371 Stadtmagazin Campus

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GrossstadtGeflüster Der StuRa präsentiert: 16. November // Atomino

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371 Stadtmagazin Campus November 2010

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GrossstadtGeflüsterDer StuRa präsentiert:

16. November // Atomino

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Bedenkliche ZusammensetZunG Neuer Hochschulrat der TU Chemnitz wirft Fragen auf

Die TU Chemnitz ist Schlusslicht in Sachsen: Als letzte Universität des Freistaates hat die TU einen Hochschul-rat gegründet. Das Gremium ist für viele studienrelevante und finanzielle Angelegenheiten zuständig, vor allem ist es aber ein entscheidendes Organ im Verfahren zur Wahl eines neuen Rektors.

Klaus-Jürgen Matthes ist seit dem 1. Oktober 2003 Rektor der Technischen Universität Chemnitz. Nach altem Hochschulgesetz dauert die Amtszeit eines Rektors drei Jahre. Matthes wurde 2006 wieder-gewählt, seine zweite Amtszeit endete eigentlich 2009. Eigentlich. Zum 1. Januar 2009 trat das Neue Sächsische Hochschulgesetz in Kraft. Paragraf 114 des Gesetzes befasst sich mit Übergangsbestimmungen, im Abschnitt 7 heißt es: „Für die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes im Amt befindlichen Rektoren, Prorektoren

und Kanzler gelten ihre bisherigen Amtszeiten. Endet diese für Rektoren und Prorektoren vor der Konstituierung des Hochschulrates nach Absatz 8, führen sie ihre Dienstgeschäfte bis zur Wahl ihrer Amtsnachfolger weiter.“ Im Klartext: Durch das Neue Hochschulgesetz wurde Matthes Amtszeit auf unbestimmte Zeit verlängert. Rein rechtlich ist dagegen wohl nichts einzuwenden. Ob diese Regelung jedoch ausgereizt werden muss, ist eine andere Frage.

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Mitglied Marco Unger „ist die Unabhängigkeit der meisten externen Mitglieder nicht gewahrt.“ In der Tat sind die Unternehmen Komsa, Niles-Simmons sowie Ex-Oberbürgermeister Peter Seifert Mitglied in der Gesellschaft der Freunde der TU Chemnitz. Hans J. Naumann und Gunnar Grosse haben zudem die Ehrendoktorwürde der TU Chemnitz erhalten. Darüber hinaus gehören vier von sieben Hochschulratsmitgliedern auch dem in Chemnitz ansässigen Industrieverein Sachsen 1828 an. Stura-Mitglied Anni Fischer bean-standet zudem die Geschlechterstruktur und vor allem das Alter der Mitglieder. Mit Ausnahme der beiden TU-Professoren sind alle Mitglieder über 60 Jahre, zwei sogar über 70 Jahre alt. „Da machen wir uns schon Gedanken bezüglich der Kontinuität dieses Gremiums.“, erklärt sie.

Zu viele alte Männer Die Vorschläge der Chemnitzer Studenten für die vom Ministerium zu berufenden Mitglieder wurden alle ignoriert – das sei allerdings auch an anderen sächsi-schen Hochschulen so gewesen, erklärt Marco Unger. Und doch: Die Hochschulräte an der TU Dresden und der Universität Leipzig wirken ausgewogener. In Dresden sind neben dem Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG Martin Winterkorn und dem Deutsche Bahn Aufsichtsratmitglied Knut Löschke auch zwei Professoren für Mittelalterliche Geschichte und Soziologie in dem Gremium vertreten. In Leipzig hat die Generalbundesanwältin Monika Harms den Vorsitz, dem Gremium gehört unter anderem auch ein Professor für romanische Literaturwissenschaft an.

