52-Fachtag Moeglichkeiten Grenzen ambulanter Hilfen...Kein Bock uz nix! Kein Resp ekt Sinnlosigkeit...
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Fachtag "Möglichkeiten und Grenzen
ambulanter Hilfen"
am 12. November 2008 in Mannheim
Band: 52
Mannheim, im August 2009
Layout: Fachbereich Kinder, Jugend und Familie – Jugendamt
Silke Maurer
R 1, 12 – 68161 Mannheim
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Inhaltsverzeichnis
Begrüßung zum Fachtag (Ulrike Scheurich, Abteilungsleitung Soziale Dienste).................... 2
Einleitung zum Fachtag (Ralf Schäfer, Sachgebietsleitung im Sozialen Dienst) .................... 3
Wir können alles, außer stationär. Impulsreferat (Ede Sichau, Sachgebietsleitung im
Sozialen Dienst) .................................................................................................................... 5
Ambulante Hilfen – wann helfen sie wirklich? Impulsreferat (Karl Lederle, ehemaliger
Abteilungsleiter im Diakonischen Werk Mannheim) ..............................................................13
Darstellung der Hilfearten: ....................................................................................................15
1. Sozialpädagogische Familienhilfe .................................................................................15
2. Tagesgruppe und Schülergruppe..................................................................................21
3. Erziehungsbeistandschaft .............................................................................................31
4. Betreuungshilfe.............................................................................................................40
Themengruppen...................................................................................................................42
1. Hilfeende oder Hilfe ohne Ende ....................................................................................42
2. Kindesschutz durch Krisenintervention .........................................................................45
3. Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf. ..................................................48
4. Kinder raus, was dann? ................................................................................................51
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Begrüßung zum Fachtag (Ulrike Scheurich, Abteilungs lei-tung Soziale Dienste)
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich, dass es gelungen ist, einen Fachtag in Mannheim zu gestalten, der sich auf
die wichtigen und für uns zentralen Hilfen zur Erziehung (HzE) im ambulanten Setting kon-
zentriert. Intention in der Vorbereitung dieser Veranstaltung war es, die Möglichkeiten - aber
auch die Grenzen -ambulanter Erziehungshilfen zwischen Fachkräften des Sozialen Diens-
tes und Anbietern ambulanter Hilfen zu diskutieren und auszuloten. Auch um sich dadurch
in der fachlichen Einschätzung besser kennen lernen zu können.
Nachdem die Zahl der ambulanten Hilfen in Mannheim in den letzten 5 Jahren sehr stark
angestiegen ist und fast 2/3 aller gewährten Hilfen zur Erziehung in Mannheim umfasst, ist
es aus meiner Sicht dringend geboten, sich neben den rein quantitativen auch qualitativen
Fragestellungen zuzuwenden z.B.:
• Wie erkennen wir, dass eine ambulante Hilfe die „geeignete“ Hilfe zur Bewältigung eines
Erziehungs- und/oder Entwicklungsdefizits im konkreten Einzelfall ist? (Indikation)
• Wie gelingt es uns, die Hilfeziele mit den Sorgeberechtigten und den
Kindern/Jugendlichen gut herauszuarbeiten und auf ihre Umsetzung hinzu wirken?
(Wirksamkeit)
• Woran erkennen wir, dass eine Hilfe beendet werden kann/muss, um zu verhindern, dass
die Selbsthilfekräfte erlahmen oder mit der gewählten Hilfeform die Ziele nicht erreicht
werden (können)? (fachliche Steuerung)
• Was können ambulante Hilfen nicht leisten? (Grenzen)
Mit der Ausweitung ambulanter Hilfen hat sich in der Erziehungshilfe-Landschaft ein Para-
digmenwechsel vollzogen. Der defizitorientierte Blick auf Familiensysteme ist einer ressour-
cenorientierten Sichtweise gewichen. Wir wissen, dass Kinder/Jugendliche und die sie erzie-
henden Erwachsenen über viele Fähigkeiten verfügen bzw. diese erlernen oder (wieder-)
entdecken können, wenn sie professionelle Hilfe erhalten und sie dadurch ihre „Probleme“
selbst in den Griff bekommen können.
Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, die Haltung „ambulant vor stationär“ nicht zu einem
Dogma werden zu lassen. Ich halte es für fachlich nicht akzeptabel erst einmal „auszuprobie-
ren“, ob es nicht doch noch ambulant geht, wenn eine sozialpädagogische Diagnose zu der
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Einschätzung kam, dass eine stationäre Hilfe „eigentlich“ die geeignete Hilfeform wäre. Ein
solches Verhalten wäre -nicht nur aus fiskalischer Sicht- ineffizient.
Es gilt also fachlich in jedem Einzelfall durch eine gründliche sozialpädagogische Diagnose
zu prüfen, welche Möglichkeiten und Grenzen eine ambulante Erziehungshilfe für das jewei-
lige Kind/den Jugendlichen und sein Familiensystem hat.
Damit uns dies in Zukunft immer besser gelingt, haben sich Fachkräfte des Sozialen Diens-
tes und MitarbeiterInnen Freier Träger an diesem Fachtag beteiligt. Sie haben viel Zeit und
Energie in seine Vorbereitung investiert. Dafür gilt ihnen allen ein Herzliches Dankeschön!
Ich hoffe, dass diese Dokumentation für die große Teilnehmerrunde eine Gedankenstütze
sein kann und der Fachtag ein erster Schritt in einer Reihe von weiteren fachlichen Diskussi-
onen zum Thema „Qualifizierung Ambulanter Hilfen“ sein wird.
Einleitung zum Fachtag (Ralf Schäfer, Sachgebietsle itung im Sozialen Dienst)
Der Fachtag war ursprünglich als interne Veranstaltung der Sozialen Dienste des Jugend-
amts konzipiert. Die Vertreter der Anbieter waren vor allem als Mitgestalter angesprochen
worden, aber auch als Gäste eingeladen gewesen.
Mit dem Fachtag sollten zwei Ziele erreicht werden:
• Nachdem sich auf dem Markt der ambulanten Hilfen in den letzten Jahren so viel
verändert hat – Anbieter, fachliche Ansätze, Umfang und Bedeutung – sollte die
Veranstaltung einen aktuellen Überblick über die Angebote in Mannheim verschaffen.
• Zweitens sollte der Fachtag interessante Aspekte, Grenzlinien, Übergänge und
Konstruktionen aber auch Knackpunkte der verschiedenen einzelnen ambulanten
Angebote aufzeigen und damit den Blick für Möglichkeiten und Grenzen dieser Hilfen
schärfen.
Nach der Begrüßung durch die Abteilungsleiterin der Sozialen Dienste, Frau Scheurich, er-
folgte der thematische Einstieg durch Impulsreferate von Herrn Sichau, Sachgebietsleitung
im Sozialen Dienst, und Herrn Lederle, damaliger Abteilungsleiter im Diakonischen Werk:
• „Wir können alles außer stationär“
• „Ambulante Hilfen – wann helfen sie wirklich?“
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Im Anschluss daran stellten die Anbieter mit Bezug zum Titel des Fachtages interessante
Aspekte der einzelnen Hilfearten, SPFH / Tagesgruppe und Schülergruppe / § 30, dar.
Ein Kernstück des Fachtags war der Marktplatz der ambulanten Hilfen. Hier präsentierten die
Anbieter anhand von Stellwänden und im Dialog ihre Angebotspalette. Die unterschiedlichen
Profile und Konzeptionen konnten so direkt miteinander verglichen werden.
Am Nachmittag wurden in Arbeitsgruppen einzelne Themen vertieft bearbeitet.
Das hohe Interesse an diesem Fachtag drückte sich in der Teilnehmerzahl aus: Der für 100
Personen ausgelegte Saal war maximal ausgelastet. Ohne Teilnehmerbegrenzung hätte es,
insbesondere von Seiten der freien Träger, noch sehr viel mehr Anmeldungen gegeben. So
wurde auch bald nach der Veranstaltung der Wunsch nach einem Folgefachtag formuliert, an
dem alle Interessierten teilnehmen können.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal recht herzlich bei allen Mitgestaltern bedan-
ken. Viele haben sehr viel Zeit und Mühe für diesen Fachtag und die vorliegende Dokumen-
tation investiert. Einmal mehr zeigt sich hier die hohe Qualität der bestehenden Kooperation
in Mannheim.
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Wir können alles, außer stationär. Impulsreferat (E de Si-chau, Sachgebietsleitung im Sozialen Dienst)
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Heimliche
Liebe
Doofe Eltern
Schulstress
Drogen
Scheiss Lehrer
Null Perspektive!
Lehre geschmissen
Kein Bock zu nix!
Kein Respekt Sinnlosigkeit
Kein Geld Ärger mit der Polizei
Ungezogene Kinder
Was nun?
Ab
ins
Heim –oder was?
Ambulante Dienste
helfen!
Ambulante Dienste
helfen!
Mit freundlicher Unterstützung der Firmen:..................................................
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihre/n speziellen + kompetente/n Ansprechpartner/in
Wir können alles!Wir können alles!
außer stationär
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ODER:
WIR KÖNNEN ALLES –
AUßER
STATIONÄR
e.sichau
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Ambulante Hilfen in Mannheim
Meine Punkte
e.sichau
2
�Ausgangssituation – wir können alles
�Ambulant vor stationär
�Entwicklung der Erziehungshilfen
�Ambulant – was ist das?
�Ausblick
Wir können alles?
e.sichau
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� Ambulante Hilfen werden (fast) für alle Altersgruppen angeboten – vom Säugling bis zum jungen Erwachsenen
� Alle Methoden der Sozialarbeit kommen zum Einsatz
� Die Zielstellungen reichen von der Prävention über die Herstellung des Kindesschutzes bis zur Verselbständigung
� Es besteht eine bunte Trägerlandschaft
– wie wir heute sehen.
8
… außer stationär
e.sichau
4
� Die Prämisse erzieherischer Hilfen ist eindeutig:
Ambulant vor stationär� D.h. nicht, vor einer stationären Hilfe muss eine ambulante Hilfe vorangegangen sein.
� D.h. nicht „ambulant statt stationär“, d.h. , nicht alle Problemsituationen können durch ambulante Hilfen bewältigt werden.
