32P-haltige Folien als Implantate für die LDR-Brachytherapie gutartiger Stenosen in der Urologie...

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ORIGINALARBEIT 32 P-haltige Folien als Implantate für die LDR-Brachytherapie gutartiger Stenosen in der Urologie und Gastroenterologie Walter Assmann 1,, Ricarda Becker 2 , Henrike Otto 2 , Markus Bader 3 , Lucas Clemente 1 , Sabine Reinhardt 1 , Claus Schäfer 4 , Jörg Schirra 4 , Stephanie Uschold 1 , Andreas Welzmüller 1 , Ronald Sroka 2 1 Fakultät für Physik, Ludwig-Maximilians-Universität München, Forschungszentrum Garching 2 Laser-Forschungslabor, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern 3 Urologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern 4 Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern Eingegangen am 4. April 2012; akzeptiert am 23. Juli 2012 Zusammenfassung Für die LDR-Brachytherapie steht nur eine sehr begrenzte Anzahl von Implantatgeometrien und -materialien zur Verfügung. Insbesondere zur Prophylaxe wundheilungs- bedingter gutartiger Wucherungen (Stenosen, Keloide) wurde ein neuartiges Bestrahlungssystem entwickelt mit einer Folie, in die der Betastrahler 32 P integriert ist, und die auf übliche Schienungsimplantate wie Harnröhrenkathe- ter oder Gallengangsstents aufgebracht werden kann. Als Substratmaterial für die Folien wurde PEEK (Polyether- etherketon) gewählt wegen seiner Strahlenbeständigkeit bei der Neutronenaktivierung des 32 P. Die Aktivität wurde mit Flüssigszintillatonszählung und Gammaspektrometrie bestimmt, die Dosisverteilung mit einem Szintillationsde- tektor und Radiochromfilmen gemessen. Die Korrelation zwischen Aktivität und Dosisverteilung wurde mittels Monte-Carlo-Simulationsrechnung (Geant4) überprüft. Prototypen der 32 P-Implantate wurden Auswaschtests unterzogen und zeigten die für eine geschlossene Strahlen- quelle erforderliche Dichtheit. Im Tierversuch konnte an der Harnröhre und dem Gallengang demonstriert werden, dass sich mit 32 P-Folie bestückte Implantate unkompliziert und sicher handhaben lassen. Die klinische Applikation ist durch den einfachen Strahlenschutz mit Plexiglas nahezu unverändert. Das Konzept eines radioaktiven Implantats Implants with 32 P-foils for LDR-brachytherapy of benign stenosis in urology and gastroenterology Abstract For LDR-brachytherapy, a limited number of implant geo- metries and materials are available. To avoid wound healing related hyper-proliferation (stenosis, keloids) a novel radioactive foil system was developed based on beta emitting 32 P, which can be easily integrated in existing implants such as urethral catheters or bile duct stents. As substrate material for these foils PEEK (polyetheretherce- tone) was chosen because of its radiation hardness during neutron activation of 32 P. The activity was determined by liquid scintillation counting and gamma spectroscopy, dose distributions were measured with scintillation detec- tors and radiochromic films. The correlation between activity and dose was checked by Monte-Carlo-simulations (Geant4). Prototypes of the 32 P-implants have shown in wash-out tests the required tightness for sealed radioac- tive sources. In animal tests on urethra and bile duct, the uncomplicated and save application of 32 P-foils moun- ted on standard implants has been demonstrated, which is almost unchanged due to the simple radiation protection Varian-Posterpreis der DGMP 2011. Korrespondenzadresse: Walter Assmann, Maier-Leibnitz-Laboratorium der Universität München und der Technischen Universität München, Am Coulombwall 6, 85748 Garching. Tel.: +089 28914283. E-mail: [email protected] (W. Assmann). Z. Med. Phys. 23 (2013) 21–32 http://dx.doi.org/10.1016/j.zemedi.2012.07.002 http://journals.elsevier.de/zemedi

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ORIGINALARBEIT

32P-haltige Folien als Implantate für die LDR-Brachytherapiegutartiger Stenosen in der Urologie und Gastroenterologie�

Walter Assmann1,∗, Ricarda Becker2, Henrike Otto2, Markus Bader3, Lucas Clemente1, Sabine Reinhardt1,Claus Schäfer4, Jörg Schirra4, Stephanie Uschold1, Andreas Welzmüller1, Ronald Sroka2

1 Fakultät für Physik, Ludwig-Maximilians-Universität München, Forschungszentrum Garching2 Laser-Forschungslabor, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern3 Urologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern4 Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern

Eingegangen am 4. April 2012; akzeptiert am 23. Juli 2012

Zusammenfassung

Für die LDR-Brachytherapie steht nur eine sehr begrenzteAnzahl von Implantatgeometrien und -materialien zurVerfügung. Insbesondere zur Prophylaxe wundheilungs-bedingter gutartiger Wucherungen (Stenosen, Keloide)wurde ein neuartiges Bestrahlungssystem entwickelt miteiner Folie, in die der Betastrahler 32P integriert ist, und dieauf übliche Schienungsimplantate wie Harnröhrenkathe-ter oder Gallengangsstents aufgebracht werden kann. AlsSubstratmaterial für die Folien wurde PEEK (Polyether-etherketon) gewählt wegen seiner Strahlenbeständigkeitbei der Neutronenaktivierung des 32P. Die Aktivität wurdemit Flüssigszintillatonszählung und Gammaspektrometriebestimmt, die Dosisverteilung mit einem Szintillationsde-tektor und Radiochromfilmen gemessen. Die Korrelationzwischen Aktivität und Dosisverteilung wurde mittelsMonte-Carlo-Simulationsrechnung (Geant4) überprüft.Prototypen der 32P-Implantate wurden Auswaschtestsunterzogen und zeigten die für eine geschlossene Strahlen-quelle erforderliche Dichtheit. Im Tierversuch konnte ander Harnröhre und dem Gallengang demonstriert werden,dass sich mit 32P-Folie bestückte Implantate unkompliziertund sicher handhaben lassen. Die klinische Applikation ist

Implants with 32P-foils forLDR-brachytherapy of benign stenosis inurology and gastroenterology

Abstract

For LDR-brachytherapy, a limited number of implant geo-metries and materials are available. To avoid woundhealing related hyper-proliferation (stenosis, keloids) anovel radioactive foil system was developed based on betaemitting 32P, which can be easily integrated in existingimplants such as urethral catheters or bile duct stents. Assubstrate material for these foils PEEK (polyetheretherce-tone) was chosen because of its radiation hardness duringneutron activation of 32P. The activity was determinedby liquid scintillation counting and gamma spectroscopy,dose distributions were measured with scintillation detec-tors and radiochromic films. The correlation betweenactivity and dose was checked by Monte-Carlo-simulations(Geant4). Prototypes of the 32P-implants have shown inwash-out tests the required tightness for sealed radioac-tive sources. In animal tests on urethra and bile duct, theuncomplicated and save application of 32P-foils moun-

durch den einfachen Strahlenschutz mit Plexiglas nahezuunverändert. Das Konzept eines radioaktiven Implantats

ted on standard implants has been demonstrated, whichis almost unchanged due to the simple radiation protection

� Varian-Posterpreis der DGMP 2011.∗ Korrespondenzadresse: Walter Assmann, Maier-Leibnitz-Laboratorium der Universität München und der Technischen Universität München, Am

Coulombwall 6, 85748 Garching. Tel.: +089 28914283.E-mail: [email protected] (W. Assmann).

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mit integrierter 32P-Folie könnte den Einsatzbereich derLDR-Brachytherapie erheblich erweitern.

