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Seite 37 Nr. 451 · Juni 2007 Frischer Wind und Donnerwetter Al Gore: Eine unbequeme Wahrheit. Riemann Verlag, München 2006, 328 Seiten, 19,95 Euro. Tim Flannery: Wir Wet- termacher. S. Fischer Ver- lag, Frankfurt a. M. 2006, 404 Seiten, 19,90 Euro. Elizabeth Kolbert: Vor uns die Sintflut. Berlin Verlag, Berlin 2006, 224 Seiten, 19,90 Euro. Mojib Latif: Bringen wir das Wetter aus dem Takt? Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt a. M. 2007, 256 Seiten, 9,95 Euro. Karl-Heinz Ludwig: Eine kurze Geschichte des Klimas. C. H. Beck Verlag, München 2006, 216 Seiten, 12,90 Euro. Jörg Kachelmann: Das Lexikon der Wetter- irrtümer. Rowohlt Verlag, Hamburg 2006, 160 Seiten, 7,90 Euro. Claus Keidel: Wissen, wie das Wetter wird. BLV Buchverlag, München 2006, 60 Seiten, 7,90 Euro. Karsten Brandt: Geister- wolken über Deutsch- land. Projekte-Verlag Cornelius GmbH, Halle 2006, 83 Seiten, 19,50 Euro. Starke Hurrikane zerstö- ren Millionenstädte, die Polkappen und Gletscher schmelzen, Tierarten ster- ben aus, und in immer mehr Regionen verlieren Menschen ihre Nahrungs- grundlage, weil Dürren die Ernten zerstören. Und wer ist schuld daran? Der Mensch selbst! Er kann seinen unermess- lichen Energiehunger nicht stillen und ver- braucht immer mehr fos- sile Brennstoffe wie Kohle oder Öl. Dadurch wird das im Übermaß schädli- che Kohlendioxid freige- setzt, das den Treibhausef- fekt mehr und mehr ver- stärkt. Langsam realisieren die Menschen, was auf dem Spiel steht, und der Klima- wandel wird zum Thema. Auch bei Sachbüchern macht dieser Trend keinen Halt. Seitenweise versu- chen Schriftsteller aller Sparten, die Menschen aus ihren Energieträumereien unsanft wach zu rütteln und dem breiten Publi- kum deutlich zu machen, was auf dem Spiel steht. Das prominenteste Werk dieser unzähligen Veröf- fentlichungen ist das des ehemaligen Vizepräsiden- ten der USA, Al Gore – der Mann, der im Jahr 2000 Präsident eines Lan- des werden wollte, das das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet hat. Eine un- bequeme Wahrheit – Die dro- hende Klimakatastrophe und was wir dagegen tun können war in den USA in kürzes- ter Zeit an der Spitze der Bestsellerlisten. Blättert man das Buch durch, ste- chen einem die atembe- raubenden Fotos ins Auge: der blaue Erdball im schwarzen Universum. Der seltene Anblick auf die wolkenfreie Erde. Und dann der Fokus auf die Schreckensbilder: Dürren, Überschwemmungen, Gletscherlandschaften ohne Gletscher und Schlote, die riesige Abgas- wolken ausspucken. Wie in Hollywood Mit verständlichen kurzen Texten und Illustrationen charakterisiert Al Gore die größte Bedrohung des na- türlichen Gleichgewichts – den Treibhauseffekt. Seine Folgen sind apokalyp- tisch: Borkenkäfer ver- gelesen Christine Engel 451_37_40_Engel_gel 24.05.2007 14:46 Uhr Seite 37

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Seite 37Nr. 451 · Juni 2007

Frischer Wind und Donnerwetter

Al Gore: Eine unbequemeWahrheit. Riemann Verlag, München 2006, 328 Seiten, 19,95 Euro.Tim Flannery: Wir Wet-termacher. S. Fischer Ver-lag, Frankfurt a. M. 2006,404 Seiten, 19,90 Euro.Elizabeth Kolbert: Vor uns die Sintflut.Berlin Verlag, Berlin 2006,224 Seiten, 19,90 Euro.Mojib Latif: Bringen wirdas Wetter aus dem Takt?Fischer Taschenbuchverlag,Frankfurt a. M. 2007, 256 Seiten, 9,95 Euro.Karl-Heinz Ludwig: Eine kurze Geschichte des Klimas. C. H. BeckVerlag, München 2006, 216 Seiten, 12,90 Euro.Jörg Kachelmann: Das Lexikon der Wetter-irrtümer. Rowohlt Verlag,Hamburg 2006, 160 Seiten,7,90 Euro.Claus Keidel: Wissen, wie das Wetter wird. BLVBuchverlag, München 2006,60 Seiten, 7,90 Euro.Karsten Brandt: Geister-wolken über Deutsch-land. Projekte-Verlag Cornelius GmbH, Halle2006, 83 Seiten, 19,50 Euro.

