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Vorstellung von Projekte, Lehrveranstaltungen, Kooperationen und außerschulische Projekte die während eines Kalenderjahres konzertiert und umgesetzt wurden. Visuelles Konzept/technische Ausarbeitung: Rudolf Fitz & Bettina Zurowetz – Die Wiener Kunstschule präsentiert ihre DiplomandInnen, Studierenden, Lehrveranstaltungen, Projekte, Kooperationen und theoretische Texte von Lehrbeauftragten, Studierenden und GastautorInnen in einem Designpacket von fünf Büchern. Sieben Studierende der Werkstätte Grafik Design entwickelten ein Konzept für eine Publikation die fünf einzelnen Bücher mit eigenständiger Gestaltung zu einen Jahrbuch zusammenfasst. Verbindende Elemente sind der Titel, der schwarze Punkt (Logo der aus der Wiener Kunstschule gewachsenen school of subversion) und eine Banderole die aus Restbeständen einer Zeitungsbeilage produziert wurde. 60 Jahre nach Gründung durch Gerda Matejka-Felden droht der Wiener Kunstschule die Schließung ... Fortsetzung folgt? Nähere Informationen zur Wi

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Wiener Kunstschule

Design und Raum

Kunstraum NOE

Krieg gegen Kinder

Kunst kommt von Dürfen

Barfuß auf Seide

Labor Druck

Berufsbild KünstlerIn

Grafik Design

Labor Kritik

Crash Test Dummies

Interdisziplinäre Klasse

Galerie Freifläche

Bezirksfestwochen

Animation und Experimentalfilm

Malerei und prozessorientierte Kunstformen

On the Road

Leporello

Keramik und Produktgestaltung

Umgangsformen

Comic

Themenseminar

Projektwoche

Fotografie

Graphik

Bildhauerei

Koop Interdisziplinär

Impressum

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beiträge) zugänglich ist. Im Gegensatz zu anderen Ausbildungsstätten mit ähnlichem Angebot gibt es in der Kunstschule ein Orientierungsjahr quer durch alle Disziplinen und ohne Auf-nahmeprüfung.

Die Wiener Kunstschule kooperiert laufend mit Unternehmen innerhalb und außerhalb der Kreativwirtschaft und zahlreichen Initiativen (vom „Augustin“ bis Bildungs-, Kultur- und Jugendeinrich-tungen).

Die AbsolventInnen der Wiener Kunst-schule sind gefragt. Mit Projekterfah-rung, Kenntnissen in vielfältigen kreati-ven Techniken, Produktgestaltung und künstlerischen Strategien sind sie in unterschiedlichsten Kultur- und Kreativ-branchen tätig.

2014 feiert die Wiener Kunstschule ihr 60-jähriges Jubiläum. Gegründet von Gerda Matejka-Felden hat sie sich in ihrer langjährigen Geschichte als ein sich stetig erneuerndes Pilotprojekt weiter entwickelt. Die Wiener Kunst-schule als Labor für neue Lernszenarien und künstlerische Strategien mit kon-struktivem Widerstandsgeist gegenüber scheinbar vordefinierten Berufsbildern und durchrationalisierten unflexiblen Bildungswegen.

Nicoletta Blacher Leitung Wiener Kunstschule

Die Wiener Kunstschule ist eine Privat-schule mit Öffentlichkeitsrecht und bie-tet eine in Österreich einzigartige vierjährige künstlerische Ausbildung mit einem Diplom als Abschluss. Die Aus-bildung verbindet bildende und ange-wandte Kunst, Basisausbildung in tra-ditionellen Techniken mit neuen künstlerischen Ausdrucksformen in neun Werkstätten/Schwerpunkten: Anima-tion und Experimentalfilm, Bildhauerei, Comic, DesignUndRaum, Graphik, Grafik Design, Interdisziplinäre Klasse, Keramik und Produktgestaltung sowie Malerei und prozessorientierte Kunst-formen. Ergänzend werden Lehrveran-staltungen angeboten, die kritische Reflexion von künstlerischen, kulturellen, sozialen und politischen Diskursen fördern und die technischen, organisa-torischen und inhaltlichen Ausdrucks-möglichkeiten erweitern.

Die Ausbildung an der Wiener Kunst-schule schafft Freiräume für eigenstän-dige künstlerische Entwicklung und zeichnet sich durch hohe Praxis- und Projektorientierung aus, um die Schü-lerInnen optimal auf die sich stetig wandelnden Berufsfelder im Kreativbe-reich vor zu bereiten.

Die Wiener Kunstschule ist die einzige nichtakademische und interdisziplinäre Kunstausbildung, die relativ niedrig-schwellig (Besuch ab 17 Jahren, über 27 Jahre und relativ niedrige Studien-

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Allgemeine Bildungs- und Lehraufgaben Design bedeutet die Anwendung unter-schiedlichster Strategien und Arbeits-weisen zur Veränderung und Entwick-lung unserer Kultur. Zeitgenössisches Design entsteht durch die Verbindung künstlerischer, wissenschaftlicher und handwerklicher Methoden. Design ist interdisziplinär, offen für neue Sichtwei-sen und zielgerichtet. Design muss sich stetig in Frage stellen. Es definiert sich sowohl über die Unterschiede, als auch über die Verwandtschaft zu künstleri-scher Arbeit. Im Fächerkanon der Wiener Kunstschule tritt DesignUndRaum als Brücke zwi-schen bildender und angewandter Kunst auf. In enger Kooperation mit den bereits vorhandenen Studienrichtungen stellt das Fach eine zeitgemäße Erwei-terung des Lehrangebotes dar. Die spezielle Ausrichtung auf experimentel-les Design erlaubt es, einen Lehrgang zu etablieren, der sich dem Bereich der künstlerischen Lehrfächer öffnet und gleichzeitig fachspezifische Arbeitswei-sen und Inhalte vermittelt.

LehrinhalteDas Fach versteht sich als interdiszipli-näres Labor. Entwurfsprojekte aus den Bereichen Produktgestaltung, experi-mentelles Design und Innenraumgestal-tung, aber auch architektonische The-menstellungen stehen im Zentrum der Lehre. DesignUndRaum möchte bewusst eine Festlegung auf einen Teilbereich

von Designarbeit vermeiden, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich in unterschiedlichsten Bereichen zu erproben und sie so darin zu unter-stützen, ihre individuellen Ausrichtungen zu finden.An fachspezifischen theoretischen Inhal-ten werden u. a. Grundlagen der Designgeschichte, Designtheorie sowie zeitgenössische Entwicklungen vermit-telt. Praktische Aspekte zeitgenössischer Designarbeit wie Entwurfstechniken, Recherchemethoden, Modell- und Pro-totypenbau, CAD/3D Planung, Detail-planung und Präsentationstechniken werden anhand von Entwurfsprojekten bearbeitet. Die Vermittlung von Grund-begriffen der Projektplanung und des Projektmanagements gehen auf den lösungsorientierten Aspekt des Faches ein. Die vorhandene Infrastruktur der Wiener Kunstschule wird genützt, um fächerübergreifend mit anderen Abtei-lungen eine interdisziplinäre Zusam-menarbeit zu praktizieren.

Didaktische PrinzipienDie Fähigkeit in selbständiger und eigenverantwortlicher Arbeit Projekte zu entwickeln steht im Vordergrund der Lehre. DesignerInnen müssen als Gene-ralistenInnen und IntegralistenInnen die unterschiedlichsten Bereiche miteinan-der verbinden können, um daraus entstehende Synergien zur Realisierung ihrer Projekte zu nützen. DesignUnd-Raum versteht sich als Antithese zum

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Spezialistentum. Interdisziplinäre Kooperationen, Wissenstransfer und die Fähigkeit, komplexe Zusammen-hänge zu erkennen und in die Entwurfs-arbeit zu integrieren werden explizit gefördert.Im Laufe der Ausbildung werden die wichtigsten Fertigkeiten zur selbständi-gen Umsetzung von Entwurfsprojekten vermittelt. Kritikfähigkeit, Teamfähigkeit, Flexibilität, Experimentierfreudigkeit, sowie die Fähigkeit die eigene Arbeit zu argumentieren, zu kommunizieren und entsprechend zu präsentieren, sind weitere Ausbildungsziele. Auf die indi-viduellen Möglichkeiten und Interessen der Studierenden wird dabei einge-gangen.In Form von Workshops, Referaten, Gastvorträgen und Exkursionen, aber vor allem anhand praktischer Entwurfs-projekte werden die Studierenden an die konkrete Designarbeit herangeführt. Die selbstständige Aneignung von Zusatzkompetenzen, die für die prak-tische Berufsausübung wesentlich ist, wird individuell gefördert. Hier werden Kooperationen mit anderen Fächern der Wiener Kunstschule als auch Ange-bote externer Institutionen ausdrücklich unterstützt.

LehrzieleNach Abschluss der Ausbildung sollen die Studierenden:– Die grundlegenden Fähigkeiten zur

Planung, Entwicklung, Kommunika-

tion und Realisierung von Entwurfs-projekten erworben haben.

– Selbstständig und im Team arbeitenkönnen, Arbeitsgemeinschaften und Projektteams bilden können, die zur Umsetzung komplexer Entwurfsauf-gaben notwendig sind.

– Selbstbewusst am Diskurs über dasFach teilnehmen können.

Mit den erworbenen Fähigkeiten haben sie die Möglichkeit, in Büros und Agenturen als MitarbeiterInnen einzu-steigen, selbständig ihre Tätigkeit als DesignerInnen, KünstlerInnen auszuüben und weiterführende Studien auf einer soliden Basis aufzubauen.

