32 Fachgruppe Zupfinstrumente - · PDF file25 Ab ca. 1820 wurde es ruhig um die Mandoline, sie...

2
Jeannette Mozos del Campo Die Mandoline – ein Jungbrunnen „Ah, Mandoline, das ist doch diese kleine Gitarre!“ Nicht selten erhält ein Mandolinist diese Antwort, wenn er nach seinem Instrument gefragt wird. Dabei ist die Gitarre mehr mit der Geige verwandt als mit der Man- doline. Im 10. Jahrhundert brachten die Mauren die Vorgän- ger unserer modernen Instrumente nach Europa, dabei handelte es sich um verschiedene Lautenarten, darunter auch die Kastenhalslaute und Schalenhalslaute. Zur letz- teren gehört die Mandoline, da sie einen Schalenkörper aus Spänen hat. Gitarre und Geige werden dagegen zu den Kastenhalslauten gezählt. Im Renaissance- und Barockzeitalter waren die Man- dolinen Sopranlauten in Leichtbauweise mit 4, 5 oder 6 gleich gestimmten Saitenpaaren aus Darm in gitarren- ähnlicher Terz-Quartstimmung. Man spielte sie mit den Fingern und einem Federkiel. Diese Kleinlauten hießen z. B. Mandola, Mandora oder Bandura. Die Musik des Ba- rock gehört bis heute zum festen Repertoire eines Man- dolinisten, nicht zuletzt die Originalkompositionen von Antonio Vivaldi und Domenico Scarlatti. Um 1700 findet man erste Hinweise auf die Entwick- lung einer anderen Bauform des Instruments. So löste ab Mitte des 18. Jahrhunderts die neapolitanische Mandoli- ne die Barockmandoline ab. Sie hat unter anderem einen längeren und dünneren Hals mit mindestens 20 Bünden, außerdem vier Saiten aus Darm und/oder Messing, sie wird in Quinten wie eine Violine gestimmt und hat nun auch einen tiefbauchigen Korpus. Gespielt wurde dieses Instrument mit einem Federkiel oder mit einem Holz- und Steinplektrum. Etwa 1730–1760 begann in Neapel, der derzeitigen Musikstadt Italiens, die Hochblüte des „klassischen“ Mandolinenspiels. Sonaten, Triosonaten, Konzerte und Mandolinenduos entstanden, ebenso Bühnen- und Kir- chenmusiken mit Mandoline. Wichtige Komponisten sind hier Johann Adolf Hasse, Gaspare Gabbelone, Pro- spero Cauciello, Carlo Cecere, Emanuele Barbella und noch viele mehr. In der vorrevolutionären Zeit, ca. 1760–1790, war Pa- ris zum neuen Musikzentrum erblüht und viele reisende Mandolinenvirtuosen, überwiegend Italiener, die zuvor in der musikalischen Hochburg Neapel gelebt und ge- wirkt hatten, zog es jetzt – vom dortigen lebendigen Mu- sikleben angezogen – in die französische Hauptstadt. Die zunehmende Beliebtheit der Mandoline in der Klassik ist durch zahlreiche Instrumentalschulen dokumentiert, die teilweise auch als sogenannte „Umlernlehrwerke“ dienten, um also von der Geige auf die Mandoline umzu- steigen, denn es war besonders in Adelskreisen Mode ge- worden, Mandoline zu spielen. Zu dieser Zeit entstanden nicht nur wichtige Instrumentallehrwerke, auch die be- liebten Duos und Sonaten für Mandoline Solo mit Basso continuo im galant-empfindsamen Stil etwa von Gabrie- le Leone, Pietro Denis, Antonio Gervasio, die bis heute zum klassischen Repertoire eines Mandolinisten gehören, wurden zu Papier gebracht. Mit der Guillotine und dem Fall des französischen Adels fiel allerdings auch die Man- doline der französischen Revolution zum Opfer. Die Barockmandoline erlebte 1790 eine Renaissance. Im Wiener Kulturkreis kommt die barocke Kleinlaute mit den 6 Doppelsaiten wieder in Mode, es entstanden nun viele Werke für Mandoline mit Streichern. Auch namhafte Komponisten wie Johann Nepomuk Hummel, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven komponierten für Mandoline, deren Werke waren jedoch für die neapolitanische Mandoline geschrieben. Das Ins- trument wurde im allgemeinen Musikleben anerkannt und geschätzt, allerdings weniger in Deutschland. Zahlen für das Schuljahr 2011/12 Im Fach Mandoline unterrichten vier Lehrkräfte - Petra Cegla - Julianne Ebener - Maria Moors - Jeannette Mozos del Campo 24 SchülerInnen, davon nahmen vier bei „Jugend musiziert“ teil, (siehe Seiten 37ff) alle wurden zum Landeswettbewerb weitergeleitet. Dort erhielten drei einen 1. Preis, einer einen 2. Preis, zwei durften zum Bun- deswettbewerb reisen: Jana Dannenberg (Klasse: Julianne Ebener) Altersgruppe: III 1. Preis (mit Barockmandoline) 2 Fachgruppe Zupfinstrumente