Zwar lässt sich aus der Zusammensetzung allein noch nicht viel über die Arbeit des Rates sagen, nur soll-te er auch das Profil der Universität widerspiegeln. Dass an der TU Chemnitz, an der mehr als die Hälfte der Studenten an der Philosophischen und Human- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät studieren, kein Hochschulratsmitglied aus diesem Bereich stammt (die Präsidentin der Akademie der Wissenschaften und Literatur Elke Lütjen-Drecoll ist Anatomie-Professorin), verwundert da schon etwas. Wie schnell der Hochschulrat die Wahl eines neuen Rektors ein-leitet, bleibt abzuwarten. Kurz nach seiner konstitu-ierenden Sitzung gab es keine neuen Informationen zu diesem Thema. Der Studentenrat vermutet, die Wahl eines Nachfolgers für Rektor Matthes werde sich noch bis zum Sommer nächsten Jahres hinziehen. Im Mai 2011 wird die TU Chemnitz 175 Jahre alt, die Universität verspricht eine umfassendes Festjahr, da möchte man natürlich nicht fehlen.Text: Benjamin Lummer

Der ewige Rektor Genau das kritisiert auch der Studentenrat der TU Chemnitz. Matthes, erklärt Stura-Mitglied Anni Fischer, habe die Befassung im Senat mit dem Hochschulrat unnötig hinausgezögert. Der Senat schlägt vier der sieben Hochschulratsmitglieder vor, die anderen drei werden von der sächsischen Staatsregierung vor-geschlagen. Der Rektor bestimmt im Senat über die Tagesordnung, setzt er das Thema Hochschulrat nicht auf die Agenda, befasst sich das Gremium auch nicht damit.

Im Juni dieses Jahres verabschiedete der Senat dann endlich seine Personalvorschläge für den Hochschulrat, Mitte Oktober kam das Gremium zu seiner konstituie-renden Sitzung zusammen. Es lohnt sich, das Gremium genau unter die Lupe zu nehmen, auch weil – und das ist vielleicht in letzter Zeit etwas untergegangen – der Rat nicht nur an der Wahl des Rektors beteiligt ist, sondern auch andere wegweisende Entscheidungen trifft. Dem Hochschulgesetz zufolge ist er beispiels-weise für die Genehmigung des Entwicklungsplans und des Wirtschaftsplanentwurfs der Hochschule zustän-dig. Zudem steht es in seiner Macht, Grundsätze für die Verwendung von Stellen und Mittel an der TU Chemnitz zu formulieren, auch gibt er Empfehlungen zur Profilbildung und Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Hochschule. Mit diesen Kompetenzen nimmt der Rat wesentlichen Einfluss auf die zukünftige Ausrichtung der Universität.

Geisteswissenschaftler außen vor In Anbetracht dieser Bedeutung ist es nur verständ-lich, dass die Zusammensetzung des Gremiums mit reichlich Misstrauen beäugt wird. Mit dem Komsa-Vorstandsvorsitzenden Gunnar Grosse, dem geschäfts-führenden Gesellschafter der Chemnitzer Niles-Simmons-Hegenscheidt-Gruppe Hans J. Naumann und dem Geschäftsführenden Gesellschafter der Chemnitzer Zahnradfabrik Bodo Finger gehören drei Mitglieder zur Führungsriege regionaler Unternehmen. Die TU-Professoren Uwe Götze und Thomas Geßner kommen aus den Wirtschaftswissenschaften und der Elektrotechnik. Die wirtschaftlich-ingenieurswissen-schaftliche Ausrichtung des Gremiums wird einzig durch die Präsidentin der Akademie der Wissenschaften und Literatur Elke Lütjen-Drecoll durchbrochen, sie ist gleichzeitig die einzige Frau im Hochschulrat. Siebentes Mitglied und Vorsitzender des Rates ist der ehemalige Chemnitzer Oberbürgermeister Peter Seifert.