Andrea Moya Hoke

LeitungsteamAndrea Moya Hoke, Stefan Moritsch

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Der Ursprung allen Lebens liegt in der Erde, ebenso wie dieser massive, ca. 25 Jahre alte Buchsbaum, dessen Wurzeln von Erde befreit wurden.Anschließend wird der Wurzelstock, um ihn zu konservieren, mit Polyesterharz überzogen, als Standbein wird ein massiver Ringen gegossen.Man fügt in der Mitte eine Fassung für eine Halogeleuchte oder eine Glühbirne ein. Beleuchtet im Dunkeln der Nacht sieht man die Formen und Verwindungen der Wurzeln, ihre Schatten und ihr Lichtspiel und macht damit das uns sonst Verborgene sichtbar.

Sebastian Girsch, Wurzelstock 40 x [email protected]

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Mehrnoosh Behrouzi, The Living Room, Interior Design

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Recherchen zum Mythos des Primitiven.Das Seminar für Gegenwartskunst widmete sich Fragen nach der Mythologi-sierung des Primitiven, um deren scheinbare Faktizität als eine Konstruktion des okzidentalen Denkens erkennbar zu machen und einer kritischen Dekoloniali-sierung zu unterziehen. Denn Primitivismus bezeichnet nicht etwa die Kunst von vermeintlich „Primitiven“, sondern vielmehr ein künstlerisches Phänomen der europäischen Moderne, in dem der Anspruch formuliert wurde, sich von der Kunst der „Wilden“ und „Nichtzivilisierten“ inspirieren zu lassen.

Diese Überlegungen mündeten in eine gemeinsame Spurensuche, in der es darum ging, Symptome von Primitivismen in der Alltags- und Gegenwartskultur zu entdecken. Diese Untersuchungen orientierten sich an der Fragestellung: Welche Vorstellungen von „Ursprünglichem“ und welche Anzeichen von „Archa-ischem“ finden sich in meiner Lebenswelt? Und: Was für eine Art von Hinwei-sen für welche Formen von Zivilisationsmüdigkeit, Kulturkritik und Verwilderungs-wünschen lassen sich daraus gewinnen? Die Broschüre „Recherchen zum Mythos des Primitiven“ ist die Dokumentation der unterschiedlichen Antworten, die im Verlauf dieses künstlerisch-wissenschaft-lichen Forschungsprozesses artikuliert wurden und das Ergebnis einer Zusam-menarbeit von Studierenden der Wiener Kunstschule aus allen Fachbereichen, Lehrenden aus den Fachbereichen Grafik Design und Graphik und der Kunst-vermittlung des Kunstraums Niederösterreich.

Ein Projekt im Rahmen des Seminars für Gegenwartskunst von Dr. Tom Waibel

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Der Garten ist also ein Weg, um für eine gerechtere Gesellschaft zu

kämpfen (...) Hier haben wir gelernt, dass wir fähig sind, uns selber zu

organisieren, auch wenn uns Jahre lang beigebracht wurde, dass wir das

nicht können.(Nadja, aus dem Geinmeinschaftsgarten des MTD Claypole, Buenos Aires.

Gemeinschaftsgärten schaffen Alternativen, aber nicht nur, weil die Menschen

besser essen, sondern weil diese Projekte Solidarität aufbauen; weil es Orte sind,

wo Menschen miteinander in Kontakt kommen können und das hat politische Folgen.

(Owen Taylor von der gemeinnützigen Organisation „Just Food“, New York, 2010.

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Ausstellung, Im Wiener Künstlerhaus eröffnet am 5.12.2013 die Gemein-schaftsausstellung „Krieg gegen Kin-der“: Eine künstlerische Weiterführung der Debatte über die Gewalt in den Wiener Erziehungsheimen.

Fotografien, Installationen und Fundstü-cke: Die Ausstellung beleuchtet die institutionalisierte Gewalt gegen Kinder in den Wiener Erziehungsheimen. Die gezeigten Arbeiten haben einen beson-deren Fokus auf das ehemalige Kinder-heim „Hohe Warte“ in Wien. Der derzeitige desolate Zustand des Bau-werks wird in zahlreichen Fotoarbeitenbelegt und mit Installationen ergänzt. In Kombination mit Zitaten ehemaliger Heimbewohner und Passagen aus dem Bericht der HistorikerInnenkommission ist „Krieg gegen Kinder“ zugleich Beweisaufnahme als auch Interpreta-tion. Die künstlerischen Arbeiten bezie-hen Position zur damals gängigen Praxis der Verschleierung von Fakten und den Systematiken einer „Totalen Institution“. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf ein Gedicht von Peter Ruzsicska, der als einer der Mitwirkenden selbst in städtischer Kontrolle und Betreuung aufgewachsen ist. Im Zuge der künst-lerisch-wissenschaftlichen Recherche kam es zu einer intensiven Zusammen-arbeit mit ehemaligen BewohnerInnen des „unheimlichen Schloss Bubenheim“, wie die „Hohe Warte“ auch bezeich-

net wurde. Als sichtbares Ergebnis dieser Kooperation finden ausgewählte künstlerische Arbeiten von Betroffenen in der Ausstellung Platz. Ergänzend leistet die Ausstellung auch Vermittlungs-arbeit: Bücher, Zeitungsberichte und Broschüren erlauben es den Besuche-rInnen, sich eingehender mit der The-matik auseinanderzusetzen.

Außerschulisches Projekt, kuratiert von Dr. Tom Waibel

TeilnehmerInnenIsabel Fröschl

David KurzHelmut Kurz-Goldenstein

Brigitte Lunza-RiederHelmut Oberhauser

Michaela PutzPeter RuzsicskaFlorian SteinerMichael Tfirst

Grafisches Konzept von Patrick Detz

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Täglich außer Mo 10:00 – 18:00 Uhr / Do 10:00 – 21:00 UhrKünstlerhaus / 1010 Wien, Karlsplatz 5 / www.k-haus.at

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Kunst ist kein KavaliersdeliktDie Lehrveranstaltung „KUNST KOMMT VON DÜRFEN“ lehrt Texte, die nicht abgeprüft werden. „KUNST KOMMT VON DÜRFEN“ an der Wiener Kunst-schule bespricht Gesetze, Verordnungen, Erlässe, EU-Richtlinien und Verordnun-gen, internationale Verträge usw., die die Kunst betreffen. Obwohl klar ist, dass sich keine/r im Auditorium die Texte merken kann. Das scheint ein Widerspruch zu sein?Klar, die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen der Kunstausübung ist für die jungen Kunstschaffenden notwendig, und soll ihnen den Weg durch den künstlerischen Alltag erleichtern. Ein solches Lehrangebot bietet derzeit keine andere Kunstakademie in Österreich. Denn, zu allen Talenten und erlern-ten Fähigkeiten, die Kunstschaffenden abverlangt werden, gehört auch das Wissen, wie dieses Schaffen erlaubt, verhindert oder sonstwie reglementiert wird. Dieses Know-How sollte die Karriere, den Berufsalltag erleichtern und trägt zum Erfolg bei. Die Fülle an Paragraphen, die bald die Basis des Erwerbs-lebens der jungen KünstlerInnen beeinflussen wird, ist unüberschaubar – Urhe-berrecht, Medienrecht, Arbeitsrecht, Gewerberecht, Förderungen, Telekommu-nikationsrecht, Rundfunkrecht, Verbotsgesetz, Denkmalschutz, Jugendschutz, bisweilen noch Zensur, kurioser Weise insbesondere die Straßenverkehrsordnung und eine weitere vierstellige Zahl von verbindlichen Regeln, die das Kunstschaf-fen, die Vermittlung von Kunst und KünstlerInnen, deren Lehre und Rezeption überwachen, fördern oder verbieten und gegebenenfalls bestrafen.Für Arthur Schnitzler sollte das Zensurverfahren sechs Jahre dauern, bis „Profes-sor Bernhardi“ systemgerecht zurechtgestutzt aufgeführt werden durfte, und zwar bis Dezember 1918 (wobei in der Österreichischen Verfassung schon im Oktober 1918 jede Zensur verboten wurde).

1961 hieß es: „Hinsichtlich der Tätigkeit ist zu sagen, daß das Spielen von Volksmusikinstrumenten, wie z. B. Gitarre, Akkordeon (VwGH v 7.4.1961, Zl 616/60, aaO E 57), Zither, Knopfharmonika, Mandoline und Blockflöte (VwGH v 23.9.1964, Zl 1319/63, aaO E 110), nicht zur Ausübung der Kunst gerechnet wird.“ (VwGH v 7.4.1961, Zl 616/60, aaO E 57).Im Jahr 2003 kam der mauritanische Physikstudent Seibane Wague im Rahmen eines Polizeieinsatzes bei einem Kunstprojekt im Wiener Stadtpark ums Leben (obwohl ein Arzt anwesend war).2010 wurde ein Floridsdorfer in Wien zehn Stunden von der Polizei verhört, festgehalten und bestraft, weil er ein Foto gemacht hatte (und zwar von einem

VON DÜRFEN UND DIE AUFKLÄRUNG EINES WIDERSPRUCHS

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Streifenwagen, der bei einer Baustelle auf den Straßenbahnschienen fest hing und geborgen werden musste).Heute wird das Schreiben von Tagebüchern in Gefängnissen von der Justiz zensuriert: Im Paragraph 62 des Strafvollzugsgesetzes steht, dass Strafgefangene und Untersuchungshäftlinge Tagebuchaufzeichnungen führen dürfen. Ein Men-schenrecht wird hier zum Gnadenakt. Allerdings müssen diese Aufzeichnungen jederzeit von Mitarbeitern der Justiz zu kontrollieren sein und wenn denen der Inhalt nicht passt, werden sie dem Autor abgenommen und brauchen (auch nach Verbüßung der Strafe, oder bei Untersuchungshäftlingen nach Feststellung ihrer Unschuld) nie wieder zurück gegeben werden.