� Dennoch zeigt z.B. die Ausrichtung traditionell stationärer Erziehungshilfeträger auf ambulante Hilfen, dass dieser Bereich wächst.
Ambulante Hilfen – neue Hilfen
e.sichau
5
� Ambulante Hilfen sind in der Geschichte der Jugendhilfe relativ neue Hilfen, die erst mit dem KJHG genauer definiert wurden.
� Das JWG kannte nur die Erziehungsbeistandschaft als ambulante Hilfe, dann folgten schon die stationären Hilfen als Freiwillige Erziehungshilfe und die Fürsorgeerziehung.
� Der größte Teil der Ausgaben in der Jugendhilfe war im stationären Bereich.
Ba-Wü. Ambulant Spitze!
e.sichau
6
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Stationär: nicht so viel
e.sichau
7
Entwicklung ambulanter Hilfen in Mannheim
e.sichau
8
Hilfeart 2003 2004 2005 2006 1/2008 10/2008
§ 31SPFH
96 107 149 199 293 353
§ 30Betreuhilfe
105 118 110 151 178 220
§ 30Erzieh.beist
130 139 140 120 80 104
§ 35aambulant
32 36 37 51 68 71
§ 41ambulant
12 19 13 24 35 32
Entwicklung ambulanter Hilfen in Mannheim
e.sichau
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Hilfeart 2003 2004 2005 2006 1/2008 10/2008
§ 31SPFH
96 107 149 199 293 353
§ 30Betreuhilfe
105 118 110 151 178 220
§ 30Erzieh.beist
130 139 140 120 80 104
§ 35aambulant
32 36 37 51 68 71
§ 41ambulant
12 19 13 24 35 32
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Alle Hilfen im Vergleich
e.sichau
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2003 2004 2005 2006 1/2008 10/2008
ambulant 698 738 785 916 1066 1.212
stationär 410 398 403 423 402 401
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* Ohne Vollzeitpflege
Standards - Zielvorgaben
e.sichau
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Alter bei Beginn Kinder, Jugendliche bis 17 Jahre
Dauer Bis zu 2 Jahre
Hilfeende Auswertungsgespräch nach einem Jahr
Zielbestimmung Eltern in Erziehungsfunktion unterstützen, Kinder + Jugendliche in schwierigen Situationen begleiten
Betreuungs-intensität
¼ Betreuungseinheit = 2,5 Stunden / Fall
Erziehungsbeistandschaften
11
Standards - Zielvorgaben
e.sichau
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Alter bei Beginn
Dauer
Hilfeende
Zielbestimmung
Betreuungs-intensität
1 Betreuungseinheit = 10 Stunden / Fall½ Betreuungseinheit = 5 Stunden / Fall
Betreuungshilfe
Es gibt keine fo
rmulie
rten Standards!
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Sozialpädagogische Familienhilfe
e.sichau
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Alter bei Beginn Insbes. kleine Kinder, bis 14 Jahre
Dauer Bis zu 2 Jahre
Hilfeende Auswertungsgespräch nach einem Jahr
Zielbestimmung Focus: FamilieFamilie meistert Krisen ohne Schaden für das Kind, Erziehungskompetenz, Verbleib in der Familie
Betreuungs-intensität
1 Betreuungseinheit = 10 Stunden / Fall
Variabel auch 1,5 oder 2 Einheiten
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„Einheiten“* - SPFH
e.sichau
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� Bei der SPFH werden pro Einheit (10 Stunden brutto) 8 % fallüber-greifende Tätigkeiten berechnet.
� Das sind *fallbezogen
� 7,42 Stunden pro Woche in 52 Wochen oder
� 8,38 Stunden in 46 Wochen (ohne Urlaubsvertretung)
Einheiten - § 30 SGB VIII
e.sichau
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� Fallpauschale ½ Einheit
= 5 Stunden brutto und
3,71 Stunden netto in
52 Wochen – fallbezo-
gene Tätigkeit
4,19 Stunden netto in
46 Wochen (ohne Urlaubsvertretung)
� Fallpauschale EBS ¼ Einheit
� 2,5 Stunden netto in 52 Wochen
12
Ausblick
e.sichau
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� Der Anstieg der ambulanten Hilfen ist gewollt, er ist verbunden mit der Hoffnung, stationäre Hilfen zu vermeiden.
� Der Anstieg bedarf einer kritischen Überprüfung nach der Betreuungsintensität, Betreuungsdauer und den Zielen der Hilfen
� Die Betreuungshilfen sind genauer zu definieren.
Hilfen in Mannheim bereit-stellen und weiterentwickeln
e.sichau
17
Die gute Zusammenarbeit der Träger der Jugendhilfe ist ein Garant für die Bereitstellung und Weiterentwicklung der Hilfen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
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Ambulante Hilfen – wann helfen sie wirklich? Impuls referat (Karl Lederle, ehemaliger Abteilungsleiter im Diako nischen Werk Mannheim)
Karl Lederle, Diakonisches Werk MannheimFachgruppe Erziehungshilfe der LIGA Mannheim
Fachtag ambulante Hilfen 12.11.08
Ambulante Hilfen –wann helfen sie wirklich ?
Die Wirkung ambulanter Hilfen im
Kontext von Familie und Institutionen
Anmerkung
Bei der Zusammenstellung der Dokumentation war zur Klärung von Fragen eine not-
wendig erscheinende Rücksprache mit Herrn Lederle n icht mehr möglich. Daher konn-
te nur das Fazit des Vortrages abgedruckt werden.
Karl Lederle, Diakonisches Werk MannheimFachgruppe Erziehungshilfe der LIGA Mannheim
Fachtag ambulante Hilfen 12.11.08
Fazit:
• Das Ausmaß der Elternarbeit ist für sich allein kein Indikator für die Wirksamkeit der Hilfen (vgl. Tagesgruppen und soziale Gruppenarbeit).
• Die Dauer der Hilfen ist für sich allein kein Indikator für die Wirksamkeit der Hilfen (vgl. stationäre und ambulante Hilfen).
• Mit Ausnahme der Sozialen Gruppenarbeit sind die nicht geplanten Beendigungen zu hoch.
• Die Notwendigkeit anschließender Hilfen zur Erziehung ist bei manchen Hilfen zu hoch.
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Karl Lederle, Diakonisches Werk MannheimFachgruppe Erziehungshilfe der LIGA Mannheim
Fachtag ambulante Hilfen 12.11.08
Verbesserung sind möglich
• bei Beginn der Hilfe ausreichendes Clearing
• Einbindung der Eltern und Kinder in die Hilfeplanung regelmäßig verwirklichen
• Auswahl des geeigneten Trägers in der Hilfeplankonferenz, nicht davor
• Konkrete Hilfeplanung mit kontrollierbaren Zielen
• systematischere Steuerung des Hilfeverlaufs durch Überprüfung der Ziele
• Auswertungsgespräch SD/Träger
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Darstellung der Hilfearten:
1. Sozialpädagogische Familienhilfe
Falldarstellung für den Fachtag "Ambulante Hilfen a m 12.11.2008"
gemeinsam erarbeitet und vorgetragen von:
Frau Ingrid Mayer-Wallenwein AGFJ
Herr Volker Schmitt Pflügersgrundstr. 17, 68169 Mannheim
Tel.: 0621 / 31 88 08 99
Frau Mechtild Stritzke Arbeitsgemeinschaft SPFH
(AWO, Diakonie, Caritas, IB)
D7, 5, 68159 Mannheim
Tel.: 0621 / 12 50 620
Frau Jutta Schrenk Wespinstift, Ambulante Dienste
Mecklenburger Str. 56, 68309 Mannheim
Tel.: 0621 / 71 495-51
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Einleitung:
In einem Rollenspiel wird eine Teamsitzung mit Beratung durch die Fachdienstleitung darge-
stellt. Thema ist eine mögliche Kindeswohlgefährdung.
Wir beziehen uns auf eine Falldarstellung (Name und Daten der Familie sind frei erfunden),
die 2 mögliche Entwicklungen aufzeigt. Dies soll die Vielschichtigkeit des Verlaufs von Fami-
lienhilfen aufzeigen.
Aufbau:
1. Falldarstellung anhand des Genogramms mit Vorgeschichte und den Zielen nach der
Auftragsklärung
2. Mögliche Entwicklung des Falls 3 Monate nach Hilfebeginn: Variante A
a) Darstellung der Entwicklung
b) Haltung, Arbeitshypothesen, Ziele und Interventionen
3. Mögliche Entwicklung des Falls: Variante B
a) Darstellung der Entwicklung
b) Rollenspiel in Form einer Teamsitzung der SPFH, in der die aufgeführten Lösungs-
ideen thematisiert werden
Genogramm: siehe Anhang
Zur Vorgeschichte:
Die junge Mutter Janine Tischer, geb. 11.1989 ist allein erziehend. Ihr Sohn Justin ist
08/2008 geboren. Sie lebt mit ihrem Sohn bei ihrer eigenen Mutter. Mutter und Oma sind
sich einig, dass Janine mit ihrem Sohn in die eigene Wohnung ziehen soll. Zwischen Janine
und ihrer Mutter gibt es viel Streit. Laut Aussage von der Oma kümmere sich Janine nicht um
ihre finanziellen Angelegenheiten und die Wohnungssuche gehe nur schleppend voran. Zur-
zeit würde die Pflege des Enkels hauptsächlich von ihr geleistet werden. Die Großmutter
möchte gerne, dass ihre Tochter eine Hilfe annimmt, da sie nicht sicher ist, ob Janine die
Versorgung von Justin alleine leisten kann und die Verselbständigung in die eigene Woh-
nung bewältigen könne. Wenn sie versuche Janine zu helfen, gebe es nur weiteren Krach.
Der Vater von Justin, Denis geb. 03/1990, hat sich von Janine in der Schwangerschaft ge-
trennt, da er kein Kind wollte und Janine nicht zu einer Abtreibung bereit war.
Denis hat wie Janine an der Förderschule einen Hauptschulabschluss gemacht, lebt von
Arbeitslosengeld und hat mehrere berufsvorbereitende Maßnahmen abgebrochen.
Janines Vater ist an Herzversagen gestorben als sie 10 Jahre alt war. Ihre Mutter hat viel
als Bedienung gearbeitet, d.h. sie war mit ihrem Bruder Michael in ihrer Kindheit viel allein.
