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Wissenschaftliche Schriftenreihe des Institutes für Fertigungstechnik/Schweißtechnik der TU Chemnitz Technische Universität Chemnitz Institut für Fertigungstechnik/ Schweißtechnik Tagungsband zum 6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik Konstruktion Fertigung Montage Prüfung/Bewertung Schadenanalyse 13. Mai 2004 Chemnitz

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Wissenschaftliche Schriftenreihe des Institutes für Fertigungstechnik/Schweißtechnik der TU Chemnitz

Technische Universität Chemnitz

Institut für Fertigungstechnik/Schweißtechnik

Tagungsband zum

6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

Konstruktion

Fertigung Montage

Prüfung/Bewertung Schadenanalyse

13. Mai 2004 Chemnitz

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Technische Universität Chemnitz Institut für Fertigungstechnik / Schweißtechnik 09107 Chemnitz Tagungsband „6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik“ Konstruktion – Fertigung – Montage – Prüfung/Bewertung - Schadenanalyse Band 2 der Wissenschaftlichen Schriftenreihe des Institutes für Fertigungstechnik/Schweißtechnik der TU Chemnitz ISSN 1611-9355 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungs-anlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbedingungen des Urheberrechtsgesetzes. Printed in Germany, 2004 Herstellung: Institut für Print- und Medientechnik (Zentrale Vervielfältigung) der TU Chemnitz Vertrieb: Institut für Fertigungstechnik / Schweißtechnik Kontakt: [email protected]

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Vorwort

Das 6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik reiht sich im „Jahr der Technik 2004“ als ein Diskussionsforum und Treffpunkt kompetenter Fachleute für einen Technologie-transfer zwischen Forschung und Praxis ein. Die Inhalte unterstreichen den Anspruch, dass die Fügetechnik eine Kernkomponente in der Fertigung ist, wobei das Schweißen unverändert eine besondere Bedeutung hat. Die Inhalte des 6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik sind so gegliedert, dass entsprechend des aktuellen Entwicklungsstandes Innovationen von der Konstruktion bis zum fertigen Produkt vorgestellt werden. Die sich daraus ableitenden Themengruppen der Vorträge betreffen die - Konstruktion, - Fertigung, - Montage, - Prüfung/Bewertung und - Schadenanalyse. Im Umfeld der Vorträge werden eine Posterausstellung und insbesondere der Erfahrungsaus-tausch weitere Anregungen zu aktuellen Themen der Fügetechnik geben. Mit dem 6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik wird nicht zuletzt eine weitere Annä-herung von Forschung und Praxis angestrebt. Von den Fachleuten aus Industrie und Handwerk wünschen wir uns wieder Impulse für die zukünftige Hochschulforschung und Entwicklungs-trends. Der Veranstalter bedankt sich bei den Referenten für Ihre Fachbeiträge. Dank gilt ebenso den Unternehmen und Institutionen, welche die Durchführung des Symposiums unterstützen. Chemnitz, Mai 2004

Prof. Dr.-Ing. habil. K.-J. Matthes Dr.-Ing. F. Riedel

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Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

Franke, R.: Moderne Werkstoffe und Testmethoden im Flugzeugbau 5 Riedel, F.: Trends in der Schweiß- und Fügetechnik 13 Rosert, R.: Schweißen mit Fülldraht – Entwicklung und Perspektiven in der Anwendung 19 Himmelbauer, K.: MSG-Hochleistungsschweißverfahren – Technologien und Anwendungspotenzial 29 Schuster, J.: Rost-. säure- und hitzebeständige Stähle – Geschichte, Entwicklung und schweißtechnische Verarbeitung 37 Gerster, P.: Wirtschaftliche Herstellung hoch beanspruchter Schweißkonstruktionen unter Montagebedingungen 49 Langrock, S.; Keitel, S.: Prüfung und Bewertung von Schweißnähten 61 Seliga, E.; Uhlig, W.: Schäden an gefügten und wärmebehandelten Bauteilen 71 Unterstützende Firmen 79

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Moderne Werkstoffe und Testmethoden im Flugzeugbau

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Moderne Werkstoffe und Testmethoden im Flugzeugbau

R. Franke*, B. Brenner **, V. Ulbricht***, W. Zink**** *) IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH Dresden **) Fraunhofer-Institut Werkstoff- und Strahltechnik Dresden ***) Technische Universität Dresden, Institut für Festkörpermechanik ****) AIRBUS Deutschland GmbH Bremen

Zusammenfassung

Die Anforderungen an die Herstellung von Luftfahrzeugen wachsen ständig. Das verlangt neue Konzepte für die Qualifizierung von Werkstoffen und Technologien. So erlangen neue Werkstoffe (AA2524, AA6xxx, AA 7xxx, Glare) ebenso an Bedeutung wie fortschrittliche Fertigungsverfahren (Schweißen, HPC (High Performance Cutting, stranggepresste Rumpfschalen) zur Realisierung innovativer Design Konzepte. Für eine richtige Einschätzung des Entwicklungspotentials von neuen Bauweisen und Werkstoffen ist es erforderlich, den Einfluss auf die Eigenschaften der Gesamtstruktur bereits im Vorfeld zu untersuchen.

1 Einleitung

Die Anforderungen an die Herstellung von Luftfahrzeugen wachsen ständig. Der globale Wettbewerb zwingt zu kürzeren Entwicklungszeiten und sinkenden Kosten in der Produktion. Dem gegenüber stehen die sehr hohen Forderungen an die Sicherheit von Flugzeugen. Das verlangt neue Konzepte für die Qualifizierung von Werkstoffen und Technologien. Die Entwicklung künftiger Flugzeuge ist stark von innovativen Werkstoffen und Fügetechnologien geprägt. Die Gründe liegen in den erhöhten Anforderungen an die Schadenstoleranz der Flugzeugrumpfstruktur, im verschärften Kostendruck oder im Ringen um Marktanteile zwischen den Flugzeugherstellern. Dazu kommen die Forderungen der Airlines hinsichtlich der Reduzierung von Kosten und Zeit bei der Inspektion und Wartung der Flugzeuge. So erlangen neue Werkstoffe (AA2524, AA6xxx, AA 7xxx, Glare) ebenso an Bedeutung wie fortschrittliche Fertigungsverfahren (Schweißen, HPC (High Performance Cutting, stranggepresste Rumpf-schalen) zur Realisierung innovativer Design Konzepte. Für eine richtige Einschätzung des Entwicklungspotentials von neuen Bauweisen und Werkstoffen ist es erforderlich, den Einfluss auf die Eigenschaften der Gesamtstruktur bereits im Vorfeld zu untersuchen. Vor der Einführung neuer Werkstoffe müssen im ersten Schritt die spezifischen Materialeigenschaften ermittelt werden. Dafür sind experimentelle Untersuchungen an genormten Werkstoffproben der übliche Weg. Die Einflüsse von Verbindungstechnologie und Herstellungsprozess wiederum müssen an bauteilähnlichen Proben untersucht und analysiert werden. Die aus all diesen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse werden rechnerisch auf die Gesamtstruktur übertragen. In Großstrukturversuchen (Full Scale Fatigue Test, Barrel-Test) erfolgen die endgültige Überprüfung sowie der Nachweis des Festigkeitsverhaltens und der Schadenstoleranz der Gesamtstruktur. Im Allgemeinen liefert der Barrel-Test die entsprechenden Informationen in Bezug auf statische bzw. dynamische Festigkeit, Schadenstoleranz und Restfestigkeit von Flugzeugrumpfschalen. Aus Kostengründen, auf Grund der wachsenden Anzahl möglicher Werkstoffe und Herstellungsverfahren und der relativ langen Versuchsdauer beim Barrel-Test stößt diese Versuchsmethodik im Rahmen der Vorentwicklung auf ihre Grenzen.

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Zunehmend werden Methoden gefordert, die es erlauben, durch Anwendung physikalischer Modelle und einfacher Testobjekte Flugzeugrumpfschalen bereits im Vorfeld des Barrel-Tests auf ihre Eigenschaften hin zu untersuchen. Im Beitrag wird über Ergebnisse [7] an lasergeschweißten Haut-Stringer-Panels und Rumpfschalen im Vergleich zu konventionellen Bauweisen berichtet.

2 Laserstrahlschweißen von integralen Haut-Stringer-Panels

Eine wesentliche Entwicklungsstrategie von AIRBUS zur gleichzeitigen Reduzierung der Fertigungskosten und des Strukturgewichtes besteht in der Ablösung des Nietens durch das Laserstrahlschweißen (vgl. z. B. [3]). Seine industrielle Nutzbarkeit und Qualifikation hat das Laserstrahlschweißen durch die Serieneinführung laserstrahlgeschweißter Stringer-Haut-Verbindungen beim Flugzeugtyp A318 nachgewiesen (siehe z. B. [4]). Sowohl zur Weiterentwicklung der Schweißtechnologie und -strategie, der Entwicklung schweißprozessangepasster Auslegungskonzepte sowie der zukünftigen Erweiterung auf Haut-Spant-Anbindungen und Haut-Haut-Verbindungen wurden umfangreiche Schweißversuche vorgenommen. Das Laserstrahlschweißen erfolgt an einer Gantry-Anlage mit 4 m x 3 m Arbeitsraum, Bild 2-1.

Seite 1GRF: erstellt: 06.01.2004 gedruckt: 00.00.0000

Quelle: IWS Dresden

Bild 2-1 Laserstrahlschweißanlage zum Fügen von Haut-Stringer-Panels und Rumpfteilschalen

Zur Minimierung des Verzuges, der Verringerung der Porigkeit, der Vermeidung von Wärme-einflusszonen in der Nahtwurzel, dem beidseitigen Erreichen des erforderlichen a-Maßes und dem Ausschluss von Nahtwurzeldefekten erfolgt das Schweißen beidseitig-gleichzeitig mit Hilfe zweier 3,5 kW-CO2-Laser mit höchster Strahlqualität. Die Zufuhr von drahtförmigem Schweißzusatzwerkstoff AlSi12 dient der Vermeidung der Heißrissigkeit. Ein für diese Anwendungen speziell entwickelter Schweißkopf übernimmt sowohl die Strahlführung und -formung beider Laserstrahlen als auch die mechanische Führung der Stringer, die Schutzgas- und Drahtzufuhr sowie eine Sensor geregelte Feinpositionierung des Laserstrahles. Das Ergebnis sind entsprechend der Spezifikation geschweißte Stringer-Haut-Anbindungen, die den Qualitätskriterien hinsichtlich Heißrissvermeidung, max. zulässiger Porenzahl, Homogenität der Schmelzbaddurchmischung, Nahtausbildung, Nahtlage und Nahtflankenwinkel genügen, Bild 2-2

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Moderne Werkstoffe und Testmethoden im Flugzeugbau

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Quelle: IWS Dresden

Bild 2-2: Laserstrahlgeschweißte Stringer-Haut-Anbindung, Werkstoff: AA 6013, Schweißzusatzwerkstoff: AlSi12 und zylindrische Rumpfschale mit aufgeschweißten Stringern

3 Schadenstoleranzverhalten integraler Haut-Stringer-Panels

3.1 Experimentelle Bedingungen

Zur Bestimmung des Schadenstoleranzverhaltens von Haut-Stringer-Panels werden Rissfort-schritts- und Restfestigkeitsversuche benutzt. Damit sollten verschiedene Aspekte untersucht werden: - Spannungsverteilung in der Haut und im Stringer bei intakter Struktur (Normal- und

Biegespannungsanteil), - Lastumverteilung in die Stringer bei angerissener Haut, - Lastumverteilung in die Stringer bei Hautrissen und gleichzeitig gebrochenen

Versteifungen.

Die Abhängigkeiten sind für die konventionelle differentielle Bauweise mit genieteten oder geklebten Stringern hinlänglich bekannt. In Design- oder Konstruktionshandbüchern lassen sich Regeln und Vorschriften finden [1]. Integrale Haut-Stringer-Panels zeigen bedingt durch das Fügeverfahren ein grundsätzlich anderes Schadenstoleranzverhalten am geschweißten Stringer [2, 3]. Erreicht der Riss die Fügezone tritt immer eine Rissverzweigung in den Stringer auf. Die sichere Kenntnis von Rissausbreitungsvorgängen in lasergeschweißten Panels ist eine wesentliche Voraussetzung für den Einsatz dieser Technologie im Flugzeug. Das erfordert für lasergeschweißte Panels vergleichende Untersuchungen zu konventionell genieteten, geklebten oder durch spanende Verfahren hergestellte Panels unter gleichen Beanspruchungsbedingungen. Dazu werden auf die Prüfkörper in der Nähe des zu erwartenden Rissverlaufes Dehnungsmessstreifen über die Panelbreite verteilt, appliziert. Dies sind Rosetten auf der Haut (mit Orientierung 0°, 45°, 90° zur Belastungsrichtung) und Einzel-DMS an den Stringern (Stringerkopf, ggf. Stringerfuß, Stringersteg, Haut unter dem Stringer). Die Prüfung erfolgt in servohydraulischen Prüfmaschinen mit Maximalkräften bis 1 MN unter Verwendung einer Biegestütze zur Einschränkung der Sekundärbiegung, Bild 3.1 -1.

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Zuerst wird die intakte Struktur einer kontinuierlichen Laststeigerung unterzogen. In diesem Versuch erfolgen die gleichzeitige Ermittlung der Dehnungen und die Berechnung der Spannungen an allen Stringer- und Hautmesspunkten. Im nachfolgenden Rissfortschrittsversuch werden Ausbreitung eines definierten Ausgangsrisses unter Zugschwellbeanspruchung sowie die dabei auftretenden Haut- und Stringerspannungen bis zu einer definierten Endrisslänge von 2 Stringerteilungen ermittelt. Der sich anschließende Restfestigkeitsversuch dient der Ermittlung der Maximalkraft beim Versagen der Gesamtstruktur. Während aller Teilversuche werden kontinuierlich die Dehnungsverläufe an verschiedenen Stringer- und Hautmesspunkten in Nähe des zu erwartenden Risses aufgezeichnet, um eine Übersicht über die sich einstellenden Spannungsverhältnisse mit und ohne bzw. mit wachsender Schädigung in der Struktur zu erlangen. Für alle lasergeschweißten Panels wurde für das Hautblechmaterial die Legierung AA6013 verwendet. Unterschiede lagen bei den Herstellungsparametern (Lieferer, Walztechnologie u. a.). Für die Stringer kamen unterschiedliche Profile der Legierungen 6110 und 2998 zur Auswahl. Die Vergleichspanels bestanden aus den Legierungen AA2024, AA 7475 und AA2524. Die Blechdicke und die Stringerfußausbildung waren ebenso wie der Teilungsabstand der Stringer bei allen Panels gleich.

Bild 3.1-1: Prüfanordnung für die Bestimmung des Rissausbreitungsverhaltens lasergeschweißter

Panels

3.2 Ergebnisse

Die Rissausbreitungsuntersuchungen an den lasergeschweißten Panels ergaben ein sehr breites Streuband für die Zyklenzahlen bis zum Erreichen der benachbarten Stringer, Bild 3.2-2. Es fällt auf, dass die Rissausbreitungskurven sich unabhängig von der Stringerform in 3 Gruppen des Rissausbreitungswiderstandes einteilen lassen. Die Zyklenzahlen für die Rissausbreitung in den mit unterschiedlichen Materialien und Fügetechnologien gefertigten Panels zeigen, dass die lasergeschweißten Panels in Abhängigkeit von der Legierungsgruppe und bei vergleichbaren Stringerabmessungen gleiche Rissfortschrittsraten erreichen wie konventionell durch Kleben gefertigte Panels aus der

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Legierung AA2524, Bild 3.2-1. Ähnliche Werte liefern auch die durch spanende Verfahren hergestellten Panels.

Relative Cycles n/nN

Rel

ativ

e C

rack

Len

gth

a/a N

Group 3 Group 1Group 2

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.00.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Rel

ativ

e C

ycle

s n/

n N

Cutting Welding II Bonding

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0Welding I

Bild 3.2-1: Zyklenzahlen für die Rissausbreitung an lasergeschweißten Panels im Vergleich zu

gefrästen und geklebten Panels

Die Kenntnis des Schadenstoleranzverhaltens an Haut-Stringer-Panels erlaubt noch nicht umfassend, die Veränderung infolge des Einflusses der Geometrie und der Beanspruchung zu erfassen, wie sie für den Flugzeugrumpf spezifisch sind. Dazu sind weitere Untersuchungen an Flugzeugschalen erforderlich. In einem ersten Schritt wurden Rumpfschalen mit geschweißten Stringern gefertigt und mit konventionell gebauten verglichen.