Bildung, nicht nur AusbildungSo wichtig jedes Kapitel, jeder dieser tausenden Paragraphen für die profes-sionelle Existenz in den Kunstberufen auch ist, in dieser Lehrveranstaltung werden sie vorgetragen und diskutiert, aber nicht geprüft. Der Lehrbeauftragte und die HörerInnen haben sich darauf geeinigt, dass hier Gesetze nicht abge-prüft werden sollen. Weil hier keine JuristInnen ausgebildet werden, sondern Künstler und Künstlerinnen. Weil es um mehr geht. Das Thema dieser Vorlesung hat sehr viel mit Professionalität, Wirtschaft, Rechtsbewusstsein, vor allem mit Demokratieverständnis, politischer Bildung, Moral, Zeitgeschichte, ein bisschen sogar mit Ethikunterricht zu tun. Mit der Bildung der Persönlichkeit. Es soll in einem Institut, das sehr viel Engagement in die Ausbildung seiner SchülerInnen steckt, ein Mehr an Bildung offerieren. Bildung statt nur Ausbildung.Denn: Ein Lümmel, der künstlerische Techniken erlernt hat und nur diese, wird ein Lümmel bleiben, der künstlerische Techniken beherrscht. Womit seine Kar-riereleiter entsprechend kurz sein wird. Der Chef des Arbeitsmarktservice, Johannes Kopf, hat der Tageszeitung Standard erklärt, dass es Menschen ohne die soziale Kompetenz des Grüßens und die Grundfertigkeit des Lesens in Europa nicht weit bringen können. Pointierter der deutsche Physiker und Schrift-steller Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799): „Wer nichts als Chemie versteht, versteht auch die nicht recht“. Robert Wilhelm Bunsen: „Ein Chemiker, der kein Physiker ist, ist gar nichts.“ Und ein Lümmel, der künstlerische Techniken erlernt hat, ist bloß ein Lümmel mit künstlerischen Techniken.

LehrveranstaltungsleiterErich Félix Mautner

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Barefooted on SilkAm Beginn dieser künstlerischen Auseinandersetzung stand das Interesse, uns mit einer weitgehend unbekannten Bildwelt zu beschäftigen. Unser Forschungs-interesse galt zunächst der zeitgenössischen koreanischen Kunst, insbesondere aufgrund ihrer Vielfalt und ihrer oftmals zu beobachtenden Radikalität. Allerdings stellte sich in der fortschreitenden Bekanntschaft mit diesen künstlerischen Wer-ken ein Unbehagen ein. Die zeitgenössische koreanische Kunst hat sich in ihren Darstellungsmethoden und Ausdrucksformen längst an internationale Kunststra-tegien europäischer Provenienz angenähert. Wir begannen uns daher für die historischen Vorläufer dieser Kunstformen zu interessieren und wurden in Folge in der koreanischen Volkskunst des 18. und 19. Jahrhunderts fündig. Die für uns befremdlichen Bildwelten der koreanischen Volkskunst wurden zunächst auf ihren Symbolgehalt überprüft. Die künstlerische Übersetzung erfolgte mit den Mitteln der Druckgrafik: Sie sind als der Ausdruck einer gemeinsam entwickel-ten Übersetzung bzw. Übertragung der koreanischen Vorlagen zu betrachten. Die Ausstellung zeigt die koreanischen Bilder, von denen der Übersetzungspro-zess seinen Ausgang nahm, in vergrößerter und geplotteter Form.Wir präsentieren eine Ausstellung von drei kollektiv erarbeiteten, großformatigen Druckgrafiken in Korrespondenz zu historischen, koreanischen Druckwerken.

Ausstellung (Juni 2013) Außerschulisches Projekt mit Studierenden der Druckgrafikwerkstätte im Korea Kulturhaus im Donaupark in Wien.

ProjektleitungEric Neunteufel, Werkstättenleiter Grafik

Einführung Tom Waibel

TeilnehmerInnenJulia Hellerschmid Brigitta Kirchhofer

Stefan PetroczyMichaela Putz

Jasmine Schuster

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Diese Lehrveranstaltung bietet jeweils in einem Semester Siebdruck und Li-thografie/Offset, und im nächsten Semester Hochdruck und Tiefdruck für Studierende aller Werkstätten an. In Blöcken oder als durchgehende Veranstaltung werden die Grundla-gen der vier traditionellen druckgrafi-schen Techniken vermittelt und Raum für eigenes Ausprobieren geschaf-fen. Einführende Vorträge über den kunstgeschichtlichen Hintergrund mit vielen Bildbeispielen runden das An-gebot ab, das zur Erweiterung des Ausdruckrepertoires für Studierende verschiedenster künstlerischer Ausrich-tungen wertvoll ist.

LehrveranstaltungsleitungEliane Irikawa-Huber, Eric Neunteufel

Lea Runggaldier, ohne TitelKaltnadelradierung14,5x19,5cm

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Hannelore Biricz, Hund mit roter Frau, Offset, 56x64cm auf Bütte, entstanden bei Rainer Clauss

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Johanna Volke, Schwarzkopf, Siebdruck 26x27cm, 2013

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Brigitta Kirchhofer, „Sigi“, Lithographie 38x27cm

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Johanna Volke, Männlicher Akt, Lithographie 32x25cm, 2013

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Heiko Bressnikstudierte an der Hochschule für Ange-wandte Kunst in Wien u.a. bei Oswald Oberhuber und Peter Weibel.Bernhard Balasist Musiker und Meister im Klavierbau.Obiora C-Ik „Charles“ Ofoeduist Autor, Künstler und Menschenrechts-aktivist.Maria Chalela-Puccinistudierte Visual Arts in Bogotá, Kolum-bien.Hirut Kieselist Mitbegründerin von World Media Insights.Michaela Müllerstudierte Kunstpädagogik an der Uni-versität für angewandte Kunst in Luzern, Schweiz.Sabine Groschupist Künstlerin, Filmemacherin und Autorin.Harald Katzmairist Gründer und Direktor von FAS.research.Lisa Neumannist Kuratorin, Organisatorin und Leiterin von Film-Festivals.Gunter Damischist Professor für Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in Wien.Elisabeth Eschwéstudierte Musik am Konservatorium der Stadt Wien.Robert Reinaglist Sänger, Sprecher und Schauspieler im Ensemble des Wiener Burgtheaters.

Gespräche über künstlerische Arbeit und Forschung, sowie über politische, soziale und ökonomische Parameter der Tätigkeit im Kunstfeld. Die öffentli-che Gesprächsreihe an der Wiener Kunstschule wird von Tom Waibel kuratiert.Von KünstlerInnen wird angenommen, dass sie Persönlichkeit, Intellekt, Denken, Ausdrucksvermögen und Affekte in den Produktionsprozess einbringen: Das macht sie zu VirtuosInnen der prekari-sierten sozialen Verhältnisse. Wenn es zutrifft, dass Politik durch die Kunst der Darstellung bestimmt wird, dann ist die Virtuosität von KünstlerInnen politisch, unabhängig davon, ob im jeweiligen Werk politische Anliegen manifest werden oder nicht.

Die GesprächspartnerInnen im vergan-genen und im laufenden Studienjahr in chronologischer Reihenfolge

Nils Olgerstudierte Videokunst an der Akademie der bildenden Künste Wien. Flor Edwarda Gurrolaist Film- und Theaterschauspielerin und war Telenovela-Kinderstar.Elisabeth Streitist Bibliothekarin und Filmvermittlerin im Österreichischen Filmmuseum.Mehmet Emirstudierte Kontextuelle Malerei an der Akademie der Bildenden Kunst bei Hans Scheirl.

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Helmut Neundlingerstudierte Philosophie (Diplom) und Germanistik (Doktorat) an der Univer-sität Wien.Nora Scheidlleitet „Netzzeit“, ein Werkzeug zur Herstellung von Musiktheater der Gegenwart.Gülsen Balleitet Open Systems, ein Beitrag zur Strategie grenzüberschreitender Pro-jekte. Michael Hudecekist Professor für Schnitt an der Wiener Filmakademie.Andrea Salzmannist Fotografin, Performerin und Drama-turgin.Ernst Reitermaierist Musiker, Konzertveranstalter und Klangforscher.

LehrveranstaltungsleitungTom Waibel

Laymert Garcia dos Santosist Professor für Soziologie an der Universität Campinas in Sao Paulo, Brasilien.Checo Sterneck studierte Architektur an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.Gerhard Rauscherstudierte Raumplanung an der Techni-schen Universität Wien.James Garrisonstudierte Philosophie an der Universität von Hawaii, USA.Julia Danielczykist Literaturreferentin der Kulturabteilung der Stadt Wien.Vesna Michlbetreibt die Galerie „Schüttkasten“ im Schloss Primmersdorf im Waldviertel.Oliver Resslerist bildender Künstler, Filmemacher und internationaler Kunstkurator.Barbara Kovacsist Kultur- und Sozialanthropologin mit einem Master in Lateinamerika-Studien.Matthias Mollnerist freischaffender Künstler in den Berei-chen Installation, Fotografie und Per-formance.Letizia Werthstudierte Malerei an der Akademie der Bildenden Kunst in Wien.

Christian Diaz Orejarenaist Malerei-Absolvent der Weißensee Kunsthochschule Berlin.

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Grafik Design und visuelle Umweltverschmutzung – kein Widerspruch muss möglich seinDelete!– Für zwei Wochen im Sommer des Jahres 2005 wurde in der Wiener Neubaugasse der Albtraum des Gebrauchsgrafikers Realität: seine Arbeitser-gebnisse verschwanden, wurden durch gelbe Folie ersetzt und ausgelöscht!Dieses Kunstprojekt des Duos Rainer Dempf (Grafik Designer, für viele Jahre für die Falter-Covers oder Viennale-Plakate verantwortlich) und Christoph Steinbre-ner (Bildhauer) unter dem Tastaturkürzel „delete!“ (http://www.steinbrener-dempf.com/delete/) veranschaulichte für zwei Wochen den Eindruck einer nicht mehr durch Marken und deren Logos dominierten Welt, machte aber deren Footprint durch die Substitution markant erfahrbar. In den Jahren 2006 und 2007 beschloss die Stadtregierung von São Paulo, überdimensionierte Werbeplakate aus dem Stadtbild zu entfernen, Werbung im öffentlichen Raum radikal zurück-zudrängen.Zu den Plakaten und Leuchtreklamen der Großstadt gesellte sich seitdem das ubiquitäre Mobiltelephon, auch vermehrt als Medium für Werbung. Die Vor-stellung, dass alle Fahrgäste eines U-Bahn-Zuges fassungslos auf die von „delete!“ eingefärbten gelben Displays ihrer Smartphones starren und an den Einstellungen ihrer Geräte herumfummeln, könnte unser Künstlerduo auf neue Ideen bringen.