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Sie besuchte einen Kindergarten und einen Hort bis zur 5. Klasse. Janine war ein ruhiges
sozial zurückgezogenes Kind, das viel Zeit Zuhause vor dem Fernseher verbrachte. Nach
der Erlangung ihres Hauptschulabschlusses war sie auf einmal viel unterwegs, blieb auch
mal 1-2 Nächte von Zuhause weg. Sie hatte einen Freundeskreis gefunden zu dem auch
Denis gehörte.
Janines älteren Bruder Michael ist geb. 01/1981. Er war schon in seiner Kindheit auffällig
und trat früh straffällig in Erscheinung. Er machte eine kriminelle Karriere (Delikte in den Be-
reichen Drogenhandel, Diebstahl und körperlicher Gewalt) verbringt immer wieder Zeiten in
der JVA.
Janine beantragte die Familienhilfe auf Drängen der Mutter, in eine Mutter-Kind-Einrichtung
möchte sie nicht.
Hilfebeginn ist Oktober 2008.
Ziele nach der Auftragsklärung:
• Unterstützung bei der Wohnungssuche/ Unterstützung bei der Nestbauphase
• Unterstützung bei den Finanzen, Schuldenregulierung
• Hilfestellung bei der Vaterschaftsanerkennung und „Beziehungsgestaltung“ zum Vater
des Kindes
• Beratung bei der Entwicklung einer konkreten Zukunftsperspektive für Janine und Justin
• Vermittlung zwischen Oma und Mutter
• Unterstützung beim Aufbau einer kindgerechten Tagesstruktur
• Unterstützung bei der Gesundheitsfürsorge, der Pflege und Versorgung von Justin
Entwicklung nach 3 Monaten:
Variante A:
Janine lebt seit 2 Wochen in der eigenen Wohnung.
Janine ließ sich auf die Hilfe ein und nahm Termine regelmäßig wahr.
Die Begleitung zu Behörden durch die Familienhelferin nahm Janine besonders gerne an.
Sie hat die ihr zustehenden finanziellen Hilfen beantragt und hat erste Schritte zur Klärung
ihrer Schulden übernommen. Sie ist bei der Beistandschaft zur Klärung der Unterhaltsan-
sprüche und zur Vaterschaftsanerkennung angebunden.
Sie hat bereits in der Wohnung von Frau Tischer sen. schrittweise die Versorgung ihres
Sohnes übernommen.
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In der Renovierungs- und Umzugsphase hat ihre eigene Mutter sie sehr entlastet, indem sie
die Betreuung von Justin tagsüber übernommen hat.
Denis hat ihr bei der Renovierung der Wohnung geholfen, die beiden haben wieder Kontakt
mit einander. Wie sich die Beziehung zu ihm in Zukunft gestalten wird, ist noch offen. Er
möchte auf jeden Fall die Vaterschaft anerkennen.
Frau Tischer sen. und Janine möchten, dass Justin ein gutes Verhältnis zu seiner Großmut-
ter aufbauen kann und Frau Tischer zur Entlastung für Janine in der Betreuung von Justin
aktiv eingebunden bleibt.
Janine entwickelt erste Ideen für eine Berufsausbildung (z.B. Beiköchin) und möchte gerne
mindestens das erste Jahr Zuhause bleiben. Justin solle auf gar keinen Fall vorher eine
Krippe besuchen.
Zentrale Haltung, Arbeitshypothesen und Interventio nen der SPFH
Haltung:
• wertschätzende Haltung der jungen Mutter und der Großmutter gegenüber (begünstig-
te den schnellen Beziehungsaufbau)
� Das Angebot für Klärungsgespräche zwischen Janine und ihrer Mutter besteht.
� ressourcenorientierter Blick: unter dem Aspekt auch Hebamme als unterstützende
und bestätigende Hilfe einbeziehen.
Arbeitshypothesen und Ziele:
• Herausarbeiten der Ablösedynamik
• Aufgabe des Trotzes
Interventionen:
� Aufwertung von Janine in ihrer Rolle als Erwachsene Frau und Mutter Janine ist
Antragstellerin nicht Frau Tischer sen., die Hilfe wird an ihren Bedürfnissen ausge-
richtet. Gegenüber Frau Tischer besteht erstmals grundsätzlich eine Schweigepflicht,
von der nur die Antragstellerin die Familienhilfe befreien kann
� obwohl die Mutter möchte, dass Janine die Hilfe beantragt, die Hilfe annehmen.
� obwohl die Mutter es fordert, sich gut um das eigene Kind kümmern
� obwohl sie sich von ihrer eigenen Mutter in der Kindheit viel Alleingelassen fühlt, die
Mutter als Unterstützung für Justin annehmen
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Variante B:
3 Monate nachdem die Familienhilfe ihre Arbeit in der Wohnung der jungen Mutter, die sie
mit Ihrem Sohn Justin bezogen hat, aufgenommen hat, verändert sich die Auftragslage be-
zügliche des Ziels: (Hilfestellung bei der Vaterschaftsanerkennung und „Beziehungsgestal-
tung“ zum Vater des Kindes) entscheidend. Der Vater ist sehr präsent, hat die Vaterschaft
anerkannt, wünscht sich das gemeinsame Sorgerecht.
Er hält sich immer öfter in der Wohnung von Janine auf. Janine wirkt hin und her gerissen
zwischen Freude und Hoffnung auf eine intakte Kleinfamilie und Anspannung und Stress auf
der Paarebene.
Sie fühlt sich als Hauptverantwortliche für ihren Sohn. Sie ist froh, endlich mehr bestimmen
zu können, als beim Zusammenleben mit ihrer Mutter und möchte nicht ständig von ihrem
Freund „rein geredet“ bekommen.
Gleichzeitig wünscht sie sich Entlastung durch ihn, die er gerade dann, wenn sie es am
meisten wünscht, nicht geben mag, um seinen eigenen Interessen Vorrang zu geben.
Es kommt immer häufiger zum Streit, auch zu Handgreiflichkeiten zwischen den Partnern.
Janine gerät so unter Druck, dass sie zeitweise die Belange des Babys nicht mehr wahr-
nehmen kann. Die Partner schreien sich an, machen sich gegenseitige Vorwürfe, sind ent-
täuscht und wütend. Türen knallen, Trennung steht im Raum, Panik vor dem Allein sein.
Freunde und Kumpels der beiden haben keine Kinder und sind auf Distanz gegangen.
An einem Montagabend eskaliert die Situation. Der Streit entzündet sich in der Küche, Justin
liegt im Maxi-Cosi, der neben dem Tisch steht. Es fliegen Gegenstände durch das Zimmer,
die haarscharf am Kind vorbei fliegen. Die berstenden Teller bringen das Baby zum Schrei-
en, für einen kurzen Moment unterbrechen die Eltern ihr Gerangel. Die Impulse die Flucht zu
ergreifen, bzw. den Partner heraus zu werfen, schaffen fürs erste Distanz zwischen dem
Paar, der Vater verlässt die Wohnung.
Janine ruft aufgelöst und verzweifelt ihre Mutter an und bittet sie das Kind vorüber gehend
zu sich zu nehmen, da sie nicht wisse, in welchem Zustand der Vater wieder komme. Dar-
aufhin meldet sich am nächsten Morgen die Großmutter Frau Tischer beim Jugendamt mit
der Meldung, dass ihre Tochter ihr Kind nicht ausreichend vor den Gewaltausbrüchen des
Partners und Vaters schützen könne
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Lösungsideen zu Variante B:
SCHUTZKONZEPTE FÜR JUSTIN
1. Trennung von Denis und Janine:
� kann man nicht verordnen, würde außerdem das Gegenteil fördern und wäre ein Ein-
griff in das Selbstbestimmungsrecht von Janine (und Michael)
� eine solche Auflage könnte gar nicht kontrolliert werden
2. Mutter- Kind- Einrichtung
� Paarbeziehung kann gelebt werden
� Paar und Kind erstmal im geschützten Rahmen der Einrichtung
3. Kind wird ganz Inobhut der Großmutter geben
� ist eine viel zu intensive Maßnahme, es sei denn alle Beteiligten finden das als eine
gute Lösung
4. Zeitweilige Inobhutnahme des Kindes mit Rückführungsauflagen
� bei der Großmutter, anderen Verwandten oder in einer Pflegestelle
5. Zeitweiliges Verbot für Denis die Wohnung von Ja nine und Justin zu betreten,
wenn Justin anwesend mit ist - nur begleitete Besuc hkontakte-
6. Bearbeitung der Gewalt in der Beziehung
� als Auflage und neue Zielsetzung der Hilfe (freiwillig oder unfreiwillig, als gerichtliche
Auflage oder als Forderung des Jugendamtes)
� wer kann was leisten?
� SpFh kann Deeskalationsstrategien mit dem Paar erarbeiten
� Sollten sie zu einer Paartherapie vermittelt werden? Thema Bindung und Beziehung
an die Familienhilfe
� Sollte Denis zu „Jedermann“ vermittelt werden?
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2. Tagesgruppe und Schülergruppe
Tagesgruppenarbeit: Hilfe gemäß § 27 (Hilfe zur Erz iehung) i. V. § 32:
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder des Jugendli-
chen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und El-
ternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in sei-
ner Familie sichern.
Grundlage für uns ist das Tagesgruppenpapier (Schriftenreihe des Jugendamtes Band 42)
vom April 2004: „Tagesgruppen in Mannheim“.
Tagesgruppen in Mannheim gibt es seit 1978. Insgesamt gab es zum 31.12.2002 in Mann-
heim ca. 135 Tagesgruppenkinder:
• 2 Gruppen Neckarstadt - AWO
• 2 Gruppen Schönau - AWO
• 5 Gruppen Johann-Peter-Hebel-Heim
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• 3 Gruppen Schifferkinderheim (+ 1 RHN-Kreis)
• 2 Gruppen St. Anton
• 2 Gruppen Wespinstift
Im Zuge des Umbaus wurden einige/teilweise Tagesgruppenplätze seit 2004 in Plätze für die
soziale Gruppenarbeit § 27 (Hilfe zur Erziehung) i. V. mit § 29 (an Schulen, Nachbarschafts-
häusern etc.) umgewandelt.