Transcript of 32 Fachgruppe Zupfinstrumente - · PDF file25 Ab ca. 1820 wurde es ruhig um die Mandoline, sie...

Page 1: 32 Fachgruppe Zupfinstrumente - · PDF file25 Ab ca. 1820 wurde es ruhig um die Mandoline, sie wurde nur noch in der Volksmusik gespielt. Bis etwa 1870 entstanden keine wichtigen Kompositionen

242424

Jeannette Mozos del Campo

Die Mandoline – ein Jungbrunnen

„Ah, Mandoline, das ist doch diese kleine Gitarre!“ Nicht selten erhält ein Mandolinist diese Antwort, wenn er nach seinem Instrument gefragt wird. Dabei ist die Gitarre mehr mit der Geige verwandt als mit der Man-doline.

Im 10. Jahrhundert brachten die Mauren die Vorgän-ger unserer modernen Instrumente nach Europa, dabei handelte es sich um verschiedene Lautenarten, darunter auch die Kastenhalslaute und Schalenhalslaute. Zur letz-teren gehört die Mandoline, da sie einen Schalenkörper aus Spänen hat. Gitarre und Geige werden dagegen zu den Kastenhalslauten gezählt.

Im Renaissance- und Barockzeitalter waren die Man-dolinen Sopranlauten in Leichtbauweise mit 4, 5 oder 6 gleich gestimmten Saitenpaaren aus Darm in gitarren-ähnlicher Terz-Quartstimmung. Man spielte sie mit den Fingern und einem Federkiel. Diese Kleinlauten hießen z. B. Mandola, Mandora oder Bandura. Die Musik des Ba-rock gehört bis heute zum festen Repertoire eines Man-dolinisten, nicht zuletzt die Originalkompositionen von Antonio Vivaldi und Domenico Scarlatti.

Um 1700 findet man erste Hinweise auf die Entwick-lung einer anderen Bauform des Instruments. So löste ab Mitte des 18. Jahrhunderts die neapolitanische Mandoli-ne die Barockmandoline ab. Sie hat unter anderem einen längeren und dünneren Hals mit mindestens 20 Bünden, außerdem vier Saiten aus Darm und/oder Messing, sie wird in Quinten wie eine Violine gestimmt und hat nun auch einen tiefbauchigen Korpus. Gespielt wurde dieses Instrument mit einem Federkiel oder mit einem Holz- und Steinplektrum.

Etwa 1730–1760 begann in Neapel, der derzeitigen Musikstadt Italiens, die Hochblüte des „klassischen“ Mandolinenspiels. Sonaten, Triosonaten, Konzerte und

Mandolinenduos entstanden, ebenso Bühnen- und Kir-chenmusiken mit Mandoline. Wichtige Komponisten sind hier Johann Adolf Hasse, Gaspare Gabbelone, Pro-spero Cauciello, Carlo Cecere, Emanuele Barbella und noch viele mehr.