Tokyo, 2013

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Tokyo, 2013

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Fernsehwerbung in japanischem TV, 2013

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Tokyo; Shinto-Tempel (Fushimi Inari-taisha) in Kyoto, 2013

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Too much of a good thingWas 2005 in der relativ ruhigen Neubaugasse möglich war, erscheint schon alleine der schieren Flächenausdehnung in belebten Einkaufsstraßen internatio-naler Metropolen kaum mehr durchfürbar. Wenn das Stadtbild nur mehr von Logos und Konsumreizen dominiert wird, erscheint sie nur mehr als Verpackung von Konsumgütern. Im Wettstreit der Marken und Anbieter setzen sich dann die grellsten und schrillsten Zeichen durch, dezente und zurückhaltende grafische Gestaltung bleibt nur mehr wenigen Luxusmarken vorbehalten, die aber mit teurer Architektur und verspielten Flagship Stores, welche oft alle paar Monate neugestaltet werden, ihr nach immer neuen Sensationen hungriges Klientel anziehen. Der Rückzug ins Private, um einer oft postulierten Reizüberflutung zu entgehen, ist schon lange nahezu unmöglich geworden, würde er doch mit Verzicht auf Unterhaltung einhergehen: wenn man sich seichten Soaps oder billigen TV-Shows nicht verweigern will, muss man ebenso seichte Werbung mit- konsumieren.Manchmal hilft aber auch der Rückzug in den sakralen Raum nicht mehr, tou-ristisch werden diese Orte genauso konsumiert und zur Selbstinszenierung genützt, als wären sie Shopping Malls. Das Posing, um im Internet präsent zu sein, folgt als getreue Kopie der beim Einkaufsbummel gesehenen Werbemittel.

Die Auflösung des WiderspruchsDie Ausbildung an der Wiener Kunstschule ist sehr stark praxisorientiert und viele der AbsolventInnen streben eine weitere Laufbahn im Bereich der Werbung an. Aufgabe des Unterrichts ist aber auch, die Studierenden zu kritischen Urteilen hinsichtlich ihrer eigenen, aber auch der Praxis anderer in unserem visuellen Umfeld zu führen und zukünftig mit gelungenen Projekten und Kampa-gnen dazu beizutragen, dass unsere Umwelt in diesem übertragenen Sinne lebenswert bleibt.

Thomas Reinagl

LeitungsteamBrigitte Ammer, Birgit Kerber, Thomas Reinagl, Tom Thörmer

Photos: © Thomas Reinagl 2013

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Das Labor für Kritik ist eine Lehrveranstaltung, die von Studierenden der Wiener Kunstschule selbstbestimmt durchgeführt und von Dr. Tom Waibel wissenschaftlich betreut wird. Im Zentrum des Interesses dieses kritischen Laboratoriums steht die Analyse und Kritik der aktuellen Rahmenbedingungen des künstlerischen Arbeitens.

Die jeweiligen Themenschwerpunkte werden von den TeilnehmerInnen jedes Semester selbständig festgelegt und erstrecken sich von Ausstellungsbesuchen und -kritiken über die Herstellung von Schulzeitungen bis hin zur künstlerisch-wissenschaftlichen Recherche von brisanten Fragestellungen der Gegenwart.

LehrveranstaltungsleitungTom Waibel

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Crash Test Heroes – ein innovatives Spielerlebnis mit Multiplayermodus Vier Crash-Test-Dummies, die eigentlich dazu entwickelt wurden, Fallen für Videospiele zu testen, haben den Mut, sich gegen ihr Schicksal aufzulehnen. Sie schließen sich zusammen und stellen sich ihrem größten Feind, dem mäch-tigen Fabriksbesitzer. Eine Reise durch zahlreiche Videogameklassiker steht ihnen aber dennoch bevor. Die Palette reicht von klassischen Jump and Run Games wie „Mega Vladimir“ bis hin zu grafischen Meisterwerken wie „Planes Trains Automobiles“. Diese innovative Story lässt nicht nur Gamerherzen höher schlagen, sondern wird auch Spieleneulinge nicht enttäuschen. Mit der grafischen Umsetzung sicherten sich die ComiczeichnerInnen einen Platz im Gameolymp. Hervorragende Grafik in Verbindung mit comic-hafter Erzählweise stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten. „Es hat sehr viel Spaß gemacht, dieses Comicprojekt zu verwirklichen. Am meisten freue ich mich auf die entsetzten Gesichter der Konkurrenz. So ein Game hat die Welt noch nicht gesehen!“, ließ der Executive Producer von Crashcom verlauten. Crash Test Heroes, sozusagen das Filet Mignon unter den Videospielen, ist ab sofort im Handel erhältlich.

TeilnehmerInnenArlene Thaler

Albert MitringerVictoria Braith

Joachim Doujak

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Spielen Sie Videospiele? Fragen Sie sich manchmal, wer sich die Fallen aus-denkt, wer sie produziert und wo die scheinbar endlosen Massen an Gegnern herkommen? Finden Sie hier die Antwort! In Crash Test Heroes tauchen Sie ein in den Ursprungsort all dieser Dinge und begleiten vier rebellische Versuchsob-jekte auf ihrem Weg in die Freiheit!

Victoria Braith

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Neu angekommen in einer fremden Stadt, muss unser Held korrupte Cops und nervige Pantomimen mit gnadenloser Waffengewalt niederschlagen und sich all den Schwierigkeiten, die sich in der modernen Welt vor einem auftürmen, stellen.

Albert Mitringer

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Begeben Sie sich auf eine abenteuerliche Haudrauf-Reise mit unserem belieb-ten aber anonymen Helden-Dummy! Durch zahlreiche Kämpfe in der Tulpen-arena lernen Sie zwar nicht wirklich, wie man sich erfolgreich gegen fiese Rowdies zur Wehr setzt, aber zumindest was man tut, wenn man einem Spieleherstellertestimonial begegnet, oder wie man Leonard Nimoy im Himmel trifft!

Arlene Thaler

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Krieger, Dummies und Banditen - in der Welt von Fire Plemblem wird nicht nur mit Muckis gekämpft, nein, auch mit Zahlen! Schau auf die Ziffern und du kannst dir den Kampfausgang geradezu ausrechnen!…Oder doch nicht?

Joachim Doujak

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Es gibt Arbeitsweisen und Methoden im Feld der Bildenden Kunst, die sich nicht in die geläufigen Kategorien und Disziplinen einordnen lassen, bezie-hungsweise nicht einordnen lassen wollen! Sie irritieren, faszinieren und oft sind diese Arbeiten provozierend, verstörend oder herausfordernd. Ihnen gemeinsam ist eine eigenständige Haltung, die nicht auf bereits Bewährtem aufbaut und sich nicht an Bestehendem orientiert. Vielmehr ist eine Lust und das Verlangen Ausgangspunkt, Grenzen zu überschreiten und zu ignorieren, daraus entstehende Konflikte als positive Reibung wahrzunehmen und zu riskieren.Wieso sich im Denken, bei den Ideen und der Umsetzung von Arbeiten ein-schränken lassen angesichts der vorhandenen Vielfalt an Möglichkeiten? Warum einen geraden Weg gehen, wenn Kurven und Abzweigungen locken und dadurch Unbekanntes entdeckt werden kann? Weshalb Bewährtes lernen, wenn viel Bewährtes in Frage gestellt werden muss anhand der sich ständig verändernden Technologien und Gesellschaften? Antworten geben wir keine, aber wir konfrontieren unsere Studierenden gerne mit noch mehr Fragen.

Leitungsteam Christoph Nebel, Carlos Katastrofsky

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Seit 2012 betreibt die Wiener Kunstschule in ihren Räumlichkeiten die Galerie freiflaeche. Die Galerie versteht sich als Ort der Auseinandersetzung mit zeit-genössischer bildender und angewandter Kunst von Studierenden der Wiener Kunstschule. Ziel und Aufgabe der Galerie ist es, den Studierenden erste Erfahrungen im Ausstellungbereich zu ermöglichen, sowie einen Einblick in das künstlerische Schaffen an der Institution zu gewähren.Der letzte Programmzyklus wurde von Apollonia Bitzan eröffnet, gefolgt von der Gruppenausstellung „unkonkret“ (Clemens Offenberger, Alena Ertl, Julia Hellerschmid, David Kurz, Patrick Detz, Simone Kicker, Jasmine Schuster, Niklas Nemetz, Florian Steiner, LAUSER, Thomas Strutz, Benedikt Scheitnagl, Maria Kourakhtanova, Michael Salde, Apollonia Bitzan, Sebastian Supanz und Brigitta Kirchhofer), der Ausstellung „life is a pageturner-be ready for the next chapter” (Bettina Zurowetz und Patricia Schwarz) sowie einer experimentellen Installation der TeilnehmerInnen der Lehrveranstaltung „display” (Christine Julius, Martina Montecuccoli, Johanna Moyses, Elaine Schrittwieser, Patrizia Schwarz, Bettina Zurowetz).