Schlüsselwörter: LDR-Brachytherapie,

with plexiglass. This concept of radioactive implants withintegrated 32P-foils could extend essentially the applica-tion possibilities of LDR-brachytherapy.

Keywords: LDR-brachytherapy, 32P-implants, stenosis

32P-Implantat, Stenoseprophylaxe

1 Einleitung

Die LDR (Low Dose Rate)-Brachytherapie wird meistmit der Behandlung maligner Erkrankungen in Verbindunggebracht. Bekanntestes Beispiel ist die lokale Strahlenthe-rapie des Prostatatumors mit radioaktiv beladenen Seeds.Hierbei wird das genutzte Radionuklid, 125I oder 103Pd,in dünne Titan-Röhrchen eingeschweißt im Prostatagewebeimplantiert. Auf Grund der geringen mittleren Reichweiteder niederenergetischen Photonenstrahlung kann damit dieDosisbelastung der umgebenden Risikoorgane gering gehal-ten werden. Weniger bekannt sind die Möglichkeiten derBrachytherapie bei der Behandlung gutartiger Erkrankungen,bei denen die Strahlentherapie ebenfalls auf jahrzehntelange,positive Erfahrungen verweisen kann [1]. Ein Beispiel ist dieBehandlung entzündlicher oder (hyper)proliferativer Prozessemit niedriger Strahlendosis [2,3]. Die strahlenbiologischenMechanismen sind zwar nicht vollständig aufgeklärt, aberdie Bildung sowohl von inflammatorischen Zytokinen wie dievon bestimmten Wachstumsfaktoren kann durch ionisierendeStrahlung mit Dosen im Bereich von 10 bis 20 Gy vermindertwerden [4]. Da bei gutartigen Erkrankungen eine unnötigeStrahlenbelastung von gesundem Gewebe weniger toleriertwird als bei einer Tumorbestrahlung, ist hier die Brachy-therapie mit geringer Bestrahlungstiefe und damit optimalerSchonung des Gewebes außerhalb des Bestrahlungsvolumensgegenüber der Teletherapie im Vorteil.

Ein besonders geeignetes Einsatzgebiet stellen Problemeim Zusammenhang mit der Wundheilung dar, wenn es nacheinem operativen Eingriff zu überschießender Narbenbil-dung (Keloid) kommt, die einen erneuten Eingriff notwendigmacht. Diese nicht selten wiederkehrende Situation ist ausklinischer Sicht sehr unbefriedigend und hat zu unterschied-lichen Ansätzen geführt um die Wundheilung geeignet zubeeinflussen. Häufig werden lokal Zytostatika zur Prolifera-tionshemmung appliziert, die jedoch schwer kontrollierbareund manchmal gravierende Nebenwirkungen haben können.Auch der Einsatz eines Platzhalters (Stent), der einen Wie-derverschluss verhindern soll, zeigt nicht immer die erhoffteWirkung und kann sogar selbst durch seinen FremdkörperreizAnlass zu einer Wucherung geben. Neueste Ansätze verwen-den eine Kombination beider Methoden: einen Platzhalter,

der gleichzeitig als Träger eines Zytostatikums fungiert. Einprominentes Beispiel für diese Problematik ist der koro-nare Stent, über den wegen des inzwischen millionenfachen

prophylaxis

Einsatzes eine Vielzahl von Untersuchungsergebnissen vor-liegt. Die zunächst überzeugende Methode, zur dauerhaftenVerbesserung der Lumenerweiterung nach Koronarangioplas-tie (PTCA) eine Gefäßstütze einzubringen, wurde in ihrerWirksamkeit eingeschränkt durch einen erneuten Verschluss(Restenose) des Herzkranzgefäßes, verursacht durch über-schießende Gewebeproliferation im Bereich des Stents.

Ein strahlentherapeutischer Ansatz zur Prävention einerIn-stent-Restenose ist die intravaskuläre HDR (High DoseRate)-Brachytherapie zur Wundheilungsmodulation mittelsballonkatheter-gestützter Strahlenquellen, wie sie auch beiperipherer arterieller Verschlusskrankheit eingesetzt wird [5].Alternativ wurde auch die LDR-Brachytherapie mit einem32P-beladenen ,,radioaktiven“ Stent untersucht. Die Wundhei-lung beginnt mit einer Entzündungsphase, die in den erstenzwei Tagen nach der Verletzung dominiert, gefolgt von einerProliferationsphase in den folgenden Tagen. Beide Prozessekönnen, wie erwähnt, durch ionisierende Bestrahlung beein-flusst werden. Das verwendete Radionuklid 32P ist ein reinerBeta-Emitter, dessen Halbwertszeit von 14,3 Tagen gut zurDauer der Wundheilung passt, und dessen Maximalenergieder Elektronen von 1,7 MeV deren Reichweite auf 6 mmim Gewebe beschränkt. Nach erfolgreichen Tierversuchentrat auch in klinischen Studien ein signifikant geringererProzentsatz an In-stent-Restenosen auf, allerdings wurdennun vermehrt Stenosen an den Stent-Enden beobachtet [6].Dies wurde mit dem steilen Dosisabfall an den Stent-Endenerklärt, wo durch die Gefäßaufdehnung verletzte Bereiche inGegenwart sehr niedriger Strahlendosen abheilen. Hier kanndurch einen unerwünschten Bestrahlungseffekt die Prolife-ration sogar stimuliert werden (Hormesis), ein Effekt, derdurch geeignete Formgebung der Ballonkatheter und Stentsvermutlich vermeidbar gewesen wäre [7]. Da der mit Zytosta-tika beladene Stent (drug eluting stent) in parallel laufendenStudien dieses Problem nicht zeigte [8], wurde die Weiterent-wicklung des radioaktiven Koronarstents aufgegeben.

Es wäre sicherlich falsch daraus abzuleiten, dass dieLDR-Brachytherapie zur Stenose-Prophylaxe prinzipiellungeeignet ist. Dieser Ansatz zur Wundheilungsmodulationist nach wie vor sinnvoll, lediglich die geschilderte ,,Enden“-Problematik muss bei der Verwendung von Implantaten mitsteilem Dosisabfall immer im Auge behalten werden. Im

vorliegenden Beitrag soll über das Ergebnis eines Verbundpro-jekts (BetaMod-Projekt) von Physik, Medizin und Industrieberichtet werden, das sich mit der Entwicklung und dem
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präklinischen Test von Implantaten auf Basis einer 32P-haltigen Folie zur LDR-Brachytherapie typischer Stenosen inden Fachbereichen Urologie und Gastroenterologie befasste.

2 Material und Methoden

Der grundsätzliche Ansatz ist weiterhin, ein geeignetesImplantat mit einem radioaktiven Strahler in unmittelba-rer Nähe der Wunde zu platzieren und während der akutenWundheilungsphase das proliferierende Gewebe mit niedri-ger Dosisleistung zu bestrahlen. Dazu lassen sich in optimalerWeise die nach dem operativen Eingriff ohnehin notwendi-gen Schienungsimplantate verwenden: in der Urologie derHarnröhrenkatheter, in der Gastroenterologie der Gallen-gangsstent. Die Innovation im BetaMod-Projekt besteht darin,diese Implantate ohne Einbußen in ihrer Funktionalität undohne Änderung der jeweiligen Applikationstechnik durchAufbringen einer 32P-haltigen Folie zum radioaktiv strah-lenden Implantat zu erweitern. Allerdings sind die dazuerforderlichen 32P-Folien bisher nicht verfügbar. Im Fol-genden werden mögliche Herstellungsverfahren für derartigeFolien diskutiert, danach die im BetaMod-Projekt entwickel-ten neuartigen 32P-Folien und damit gefertigte Prototypenvorgestellt, sowie die eingesetzten Methoden zur Charakte-risierung dieser Prototypen als Strahlenquellen beschrieben.