In der vorrevolutionären Zeit, ca. 1760–1790, war Pa-ris zum neuen Musikzentrum erblüht und viele reisende Mandolinenvirtuosen, überwiegend Italiener, die zuvor in der musikalischen Hochburg Neapel gelebt und ge-wirkt hatten, zog es jetzt – vom dortigen lebendigen Mu-sikleben angezogen – in die französische Hauptstadt. Die zunehmende Beliebtheit der Mandoline in der Klassik ist durch zahlreiche Instrumentalschulen dokumentiert, die teilweise auch als sogenannte „Umlernlehrwerke“ dienten, um also von der Geige auf die Mandoline umzu-steigen, denn es war besonders in Adelskreisen Mode ge-worden, Mandoline zu spielen. Zu dieser Zeit entstanden nicht nur wichtige Instrumentallehrwerke, auch die be-liebten Duos und Sonaten für Mandoline Solo mit Basso continuo im galant-empfindsamen Stil etwa von Gabrie-le Leone, Pietro Denis, Antonio Gervasio, die bis heute zum klassischen Repertoire eines Mandolinisten gehören, wurden zu Papier gebracht. Mit der Guillotine und dem Fall des französischen Adels fiel allerdings auch die Man-doline der französischen Revolution zum Opfer.

Die Barockmandoline erlebte 1790 eine Renaissance. Im Wiener Kulturkreis kommt die barocke Kleinlaute mit den 6 Doppelsaiten wieder in Mode, es entstanden nun viele Werke für Mandoline mit Streichern. Auch namhafte Komponisten wie Johann Nepomuk Hummel, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven komponierten für Mandoline, deren Werke waren jedoch für die neapolitanische Mandoline geschrieben. Das Ins-trument wurde im allgemeinen Musikleben anerkannt und geschätzt, allerdings weniger in Deutschland.

Zahlen

für das Schuljahr

2011/12

Im Fach Mandoline

unterrichten

vier Lehrkräfte

- Petra Cegla

- Julianne Ebener

- Maria Moors

- Jeannette Mozos del

Campo

24 SchülerInnen,

davon nahmen vier bei

„Jugend musiziert“ teil,

(siehe Seiten 37ff)

alle wurden zum

Landeswettbewerb

weitergeleitet.

Dort erhielten

drei einen 1. Preis,

einer einen 2. Preis,

zwei durften zum Bun-

deswettbewerb reisen:

Jana Dannenberg

(Klasse: Julianne Ebener)

Altersgruppe: III

1. Preis

(mit Barockmandoline)

32 Fachgruppe Zupfinstrumente

Page 2: 32 Fachgruppe Zupfinstrumente - · PDF file25 Ab ca. 1820 wurde es ruhig um die Mandoline, sie wurde nur noch in der Volksmusik gespielt. Bis etwa 1870 entstanden keine wichtigen Kompositionen

25

Ab ca. 1820 wurde es ruhig um die Mandoline, sie wurde nur noch in der Volksmusik gespielt. Bis etwa 1870 entstanden keine wichtigen Kompositionen.

In der Romantik wurde das Tremolo zur Haupt-spieltechnik und eine Flut von Schulwerken machte die Mandoline schließlich auch in Deutschland bekannter. Die ersten Mandolinenquartette wurden gegründet, die Vorväter der späteren Mandolinenorchester. Nun ent-standen die bis heute beliebtesten und anspruchsvollsten Werke für Mandoline. Besonders hervorzuheben ist hier der Komponist, Pädagoge, Instrumentenbauer und Mandolinenvirtuose Raffaele Calace (1863–1934), der die wohl virtuosesten und klangschönsten Solo-Werke für Mandoline hinterließ. Zu Lebzeiten war Calace bereits ein gefeierter Künstler, man lud ihn sogar nach Japan ein, um vor dem japanischen Kaiser aufzutreten. Bis heute ist die Mandoline in Japan ein hochgeschätztes und be-liebtes Instrument. In Deutschland wurde die Mandoline um die Jahrhundertwende durch reisende Virtuosen und Gastarbeiter populär. Es dauerte allerdings fast vierzig Jahre, bis die ersten zeitgenössischen Kompositionen für das Instrument entstanden.