Starke Hurrikane zerstö-ren Millionenstädte, diePolkappen und Gletscherschmelzen, Tierarten ster-ben aus, und in immermehr Regionen verlierenMenschen ihre Nahrungs-grundlage, weil Dürrendie Ernten zerstören. Undwer ist schuld daran?

Der Mensch selbst! Erkann seinen unermess-lichen Energiehungernicht stillen und ver-braucht immer mehr fos-sile Brennstoffe wie Kohleoder Öl. Dadurch wirddas im Übermaß schädli-che Kohlendioxid freige-setzt, das den Treibhausef-fekt mehr und mehr ver-stärkt.

Langsam realisieren dieMenschen, was auf demSpiel steht, und der Klima-wandel wird zum Thema.Auch bei Sachbüchernmacht dieser Trend keinenHalt. Seitenweise versu-chen Schriftsteller allerSparten, die Menschen ausihren Energieträumereienunsanft wach zu rüttelnund dem breiten Publi-kum deutlich zu machen,was auf dem Spiel steht.Das prominenteste Werkdieser unzähligen Veröf-

fentlichungen ist das desehemaligen Vizepräsiden-ten der USA, Al Gore –der Mann, der im Jahr2000 Präsident eines Lan-des werden wollte, dasdas Kyoto-Protokoll nichtunterzeichnet hat. Eine un-bequeme Wahrheit – Die dro-hende Klimakatastrophe undwas wir dagegen tun könnenwar in den USA in kürzes-ter Zeit an der Spitze derBestsellerlisten. Blättertman das Buch durch, ste-chen einem die atembe-raubenden Fotos insAuge: der blaue Erdballim schwarzen Universum.Der seltene Anblick aufdie wolkenfreie Erde. Unddann der Fokus auf dieSchreckensbilder: Dürren,Überschwemmungen,Gletscherlandschaftenohne Gletscher undSchlote, die riesige Abgas-wolken ausspucken.

Wie in HollywoodMit verständlichen kurzenTexten und Illustrationencharakterisiert Al Gore diegrößte Bedrohung des na-türlichen Gleichgewichts –den Treibhauseffekt. SeineFolgen sind apokalyp-tisch: Borkenkäfer ver-

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Christine Engel

451_37_40_Engel_gel 24.05.2007 14:46 Uhr Seite 37

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mehren sich rasendschnell und zerfressenganze Bäume von innen,Tierarten und Korallen-riffe sterben aus, Seuchenwie Malaria verbreitensich. Die globalen Auswir-kungen des Klimawandelsunterfüttert Al Gore mitpersönlichen Erfahrun-gen. Eine unbequeme Wahr-heit gewährt intime Einbli-cke in das Leben des Au-tors. Der versteht es ge-schickt, den lebensgefähr-lichen Unfall seines Soh-nes und den Lungenkrebs-tod seiner Schwester inseine Argumentation ein-zufädeln.

Trotz aller Kritik an derkonservativen RegierungGeorge W. Bushs ist AlGore ein Patriot, stolz aufsein Land und dessenSchönheit. Aber im selbenAtemzug prangert er seinVolk als Hauptverursa-cher der Klimakatastrophean. Schade nur, dass ihmdabei der Weitblick fehlt:Er behandelt nur die Er-kenntnisse amerikanischerWissenschaftler.

Und so ist es am Endewie in Hollywood: Wenn-gleich die Amerikaner mitihrer achtlosen Klimapoli-tik die Rangliste weltwei-ter CO2-Emission anfüh-ren, sind einige von ihnendie Retter der Welt.

Der australische Zoo-loge Tim Flannery kriti-siert sein Heimatlanddeutlich härter. Für ihn istAustralien nur ein weite-rer Industriestaat, der eine

zerstörerische Klimapoli-tik betreibt. Inhaltlichunterscheidet sich WirWettermacher kaum von AlGores Buch – und auchdas Ziel ist dasselbe: DerLeser soll verstehen, dassder Klimawandel nichtnur die Natur, sondernirgendwann auch ihnselbst zerstört. FlannerysSprache allerdings ist ana-lysierender und wissen-schaftlicher, sein roter Fa-den das Detail. Das machtdas Buch zwar trockener,aber auch hintergründi-ger. Die Geschichte desschlimmsten CO2-Produ-zenten, der Kohle, schil-dert er ebenso, wie dasAussterben der Goldkröte– die erste Spezies, die un-mittelbar durch den Kli-mawandel ausgerottetwurde. Auf jeder der 350Seiten macht der Austra-lier deutlich, dass wir han-deln müssen. Und zwarjetzt.