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Eine Frage der Gestaltung …Die Bezirksfestwochen 15 bringen seit vielen Jahren Kultur direkt vor die Haus-türe der Rudolfsheim-FünfhauserInnen. Um die zahlreichen Veranstaltungen unseres Kulturspektakels besser bekannt zu machen, versenden wir alljährlich ein umfangreiches Festwochen-Programmheft an über 40.000 Haushalte im 15. Bezirk. Bis 2011 gestalteten wir das Cover dieses Programmhefts in Eigenregie. Im Jahr 2013 fassten wir den Beschluss diesbezüglich neue Wege zu beschrei-ten. Es wurde die Idee geboren, die kreativen Potenziale im Bezirk zu nutzen. Daher war es für uns naheliegend, bei der im Bezirk angesiedelten Kunstschule anzufragen, ob Interesse an der Cover-Gestaltung bestünde. Der Rest ist Erfolgs-Geschichte und wurde 2013 erstmals in über 40.000 facher Auflage an die Haushalte verteilt...An dieser Stelle möchten wir uns sehr herzlich für alle Entwürfe der Kunstschule-StudentInnen bedanken! Es war für uns die Qual der Auswahl unter den vielen hochqualitativen Entwürfen. Wir denken, dass wir durch diese Aktion eine Win-Win-Situation geschaffen haben – der Bezirk hat ein professionell gestal-tetes Festwochen-Cover – zu dem wir im übrigen sehr positive Rückmeldungen bekamen – und die Kunstschule mehr Publizität! Und 2014? Gerne wieder!

BezirksvorsteherGerhard Zatlokal

SiegerprojektPatrick Detz

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TeilnehmerInnenMarcus Balogh, Nella Bobo, Patrick Detz, Rudolf Fitz, Christine Julius, Johanna Moyses, Patricia Schwarz, Bettina Zurowetz

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Animation zwischen „Art & Industy“, und wo positionieren wir uns ?Maureen Furniss hat in ihrem Buch „Art in Motion – Animation Aesthetics“ ein sehr brauchbares Denkmodell zur Analyse der Produktion im an Vielfalt überbordenden Bereich der „Anima-tion“ geliefert. In einer Tabelle beschreibt sie „Tendenzen industrieller und unab-hängiger Formen“ und formuliert zwei Extrempole: „traditionell/industriell/hegemonial“ versus „experimentell/unabhängig/subversiv“. Gleichzeitig unterstreicht sie die Offenheit des Modells und spricht von einem „Kon-tinuum“ zwischen den Polen. Die Bereiche sind heute nicht mehr streng zu trennen, Kunst und Kommerz können hinsichtlich verschiedener Kriterien überlappen, sich gegenseitig beein-flussen, oder klassische Zuordnungs-muster sogar austauschen. Dennoch: Natürlich macht es einen großen Unterschied, ob Studierende davon träumen, in einem großen japanischen/amerikanischen Trickfilm-studio einen Job als AnimatorIn/3-D-ComputergrafikerIn zu bekommen,

oder ob ihre Wünsche eher in die Richtung gehen, als eigenständige KünstlerInnen Anerkennung zu finden. Die historische Realität in Österreich ist jedenfalls, dass es im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der Welt hier Animationsausbildung (im Sinne eines vollwertigen Studiums) und in der Folge industrielle Animationsfilmpro-duktion ohnehin nie gegeben hat.Das Angebot der Werkstätte für „Ani-mation und Experimentalfilm“ an der Wiener Kunstschule nimmt jedenfalls im Kontext der österreichischen Mög-lichkeiten insofern eine Sonderstellung ein, als die „Kunst der bewegten Bilder“ hier als einziges Unterrichtsfach im Mittelpunkt steht. Wir bemühen uns um eine profunde künstlerische Ausbildung unserer Studierenden und gleichzeitig darum, ihnen das Handwerkszeug zum ökonomischen Überleben im eher kargen Produktionsambiente Öster-reichs mitzugeben.

LeitungsteamPeter Musek, Thomas Renoldner,

Karoline Riha

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Die Werkstätte Malerei und prozesso-rientierte Kunstformen definiert sich weniger über Medium und Werktech-nik als über die Suche nach spezifischen künstlerischen Vorgehensweisen und Strategien, die sich unter Umständen sichtbaren Ergebnissen entziehen und kein Ende finden. Ausgehend vom Bild ergeben sich neue Perspektiven im Be-zug auf die vielfältigen Ausdrucksmög-lichkeiten und Formen der Kunst.

Die Werkstätte versteht sich als künst-lerische Forschungsstätte und lebendige Plattform aus Studierenden und Lehren-den. Innerhalb der Gruppe steht die eigenständige Arbeit sowie die Ent-wicklung von Persönlichkeit und Eigen-sinn im Vordergrund. Sie wird begleitet von Einzel- und Gruppengesprächen, der Reflexion und dem Besuch von Veranstaltungen zu aktuellen Positionen der zeitgenössischen Kunst.

Benötigt es einen Pinsel um zu malen? Muss Farbe flüssig sein? Kann ein Stein mein Malgrund sein? Kann ich ein Bild auch aussprechen? Der Erwerb der Grundlagen von Komposition, Morpho-logie, Maltechniken und Werkstoffen bildet die Basis, um diese Fragen aufzuwerfen – Experimente, Versuche und Neudefinitionen traditioneller Begriffe begleiten den Wissenserwerb.Welchen Einfluss hat die Digitalisierung der materiellen Welt auf die Malerei? Genügt das Display eines Mobilepho-

nes als Zeichenvorlage? Was hat die Fotografie mit Malerei zu tun? Was habe ich mit Malerei zu tun? Die Wahrnehmung innerer und äußerer Zustände ist immer Ausgangspunkt für den Transfer in individuelle künstlerische Äußerungen.

Mein Arm will zittern und nicht malen. Das Bild des Körpers ändert sich stetig. Sind Prozesse der Übersetzung oder des Widerstandes mit dem menschli-chen Körper vermittelbar? Die Mög-lichkeiten von performativen Auffüh-rungen und die damit verbundenen Dokumentationsstrategien werden mit-tels Aktion und Reflexion erkundet.

Die Zielsetzung ist es, diese Prozesse dahingehend zu erfahren, dass die Motivation zu eigenständiger Formu-lierung selbstbestimmter Inhalte und ihrer entsprechenden Umsetzung zu einer künstlerischen Basis führt, die für die Anforderungen der freien Kulturar-beit nach Abschluss dieser Ausbildung ein sicheres Fundament darstellt. Die Kooperation unter den Studierenden und Lehrenden soll über die Zeit an der Wiener Kunstschule hinaus als wertvolle Vernetzung für Austausch und Diskurs relevant sein.

LeitungsteamBarbara Höller, Gerlinde Thuma

UND PROZESSORIENTIERTE KUNSTFORMEN

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Ein Projekt der Werkstätte Malerei und prozessorientierte KunstformenJuni – September 2013 In den Sommermonaten zwischen den Studienjahren gibt es Zeit, um on the road zu sein – analog – auf Wegen, die mitunter in keinen künstlerischen Kontext eingebunden sind. Hier heißt es, die Sensibilität zu wahren und mit eigensinnigem Blick Stoff und Inhalte für die nachfolgende Zeit in der Werkstätte und im Atelier zu generieren. Vielleicht freier, vielleicht fragender. Die Vernetzung über die Distanz wird gestützt durch das Versenden von Rand-notizen, die am Wegrand geklebt, gekritzelt, gekratzt und verfasst wurden.

TeilnehmerInnenStudierende und Lehrende

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Ein Leporello ist ein Papierobjekt, das wie eine Ziehharmonika gefaltet wird, und so seinen Inhalt wie ein Buch verbergen, oder aber in seiner ganzen Größe sichtbar machen kann. Es bietet (einseitig oder zweiseitig bearbeitet) Platz für eine systematische Abfolge zu einem individuellen Thema. Erarbeitet wurden die Leporellos im Rahmen des Jahresthemas „Chaos Ordnung und System“. Gegen Ende des Sommersemesters wurden die Ergebnisse in einer kleinen improvisierten Abschlussausstellung präsentiert.

Ein Projekt des Orientierungsjahres in der Werkstätte Malerei und prozessori-entierte Kunstformen

Arbeiten vonCornelia Buchleitner, Edwin Yousefi, Anna Regner, Simone Ginther

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anderen künstlerischen Bereichen. Auf dem Gebiet der Keramik wird Geistlo-sigkeit unbarmherziger bestraft als in künstlerischen Disziplinen, die mehr im Trend der Zeit stehen.

Die Werkstätte Keramik und Produktge-staltung betreut etwa 30 Studierende in der vierjährigen Ausbildung bis zum Diplom. Sie ist ein Experimentierfeld für die Formgebung von Gedanken und Gefühlen. Die Ausgangsmaterialien sind Ton, Porzellan und Gips. Ergän-zend wird mit verschiedenen Kunsthar-zen und Silikon gearbeitet, sowie mit jedem anderen Material, das für die jeweiligen Vorhaben geeignet erscheint.

Als Ausbildungsziel definiert Helene Avramidis den künstlerischen Selbstfin-dungsprozess: Die einzelne Studieren-den sollen ihre individuellen, künstleri-schen Wege finden und sich in jener Kunst, mit der sie sich identifizieren, ausdrücken können. Dies geschieht auf einem Weg von Versuch und Irrtum. Avramidis kümmert sich im künstlerischen Einzelunterricht um Formgebung, künst-lerische Entwicklungsprozesse und Projektbetreuung.

Stefanie Wimmer (bis Mai 2013) und Clemens Kristen sind für Glasurtechniken und Glasurentwicklung, Materialkunde und Silikatchemie verantwortlich. Das Fachgebiet von Hermann Seiser ist Formenbau sowie Gips- und Kunst-

In den letzten Jahren war in Österreich und auch international eine stärkere Gewichtung des konzeptuellen Zugangs in der Gegenwartskunst zu beobachten. Künstlerische Auseinandersetzungen, die auf handwerklichen Traditionen fußen, gerieten an die Peripherie des akademischen Diskurses und Ausbil-dungsstätten mit kunsthandwerklich ausgerichteten Studienrichtungen sind geschlossen worden. In Wien bietet mittlerweile nur noch die Kunstschule ein Studium der Keramik an, das durch einen Schwerpunkt auf Produktgestal-tung und Design, im industriellen und individuellen Sinn, ausgestattet ist. Interessant ist jedoch das ungebro-chene, seit fünf, sechs Jahren wach-sende Interesse der jungen Leute an einer Ausbildungsmöglichkeit im Fach Keramik. Sie wenden sich dem Prakti-schen und Handwerklichen wieder in unverkrampfter Weise zu. Aus dem Machen mit den Händen entwickeln sie ihre Ideen und künstlerischen Kon-zepte. Der traditionelle Konflikt zwischen Geist und Materie scheint an Brisanz verloren zu haben.