4 Schadenstoleranzverhalten integralen Rumpfteilschalen

4.1 Experimentelle Bedingungen

Zur Untersuchung des Ermüdungsverhaltens und der Ausbreitung von Rissen an Flugzeugrumpfschalen wird eine speziell für diese Anwendung konstruierte Prüfmaschine verwendet [5]. Das Konzept für diese Untersuchungen sieht vor, dass gekrümmte Flugzeugrumpfschalen in die Prüfmaschine eingespannt und analog der realen Flugzeugkabine durch Innendruck und Längskraft belastet werden. Dadurch ist eine Simulation der Belastungen, die unter realen Flugbedingungen an Rumpfoberschalen auftreten, möglich. Die Krafteinleitung in Längsrichtung und die Einspannung der Rumpfschale im Prüfgestell erfolgt über ein System aus Hautlaschen, Gabeln und Zuganker. An den Enden der Spante werden über servohydraulische Prüfzylinder dem Innendruck äquivalente Kräfte eingeleitet. Das Verhältnis zwischen Innendruck und Spantkraft ist von der Geometrie der Haut und der Spante abhängig und muss vor Beginn der Prüfung rechnerisch ermittelt werden. Mit dieser Vorgehensweise werden die Randbedingungen an der Rumpfschale im Prüfstand an die im geschlossenen Rumpfsegment vorliegenden Verhältnisse angepasst. Durch eine elastische Dichtung zwischen Druckkasten und Flugzeugrumpfschale können Radialverschiebungen der Flugzeugrumpfschale zugelassen werden. Diese Verschiebungen sind bis zu einer Größenordnung von bis zu 8 mm möglich, ohne dass Luft aus dem Inneren des Druckkastens entweicht, Bild 4.1-1. Das Verfahren erweist sich als wirtschaftliche Methode im Vorfeld von Gesamtstruktur-versuchen, um den Einfluss von Material, Versteifungsgeometrie und Fertigungsverfahren am Flugzeugrumpf zu untersuchen. Mit den Versuchsergebnissen ist es möglich, schnell und

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flexibel zu reagieren, um mit voroptimierten Bauweisen den Aufwand für die Gesamtstruktur-versuche zu verringern. An den Flugzeugrumpfschalen werden Dehnungsmessstreifen an den Spanten, Stringern und der Haut der Flugzeugrumpfschale appliziert. Aus den Dehnungsmessungen kann der Beanspruchungszustand ermittelt werden.

Bild 4.1-1: Prüfanordnung für die Bestimmung des Ermüdungs- und Rissausbreitungsverhaltens von Rumpfteilschalen

Die Schadenstoleranzuntersuchungen bestehen aus der Kalibrierung des Systems und folgenden 3 Teilprüfungen: - Rissfortschrittsuntersuchung an Umfangsrissen, - Rissfortschrittsuntersuchung an Längsrissen und - Restfestigkeitsversuch.

Nach Abschluss der jeweiligen Prüfung werden die Risse durch Montage eines Dopplers repariert und die Prüfung der Flugzeugrumpfschale fortgesetzt. Zusätzlich werden bei den lasergeschweißten Rumpfschalen Risse in die Schweißnähte eingebracht, um das Verhalten der Struktur bei Defekten in der Schweißnaht zu untersuchen. Für die Schadenstoleranz-untersuchungen sind als zu simulierende Beanspruchungsgrößen die im realen Flugbetrieb auftretenden Hautspannungen festgelegt worden. Deshalb ist vor Beginn der Schadens-toleranzuntersuchung eine Kalibrierung des Systems auf die einzuleitende Längskraft not-wendig. Bei den Rissfortschrittsuntersuchungen an Umfangsrissen wird als Beanspruchungs-kollektiv ein Flugprogramm verwendet, bei dem der Innendruckbelastung eine dynamisch wechselnde Längskraftkomponente überlagert ist. Der Sollwert ist ein Lastkollektiv mit definierten Spannungsamplituden. Die Rissfortschrittsuntersuchungen an Längsrissen erfolgen mit einer Belastung durch zyklisch wechselnden Innendruck mit konstanter Amplitude. Bei der Untersuchung des Rissfortschrittsverhaltens an Umfangsrissen wurden 2 Risse eingebracht. Ein Riss befand sich im Hautfeld zwischen intakten Stringern, der andere im Hautfeld über einem durchtrennten Stringer. Die Belastung erfolgte durch ein Einzelflugprogramm. Die Riss-längen wurden entweder mittels Wirbelstrommessung oder unter Verwendung von Rissmess-

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folien ermittelt, Bild 4.1-2. Bei der Untersuchung des Rissfortschrittsverhaltens an Längsrissen wurden ein Riss im Hautfeld zwischen intakten Spanten und ein Riss im Hautfeld über einem durchtrennten Spant eingebracht. Die Belastung erfolgte durch einen Innendruckzyklus mit konstanter Amplitude und der dem Innendruck äquivalenten Längskraftkomponente. Die Risslängen wurden mittels Wirbelstrommessung ermittelt.

Bild 4.1-2: Umfangsrisse in einer lasergeschweißten Rumpfteilschale

Die Ermittlung der Restfestigkeit der Rumpfschalen erfolgte an der Risskonfiguration two-bay-crack über gebrochenem Spant unter Verwendung des Längsrisses über gebrochenem Spant, wie er sich in der Schadenstoleranzuntersuchung ausgebildet hatte. Um eine Beeinflussung der Prüfung zu vermeiden, wurde der Riss zwischen intakten Spanten repariert. Die Belastung erfolgte durch Erhöhung des Innendrucks mit konstanter Belastungsgeschwindigkeit bis zum Bruch der Schale.

5 Ergebnisse

Bei der Untersuchung des Risswachstums eines Umfangsrisses über gebrochenem Stringer wurde festgestellt, dass die Rumpfschalen mit geschweißten Stringern anfänglich höhere Rissfortschrittsraten als die Rumpfschale mit den geklebten Stringern (A04) besitzen. Nach Optimierung der Fertigungstechnik und Anpassung des Designs konnte die Rissausbreitung soweit verringert werden, dass sie in der gleichen Größe wie die einer konventionell mit geklebten Stringern gebauten Rumpfschale liegt, Bild 4.2-1.

Relative Flight Cycles n/nN

Rel

ativ

e C

rack

Len

gth

a/a N

A04 - AA2524A06 - AA6013A09 - AA6013 2A15 - AA6013 1A16 - AA6013 1

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.00.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

A01 A04 A06 A09 A15

Rel

ativ

e Pr

essu

re p

i/piN

Rel

ativ

e C

rack

Len

gth

a/a N

PressureCrack Length

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Bild 4.2-1: Vergleich der Zyklenzahlen für die Ausbreitung eines Umfangsrisses über gebrochenem Stringer und der im Restfestigkeitsversuch ermittelten maximalen Beanspruchung zwischen lasergeschweißten und geklebten Rumpfschalen

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Im Restfestigkeitsverhalten der Rumpfschalen wirken der Legierungstyp, die Hautblechdicke und die eingesetzten Versteifungselemente einschließlich der Fügetechnologie auf den ertragbaren Innendruck wechselseitig ein. Es konnte gezeigt werden, dass Rumpfschalen mit lasergeschweißten Stringern aus der Legierung AA6013 bei entsprechender konstruktiver Auslegung gleiche Belastungen ertragen wie Rumpfschalen mit genieteten oder geklebten Stringern aus den Legierungen AA2024 und AA2524 (A01 und A04).

6 Schlussfolgerungen

Die Verbindung von neuen Werkstoffen mit innovativen Fügetechnologien und angepassten Testkonzepten führte in den letzten Jahren zur Serienfertigung von intergralen lasergeschweißten Rumpfstrukturen. Experimentelle Untersuchungen und die Entwicklung von Berechnungsmodellen haben den Nachweis erbracht, dass die lasergeschweißten Rumpfstrukturen in ihrem Rissausbreitungsverhalten ebenso wie in ihren statischen Eigenschaften mit der konventionellen differentiellen Bauweise konkurrieren können. Einige der Erkenntnisse werden im Großraumflugzeug A 380 Anwendung finden. Viele Aufgaben sind noch zu bearbeiten, um den zunehmenden Forderungen nach Kostenverringerung zu begegnen. Das erfolgt durch die Entwicklung optimaler Bauweisen durch Verendung von neuen Werkstoffen und veränderten Konstruktionsprinzipien. Immer tiefer ist die Durchdringung der Beziehungen zwischen den Eigenschaften der Werkstoffe, der Schweißtechnologie und der daraus resultierenden statischen und zyklischen Eigenschaften mit strukturmechanischen Modellen. Neben der Weiterentwicklung der experimentellen Testmethoden müssen geeignete Simulationsmodelle entstehen, die eine Vorausberechnung von integralen Rumpfstrukturen erlauben. Damit kann einerseits eine Verifikation der Testbedingungen erfolgen, andererseits helfen diese Modelle Entwicklungszeiten zu verkürzen.

7 Literatur

[1] Handbuch Struktur und Berechnung. [2] H. Brenneis, W. Zink: Laserstrahlschweißen – eine Technologieanwendung in der zivilen

Luftfahrtindustrie. Dresdner Leichtbausymposium 2000, 15-17 Juni 2000, Dresden [3] W. Zink: Welding fuselage shells. Industrial Laser Solutions, April 2001,

S. 7-9 [4] J. Schumacher: Erfahrungen bei der Serieneinführung für Laserstrahlschweißen im

Flugzeugbau. Strahltechnik, Band 19: „Laserstrahlfügen: Prozesse, Systeme, Anwendungen und Trends“, Hrsg.: G. Sepold, T. Seefeld, Bremen 2002

[5] W. Zink: Advanced Technologies for Aircraft Fuselage Structures. International Conference of Mesomechanics, 13-16 June 2000 Xi`an Jiaotong University, Xi`an China

[6] W. Hanel, T. Fleischer und R. Franke: Vom Werkstoff zum Flugzeug-Luftfahrzeugtypische Prüfmethoden. Dresdner Leichtbausymposium 2000, 15-17 Juni 2000, Dresden

[7] R. Franke, B. Brenner, V. Ulbricht, W. Zink: Schadenstoleranzverhalten von lasergeschweißten integralen Rumpfstrukturen. 36. Tagung des DVM-Arbeitskreises Bruchvorgänge, 17 und 18. Februar 2004, Köln

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Trends in der Schweiß- und Fügetechnik

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Trends in der Schweiß- und Fügetechnik

Dr.-Ing. Frank Riedel, TU Chemnitz, Institut für Fertigungstechnik/Schweißtechnik

1 Einleitung

Die Fertigungsverfahrenshauptgruppe Fügen ist in fast allen Bereichen der industriellen Pro-duktion integriert. Der Entwicklungsstand der Fügetechnik und der Erkenntnisstand zu den Ei-genschaften der technisch nutzbaren Fügeverbindungen sind oft ein wesentliches Kriterium für das Entwicklungspotenzial technischer Produkte. Neben dem Bestreben, die Gebrauchseigen-schaften der Produkte zu verbessern und die Effizienz einer Fertigung zu steigern, entstehen zusätzliche Anforderungen an die Fertigungstechnologien und Produkte, durch die zunehmende gesamtheitliche Betrachtung eines Produktlebenszyklus, wie z. B. Anforderungen bezüglich des Umweltschutzes und des Recyclings der Produkte. Das erfordert aus der Sicht der Fügetechnik, dass konventionelle Technologien ständig weiterentwickelt bzw. neue Technologien entwickelt werden müssen und dass der Erkenntnisstand, insbesondere bezüglich der Eigenschaften der Verbindungen, ständig erweitert werden muss. Die Fertigungsverfahrenshauptgruppe Fügen untergliedert sich nach E DIN 8580 in die Grup-pen Zusammensetzen, Füllen, An- und Einpressen, Fügen durch Urformen, Fügen durch Um-formen, Fügen durch Schweißen, Fügen durch Löten, Kleben und textiles Fügen (s. Bild 1). Da die möglichen Verfahrensvarianten des Fügens eine kaum mit anderen Fertigungsverfahrens-hauptgruppen vergleichbare Vielfalt beinhaltet, wird sich in der Darstellung der Entwicklungs-trends insbesondere auf die Gruppen Fügen durch Umformen, Fügen durch Schweißen, Fügen durch Löten und Kleben beschränkt.

Bild 1 Gruppen der Fertigungsverfahrenshauptgruppe Fügen nach E DIN 8580

2 Fügetechnik im Produktlebenszyklus

Die Grundforderungen bei der Herstellung eines technischen Produktes beziehen sich zuneh-mend auf eine gesamtheitliche Betrachtung des menschlichen Umfeldes. Neben der Forderung nach der Funktionalität der Produkte und deren wirtschaftliche Herstellung, werden auch zu-nehmend Forderungen bezüglich der sich daraus ableitenden sozialen Beeinflussung der menschlichen Gesellschaft und der ökologischen Beeinflussung der Umwelt des Menschen gestellt (s. Bild 2). Die zunehmend gesamtheitliche Analyse eines Produktes im Produktlebenszyklus (s. Bild 3) erfordert es, dass auch die Fügetechnik in alle Phasen dieses Zyklus integriert wird [1, 2]. Ins-besondere der Umweltschutz hat in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen und wird zukünftig immer mehr eine zentrale Bedeutung erlangen. In produzierenden Wirtschaftszweigen muss der Umweltschutz für eine erfolgreiche Umsetzung Bestandteil des gesamten Produktkonzepts sein. Eingeschlossen sind u. a. auch die Planung, Entwicklung, Fertigung, Lebensdauer, Recycling und Entsorgung eines Produktes. Für die Fügetechnik können verschiedene Maßnahmen abgeleitet werden:

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- Verminderung des Energiebedarfes beim Fügen durch den Einsatz von Fügeverfahren mit geringem Energiebedarf und hohem Wirkungsgrad, - Erhöhung der Recycelbarkeit von Produkten am Ende des Produktlebenszyklus durch den

Einsatz dafür geeigneter Fügeverbindungen, - Verminderung der beim Fügen frei werdenden Emissionen in die Umwelt und Vermeidung

der Verwendung umweltschädlicher Stoffe für das Fügen.

Bild 2 Grundforderungen bei der Herstellung eines Produktes [1]

Bild 3 Typische Phasen des Produktlebenszyklus [1]

Diese Maßnahmen spiegeln sich in den Entwicklungstrends der Fügetechnik wider. Beispiels-weise werden zunehmend Fügeverfahren mit einem hohen Wirkungsgrad und geringem Ener-giebedarf eingesetzt, wie z. B. das Kleben und die Verfahren des Fügens durch Umformen. Die Fügetechnik spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Leichtbaukonzepten, die letztlich auch einen Beitrag zur Schonung der Ressourcen leisten. Die Emission der Fügepro-zesse wird ständig vermindert. Die Substitution von umweltschädlichen Stoffen aus dem Fü-geprozess und seinen Verbindungen wird angestrebt. Ein Beispiel ist die Entwicklung von kad-mium- und bleifreien Loten. Die ganzheitliche Betrachtung des Umweltschutzes ist auf allen technischen Gebieten ein fester Bestandteil. Umweltmanagementsysteme (UMS) haben verschiedenste Aufgaben und gewin-nen zunehmend an Bedeutung (s. Bild 4). Umfrageergebnisse (s. Bild 5) zeigen aber auch, dass die Schwerpunkte des Umweltschutzes sich in der Zukunft von technischen Gebieten auf nichttechnische Gebiete, wie z. B. das UMS, verlagern. Das verdeutlicht eine Neuorientierung des betrieblichen Umweltschutzes zu einer strategisch orientierten Managementaufgabe und unterstreicht darüber hinaus die wachsende Bedeutung der integrierten Umweltschutzaktivitä-ten zu einem geschlossenen Kreislauf.