Heute gibt es noch Tagesgruppen bei:
• AWO-Neckarstadt (1 Gruppe)
• AWO-Schönau (1 Gruppe)
• Johann-Peter-Hebel-Heim (3 Gruppen)
• Schifferkinderheim (2 Gruppen) (+ 1 RHN-Kreis)
• St. Anton (1 Gruppe)
• St. Josef ( 1 Gruppe)
• Wespinstift (1 Gruppe)
Förder- und Tätigkeitsschwerpunkte der Tagesgruppen arbeit:
• Schulische Förderung (Leistung, Verhalten)
• individuelle und Entwicklungsförderung
• intensive Elternarbeit
• soziales Lernen
• Entwickeln von Interessen und Freizeitgestaltung
(Strukturierende) Elemente von Tagesgruppen bzw. – gruppenarbeit:
Mehrere, nach pädagogisch-therapeutischen Gesichtspunkten, gut eingerichtete Räume
• dadurch Möglichkeit zu Kleingruppen
• dadurch Möglichkeit zu Lerngruppen
• dadurch Möglichkeit zur Einzelförderung
• Möglichkeit für eigenen/persönlichen (Lern-) Bereich (Schreibtisch)
Wochen- und Tages- Struktur
• ritualisiert
• rhythmisiert
• regelmäßig, verlässlich (auch Beziehungsangebot für definierte Zeit), verbindlich
• (mehr als) 220 Tage im Jahr
• (mindestens) eine Freizeit
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• Qualifizierte Mitarbeiter insbesondere hinsichtlich Pädagogik und Elternarbeit
• Zeitliche Flexibilität (z.B. hinsichtlich: Betreuungszeit etc. (S. 43 TG-Papier)
• Angebotsflexibilität (z.B. Einzelbetreuung, Fahrdienst, Begleitung zu Therapie, Anforde-
rungen seitens der Eltern/an Eltern etc. (S. 44 TG- Papier))
• mindestens 1 (warmes) Essen
Im Rahmen der Elternarbeit :
• strukturierend (Alltag);
• Prozess anregend und begleitend
• moderierend
• Hilfe organisierend/bündelnd
Netzwerk:
Tagesgruppen unterstützen die Familie/Eltern, indem sie s.o. Hilfestellung bei der Alltags-
strukturierung geben. Gleichzeitig regen sie Prozesse an und begleiten die Eltern dabei. Mit
der Aufnahme eines Kindes übernehmen sie Arbeit in eventuell schon vorhandenen Netz-
werken/vernetzten Hilfen, organisieren/strukturieren diese in Zusammenarbeit mit den Fami-
lien neu (Bündelung von Hilfen).
Eltern werden gecoacht. Teilweise haben die TGs moderierende Funktion im Zusammenwir-
ken aller Beteiligter.
Stichwort:
• hohe kommunikative Kompetenz
• Ressourcenaktivierung
Freizeit
Freunde/ Peer-Group
Verein
Jugendamt
Schule
Bera-tung/
Eltern/ Tages- gruppe
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Vorteile in Abwägung zur Schülergruppe (an Schule) :
• Tagesgruppen in Mannheim haben vor Ort (Heim) eine breite Palette an Möglichkeiten,
können viele Dinge nutzen, hohe Verfügbarkeit und Planbarkeit
• auch bei Krankheit kann verlässliche Betreuung in Zusammenarbeit mit anderen Grup-
pen gewährleistet werden
• intensive und verlässliche Beziehungsarbeit (Bindung) ist möglich
• Kinder mit „Schulproblemen“ (Schule = Problemort) sind eher erreichbar
• kleinere Gruppe
• höheres Mitarbeiterdeputat
• mehr Betreuungstage
• Räumlichkeiten (besser, mehr)
• es gibt einen Rahmenvertrag
Nachteile:
• Kinder müssen von der Schule in die TG kommen
• Austausch mit Lehrern (oft längere Wege, nicht spontan möglich)
• 5 Tage entspricht nicht immer der Notwendigkeit
• nicht immer im Nahraum gelegen
Soziale Gruppenarbeit – Schülergruppenarbeit: (Hilfe gemäß § 27 (Hilfe zur Erziehung) i. V.
§ 29:)
Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll
älteren Kindern und Jugendlichen bei der
Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten
und Verhaltensproblemen helfen. Soziale
Gruppenarbeit soll auf der Grundlage eines
gruppenpädagogischen Konzepts die Entwick-
lung älterer Kinder und Jugendlicher durch so-
ziales Lernen in der Gruppe fördern.
Im Zuge des Umbaus in Mannheim wurden an
verschiedenen Schulen aber auch Nachbar-
schaftshäusern soziale Gruppenarbeit
(Schülergruppen) eingerichtet.
Es gab aber schon vorher (in den 90ziger
Jahren) soziale Gruppenarbeit in Mannheim
(siehe: Schriftenreihe des Jugendamtes Band
26 vom Juni 2001: „Sozialpädagogische Gruppenarbeit in Mannheim“), wie z.B. in Waldhof
25
Ost und Rheinau (Stadt), Alsenweg (Caritas) und Schifferkinderheim, die zum Teil heute
noch existieren.
Zwischenzeitlich gibt es an verschiedenen Mannheimer Schulen weitere Angebote mit So-
zialer Gruppenarbeit, die von den freien
Trägern durchgeführt wird, auf deren Arbeit wir
uns im Folgenden beziehen wie z.B.:
• Neckargrundschule
• Schillergrundschule
• Vogelstang Grundschule
• Schönau Grundschule
• Wilhelm-Busch-Förderschule
• Maria-Montessori-Förderschule
• Rheinau-Förderschule
• Friedrich-Ebert-Hauptschule
• Geschwister-Scholl-Hauptschule
• Käfertal-Hauptschule (s.o. Umbau von
Tagesgruppen)
Anmerkung: die differenzierte Auflistung der Sozialen Gruppenarbeit in Mannheim ist im An-
hang
Förder- und Tätigkeitsschwerpunkte der Schülergrupp enarbeit:
Niederschwelliges Angebot;
familiärer Alltag/Organisation
sollte stehen, benötigt aber
• schulische Förderung und
Hausaufgaben
• soziales Lernen
• Freizeitförderung
• familiäre Entlastung
26
Vorteile in Abwägung zur Tagesgruppe:
• direkt vor Ort (da an Schule)
• kurze Wege; Kommunikation mit Lehrern sofort möglich
• Schule ist Eltern bekannt – evtl. leichtere Akzeptanz durch
• Eltern
• manche Kinder sind nur an der Schule erreichbar (Schulpflicht)
• niederschwelliges Konzept
• weniger Betreuungstage (kann auch Vorteil sein)
Nachteile:
• räumlich erheblich eingeschränktes Angebot (meist 1 Raum)
• Gruppe oftmals von den schulischen Bedingungen (Hausmeister, Benutzung anderer
Räume (z.B. Turnhalle) etc.) abhängig
• größere Gruppen
• geringeres Mitarbeiterdeputat
• weniger Betreuungstage (kann auch Nachteil sein)
• kann Kindern mit besonderen Auffälligkeiten/spezifischem Förderbedarf nicht gerecht
werden
• keine vertragliche Bindung der Raumnutzung
• Räume werden zum Teil von anderen Personen/ Organisationen genutzt
Abgrenzung Tagesgruppen – Schülergruppen
• 3 bzw. 4 Tage reichen nicht aus - bzw. umgekehrt (reichen aus)
• (ritualisierte) Betreuung an 5 Tagen notwendig (Bindung, Traumatisierung) - bzw. nicht
notwendig
• Struktur und Rhythmus
• notwendige Hilfen zur Stärkung des Kindes sind so komplex und vielschichtig, dass sie
durch das niederschwellige Angebot der Sozialen Gruppenarbeit (SG) nicht ausreichend
bearbeitet werden können.
• Elternarbeit ist durch verschiedene sich überlagernde Konflikt beladene Situationen in
der Familie nur durch intensive Zusammenarbeit aller Beteiligter (Eltern, TG, Therapeu-
ten, Jugendamt etc.) sicher zu stellen.
• es besteht Rahmenvertrag, Entgeltvereinbarung, Leistungsvereinbarung
27
Zielgruppe (TG)
• Kinder mit erhöhtem, intensivierten Förderbedarf (hoch ritualisiert, verlässlich) Kombina-
tion verschiedener Fördernotwendigkeiten (z.B. ADHS, Entwicklungsverzögerung)
• psychosoziale Versorgung und Unterstützung von Kindern und deren Familien mit z.B.
verschiedenen psychiatrischen Diagnosen wie z.B.: Asperger Autismus, ADHS etc.;
Grenzgänger zwischen Förderschüler- und geistiger Behinderung
• heikle Fälle, traumatisierte Kinder
• Fachdienst ?
In Abwägung des Bedarfs beim jeweiligen Kind /und bei der jeweiligen Familie (Organisa-
tionsgrad/Ressource) ist zu klären ,
• ob das Angebot der Schülergruppe für das Kind ausreichend ist bzw. gerade richtig ist
oder ob nicht
• eine Hilfe im Rahmen einer Tagesgruppe aufgrund des besonders hohen Bedarfs
(Rhythmisierung, 5 Tage, komplexes, vielschichtiges Beziehungs- und Hilfegefüges)
notwendig ist .
Gelingende und hindernde bzw. erschwerende Faktoren :
Gelingende Faktoren:
• sozialpädagogische Diagnose im Vorfeld der Hilfeplanung und Hilfeplanungskonferenz:
� vorhandene Daten und Fakten
� Genogramm
• gute Moderation und Einführung der Hilfe durch den SD und die Gruppe bei Vorstellung
• es wird ein geeignetes Lernfeld (Gruppe) zur Verfügung gestellt und der Wechsel wird in
ein passgenauere Hilfe ermöglicht (Wahlmöglichkeit)
• Auftragsklärung (Aufträge sind definiert und geklärt)
• Motivation zur Zusammenarbeit
• eine gute Zusammenarbeit/Netzwerk zwischen allen Beteiligten hinsichtlich der Zieler-
reichung - (Beginn und Verlauf der Hilfe)
• ein stabiles, zuverlässiges und förderliches Beziehungsangebot kann aufgebaut werden
• gute Zusammenarbeit/Netzwerk verschiedenster Organisationen im Lebensfeld des Kin-
des/der Familie (insbesondere hinsichtlich der Entlassung und Sicherung der Nachhal-
tigkeit)
28
Hindernde oder erschwerende Faktoren:
• Grundbedürfnisse von Kindern und deren Familien sind nicht erfüllt, wie angemessener
Wohnraum, emotionale Sicherheit, ausreichende Nahrung etc.
