gilt, spiegelt die Menschen und das Leben in diesem Bezirk wider: ein wenig rau und doch sehr char-mant. Nach ersten Eindrücken

aus dem irischen Stadtleben geht es am zweiten Tag ins zwanzig Kilometer südlich gelegene Wicklow. Hier erwarten die Besucher die 2014 von National Geographics zur drittschönsten Gartenan-lage der Welt gekürten Powerscourt Gärten. Nach einem Besuch in Glendalough, einer Klosteranlage im Tal der zwei Seen, male-risch umgeben von steilen, bewaldeten Hängen, endet der Tag in Kilkenny.

Tag drei hält etwas Zeit bereit, Kilkenny zu erkunden. Bekannt ist die Stadt für ihr gleichnamiges Bier. Berühmt ist sie für ihren mittel-alterlichen Charme: Empfehlenswert ist hier ein Spaziergang durch die romantischen, engen Gässchen rund um die Normannenburg Kilkenny Castle von 1391. Am Nachmittag geht es weiter durch das Inland gen Westen. Bereits aus der Ferne ragt die Silhouette der „irischen Akropolis“ mit ihren Türmen, Spitzgiebeln und Zinnen in den Himmel. Die Rede ist vom Rock of Cashel. 60 Meter hoch über der Ebene auf einem Kalksteinfelsen erhebt sich die Burgruine majestätisch vor dem 2800-Seelen-Dorf Cashel. In dem sagenum-

wobenen Bau, dessen erster Teil bereits im Jahr 1101 errichtet wurde, sollen früher Feen genächtigt haben.

Am nächsten Tag wird ein Glanzlicht einer jeden Irlandrundreise angefahren – die Klippen von Moher. Über fünf Kilometer lang und bis zu 215 Meter hoch strecken sie sich senkrecht dem Atlantik entgegen und ermöglichen imposante Aussichten ins Inland. Über die Burren Region wird schließlich Galway angsteuert. „Burren“ bedeutet sinngemäß übersetzt „steiniger Ort“. Einst schufen Eis, Wind und Regen diese Landschaft aus hellgrauen Kalksteinplatten, die trotz ihrer kargen Erscheinung mit einem imposanten Ökosys-tem aufwartet. Galway an der Westküste ist bereits die dritte irische Kulturhauptstadt – und nicht unbegründet: Sie ist ein pittoresker Schmelztiegel aus Tradition und Moderne – eine junge Stadt in al-tem Gemäuer, geprägt von zwei Universitäten, unzähligen Pubs, einer allgegenwärtigen Kunst- und Musikkultur und monumentalen Zeitzeugen der langen irischen Geschichte.

Der fünfte Tag hält einen Ausflug in die Region Connemara bereit. „Wilde Schönheit“ nannte der irische Schriftsteller Oscar Wilde sie. Das Land der Berge, Seen und Moore gilt als die herbste, verlas-senste und romantischste Gegend der Insel. Nicht zu vergessen in dieser malerischen Kulisse sind natürlich die Schafe. Zeitweise leben fast doppelt so viele Schafe wie Menschen in Irland. Was das für Schäfer und Schäferhund bedeutet, wird bei einer Hütehund-vorführung auf der Glen Klee Farm demonstriert.

Der darauffolgende Tag steht ganz im Sinne des Bummelns und Flanierens. Erst bleibt Zeit in Galway, die Kulturhauptstadt auf ei-gene Faust zu erkunden. Dann geht es zurück nach Dublin, wo die wunderschönen Einkaufsstraßen in der Grafton Street oder Henry Street zum Shoppen und Genießen einladen. Bevor es mit dem ein oder anderen Souvenir und vielen bunten Eindrücken der grünen Insel am siebten Tag zurück nach Deutschland geht, wird der ge-mütliche Fischerort Howth besucht, der geschützt am Fuße einer gigantischen Felshalbinsel liegt. Von dort zeigt sich die Dubliner Bucht noch ein letztes Mal als Postkartenmotiv. Deborah Voß

Irland – mit Europas Kulturhauptstadt Galway

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Istriens Adriaperlen mit Kulturhauptstadt Rijeka Leserreise 15. bis 19. April 2020 und 27. bis 31. Mai 2020Preis: 599,– Euro (April) und 659,– Euro (Mai) pro Person im Doppelzimmer inkl. Halbpension