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Trends in der Schweiß- und Fügetechnik

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Bild 4 Aufgaben von Umweltmanagementsystemen (UMS) und deren Bedeutung für die Unternehmen [3]

Bild 5 Veränderung der Schwerpunkte im betrieblichen Umweltschutz (1994 – 2000) [3]

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3 Entwicklungstendenzen der Fügeverfahren

Die Entwicklungstendenzen für verschiedene Gebiete der Fügeverfahren lassen sich sehr an-schaulich von einer Studie ableiten [4]. Nach dieser Studie sind aus der Sicht der fügetechni-schen Geräte- und Anlagenhersteller das Laserschweißen, das Kleben, das mechanische Fü-gen (Fügen durch Umformen) und das Löten die in den letzten 10 Jahren am stärksten ge-wachsenen Bereiche (s. Bild 6). Insgesamt wird der Fügetechnik auch zukünftig ein großes Wachstumspotenzial bescheinigt, wobei die genannten Fügeverfahren auch in den kommenden Jahren das größte Entwicklungspotenzial haben werden (s. Bild 6).

stark ab-nehmend

gleich-bleibend

stark zu-nehmend

MSG-SchweißenPlasmaschweißen

WIG-SchweißenUnterpulverschweißenLaserstrahlschweißen

ElektronenstrahlschweißenWiderstandspunktschweißen

BolzenschweißenReibschweißen

Mechanisches FügenLöten

Kleben

in den letzten 10 Jahrenin den kommenden 10 Jahren

Bild 6 Entwicklung der Fügeverfahren aus Sicht der Gerätehersteller [4]

Die Aussagen der Forschungseinrichtungen decken sich im Wesentlichen mit den Aussagen der Geräte- und Anlagenhersteller (s. Bild 7). Abweichende Aussagen und Prognosen werden insbesondere bezüglich der Verfahren Metallschutzgasschweißen, Elektronenstrahlschweißen und der mechanischen Fügetechnik getätigt, dahingehend das diesen Verfahren eine größere Bedeutung, sowohl in den letzten 10 Jahren als auch zukünftig beigemessen wird (s. Bild 7). Dem entgegen wird für das Widerstandspunktschweißen ein weiterer Rückgang der Entwick-lung prognostiziert. Der Trend des zunehmenden Einsatzes nichtthermisch gefügter Verbindun-gen wirkt sich insbesondere auf den Rückgang des Einsatzes von Widerstandspunktschweiß-verbindungen aus. Eine wachsende Bedeutung werden zukünftig Hybridverfahren und -verbindungen haben. Die Kombination von punktförmigen Verbindungen mit flächigen Verbindungen gehört wegen der vorteilhaften Eigenschaften der kombinierten Fügeverbindungen schon viele Jahre in der z. B. Blech verarbeitenden Industrie zu einer Standardanwendung. Kombiniert werden z. B. Wider-standspunktschweiß- mit Klebverbindungen oder die verschiedensten Verbindungen der me-chanischen Fügetechnik, wie Stanznietverbindungen oder Clinchverbindungen, mit Klebverbin-dungen. Ein großes Potenzial wird auch der Kombination von Fügeverfahren eingeräumt. Solche z. B. Hybridverfahren bzw. –technologien zielen weniger auf die Verbesserung der Verbindungs-eigenschaften ab, sondern insbesondere auf die technologische Verbesserung der Fügepro-

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Trends in der Schweiß- und Fügetechnik

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zesse. Mit der Anwendung von Hybridverfahren können z. B. die Leistungsfähigkeit konventio-neller Verfahren vergrößert werden und beim Schweißen wird eine bessere Spaltüberbrückbar-keit möglich. Vordergründig wird die Anwendung des Lasers für Hybridprozesse prognostiziert. Das Laser-MIG-Schweißen wird beispielsweise erfolgreich bei der Fertigung von Automobilka-rosserien eingesetzt [5].

MSG-SchweißenPlasmaschweißen

WIG-SchweißenUnterpulverschweißenLaserstrahlschweißen

ElektronenstrahlschweißenWiderstandspunktschweißen

BolzenschweißenReibschweißen

Mechanisches FügenLöten

Kleben

in den letzten 10 Jahren

stark ab-nehmend

gleich-bleibend

stark zu-nehmend

in den kommenden 10 Jahren

Bild 7 Entwicklung der Fügeverfahren aus Sicht der Forschungseinrichtungen [4]

65%

Laser +

Laser +

Laser +Laser + 10%

60%

10%

20%

MIG

Plasma

...WIG

35%

WIG + MIG

Mechanisches Fügen + Kleben

9%

37%

Punktschweißen + Kleben

27%

Plasma + MIG27%

Bild 8 Zukünftige Bedeutung von Hybridverfahren [4]

4 Zusammenfassung

Die Fügetechnik ist unverändert in fast allen Bereichen der industriellen Produktion integriert und der Entwicklungsstand ist oft ein wesentliches Kriterium für das Entwicklungspotenzial technischer Produkte. Zunehmend wird auch die Fügetechnik ganzheitlich im gesamten Pro-duktlebenszyklus betrachtet, wobei Fragen des Umweltschutzes auch aus Sicht der Fügetech-nik eine zunehmend zentralere Bedeutung erlangen. Zukünftige Aufgabenstellungen für die fügetechnische Entwicklung sind z. B. die Verminderung des Energiebedarfes beim Fügen, die Erhöhung der Recycelbarkeit von Produkten durch den Einsatz dafür geeigneter Fügeverbin-

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dungen, die Verminderung der beim Fügen frei werdenden Emissionen in die Umwelt und Ver-meidung der Verwendung umweltschädlicher Stoffe für das Fügen. Die Analyse der Entwicklungstendenzen verschiedener Fügeverfahren zeigt, dass für das ther-mische Fügen, dem Schweißen und Löten, zukünftig unverändert Laserverfahren eine große Bedeutung haben werden. Neben der Anwendung thermischer Verfahren wird aber auch die Anwendung nichtthermischer Fügeverfahren steigen. Das Kleben und die mechanischen Füge-verfahren, wie z. B. das Stanznieten und das Clinchen, werden sich weiter etablieren. Die Entwicklungen auf dem Gebiet der Fügetechnik zeigen auch, dass sowohl Verbindungs-kombinationen (Hybridverbindungen) als auch Verfahrenskombinationen (Hybridverfahren) zunehmend für eine innovative Fertigung genutzt werden.

5 Literatur

[1] Matthes, K.-J.; Riedel, F.: Fügetechnik. Leipzig: Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag, 2003. – ISBN 3-446-22133-6

[2] N. N.: Fügen im Produktlebenszyklus. DVS-Forschungsseminar des Deutschen Verban-

des für Schweißen und verwandte Verfahren e. V., Stuttgart 27.01.2003 [3] Wey, K.; Grablowitz, A.: Produkt- und Produktionsintegrierter Umweltschutz in der Che-

mischen Industrie. Ergebnisse einer Umfrage des VDI Technologiezentrums Physikali-sche Technologien im Auftrag und mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bil-dung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF), Düsseldorf, 1997

[4] Matthes, K.-J.; Seliga, E.: Gerätetechnischer Forschungsbedarf in der Fügetechnik aus

Sicht mittelständischer Anlagenhersteller oder Systemanbieter. Studie der Forschungs-vereinigung des Deutschen Verbandes für Schweißen und verwandte Verfahren e. V., Chemnitz und Düsseldorf 2003

[5] Staufer, H.: Laser-Hybridschweißen adelt den Audi A8. Blech in form 1 (2003), S. 23-25

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Schweißen mit Fülldraht - Entwicklung und Perspektiven in der Anwendung

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Schweißen mit Fülldraht - Entwicklung und Perspektiven in der Anwendung

Reinhard Rosert, Drahtzug Stein, wire and welding, Altleiningen

1 Einleitung

Im seinem Reichspatent 231733 von 1908 beschreibt Oscar Kjellberg zum ersten Male, dass er über die Zugabe von Füllstoffen als getrocknete Paste bzw. als homogene mechanische Mischung in ein Rohr die Möglichkeit sieht, einen Fülldraht herzustellen. Mit der Einführung des Schutzgasschweißens 1953 war es dann erstmals möglich auch Fülldrähte industriell zu nutzen. Am Anfang der Entwicklung gab es nur formgeschlossene Fülldrähte und ab 1968 nahtlose Fülldrähte auf dem Markt. Inzwischen beträgt der Fülldrahtanteil an Zusatzwerkstoffen weltweit mehr als 10%. Eisenbasislegierungen sind am meisten verbreitet. Außerdem kommen Fülldrähte auf Al-; Co-, Cu-, Ni- und Ti-Basis zur Anwendung. Nach Art ihrer Herstellung unterteilt man diese in nahtlose und formgeschlossene Fülldrähte [1] (Bild 1).

Bild 1 Fülldrahtformen

Gründe für einen steigenden Fülldrahteinsatz sind: - Große Variantenvielfalt an Legierungen durch Variation der Füllpulverzusammensetzung - Herstellung von Legierungen, die als Massivdraht nicht herstellbar sind - Möglichkeit der gleichzeitigen Zugabe von metallischen und nichtmetallischen Kompo-

nenten - Herstellung von kleineren Mengen ab 600 kg ist wirtschaftlich - Einsatz in mechanisierten und automatisierten Prozessen

Fülldrähte setzt man zum Schweißen, Löten und thermischen Beschichten ein.

2 Fülldrähte zum Verbindungsschweißen

Das Haupteinsatzgebiet für Fülldraht ist das Schweißen. Folgende Schweißverfahren kommen in Anwendung: - das Metall-Aktivgasschweißen (MAG) 136 - das Metall-Inertgasschweißen (MIG) 131 - das Metall-Lichtbogenschweißen 114

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- das Unterpulverschweißen (UP) 121 - das Elektrogasschweißen (MSGG) 73 - das Elektroschlackeschweißen (RES) 72 - das Laserstrahlschweißen 751 und - das Plasma/MIG-Schweißen 151

Dazu gibt es eine große Vielfalt unterschiedlicher Fülldrahtzusammensetzungen, was sich letztendlich auch in der in der europäischen Normung widergespiegelt hat. [1-5]. Fülldrähte unterteilt man in basische, rutile und Metallpulverfülldrähte. Basische Fülldraht-elektroden werden für hochbeanspruchte Bauteile eingesetzt, wenn besonders hohe Anfor-derungen an: - die Reinheit des Schweißgutes bezüglich des Stickstoff-, Sauerstoff- und Wasserstoff-

gehaltes, - eine hohe Kerbschlagzähigkeit bei tiefen Temperaturen, - die Festigkeit des Schweißgutes, zurzeit bis 1100 N/mm2

gestellt werden. Metallpulverfülldrähte werden bevorzugt eingesetzt für: - Wurzelschweißungen im Kurzlichtbogenbereich - Mehrlagenschweißungen bis 150mm Bauteildicke ohne Schlackeeinschlüsse - Roboterschweißungen aufgrund des drallfreien Drahtvorschubes, vor allem bei nahtlosen

Fülldrähten und - spritzerarme Fülllagenschweißungen mit hoher Abschmelzleistung und vollständiger

Flankenerfassung.

Rutile Fülldrahtelektroden finden hauptsächlich Anwendung, wenn: - oft die Schweißposition gewechselt - eine hohe Abschmelzleistung in Zwangslagen erreicht - auch unter Schutzgas CO2 ein spritzerarmes ruhiges Schweißen gewährleistet bzw. - glatte Nahtoberflächen mit kerbfreien Nahtübergängen erzielt

werden sollen. Bei der technischen Verarbeitung ist zu beachten, dass schlackeführende Füll-drahtelektroden schleppend und Metallpulverfülldrähte stechend zu verschweißen sind (Bild 2).

Brennerwinkel und Brennerführung beim Schweißen mit Fülldrähten

45°45°60°60°60° 60°

-70°

60°-70°

60°-70°

schleppend stechend

90°90°

60°60° 60°

schlackenführend Rutile Füllung basisch

schlackenlos Metallpulverfüllung

Bild 2 Brennerwinkel und Brennerführung beim Schweißen mit Fülldrähten

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Schweißen mit Fülldraht - Entwicklung und Perspektiven in der Anwendung

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In die Entscheidung, ob Fülldraht, Massivdraht oder Stabelektrode zur Anwendung kommt, sollten Fragen der Wirtschaftlichkeit einbezogen werden. Grundsätzlich können die anfallenden Kosten in: - Investitionskosten für Anlagen- und Schweißtechnik - Zusatzwerkstoff- und Hilfswerkstoffkosten - Energiekosten sowie - Lohn- und Lohnnebenkosten für Schweiß- und schweißbegleitende Arbeiten wie die

Reinigung der Oberfläche von Spritzern und Schlacke usw.

eingeteilt werden. Die Kostenbestandteile haben unterschiedlichen Einfluss auf die Höhe der Gesamtkosten. Entgegen der weit verbreiteten Meinung ist der Anteil der Zusatzwerkstoffkosten an den Gesamtschweißkosten mit 5-15% gering. Insofern können selbst größere Schwank-ungen im Zusatzwerkstoffpreis das Gesamtergebnis nur gering beeinflussen. Dies gilt ebenso für den Bereich Investitionen und Energiekosten. Das größte Einsparpotential liegt im Bereich Lohn- und Lohnnebenkosten, die nicht selten 90% Anteil an den Gesamtkosten haben. Daraus folgend muss das erste Ziel lauten, den Schweißer so effizient wie möglich einzusetzen. Die Nebenzeiten (Zeiten für Spritzerentfernung, Ausfugen, Nahtvorbereitung, Richtzeiten, Fehler-beseitigung usw.) müssen konsequent reduziert werden. Somit können die größten Einspar-effekte mit der Erhöhung der Leistung bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung und somit Reduzierung der Nebenzeiten erzielt werden. Die Hauptanwendung für Fülldrähte liegt im Schiffbau. Hier werden vor allem rutile Fülldrahtelektroden eingesetzt, die in Zwangslage aufgrund der schnellerstarrenden Schlacke mit hoher Abschmelzleistung verschweißt werden können. Es werden Durchmesser von 1,0 - 4,0mm genutzt. Die Drähte werden teilmechanisiert bis automatisiert verschweißt. Bild 3 zeigt hierzu ein Beispiel zum automatisierten Steignaht-schweißen an Schiffswänden.

Bild 3 Steigend Schweißen mit Automat

Zur Leistungssteigerung werden Mehrdrahtanlagen eingesetzt. Bild 4 zeigt dazu ein Beispiel. Hier werden über 4 parallele Schweißköpfe mit einem 2,4 mm dicken rutilen Fülldraht über-dimensionale Hollandprofile hergestellt. Weiterhin können auch mehrere Fülldrähte über einen Schweißkopf zugeführt werden. Die Herstellung der äußeren Schiffswände erfolgt in großen Paneelstraßen. Dabei wird in Abhän-gigkeit von der Blechdicke das Unterpulvermehrdrahtschweißen mit bis zu 3 Drähten im Schiff- und bis zu 6 Drähten im Großrohrleitungsbau eingesetzt, Bild 5.

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Bild 4 Schweißen von Hollandprofilen Bild 5 UP-Schweißanlage von Panellen mit 3 Drähten [7]

Um im Schweißgut, das durch ein großes Schmelzbad charakterisiert ist, ausreichend hohe Gütewerte zu erzielen, wird bei dieser Verfahrensvariante immer nur ein Fülldraht eingesetzt, Dieser ist an 2. und bei 5 Drähten an 3. Stelle positioniert. Der Fülldraht beinhaltet Mikrole-gierungselemente wie Titan und Bor, so dass eine feinkörnige Erstarrung des Schweißgutes und damit eine ausreichende Kerbschlagarbeit bis zu -40°C erreicht wird. Für Anwendungen im Offshore-Bereich, z. B. Plattformen oder Windkraftanlagen, gelten bedingt durch tiefe Temperaturen und stürmische Winde besonders hohe Anforderungen an die mechanischen Gütewerte. Dazu sind spezielle Metallpulverfülldrähte vom Typ T 46 (oder 50) 4 Z M M 1 H5 entwickelt worden. Bild 6 zeigt einen Makroschliff einer 100 mm dicken Probe, hergestellt mit einem Metallpulverfülldraht. Das Schweißgut ist ohne Lunker und Schlackeeinschlüsse. Diese Probe diente als Grundlage für die TÜV-Zulassung dieses Metall-pulverfülldrahtes bis zu einer Bauteildicke von 150 mm.