• psychogene Belastungsfaktoren wie Stress, Krankheiten, Drogen, Alkohol oder Gewalt
im familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld des Kindes
• wenn Kooperationspartner aussteigen (Schulausschluss)
• wenig bis keine zuverlässigen Anschluss- oder Versorgungsmöglichkeiten (geeignete
Vereine; Jugendhäuser, Fachärzte, Schulen, Freizeiteinrichtungen, Kultureinrichtungen,
ÖPNV u.a.
• niederschwelligere Anschlusshilfen
• unzureichende räumliche Ausstattung
2 Beispiele /gelingender Faktoren: [email protected] [email protected]
[email protected] [email protected]
Gelungener Einstieg
Hans hat Glück ! Schon im Vorfeld der Hilfeplanung erstellt die gewitzte Mitarbeiterin vom
Sozialen Dienst eine differenzierte Sozialpädagogische Diagnose, berät die Eltern umfas-
send über die verschiedenen Hilfen zur Erziehung. Die Eltern erkundigen sich über die Hilfen
vor Ort. Durch die Vielzahl von Problemlagen, wie belasteter familiärer Hindergrund unter
anderem durch die Alkoholproblematik des Vaters den hohen Förderbedarf und der ADHS
Diagnostik von Hans entscheidet sich die Hilfeplanungskonferenz für die Tagesgruppe als
passgenaue ambulante Hilfe.
Gekonnt wird die Hilfe eingeführt und der Hilfeprozess allparteilich moderiert.
Gute Zusammenarbeit
Hans macht es seinen Eltern und Lehrern in der Schule und den Betreuer in der Gruppe
nicht leicht. Er testet aus, sucht Grenzen und ärgert andere Kinder.
Hans hat Glück! Er trifft auf ein stabiles Beziehungsangebot und einem verlässliches Netz-
werk das Hans den notwendigen Halt gibt.
Auch Gretel hat Glück!
Hier erstellt der schlaue Mitarbeiter vom Sozialen Dienst eine differenzierte Sozialpädagogi-
sche Diagnose, berät die Eltern umfassend über mögliche ambulante Hilfen und Hilfen zur
Erziehung.
Seit die mittlerweile allein erziehende Mutter vor einen Jahr das dritte Kind bekommen hat,
muss Gretel noch mehr im Haushalt helfen. Ihre schulischen Leistungen sind auch erheblich
29
schlechter geworden und Freundschaften pflegt sie nicht bzw. Freundinnen hat sie kaum, sie
wirkt eher lust- und interesselos wird als zurückgezogen und bei Anforderungen als ange-
spannt erlebt.
Zum Glück gibt es an der Schule seit einem Jahr eine Schülergruppe, bei der ein Platz frei
geworden ist. Auch Gretels Klassenlehrerin sieht deren Not und setzt sich für Gretel ein, so
dass sie in der Konferenz einen Platz in der Schülergruppe erhalten kann.
2 Beispiele / hindernde oder erschwerende Faktoren : Wenn Kooperationspartner aussteigen Pech dagegen hat Max der gern in die TG ging und auch in der Schule gut mitmachte, bis er
wegen Gewalt von der Schule ausgeschlossen wurde. Eine neue Schule musste gefunden
werden. Sie empfing ihn mit dem Satz: “Wenn nur das Kleinste vorkommt dann musst du
auch hier gehen“. 3 Wochen später kam dann das Kleinste vor. Von der TG entlassen wartet
er bis heute auf einen Schulplatz
Wenn Grundbedürfnisse von Kinder nicht erfüllt werd en.
Da hat Heidi weniger Glück, sie wohnt mit ihren Eltern und ihren zwei Geschwistern in einer
Zweizimmer Wohnung mit Holzofenheizung. Die Kinder leiden unter Asthmabronchiale,
teilen sich ein Zimmer zum Schlafen, wirken in der Schule unkonzentriert und werden ge-
mieden, weil sie stark riechen. Wiederkehrende Arbeitslosigkeit und Drogenkonsum belasten
die Familie.
Nach Jahren steht eine größere Wohnung in Aussicht. Viel Glück !!!!
30
Schule Schulart Pädagogische Angebote
Anbieter Sachgebiet des Sozialen Dienstes
Neckargrundschule Grundschule Soziale Grup-penarbeit
AGFJ Neckarstadt West
Jungbusch Grund-schule
Grundschule Soziale Grup-penarbeit
AGFJ Innenstadt, Jungbusch
Schönau Grundschule Grundschule Soziale Grup-penarbeit
AWO Schönau
Schillergrundschule Grundschule Soziale Grup-penarbeit
St. Anton Mannheim-Süd, Necka-rau, Almenhof
Vogelstang Grund-schule
Grundschule Soziale Grup-penarbeit
Wespinstift Mannheim-Ost, Vogels-tang, Käfertal
Humboldt Grundschu-le
Grundschule Soziale Grup-penarbeit
AGFJ Neckarstadt-West
Wilhelm-Busch-Schule
Förderschule Soziale Grup-penarbeit
AWO Neckarstadt West und Ost
Hans-Zulliger-Schule Förderschule Soziale Grup-penarbeit
AWO Gesamtes Stadtgebiet
Maria-Montessori-Schule
Förderschule Soziale Grup-penarbeit
Schifferkinderheim Innenstadt, Jungbusch
Rheinau-Förderschule Förderschule Soziale Grup-penarbeit
Schifferkinderheim Seckenheim, Hochstätt
Friedrich-Ebert-Schule
Hauptschule Soziale Grup-penarbeit
Hebelheim Neckarstadt-Ost, Wald-hof
Geschwister-Scholl-Schule
Hauptschule Soziale Grup-penarbeit
Wespinstift Mannheim-Ost, Vogels-tang, Käfertal
Schillerschule Hauptschule Soziale Grup-penarbeit
St. Anton Mannheim-Süd, Necka-rau, Almenhof
Käfertal Hauptschule Hauptschule Soziale Grup-penarbeit
St. Josef Mannheim-Ost, Käfertal, Rott
Heim Pädagogische Angebote
Sachgebiet des Sozialen Dienstes
Hebelheim Soziale Grup-penarbeit
Sachgebiet 4.12
Schifferkinderheim Soziale Grup-penarbeit
Sachgebiet 4.24
Wespinstift Soziale Grup-penarbeit
Sachgebiet 4.22
In anderen Einrich-tungen
Einrichtungsart Pädagogische Angebote
Anbieter Sachgebiet des Sozialen Dienstes
Jugendhaus Wald-pforte
Jugendhaus Soziale Grup-penarbeit
Hebelheim Sachgebiet 4.12
ehemals Soul-Men-Club
Jugendhaus Soziale Grup-penarbeit
Jugendamt Sachgebiet 4.12
Päd. Gruppenarbeit Waldhof-Ost
eigene Räume Soziale Grup-penarbeit
Jugendamt Sachgebiet 4.12
Kinderhaus Friedrich-Ebert
Kindertagesstätte Soziale Grup-penarbeit
Hebelheim Sachgebiet 4.12
Kinderhaus Ida-Dehmel
Kindertagesstätte Soziale Grup-penarbeit
Wespinstift Sachgebiet 4.22
Evans. Einrichtung für Kinder
Kindertagesstätte Soziale Grup-penarbeit
Wespinstift Sachgebiet 4.22
Kinderhaus Freiberger Ring
Kindertagesstätte Soziale Grup-penarbeit
Wespinstift Sachgebiet 4.22
Ahlsenweg eigene Räume Soziale Grup-penarbeit
Caritas Sachgebiet 4.12
Familienzentrum Rheinau
eigene Räume Soziale Grup-penarbeit
Jugendamt Sachgebiet 4.24
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3. Erziehungsbeistandschaft
Vorspann zum Beitrag der Erziehungsbeistandschaft im Rahmen des Fachtages Ambulante
Hilfen
Vor Beginn der Hilfe steht die i.d.R. vom SoDi getroffene Bedarfsermittlung.
Eine differenzierte Analyse der Ausgangs-Situation mit dem Ziel, die Sichtweisen/Haltungen
der Beteiligten zu einer tragfähigen Lösung zusammen zu führen, bildet die Voraussetzung
für einen konstruktiven Hilfeansatz.
In diesem Kontext sind die Kindeswohlgefährdungen außen vorgelassen.
Als EBS arbeiten wir in der Regel mit Klienten, die, aufgrund ihres Alters, und unter Einbe-
ziehung des sozialen Kontextes zunehmend selbst zum Subjekt des Handels werden sollen.
Grundsätzlich geht es in allen Hilfeprozessen um die Zunahme von Autonomie des Hilfeemp-
fängers. Die zentrale Frage lautet:
Können wir mit den Beteiligten ihre Ressourcen so entdecken/entwickeln helfen, dass sie
lösungsorientiert eingesetzt/genutzt werden können, um die `ermittelnden` Bedarfe zu de-
cken.
Entwickeln wir Vorstellungen mit den Klienten oder für die Klienten; wird Hilfe zur Selbsthilfe
oder zum Katalysator für dauerhafte Abhängigkeit und Resignation?
Eine der spannenden Fragen mit evaluatorischem Anteil lautet:
Sind die Hilfeverläufe Gradmesser der Passgenauigkeit der Hilfen und der entwickelten Par-
tizipation, d.h. inwieweit korrelieren Arbeitsansätze mit Arbeitsergebnissen?
Es gibt aus meiner Sicht wenige Bereiche, wo die „subjektiven und damit nur schwer über-
prüfbaren Haltungen“ der Hilfeplaner so viel Einfluss auf Lebensführung und Entwicklung der
Hilfeempfänger nehmen, wie in der sozialen Arbeit.
Zwischen der Notwendigkeit und Möglichkeit, passgenaue Hilfen einzurichten, gibt es auch
die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, die von der Zielstellung her richtig sein können,
vom Verfahren und Lösungsweg allerdings auf viele Widerstände treffen. Hierbei besteht die
Gefahr, den „berechtigten Widerstand“ in den festgestellten Bedarf einzureihen und umzueti-
kettieren.