2.1 Herstellungsverfahren 32P-haltiger Folien

32P wird in der Regel über die Neutroneneinfangsreaktion31P(n,�)32P erzeugt, allerdings mit einem Bildungsquer-schnitt für thermische Neutronen von nur 170 mbarn, weshalbdie Aktivierung am besten in einem Hochflussreaktor erfolgt.Wegen der verhältnismäßig langen Halbwertszeit von 14.3Tagen können für die Herstellung 32P-haltiger Implantatezwei prinzipiell verschiedene Wege beschritten werden:,,heiße“ Verfahren, die vom radioaktiven 32P ausgehen, und,,kalte“ Verfahren, bei denen das Implantat mit dem stabilen31P erst kurz vor Verwendung aktiviert wird. Beide Verfahrenhaben ihre Vor- und Nachteile, wobei die heißen Verfah-ren grundsätzlich mit höheren Aktivitäten umgehen und dieKontaminationsproblematik der eingesetzten Werkzeuge undMaschinen bewältigt werden muss. Solange nur Kleinserienfür Tests und präklinische Versuche benötigt werden, sindheiße Verfahren im Allgemeinen zu aufwendig. Für die bereitserwähnten 32P-Koronarstents wurde daher eine besondereVariante gewählt: die Ionenimplantation von 32P mit 60 keVImplantationsenergie [9]. Sie hat den Vorteil, dass im Grundejedes beliebige Material mit radioaktivem 32P beladen wer-den kann und lediglich die Ionenquelle selbst kontaminiertwird. In einem Vorläuferprojekt zum BetaMod-Projekt wur-

den mit dieser Methode erstmals bioresorbierbare Folien füreine mögliche Nutzung in der Glaukomtherapie hergestellt[10]. Unter dem Aspekt einer späteren Vermarktung wurde dieIonenimplantation jedoch als zu kostenintensiv eingeschätzt.

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Aus diesem Grund wurde für die Herstellung der 32P-Folienim BetaMod-Projekt ein Vorgehen gewählt, bei dem zunächstaus einem 31P-haltigen Polymer Folien gefertigt werden, diefür den jeweiligen Bedarf vorbereitet und dann gelagert wer-den können. Erst ein bis zwei Wochen vor dem klinischenEinsatz erfolgt die Aktivierung der Folienstücke im Neutro-nenreaktor. Diesem logistischen Vorteil stehen die Problemeder Neutronenaktivierung selbst gegenüber: die begrenzteGröße der Bestrahlungskapsel, prinzipielle Einschränkun-gen in der Materialzusammensetzung und insbesondere dieerforderliche Strahlenbeständigkeit des Implantatmaterials.Bei der Aktivierung ist das Folienmaterial einer Neutronen-und Gammadosis von vielen MGy ausgesetzt, die ohnewesentliche Veränderung der Materialeigenschaften überstan-den werden müssen. Umfangreiche Reaktor-Bestrahlungstestergaben, dass sowohl Polyimid (PI, Kapton) wie Polyether-etherketon (PEEK) diese Anforderungen erfüllen. Beide Poly-mere sind biokompatibel, chemisch sehr beständig, und bismindestens 250◦ C einsetzbar. Für die weitere Entwicklungfiel die Wahl auf PEEK, da es sich im kostengünstigenExtrusionsverfahren gut zu Folien verarbeiten lässt. DieExtrusion von PEEK-Granulat muss oberhalb der Schmelz-temperatur von etwa 340◦ C erfolgen, daher kann Phosphornicht in reiner Form zugesetzt werden, sondern nur in einertemperaturstabilen Verbindung. Die Neutronenaktivierungschränkt zusätzlich die Inhaltsstoffe der Folie ein, da nebendem gewünschten Radionuklid zumindest keine langlebigenstörenden Radionuklide entstehen dürfen. Als geeignete Ver-bindung wurde Natriummetaphosphat (NaPO3) ausgewählt,welches in Pulverform vorliegt und bis 550◦ C thermisch sta-bil ist. Bei der Aktivierung entsteht neben 32P mit 24Na nur einkurzlebiger Gammastrahler, der – wie weiter unten erläutertwird – sogar als Monitor zur Bestimmung der 32P-Aktivitätdienen kann.

Zur Folienproduktion wurde im ersten VerarbeitungsschrittPEEK Granulat (PEEK 381G natur, Victrex, Lancashire,England) mit etwa 25 Gew% NaPO3-Pulver (Carl Roth,Karlsruhe) in einem Schneckenkneter vermischt und mittelsSchmelzfiltration über einen Feinfilter zu einem Compound-Granulat verarbeitet (Ensinger Compounds, Lenzing). Darauswurde im zweiten Schritt eine 50 �m dicke Folie extrudiert(Lipp-Terler, Gaflenz), die zumindest in der optischen Durch-lichtkontrolle eine homogene Einmischung des NaPO3 zeigte.Der gesamte Herstellungsprozess wurde auf Versuchsanlagengefahren und erlaubte nur eine Festlegung des NaPO3-Gehaltsinnerhalb eines Fehlers von 15%, daher mussten der genaueGehalt und die daraus sich ergebende 32P-Aktivität spätergesondert bestimmt werden.

2.2 Prototypen-Herstellung für die präklinischen

Studien

Vorgabe für die Prototypen war, 32P-Folien so in dieSchienungsimplantate zu integrieren, dass sich das klinische

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Procedere beim Einbringen in das Organ bis auf die notwen-digen Strahlenschutzmaßnahmen nicht verändert. BesonderesAugenmerk wurde dabei auf eine ausreichende Länge der 32P-Folie gelegt, damit der Stenosebereich auch bei möglichenPositionierungenauigkeiten und Verschiebungen des Implan-tats mit der gewünschten Dosis bestrahlt wird, und somitdie erwähnte Enden-Problematik vermieden wird. Wegender kurzen Reichweite der Betastrahlung ist die zusätzlicheBestrahlung von Gewebe außerhalb der Stenose vertret-bar. Als Träger für die 32P-Folien wurden klinisch üblicheHarnröhren-Katheter (Blasenverweilkatheter, 14 F, Rüsch-Care, Teleflex Medical, Tuttlingen) bzw. Gallengangsstents(Mono- oder Doppelpigtail-Endoprothese, 8.5 F, MTW Endo-skopie, Wesel) verwendet. Aus der 31P-PEEK-Vorratsrollewurden rechteckige Folienstücke so zugeschnitten, dass dar-aus 2, 3, und 4 cm lange doppellagige Röhrchen mit einerzu den Implantaten passenden Innenweite geformt wer-den konnten. Durch Tempern bei 220◦ C für 2 Stundenwurde thermoplastisch Formstabilität erreicht. Aus dem-selben Bereich der Vorratsrolle wurden Kreisplättchen mit10 mm Durchmesser mit einer Rundstanze ausgeschnitten,welche als Monitorplättchen zur Qualitätssicherung dienten.Folienstücke und Monitorplättchen wurden gewogen undnur Exemplare innerhalb eines engen Gewichtsfensters,d.h. NaPO3-Gehalts, weiterverwendet. Zur Aktivierung des32P wurden die Folienstücke zusammen mit den Monitor-plättchen unter Argon-Atmosphäre in Bestrahlungskapselneingeschweißt. Nach der Aktivierung dienten die Moni-torplättchen zur Bestimmung des NaPO3-Gehalts bzw. dererreichten Aktivität der zugehörigen Folienstücke.