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LESERREISE 2020 ■

Istriens Adriaperlen mit Kulturhauptstadt RijekaDie Hafenstadt Rijeka in der Urlaubsregion Kvarner ist ein Sam-

melbecken kultureller Vielfalt. Die Römer, die Habsburger, die Franzosen und Italiener haben ihre Spuren in der heute mit 130 000 Einwohnern drittgrößten Stadt Kroatiens hinterlassen. Beim Vorbei-fahren dominieren Hochhäuser und große Hafenanlagen den ers-ten Eindruck. Doch dieser täuscht: Wer eintaucht in das historische Zentrum mit seinen herrschaftlichen Gebäuden aus der kaiserli-chen und königlichen Monarchie und seinem mediterranen Flair, erlebt die Kulturhauptstadt 2020 als eine Collage all ihrer Epochen und vor allem als Habsburgerische Adriaeleganz.

So führt auch die Reise zurück in die Vergangenheit. Sie beginnt im Seekurort Opatija, wo einst die mondäne Gesellschaft Europas verweilte. Die frisch restaurierten Villen und herrlichen Parks aus der k.u.k. Monarchie drehen die Uhr um über 120 Jahre zurück. Sie werden bei einer Stadtbesichtigung erkundet. Wer mag, kann auf den Spuren Franz Josefs auf derselben Terrasse einen Cappuccino trinken, wie es einst der österreichische Kaiser tat.

Am nächsten Tag geht es von Opatija nach Rijeka. Die Kulturhaupt-stadt 2020 wartet ebenfalls mit zahlreichen Prunkbauten aus der österreich-ungarischen Zeit auf ihre Besucher. Unterwegs wird Halt gemacht im Marien-Wallfahrtsort Trsat. Laut Legende wurde 1291 das Geburtshaus Marias durch Engel von Nazareth auf den Hü-gel von Trsat getragen. Drei Jahre blieb es dort, ehe es auf gleich wundersame Art und Weise ins italienische Loreto weiter zog. Heu-te stehen in Trsat eine Basilika, ein Franziskanerkloster und eine Festung, die einen atemberaubenden Panoramablick auf Rijeka ermöglicht. Anschließend steht die Kulturhauptstadt in Nahauf-nahme auf dem Programm. Bei einer Führung durch die histori-sche Altstadt mit dem Stadtturm, dem Wahrzeichen Rijekas, sowie der barocken Kathedrale des Heiligen Vitus, dem Hafen und dem Marktplatz – der Lieblingsort vieler Einheimischer – bezaubert die Hafenstadt mit all ihren Facetten. Am Nachmittag bleibt Zeit für ei-nen Bummel auf dem Korzo, der mit seinen vielen Geschäften und gemütlichen Cafés das Rijeka der Gegenwart spürbar macht.

Tag drei glänzt getreu Istriens Adriaperlen. Aus der k.u.k. Zeit geht es tiefer in die Vergangenheit in die 3000 Jahre alte Küstenstadt Pula. Dort zeugen Kastell, Forum und Amphitheater von einer langen, bewegten Geschichte. Das traditionsreiche Rovinj an der Westküste verführt mit seinen schmalen Gassen und seiner me-diterranen Herzlichkeit. Am darauffolgenden Tag wird ein Blick ins Inland geworfen – ins Herz Istriens. Es erinnert an die Toskana und erfreut das Auge mit Weinbergen, Trüffelwäldern und bildhübschen Bergstädtchen wie Motovun und Groznjan. Umgeben von Weinber-gen und mit seinen alten Stadttoren, Palazzi und Kirchen ist das mittelalterliche Motovun einer der reizvollsten Orte des Hinterlandes.

Schließlich heißt es am fünften und letzten Tag „Do videnja“ – „Auf Wiedersehen“. Bevor es zurück nach Passau geht, bleiben ein paar entspannte Stunden, die je nach Gusto verbracht werden können. Ein besonders schönes Fleckchen, um die Reiseerlebnisse Revue passieren zu lassen, bietet die hoteleigene Terrasse, von der sich ein letztes Mal das wunderschöne Panorama genießen lässt. Deborah Voß

Rijeka

Opatija

Rovinj

Pula

Foto

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Rückblick 2018

menschen in europa

Ein Selfie mit dem Publikum machten Moderator, Journalist und Herausgeber der Huffington Post Cherno Jobatey (rechts) und Modedesigner Guido Maria Kretschmer. Bei ihrer Diskussion über die Schnittstellen von Design und Wirtschaft waren hauptsächlich Frauen anwesend.