Hypothese:
3 Sozialarbeiter/innen kommen bei gleicher Fallkonstellation zu 3 grundverschiedenen Lö-
sungsansätzen. Frage: Welches ist der richtige Weg?
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Die Bandbreite der Hilfeplanung zwischen Projektion des eigenen Wertekanons und Hilfe-
planung als Versuch, eine größtmögliche Übereinstimmung zwischen Bedarf, Ressour-
cen/Möglichkeiten des Klienten einen gangbaren Weg zur gemeinsam formulierten Zielstel-
lung zu entwickeln scheint groß.
In diesem Spannungsfeld versuchen wir, unsere beiden Falldarstellungen einzubringen;
• zum einen die Verselbständigung eines Jugendlichen,
• zum anderen ein `Clearing` mit einem Jugendlichen.
Als gedachte Leitlinie sollte gelten: nicht ich schlage vor …, sondern wie finden wir ausge-
hend von einer weitgehend übereinstimmenden Analyse unter den möglichen Angeboten die
passenden Optionen die du brauchst/für Dich nutzen kannst?
Wo kannst du dich so aufgehoben fühlen, dass die Maßnahme auch zur Erreichung deiner
Zielformulierung beitragen kann?
Die Auslotung der möglichen Ziele setzt einen von hoher Empathie getragenen Prozess vor-
aus, um in der Kommunikation genügend Schnittmengen zu bilden, die zu einem tragfähigen
Konzept wachsen können.
Verselbständigung
Ausgangslage
Jugendlicher lebt mit Oma in einem symbiotischen Wohn- und Lebenszusammenhang; in die
Arbeit mit der Familie ist die Erziehungsberatungsstelle eingebunden.
Der Wunsch auf ein eigenständiges Leben ist sowohl bei der Oma als auch dem Jugendli-
chen sehr stark angewachsen. Eine Trennung erscheint von außen gesehen als dringend
notwendig, da das Zusammenleben nur noch aus einer Abfolge von Drucksituationen be-
steht ,das depressive Krankheitsbild der Oma rapide zunimmt und damit auch die psychi-
sche Gefährdung des Jugendlichen wächst.
Als Hilfeziel wurde von allen Beteiligten die Verselbständigung des Jugendlichen genannt.
Die mit dem Jugendlichen abgestimmten Hilfeschritte orientierten sich im Wesentlichen an
den Handlungsabläufen des Betreuten Wohnens (siehe Anlage).
Nachdem die formalen Abklärungen – WB-Schein, Kostenübernahmebestätigung der ARGE,
Zustimmung des Vermieters, Übernahme von Einrichtungsgegenständen des Vormieters
und Anmietung – erfolgt waren, stellte der Jugendliche fest, dass er es alleine in der von ihm
angemieteten Wohnung nicht aushielt. Das Probewohnen wurde von ihm schnell beendet.
33
Der Jugendliche zog zu seiner Oma in den Haushalt zurück und der Mietvertrag musste
nach wenigen Wochen wieder gekündigt werden.
Der Kontakt zu dem Jugendlichen blieb auch nach Abbruch dieses Verselbständigungsver-
suches bestehen, da die Grundsituation weiterhin nicht zufriedenstellend gelöst war. Das
eingangs beschriebene symbiotische Wohnverhältnis wurde von den Beteiligten wieder auf-
genommen.
Nach dem Tod der Oma, sie verstarb einige Monate nach dem Wiedereinzug - und der Kün-
digung der gemeinsame Wohnung fand der Jugendliche vorübergehend Aufnahme in der
Familie eines Freundes und begann eine Ausbildung als Bäcker.
Er nutzte den Rahmen der Erziehungsbeistandschaft weiterhin, um Fragen in Bezug auf
Erbschaft, Ausbildung, Wohnen etc. zu klären.
Inzwischen wohnt der mittlerweile Heranwachsende in einer von ihm selbst gesuchten und
angemieteten Wohnung und verfolgt sorgfältig und gewissenhaft sein Ausbildungsziel.
Die spannende Frage lautet: War die Hilfe eine Hilfe?
Ist die Hilfe nur dann als erfolgreich zu bewerten, wenn sie “unseren Lösungsvorstellungen“
entspricht?
An dieser Stelle noch ein Hinweis an die Teilnehmer/innen des Fachtages: Bei dem Thema
Verselbständigung geht es um eine Personengruppe von jungen Menschen, deren Bedarfe
oft „vernachlässigt“ werden.
An der Grenze der Volljährigkeit sehen auch die Mitarbeiter/innen des Jugendamtes oft keine
Möglichkeit/Notwendigkeit, diesen Personenkreis zu bedienen.
Da die ARGE in der Regel die Heranwachsenden unabhängig von den bestehenden Bedar-
fen bis zum Erreichen des 25. Lebensjahres auf den Haushalt der Eltern/ festschreibt, wer-
den oft Entwicklungen, die unter Umständen nur noch schwer nachgeholt werden können,
verhindert.
34
35
36
Clearing
Falldarstellung: Ein Jugendlicher lebt im Haushalt des Vaters und dessen neuer Lebenspart-
nerin. Der Bruder lebt bei der leiblichen Mutter. Eine Rückkehr in den Haushalt der Mutter ist
nicht möglich, da sich diese die Erziehung ihres Sohnes nicht mehr zutraut.
Der Jugendliche musste aufgrund seiner gezeigten Verhaltensauffälligkei-
ten/Unangepasstheiten im Schulalltag mehrere Mannheimer Schulen verlassen.
Es erfolgte ein Abstieg von der Real- in die Hauptschule.
Am Ende dieser Verläufe
gab es für den Schüler
keine schulische Per-
spektive mehr in
Mannheim. Auch eine
Anbindung im Projekt 2.
Chance konnte die
verfahrene Gesamtsituation
nicht mehr auflösen. Das
Anliegen des SD war: Gibt
es einen Weg aus der
Krise?
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Vorbemerkung zum Thema Krise: Krise birgt die Gefahr, dass man aufgesaugt wird von den
Problemen und unter Lösungsdruck steht; im Chinesischen gibt es das Wort Krise nicht, es
gibt die Sinneinheit für Chance und Gefahr.
Zum Clearing:
Clearing wirkt zunächst unverbindlich, da es auf keine Lösung/Maßnahme festgelegt ist; in
dieser Nichtfestgelegtheit auf Weg und Ziel bietet die Auseinandersetzung in dem pädagogi-
schen Prozess aus unserer Sicht mehr Möglichkeiten:
• alles ist offen
• alles darf gedacht werden
• es geht um `meine` ( Klient) Anliegen
• ich bin beteiligt
Zurück zum Fall: Clearing bedeutete unter anderem, den Jugendlichen so aufzunehmen wie
er war, ohne auf eine bestimmte Lösung fixiert zu sein und bereits Antworten zu haben, wo
die Fragen noch nicht klar waren.
Es ging darum:
• den Ist-Zustand mit dem Jugendlichen zu erfassen
• einen Blick aus der Distanz auf die Entwicklung zu richten
• mögliche Zusammenhänge für erlittene Niederlagen, Kränkungen, Ausgrenzungen aus
der Familie, der Schule und den sozialen Zusammenhängen zu erfassen und auszuloten
• Bedarfe, die von außen gesehen werden auf ihre `Richtigkeit` zu überprüfen
• innere Möglichkeiten (Ressourcen für Veränderungen) zu suchen/zu entwickeln
• einen Abgleich zwischen innerem und äußeren Bedarf vorzunehmen und Schnittmen-
gen zu bilden, die Veränderungsoptionen beinhalteten
• Vorstellungen für einen veränderten Alltag zu entwickeln und umzusetzen.
Es wurde in der aus meiner Sicht sehr fruchtbaren und intensiven Auseinandersetzung mit
dem Jugendlichen schnell deutlich, dass die äußeren Anforderungen oft nicht zu den inneren
Möglichkeiten passten und damit auch Niederlagen vorprogrammiert waren.
Der Jugendliche ließ sich darauf ein, die Ebene des Beschreibens der festgefahrenen All-
tagssituationen zu verlassen und auch Möglichkeiten in sein Denken aufzunehmen, die eine
räumliche Distanz zu seinem familiären Kontext zum Inhalt hatten.
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Aus meiner Sicht war die Offenheit dieses Prozesses und die starke Einbeziehung des Ju-
gendlichen die Grundlage für die Entwicklung einer stationären Maßnahme als passende
und angemessene Hilfe, die bis heute anhält und die den Jugendlichen in seinem schuli-
schen Verhalten (Aufstieg in die Realschule mit derzeitigem Abschluss) und in seiner per-
sönlichen Entwicklung stabilisiert hat.
Hilfreich in diesem Prozess war ein methodisches Know-how aus dem Psychodrama-
Bereich, das hier auch Dinge wie
• das Leben aufräumen
• Beziehungen klären
• Biografiearbeit
ermöglichte, ohne sich ständig auf der verbalen Ebene zu bewegen, die oft ein Macht-
/Ohnmachtgefälle in sich birgt.
`Keine Heimat zu haben macht es schwer, sich auf den Weg zu machen`; diese Haltung
konnte in einem intensiven gemeinsamen Prozess aufgelöst werden.
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4. Betreuungshilfe Chancen und Grenzen ambulanter Hilfen - Betreuungsh ilfe nach §30 KJHG
Vorbereitung / szenische Darstellung:
• Kinder- und Jugendheim St. Anton:
Ivonne Fertig, Valerie Franz, Martina Dormagen-Thome
• Kinder- und Jugendheim St. Josef:
Stephan Rischkopf, Jürgen Hoffmann
• Erziehungsbeistandschaft des Sozialen Dienstes:
Helmut Mann, Immanuel Diehl
Die Betreuungshilfe stellt eine große Bandbreite an Möglichkeiten der Unterstützung dar. In
der Vorbereitung zum Fachtag haben wir uns auf drei inhaltliche Schwerpunkte der Betreu-
ungshilfe festgelegt, die mögliche Übergänge in andere Hilfearten, aber auch Grenzen der
Betreuungshilfe aufzeigen sollen.