Der Stura kritisiert vor allem die enge Bindung eini-ger Mitglieder an die TU Chemnitz. Damit, so Stura-

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4 Text: Benjamin Lummer Foto: Saxeed

kreativität erwünscht

Sechste Aufl age des Saxeed-Ideenwettbewerbs

Das Gründernetzwerk Saxeed wurde 2002 gegründet, Träger ist der Lehrstuhl für Mar-keting an der TU Chemnitz. Ziel von Saxeed ist es, Studenten, Absolventen und Universi-tätsmitarbeiter bei der Gründung von Unter-nehmen zu unterstützen. Dafür stellt das Netzwerk Betreuungsangebote in Form von Workshops und Vorlesungen parat. Einmal jähr-lich organisiert Saxeed zudem den Ideenwett-bewerb. Auf einem Bewerbungsbogen sollen unter anderem die Geschäftsidee, der Kunden-nutzen, die Marktsituation und Vermarktungs-ansätze dargestellt werden. Dabei, so Saxeed-Mitarbeiter in Susanne Schübel, müsse kein fertiges Geschäftsmodell präsentiert werden: „Die Auseinandersetzung mit einer neuen Idee steht im Vordergrund, Kreativität ist also sehr wichtig.“ Eine Jury mit Vertretern aus Wis-senschaft, Wirtschaft und Existenzgründern bewertet die eingegangenen Vorschläge, dem Sieger winkt ein Preisgeld von 500 Euro.

Unter die fünf besten Teilnehmer hat es im letzten Jahr Ariane Jacobs geschafft. Die Stu-dentin der Wir tschaf tswissenschaf ten hat-te die Idee, alle regionalen Imker in einem Imkerverein zusammenzuführen. Die 23-Jähri-ge kennt die Probleme der Imker – ungünstige

Altersstruktur, neue für Bienen schädliche Düngemittel in der Landwirtschaft – aus per-sönlicher Erfahrung: Ihre Familie unterhält eine kleine Imkerei mit zehn Völkern. Die Idee war also schon länger da, der Ideenwettbe-werb animierte sie dazu, diese zu konkretisie-ren: „Man muss die Idee zu Papier bringen und viele Faktoren beachten.“ Im Moment schreibt Ariane Jacobs ihre Bachelorarbeit, die Idee eines Vereins für regionale Imker liegt deswe-gen vorerst auf Eis, langfristig möchte sie die-ses Vorhaben aber umsetzen.

2009 nicht unter die besten fünf gekom-men, dafür aber mittlerweile umso erfolgrei-cher sind Thomas Jänisch und Felix Rohland. Die beiden haben auf einer Auslandsreise das Häkeln von Mützen erlernt. Die Mützen, sie heißen Boshi, verkaufen sie mittlerweile in großer Aufl age, 2009 haben sie eine Firma gegründet. „Zwei Jungs, die Mützen häkeln – das war den Juroren wohl etwas zu abgefah-ren“, versucht Jänisch den Umstand zu erklä-ren, dass die Idee nicht unter die besten fünf gekommen ist. Der Wettbewerb war trotzdem ein wichtiger Schritt für die beiden, da sie für die Bewerbung ihre Geschäftsidee konkreti-sieren mussten. Darüber hinaus erhalten sie Jänisch zufolge eine sehr gute ideelle Betreu-ung von Saxeed: „Das Netzwerk hat immer offene Ohren für uns, bringt Ideen mit ein und weist uns auf Veranstaltungen hin. Diese ide-elle Unterstützung ist für uns genauso wichtig wie fi nanzielle Hilfe.“

Ideen für den Wettbewerb können noch bis zum 10. November eingereicht werden. Bis jetzt ist Susanne Schübel zufolge der Andrang noch recht klein: „Wir haben erst zwei Einsen-dungen. Erfahrungsgemäß kommen die meis-ten Bewerbungen aber in den letzten Tagen vor Einsendeschluss.“

www.saxeed.net

Am Anfang war ... die Idee. Na gut, ganz so steht es nicht in der Bibel – höchstens in der für potentielle Unternehmensgründer. Um deren Geistesblitze geht es auch beim Saxeed Ideen-wettbewerb 2010.

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heureka im hörsaal

Der Sprachensucher aus Papua

Christian Döhler studierte in Chemnitz Politik- und Sprachwissenschaft. Seit einiger Zeit liegt sein Lebensmittelpunkt jedoch in Canberra / Australien. Von hier aus startet er regelmäßig zu Expeditionen nach Papua Neu Guinea. Dort erforscht er von Aussterben bedrohte Sprachen.