In der Keramik führen Produktgestaltung und Design über das Handwerkliche hinaus, denn Keramik kann heutzutage nur noch als künstlerisches Konzept existieren. Unausgereifte keramische Projekte sind selbst für oberflächliche BetrachterInnen schneller als unbefrie-digend zu erkennen als Produkte aus

UND PRODUKTGESTALTUNG

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stofftechniken. Neben der Betreuung der Studierenden im Orientierungsjahr widmet er sich vor allem der technischen Umsetzung von Projekten von der Ent-wicklung der Entwürfe bis zu den Prototypen. Als eine der wenigen Institutionen bietet die Wiener Kunst-schule Formenbau als eigene Lehrver-anstaltung an, die auch von anderen Werkstätten genutzt wird, wie z. B. der Werkstätte Graphik, der Werkstätte DesignUndRaum oder der Werkstätte

Bildhauerei. Das ist ein praxisorientier-tes Beispiel für die Bedeutung des interdisziplinären Ansatzes der Wiener Kunstschule.Formenbau ist Modellbau und Nega-tivbau und kommt bei der Herstellung von Modellen als Grundlage für Kera-mik zum Einsatz, die sich zum Design hin entwickelt. Manufakturen arbeiten für serielle Prozesse mit Formenbau und dieser ist in der Umsetzung serieller Prozesse und beim Bau von Prototyten

Benedikt Scheitnagl

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Gebrauchsgegenstände, freie Objekt-kunst, skulpturales Arbeiten, Installation und Gestaltungen im architektonischen Bereich. Einige der erfolgreichen Diplo-mandinnen und Diplomanden arbeiten nach ihrem Studienabschluss in eigenen Keramikwerkstätten oder als Designe-rinnen und Designer keramischer Pro-dukte oder wählen den Weg der Weiterbildung in anderen Fachrichtun-gen an einer Kunstuniversität. Jedes Studienjahr wird ein Jahresthema vorgegeben, Studienjahr 2012/2013 befassten sich die Studierenden mit einem Projekt der Wiener Firma Lob-meyr. Im Zentrum stand die Herausfor-derung einer Neugestaltung von klas-sischen Kristalllustern und deren Lichtträgerelementen, den Kerzenhülsen.

Dieser Artikel erschien in einer längeren Version in: „Neue Keramik“ (Heft 6, Nov./Dez. 2013)

LeitungsteamHelene Avramidis, Clemens Kristen,

Herman Seiser

nicht mehr wegzudenken. Formenbau kommt bei der Herstellung von Gieß-formen als Grundlage für die Keramik und Porzellanherstellung bis zum Pro-totypenbau im Design zum Einsatz. In der Werkstätte wird Produktentwicklung bis hin zur Serienreife in Kleinserien betrieben. Es werden die Aufbautechniken mit verschiedenen Tonmassen, Drehen auf der Töpferscheibe, Gießen mit Porzel-lan oder anderen Gießmassen, die Herstellung von Modellen und Gieß-formen für serielle Produktionen, Ober-flächengestaltung mit Glasurtechniken und Engoben, sowie die Aufglasur im Sieb- oder Digitaldruck unterrichtet.

Nicht alle Projekte werden in kerami-schen Materialien umgesetzt, obwohl der Ausbildungsschwerpunkt auf den keramischen Disziplinen liegt. Für jede Idee müssen die passenden Materialien gesucht werden. Das sprengt oft die traditionellen keramischen Disziplinen, wie die Arbeit mit verschiedenen Tonen und Porzellan. Zusätzlich zum regulä-ren Lehrangebot finden deshalb bau-keramische Kurse, Seminare über Raku-Technik, Salzbrand, Rauchbrand, Siebdruck, Betonguss und Steinguss statt. Neue Techniken und der Einsatz unterschiedlichster Materialien werden laufend projektorientiert vermittelt.

Die technischen und ästhetischen Qua-litäten verschiedener keramischer Werk-stoffe eröffnen ein breites Arbeitsfeld: Industrielles Produktdesign, individuelle

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Simone Kicker

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Apollonia Bitzan

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Clemens Offenberger

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Aus der Projektwoche und der intensiven Arbeit am Projekt Form ging die Künstlerinnengruppe U.G.I. hervor. Der Name U.G.I. ist eine Behauptung im NeoDada-UnSinn. Die Künstlerinnengruppe hat den Prozess umgangsformen entwickelt und stellt Fragen formaler wie auch inhaltlicher Natur in verschiedenen performativen Einheiten. Wo beginnt Form? Was umschreibt Form? Form und Interaktion. Welche Information sickert durch? Was macht Sinn? Was macht Unsinn?Über den Arbeitsprozess verwickelt die Gruppe sich und den Betrachter in Gedanken zu Abgrenzung und Bloßstellung (umgangsformen_01), zu Identität (umgangsformen_02) und zu Nachhaltigkeit (umgangsformen_03) im Speziel-len und im Allgemeinen zu Zivilisation, Konsumgesellschaft und ihren Zwängen.

Antrieb der Erkenntnis ist ein tastender und visueller Vorgang, unbestimmt, direkt im Bewusstsein ohne Gehirnfilter. Die Arbeit passiert langsam, rhythmisch, einfach, umkreisend, still.

Künstlerinnengruppe U.G.I.Claudia Demelius und Isabel Schleining

umgangsformen_01 Performance, 2 x 6 Min, Papier, Ton: MP3 Player , Galerie Freifläche 2013 umgangsformen_02 Performance (im Zuge des enter.public des free space festivals 2013), 8 x 7 Min,

Papier, Öffentlicher Raum in Wien1und 10, 2013umgangsformen_03 Performance, 40:40 Minuten, Papier, Baum, Wienerwald 2013, Film 5:03 Min,

Papier, Baum, Wienerwald 2013

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Manga, Ligne claire oder experimenteller Comic – zur Zeit arbeiten an der Wiener Kunstschule 24 StudentInnen in der Werkstätte Comic an unterschied-lichsten Projekten. Zahlreiche Publikationen, comic-affine Objektkunst und Ausstellungen werden von den StudentInnen regelmäßig auf Festivals und Messen u. a. in Wien, München und im Comic Salon Erlangen erfolgreich präsentiert. Das redaktionell unabhängige, von den StudentInnen eigenfinan-zierte und -organisierte, periodisch erscheinende Comic-Magazin „C4“ nimmt mittlerweile einen Schwerpunkt im Werkstättenalltag ein. Anhand dieses Pro- jekts wird Comic vom Drehbuch bis zur Druckvorlagenherstellung praktiziert. Aber auch abseits des Printmedienbereiches erzielen wir Erfolge. So konnten Victoria Braith und Albert Mitringer mit ihren PickEm’s zuletzt am Indy Comic Day und auf der Vienna Comix die BesucherInnen und VeranstalterInnen be-geistern.Seit der Gründung der Werkstätte Comic und Animation durch Gabriele Sze-katsch und Thomas Renoldner hat sich das Erscheinungsbild der Klasse stark verändert. 2013 wurden Comic und Animation in eigenständige Werkstätten aufgeteilt und die Anzahl der Vortragenden wurde aufgestockt.Nach wie vor steht nicht das Zeichnen, sondern das Visual Storytelling im Mittelpunkt der Ausbildung von Walter Fröhlich und Roland Zimmermann. Neu hinzugekommen sind experimentelle Drucktechniken (Thomas Fatzinek), klassi-sche Malerei und digital drawing (Leo Koller), sowie eine umfangreiche Vor-trags- und Workshopreihe zur Drehbuch- und Textgestaltung (Harald Havas). Die Möglichkeit des transversalen Studiums fördert die Ausweitung des Schaf-fensgebietes der Student_innen über das Medium Comic hinaus, hin zum Objekt Comic bzw. zur Performance Comic.

LeitungsteamThomas Fatzinek, Walter Fröhlich, Harald Havas, Leo Koller, Roland Zimmermann

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FORMDie Kunstschule wandte sich im Jahr 2012/13 dem abstrakten Thema „Form“ zu. Form kann mit Materie gepaart und sichtbar sein. Sie kann aber auch unsichtbar sein und als Wesen der Musik, einer Geisteshaltung, einer Sprache erscheinen. Form führt mitunter zu Formationen, wird manchmal mit Laufen oder Rudern erarbeitet, kann die Einheit einer Differenz oder die zwei Seiten einer Unterscheidung sein. Form kann eine Anforderung sein, ein Aufbau, eine Struktur oder eine Gattung. Form gibt’s förmlich, als Uniform und als Unform. Die Vortragenden näherten sich dem Thema aus völlig verschiedenen Richtungen:

•RaumalsForm,dieunsumgibt,dasVerhaltenbeeinflusst,gestaltetwird,uns sichtbaren und unsichtbaren Regeln unterwirft

•FormalsMöglichkeit,InhaltzufassenundihmdamitgleichzeitigUnfass-bares hinzuzufügen

•FormalsUmgangsform•FormendesZusammenlebens

In einem weiten Bogen kamen wir über Stadtplanung, Karriereplanung, Philo-sophie, Bewegungsformen und Lebensformen zur letzten Veranstaltung, in der neue Formen von Teamwork, Austausch, Gruppendynamik vorgestellt werden, die wir gleich vor Ort ausprobierten und die idealerweise in Gruppenarbeiten der Projektwoche überleiten konnten.