� Begleitung bei Verselbständigung
� Clearing: - Auftrag auf Zeit
- Einstieg in einen Hilfeprozess mit möglichem Über gang
in andere Hilfeform
� Rückführung aus stationärem Setting in die Familie
In unserem Beitrag wurden die Schwerpunkte anhand kurzer szenischer Sequenzen vorge-
stellt. In der Dokumentation haben wir jedoch auf die Beschreibung der Szenen verzichtet
und uns auf die Kernaussagen der dargestellten Fallkonstellationen beschränkt.
Die Unterstützung im Rahmen einer Betreuungshilfe ist in allen genannten Bereichen ge-
kennzeichnet und geprägt durch:
• Das Spannungsfeld von Anleitung und Eigenverantwortung.
• Den Übergang vom Leben in der „Jugendkultur“ in die „Gesellschaft der Erwachsenen“.
• Das Erarbeiten von erreichbaren Zielen und realisierbaren Lebensentwürfen/-
perspektiven und deren Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung.
Kinder- und Jugendheim St. Anton
Kinder- und Jugendheim St. Josef
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Clearing:
• Betreuungshilfe als zeitlich befristete Klärungsphase, um zu einer bedarfsgerechten wei-
teren Planung zu kommen.
• Betreuungshilfe als Chance, den Weg zu ebnen für weitere Hilfen.
Entscheidende Faktoren dieser Form der Betreuungshilfe sind:
� Vertrauen aufbauen
� Offenheit schaffen
� Klarheit und Transparenz der Aufträge
� Ressourcen erkennen
� Motivation für andere oder weitere Hilfe erarbeiten
� weiterführende Hilfen empfehlen
Rückführung:
Was braucht es /was ist hilfreich für eine gelingen de Rückführung von Kin-
dern/Jugendlichen aus dem stationären Bereich in di e Familie?
Je früher das Ziel einer Rückführung im Hilfeverlauf thematisiert wird, desto schneller entwi-
ckelt sich ein Prozessverlauf, weg von der Problemsicht/ Problemfokussierung der Beteilig-
ten hin zu einer ressourcen- und lösungsorientierten Sichtweise in Bezug auf das jeweilige
Kind / den Jugendlichen / das Familiensystem.
Eine solche systemische Sichtweise / Grundhaltung bildet die Grundlage für:
• Entlastung (Stärkung des Familiensystems)
• Vertrautheit
• Moderation
• Förderung von Ressourcen und Kompetenzen
• Unterstützung bei der Entwicklung eigener Problemlösungsstrategien
• Aufbau eines eigenen Netzwerks
• Einen Prozess, in welchem der/die Jugendliche, der/die Betreuungshelfer/in und die zu-
ständige Fachkraft des Sozialen Dienstes den Hilfeverlauf gemeinsam gestalten.
Insofern ist eine solche Grundhaltung auch auf weitere Bereiche der Betreuungshilfe über-
tragbar.
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Für einen erfolgreichen Hilfeverlauf ist, neben der direkten Kommunikation und einer durch-
gängigen Transparenz der Aufträge und Ziele zwischen allen Beteiligten, auch die ständige
Reflexion und Evaluation der Hilfe wünschenswert.
Vieles ist möglich im Rahmen der Betreuungshilfe. Die Grenze ist jedoch erreicht, wenn das
Wohl des Kindes trotz der angebotenen Hilfe nicht gewährleistet ist.
Themengruppen
1. Hilfeende oder Hilfe ohne Ende
Moderation: Jutta Schrenk (Bereichsleitung ambulante Hilfen, Wespinstift)
Roswitha Vogel (Fachberatung Erziehungshilfe, Jugendamt)
Die Teilnehmer des WS wurden gebeten folgende drei Thesen in Kleingruppen zu diskutie-
ren und dazu Stellung zu nehmen. Die Aussagen der TN´s sind jeweils den Antworten zuge-
ordnet.
These 1. SPFH sollte auf jeden Fall nach 1 Jahr bee ndet sein, da die Familien nach 12
Monaten sozialpädagogischer Begleitung in der Lage sein müssten, ihre Probleme in
den Griff zu bekommen.
Dieser Aussage stimme ich zu, weil …
+ die Eltern mehr in die Verantwortung genommen werden
+ bei deutlicher Initiative für die Hilfe von Seiten der Eltern und eindeutiger Auftragslage
passieren die wichtigsten Veränderungen in den ersten 12 Monaten
+ weil die Gefahr für den Helfer zum „Familien / Systemmitglied“ zu werden kleiner wird
+ weil die Helfer dann nicht in eine Problemtrance kommen
Ich stimme nicht zu, weil …
− die Aussage widerspricht Erfahrungswerten über das Tempo von Veränderungen in Fa-
milien
− jede Familie braucht ihre eigene Zeit
− Veränderungen brauchen Raum und Zeit und müssen individuell abgestimmt werden
− Der Bedarf im Einzelfall ist ausschlaggebend
− Die Aussage ist zu ausschließlich
− SPFH braucht eine Anlauf / Aufwärmphase
− ignoriert die individuelle Ausgestaltung
43
− widerspricht dem Rechtsanspruch auf HZE
− funktioniert nicht, wenn Mitarbeit der Familie / einzelner Mitglieder nicht ausreicht
− so ist keine individuelle Problembetrachtung und – Bearbeitung möglich
− die Auftragsklärung ist wichtiger Bestandteil des Prozesses und braucht Zeit
− eine realistische Auftragsklärung kann oft erst nach ca. 3 Monaten effizient erfolgen
− gilt nicht für den Zwangskontext
These 2. Im Vorfeld kann man sich nie sicher sein, wie lang eine amb. Hilfe dauert, weil
die Problemlage oft sehr viel größer ist, als gedac ht. Viele Probleme liegen im Verbor-
genen und werden erst im Laufe der Hilfe und nach i ntensiver Vertrauensarbeit sicht-
bar.
Dieser Aussage stimme ich zu, weil …
+ erst nach intensiver Zusammenarbeit soviel Vertrauen entsteht, dass „Verborgenes“
preisgegeben wird.
+ je nach Intervention unterschiedliche Zeitrahmen benötigt werden
+ da im Vorfeld auch durch den ersten Schritt (z.B. Beratung) einiges in Bewegung gesetzt
werden kann, so dass die Sichtbarkeit nicht unbedingt i. d. Ferne liegen muss
+ die Situation / Problemlagen der Familien nie gleich bleiben
+ weil es sein kann, dass sich „ungeahnte“ Problemlagen ergeben (Schwangerschaften,
Trennung der Eltern etc..)
+ weil häufig nach begonnener Arbeit, Fähigkeiten und Stärken sichtbar werden, von de-
nen vorher nichts bekannt war, im Sinne von: die Entwicklung der Hilfe verläuft entgegen
der Erwartungen sehr positiv
+ weil Hilfeverläufe immer lebendige Prozesse sind und sich die Bedarfe oft erst im Verlauf
der Arbeit ergeben. Festlegungen im Voraus tragen dieser Tatsache nicht Rechnung
Ich stimme nicht zu, weil …
− es gibt viele ambulante Hilfen, deren Problemlage abschätzbar sind
− wir können nicht alle Problemlagen abschließend bearbeiten
− nicht alle Probleme können / müssen in einer Hilfe gelöst werden
− nie alle Probleme gelöst werden können, sondern den Familien Handlungsstrategien
vermittelt werden sollen, die sie dann wieder auf andere Problemfelder anwenden kön-
nen
− in einem klar vorgegeben Zeitrahmen die ausgearbeiteten Hilfeplanziele nicht aus den
Augen verloren gehen
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These 3. Ambulante Hilfen sollten mehr ausdifferen ziert werden im Sinne von:
zeitlich und fachlich intensiver Einstieg => schnel ler Ausstieg, oder
langfristig niederschwellig mit fachlicher Begleitu ng und Intervallauswertung
Dieser Aussage stimme ich zu, weil …
+ weil ich einzelfallorientiert arbeiten will und mich nicht auf das eine oder andere festlegen
lassen will
+ weil es Familien gibt, die nach einer gewissen Zeit der Unterstützung ohne Begleitung ihr
Leben bewältigen, es aber andererseits auch Familien gibt, die auf langfristige Unterstüt-
zung angewiesne sind.
+ es den Vorteil hat, die Hilfe im Einzelfall genauer dem Bedarf anzupassen.
+ nicht in jeder Familie der gleiche Einstieg möglich ist / angenommen wird.
+ weil ich den Ablauf und das Ende mit dem Klienten vereinbaren kann
+ weil das mehr Handlungsmöglichkeiten bietet
+ Hilfen sollen generell flexibel sein
Ich stimme nicht zu, weil
− es gilt zu bedenken: Personalplanung der Träger / Zeitressourcen beim ASD
In der Großen Runde wurden die Aussagen nochmals diskutiert und man kam zu folgendem
Fazit:
Je genauer die sozialpädagogische Eingangsdiagnosti k ist, umso klarer können Auf-
trag, Ziele und Umfang der Hilfe definiert werden!
45
2. Kindesschutz durch Krisenintervention (insbesondere durch PFiFF)
Moderation: Fr. Weber (Kath. Kinder- und Jugendheim St. Josef)
Hr. Peischl (Soziale Dienste)
___________________________________________________________________
Vorgestellt wurde die Jugendhilfemaßnahme PFiFF – Perspektiven Finden Für Familien,
Kriseninterventionsdienst der Mannheimer Caritaseinrichtungen.
Mit den Workshopteilnehmern, die sich aus verschiedenen Bereichen der öffentlichen und
freien Jugendhilfe zusammensetzten, beispielsweise Soziale Dienste einschließlich der Kin-
desschutzstelle, Kinder- und Jugendheime wurde das Angebot PFiFF besprochen und disku-
tiert. Der Workshop befasste sich hauptsächlich damit, wie das Angebot PFiFF konzipiert ist.
Ebenso wurden die Materialien dargestellt, mit denen PFiFF arbeitet und die Praktikabilität
von PFiFF als Möglichkeit der Krisenintervention gemeinsam diskutiert. Mitarbeiterinnen, die
selbst PFiFF in der Familie durchführen, waren auch anwesend, um über die Praxis in der
Familie und die Erfahrungen mit PFiFF zu berichten.
Im Folgenden ist das Angebot PFiFF genauer beschrieben.
Angebot
Ambulante Unterstützung für Familien gemäß §27.2 SGB IIX.