Bei der Endmontage der Implantate wurden an dervorgesehenen Folienposition Folienstreifen aus Tantal alsRöntgenmarkierung aufgeklebt, danach die aktivierten32P-Röhrchen im Schutz einer 10 mm dicken Plexiglasab-schirmung aufgeschoben. Der Gallengangsstent wurde mitinsgesamt 5 cm Folienlänge, der Harnröhrenkatheter mit4 cm Folienlänge bestückt. Zur Fixierung und Abdichtungwurden zwei Lagen biokompatibler Schrumpfschlauch mit25 �m Wandstärke (Polyester, Advanced Polymers, SalemNH, USA) thermisch aufgeschrumpft. Abb. 1 zeigt die Einzel-teile für einen Gallengangsstent und den Prototyp eines fertigkonfektionierten Harnröhrenkatheters.

2.3 Bestimmung der Aktivität und Dosisverteilung

Die Messung der Aktivität und Dosisverteilung eines rei-nen Betastrahlers erfordert wegen der geringen Reichweite derElektronen von nur wenigen Millimetern im Gewebe beson-deren Aufwand. Für diese neuartigen 32P-Implantate existiertnaturgemäß noch kein Messprotokoll, daher wurden die Mes-sungen an die existierenden Protokolle der AAPM TG-43 und

TG-60 für interstitielle Brachytherapiequellen mit niederener-getischer Gammastrahlung angelehnt [11,12], sowie an denICRU-Report No. 72 [13] und an die Leitlinie im DGMP-Bericht Nr. 16 [14]. Statt der Luftkerma wurde, entsprechend

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dem Vorschlag in Ref. [15] für Betastrahler, die Dosisver-teilung im Wasserphantom vermessen. Als ReferenzpunktPref wurde in diesem Fall ,,1 mm von der Folienoberfläche“gewählt, da der Durchmesser der Folienröhrchen zwischen2,0 mm und 5,3 mm variierte. Da andererseits die Gefäßdickeim Tierversuch teilweise unter 2 mm lag, war damit auch einsinnvoller strahlentherapeutischer Vergleichswert gegeben.

In der hier vorliegenden Arbeit wurde eine Kombinationverschiedener Messmethoden eingesetzt, die über Simulati-onsrechnungen miteinander korreliert wurden. Zur direktenBestimmung der 32P-Aktivität eignet sich ein Flüssig-Szintillationszähler (LSC) (Tri-Carb 2900 TR mit SzintillatorUltima Gold AB, Perkin Elmer, Rodgau). Wegen der sehrschlechten Löslichkeit von PEEK musste auf die übliche Ver-messung der aktivierten Substanz in flüssiger Form verzichtetwerden. Die Detektionseffizienz des LSC für einen Beta-strahler, der in eine feste Matrix (Folie) eingebettet ist, musswegen der teilweisen Absorption der Betastrahlung natürlicheigens kalibriert werden. Dazu wurde die gleichzeitig mit dem32P erzeugte 24Na-Aktivität der Na-Komponente im NaPO3mittels Gammaspektroskopie vermessen. Bei der Neutronen-aktivierung entsteht 24Na, das mit 15 Stunden Halbwertszeitzu praktisch 100% über zwei Gammalinien (1368.6 keV,2754.0 keV) zerfällt. Aus der 24Na-Aktivität kann direkt aufdie 32P-Aktivität geschlossen werden, und damit die Detek-tionseffizienz des LSC für die 32P-Folien kalibriert werden.Da die Folien an verschiedenen Reaktoren aktiviert wurden,ist zur Überprüfung des Neutronenflusses in der jeweiligenBestrahlungsposition zusammen mit den Monitorplättchengleichzeitig ein Au-Standard (Al-Draht mit 0.1 Gew% Au,IRMM, Belgien) aktiviert worden, dessen Aktivität ebenfallsüber Gammaspektroskopie bestimmt wurde.

Zur Vermessung der Dosisverteilung der Folienröhrchenwie der Monitorplättchen wurde das OPTIDOS-System(PTW, Freiburg) verwendet, das speziell für Brachythera-piequellen in Afterloading-Technik entwickelt wurde. DerDetektor besteht aus einem zylinderförmigen Plastikszintil-lator mit 1 mm Durchmesser und 1 mm Länge, womit dieerforderliche Ortsauflösung im Bereich von 1 mm erreichtwerden kann. Das System ist für 32P- bzw. 90Sr-Linienquellenkalibriert, die in einer speziellen Plexiglashalterung in 2 mmAbstand vom Detektor gemessen werden, und erreicht indieser Geometrie einen Fehler in der absoluten Genauig-keit von 3%. Bei beliebigen Quellgeometrien wird ein Fehlervon 16% angegeben. Dies hängt mit dem steilen, nichtlinea-ren Dosisabfall in unmittelbarer Nähe einer Strahlenquellezusammen, da dann die geometrische Detektormitte nichtmehr mit dem Schwerpunkt der Dosisabgabe im Szintilla-tor übereinstimmt. Für Abstände unter 2 mm wurde daherein Folienstapel aus Radiochrom-Filmen (GafChromic EBT,ISP, Wayne NJ, USA) verwendet, deren sensitive Dicke von

0,034 mm (die sensitive Filmschicht ist mittig in einen insge-samt 0,234 mm dicken Film eingebettet) eine deutlich höhereOrtsauflösung ermöglicht. Die Auswertung der Filme wurdemit einem Photoscanner (Epson Perfection V700, Epson
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8s (g

Abbildung 1. Einzelkomponenten eines 32P-Gallengangsstents:Folienröllchen (2 und 3 cm), und Ta-Folie (links), und Prototyp eine

Deutschland, Meerbusch) durchgeführt unter Verwendungdes Auswerteprogramms ,,EPSON Scan“. Die EBT-Filmewurden zuvor wie üblich mit 6 MV Bremsstrahlung kalibriert.Die Dosisäquivalenz von Photonen und Elektronen für EBT-Filme ebenso wie deren Energieunabhängigkeit oberhalb 100keV wurde mehrfach nachgewiesen [16,17]. Der Filmstapelwar in ein speziell gefertigtes Fest-Wasser-Phantom (SolidWater, CNMC, Nashville, USA) zusammen mit der aktivier-ten Messprobe eingebaut.

Dosisverteilungen von 32P-Implantaten können wegendes geschilderten Aufwands nur in Einzelfällen vermessenwerden, im Allgemeinen werden sie über analytische Nähe-rungsformeln oder Monte-Carlo-Simulationen berechnet. Indiesem Projekt wurde dafür das Programmpaket Geant4[18] verwendet, wegen seiner großen Flexibilität, modernenStruktur (C++), und insbesondere der niedrigen Energie-schwelle, die Elektronen bis hinunter zu 150 eV nach zuverfolgen gestattet. Auch komplexere Geometrien und Mate-rialien können relativ einfach eingegeben werden. Mit Geant4berechnete Dosisverteilungen stimmten mit Simulationsrech-nungen auf Basis des etablierten Programmes EGSnrc [19]gut überein, die geringfügigen Unterschiede konnten mit derhöheren Abschneideenergie von 1 keV erklärt werden. Aller-dings sind MC-Rechnungen für ausreichende Statistik immernoch zeitaufwendig, deswegen wurde in diesem Fall, bei demsich die Implantate in einer annähernd homogenen Umgebung(Flüssigkeit und Gewebe) befinden, in der Regel ein Mittel-weg beschritten durch Superposition vieler 32P-Punktquellen,deren Dosisverteilung zuvor einmalig mit Geant4 berechnetwird (Programm KernelCalc [20]).