Claudia Demelius, Studierende

Zum Themenseminar am 21./22. Jänner 2013 gab es zahlreiche Gäste: biber – Amar Rajkovi, Form und Konkretion – Stefan Nowotny, „Freiräumen“ – Theresa Schütz, Comot – Verein für Bewegungskulturen und Soziale Arbeit, Schnittpunkt – Luisa Ziaja, GehirnMUSKEL, eine neue Form des Arbeitens – Jakov Jakisic

LehrbeauftragteAgnes Peschta, Martin Nimmervoll

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FORMDie Projektwoche der Wiener Kunstschule findet im Sommersemester als Pendant zum Themenseminar im Wintersemester statt. Während es sich beim Themen-seminar um eine gemeinsam mit den Studierenden erarbeitete Vortragsreihe handelt, zu der externe ExpertInnen und TheoretikerInnen eingeladen werden, löst die Wiener Kunstschule während der Projektwoche ihre gewohnte Werk-stätten- und Unterrichtsstruktur auf, und bietet Studierenden wie Lehrenden die Möglichkeit, disziplinenübergreifend, gemeinsam oder alleine, eigene Projekte zum jeweiligen programmatischen Thema zu erarbeiten. Soweit die Theorie.

In der Praxis bedeutet die Projektwoche für die Studierenden jedes Jahr die Möglichkeit, eigene Projekte einzureichen und über die Werkstätten hinaus mit anderen Mitstudierenden zusammen zu arbeiten und in Dialog zu treten. Es bedeutet durchaus aber auch, neue Arbeitsweisen zu testen, sich mit eigenen Arbeiten an den Arbeiten anderer zu messen, sich einer Kritik zu unterziehen und/oder sich einfach in einem größeren Rahmen zu präsentieren. Am Ende der Projektwoche steht eine öffentliche Veranstaltung, bei der alle Projekte zu sehen sind und tatsächlich ist es so, dass diese Veranstaltung zu den Höhe-punkten des Sommersemesters zu zählen ist.Nachdem die Themen der letzten Jahre zumeist hoch interessant und vor allem gesellschaftspolitisch relevant waren, wollten wir uns dieses Jahr mit einem nicht weniger interessanten und komplexen, jedoch auf einer gänzlich anderen, eher abstrakteren Ebene gelegenen Thema auseinander setzen: der Form.Die Form als eine der Grundlagen von künstlerischer Praxis, ob materiell im Bild oder Raum oder körperlos in Musik, Geisteshaltung, Sprache etc., bietet ein enormes Spektrum der Herangehensweisen. Da verwundert es nicht, dass die eingereichten Projekte der Studierenden die Form der Vorgaben so weit wie möglich erweiterten. Zwischen Formen des Protests als künstlerischem Ausdruck, wie ihn die verschiedenen Formen der Institutionskritik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hervorgebracht hatten, bis hin zur ästhetischen Fetischisierung der Form durch ihre Auflösung in Farbe (Pigment) im Projektvideo „Form riecht komisch“, liegt ein offener Raum, der unterschiedliche Auseinan-dersetzung ermöglicht. Hier findet sich ausreichend Platz, um die Möglichkei-ten der Sprache in Bezug auf Form auszuloten. Sei es, wenn wir ihre spezifische Morphologie untersuchen (Projekt: form-los), oder wenn wir versuchen, die Räume zu ergründen, die in den Assoziationen zu dieser Morphologie liegen (Projekt: F/NORM).

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Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, was Form neben diesen theoretischen Ansätzen noch zu bieten hat bzw. sein kann – nämlich etwas sehr Handfestes. Etwas, dem wir nach unserem Willen eine Form geben, und sei es etwas so Verrücktes wie ein rosarotes Einhorn, dem Regenbögen entfahren (Projekt: Rainbowpuke). Auch das kann Form sein.

LehrveranstaltungsleiterMartin Nimmervoll

Projektwochendokumentation publiziert auf www. issuu.com/kunstschule.at

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ALTE FORM – NEUE FARBE// Bei der Reflexion über das Thema FORM fiel unser Blick auf Einrichtungsgegenstände, alte Objekte, die farblos wenig zur Raumatmosphäre beitragen. Unser Ziel war es, den alten Formen neues Leben einzuhauchen, allein durch Neugestaltung der Oberfläche. Als Objekte nahmen wir einen Lampenschirm, zwei Kommoden und ein Bett. Der Lampenschirm bekam bunte Streifen aus Wasserfarbe. Einer Kommode verschafften wir durch Spraydosen ein knallbuntes Äußeres, während die Andere im schwarz-weißen Tarnlook blieb. Das Bett wurde mit von Modestoffen überzogenen Holzpanelen beklebt.

TeilnehmerInnenMichael Car, Brigitta Kirchhofer, Bianca Ünsal

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FOTOGRAFIE UND ABSTRAKTION// Die Form dieses Gegenstandes ist uns bekannt. Wir haben sie viele Male gesehen, betastet und berochen und kön-nen sie mit einem Blick benennen. Gibt es solche, uns ganz und gar vertraute Formen, Dinge und Gegenstände wirklich? Ist da nicht immer noch eine Lücke, die uns diese Bestimmtheit nehmen kann? Eine Annäherung an uns eigentlich bekannte Formen beginnt. Wir sind ganz nah dran und doch entstehen Verfor-mungen der uns bekannten Formen in neue, unbekannte Orte. Was ist das? Gerade waren wir und noch sicher, diese Formen durch und durch zu kennen. Oft spielt ein Blickwinkel die bedeutende Rolle, sich Formen neu bewusst zu werden und diese neu zu sehen und anzueignen. Auch wenn man nie mit Sicherheit behaupten kann, die Form von Gegenständen immer zu kennen und zu erkennen, sie haben immer viele Formen, viele Möglichkeiten betrachtet zu werden.

TeilnehmerInnenChristine Julius, Othmar Kraft, Bettina Löb, Johanna Moyses,

Patricia Schwarz, Bettina Zurowetz

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BLICKWINKEL// Mit einem einfachen Projektor und einer Idee begann unsere Projektwoche. Ein typografisches Experiment sollte ein Wort und dessen einzelne Buchstaben zerlegen und in abstrakten Formen wiedergeben. So arbeiteten wir mit einer perspektivischem Hilfestellung, acht Wandflächen und einem Projektor, um die abstrakten Formen im richtigen Verhältnis an die Wände zu projezieren. Die Perspektive lässt leicht eine optische Täuschung entstehen, die unsere Augen „falsch“ wahrnehmen. So mussten die hinteren Buchstaben bzw. zerlegten Formen deutlich größer werden als jene, die im Vordergrund zu sehen sind. Aus dem richtigen Blickwinkel sind dennoch alle Buchstaben gleich groß.

TeilnehmerMarcus Balogh, Patrick Detz, Rudolf Fitz, Sebastian Girsch,

David Kurz, Florian Steiner

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KONGLOMERAT // Der Versuch, die Form neu zu definieren und sich dem Ideal – einer Kugel – zu nähern. Diese „Kugeln“ sind ungefähr 20 x 20 x 15 cm groß und werden zu Bausteinen eines anderen Gebildes. Die Form wächst.

TeilnehmerinTheresia Krivohlavy

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F/NORM // Den Ausgangspunkt dieses Projektes lieferte die Sprachtheorie des Inferenzialismus des Philosophen und Logikers Robert Brandom, die sich vorwiegend mit der Normativät von Sprache auseinandersetzt. Leute aus dem unmittelbaren Umfeld wurden gefragt, welche zehn Wörter sie spontan mit dem Wort „Haus“ verbinden. Der inferenzialistische Standpunkt ist der, dass das Verständnis eines Wortes sich über zahlreiche diesem Wort verwandte Begriffe ergibt und nur ergeben kann. Die gefundenen Begriffe wurden händisch so auf ein altes Leintuch übertragen, dass sich aus dem leer gebliebenen Innenraum eine normative, reduzierte Haus-Form ergibt. Eine veranschaulichende Animation, die die Dynamik des Begriffes „Haus“ einzufangen versucht, wird in Endlosschleife auf diesen Leerraum projiziert.Installation: Typographisches Bild auf Stoff, darauf projizierte Animation.

TeilnehmerJakob Dibold

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In der Kunst ist Form das Arbeits- und Ausgangsmaterial aller weiteren Prozesse. Einerseits haben wir also eine Art Grundlagenforschung betrieben: wo finden sich in der Erscheinungsvielfalt der optischen Umgebung die geometrischen Grundformen Kreis, Dreieck und Rechteck (Sebastian Girsch, Rudolf Fitz) oder haben versucht, auf diese zu abstrahieren (Marcus Balogh). Eine weitere Fra-gestellung war das Verhältnis von Form und Inhalt: Was passiert mit dem Inhalt, wenn man Formen stark reduziert (Gertrude Frcka) oder die Form gänzlich verhüllt (Valentina Hunsänger).

LehrveranstaltungsleiterNikolaus Korab

Gertrude Frcka

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Marcus Balogh

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Rudolf Fitz

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Von der ältesten Drucktechnik, dem Holzschnitt bis zum Offset- und Sieb-druck, dessen praktische Bedeutung bis in die Gegenwart hineinreicht, erarbeiten Studierende und Lehrende in der Druckgrafik-Werkstätte der Wie-ner Kunstschule künstlerische Positionen, die den Weg vom Druckstock zum Abdruck zu einem Abenteuer machen.Druckgrafik gewinnt in der digitalen Kultur neue Aufmerksamkeit. Jenseits von fachhistorischen Interessen ist sie im Theoretischen wie im Praktischen zu einem Erkundungsfeld für Fragen nach der technischen und ästhetischen Repro-duzierbarkeit des Bildes geworden. Denn seit die rasante Entwicklung der digitalen Medien heute immer mehr Rückfragen nach ihrem historischen Werdegang aufwirft, tritt auch die alte druckgrafische Welt des technischen Bildes in ein neues Licht. Diese gibt sich immer mehr in ihren apparativen und künstlerischen Zusammenhängen als jene Vorgeschichte zu erkennen, in der Koordinaten und Bausätze der modernen Sehkultur angelegt sind.