Ernste Mienen: Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft Alfred Gaffal (von links), Ökonom und ehemaliger ifo-Präsident Prof. Dr. Dr. Hans-Werner Sinn, Moderator Gabor Stein-gart, Unternehmer und Knorr-Bremse-Eigen-tümer Heinz Hermann Thiele sowie der ehe-malige stellvertretende CSU-Vorsitzende Dr. Peter Gauweiler disku-tierten zur Frage „Wohin steuert Deutschland?“ über Handelskrieg, Eu-roskepsis und soziale Gerechtigkeit.

Vor der Preisverleihung unterhielt Wim Wenders (rechts) sich mit Kunsthisto-rikerin und Geschäftsführerin der Wim Wenders Stiftung Laura Holtorf (von links), dem Fotografen Jim Rakete und Moderatorin Tina Mendelsohn.

Den MiE-Kunst Award verlieh Verlegerin und MiE-Initiatorin Angelika Diekmann

(rechts) dem Regisseur und Vorreiter des Neuen Deutschen Films der 1970er

Jahre Wim Wenders. „Er weigert sich kategorisch, Erwartungen zu erfüllen.

Vielmehr schenkt er uns stets das Unerwartete“, sagte Laudatorin Iris Berben.

■ RÜCKBLICK

Von Kühen im Kino und Knödeln in der Disco sang

das Duo „Sternschnuppe“ (Margit Sarholz und Wer-

ner Meier) bei seinem Jubiläumswunschkonzert zum

25-jährigen Bestehen der Kinderliedermacher.

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RÜCKBLICK ■

­ Der Internationale Volksmusikpreis 2018 in der Kategorie „Volksmusik“ ging an die Gruppe Zech-FreiStil aus dem Rottal. Die Laudatio hielt Winfried Frey (hinten).

Kabarettistin und Schauspielerin Monika Gruber (links) hielt die Laudatio auf den Musiker Hans-

Jürgen Buchner alias Haindling, der von Angelika Diekmann mit dem Internationalen Volksmusik-

preis in der Kategorie „Bayerische Weltmusik“ ausgezeichnet wurde.

Welche Folgen hat der Brexit und wäre ein zweites Referendum noch möglich? Un-terschiedliche Antworten und Meinungen präsentierten der britische Journalist und ehemalige Reuters-Chef Mark Wood (von links), Fraktionsvorsitzender der EVP im Eu-ropäischen Parlament Manfred Weber und Wirtschaftweiser Prof. Dr. Peter Bofinger (rechts) unter Moderation von stern-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges.

Friedrich Merz konnte aufgrund seiner Kandidatur für den CDU-Par-teivorsitz nicht vor Ort mitdiskutieren, grüßte und eröffnete die Ver-anstaltung aber per Videobotschaft.

Nur für das Foto die Fäuste geballt: Bundes-verkehrsminister Andreas Scheuer (von links), Dr. Vitali Klitschko, ehemaliger Profiboxer und jetziger Bür-germeister der Stadt Kiew, und Ministerpräsident Dr. Markus Söder sprachen unter Moderation von Claus Strunz über die Beziehun-gen zwischen Bayern und der Ukraine.

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Stand: 9. September 2019

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Änderungen im Programmvorbehalten

Brauchtum · Sonntag, 22. September 2019Internationaler VolksmusiktagMeine Heimat – Unser EuropaInternationaler Volksmusiktag mit Musikanten,Handwerk und kulinarischen Spezialitäten ausBayern und Europa. Verleihung des InternationalenVolksmusikpreises in der Kategorie Volksmusik an diebeste regionale Volksmusikgruppe 2019 durch LaudatorStaatsminister Bernd Sibler, MdL und in der Kategorie„Volkstümliche Musik“ an Patrick Lindner durchLaudatorin Nicki, MusikerinKloster Aldersbach, Freiherr-von-Aretin-Platz 1Eintritt: 10,– €, Kinder 2,– € (Kinder bis 6 Jahre frei),VVK Erwachsene 7,– €, Kinder 2,– €

Wirtschaft · Dienstag, 1. Oktober 2019 – 18.00 UhrWelthandel in GefahrWirtschaftspanel, das gemeinsam mit dervbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.veranstaltet wird, mit Bernhard Mattes, PräsidentVerband der Automobilindustrie (VDA), GüntherOettinger, EU-Kommissar für Haushalt und Personalsowie Wolfram Hatz, Unternehmer und Präsident dervbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.Moderation: Ursula Heller, Bayerischer RundfunkMedienzentrum der Verlagsgruppe PassauEintritt: 15,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten: 10,– €