Bild 6 Makroschliff einer X-Naht- Verbindung, hergestellt mit Metallpulverfülldraht vom Typ T46

In diesen Bereichen sind auch viele Zwangslagenschweißungen notwendig. Für diese An-wendungen sind spezielle rutile Fülldrähte, z.B. in der Kennzeichnung nach EN 758 T 46 6 P M 1Ni H5, entwickelt worden. Die Festigkeitswerte entsprechen denen der Grundwerkstoffe. Die Kerbschlagarbeit bei – 60°C ist größer 47 J. In der Perspektive sind rutile Fülldrähte bis zur Festigkeitsklasse von 860 N/mm2 zu erwarten. Der Einsatz rutiler Fülldrähte ist im Allgemeinen auf 35 mm Wandstärke eingeschränkt. Nach einer mit den Zulassungs-gesellschaften speziell abgestimmten Verfahrensprüfung können jedoch auch Wanddicken bis 60 mm zugelassen werden. Die Entwicklung neuer Fülldrähte wird stark von der Stahl-entwicklung beeinflusst. Obwohl in der DIN EN 12535 nur Mindestanforderungen an die Streckgrenze des Schweißgutes von 550 bis zu 890 MPa formuliert sind, gibt es inzwischen Stähle mit Streckgrenzen bis zu 1600 N/mm2. Beim Schweißen dieser Stähle besteht neben dem Problem der Entfestigung in der Wärmeeinflusszone vor allem die Gefahr der Entstehung

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Schweißen mit Fülldraht - Entwicklung und Perspektiven in der Anwendung

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wasserstoffinduzierter Risse. Hier liegt ein Vorteil von nahtlosen Fülldrähten, deren Produktionsbedingungen inzwischen schon so optimiert wurden, dass bei basischen Fülldrahttypen die Wasserstoffgehalte im Schweißgut (H2-Gehalt) kleiner 2 ml/100 g sowie für Metallpulverfülldrähte kleiner 3 ml/ 100g Schweißgut betragen. Eine Feuchtigkeitsaufnahme der Füllung von außen kann bei nahtlosen Fülldrähten auch bei längerer Lagerung unter Einhaltung normaler Lagerbedingungen ausgeschlossen werden. Bei formgeschlossenen Fülldrähten dagegen kann während der Lagerung über den Falz Feuchtigkeit in das Innere des Mantels eintreten. Aus diesem Grunde sind unbedingt die Empfehlungen der Hersteller zur Lagerung zu beachten, die zum Teil ein Rücktrocknen des Fülldrahtes empfehlen. Die garantierte Lagerfähigkeit ist auf maximal 1 Jahr begrenzt. Gleichzeitig ist die Verwendung von hygroskopischen Komponenten, wie zum Beispiel Fluoride im Füllpulver, eingeschränkt. Das führt wiederum dazu, dass hochbasische formgeschlossene Fülldrähte mit einem hohen Schlackeanteil nur unter strengster Beachtung der vorgegebenen Verarbeitungshinweise anzuwenden sind. Aufgrund der besseren Verarbeitbarkeit und der Unempfindlichkeit gegen-über Feuchtigkeitsaufnahme sind inzwischen die ersten nahtlosen Metallpulverfülldrähte für Streckgrenzen von 1050 bis 1100 N/mm2 in der Anwendung. Dabei handelt es sich um Fülldrähte des Legierungstyps Fe-Cr-Mo-Ni mit Zugabe von kornverfeinernden Mikro-legierungselementen. Bild 7 zeigt eine Reparaturschweißung an einem Ausleger von einem Automobilkran.

Bild 7 Reparaturschweißung an einem Ausleger eines Mobilkranes unter Verwendung eines Fülldrahtes vom Typ T 96

Neben einer gezielten Anpassung der Legierungszusammensetzungen an den jeweiligen Grundwerkstoff werden Fülldrähte zwecks Erhöhung der Abschmelzleistung in verschiedenen Kombinationen als Zwei- oder Doppeldraht als auch mit großen Durchmessern (2,4 bis 3,2 mm) eingesetzt. Bild 8 zeigt die Herstellung eines Schwerlastdrehtisches durch Schweißen mit Roboter. Mit diesem Verfahren können in einer Lage Kehlnähte mit einem "a“ -Maß von 9 mm erzielt werden. Aufgrund der Möglichkeit, kleine Mengen wirtschaftlich und dazu noch in einer großen Legierungsvielfalt herzustellen, werden in Zukunft auch Fülldrähte verstärkt zum Fertigungsschweißen an Stahlguss genutzt werden. Im Allgemeinen gelangen dafür artgleiche Fülldrahtzusammensetzungen zur Anwendung. Für Konstruktionsschweißungen (Verbindungs-schweißung), die weitestgehend aus Mischverbindungen bestehen, wird der Schweißzusatz gemäß den werkstoffabhängigen Grundregeln ausgewählt. Es kommen die MAG- und UP-Schweißverfahren zum Einsatz. Die Empfehlungen dazu wurden in einem Merkblatt für das Schweißen von warmfestem Stahlguss zusammengefasst [6]. Fülldrähte werden ebenfalls für das Elektroschlackeschweißen hergestellt. Dabei wird ebenfalls der Effekt der Mikrolegierung genutzt, um eine feinkörnige Erstarrung des relativ großen Schmelzbades zu erzielen. Bild 9 zeigt einen Schweißautomaten zum Verbindungsschweißen von Schienenherzstücken und Bild 10 ein dazugehöriges Makroschliffbild. Für das Schweißen des Schienenkopfes werden 3 und für den Schienenfuß 2 Fülldrähte parallel verwendet.

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Basischer Fülldraht (T 46 2 Mo B M 3 H5) am Roboter; 12) 2,8 I 3,2 mm Schweißstrom: 450-500 A; Schweißspannung: 32-38 V.

Bild 8 Schwerlastdrehtisch

Bild 9, Bild 10 Automat zum Elektroschlackeschweißen von Schienenherzstücken mit Makroschliff

Für das Schweißen hochlegierter Stähle werden hochlegierte rutile Fülldrähte mit schnell-erstarrender Schlacke für Arbeiten in Zwangspositionen breit eingesetzt. Bei diesen Legierun-gen sieht man gegenüber hochlegierten Massivdrähten folgende Vorteile: - Verschweißbarkeit in Zwangslagen: - geringere Oxidation der Nähte durch Schlackenabdeckung (geringerer Beizaufwand); - besseres Nahtausfließen und Einbrandverhalten; - weniger Nacharbeit durch geringere Spritzerbildung; - gleiches Schutzgas für unlegierte und hochlegierte Fülldrähte einsetzbar (z.B. M21); - Keine Impulsstromquelle notwendig; - Möglichkeit kleiner Losgrößen vereinfacht spezielle Anwendungen; - Größerer Parameterbereich (Stromstärke/Spannung) zur Optimierung der Schweißauf-

gaben mit gleichem Drahtdurchmesser (Dünn- bis Dickblech)

In Zukunft wird es weiterhin spezielle Fülldrähte für das Schweißen von Nickel- bzw. auch Aluminiumbasislegierungen geben. Zurzeit findet man erste Anwendungen von Aluminium-fülldrähten für das LASER Schweißen, wobei besonders die Möglichkeit nicht als Massivdraht ziehbare übereutektische Legierungen (AI-Si 25) beziehungsweise nicht genormte Legierungen mit Mikrolegierungselementen oder Flussmittel zu nutzen, einen großen Vorteil darstellt.

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Schweißen mit Fülldraht - Entwicklung und Perspektiven in der Anwendung

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3 Fülldraht zum Löten

Legierungen, die bei niedrigeren Temperaturen als der Grundwerkstoff schmelzen, zum Fügen von Bauteilen zu nutzen, hat gegenüber dem konventionellen Schweißen folgende Vorteile: 1. dünnere Grundwerkstoffdicken sind fügbar (z. Z. Dicken> 0,5 mm) 2. geringerer Verzug 3. thermisch labile Grundwerkstoffe können gefügt werden (z. B. TM-Stähle) 4. vielfach bleibt im Verbindungsbereich die Korrosionsbeständigkeit erhalten (Fügen be-

schichteter Grundwerkstoffe und Cr-(Ni-)Stähle).

Diesen Vorteilen stehen Nachteile wie: a) geringere Verbindungsfestigkeiten und b) die häufig erwähnte Lötrissigkeit gegenüber.

Der Einsatz von Fülldraht als Alternative zu Massivdraht ist noch wenig bekannt und verbreitet. Folgende Einsatzgebiete sind erkennbar: - Fülldrähte für das Fügen hoch fester Stahlfeinbleche - Fülldrähte für das Fügen von korrosionsbeständigen Werkstoffen - Fülldrähte für das Fügen beschichteter Werkstoffe

Besonders das MIG-Löten verzinkter Dünnbleche wird inzwischen in der Wirtschaft genutzt. Das ergibt sich vor allem auch dadurch, dass beim herkömmlichen MAG-Schweißen das bei ca. 900°C verdampfende Zink zu Poren, Bindefehlern, einem unruhigen instabilen Lichtbogen sowie zur Rissbildung führen kann. Für das MIG-Löten sind moderne Stromquellen auf dem Markt, für die spezielle Kennlinien zur Verfügung stehen. Weiterhin sind die geometrischen Aspekte des Verbindungsaufbaus zu beachten. Es ist grundsätzlich nicht möglich, allein aus der Chemie eines Lotes auf die zu erwartende Verbindungsfestigkeit zu schließen. Wird der Grundwerkstoff im Bereich der Verbindungsstelle partiell an- bzw. aufgeschmolzen, so sind wesentliche Veränderungen der Verbindungsfestigkeit nachweisbar. Weiterhin kann unter diesen Bedingungen ein Einfluss der chemischen Zusammensetzung des Grundwerkstoffes auf die Verbindungsfestigkeit nachgewiesen werden. Bild 11 zeigt eine Kehlnaht von 2 oberflächenverzinkten Blechen, hergestellt mit einem Fülldrahtlot folgender chemischer Zusammensetzung 1% Mn; 2,5% Si;1,5% Al, Rest Kupfer. Die Naht ist porenfrei.

Bild 11 Kehlnaht einer MIG-Lötverbindung mit Fülldraht

Eine häufig gewünschte Verbindung ist die Überlappverbindung. Wird diese mit dem Ziel einer hohen Festigkeit hergestellt, so sollten hierfür die Anbindungsflächen möglichst groß gewählt werden. Weiterhin ist eine Nahtüberhöhung erforderlich. Der Spalt zwischen beiden zu verbindenden Bauteilen sollte 0,2 mm nicht überschreiten. Als Maß für die Festigkeit der Verbindung werden meist die in Scherzugversuchen ermittelten Werte angesehen. Es ist messtechnisch sehr schwierig, eine reine Scherzugbeanspruchung zu erzielen. Vielmehr sind Biegebeanspruchungen nicht zu vermeiden. Dies muss auch als Grund dafür angesehen

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werden, dass bei der Prüfung von Verbindungen an unterschiedlichen Bauteildicken bei ansonsten analogem Verbindungsaufbau unterschiedliche Werte ermittelt werden. Die Angabe einer Scherzugspannung als Maß für die Verbindungsfestigkeit ist somit allein wenig aussagefähig. An 1 mm dicken Bauteilen sind, bezogen auf die Grundwerkstoffdicke, derzeit mit Fülldrähten Verbindungsfestigkeiten > 800 N/mm2 nachgewiesen. Es konnte bei durchgeführten Untersuchungen festgestellt werden, dass eine Erhöhung der Streckenenergie beim Löten in weiten Bereichen eine Erhöhung der Festigkeit der Verbindung bewirkt. Infolge der Erhöhung der Streckenenergie wird in den Schliffbildern eine deutlich stärkere Aufschmelzung der Kante des bei Überlappverbindungen oberen Bleches sichtbar. Es wird eine wesentlich größere Anbindungsfläche erzielt. Weiterhin können Reaktionen des aufgeschmolzenen Grundwerkstoffes mit dem Lot nachgewiesen werden. Beim Löten von I-Nähten konnten bei der Anwendung des Plasma-MIG-Verfahrens Festigkeitssteigerungen gegenüber dem reinen MIG-Prozess von 50 bis 100 N/mm2 erreicht werden.

4 Fülldraht für Beschichtungen

Die Anwendung von Fülldrähten im Bereich der Beschichtungen reicht vom Plattieren, dem Puffern, dem formgebenden Auftragsschweißen bis hin zum Schweißpanzern und thermischen Spritzen. Beim Auftragschweißen kommt dem Panzern von Bauteilen mit Fülldraht durch das Auftragen einer gegenüber dem Grundwerkstoff verschleißbeständigeren Schicht eine besondere Bedeutung zu, da diese direkt mit einer enormen Verlängerung der Standzeit von Bauteilen oder ganzer Baugruppen einhergehen kann. Über den Einsatz von Fülldraht werden gezielt Hartstoff- bzw. Karbidbildner eingebracht. Es können je nach Dichte der eingesetzten Hartstoffbildner bis zu 60 % Legierungselemente in die Schicht eingebracht werden. Dabei kommt dem automatisierten Fülldraht-Auftragschweißen mit zum Teil mehreren Schweißköpfen oder mit Doppeldraht eine besondere Bedeutung zu, Bild 12. Hier sind Aspekte wie reproduzierbare Schweißparameter mit definiertem Vermischungsgrad, guter Oberflächen-nahtqualität, minimierten oder nur geringen Nachbearbeitungszeiten, großen Flächenauftrag-leistungen bei entsprechend anlagentechnischen und schweißtechnischen Voraussetzungen und Verfügbarkeit geeigneter Schweißzusätze für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle von Bedeutung. Gegenüber dem manuellen Auftragschweißen entstehen deutliche Vorteile. Fülldrähte für das Panzern sind im Durchmesserbereich von 1,0 bis 3,2 mm üblich und werden in Abhängigkeit von der zu beschichtenden Oberfläche in unterschiedlichen Spulungsarten (Korbspule; Groß- oder Fassspulung) eingesetzt. In Abhängigkeit vom Bauteil mit den zugehörigen zu beschichtenden Flächen hinsichtlich des wirkenden Verschleißmechanismus und der Geometrie ist nicht immer die Schweißposition "PA" realisierbar, besonders wenn es sich um massive und sperrige Teile handelt. Hingegen werden bei großflächigen Auftragungen, zum Beispiel Verschleißbleche, auch Pendeleinrichtungen eingesetzt. Bauteile wie Extruderschnecken für die Kunststoffindustrie oder Wärmeaustauscher in Kraftwerken bzw. Müllverbrennungsanlagen, die durch strömende Gase in Verbindung mit festen Partikeln durch Gleitstrahlverschleiß (Erosion, Kavitation) sowie durch die eingesetzten Gase in Form von Chloriden und Schwefel korrosiv beansprucht sind, werden mit geeigneten Fülldrahtlegierungen und verschiedenen Auftragschweißverfahren beschichtet. Eine neue Form des Fülldrahtes ist das schmale Füllband (gefüllter Flachdraht). Während in den 60-iger Jahren bei den ersten Untersuchungen zum Schweißen mit relativ breitem Band unter Schutzgas noch ein oszillierender Lichtbogen entlang der Bandkanten festgestellt wurde [8], erzielt man bei Verwendung von schmalem Füllband im Abmessungsbereich (3-4,8) x (0,5-0,9) mm unter Schutzgas eine dem Fülldrahtschweißen mit kreisförmigem Querschnitt vergleichbare Prozessstabilität. Das MSG-Füllbandauftragschweißen zählt als eine wirtschaftliche Alternative

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Schweißen mit Fülldraht - Entwicklung und Perspektiven in der Anwendung

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zu den bekannten konventionellen Auftragsschweißverfahren, wie z. B. UP-, Band-, MIG/MAG -oder Plasma-Pulver-Auftragschweißen. Das wird unter anderem dadurch begründet, dass mit Füllband ein relativ geringer Vermischungsgrad mit dem Grundwerkstoff und eine mit dem UP-Auftragschweißen vergleichbare Schweißgeschwindigkeit erzielt werden kann. Dabei erfolgt der Einsatz von schmalem Füllband überwiegend bei Anwendungen zum Verschleißschutz, während bei korrosiver Beanspruchung massive, schmale Bänder bevorzugt werden.

Bild 12 Mehrdrahtanlage zum Aufragschweißen

Die Verwendung von Drähten beim thermischen Spritzen ist im allgemeinen deutlich kosten-günstiger als die Verwendung von Pulvern, muss sich aber auf solche Schichtwerkstoffe be-schränken, die noch genug Duktilität besitzen, um daraus einen Draht herstellen zu können. Die dadurch bedingte Grenze für die Härte der Schichten lässt sich durch den Einsatz von FüII-drähten überwinden, bei denen Hartstoffe und Legierungszusätze in ein Rohr aus einem verformbaren Metall eingebracht sind. Für die Eigenschaften der Schichten ist dann entschei-dend, inwieweit die Füllstoffe im Lichtbogen in dem nur wenige Millisekunden dauernden Spritzprozess mit dem Metall des Rohres legieren oder als Hartstoffe gut benetzt in die Schicht-matrix eingebettet werden können. Drähte werden üblicherweise durch Lichtbogenspritzen und Drahtflammspritzen zu Schichten verarbeitet. Es können mit diesem Verfahren kompakte Formkörper hergestellt werden, bei denen zum Beispiel aufgrund der Einlagerung von Hartstoffen oder sogar Metalloxiden ein ganz neues Eigenschaftsprofil erreicht wird, Bild 13.