2.4 Auswaschtest

Für den späteren klinischen Einsatz, aber auch schonbei den präklinischen Versuchen ist die Dichtheit des

.5F-Doppel-Pigtail-Stent, 2 Schrumpfschläuche, 2 32P-PEEK-ekürzten) Harnröhrenkatheters mit 32P-Folie (rechts).

Implantats gegen den Auswasch von Radioaktivität entschei-dend. Bedingt durch die Art der Folienherstellung reicht dasNaPO3-Pulver bis an die Oberfläche und kann daher wegenseiner Wasserlöslichkeit ausgewaschen werden. Nachdem inVormessungen gefunden wurde, dass durch zweistündigesWässern der Folien nach der Aktivierung bis zu 5% Aktivi-tät ausgewaschen wird, wurden die Folien grundsätzlich vordem Aktivieren für zwei Stunden in einer Mischung aus 90%VE-Wasser und 10% reinstem Ethanol im Schüttler gründ-lich gewaschen. Zur Abdichtung der Folienröhrchen auf demTräger gegen eventuellen weiteren Auswasch sind die schonerwähnten Schrumpfschläuche eingesetzt worden. Für denAuswaschtest wurden aktivierte 32P-Folien auf 5 cm langeStent- bzw. Katheterstücke aufgebracht mit verschiedenenVersionen der Abdichtung: ein oder zwei Schrumpfschläu-che mit oder ohne Verklebung mit unterschiedlichen Klebern.Folgende Klebertypen wurden für die Versuche verwendet:Loctite 4061, Medical Line (Loctite, Garching), TissucolFibrinkleber (Baxter Medication, Heidelberg), Technomelt(Henkel, München), und Dymax 222/100 (Dymax Europe,Frankfurt). Der Auswaschtest selbst wurde bei 37◦ C in Kunst-urin bzw. künstlicher Galle über 7 Tage (entsprechend demspäteren Einsatz) im Schüttler durchgeführt. Die quantitativenBestimmung erfolgte über den Nachweis von 32P im täglichenAuswasch mittels LSC-Messung.

3 Ergebnisse

Die Neutronenaktivierungen in dieser Arbeit erfolgten ent-weder in der Forschungs-Neutronenquelle Garching (FRMII) oder im Forschungsreaktor Geesthacht (FRG-1) bei einem

mittleren thermischen Neutronenfluss von 1,3· 1014 nth/s·cm2.An den aktivierten Prototypen der Implantate wurden zumeinen physikalische Eigenschaften wie Dosisverteilung, Akti-vität und Auswaschverhalten gemessen, zum anderen konnte
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sen mit einem Gafchrom-EBT-Filmstapel. Um diese Messungmit der Äquivalentdosis in Wasser aus einer KernelCalc-Rechnung vergleichen zu können, sind die gemessenen

Abbildung 2. Geant4-Simulation der Dosisverteilung um ein 1 cmDosisverteilung, Längsschnitt in der Mittelebene des FolienröhrcheMittelachse des Röhrchens.

mit ihnen im Rahmen einer präklinischen Orientierungsstu-die ihre Anwendungssicherheit und Verträglichkeit getestetwerden.

3.1 Aktivität und Dosisverteilung

Ziel war die Aktivität am Tag der Implantation so einzu-stellen, dass die Implantate bei 7 Tagen Liegezeit in 1 mmAbstand von der Implantatoberfläche 15 bzw. 30 Gy integraleDosis abgeben. Die dafür notwendige Aktivität des jeweili-gen Implantat-Typs wurde mit Geant4 bzw. KernelCalc ausden jeweiligen Wasser-Äquivalentdosen individuell berech-net. In der hier durchgeführten präklinische Studie wurde dieWasser-Energiedosis der Gewebedosis gleich gesetzt. In Abb.2 ist als Beispiel die 2-dimensionale Dosisverteilung um ein1 cm langes 32P-Folienröhrchen auf einem 8,5F Gallengangs-stent aus einer Geant4-Rechnung dargestellt, zusammen mitdem radialen Dosisabfall ab Folienoberfläche, berechnet mitKernelCalc. Für eine 7-Tage-Dosis von 15 Gy ist dafür eine32P-Aktivität des Folienröhrchens von 164 kBq erforderlich.Nach Abb. 2b resultiert aus einer Dosis von 15 Gy in 1 mmGewebetiefe eine Kontaktdosis von ca. 80 Gy als wesentli-che Konsequenz des steilen Dosisabfalls von Beta-Emittern.Für den Strahlenschutz kann andererseits aus der Dosisvertei-lung (Abb. 2a) abgelesen werden, dass 10 mm Plexiglasdickevöllig ausreichend sind um die auftretende Strahlung (nebender Betastrahlung berücksichtigt Geant4 auch die Brems-strahlung) abzuschirmen. Dies erleichtert den Umgang mitbeta-strahlenden Implantaten wesentlich und erlaubt ein fast

unverändertes Vorgehen bei der klinischen Anwendung.

Die Simulationsrechnungen wurden mit den Monitorplätt-chen überprüft, da an diesen sowohl die Dosisverteilung wiedie Aktivität einfach gemessen werden kann. In Abb. 3 ist

ges P-Folienröhrchen mit 164 kBq Aktivität in Wasser, (a) 2-dim(schwarze Linien), (b) radiale Dosisverteilung, ausgehend von der

in einer Messreihe mit (flächengleichen) Monitorplättchender Zusammenhang zwischen dem Gewicht und dem überdie 24Na-Aktivität bestimmten 32P-Gehalt gezeigt. Demnachhängt der Na- bzw. P-Gehalt linear vom Gewicht ab, die spä-tere Aktivität der Implantate konnte daher durch Auswahleines Gewichtsbereichs von 7,5 ± 0,2 mg für die zugehö-rigen Monitorplättchen auf 5% genau eingestellt werden.Für ein aktiviertes Monitorplättchen mit 35,8 kBq (nachLSC-Messung) wird eine typische Dosisverteilung für denentscheidenden Bereich bis 2 mm in Abb. 4 gezeigt, gemes-

Abbildung 3. Abhängigkeit des relativen Phophorgehalts (inGewichts%), gemessen mit der 24Na- Aktivität, vom Gesamtgewichtflächengleicher Folienstücke.

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Abbildung 4. Wasseräquivalentdosis eines Monitorplättchens ent-lang der Mittelsenkrechten, gemessen mit einem EBT-Film-Stapel

Abbildung 5. Kumuliertes Auswaschverhalten der 32P-Folienimplantate (in Promille der Gesamtaktivität) für verschiedene

im Wasser-Phantom, im Vergleich zu einer KernelCalc-Rechnungfür die gemessene Aktivität des Monitorplättchens.

Abstände mit der mittleren Dichte von 1,31 g/cm3 der EBT-Filme entsprechend korrigiert [13]. Der Dosisbereich ist demEmpfindlichkeitsbereich des EBT-Films angepasst. Die Mes-sung stimmt innerhalb des angegebenen Fehlers von 7%gut mit der Simulation überein. Die EBT-Film-Messungenerlaubten auch die Homogenität der Phosphorverteilung aufden Folienstücken quantitativ zu bestimmen. Diese lag imBereich der systematischen Schwankungsbreite der Pixel-werte bei der Scannerauswertung von etwa 3%, insbesondereNaPO3-Agglomerate (hotspots) wurden nicht beobachtet. Umdie Homogenität der Dosisabgabe weiter zu verbessern, undzusätzlich die Aktivierungsdauer zu verkürzen, wurde dieFolie für die präklinischen Versuche - wie erwähnt - doppel-lagig um die Implantate gewickelt.