Aus dem Takt geratenElizabeth Kolbert hat ge-handelt: Die amerikani-sche Journalistin sah miteigenen Augen, dass dieglobale Erwärmung keineabgehobene Spekulationeiniger Weltverbesserer,sondern Tatsache ist. Siebesuchte viele Orte derErde, an denen das verant-wortungslose Handelnder Menschen zum Vor-schein kommt: Sie war da-bei, als das Meer daskleine Dorf Shishmarefauf Alaska langsam zu

verschlucken begann, undsah, wie die Einwohnerumgesiedelt werdenmussten. In Südgrönlandkletterte sie unter einenGletscher und sprach mitWissenschaftlern in einerForschungsstation. AufGrundlage dieser Erleb-nisse schrieb die Journalis-tin eindrucksvolle Repor-tagen für das Magazin TheNew Yorker, gesammelt inihrem Buch Vor uns dieSintflut. Elizabeth Kolbertbeschreibt mit lebendigerSprache betrunkeneBäume, die im tauendenPermafrostboden strau-cheln, Stechmücken, dieschon im Frühjahr bereitzur Paarung sind, oderschwimmende Häuser inden Niederlanden. Hierwird klar: Es gibt keineunberührte Natur mehr.Auch in die meist entlege-nen Ecken hat der Menschschon hineingepfuscht.Dafür ist Kolbert einemeisterhaft erzählendeAugenzeugin.

Bringen wir das Klimaaus dem Takt? – das fragtsich der Kieler Meteorolo-gieprofessor Mojib Latif,der zu den bekanntestenKlimaexperten Deutsch-lands zählt. Und er ist ei-ner von zwölf Autoren, diefür die Stiftung „Forumfür Verantwortung“ je-weils ein Thema für dasPrinzip der Nachhaltigkeitbearbeitet haben: Wie kön-nen wir leben, damit dasLeben für unsere Kinderauf der Erde noch lebens-

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wert ist? Das Buch solldeshalb keine pure wis-senschaftliche Abhand-lung darstellen, sondernwendet sich an die „inte-ressierte Zivilgesellschaft“.So steht es jedenfalls imVorwort, und das machtAppetit auf genaueste Zu-sammenhänge – leicht zu-bereitet. Zugegeben: MojibLatif macht es dem Lesertrotzdem nicht einfach. Esist ein intelligentes Buchfür intelligente Leser, diekomplexe Zusammen-hänge nachvollziehen kön-nen und mit einfachen Kli-maerklärungen nicht zu-frieden sind. Der Kampfdurch den wissenschaft-lichen Grundlagendschun-gel ist mühsam. Dort trifftman dann alte Bekanntewie das El-Niño-Phäno-men, das Ozonloch, densauren Ozean und dasLorenz-Modell wieder –verpackt und angereichertmit physikalischen For-meln und Grafiken. Neufür den Klimalaien sinddie Nordatlantische Oszil-lation und die thermoha-line Zirkulation, das heißteine durch Temperaturund Salzgehalt ausgelöste Strömungsbewegung imOzean, die immer wiederdurch den wissenschaft-lichen Raum geistert unddie für die Klimaproble-matik eine große Rollespielt.

Nach der mühsamen,aber wichtigen Wissen-schaft folgt eine span-nende zweite Hälfte von

Bringen wir das Klima ausdem Takt. Mojib Latif wirdpolitischer und blickt indie Zukunft. Es herrschtder wissenschaftlicheKonsens, dass der Klima-wandel existiert und dassdieser vom Menschen ge-macht ist. Die plausibleund schnell begreifbareArgumentation Latifsrechnet mit den Klima-skeptikern ab. Die Me-dienhysterie bekommtLob und Tadel: Auf der ei-nen Seite kritisiert Latif,dass der Sensationsjourna-lismus übertreibt und oftfalsche Fakten in die Weltsetzt. Auf der anderen

Seite sei es aber das Ver-dienst der Medien, dassdas Klimaproblem bei derPolitik jetzt ganz oben aufder Tagesordnung stehe.Auch wenn das Kyoto-Protokoll für die Wissen-schaft nur einen symboli-schen Wert hat.