Bild 13 Durch Lichtbogenspritzen mit Fülldraht hergestellte Formkörper

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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5 Zusammenfassung und Ausblick

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über mögliche Anwendungen von Fülldrähten für das Verbindungs- und Auftragschweißen, das Löten und das thermische Beschichten. Der An-wendungsumfang der Fülldrähte wird in Zukunft weiter steigen, da Anforderungen an eine höhere Produktivität, die Entwicklung neuer Grundwerkstoffe oder die Verbesserung der Standzeit von Bauteilen stets neue Zusatzwerkstoffe zum Verbinden bzw. für den Verschleiß- und Korrosionsschutz fordern werden. Damit einher gehen die Präzisierung der Norm- und Regelwerke sowie eine bedarfsgerechte Ausbildung von Schweißern und Schweißfach-personal.

6 Literatur

[1] Fülldrahtelektroden für das Verbindungs- und Auftragschweißen: Merkblatt DVS 0941-1 Düsseldorf, DVS-Verlag (1991)

[2] Einteilung von Fülldrahtelektroden zum Lichtbogenschweißen mit und ohne Schutzgas

von unlegierten Stählen und Feinkornstählen (EN 758), (1997) [3] Einteilung von Fülldrahtelektroden zum Metallschutzgasschweißen von hochfesten Stäh-

len (EN12535), (2000) [4] Einteilung von Fülldrahtelektroden zum Schutzgasschweißen von warmfesten Stählen

(EN 12071), (1999) [5] Einteilung von Fülldrahtelektroden zum Schutzgasschweißen von hochlegierten Stählen

(EN 12073), (1999) [6] Fülldrahtelektroden für das MAG- und UP-Schweißen von warmfestem Stahlguss. DVS-

Merkblatt 0949. Düsseldorf, DVS-Verlag (2001) [7] Engindeniz, E.: UP-Schweißen mit Fülldrahtelektroden-Technologie: Jahrbuch der

Schweißtechnik Düsseldorf, S. 167-178, DVS-Verlag, (2000) [8] Lohrmann, G. R.: Untersuchungen des Lichtbogenverhaltens und des Werkstoffüber-

ganges sowie deren Einfluss auf die Schweißraupenausbildung beim Schutzgas- und Unterpulverschweißen mit Bandelektroden. Dissertation, TH Aachen, (1968)

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MSG-Hochleistungsschweißverfahren – Technologien und Anwendungspotential

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MSG-Hochleistungsschweißverfahren – Technologien und Anwendungspotential

K. Himmelbauer, Fronius International GmbH, Wels-Thalheim

1 Einleitung

Die Nachfrage nach Schweißprozessen, die eine hervorragende Schweißqualität sowie eine Erhöhung der Produktivität und der Wirtschaftlichkeit zugleich garantieren, nimmt stetig zu. Dies führt zur Entwicklung von Hochleistungsschweißprozessen mit gesteigerter Abschmelzleistung. Diese Prozesse werden durch eine Abschmelzleistung von mehr als 8 kg/h definiert. Anwender setzen die höhere Abschmelzleistung entweder in einen größeren Nahtquerschnitt oder in eine höhere Schweißgeschwindigkeit um. Durch den Einsatz moderner Hochleistungs-schweißverfahren können Abschmelzleistung bzw. Schweißgeschwindigkeit etwa auf das Dreifache erhöht werden.

2 Schweißausrüstung

Für Hochleistungsschweißprozesse reicht es nicht aus, dass die Stromquelle einen ausreichend hohen Strom liefert, sondern die gesamte Ausrüstung muss entsprechend angepasst werden. Im Folgenden werden Stromquellen und Drahtvorschübe genauer beschrieben. Die Schweißbrenner werden bei den Anwendungen gezeigt. Außerdem wird eine neue Brennerreinigungsstation präsentiert und deren Vorteile aufgezeigt. Im Allgemeinen versteht sich Fronius als ein Anbieter von gesamten Schweißsystemen, die modular aufgebaut sind. Fronius Schweißsysteme sind sehr robust und ermöglichen „Plug and Weld“ sowohl bei manuellen Anwendungen als auch im vollautomatisierten Bereich.

2.1 Stromquelle

Die neuen Fronius Stromquellen zum Hochleistungsschweißen basieren auf dem Prinzip des “Power Sharings”. Power Sharing beschreibt den Einsatz von mehr als einer (vorzugsweise zwei) Stromquellen, um damit Schweißstrom und/oder Einschaltdauer zu erhöhen. Ein weiterer Vorteil des Power Sharings ist die Tatsache, dass die beiden Stromquellen getrennt werden können und separat als Standardstromquellen eingesetzt werden können für den Fall, dass Hochleistungsschweißen nicht gefordert wird. Es gibt zwei Varianten des Power Sharing: - Beide Stromquellen wirken in einem gemeinsamen Lichtbogen (Eindrahtschweißen). - Die Stromquellen erzeugen zwei Lichtbögen (Tandemschweißen).

Bild 1 Stromquelle TPS 9000 zum Hochleistungsschweißen, die einen Schweißstrom von bis zu

900 A liefert.

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Bild 1 zeigt die Stromquelle TPS 9000, die sich aus zwei TPS 5000 zusammensetzt und einen Schweißstrom von bis zu 900 A liefert, sowie eine Prinzipskizze.

2.2 Drahtvorschub

Hochleistungsschweißen wird durch einen hohen Schweißstrom und / oder eine hohe Drahtfördergeschwindigkeit charakterisiert. Daher muss nicht nur die Stromquelle die erhöhten Anforderungen erfüllen, sondern auch der Drahtvorschub muss für hohe Schweißströme und Drahtvorschubgeschwindigkeiten entsprechend angepasst werden. Fronius bietet eine weite Palette von Drahtvorschüben, die zum Hochleistungsschweißen eingesetzt werden und die spezielle Eigenschaften aufweisen. Tabelle 1 fasst die verschiedenen Drahtvorschübe und deren spezielle Eigenschaften zusammen.

Tabelle 1: Drahtvorschübe zum Hochleistungsschweißen, Eigenschaften und Einsatzgebiet.

Drahtvorschub VR 1500 11 VR 1500 12 VR 1500 30 VR 1500 22

Drahtdurchmesser 0.8 – 3.2 mm 0.8 – 3.2 mm 0.8 – 1.6 mm 0.8 – 1.6 mm

Drahtfördergeschwindigkeit 0.5 – 11 m/min

0.5 – 12 m/min 0.5 – 30 m/min 0.5 – 22 m/min

Einsatzgebiet Dicke Drähte Dicke Drähte, hohes Drehmoment

Hohe Drahtförder-geschwindigkeit

Standard

2.3 Brennerreinigungsstation

Hochleistungsschweißprozesse werden üblicherweise in automatisierten Anwendungen eingesetzt. Jedes automatisierte System sollte durch eine Brennerreinigungsstation ergänzt werden, um Spritzer in einem frühen Stadium zu entfernen und dadurch Systemstillstand zu vermeiden. Herkömmliche Brennerreinigungsstationen entfernen Spritzer durch Fräsen, was eine Beschädigung der Gasdüse, des Kontaktrohrs und des Düsenstocks zur Folge hat. Außerdem haften neuerliche Spritzer verstärkt auf gefrästen Stellen. Der neue Robacta Touchless Cleaner von Fronius reinigt Brenner berührungslos durch einen elektromagnetischen Impuls und beschädigt daher nicht Gasdüse etc. Der Reinigungsprozess findet in zwei Schritten statt: Zuerst wird der Brenner in eine Kühlflüssigkeit getaucht, um thermische Spannungen zu erzeugen und um beim weiteren Schweißen das Haften von Spritzern zu reduzieren. Danach werden die Spritzer durch einen elektromagnetischen Impuls entfernt. Durch dieses Reinigungsprinzip ist der Robacta Touchless Cleaner auf Brennerreinigung bei ferro-magnetischen Anwendungen beschränkt und kann nicht für Aluminium und dessen Legierungen eingesetzt werden. Der Robacta Touchless Cleaner wird in der Praxis bereits erfolgreich eingesetzt. Bild 2 zeigt das Reinigungsprinzip sowie eine Gasdüse vor und nach Reinigung.

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MSG-Hochleistungsschweißverfahren – Technologien und Anwendungspotential

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Bild 2: Reinigungsprinzip des Robacta Touchless Cleaner und Gasdüse vor bzw. nach Reinigung.

3 Anwendungen

Der erste Schritt Richtung Hochleistungsschweißverfahren ist das Erhöhen der Drahtfördergeschwindigkeit beim Eindrahtschweißen. Der nächste Schritt ist die Entwicklung des Tandemschweißens (zwei gleichzeitig abschmelzende Drahtelektroden). Während Eindrahtschweißen mit hohen Drahtfördergeschwindigkeiten das Problem des Schneidens mit sich bringt, ist die Brennerpositionierung beim Tandemschweißen von nichtlinearen Konturen schwierig, da die relative Orientierung der beiden Elektroden und der Schweißrichtung konstant gehalten werden müssen. Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Schweißgeschwindigkeit ist der Einsatz von Flachdrähten, die Abschmelzleistungen von über 11 kg/h ermöglichen. Der Vorteil von Flachdrahtschweißen gegenüber Tandemschweißen ist die einzelne Stromquelle und das leichtere Bedienen. Hochleistungsschweißen hat eine Vielzahl von Einsatzgebieten, z.B. Automobilindustrie, schwerer Stahlbau, Schienenfahrzeugbau etc. Sowohl Verbindungs- als auch Auftragsschweißen kann ausgeführt werden. Im weiteren werden drei verschiedene Anwendungen des Hochleistungsschweißen genauer beschrieben, nämlich Flachdrahtschweißen, Schweißen mit Drähten mit großem Durchmesser und Tandemschweißen.

3.1 Flachdrahtschweißen

Tabelle 2 zeigt die am häufigsten verschweißten massiven Flachdrähte. Die Breite der Drähte liegt in dem Bereich 4.0 – 4.5 mm, während die Dicke zwischen 0.5 und 0.6 mm variiert. Dies ergibt ein extremes Breiten-zu-Längen-Verhältnis von etwa 1:9. Flachdrähte werden entweder durch das Walzen von Runddrähten oder durch das Schneiden von Bändern erzeugt. Im Allgemeinen ist das Verhältnis Oberfläche zu Querschnitt bei Flachdrähten größer als bei Runddrähten. Daher ist die Oberflächenqualität der Drähte von noch größerer Bedeutung für das Schweißergebnis. Bei Stahl-Flachdrähten kann die Drahtfördergeschwindigkeit auf bis zu 11 m/min gesteigert werden, was einer Abschmelzleistung von über 11 kg/h entspricht. Bei Aluminium können Abschmelzleistungen bis zu 4 kg/h erreicht werden. Der Brenner, der beim Flachdrahtschweißen eingesetzt wird, ist ein Push-Pull-Brenner, der für diese Anwendung weiterentwickelt wurde (Bild 3). Das Kontaktrohr hat eine rechteckige Ausnehmung, um den Flachdraht in horizontaler und vertikaler Richtung optimal zu führen. Die Gasdüse ist bis ganz vorne wassergekühlt, was speziell bei hohen Schweißströmen von großer Bedeutung ist.

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Tabelle 2 Massive Flachdrahtelektroden und Schweißparameter.

Zusatzwerkstoff G3Si1 AlMg4.5Mn AlSi5

Querschnitt 4.5 x 0.5 mm 4.0 x 0.6 mm 4.0 x 0.6 mm

Querschnittsfläche 2.3 mm2 2.4 mm2 2.4 mm2

Drahtfördergeschwindigkeit Bis 10.7 m/min Bis 9.2 m/min Bis 9.2 m/min

Abschmelzleistung Bis 11.3 kg/h Bis 3.6 kg/h Bis 3.6 kg/h

Aufgrund der eingeschränkten Drahtförderung, die sich auf den rechteckigen Querschnitt der Drähte zurückführen lässt, wird Flachdrahtschweißen bevorzugt mit Bauteilhandling oder für lange lineare Nähte, bei denen sich der Brenner auf einem Linearvorschub befindet, eingesetzt.

Bild 3 Push-Pull-Brenner zum Flachdrahtschweißen und Anwendung mit einem Roboter zum Bauteilhandling.

Bild 4 zeigt den Werkstoffübergang des Flachdrahts beim Impulslichtbogen (Ansicht von Längs- und Querseite). Es ist anzumerken, dass der Lichtbogen während der gesamten Dauer stabil und an der gesamten Kante des Flachdrahtes brennt. Außerdem hat der Lichtbogen am Ansatz beim Flachdraht eine stark elliptische Form, während er am Werkstück fast rund ist. Auch die Tropfen, die sich vom Flachdraht ablösen, sind annähernd kugelförmig, was auf Oberflächen-spannung zurückgeführt werden kann.

Bild 4 Werkstoffübergang des Flachdrahtes AlSi5 (Drahtfördergeschwindigkeit 5 m/min). Ansicht

von Längs- und Querseite.

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Auch der Einbrand wurde untersucht. Dabei wurden Vergleiche mit einem Runddraht mit 1.6 mm Durchmesser durchgeführt, da diese Drähte ähnliche Querschnittsflächen haben. Die Untersuchungen ergaben, dass der Einbrand des Flachdrahtes geringer als der Einbrand des Runddrahtes ist. Außerdem hängt der Einbrand des Flachdrahtes kaum vom Winkel zwischen Längskante des Flachdrahtes und Schweißrichtung ab. Der geringere Einbrand des Flachdrahtes legt auch den Einsatz zum Auftragsschweißen nahe. Untersuchungen mit Ni-Basis Drähten wurden bereits durchgeführt und zeigten gute Ergebnisse. Die erhöhte Abschmelzleistung bei den Hochleistungsschweißverfahren kann entweder in eine größere Schweißgeschwindigkeit, was meistens der Falls ist, oder in einen größeren Nahtquerschnitt umgesetzt werden. Bild 5 zeigt Überlappnähte von 3mm-Blechen mit unterschiedlichen Zusatzwerkstoffen. Ein Vergleich mit herkömmlichem Runddrahtschweißen zeigt, dass die Schweißgeschwindigkeit erheblich erhöht werden kann. Auch der Wärmeeintrag ist beim Flachdrahtschweißen geringer.

Bild 5 Schweißgeschwindigkeiten an Überlappnähten von 3 mm-Blechen für verschiedenen

Zusatzwerkstoffe.

3.2 Schweißen mit Drähten mit großen Durchmesser

Beim herkömmlichen Runddrahtschweißen kann die Drahtfördergeschwindigkeit nur bis zu einem gewissen Wert erhöht werden, da dann das Problem des Schneidens auftritt. Eine weitere Erhöhung der Abschmelzleistung beim Eindrahtschweißen mit Runddrähten kann durch eine Erhöhung des Drahtdurchmessers (bis 3.2 mm) erreicht werden. Diese Drähte sind in den üblichen Materialien erhältlich (Al, Al-Legierungen, Stahl, Kupferbasisdrähte, Fülldrähte, …) und werden üblicherweise in PA oder PB Position verschweißt. Der Nachteil dieser Drähte liegt in der Drahtförderung: Sehr weiche Drähte wie Aluminium sind schwer zu fördern, da sie kaum eine Eigenstabilität besitzen. Harte Drähte wie Stahl hingegen bringen Probleme beim Fördern durch ihre hohe Steifheit.

Zusatzwerkstoff: AlSi5 Vs: 300 cm/min

Zusatzwerkstoff: G3Si1 Vs: 180 cm/min

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Bild 6 zeigt Untersuchungen, die mit einem 2.4 mm Fülldraht durchgeführt wurden. Die Drahtfördergeschwindigkeit betrug 12 m/min, wodurch eine Abschmelzleistung von 25.5 kg/h erreicht wurde.

Bild 6 Hochleistungsschweißen an Bauteilen für Baumaschinen mit einem 2.4 mm Fülldraht, wobei

eine Abschmelzleistung von 25.5 kg/h erreicht wird.