3.2 Auswaschtest

In den Auswaschtests wurden verschiedene Abdichtungs-konzepte verfolgt, entweder ein oder zwei überlappendeSchrumpfschläuche, alternativ ein Schrumpfschlauch mit zir-kulärer Endverklebung mittels verschiedener biokompatiblerKleber. Die Ergebnisse der Auswaschtests sind in Abb. 5zusammengefasst und als kumulierter Auswasch über 7 Tagedargestellt. Mit einem zweiten Schrumpfschlauch wird dem-nach das beste Ergebnis erreicht mit einem rel. kumulierterAuswasch von nur 0,02%, der Tissucol-Kleber verschlech-tert sogar das Auswaschverhalten. Vermutlich gelangt dieAuswaschflüssigkeit über den Kapillareffekt an die Folien,da dieser dickflüssige Kleber offenbar beim Aufbringen denSchlauchabstand vom Implantat vergrößert ohne rundum

abzudichten. Wegen der guten Ergebnisse mit zwei Schrumpf-schläuchen allein, statt einer zusätzlichen Kleberabdichtung,wurde diese Version im Tierversuch verwendet. Die DIN25426-4 [21] lässt für den Dichtheitstest umschlossener

Abdichtungstechniken: ein oder zwei Schrumpfschläuche oder einSchrumpfschlauch mit verschiedenen Endverklebungen.

radioaktiver Proben im vierstündigen Tauchversuch einenmaximalen Auswasch von 200 Bq Aktivität zu. Diese For-derung kann mit dem gemessenen Auswaschverhalten der2-Schrumpfschlauch-Abdichtung (Abb. 5) selbst bei einerAnfangsaktivität des Implantats von 1 MBq problemlos erfülltwerden.

3.3 Präklinische Versuche

Ziel der Tierversuche war der Test dieser neuartigenImplantate auf ihre Eignung für die angestrebten Indikationen,ihre Handhabbarkeit im klinischen Umfeld und ihre Anwen-dungssicherheit im Hinblick auf den Strahlenschutz. Die mitden 32P-Implantaten angestrebte Dosisabgabe orientierte sichan den präklinischen Studien zur Prävention von Koronarste-nosen mit dem beta-aktiven Stent [6], da die Harnröhre wieder Gallengang – zumindest im Tierversuch – vergleichbareGefäßdimensionen haben. Auch auf Basis der wenigen publi-zierten Tierversuche an der Harnröhre und dem Gallengangerschien eine Dosis von 15 Gy in 1 mm Abstand vom Implan-tat ein vernünftiger Ausgangswert zu sein. Im Hinblick auf diebei In-vitro Experimenten beobachtete geringere Dosiseffizi-enz von LDR-Bestrahlung gegenüber HDR-Bestrahlung [22]wurde noch eine weitere Dosisgruppe mit 30 Gy untersuchtsowie eine Kontrollgruppe mit nicht-radioaktivem Implantatmitgeführt. Da die Bearbeitung einer Versuchsgruppe jeweilseine Woche benötigte, dafür aber nur ein einziger Akti-vierungstermin möglich war, konnte die geplante Dosis imZielgewebe nur innerhalb von 20% Abweichung erreicht wer-den.

Bei der Auswahl eines geeigneten Tiermodells war eine

mit dem Menschen vergleichbare Größe des zu behandelndenOrgans ein wesentliches Kriterium, da für den Eingriff ausder Klinik vorhandene Instrumente und Implantate verwen-det werden sollten. Für das urologische Versuchsprogramm
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an den folienbestückten Gallengangsstent besondere Anfor-

Abbildung 6. Kathetereinlage im urologischen Tierversuch mit Ple-xiglaszylinder als Strahlenschutz.

eignet sich unter diesem Kriterium das Kaninchen, des-sen Harnröhre mit Instrumenten aus der Kinderurologie gutbehandelt werden kann [23]. Die Platzierung eines Gal-lengangsstents ist nur bei einem größeren Tier wie demSchwein mit den vorhandenen Endoskopen möglich. NachAbschluss einer Vorversuchsreihe wurden die beiden entspre-chenden Tierversuchsanträge gestellt und genehmigt [24,25].Im Folgenden soll die klinische Seite der Versuche nur kurzangesprochen werden, im Vordergrund stehen die Erfah-rungen mit der Applikation dieser neuartigen radioaktivenImplantate.

3.3.1 Urologie

An 18 Tieren wurde, entsprechend dem Studiendesign,am Tag 28 nach Strikturinduktion zunächst der Grad derStriktur bestimmt. Anschließend wurde die Striktur auf 12Uhr längs geschlitzt (Urethrotomia interna nach Sachse),bis die volle Weite des Lumens erreicht war. Dann erfolgterandomisiert und verblindet die Einlage des gammasterili-sierten 32P-Katheters, mit Aktivität für eine Dosis von 30 Gy,15 Gy und 0 Gy (Kontrolle) für jeweils 6 Tiere. Die Einfüh-rung der auf etwa 15 cm Länge gekürzten Katheterstücke indie Harnröhre erfolgte problemlos durch einem 5 cm lan-gen, 20 mm dicken Plexiglaszylinder, der den Bereich der32P-Folie abdeckte (Abb. 6). Nach der Einlage wurde derKatheterballon mit Kontrastmittel gefüllt, am Blasenhals ver-blockt, der Katheter auf Glansniveau gekürzt, fixiert und derBlockerkanal mit einem Metallstift verschlossen. Währendaller Arbeitsschritte wurde mit Röntgenkontrollaufnahmendie Position der 32P-Folie anhand ihrer Röntgenmarkierungmit der Strikturlage abgeglichen (Abb. 7). Die 4 cm lange32P-Folie deckte die typisch 1 cm langen Strikturen auch

bei möglichen Verschiebungen des Katheters sicher mit dergewünschten Dosis ab, das erwähnte Enden-Problem wardamit ausgeschlossen.

d. Phys. 23 (2013) 21–32

Wegen des steilen Dosisabfalls ist ein enges Anliegen deszu bestrahlenden Gewebes an die 32P-Folie die Vorausset-zung dafür, dass die gewünschte Dosis auch im Zielvolumenabgegeben wird. Im Vorversuch wurde bei dieser Gelegenheitder Gewebekontakt zum liegenden Implantat mittels opti-scher Kohärenztomographie (OCT) (Type M2x, time-domainmode, image wire 200 cm CV, LightLab Imaging, UK) miteiner im Spülkanal des Katheters rotierenden OCT-Sondeüberprüft. Innerhalb des relevanten 32P-Folienbereichs lag dasGewebe bündig auf dem Implantat bis auf wenige Stellenvon einigen Millimetern Länge, wo ein Spalt von maximal0,4 mm aufgetreten ist [26]. Da durch das Operationstraumamit einer entzündungsbedingten Schwellung im Stenosebe-reich zu rechnen ist, die den Gewebekontakt zusätzlich erhöht,war somit sichergestellt, dass die gewünschte Dosis auchtatsächlich im Zielvolumen ankommt: Das Implantat ist indiesem Sinne selbstjustierend. Der Katheter wurde für 7 Tageim Versuchstier belassen und während dieser Zeit die Ein-streu auf 32P-Kontamination überprüft. In 1 cm über der Streuwurde mit einem für Betastrahlung geeigneten Kontaminati-onsmessgerät (Radiation Alert, Inspector, S.E. International,USA) maximal 1 �Sv/h gemessen, also eine unbedenkli-che Erhöhung um etwa den Faktor 10 über den natürlichenStrahlungsuntergrund. Sicherheitshalber wurde die Einstreutäglich gewechselt und im Kontrollbereich zum Abklingengesammelt. Am Tag 35 nach Stenoseinduktion wurde dieLDR-Brachytherapie durch Entfernen des Katheters beendet,nach weiteren 4 Wochen die Stenosesituation optisch undröntgenologisch überprüft, danach das Versuchstier getötetund die Urethra histologisch aufbereitet und untersucht [27].Da während der Katheterliegezeit, sowohl intra- wie post-operativ keinerlei Beschwerden der Tiere beobachtet wurden,konnte in diesem Tierversuch sowohl die Verträglichkeit wieauch die Anwendungssicherheit des 32P-Katheters demon-striert werden.