Die zu betreuenden Familien erfahren eine sofortige Hilfe und Unterstützung in Form von
ambulanter Betreuung. Die Hilfe soll schnell beginnen; möglichst innerhalb von 48 Stun-
den nach Anmeldung des Falles durch den sozialen Dienst des Stadtjugendamts Mann-
heim (je nach Verfügbarkeit). Der Ansatz der pädagogischen Fachkräfte von PFiFF ist
lösungsorientiert und familienstärkend mit einer, die Familienmitglieder wertschätzenden
Grundhaltung. In Kooperation mit den Sozialen Diensten wird der Hilfebedarf während der
akuten Krise abgeklärt (Clearing) und gemeinsam von den pädagogischen Fachkräften
und der Familie besprochen und bearbeitet.
46
PFiFF ist ein Baustein der Notaufnahme des Kinder- und Jugendheims St. Josef und wird als
Kooperationsleistung folgender Einrichtungen angeboten:
• Kinderheim St. Josef
• Kinderheim St. Anton
• Sozialpädagogische Familienhilfe des Caritasverband Mannheim
Zentrale Anlaufstelle ist das Kinderheim St. Josef, wo das Angebot PFiFF angefragt werden
kann. Von hier erfolgt die Koordination des Kriseninterventionsdienstes.
Zur Dokumentation und Unterstützung des Hilfeverlaufs werden standardisierte und struktu-
rierte Dokumentationsmaterialien („PFiFF-Bögen“) verwendet, die speziell für PFiFF entwi-
ckelt wurden.
MitarbeiterInnen
Pädagogische Fachkräfte mit Berufserfahrung im ambulanten Bereich und in der Kri-
senintervention, die zum Teil systemische BeraterInnen sind oder sich gerade in Ausbil-
dung zum/zur systemischen BeraterIn befinden.
Die Professionen der MitarbeiterInnen aus den kooperierenden Einrichtungen sind:
� Dipl.SozialpädagogInnen
� ErzieherInnen
� Jugend- und HeimerzieherInnen
Fachlich beraten und begleitet werden die MitarbeiterInnen von den psychologischen Diens-
ten der Heime und der Erziehungsberatungsstelle. Während jedes Einsatzes von PFiFF fin-
den zwei Termine zur Fallsupervision statt.
Leistungen von PFiFF
Die MitarbeiterInnen arbeiten zu zweit in der Familie. Die Festlegung der Kontaktdichte er-
folgt in Absprache mit der zuständigen Fachkraft der Sozialen Dienste je nach Bedarf.
Zu Beginn der Hilfe ist es sinnvoll und notwendig, die Termine mit und in der Familie auch
teilweise zu zweit wahrzunehmen. Die Hilfe wird in der Regel mit einer Einheit pro Mitarbeite-
rIn begonnen. Diese Einheit (10 Std./Woche) beinhaltet, wie bei der sozialpädagogischen
Familienhilfe auch, Fahrzeiten, Dokumentation, Fallberatung oder ähnliches. Im Laufe der
Hilfe muss, gemeinsam mit dem psychologischen Fachdienst, der die Fallsupervision über-
nommen hat, entschieden werden, ob die Einheiten und damit die Intensität der Hilfe redu-
ziert werden kann.
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Das Angebot PFiFF wird grundsätzlich für 4 Wochen geleistet und kann im Einzelfall auf 6
Wochen verlängert werden.
Alltagspädagogische Leistungen (Auszüge): Sicherung der Grundbedürfnisse; Schutzvorkeh-
rungen; Hilfe bei der Alltagsstrukturierung, -bewältigung und einer sinnvollen Freizeitgestal-
tung; Anleitung bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten; Sicherung der Wohnung und Gestaltung
eines angenehmen Wohnumfeldes; Verbesserung der Wohnatmosphäre; Unterstützung
beim Umgang mit finanziellen Ressourcen (oft auch Beantragung von Geldern).
Pädagogische und therapeutische Leistungen (Auszüge): auf der Basis des systemischen
und lösungs- und handlungsorientierten Ansatzes wird unter anderem mit folgenden Metho-
den gearbeitet:
Genogrammarbeit, Ressourcenanalyse aller Systembeteiligten, Erstellung eines Netzwerkes
der Familie (Netzwerkkarte), Techniken zur Konfliktbearbeitung und Lösungsstrategien,
Techniken der Gesprächsführung (beispielsweise aktives Zuhören, Reframing, Loben),
Techniken zum Umgang mit familiären Krisen (beispielsweise Krisenbarometer, Skalierungs-
fragen), Erarbeiten von Zielen mit den einzelnen Systembeteiligten, Einbindung der Familie
in eine soziales Netzwerk (Sozialraumorientierung).
Leistungen durch die Organisation im Verbund: kurzfristig können Ressourcen aktiviert und
beispielsweise folgende Leistungen eingeleitet werden: verschiedene Beratungsangebote
oder Diagnostikmöglichkeiten, Einbindung in regionale (Gruppen-)Angebote für Eltern, Kin-
der oder Jugendliche, HOT (Haushalts-Organisations-Training), Vermittlung von Second-
Hand-Möbel oder –Kleidung.
Bei näherem Interesse und zur Erläuterung des Gesamtkonzeptes:
Kath. Kinder- und Jugendheim St. Josef
Wormserstraße 25
68309 Mannheim
0621-720710
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3. Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes D orf. Walter Haas / Ralf Schäfer
Die TeilnehmerInnen der Themengruppe beschäftigten sich mit der Fragestellung:
„Was ist notwendig, um im Stadtteil lebensweltorientierte Sozialarbeit zu leisten?“
Lebensweltorientierung ist eine wichtige Grundlage insbesondere ambulanter Hilfen. Be-
stimmte Rahmenbedingungen sind aber notwendig, wenn diese gelingen soll. Das Vorhan-
densein bzw. Fehlen dieser Rahmenbedingungen bedingt stark die Möglichkeiten und Gren-
zen der ambulanten Hilfe mit.
In der Themengruppe wurden zunächst Grundlagen lebensweltorientierter Sozialarbeit erar-
beitet. Danach wurden „Struktur- und Handlungsmaximen in der Kinder- und Jugendhilfe“
nach Thiersch vorgestellt. Schließlich wurden in 3 Kleingruppen Entwürfe für den perfekten
Stadtteil „Neu-Schönblumenau“ erarbeitet und in der Gruppe vorgestellt. Es wurde vermutet,
dass viele der genannten Rahmenbedingungen geeignet wären, stationäre Hilfen zu vermei-
den, ambulante Hilfen erfolgreicher zu gestalten und viele Bedarfe würden wahrscheinlich
gar nicht erst entstehen.
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4. Kinder raus, was dann?
Kinder raus – und was dann?
Krisen initiieren und nutzen in
Familien mit Vernachlässigung
AGFJ-Karl-Heinz Münch: Möglichkeiten und Grenzen ambulanter Hilfen
AGFJ Karl-Heinz Münch
GliederungMerkmale MultiproblemfamilienZiele der ArbeitBeginn von HilfenEinige Gedanken zum Thema VernachlässigungVorgehen bei Vernachlässigung
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AGFJ Karl-Heinz Münch
Merkmale Multiproblemfamilien
- Mehr als ein Mitglied der Familie hat Probleme
- Familie chaotisch (Gewalt, Drogen, multiplePartner)
- Soziale Benachteiligung (Armut,Isolation, Arbeitslosigkeit)
- Ablehnung traditioneller Therapieangebote(unmotiviert unfreiwillig)
- Multiple Helfersysteme- Institutionsfamilien - chronische Beziehungen
zwischen Helfern und Hilflosen
AGFJ Karl-Heinz Münch
Ziele der Arbeit
Grundhaltung: Klienten sind Experten
- Isolation überwinden – Integration- Stigmatisierung abbauen- Hoffnung wecken- Selbstwirksamkeit erhöhen- Eltern fühlen sich kompetent, sehen ihre Kinder und deren
entwicklungsgemäße Aufgaben, übernehmen Verantwortung- Neue Sichtweisen anregen- Grenzen und Rollen werden klar- Konstruktive Interaktionskreisläufe anregen - destruktive
unterbrechen
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AGFJ Karl-Heinz Münch
Beginn einer Hilfe
NetzwerktreffenFamilien sind dabeiFamilien bringen ihr Netzwerk mitJugendamt, Leitung, EinrichtungListe von Netzwerkfragen werden vorher verschickt
AGFJ Karl-Heinz Münch, Möglichkeiten und Grenzen ambulanter Hilfen
AGFJ Karl-Heinz Münch
Vernachlässigte Vernachlässigung
Bislang fehlt:
- die theoretische Aufarbeitung von Vernachlässigungbn
- eine Einigung über eine Definitionb
- die Konkretisierung von Kriterien von Vernachlässigungb
- die empirische Erfassung von Risikofaktorenb
- der gesellschaftliche Diskurs darüber, was als
Mindeststandard bei der Erfüllung von Grundbedürfnissen anzusehen ist, z.B. im Kontext von Armut
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AGFJ Karl-Heinz Münch
Wie vorgehen beiVernachlässigung, schleichender Vernachlässigung, Überforderung?
Beobachtungen, Schwierigkeiten klar benennen und ansprechen (Ressourcenorientierung vs. Klarheit)
„Wenn ich das JA davon in Kenntnis setzen würde, mit Foto oder Beschreibungen, was meinen sie würde das JA tun?“
Jugendamt in Kenntnis setzen, Familie darüber informieren, gemeinsame Einschätzung vornehmen, weiteres Vorgehen
planen
Genaue Schritte zur Veränderung mit Familie aushandeln, schriftlich festhalten mit Zeitschiene – Kontrollkontext der Hilfe
markieren
Krise
AGFJ Karl-Heinz Münch
Keine Veränderung
-JA aktiv einschalten, evtl. Androhung der Herausnahmeder Kinder
-Vernachlässigung erneut benennen
-Schritte zur Veränderung aushandeln
-Keine Veränderung
-Intervention des JA- Herausnahmeder Kinder aus der Familie–„gegen den Willen aber nicht ohne ihr Wissen“
-Rückkehroption beachten und klären
-Diese Phase nutzen zur Veränderung
-Rückkehr planen und festlegen
Veränderung
-Kraft in der Hilfe halten
-weitere Überprüfungen vereinbaren
-Mischung zwischen Ressourcen und Skepsis aufrechterhalten
-klären, wie es zur Vernachlässigung kam