Durch den Einsatz von Drähten mit großem Durchmesser kann die Abschmelzleistung erheblich erhöht werden. Dadurch wird es möglich, Kehlnähte mit einem großen a-Maß in einer Lage zu schweißen, während zwei oder mehr Lagen mit herkömmlichen Drähten notwendig wären. Daher kann die Zykluszeit deutlich verringert und Produktivität daher gesteigert werden.

3.3 Tandemschweißen

Der Unterschied zwischen Tandemschweißen und Doppeldrahtschweißen liegt in der Tatsache, dass die Kontaktrohre beim Tandemschweißen elektrisch isoliert sind, sodass die beiden Elektroden unterschiedliches elektrisches Potential haben können. Daher können auch Lichtbogenart (Standardlichtbogen, Impulslichtbogen), Lichtbogenlänge, Schweißstrom, Leistung etc. für beide Lichtbögen separat eingestellt werden. Auch der Werkstoffübergang der beiden Elektroden kann getrennt beeinflusst und optimiert werden. Oft sind beide Lichtbögen Impulslichtbögen, wobei die Werkstoffübergänge um 180° phasenverschoben sind, d.h. eine Elektrode befindet sich in der Grundstromphase während sich die andere Elektrode in der Impulsstromphase befindet und umgekehrt. Bild 7 zeigt den Push-Pull-Brenner Robacta Drive Twin. Auf der rechten Seite des Bildes kann man gut die elektrische Isolierung der beiden Kontaktrohre erkennen. Durch die Fronius Technologie sind beide Schweißrichtungen möglich, d.h. Master und Slave können jeweils beide Elektroden sein. Dies trägt zu einer Reduktion der Zykluszeit bei.

Bild 7 Robacta Drive Twin Push-Pull-Brenner zum Tandemschweißen – Gesamtansicht und Detail.

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Die Vorteile des Tandemschweißens sind hohe Schweißgeschwindigkeit, wenig Spritzer und hohe Flexibilität. Tandemschweißen kann mit einer Vielzahl von Zusatzwerkstoffen ausgeführt werden. Bild 8 zeigt das Tandemschweißen von einem Boiler aus rostfreiem Stahl mit CrNi Zusatzwerkstoff. Die Blechdicke beträgt 5 mm und die Schweißgeschwindigkeit 240 cm/min. Zwei Brenner arbeiten zugleich auf jeder Seite der Kühlschlangen, und jedem Brenner läuft ein taktiler Sensor zur Nahtverfolgung voran.

Bild 8 Tandemschweißen eines Boilers aus rostfreiem Stahl mit CrNi Zusatzwerkstoff. Gleichzeitiges Schweißen von zwei Brennern mit taktilen Sensoren zur Nahtverfolgung.

4 Zusammenfassung

In diesem Artikel wurden verschiedene Varianten des Hochleistungsschweißens vorgestellt. Der erste Schritt beim Hochleistungsschweißen ist die Erhöhung der Drahtfördergeschwindigkeit beim herkömmlichen Runddrahtschweißen. Der nächste Schritt ist dann eine Erhöhung der Drahtquerschnittsfläche, entweder durch Erhöhen des Drahtdurchmessers bis 3.2 mm oder durch Einsatz von Flachdrähten. Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Abschmelzleitung ist das gleichzeitige Abschmelzen von mehr als einer Elektrode, wie es beim Tandemschweißen durchgeführt wird. Während herkömmliches Eindrahtschweißen mit hohen Drahtfördergeschwindigkeit das Problem des Schneidens bringt, ist die Brennerpositionierung beim Tandemschweißen von nichtlinearen Konturen schwierig, da die relative Orientierung der beiden Elektroden zur Schweißrichtung konstant gehalten werden müssen. Der Vorteil von Flachdrahtschweißen gegenüber Tandemschweißen ist die einzelne Stromquelle und die leichtere Bedienung.

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Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle - Geschichte, Eigenschaften und schweißtechnische Verarbeitung

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Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle - Geschichte, Eigenschaften und schweißtechnische Verarbeitung

Jochen Schuster, SLV Halle GmbH, Halle(Saale)

In einem Übersichtsbeitrag wird auf die Entwicklung, die Einteilung und die wichtigsten Eigenschaften der rost-, säure- und hitzebeständigen Stähle eingegangen. Neben einer Beschreibung der ferritischen und martensitischen Chromstähle, der austenitischen Chrom-Nickel-Stähle mit und ohne Molybdän sowie der zweiphasigen Duplexstähle werden allgemeingültige Hinweise zur schweißtechnischen Verarbeitung dieser Werkstoffe gegeben.

1 Einleitung

Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle sind aus keiner modernen Volkswirtschaft mehr wegzudenken. Wurden diese Stahle zunächst für spezielle Anwendungen in der chemischen Industrie geschaffen, zu deren ersten das nach seinen Erfindern Fritz HABER und Carl BOSCH benannte Verfahren zur Ammoniaksynthese aus Luftstickstoff und Wasserstoff zählte, haben sich diese Werkstoffe in so gut wie in allen Bereichen der Technik als unverzichtbar erwiesen. So währen z.B. die Luft- und Raumfahrt, der Schienen- und Straßenfahrzeugbau, die Offshore-technik, die Medizin- und Pharmatechnik, aber auch die Architektur ohne rost-, säure- und hitzebeständige Stähle undenkbar.

Bild 1 Patentschrift Nr. 304126 der erstmaligen Beschreibung von rost- und säurebeständigen

Stählen vom 18.10.1912

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Die Geschichte der rost-, säure- und hitzebeständigen Stähle beginnt offiziell am 17. Oktober 1912. An diesem Tag meldete die Firma Fried. Krupp aus Essen beim Reichspatentamt in Berlin die „Herstellung von Gegenständen, die hohe Widerstandskraft gegen Korrosion erfordern..." zum Patent an (Bild 1). Dieser Anmeldung gingen jedoch langwierige und umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten voraus. Das deutsche Zentrum dieser Arbeiten war das 1882 durch Friedrich Alfred Krupp in Essen gründete „Laboratorium II“. Erst dreißig Jahre später konnten durch den Physiker Benno STRAUSS und den Ingenieur Eduard MAURER der Weltöffentlichkeit Stähle präsentiert werden, die durch Zulegieren mit mindestens zwölf Prozent Chrom - allein oder in Kombination mit Nickel - die Korrosionsbeständigkeit der betreffenden Werkstoffe gewährleisteten. Legendär geworden ist die von beiden Forschern verwendete Bezeichnung für die Legierung, die sich neben einer sehr guten Korrosionsbeständigkeit ebenfalls durch eine gute Duktilität und Bruchsicherheit auszeichnete. So zeigte ein mit 8 % Nickel legierter Chrom-Stahl ein austenitisches Gefüge, was ihm die Bezeichnung V2A (2. Versuch, austenitisches Gefüge) einbrachte. Bereits im Jahre 1922 wurde das Warenzeichen NIROSTA® patentrechtlich geschützt. Der Begriff Nirosta entstand aus den Worten NIchtROstender Stahl.

2 Einteilung der rost-, säure- und hitzebeständigen Stähle

Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle können nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden. Diese hängen vom Verwendungszweck, vom Gefügeaufbau, dem Anteil an Nickel und/oder der Beständigkeit gegenüber interkristalliner Korrosion ab. So werden diese Werkstoffe gemäß ihrem Verwendungszweck in: - rost- und säurebeständige Stähle, - hitze- und zunderbeständige Stähle, - hochwarmfeste Stähle - sowie tieftemperaturbeständige Stähle

unterteilt. Entsprechend der Europäischen Norm DIN EN 10 088 [1, 2, 3] sowie dem Stahl-Eisen-Werkstoffblatt SEW 400 [4] erfolgt dagegen die Einteilung entsprechend ihrem Gefügeaufbau in: - ferritische und semi (halb-)ferritische Stähle, - martensitische, weichmartensitische und ausscheidungshärtende Stähle, - austenitische Stähle und - ferritisch-austenitische Stähle.

Eine Einteilung gemäß ihrem Nickelgehalt wird durch DIN EN 10 020 [5] vorgenommen: - Stähle mit weniger als 2,5 % Nickel und - Stähle mit 2,5 % Nickel und mehr

Gemäß ihrer Beständigkeit gegenüber interkristalliner Korrosion, d.h. dem Kornzerfall kann eine Unterteilung wie folgt geschehen: - unstabilisierte Stähle, - stabilisierte Stähle und - Stähle mit besonders niedrigem Kohlenstoff-Gehalt.

Oft werden zur Beschreibung eines rost-, säure- oder hitzebeständigen Stahls zwei oder mehrere Möglichkeiten seiner Einteilung miteinander kombiniert.

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Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle - Geschichte, Eigenschaften und schweißtechnische Verarbeitung

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Zum besseren Verständnis der komplexen Verwendbarkeit der wichtigsten rost-, säure- und hitzebeständigen Stähle soll deshalb in den nachfolgenden Darlegungen auf die Eigenschaften und die schweißtechnische Verarbeitung dieser Werkstoffgruppe näher eingegangen werden [6].

3 Chromstähle

3.1 Ferritischer Chromstahl

Werkstoffübersicht - Grundwerkstoffe

Ferritische Cr-Stähle enthalten zwischen 11 und 27 % Chrom sowie maximal 0,1 % Kohlenstoff. Stähle dieser Werkstoffgruppe werden als schwer bis gut schweißgeeignet eingestuft. In solchen Werkstoffen mit niedrigen Chromgehalten kann ebenfalls Aluminium zur Unterdrückung der Martensitbildung zulegiert sein. Ferritisches Gefüge neigt bei Wärmeeinfluss zur Grobkornbildung (≥ 900 °C). Somit entsteht beim Schweißen in der Übergangszone durch Kornwachstum eine Zone mit geringer Zähigkeit und Dehnung. Besonders betroffen sind hiervon die ferritischen Chromstähle, während die martensitischen weniger empfindlich darauf reagieren. Die aus der Verbindung von Chrom mit Kohlenstoff entstehenden Chromkarbide an den Korngrenzen bewirken eine Versprödung der Schweißverbindung sowie eine Herabsetzung der Korrosionsbeständigkeit, da der Matrix Chrom entzogen wird. Einer dieser Mechanismen der Chromkarbidausscheidung ist als 475-°C-Versprödung bekannt. Neben der Grobkorn- und Karbidbildung bereitet die SIGMA-Phasenbildung (σ-Phase) Probleme bei der schweißtechnischen Verarbeitung dieser Werkstoffe. Die σ-Phase ist eine sehr harte und spröde intermetallische Verbindung, die sich hauptsächlich aus Eisen und Chrom zusammensetzt. Hierdurch versprödet nicht nur der gesamte Werkstoff, sondern es tritt ein drastischer Abfall der Korrosionsbeständigkeit auf, der durch Chromverarmung in der direkten Umgebung der σ-Phase bewirkt wird. Ferritische Chromstähle neigen aufgrund ihres höheren Chromgehalts stärker zur σ-Phasenbildung als die martensitischen Chromstähle. Nach der Schweißung ferritischer Cr-Stähle sind Kaltrichtarbeiten wegen der Versprödung der Wärmeeinflusszone auf jeden Fall zu vermeiden. Schweißtechnische Verarbeitung der ferritischen Chromstähle

Eine Vorwärmung trägt zum Abbau von Spannungen bei, erhöht jedoch auch die Gefahr des Kornwachstums. Aus diesem Grund sollte eine Vorwärmung bevorzugt bei Blechen von mehr als 6 mm (besser erst ab 15 mm) Dicke und starren Konstruktionen angewandt werden. Die Vorwärmtemperaturen sollten maximal zwischen 250 und 300 °C betragen. Die Arbeitstemperatur von 200 °C sollte nicht überschritten werden. Empfohlen werden niedrige Wärmeeinbringung und hohe Schweißgeschwindigkeiten (niedrige Stromstärke, kleine Elektrodendurchmesser, Strichraupen). Die Schweißnähte sollten eine glatte Oberfläche haben, um hohe, lokal auftretende Spannungen zu verringern. Bei Verwendung von Stabelektroden sollten solche mit basischer Schlackencharakteristik eingesetzt werden. Vorteilhaft ist der Einsatz von austenitischen Cr-Ni-Elektroden oder vergleichbaren Drähten. Das austenitische Schweißgut bewirkt zwar keine Behebung einer möglichen Versprödung in der Wärmeeinflusszone, es nimmt jedoch die entstehenden Spannungen besser auf und vermindert so die Gefahr der Rissbildung. Wird von der Schweißverbindung gleiche Festigkeit und Färbung verlangt, muss artgleich geschweißt

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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werden. In jedem Fall ist eine Überhitzung der Schweißverbindung, insbesondere der Wärmeeinflusszone, zu vermeiden. Aus diesem Grund sollten dünne Elektroden bevorzugt werden, da diese nur begrenzt thermisch belastet werden können. Das entstandene Grobkorn kann durch Glühen nicht zurückgebildet werden, da sich hierdurch keine Gefügeveränderungen ergeben. Trotzdem vermindert eine Wärmebehandlung bei 700 - 800 °C den schädlichen Einfluss der Chromkarbide und baut einen großen Teil der Schweißspannungen ab.

3.2 Martensitischer Chromstahl

Werkstoffübersicht - Grundwerkstoffe

Ein martensitischer Cr-Stahl liegt vor, wenn der Kohlenstoffgehalt zwischen 0,1 und 0,2 % (und höher) bei Chromanteilen zwischen ca. 10 bis 14 % beträgt. Die Festigkeitswerte liegen weit höher als die des ferritischen Chromstahls. Manche Typen dieser Grundwerkstoffe enthalten noch geringe Mengen Nickel, um die Martensitbildung zu fördern. Zusätze von Schwefel und Selen dienen zur Verbesserung der spanabhebenden Bearbeitbarkeit. Der lineare Wärmeausdehnungskoeffizient entspricht etwa dem von Kohlenstoffstahl. Die Wärmeleit-fähigkeit beträgt dagegen nur 50 % der von unlegiertem Stahl. Bei diesen Stählen ist keine Grobkornbildung durch die Schweißwärme zu befürchten. Dennoch sollte bei Wärmebehandlungsprozessen (bei erhöhten Temperaturen) ebenfalls mit einem Kornwachstum gerechnet werden. Martensitische Chromstähle sind durch σ-Phasenbildung, Kornwachstum bei höheren Temperaturen und Karbidausscheidungen im Temperaturbereich um 475 °C versprödungs-gefährdet. Aufgrund ihres martensitischen Gefüges sind sie besonders anfällig gegenüber der Bildung von Aufhärtungs- und Wasserstoffrissen. Wie alle anderen Arten von Chromstählen sind auch martensitische Chromstähle unempfindlich in stark schwefelhaltigen Medien. Das Problem bei der schweißtechnischen Verarbeitung dieser Werkstoffe liegt hingegen in der Aufhärtung und Versprödung durch Martensitbildung. Schweißtechnische Verarbeitung der martensitischen Chromstähle

Die schweißtechnische Verarbeitung von martensitischen nichtrostenden Stählen sollte wegen der Neigung zur Aufhärtung mit Vorsicht erfolgen. Die Vorwärmung kann, wenn die Blechdicke unter 6 mm und der Kohlenstoffgehalt unter 0,1 % beträgt, unterlassen werden. Ansonsten ist auf ein Vorwärmen im Temperaturbereich zwischen 300 und 350 °C zu achten. Die Arbeitstemperatur hat bei etwa 200 - 320 °C zu liegen. Es muss also mit hoher Wärme-einbringung geschweißt werden. Die Wärme ist während des Schweißprozesses zu halten. Im Normalfall sollten für diese Stahlgruppe basische, austenitische Elektroden verwendet werden. Wird aus Festigkeitsgründen ein artgleicher Zusatz verwendet, werden wegen Versprödungsgefahr erhöhte Anforderungen an die Wärmeführung gestellt. Schweißzusätze sollten für martensitische Chromstähle einen sehr niedrigen Wasserstoffgehalt aufweisen, da diese Stähle anfällig gegenüber Wasserstoffrissen sind. Wasserstoffkontrollierte Elektroden oder Fülldrähte sind daher als Schweißzusätze gut geeignet. Kann eine Wärmenachbehandlung nicht erfolgen, werden Schweißzusätze der Zusammensetzung 25 %Cr - 12 %Ni oder 25 % Cr - 10 % Ni empfohlen. Nach dem Schweißen wird ein Spannungsarmglühen von 30 Minuten im Temperaturbereich zwischen 720 - 780 °C empfohlen. Alternativ kann bei artgleichem Zusatz das Werkstück direkt aus der Schweißwärme bei 700 - 800 °C angelassen werden. Korrosionsbeständiger Chromstahl mit mehr als 0,2 % Kohlenstoff ist für die schweißtechnische Verarbeitung nicht geeignet.