Weltgeschichte undWetterirrtümerIn den knapp fünf Milliar-den Jahren, in denen unserSonnensystem existiert, isteiniges passiert. Der Wis-senschaftsjournalist Karl-Heinz Ludwig erzählt auf215 Seiten chronologischEine kurze Geschichte des

gelesen

Der Wetterfrosch – hübsch anzusehen,aber keine ernst zu nehmende Konkurrenz für die Meteorologen.

© picture-alliance/Sander, Foto: Christian Lohfink

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Klimas. In strukturiertenAbsätzen hat er die wun-derbare Metamorphosevon einem lebensfeind-lichen Gasklumpen überden Urkontinent Pangäazu unserer heutigen Hei-mat zusammengefasst.Ein weiterer Pluspunkt:die Übersicht am Anfangjedes Kapitels. So hat derLeser sofort den Über-blick, was ihn erwartet.Das Beste an der kurzenGeschichte des Klimas istaber, dass Karl-HeinzLudwig das Wissen-schaftschinesisch hervor-ragend und für jeden ver-ständlich übersetzt hat.

Wetterbücher müssenaber nicht nur faktischeoder schwarzmalerischeSchriften sein, sondernkönnen durchaus unter-haltsame Lektüre bieten.Geht es darum, so verlässtsich Deutschland auf denMann, der immer er-scheint, wenn es ums Wet-ter geht: Jörg Kachelmann.Doch der kratzt mit sei-nem Buch nur an derOberfläche – Das Lexikonder Wetterirrtümer ist allen-falls amüsant, mehr aberauch nicht.

„Wenn der Hahn krähtauf dem Mist, ändert sichdas Wetter, oder es bleibt,wie es ist.“ Zu dieser Bau-ernregel fällt selbst Ka-chelmann nichts mehr ein– dafür aber zu etwa acht-zig anderen Redewendun-gen und Alltagsmythen,die wir ständig benutzen.Für ein Lexikon formuliert

er das Ganze allerdingsetwas zu knapp. „Abend-rot, Schönwetterbot“, „BeiGewitter wird die Milchsauer“ oder „Zugluftmacht krank“ – viele derIrrtümer sind keine undwerden nicht widerlegt,sondern nur bestätigt oderpauschalisiert. Die meis-ten seiner Erklärungen ha-ben dieselbe Aussage:Kann sein, muss abernicht. Mit dieser Unge-nauigkeit wird das Buchzum Smalltalk. Aber we-nigstens weiß man nachder Lektüre, dass man amEnde eines Regenbogenskeinen Goldschatz findet.

Wetterfrösche undGeisterwolkenWie gut, dass es Leute wieClaus Keidel gibt, die mitWissen, wie das Wetter wird.So mache ich meine eigeneVorhersage frischen Windin das Thema bringen.Was soll ich heute anzie-hen? Fällt meine Garten-party am Wochenende insWasser? Die Antwort isteinfach. Man muss nur dieverschiedenen Wolkenar-ten kennen, die der wet-tererfahrene BergfotografKeidel anhand präziserFotos beschreibt. An-schließend ackert mannoch das Kapitel über An-zeichen für Wetterwechseldurch, um zu lernen, dasshängende Kleeblüten Vor-boten des Regens sind.Fertig ist der Fünf-Minu-ten-Hobby-Meteorologe.Ob es wirklich so einfach

ist, zeigt sich beim nächs-ten Sommerfest. Wennnicht dasselbe passiert wieam 19. Juli 2005.

Da tauchten an den Ra-dargeräten der Meteorolo-gen dreihundert Kilome-ter lange Wolkenbänderüber Mittel- und Nord-deutschland auf. Aber die-ses Phänomen blieb aufden Satellitenbildern aus –genauso wie der dazuge-hörige Regen.

Der geheimnisvollenErscheinung will KarstenBrandt, Leiter eines Inter-net-Wetterdienstes, inGeisterwolken über Deutsch-land auf die Schliche kom-men. Waren es einfacheVogelschwärme oderdoch Militärdüppel? Diewinzigen Teilchen ausGlasfaser oder Kunststoffwerden bei militärischenFlügen abgeworfen, umfälschlicherweise ein Ob-jekt auf dem feindlichenRadar anzuzeigen. Wäh-rend sich der Leser gefes-selt mit dem Autor aufSpurensuche nach denGeisterwolken begibt, er-fährt er ganz nebenbei,wie und mit welchen Mit-teln Meteorologen arbei-ten. Das ist so interessantund locker zu lesen, dassman über den holprigenSprachstil leicht hinweg-sehen kann. Und das Endeist in jeder Hinsicht über-raschend und spannend.Denn vermutlich hat Kars-ten Brandt sogar einenkleinen Skandal aufge-deckt.

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