3.3.2 Gastroenterologie

Im Gegensatz zur Harnröhre ist der endoskopische Zugangzum Gallengang erheblich komplizierter. Bei der hiergewählten ERC-Technik (Endoskopische Retrograde Cholan-giographie) wird unter optischer bzw. Röntgenkontrolle einEndoskop mit Seitenblickoptik (Duodenoskop, Typ OlympusTJF 160, Olympus Deutschland, Hamburg) über die Speise-röhre und den Magen bis zum Duodenum vorgeschoben undvor dem Abgang des Gallengangs, der Papille, positioniert.Das Instrumentarium für den Gallengang (Führungsdraht,Ballonkatheter, Stent etc.) wird über den Arbeitskanal desEndoskops eingefahren, am Ausgang des Endoskops miteinem sog. Albarran-Hebel um etwa 90 Grad zur Seite umge-lenkt und in den Gallengang eingeführt. Dieser Zugang stellt

derungen bezüglich seiner mechanischen Belastbarkeit, da erden Umlenkradius von etwa 1 cm unbeschädigt passieren kön-nen muss. In Vorversuchen erwies es sich als notwendig, die

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Abbildung 7. Kontrastmittel-Röntgendarstellung des Harntrakts beim Kaninchen (ventro-dorsal): (a) Zustand mit Stenose, (b) nach Urthro-eil

tomia interna (Endoskop an ehemaliger Stenoseposition), (c) Verw

Blocker, Röntgenmarker und 32P-Folie, Metallpin im Blockkanal).

Folie gegen ein Verschieben auf dem Stent beim Aufbringenzusätzlich mit einem Sofortkleber zu fixieren, und die 32P-Folie zur Erhöhung der Biegsamkeit in 3 cm und 2 cm langeStücke aufzuteilen. Die Strahlenschutzmaßnahmen zum Ein-legen des Stents gestalteten sich auch hier sehr einfach: DerGallengangsstent wird in einem 20-mm-Plexiglaszylinder, derdie 32P-Folien überdeckt, angereicht, der Führungsdraht inden Stent eingefädelt und der Stent durch den Plexiglaszylin-der in den Arbeitskanal des Endoskops eingeschoben.

An 24 Versuchstieren wurde am Tag 14 nach Steno-seinduktion der Stenosegrad mittels ERC verifiziert undentsprechend dem Studienprotokoll eine Ballondilatationder Stenose mit anschließendem Setzen eines Mono- bzw.Doppel-Pigtailstents durchgeführt (Abb. 8). Mit einer 32P-Folienlänge von insgesamt 5 cm auf dem Stent konntesichergestellt werden, dass der aufgedehnte Bereich des Gal-lengangs mit einem ausreichenden Sicherheitssaum von dergewünschten Dosis erfasst wurde. 7 Tage später, am Tag 21nach Stenoseinduktion, wurde eine Röntgendurchleuchtungzur Lagekontrolle des Stents durchgeführt. Die Entnahmedes Stents erfolgte am Tag 35 mit anschließender Tötungdes Tieres und histologischer Aufarbeitung des Gallengangs[28]. Durch dieses Vorgehen unterschied sich die integraleDosisabgabe vom vorbeschriebenen urologischen Versuch.Zwar war die 7-Tage-Dosis in 1 mm Gewebstiefe wiederumzu 30 Gy, 15 Gy und 0 Gy (Kontrolle) gewählt um die akuteWundheilungsphase zu beeinflussen, aber durch die Liege-zeit der Stents von insgesamt 3 Wochen erhöhte sich die totalapplizierte Dosis um den Faktor 2,2. Die wesentlichen Zieledes Versuchs wurden auch hier erreicht: Nach Dilatation derStenose konnten die 32P-Stents an der gewünschten Positionund ohne Strahlenbelastung des Behandlungspersonals ein-

gelegt werden. Weder im Kot noch im Urin der Versuchstierewurde eine messbare 32P-Aktivität gefunden. Der zusätzlicheFolienaufbau auf dem Stent erhöhte deutlich seine Biege-steifigkeit und erschwerte das Abbiegen am Ausgang des

katheter in Position (von oben nach unten: kontrastmittelgefüllter

Duodenoskops. Dieser Punkt sollte durch weitere Untertei-lung der Folien verbessert werden.

4 Diskussion

Stenosen in Hohlorganen sind ein häufiges klinischesProblem mit vielfältiger, meist iatrogen traumatischer oderentzündlicher Ätiologie. Ursachen in der Urologie sindgenerell transurethrale Eingriffe oder Kathetereinlagen, einbekanntes Beispiel ist die Anastomosenstriktur nach opera-tiven Eingriffen wie Prostatektomie [29], deren Inzidenz ineinem weiten Bereich von 0,5% bis 32% variiert [30]. NeuereOperationstechniken wie die roboterunterstützte Prostatekto-mie scheinen das Stenoserisiko zu senken [31]. Im Bereichdes Gallengangs treten Stenosen ebenfalls als postoperati-ver oder postentzündlicher Prozess auf, beispielsweise nachintraoperativer Gallengangsrevision, als Anastomosenstrikturnach Lebertransplantation oder als Folge von Gallenstein-leiden [32]. Als erste Therapiemaßnahme werden Stenosenmeist aufgedehnt oder, in der Urologie, auch geschlitzt mitanschließender temporärer Schienung. Die auf den Eingrifffolgende Wundheilung führt aber häufig zur erneuten Stenose,die Rezidivraten liegen im Allgemeinen bei 50-60% [33].Weitere operative Revisionen enden häufig wieder in dersel-ben Problematik. In dieser Situation stellen ein Katheter oderein Stent, die selbst als radioaktive Quelle wirken oder miteiner radioaktiven Quelle kombiniert werden und unmittelbardie Wundheilung modulieren, einen Erfolg versprechenden,ursächlichen Therapieansatz zur Prävention einer Stenose da.