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Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle - Geschichte, Eigenschaften und schweißtechnische Verarbeitung

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3.3 Weichmartensitische Chrom-Nickel-Stähle

Werkstoffübersicht - Grundwerkstoffe

Weichmartensitische Chrom-Nickel-Stähle finden in zunehmendem Maße Anwendung im Pumpen-, Wasserturbinen- und Kernreaktorbau. Kennzeichnend für derartige Stähle sind ein niedriger Kohlenstoffgehalt von ≤ 0,05 %, Chromgehalte von 13 bis 17 % und Nickelgehalte von 1 bis 6 %. Schweißtechnische Verarbeitung der weichmartensitischen Chrom-Nickel-Stähle

Vor allem dickwandige Werkstücke sollten auf 100 °C vorgewärmt werden. Beste Risssicherheit wird erzielt, wenn unterhalb der Martensitumwandlungstemperatur bei (100-150 °C) geschweißt wird. Die einzelnen Schweißraupen wandeln dabei in Martensit um, welches durch die nachfolgende Raupe angelassen wird. Eine Wärmebehandlung nach dem Schweißen besteht z.B. für ein 13 %-Chrom - 4 %-Nickel-Schweißgut aus ein- oder zweimaligem Anlassen bei 600 °C / 2-6 h / Luft oder einem Niedrigaustenitisieren mit nachfolgendem Anlassen (770 °C / 2 h / Luft + 2 x 600 °C / 2 h / Luft), wobei die günstigsten Zähigkeitseigenschaften erzielt werden. Verglichen mit den reinen Chromstählen sind die weichmartensitischen Chromstähle relativ gut schweißgeeignet.

3.4 Hitzebeständiger Chromstahl

Werkstoffübersicht - Grundwerkstoffe

Hitzebeständige Chromstähle unterscheiden sich von korrosionsbeständigen Chromstählen durch ihre Zunderbeständigkeit und Beständigkeit gegenüber Verbrennungsgasen. Durch Zule-gieren von Aluminium oder Silizium wird die Zunderbeständigkeit aufgrund einer Bildung von Aluminium- oder Siliziumoxid in Verbindung mit dem Chromoxid erhöht. Um den Stahl gegen-über Verbrennungsgasen beständig zu machen, wird mit Chromgehalten bis zu 30 % legiert. Die hitzebeständigen ferritischen Chromstähle weisen drei Temperaturbereiche auf, die bei ihrem Einsatz bzw. Verarbeitung umgangen werden sollen, da ein längeres Verweilen oder zu langsames Durchlaufen zur Versprödung dieser Werkstoffe führt. 400 bis 500 °C: Durch Aushärtung findet eine sehr starke Versprödung statt. Dieser Vorgang wird als 475-°C-Versprödung bezeichnet. Durch ein kurzzeitiges Glühen über 600 °C kann diese Versprödung wieder beseitigt werden. 650 bis 800 °C: Versprödung durch Bildung der σ-Phase. Durch Glühen über 850 °C wird die σ-Phase wieder gelöst und die Versprödung beseitigt. über 950 °C: Versprödung durch starkes Kornwachstum und (Karbid-) Ausscheidungen an den Korngrenzen. Diese Versprödung kann durch Wärmebehandlung nicht mehr beseitigt werden. Schweißtechnische Verarbeitung der hitzebeständigen Chromstähle

Alle hitzebeständigen Chromstähle können artähnlich oder höherlegiert geschweißt werden. Bei häufigen Temperaturschwankungen ist der Wärmeausdehnungskoeffizient zu beachten. Nickel setzt die Beständigkeit gegenüber schwefelhaltigen Verbrennungsgasen stark herab. Darum dürfen keine üblichen 19 %-Cr - 9 %-Ni-Zusätze verwendet werden. Zumindest die Decklage soll mit artgleichem Schweißgut ausgeführt werden. Bewährt hat sich ein Schweißgut des Typs 25 %-Cr - 4 %-Ni. Der Nickelgehalt ist hierbei tief genug, um auch in schwefelhaltigen Verbrennungsgasen die Beständigkeit des Schweißgutes zu garantieren.

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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4 Chrom-Nickel-(Molybdän-)Stähle

4.1 Austenitische Chrom-Nickel-(Molybdän-)Stähle

Werkstoffübersicht - Grundwerkstoffe

Austenitische Chrom-Nickel- bzw. Chrom-Nickel-Molybdän-Stähle sind in DIN EN 10 088 [1, 2, 3], SEW 400 [4] bzw. DIN 17 440 [7] genormt. Sie enthalten als Hauptbestandteile ihrer Legierung ca. 15 bis 30 % Chrom, 5 bis 25 % Nickel sowie zur Erzielung besonderer Eigenschaften Molybdän, Mangan, Silizium, Kupfer, Stickstoff, Niob, Titan und Vanadium. So können z. B. zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit dieser Werkstoffe, insbesondere gegenüber Lochfraß, Molybdängehalte von über 4 % zulegiert werden. Über die Wirkung der Elemente Chrom, Molybdän und Stickstoff auf die Wirksumme WS gibt die folgende Gleichung (1) Auskunft (auch als Lochfraßäquivalent bezeichnet):

WS = %Cr + 3,3 %Mo + 16 %N (1)

Zur Erhöhung ihrer Beständigkeit gegenüber interkristalliner Korrosion können diese Werkstoffe mit Titan, Niob oder Tantal legiert werden. Solche Stähle werden als stabilisiert bezeichnet. Ansonsten sind bei Gefahr eines interkristallinen Korrosionsangriffs Cr-Ni-(Mo-)Stähle mit stark abgesenktem Kohlenstoffgehalt zu verwenden (ELC-Stähle = Extra-Low-Carbon-Steels). Das austenitische Gefüge dieser Stähle ist mindestens bis Raumtemperatur beständig. Bei diesen Stählen tritt so gut wie kein Abfall der Kerbschlagwerte bei tiefen Temperaturen ein, d.h., sie sind ausreichend beständig gegenüber dem Auftreten von Sprödbrüchen. Austenitische Chrom-Nickel-Stähle zeichnen sich durch eine höhere Wärmeausdehnung als unlegierte Stähle aus (über 50 % höherer Wärmeausdehnungskoeffizient). Daher verziehen und verwerfen sich diese Stähle leicht und stehen außerdem wegen ihrer niedrigen Wärmeleitfähigkeit unter großen Spannungen. Sie verfügen über ein hohes Verformungs-vermögen (35 bis 40 % Dehnung). Darüber hinaus besitzen sie eine geringere Wärmeleit-fähigkeit als unlegierter Stahl. Sie sind infolge der Bildung einer dichten Oxidhaut (einatomige Sauerstoffdeckschicht) auf ihrer Oberfläche außerordentlich korrosionsbeständig. Beinhaltet das erstarrte Schweißgut über 12 FN Ferrit, besteht die Gefahr, dass sich bei Temperaturbeanspruchungen zwischen 500 und 900 °C spröde σ-Phase ausscheiden kann. Die bei den un- und niedriglegierten Stählen üblichen Wärmebehandlungen wie Härten, Vergüten, Weichglühen und Normalglühen können bei den austenitischen Chrom-Nickel-Stählen nicht vorgenommen werden, da diese auf der γ-α-Umwandlung beruhen, die bei den Austeniten aufgrund ihres hohen Nickelgehalts nicht vorkommt. Im Allgemeinen ist eine Wärmenachbehandlung dieser Stähle nicht üblich. Als Wärmebehandlungen kommen, wenn gefordert, nur das Lösungsglühen mit anschließender Wasserabschreckung sowie Spannungsarm- und Stabilisierungsglühungen in Betracht. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Temperaturbereich zwischen 450 und 850 °C zur Verhinderung kritischer Versprödungen umgangen werden muss. Schweißtechnische Verarbeitung der Chrom-Nickel-Stähle

Austenitische Chrom-Nickel-Stähle verfügen über eine gute Schweißeignung. Eine Vorwärmung ist beim Schweißen nicht erforderlich und eine Wärmenachbehandlung kann normalerweise unterbleiben. Die speziellen physikalischen Eigenschaften dieser Stähle, geringe Wärmeleitfähigkeit, hoher Wärmeausdehnungskoeffizient, dünnflüssiges Schmelzbad, geringe elektrische Leitfähigkeit, sind hinsichtlich der Schweißfolge und Wärmeführung zu beachten. Es

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Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle - Geschichte, Eigenschaften und schweißtechnische Verarbeitung

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sollten daher Vorkehrungen getroffen werden, um übermäßige Materialdeformationen zu ver-hindern. Eine ferritische Primärerstarrung wirkt sich günstig auf die Heißrissbeständigkeit aus. Es müssen artgleiche und den jeweiligen Erfordernissen angepasste Schweißzusätze verwendet werden. Für die Schweißung stehen basisch- und rutilumhüllte Elektroden zur Verfügung, deren Legierungen dem zu schweißenden Stahl angepasst sind. Bei Verwendung rutilumhüllter Elektroden, die besonders glatte Schweißnähte ergeben und auch sehr leicht zu handhaben sind, müssen besondere Trocknungsvorschriften beachtet werden, da eine zu hohe Hüllenfeuchtigkeit zu Porenbildung führen kann. Rutilumhüllte Elektroden werden bevorzugt für die Schweißung von Blechen und Rohren geringer Wanddicke eingesetzt. Diese eignen sich wegen ihrer konvexen Nahtausbildung und damit größeren Risssicherheit insbesondere für die schweißtechnische Verarbeitung dickerer Werkstücke. Darüber hinaus ist die Zwangslagenschweißbarkeit besser als bei den rutilumhüllten Typen. Bei der schweißtechnischen Verarbeitung aller austenitischen Chrom-Nickel-Stähle ist auf eine weitestgehend artgleiche Kombination von Grund- und Zusatzwerkstoff zu achten. Gegebenenfalls sollte ein überlegierter Schweißzusatz zur Anwendung kommen.

4.2 Hitze- und zunderbeständige austenitische Stähle

Werkstoffübersicht - Grundwerkstoffe

Als hitze- und zunderbeständige Stähle werden allgemein solche Stähle bezeichnet, die sich durch eine hohe Zunderbeständigkeit im Temperaturbereich oberhalb 600 °C auszeichnen und bei diesen Temperaturen noch über ausreichende mechanische Eigenschaften verfügen. Neben der guten Zunderbeständigkeit und einer ausreichenden Warmfestigkeit zeichnen sich diese Werkstoffe ebenfalls durch eine relativ gute Verarbeitbarkeit und ausreichende Schweißeignung aus. Die Hitze- und Zunderbeständigkeit dieser Stahlgruppe wird über Zulegieren solcher Elemente, wie Chrom, Aluminium, Silizium und auch Nickel, erreicht und lässt sich wie folgt erklären. Durch Aluminium und Silizium, deren Gesamtgehalte auf ca. 3 % begrenzt sind, wird in Ver-bindung mit dem Chrom bei ausreichend hohen Temperaturen und in oxidierender Atmosphäre eine festhaftende Oxidschicht auf der Stahloberfläche gebildet. Dabei diffundieren die wirksamen Legierungselemente Chrom, Aluminium und Silizium aus den Randbereichen des Gefüges an die Oberfläche und werden dort vom einwirkenden Sauerstoff vollständig oxidiert. Problematisch wird es, wenn der Stahl oberhalb seiner Einsatztemperatur beansprucht wird. In diesem Fall kann sich auf der Werkstoffoberfläche keine schützende Oxidschicht mehr ausbilden, da die Diffusionsgeschwindigkeiten der wirksamen Legierungselemente Chrom, Aluminium und Silizium gegenüber der nun sehr hohen Diffusionsgeschwindigkeit des Sauerstoffs nicht mehr ausreichen, um an die Oberfläche zu diffundieren um dort in eine Deckschicht eingebunden zu werden. Als Folge dessen kann Sauerstoff in das Gefüge eindringen und mit Chrom, Aluminium, Silizium und Eisen reagieren, d. h., diese Elemente werden verzundert (verbrannt). Dieser Vorgang kommt nicht mehr zum Stillstand, die Oxid- bzw. Zunderschicht wird immer dicker und blättert schließlich ab. Nickel führt in Verbindung mit höheren Chromgehalten über ein ferritisch-austenitisches zu einem stabil austenitischen Gefüge. So weisen die austenitischen hitze- und zunderbeständigen Stähle gegenüber den ferritischen neben einer ausreichenden Zunderbeständigkeit eine wesentlich höhere Warmfestigkeit auf. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch eine bessere Verarbeitbarkeit, günstigere Schweißeignung und eine geringere Versprödungsneigung aus. Der Einsatz austenitischer hitze- und zunderbeständiger Stähle im Temperaturbereich zwischen 500 und 850 °C führt zur Bildung der den Werkstoff stark versprödenden σ-Phase. Diese kann jedoch zum größten Teil durch Glühen oberhalb 1050 °C wieder beseitigt werden.

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Schweißtechnische Verarbeitung

Das Schweißen der austenitischen hitzebeständigen Stähle (z.B. X15CrNiSi20-12, X12CrNi25-20 und auch X12CrNiTi18-9) macht keine besonderen Schwierigkeiten, wenn die Regeln für das Schweißen vollaustenitischer Werkstoffe beachtet werden. Einer der wichtigsten Grundsätze für die Zusatzwerkstoffwahl beim Schweißen hitze- und zunderbeständiger Stähle besteht in der Verwendung artgleicher oder höherlegierter Schweißzusätze. Es ist zu beachten, dass derartige Zusätze im Temperaturbereich von 600 bis 900 °C zu σ-Phasenversprödung neigen. Aus diesem Grund ist auf eine korrekte Einhaltung möglicher Wärmebehandlungs- bzw. Betriebstemperaturen zu achten.

5 Zweiphasige Chrom-Nickel-Stähle (Duplexstähle)

5.1 Werkstoffübersicht - Grundwerkstoffe

Duplexstähle zeichnen sich gegenüber den austenitischen Chrom-Nickel-Stählen durch einen erhöhten Gehalt an Chrom, abgesenkte Nickelanteile und eine Zulegierung von Molybdän und Stickstoff aus. Aufgrund ihres bei Raumtemperatur ferritischen Gefüges mit eingelagerten Austenitanteilen werden diese Werkstoffe ebenfalls als ferritisch-austenitische bzw. Zweiphasenstähle bezeichnet. Im Unterschied zu den austenitischen Chrom-Nickel-Stählen besteht bei Duplexstählen die Gefahr einer Versprödung der Wärmeeinflusszone (WEZ) durch einen erhöhten Ferritanteil und zusätzliches Kornwachstum. Diese Probleme konnten durch eine Erhöhung des Stickstoffgehalts in modernen Grundwerkstoffen deutlich herabgesetzt werden. So lassen die zz. erzeugten Zweiphasenstähle einen deutlich weiteren Bereich von Schweißparametern zu, ohne dass mit einer Grobkornbildung in der Wärmeeinflusszone gerechnet werden muss. Der besondere Vorteil dieser Stahlgruppe gegenüber den klassischen austenitischen Chrom-Nickel-Stählen besteht in ihrer verbesserten Beständigkeit gegenüber Spannungsrisskorrosion. Aus diesem Grund haben sich Duplexstähle besonders dort bewährt, wo herkömmliche Auste-nite versagen würden. Darüber hinaus weisen diese Werkstoffe aufgrund ihrer Legierung mit Molybdän und Stickstoff eine deutlich erhöhte Beständigkeit gegenüber Lochfraßangriffen aus. Duplexstähle können als eine Art metallurgisch erzeugter „Verbundwerkstoff“ angesehen werden. Sie vereinen die Vorteile der klassischen Chrom- und Chrom-Nickel-Stähle, ohne deren wesentliche Nachteile (eingeschränkte Schweißeignung bzw. Neigung zur Spannungsrisskorrosion) zu übernehmen. Gegenüber den herkömmlichen Chrom- und Chrom-Nickel-Stählen zeichnen sich Duplexstähle durch die folgenden Besonderheiten aus: - Ausreichende Beständigkeit gegenüber Spannungsrisskorrosion. - Bessere Beständigkeit gegenüber schwefelhaltigen Gasen als austenitische Chrom-Nickel-

Stähle. - Deutlich bessere Schweißeignung als ferritische Cr-Stähle. - Grundsätzlich höhere Festigkeitseigenschaften aufgrund des Ferrit- und Stickstoffanteils.