Lange sah es nicht unbedingt danach aus, dass er sein Studium zu Ende bringen würde. „Mein Studium in Chemnitz hat mir meine eigentli-chen Interessen aufgezeigt. Die lagen eher in der Sprachwissenschaft und in theoretischen Fragen zu Sprachstruktur und Sprachtypologie. Ich habe mehrmals überlegt, die Politikwissenschaft über Bord zu werfen und noch mal von vorn zu begin-nen“, erinnert sich Christian Döhler.

Er brach nicht ab und nach seiner Zwischen-prüfung wollte er wissen, ob seine berufl iche Zukunft wirklich in der Sprachwissenschaft liegen

könnte. „2006 bin ich für ein Jahr nach Mel-bourne gegangen und habe dort ein Aufbaustu-dium gemacht. Das war ein einjähriges Programm mit vielen spannenden Kursen, wie Sprachdo-kumentation, australische Sprachen und histo-risch-vergleichende Linguistik.“ Mit Australien ist Christian Döhler seit einem Schüleraustausch im Jahre 1998 und einen Work &Travel Jahr 2001 eng verbunden.

Später bewarb sich für ein Stipendium an der ANU in Canberra und begann 2010 dort seine Doktorandenstelle. Sein Forschungsfeld sind bis-her unerforschte Sprachen im Süden Papua Neu Guineas. Laut Christian Döhler, gibt es von die-sen Sprachen lediglich das Material von Missio-naren. Die Sprachdokumentation dient sowohl der wissenschaftlichen Konservierung, also auch der politischen Aufwertung von Minderheits-sprachen. Gewissermaßen schließt sich so der Kreis zu seinem früheren Politikstudium. Doch wie sieht so ein Forscherleben aus? „Ich kom-me gerade von meiner ersten Sondierungsreise aus PNG wieder. Ich war 8 Wochen in einem klei-nen Dorf namens Rouku im Morehead District. Ich habe dort freundliche Menschen getroffen, die mich in ihre Gemeinschaft aufgenommen haben. Ich habe ihnen erklärt, was Sprachdokumenta-tion bedeutet und sie haben damit begonnen, mir ihre Sprache beizubringen. Im Moment gehe ich meine Aufnahmen und Daten durch um mich für die nächste Forschungsreise vorzubereiten“, erzählt Christian.

Das Ziel seiner Doktorarbeit ist es, eine Gram-matik der Kómnjo Sprache zu erstellen. Kómnjo wird von circa 200 Menschen gesprochen, denen Christian versprochen hat, ein Wörterbuch und Schulmaterialen zu erstellen. Von Dezember 2010 bis Mai 2011 wird er als Gaststipendiat am Leip-ziger Max Plank Institut für evolutionäre Anthro-pologie arbeiten, bevor er wieder nach Australien aufbricht. Irgendwie hat er sein Herz an diesen faszinierenden Kontinent verloren, obwohl er betont, dass er sich nicht vorstellen kann, für immer dort zu leben.

An den Hochschulen in Chemnitz, Zwickau, Mitt-weida und Freiberg studieren und arbeiten über 30.000 Menschen. Das „371“ will wissen, was dort so alles erforscht wird. Notwendig oder unsinnig, interessant oder einfach schräg - hier erfahrt Ihr, was Forscher so forschen.

Guineas. Laut Christian Döhler, gibt es von die-sen Sprachen lediglich das Material von Missio-naren. Die Sprachdokumentation dient sowohl der wissenschaftlichen Konservierung, also auch der politischen Aufwertung von Minderheits-sprachen. Gewissermaßen schließt sich so der Kreis zu seinem früheren Politikstudium. Doch wie sieht so ein Forscherleben aus? „Ich kom-me gerade von meiner ersten Sondierungsreise aus PNG wieder. Ich war 8 Wochen in einem klei-nen Dorf namens Rouku im Morehead District. Ich habe dort freundliche Menschen getroffen, die mich in ihre Gemeinschaft aufgenommen haben. Ich habe ihnen erklärt, was Sprachdokumenta-tion bedeutet und sie haben damit begonnen, mir ihre Sprache beizubringen. Im Moment gehe

Text: Chezz Foto: Privat

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ich gebe ihnen mein ehrenamt!