Heutzutage ist die Mandoline vor allem in Amerika und Japan beliebt. In Amerika wird fast ausschließlich die flachbauchige Mandoline von Mandolinenbauern wie Fender, Gibson und Ibanez in Bluegrass, Jazz, Blues und Popmusik gespielt. In Südamerika erfreut sich die Man-doline ebenfalls weiter Verbreitung und Beliebtheit.

In Deutschland hingegen ist die Mandoline immer noch ein eher unbekanntes Instrument. Den meisten ist es nicht bekannt, dass auch große Komponisten wie Scarlatti, Vivaldi, Mozart, Beethoven, Mahler und in den vergangenen Jahrzehnten Größen wie Arnold Schönberg, Anton Webern, Ernst Krenek, Paul Hindemith, Bernd Alois Zimmermann und Pierre Boulez die Mandoline

in ihr Schaffen miteinbezogen. Doch langsam wird das schöne Instrument auch bei uns immer beliebter. Im öffentlichen Musikleben trifft man es häufiger an, ob im Unterhaltungsmusikbereich, in Pop- und Rock-Bands, in großen und kleinen Zupforchestern oder in kammer-musikalischen Besetzungen. Die Mandoline ist schließ-lich ein vielseitiges Instrument, welches auch in der Cla-ra-Schumann-Musikschule nicht mehr wegzudenken ist: Es gibt hier vier Mandolinenlehrkräfte!

Die Mandoline kann bereits in ganz jungen Jahren, zwischen fünf und sechs Jahren erlernt werden, dies wird auch durch entsprechende kleine Kindermandolinen er-möglicht. Aber auch „Große“ erfreuen sich ihrer handli-chen Größe und ihren Möglichkeiten zum gemeinsamen Musizieren in den weit verbreiteten Zupforchestern.

Auch zur Gesangbegleitung eignet sich die Mando-line hervorragend: Ihr Klang entspricht der kindlichen Stimmlage, außerdem kann man Akkorde sowie Melo-dien gleichermaßen musizieren. Kinder wie Erwachsene sind oftmals vom hell-klaren und warmen Glockenklang der modernen Instrumente fasziniert und ebenso er-staunt, wenn sie hören, welche Klangvielfalt und welches Repertoire auf dem Instrument möglich sind.

Sir Paul McCartney erklärte einmal, dass die Mandoli-ne sein persönlicher Jungbrunnen sei, er liebe es, auf ihr zu spielen!

Herzlichen Glückwunsch, liebe Leserin, lieber Leser! Sie gehören jetzt nicht mehr zu denen, die eine Mando-line mit einer Gitarre verwechseln. Und vielleicht haben Sie ja selbst Lust bekommen, das Instrument näher kennenzulernen. Sie sind jederzeit zu den Konzerten der Mandolinenklasse oder zum „Reinschnuppern“ im Inst-rumental-Unterricht eingeladen!

Die Autorin im Zusammenspiel mit ihrer Schülerin Ana Sengera

Die Mandoline in der Musikalischen Früherziehung

Soo-Youn Suh

(Klasse: Jeannette

Mozos del Campo)

Altersgruppe: V

2. Preis

(mit Barockmandoline)

Sophia Berendt

(ehemalige Schülerin

von Julianne Ebener)

Altersgruppe: VI

1. Preis

Neapolitanische

Mandoline

2

Foto

s: J

eannet

te M

ozos

del

Cam

po,

Mar

gret

v C

onta

25