Die sinnliche Qualität druckgrafischer Erzeugnisse ist Ausdruck eines mensch-lichen Maßes, das sich durch Experi-ment und künstlerische Reflexion zu immer neuen Ausprägungen einer zeitgemäßen Kunstform herausbildet. Im Rahmen der Wiener Kunstschule werden diese Techniken in einem explizit interdisziplinären Umfeld

gepflegt, das die Gattung Druckgrafik davor bewahrt, in den Tiefen und Höhen einer klassischen Reproduktionstechnik zu erstarren. Malerei, Comic, interdis-ziplinäre Ansätze, Keramik, Buchkunst und Streetart stehen in einem ständigen Dialog mit der Druckgrafik. Die offene Unterrichtsatmosphäre in den Werkstät-ten fördert dieses Klima. Studierende können in einem sehr persönlichen Umfeld mit engagierter und individuel-ler Betreuung rechnen und sich ohne ideologische Scheuklappen auf eine Entdeckungsreise durch die Welt der Grafik begeben und zu ihrem eigenen künstlerischen Ausdruck finden. Die Werkstätte initiiert und ermutigt Projekte, die sich im grafischen Medium engagiert mit gesellschaftlichen und kulturellen Problemen auseinanderset-zen und Studierenden Wege aufzeigen, sich mit ihrer künstlerischen Produktion sinnvoll im Umfeld zeitgenössischer Kunst zu positionieren. Kooperationen und Ausstellungen mit Partnern wie der Hauptbücherei am Gürtel, der Musik-universität, Soho in Ottakring und dem Korea-Kulturhaus im Donaupark eröffnen Horizonte, die den Weg in die künst-lerische Selbständigkeit ebnen.

LeitungsteamEliane Huber-Irikawa, Eric Neunteufel

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Zeitgenössisches bildhauerisches Arbeiten setzt Positionen weit über das klas-sische Verständnis der Bildhauerei hinaus. Dieser Erweiterung tragen wir Rechnung und versuchen immer wieder neu, Grenzen auszuloten und gegebe-nenfalls zu überschreiten. Ziel der Ausbildung ist, über die Vermittlung bildhau-erischer Erfahrungen und Vorgehensweisen in der Beschäftigung mit Raum und Form eine eigene künstlerische Aussagekraft in selbst gewählten Materialien und Techniken zu entwickeln. Die Art der Vermittlung wird persönlich und in der Gemeinschaft der gesamten Werkstätte zwischen Studierenden und Leh-renden beschlossen. Allgemein ist das Arbeiten in der Werkstätte Bildhauerei im Spannungsbogen von Modellieren über Performance bis hin zur Animation angesiedelt. Die Entscheidung für eine Technik oder ein Material trifft der/die Studierende selbst. Konkret bieten wir im Hauptstudium u. a. das Erlernen klassischer bildhauerischer Techniken, Modellieren, Akt, Kurse mit hohem tech-nischen Aufwand wie Schmieden und Bronzeguss, Unterstützung bei der Durchführung einer Ausstellung, Ausstellungsbesuche und Studienreisen.

Leitungsteam Alfons Nebmaier, William Potter

Esther Knapp – Harte Schale weicher Kern. Eine Schale, ein Gefäß, das die Natur in sich trägt, gefüllt ist mit Schönheit, umgeben ist von Härte und einem schwarzen Loch, das wir nicht deuten, nicht hinein blicken und nicht enträtseln wollen.

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Natascha Peller – Das ist Kunst?Des InhaltsundDes MaterialsDurch VerbindungDer SkulpturDie Unterstützung

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KOOP Interdisziplinär ist eine Lehrveranstaltung, die in vielerlei Hinsicht die Schule verlässt, denn Kunst entsteht an vielen Orten. Dem der Kunstschule eigenen Verständnis über Kunst entspricht es, den vielfachen Quellen, derer sich Kunst und KünstlerInnen zur Inspiration bedienen, soweit es unseren Mög-lichkeiten entspricht Rechnung zu tragen und dem Umstand, dass Kunst nicht alleine im Atelier geschieht, sondern vielmehr das Atelier nur einer von vielen Orten ist, die Kunst entstehen lassen. Dem widmet die Wiener Kunstschule seit Jahren eine eigene Lehrveranstaltung.

Tatsächlich werden KünstlerInnen in ihrer Arbeit vielseitig inspiriert und motiviert sich künstlerisch auszudrücken. Ein Teil dieser Inspiration kann der Auseinan-dersetzung mit aktuellen Diskursen folgen, ein anderer kann praktischen, all-täglichen Erfahrungen entspringen, wieder ein anderer Techniken, die mit Kunst wenig bis gar nichts zu tun haben. Kunst und KünstlerIn kann sich an den schier unendlichen Themenfeldern der Kunstkohorte abarbeiten oder sich mit Leib und Seele der politischen und gesellschaftlichen Intervention verschreiben. Glasklar, dass dieses Feld, in dem KünstlerInnen schöpfen und arbeiten unermesslich groß ist.

Ein Schritt, all dem zu entsprechen, war es bei der Lehrplan-Reform 2001 die Lehrveranstaltung KOOP Interdiziplinär zu installieren. Der ursprüngliche und erste Gedanke von KOOP Interdisziplinär war es, die Wiener Kunstschule mit ausgewählten Institutionen zu assoziieren und im Gegenzug diesen verschie-dentlich im Kunstfeld tätigen Institutionen, Feedback durch die die Veranstaltun-gen besuchenden Studierenden der Wiener Kunstschule zur Verfügung zu stellen. Zum anderen sollte eben für die Studierenden die aktive Teilnahme und Einbeziehung am aktuellen Kunstdiskurs gewährleistet werden, die sonst für eine so kleine Institution wie die Wiener Kunstschule ein Problem darstellen kann. Der Definitionsmacht der Hegemonien kann sich auch die Kunstschule nicht entziehen.

Über die Jahre hat sich KOOP Interdisziplinär entwickelt. Selbstverständlich. KOOP ist heute mindestens so vielfältig wie das Feld künstlerischer Inspirations-quellen. Für die Studierenden im Orientierungsjahr ist diese Lehrverabstaltung Pflicht. Um die Lehrveranstaltung erfolgreich abzuschließen, sind sie aufgefordert, sich am kulturellen Diskurs außerhalb der Wiener Kunstschule zu beteiligen. Sie sollen Veranstaltungen, Workshops und Seminare, bei denen aktuelle

INTERDISZIPLINÄR – In einer Schule lässt sich nicht alles lernen.

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Diskurse verhandelt werden, besuchen und darüber schriftlich, in Form kurzer Rezensionen, berichten. Begleitet werden die Studierenden in einem monatlich stattfindenden Seminar, das Raum für Feedback und Austausch bietet. KOOP stellt so im ersten Studienabschnitt ein erstes Kennenlernen einer lebhaften Szene in Wien dar. Ab dem 2. Studienabschnitt ist KOOP ein reines Wahlfach und somit freiwillig. Abseits des weiteren Erkunden von Diskursen und den Orten, an denen diese besprochen werden, wird eine erste gemeinsame Veranstaltung geplant und realisiert: das Themenseminar, das die theoretische Vertiefung des Jahresthemas und die Vorbereitung für die Projektwoche darstellt. Ziel ist es, den Studierenden die Möglichkeit zu bieten, von der konsumierenden in die aktiv gestaltende Rolle von VeranstaltungsorganisatorInnen zu schlüpfen. Diese Organisation stellt die Studierenden oft vor neue Aufgaben und fordert einiges an Kommunikations-, Organisations- und Recherchearbeit.

KOOP ist aber auch eine Möglichkeit, besagte Inspirationsquellen in der Schule geltend zu machen. So können Praktika, Jobs, externe Kurse und vieles mehr angerechnet und so Teil eines individuellen Lehrplans werden. Diese Möglich-keit zeichnet die Wiener Kunstschule als eine selbstbestimmte und emanzipierte Ausbildungsstätte aus, beides Attribute, die die künstlerische Tätigkeit reizvoll und verführerisch machen.

Leitungsteam:Martin Nimmervoll, Agnes Peschta

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Herausgeberin: Wiener KunstschuleNobilegasse 23/2, 2. Stock, 1150 Wien, ÖsterreichLazarettgasse 27, 1090 Wien, Österreich+43 1 676 533 70 [email protected]

Redaktionsteam: Tom Waibel, Nicoletta Blacher

Für den Inhalt verantwortlich: Nicoletta Blacher, Leitung Wiener Kunstschule

Lektorat: Brigitte Ammer, Tom Waibel

Verlag: SONDERZAHL Verlagsgesellschaft m. b. H WienISBN 978 3 85449 421 8

Visuelles Konzept, Layout und technische Ausarbeitung: Rudolf Fitz und Bettina Zurowetz, Werkstätte Grafik Design

Werkstättenleitung Grafik Design: Brigitte Ammer, Birgit Kerber, Thomas Reinagl, Tom Thörmer

© Texte und Fotos bei den AutorInnen

Förderer: Magistratsabteilung 13 für Bildung und außerschulische Jugendbetreuung der Stadt Wien, Gedruckt mit Förderung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur in Wien.Besonderen Dank dem15. Bezirk!

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JAHRBUCH 365/13

Sieben Studierende der Werkstätte Grafik Design entwickelten ein Konzept für eine Publikation die fünf einzelnen Bücher mit eigenständiger Gestaltung zu einen Jahrbuch zusammenfasst. Verbindende Elemente sind der Titel, der schwarze Punkt (Logo der aus der Wiener Kunstschule gewachsenen school of subversion) und eine Banderole die aus Restbeständen einer Zeitungsbeilage produziert wurde.

VISUELLES KONZEPT, LAYOUT UND TECHNISCHE AUSARBEITUNG: Marcus Balogh, Nella Bobo, Rudolf Fitz, Christine Julius, Johanna Moyses, Patricia Schwarz und Bettina Zurowetz

© Foto Patricia Schwarz

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