Aus diesem Grund verfolgt auch eine Reihe andererArbeitsgruppen diesen Ansatz, wobei als Strahlenquellensowohl kommerziell verfügbare Systeme als auch spezielle

Eigenentwicklungen zum Einsatz kommen. Für einen Ver-gleich mit dem hier beschriebenen 32P-Foliensystem sollenbeispielhaft einige typische Bestrahlungsvarianten genanntwerden, die in präklinischen wie auch klinischen Studien
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SchM

Abbildung 8. Kontrastmittel-Röntgendarstellung einer ERC beimtelgradig), (b) während der Ballondilatation, (c) nach Einlage einessichtbar).

zur Stenoseprophylaxe bereits Anwendung gefunden haben.In der Urologie wurde nach transurethraler Schlitzung einerStenose bei 15 Patienten unmittelbar postoperativ und anden folgenden zwei bzw. drei Tagen eine Dosis von je4 Gy in 3 mm Gewebstiefe mit einer kommerziellen 192Ir-Afterloadingquelle über den liegenden Katheter appliziert[34]. Der bislang einzige weitere klinische Versuch mit192Ir-HDR-Brachytherapie wurde von Sun et al. [35] an 17Patienten mit unterschiedlicher Striktur-Vorgeschichte durch-geführt. Hier wurde innerhalb von 3 postoperativen Tageneine Dosis von 10 bis 15 Gy verabreicht, wobei die gesamteKatheterliegezeit 3-6 Wochen betrug. Ebenfalls zur HDR-Brachytherapie wurde ein experimenteller Ballonkatheter,gefüllt mit dem Betastrahler 188Re (t1/2 = 17 h, Emax = 2,12MeV) in flüssiger Form, im Tierversuch eingesetzt. NachStenteinlage in der Hundeurethra wurden Dosen von 20 und40 Gy in 1 mm Abstand vom Ballon abgegeben [36]. Studienmit Strahlenquellen zur LDR-Brachytherapie in der Urethrasind bislang nicht publiziert.

Im Gegensatz zur Urologie zielen die meisten Studien zurGallengangsstenose auf die Therapie maligner Obstruktionen.Ein Beispiel ist die klinische Pilotstudie von Singh et al. [37],bei der 4 Wochen nach Einlage eines Metallstents wieder miteiner kommerziellen 192Ir-Quelle im Bereich des Stents (unddes Tumors) einmalig eine Dosis von 8 Gy in 1 cm Abstandvon der Kathetermitte appliziert wurde. Eine interessanteKonstruktion haben Liu et al. [38] im Tierversuch für denspäteren Einsatz in der Tumortherapie getestet. Ein geraderPU-Stent wurde mit einem dünnen Kanal in der Stentwand,parallel zur Längsachse, versehen, worin in fensterartige Aus-schnitte kommerzielle 125I-Seeds eingepresst wurden.

Ein Tierversuch zur Prävention einer benignen Stenosewurde von He et al. [39] mit einem speziell gefertigten103 103

Pd-Stent unternommen. Der Röntgenstrahler Pd wurdemit Protonen über eine (p, n)-Reaktion aus 103Rh erzeugtund mittels Elektroplating auf einem Nitinol-Stent aufge-bracht. Die 103Pd-Stents wurden nach Ballondilatation des

wein: (a) Zustand mit zwei Gallengangsstenosen (hoch- und mit-ono-Pigtail-Stents mit 32P-Folie (beide Röntgen-Endmarkierungen

Gallengangs eingesetzt und für 30 Tage belassen, in derPublikation fehlen jedoch Angaben zur applizierten Strah-lendosis. In einer LDR-Studie einer südkoreanischen Gruppe[40] mit einem im Prinzip ähnlichen Ansatz wie in der hiervorliegenden Arbeit, wurde eine speziell gefertigte, radioak-tiv beladene Folie auf einen Metallstent aufgebracht, wobeials Strahler der Betaemitter 166Ho (t1/2 = 26,8 h, Emax = 1,85MeV) verwendet wurde. Die PU-Folie von 1 cm Länge wurdemit Kleber im Mittelteil eines 2 cm langen Nitinol-Stentsbefestigt. Da mit diesem Aufbau ein Duodenoskop nicht pas-siert werden konnte, wurde der Stent durch einen perkutanenZugang mittels offener Laparotomie im Gallengang platziert.Ziel dieser Studie war die Untersuchung der Strahlenverträg-lichkeit von gesundem Gallengangsgewebe bei Dosen von23 Gy bis maximal 148 Gy in 1 mm Abstand von der Folie.Nach 3 bis 6 Monaten Liegezeit konnte histologisch fibroti-sches und moderat hyperplastisches Gewebes im Stentbereichbei den niedrigen Dosen beobachtet werden. Bei der höch-sten Dosis hatte sich zwar eine massive Fibrose ausgebildet,aber es kam auch hier nicht zur Perforation des Gallen-gangs. Dies erscheint bei der anzunehmenden Kontaktdosisvon annähernd 800 Gy bemerkenswert. Ausdrücklich erwähntwerden sollte noch die berichtete ausgeprägte Enden-Stenoseauf Grund des konstruktionsbedingten Dosisabfalls vor denStentenden.

5 Zusammenfassung und Ausblick

In dieser Arbeit wurde ein innovatives Implantat-Konzeptauf Basis des Beta-Strahlers 32P vorgestellt und der Weg vonder klinischen Fragestellung über die Materialentwicklungeines Implantats, die Prototypenfertigung, die Aktivitäts- undDosismessung, dem präklinischen Test bis hin zur Schwelle

der klinischen Anwendung beschrieben. Die durchgeführtenTierversuche haben gezeigt, dass eine LDR-Brachytherapiemit den neu entwickelten 32P-Implantaten prinzipiell möglichist. Eine Dosisfindung muss der klinischen Studie vorbehalten
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bleiben. Nach wie vor ungeklärt ist die Frage, ob LDR- oderHDR-Brachytherapie zur Stenoseprävention besser geeignetist, und allgemeiner die Frage nach den unterschiedlichenWirkmechanismen beider Bestrahlungsmodalitäten [41,42].Mit dem hier vorgestellten LDR-Implantat könnte dieser Fra-gestellung in einer vergleichenden Studie mit den verfügbaren192Ir- oder 188Re-HDR-Bestrahlungsquellen erstmals nachge-gangen werden.

Die geschilderten Ansätze anderer Arbeitsgruppen zeigeneinerseits das starke Interesse an Brachytherapiequellen fürAnwendungen im Harn- und Gallenwegstrakt, andererseitsaber auch den Mangel an geeigneten, kommerziell verfügba-ren Systemen für die LDR-Brachytherapie. Die vorgestelltenLösungen sind allesamt wesentlicher komplexer als die hierbeschriebenen, vergleichsweise einfach herstellbaren Implan-tate mit 32P-Folie. Dieses Implantatkonzept ist in analogerWeise bei ähnlichen Krankheitsbildern auch in anderen medi-zinischen Fachbereichen einsetzbar. Als Beispiele seien inder HNO-Klinik die Tränenwegsstenose, in der Pulmologiedie Bronchialstenose oder in der Gastroenterologie die Öso-phagusstenose genannt. Während die kurze Reichweite derBeta-Strahlung den Vorteil der sehr lokalen Wirkung hat, stelltsie auch eine Einschränkung dar, weshalb beispielsweise altesNarbengewebe vor der Bestrahlung entfernt werden muss.Unter Berücksichtigung der kurzen Reichweite ist auch dieBestrahlung maligner Wucherungen möglich, denkbar wärebeispielsweise die Bestrahlung oberflächlicher dermatolo-gischer Tumoren wie Basaliom oder Melanom mit einem,,32P-Folienpflaster“.

Danksagung

Diese Arbeit wurde im Rahmen des BetaMod-Projektsvon der Bayerischen Forschungsstiftung unter Förderkennzei-chen 712/06 gefördert. Wir bedanken uns für die großzügigeund geduldige Unterstützung. Ebenfalls danken möchten wirden beteiligten Industriepartnern und ihren jeweiligen Pro-jektleitern: Heinz Busch (NTTF Coatings, Rheinbreitbach),Jaqueline Röschard (Urotech, Achenmühle), Hans DieterSeidl (Seidel Medizin, Buchendorf) und Detlef Streufert (CarlZeiss Meditec, Hennigsdorf). Ein besonderer Dank gebührtHeinrich Seegenschmiedt für sein stetes Interesse an unsererThematik und die vielen hilfreichen Diskussionen.

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