Studentische Initiativen zwischen Enthusiasten und Nachwuchsmangel

Was macht das Campusleben aus? Etwa die voll-gestopften Hörsäle, eine nach Bratfett riechende Mensa oder die flüsterstillen Bibliotheken? Mag ja sein, dass all das irgendwie auch zu Uni gehört. Aber ein richtiger Campus braucht eben mehr. Sei-ne Attraktivität kommt auch und vor allem mit einer Vielzahl von Angeboten, die Studis Möglich-keiten bieten, sich abseits ihrer Seminare selbst zu verwirklichen, ihren Interessen nachzugehen und schlummernde Talente zu wecken. Das Chemnitzer Uniumfeld bietet hier ein breites Spektrum: von der Kellerkneipe bis zur Modell-UN, vom Spritsparmobil bis zum Filmclub. Und alle haben sie eins gemein-sam: Es gäbe sie nicht ohne engagierte Studenten.

Auf etwa 70 studentische Initiativen kommt And-ré Kawelke vom Studentenrat bei seiner aktuel-len Zählung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Als Initiative bezeichnet er einfach jeden Zusammenschluss von Studenten, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Und wenn er beginnt sie einzuteilen und dabei immer neue Katego-rien aufmachen muss, wird sichtbar, wie vielfäl-tig diese Ziele sind. Es gäbe da die Fachgruppen der Studienrichtungen, die politischen Hochschul-gruppen, parteilich und überparteilich, die kultu-rellen, die technischen, die wirtschaftlichen, die religiösen … für alle organisiert André Kawelke derzeit wieder den Initiativentag des StuRa, zu welchem alle Initiativen eingeladen sind, sich mit Ständen und Aktionen ihrem potentiellen Zielpu-blikum zu präsentieren. André Kawelke, der selbst Mitglied im Firmenkontaktmesse-Verein „chemnitz contact“ ist, findet solches Engagement wichtig. Wer wirklich motiviert ist, der könne auch etwas bewegen, sagt er. Mit der Motivation ist das aller-dings oft so eine Sache auf dem Campus, weiß Marc Gork vom Vorstand des Campusradio UNiCC.

Ein Radio von Studenten für Studenten, sollte ein Medium mit hoher Ausstrahlung sein, doch vor einem Jahr gab es auch bei UNiCC eine personel-le Durststrecke. Damals gingen viele Mitglieder, die gleichzeitig angefangen hatten, weil das Leben sie einfach vom Campus zog. Die Lücke konnte inzwi-schen geschlossen werden und von Musikredaktion bis Moderatorenpool ist das Radio wieder gut ver-sorgt – was unter anderem an den Aktivitäten des Vereins liegt. Orientierungswochen-Aktionen und Tage der offenen Tür holen die Erstsemester ins Radio. Denn von alleine, so Marc Gork, fände fast keiner zu ihnen.

Sogar auf dem Mensavorplatz ernte er manchmal fragende Blicke, wenn er vom Uniradio spricht, das seine Leuchtreklame direkt gegenüber aufge-hängt hat. Die frisch angekommenen Studenten müssen eben auch erst einmal klar kommen, auf ihrem neuen Campus, so Marc Gork.

Ein Bachelorstudium lässt dafür jedoch nicht all-zu viel Zeit. In der Einführung der kurzen Studien-gänge sieht auch André Kawelke einen Grund für die rückläufige Zahl engagierter Studenten. Ein Jahr Zeit, um in das Studium zu finden, ein Jahr Zeit, sich zu engagieren und ein Jahr um recht-zeitig fertig zu werden, rechnet er vor. Und tat-sächlich fällt auf, dass die großen Initiativen fast ausschließlich aus Zeiten der Magister und Dip-lome stammen. Damals erstritten sich Studenten Räume, etablierten Strukturen und brachten auch völlig größenwahnsinnig erscheinende Ideen wie Deutschlands längsten Staffellauf auf den Weg. Die meisten von ihnen gibt es noch, manche akti-ver, einige weniger, doch neue Vereine gründen sich nur noch selten an der TU.