Kunst · Montag, 14. Oktober 2019 – 18.00 UhrAi WeiweiGesprächsrunde und Verleihung des MiE-Kunst Awardsan den renommierten Künstler Ai Weiwei mit Laudatiovon Oskar Lafontaine, Bundesminister a. D. undFraktionsvorsitzender der Linken im SaarländischenLandtagModeration: Claus Strunz, JournalistMedienzentrum der Verlagsgruppe PassauEintritt: 20,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten: 15,– €

Filmreihe · 17. Oktober bis 5. November 2019Ai WeiweiEine Filmreihe zu Ehren von Ai Weiweiim ScharfrichterKino in PassauTickets an der KinokasseInformationen und Reservierung unter+49-(0)851-988 3550 · www.cineplex.de/passau/

Finanzen · Donnerstag, 7. November 2019 – 18.00 UhrFinanzplatz EuropaPodiumsdiskussion mit Friedrich Merz, Vizepräsidentdes Wirtschaftsrats der CDU e. V., Dr. Theodor Weimer,Vorstandsvorsitzender Deutsche Börse AG undProf. Dr. Dr. Ann-Kristin Achleitner, Wirtschaftswissen-schaftlerin und Professorin an der TUMModeration: Udo van Kampen, JournalistMedienzentrum der Verlagsgruppe PassauEintritt: 15,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten: 10,– €

Politik · Montag, 11. November 2019 – 18.00 UhrPerspektiven der FinanzpolitikBundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholzim Gespräch mit Journalist und stern-KolumnistHans-Ulrich JörgesMedienzentrum der Verlagsgruppe PassauEintritt: 15,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten: 10,– €

Agrar · Mittwoch, 13. November 2019 – 18.00 UhrVom Leistungsträger zum Sündenbock –Landwirtschaft am PrangerDiskussionsrunde mit Julia Klöckner, Bundes-ministerin für Ernährung und Landwirtschaft,Martin Richenhagen, Präsident und CEO derAGCO Corporation und Gerd Sonnleitner,Ehemaliger Präsident des Europäischen undDeutschen BauernverbandsModeration: Tilmann Schöberl, Bayerischer RundfunkMedienzentrum der Verlagsgruppe PassauEintritt: 15,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten: 10,– €

Kinder · Sonntag, 17. November 2019 – 15.00 Uhr„Vorsicht, Kinder! Oper!“Große Oper für kleine Hörer ab vier Jahren.Familienkonzert mit der NiederbayerischenPhilharmonie, dem Orchester des LandestheatersNiederbayern unter der Leitung von Generalmusik-direktor und Dirigent Basil H. E. ColemanMedienzentrum der Verlagsgruppe PassauEintritt: 15,– € · Sonderpreis für PNP-Abonnenten: 10,– € ·Kinder: 7,– €

Ausblick MiE 2020Leserreise 15. bis 21. April 2020Mehr als grün: Irland mitKulturhauptstadt GalwayIrland – die grüne Insel begeistert mit ihren schroffenKlippen, mächtigen Bergen im Inland, Herrensitze ausenglischer Zeit, bunten Kneipengassen und rätselhaf-ten Kulturdenkmälern. Eine Rundreise quer durch dieAtlantikinsel mit Besuch der Kulturhauptstadt 2019Galway.Preis: 1.285,– Euro pro Person im Doppelzimmer inkl. Flugund HalbpensionInformation und Anmeldung unter +49-(0)851-802-586

Leserreise 15. bis 19. April 2020 und 27. bis 31.Mai 2020Istriens Adriaperlen mitKulturhauptstadt RijekaDie Hafenstadt Rijeka in der Urlaubsregion Kvarner istein Sammelbecken kultureller Vielfalt. Erkunden Sieauf einer Rundreise die schöne Halbinsel Istrien mitihren idyllischen Küstenstädten, traumhaften Buchten,unzähligen Sehenswürdigkeiten und intakte Natursowie die Gastfreundlichkeit der Einheimischen.Preis: 599,– Euro (April) und 659,– Euro (Mai) pro Personim Doppelzimmer inkl. HalbpensionInformation und Anmeldung unter +49-(0)851-802-586