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7Text: Michael Chlebusch Foto: M. Chlebusch, TU Chemnitz

kunst im schloß

Auf Bologna kann man die aktuelle Situation des English Club allerdings nicht unbedingt schie-ben. Der English Club ist eine der acht kultur-kreisspezifischen Gruppen des Club der Kulturen am Campus und ihm fehlen derzeit die Organi-satoren. Bis vor kurzem konnte Clubchef Karsten Mahlberg hier noch auf vier Helfer zählen, der-zeit sind sie durch Auslandsaufenthalte oder Stu-dienortwechsel noch zu zweit. Und auch Karsten Mahlberg selbst steht vor seiner Prüfungszeit – für die Organisation und Durchführung von The-menabenden bleibt da wenig Raum. Dabei hat die Anglistikprofessorin Cecile Sandten sogar im Stu-diengang für den Club geworben und bot Mas-terstudenten an, das Engagement anstelle einer Hausarbeit als Leistung anzuerkennen. Geholfen hat das nichts. Am ersten November wolle der Club noch eine Halloweenparty geben, danach befürchtet Karsten Mahlberg die erste längere Pause in seinem 17-jährigen Bestehen. Im Janu-ar könnte es wahrscheinlich weiter gehen, denn für Karsten Mahlberg findet ein Studium nicht nur in Seminaren statt und auch der Kontakt mit internationalen Gästen ist ihm wichtig, um wei-ter zu machen.

Das fand auch die ehemalige Chefin des Club der Kulturen, Elisabeth Schwerdtfeger. Sie widmete sogar ihre Bachelorarbeit dem Thema CdK. Ver-gleichbare Einrichtungen, fand sie heraus, hät-ten meist eine bezahlte Stelle, die sich um oft ungeliebte Schlüsselpositionen wie Finanzen oder Leitung kümmert, sodass aktive Studen-ten sich auf Inhalte konzentrieren können. Doch auch wenn ein solch bezahltes Amt sicher vie-les einfacher macht, müssen natürlich Studenten kommen, die Spaß an der Sache und ihr eigenes Potential entdecken. Dazu, meint Radiomacher Marc Gork, müsse man sie eben manchmal ein bisschen treten.

Der Begriff treibt manchem Studi den Schweiß auf die Stirn, doch eine Exmatrikulation sei an sich nichts negatives, weiß Jens - Uwe Jung-hanns, Leiter des Studentenservice der TU Chem-nitz. Exmatrikulation bezeichne einfach die Beendigung der Universitätsmitgliedschaft. In der Regel komme diese mit dem abgeschlossenen Studium. Im letzten Semester waren das über 700 – nur 50 seien ohne Abschluss gegangen. Jens - Uwe Junghanns ist kein Verwalter, zumin-dest kein gelernter. Er begann 1977 ein Studium zum Diplomingenieur für Kraftfahrzeugtech-nik und arbeitete bis 1996 auch im technischen Bereich. Ein wenig skeptisch war er demzufolge, als er das Angebot bekam, in die Studierenden-verwaltung zu wechseln. Doch bereut habe er es nicht. Inzwischen leitet er den Gesamtbereich Studentenservice, darunter das Zentrale Prü-fungsamt, das Studentensekretariat und die Stu-dienberatung. „Für einen Techniker war es erst einmal etwas völlig anderes“, erinnert sich Jens - Uwe Junghanns. „Aber es ist unheimlich reizvoll. Wir arbeiten mit jungen Menschen, steuern Pro-zesse, die sich verändern und entwickeln.“ Egal ob Entwicklungen durch Gesetzesänderungen oder technischen Fortschritt angestoßen werden, Ziel seiner Arbeit sei es mit all dem die Studen-ten nur soweit zu belasten, wie es notwendig ist. „Als ich 1996 hier anfing, mussten die Studieren-den zur Rückmeldung noch ins Studentensekreta-riat kommen“, erinnert sich Junghanns. „Heute kann es passieren, dass jemand in seinem gan-zen Studentenleben nicht einmal hier auftaucht. Ein Student soll ja studieren und nicht verwal-tet werden.“

Die Menschen hinter…

deiner Exmatrikulation