Eine Unterteilung der Duplexstähle kann in Abhängigkeit von der Höhe der Wirksumme WS erfolgen (Gleichung 1). So werden Stähle mit: - WS < 40 als Duplexstähle und Werkstoffe mit - WS ≥ 40 als Superduplexstähle

bezeichnet. Die maximale Einsatztemperatur von Duplexstählen beträgt 280 °C bzw. 220 °C bei Superduplexstählen und darf nicht überschritten werden.

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Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle - Geschichte, Eigenschaften und schweißtechnische Verarbeitung

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5.2 Schweißtechnische Verarbeitung

Aufgrund ihrer vollständig ferritischen Erstarrung mit nur teilweiser Umwandlung in Austenit im festen Zustand besteht eine der wichtigsten Aufgaben bei der schweißtechnischen Verarbeitung dieser Werkstoffe in der Begrenzung des Ferritanteils im Schweißgut, da mit steigender Ferritmenge die Gefahr der Bildung von Rissen zunimmt. In diesem Zusammenhang sollte der Ferritanteil im Schweißgut maximal 70 FN betragen. Neben dem Schweißgut ist der Wärmeeinflusszone des Grundwerkstoffs besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da es in dieser aufgrund der thermischen Wirkung beim Schweißen zu einer Reihe nachteiliger Erscheinungen kommen kann, die insbesondere das Formänderungsvermögen der Schweißverbindung sowie deren Korrosionsbeständigkeit beeinträchtigen. Besonders beim Plasmaschweißen sollte auf den Wasserstoffgehalt im Schutzgas geachtet werden, da dieser zur Entstehung von Wasserstoffrissen beitragen könnte. Bezüglich ihres Heißrissverhaltens können sowohl der Grundwerkstoff als auch das Schweißgut als heißrisssicher eingeschätzt werden. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Heißrissneigung mit zunehmendem Wärmeeinbringen ansteigt. In diesem Zusammenhang kann auch der sich gleichzeitig ausbildende höhere Austenitanteil diese Zunahme der Heißrissempfindlichkeit nicht mehr kompensieren. Verbessernd auf die Heißrissbeständigkeit von zweiphasigen Chrom-Nickel-Stählen wirken sich erhöhte Nickel- und Stickstoffgehalte aus. Dagegen nimmt die Empfindlichkeit gegenüber der Bildung von Heißrissen mit einer Verringerung des Sauerstoffgehaltes zu. Im Allgemeinen ist eine Wärmebehandlung nach dem Schweißen nicht erforderlich. Besteht dennoch die Forderung nach einer solchen, darf nur ein Lösungsglühen mit anschließender schneller Abkühlung durchgeführt werden. Die Lösungsglühtemperatur hat zwischen 1080 und 1150 °C zu betragen. Eine zu niedrige Temperatur bedeutet in diesem Zusammenhang eine nur unvollständige Umwandlung und somit kein Gefügegleichgewicht. Die Verwendung eines artgleichen ferritisch-austenitischen Zusatzwerkstoffs mit 22 bis 25 % Chrom und 4 bis 5 % Nickel stellt einen Kompromiss dar. Das Schweißgutgefüge eines solchen Schweißzusatzes besteht aus einer Deltaferritmatrix mit eingelagerten Austenitinseln, wobei letztere mit Nickel angereichert sind. Das Vorhandensein dieser Austenitinseln bewirkt bei Beanspruchung in schwefelhaltigen Medien keine durchgehende korrosive Zerstörung des Werkstoffs. Die Anwendung von Schweißzusätzen mit höheren Nickelgehalten im Vergleich zum Grundwerkstoff bewirkt höhere Austenit- und niedrigere Ferritanteile im Schweißgut.

6 Zusammenfassung

Wie dargelegt werden konnte, weisen rost-, säure- und hitzebeständige Stähle aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften ein sehr breites Anwendungsfeld in der modernen Werkstofftechnik auf. Die Beschreibung der ferritischen und martensitischen Chromstähle, der austenitischen Chrom-Nickel-Stähle mit und ohne Molybdän sowie der zweiphasigen Duplexstähle zeigt, dass bei deren schweißtechnischen Verarbeitung eine Reihe metallurgischer und technologischer Besonderheiten zu beachten sind.

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Anhang

Gebräuchliche rost- und säurebeständige Stähle

Tabelle 1: Auswahl gebräuchlicher und standardisierter nichtrostender Stähle [1, 2, 4, 8]

Stahlsorte Chemische Zusammensetzung in % genormt in Kurzname W-Nr. C Cr Mo Ni Sonstige EN 10088 Sonstige -1 -2 Normen Ferritische und martensitische Stähle X2CrNi12 1.4003 ≤ 0,03 10,5-12,5 0,30-1,00 N ≤ 0,03 x x X2CrTi12 1.4512 ≤ 0,03 10,5-12,5 Ti: 6x(C+N) bis 0,65 x X2CrTi17 1.4520 ≤ 0,025 16,0-18,0 N ≤ 0,015; Ti: 0,30-0,60 x X12Cr13 1.4006 0,08-0,15 11,5-13,5 ≤ 0,75 x x X20Cr13 1.4021 0,16-0,25 12,0-14,0 x x X30Cr13 1.4028 0,26-0,35 12,0-14,0 x x X39Cr13 1.4031 0,36-0,42 12,5-14,5 x x X46Cr13 1.4034 0,43-0,50 12,5-14,5 x x X5CrNiMoTi15-2 1.4589 ≤ 0,08 13,5-15,5 0,20-1,20 1,0-2,5 Ti: 0,3-0,5 DIN 5512-3 X3CrNiMo13-4 1.4313 ≤ 0,05 12,0-14,0 0,30-0,70 3,5-4,5 N ≥ 0,02 x x X4CrNiMo16-5-1 1.4418 ≤ 0,06 15,0-17,0 0,80-1,50 4,0-6,0 N ≥ 0,02 x x X6Cr17 1.4016 ≤ 0,08 16,0-18,0 x x X6CrMo17-1 1.4113 ≤ 0,08 16,0-18,0 0,9-1,4 x x X3CrTi17 1.4510 ≤ 0,05 16,0-18,0 Ti: 4x(C+N) + 0,15-0,80 x X3CrNb17 1.4511 ≤ 0,05 16,0-18,0 Nb: 12xC bis 1,00 x X14CrMoS17 1.4104 0,10-0,17 15,5-17,5 0,20-0,60 P ≤ 0,040; S: 0,15-0,35 x X6CrMoS17 1.4105 ≤ 0,08 16,0-18,0 0,20-0,60 P ≤ 0,040; S: 0,15-0,35 x X17CrNi16-2 1.4057 0,12-0,22 15,0-17,0 1,5-2,5 x X39CrMo17-1 1.4122 0,33-0,45 15,5-17,5 0,8-1,3 ≤ 1,0 x x X90CrMoV18 1.4112 0,85-0,95 17,0-19,0 0,9-1,3 V: 0,07-0,12 x X105CrMo17 1.4125 0,95-1,20 16,0-18,0 0,4-0,8 x

X2CrMoTi18-2 1.4521 ≤ 0,025 17,0-20,0 1,8-2,5 Ti: 4x(C+N) + 0,15-0,80 N ≤ 0,03 x

Ferritisch-austenitische Stähle X2CrNiMoN22-5-3 1.4462 ≤ 0,03 21,0-23,0 2,5-3,5 4,5-6,5 N: 0,10-0,22 x x

X2CrNiMoCuWN25-7-4 1.4501 ≤ 0,03 24,0-26,0 3,0-4,0 6,0-8,0 N: 0,20-0,30; Cu: 0,5-1,0; W: 0,5-1,0 x x

Austenitische Stähle X5CrNi18-10 1.4301 ≤ 0,07 17,0-19,5 8,0-10,5 N ≤ 0,11 x x X4CrNi18-12 1.4303 ≤ 0,06 17,0-19,0 11,0-13,0 N ≤ 0,11 x x X2CrNi19-11 1.4306 ≤ 0,03 18,0-20,0 10,0-12,0 N ≤ 0,11 x x X2CrNi18-9 1.4307 ≤ 0,03 17,5-19,5 8,0-10,0 N ≤ 0,11 x x X2CrNiN18-10 1.4311 ≤ 0,03 17,0-19,5 8,5-11,5 N: 0,12-0,22 x x X6CrNiTi18-10 1.4541 ≤ 0,08 17,0-19,0 9,0-12,0 Ti: 5xC bis 0,70 x x X6CrNiNb18-10 1.4550 ≤ 0,08 17,0-19,0 9,0-12,0 Nb: 10xC bis 1,0 x x X10CrNi18-8 1.4310 0,05-0,15 16,0-19,0 ≤ 0,80 6,0-9,5 N ≤ 0,11 x x X2CrNiN18-7 1.4318 ≤ 0,03 16,5-18,5 6,0-8,0 N: 0,10-0,20 x X5CrNiMo17-12-2 1.4401 ≤ 0,07 16,5-18,5 2,0-2,5 10,0-13,0 N ≤ 0,11 x x X2CrNiMo17-12-2 1.4404 ≤ 0,03 16,5-18,5 2,0-2,5 10,0-13,0 N ≤ 0,11 x x X6CrNiMoTi17-12-2 1.4571 ≤ 0,08 16,5-18,5 2,0-2,5 10,5-13,5 Ti: 5xC bis 0,70 x x X1CrNiMoN25-25-2 1.4465 ≤ 0,02 24,0-26,0 2,0-2,5 22,0-25,0 N: 0,08-0,16 SEW 400 X2CrNiMoN17-13-3 1.4429 ≤ 0,03 16,5-18,5 2,5-3,0 11,0-14,0 N: 0,12-0,22 x x X2CrNiMo18-14-3 1.4435 ≤ 0,03 17,0-19,0 2,5-3,0 12,5-15,0 N ≤ 0,11 x x X3CrNiMo17-13-3 1.4436 ≤ 0,05 16,5-18,5 2,5-3,0 10,5-13,0 N ≤ 0,11 x x X2CrNiMoN17-13-5 1.4439 ≤ 0,03 16,5-18,5 4,0-5,0 12,5-14,5 Mn: 3,5-6,5 x x X1NiCrMoCuN25-20-5 1.4539 ≤ 0,02 19,0-21,0 4,0-5,0 24,0-26,0 N: 0,12-0,22 x x

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Rost-, säure- und hitzebeständige Stähle - Geschichte, Eigenschaften und schweißtechnische Verarbeitung

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Schweißzusatzwerkstoffe für rost-, säure und säurebeständige Stähle

Tabelle 2: Beispiele von Schweißzusatzwerkstoffen für rost- und säurebeständige Stähle [6]

DIN-Typ EN-Typ W-Nr. deutsche Norm europäische Norm Zusatzwerkstoffart

Beispiele artfremder Zusatzwerkstoffe für ferritische Chromstähle SG X 2 CrNi 19 9 G 19 9 L 1.4316 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 19 9 L B 2 0+ E 19 9 L B 2 2 1.4316 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 5 CrNiNb 19 9 G 19 9 Nb 1.4551 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 19 9 Nb B 2 0+ E 19 9 Nb B 2 2 1.4551 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artgleicher Zusatzwerkstoffe für ferritische Chromstähle SG X 8 Cr 14 G 13 1.4009 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 13 B 2 0+ E 13 B 2 2 1.4009 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artgleicher Zusatzwerkstoffe für den martensitischen Stahl X15Cr13 SG X 8 Cr 14 G 13 1.4009 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 13 B 2 0+ E 13 B 2 2 1.4009 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artfremder Zusatzwerkstoffe für den martensitischen Stahl X15Cr13 SG X 15 CrNiMn 18 8 G 18 8 Mn 1.4370 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 18 8 Mn 6 B 2 0+ E 18 8 Mn B 2 2 1.4370 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 5 CrNiMoNb 19 12 G 19 12 3 Nb 1.4576 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 19 12 3 B Nb B 2 0+ E 19 12 3 Nb B 2 2 1.4576 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artgleicher Zusatzwerkstoffe für den martensitischen Stahl X3CrNiMo13-4 SG X 3 CrNi 13 4 G 13 4 1.4351 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab UP X 3 CrNi 13 4 S 13 4 1.4351 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -band E 13 4 B 2 0+ E 13 4 B 2 2 1.4351 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artähnlicher Zusatzwerkstoffe für hitzebeständige Chromstähle SG X 12 CrNi 26 5 G 25 4 1.4820 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 25 4 B 2 0+ E 25 4 B 2 2 1.4820 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artfremder, höherlegierter Zusatzwerkstoffe für hitzebeständige Chromstähle SG X 12 CrNi 25 20 G 25 20 1.4842 DIN 8556 EN 12 073 Schweißdraht / -stab E 25 20 B 2 0+ E 25 20 B 2 2 1.4842 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 15 CrNiMn 18 8 G 18 8 Mn 1.4370 DIN 8556 EN 12 073 Schweißdraht / -stab E 18 8 Mn 6 B 2 0+ E 18 8 Mn B 2 2 1.4370 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artgleicher Zusatzwerkstoffe für unstabilisierte austenitische Chrom-Nickel-Stähle SG X 2 CrNi 19 9 G 19 9 L 1.4316 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 19 9 L B 2 0+ E 19 9 L B 2 2 1.4316 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 2 CrNiMo 19 12 G 19 12 3 L 1.4430 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 19 12 3 L B 2 0+ E 19 12 3 L B 2 2 1.4430 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artgleicher Zusatzwerkstoffe für stabilisierte austenitische Chrom-Nickel-Stähle SG X 5 CrNiNb 19 9 G 19 9 Nb 1.4551 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 19 9 Nb B 2 0+ E 19 9 Nb B 2 2 1.4551 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 5 CrNiMoNb 19 12 G 19 12 3 Nb 1.4576 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 19 12 3 Nb B 2 0+ E 19 12 3 Nb B 2 2 1.4576 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele artgleicher Zusatzwerkstoffe für austenitische Stähle mit erhöhtem Mo-Gehalt SG X 2 CrNiMo 18 16 5 G 18 16 5 L 1.4440 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 18 16 5 L B 2 0+ E 18 16 5 L B 2 2 1.4440 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele für Zusatzwerkstoffe für hitze- und zunderbeständige austenitische Chrom-Nickel-Stähle SG X 12 CrNi 22 12 G 22 12 H 1.4829 DIN 8556 EN 12 073 Schweißdraht / -stab E 22 12 B 2 0+ E 22 12 H B 2 2 1.4829 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 12 CrNi 25 20 G 25 20 1.4842 DIN 8556 EN 12 073 Schweißdraht / -stab E 25 20 B 2 0+ E 25 20 B 2 2 1.4842 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 15 CrNiMn 18 8 G 18 8 Mn 1.4370 DIN 8556 EN 12 073 Schweißdraht / -stab E 18 8 Mn 6 B 2 0+ E 18 8 Mn B 2 2 1.4370 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode Beispiele für Zusatzwerkstoffe für ferritisch-austenitische Chrom-Nickel-Stähle (Duplexstähle) SG X 2 CrNiMoN 22 5 3 (G 22 5 3) 1.4462 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 22 5 3 L B 2 0+ (E 22 5 3 L B 2 2) 1.4462 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode SG X 2 CrNiMnMoN 20 16 G 20 16 3 Mn L 1.4455 DIN 8556 EN 12 072 Schweißdraht / -stab E 20 16 MnMo L B 2 0+ E 20 16 3 Mn L B 2 2 1.4455 DIN 8556 EN 1600 Stabelektrode

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Literaturverzeichnis

[1] DIN EN 10 088-1: Nichtrostende Stähle - Teil 1: Verzeichnis der nichtrostenden Stähle. Ausgabe:08.95 [2] DIN EN 10088-2: Nichtrostende Stähle - Teil 2: Technische Lieferbedingungen für Blech und Band für

allgemeine Verwendung. Ausgabe: 08.95 [3] DIN EN 10088-3: Nichtrostende Stähle - Teil 3: Technische Lieferbedingungen für Halbzeug, Stäbe,

Walzdraht und Profile für allgemeine Verwendung. Ausgabe: 08.95 [4] SEW 400: Nichtrostende Walz- und Schmiedestähle. Ausgabe: 02.97 [5] DIN EN 10020: Begriffsbestimmungen für die Einteilung der Stähle. Ausgabe: 07.00 [6] Schuster, J.: Schweißen von Eisen-, Stahl- und Nickelwerkstoffen – Leitfaden für die

schweißmetallurgische Praxis. Fachbuchreihe Schweißtechnik, Band 130 Düsseldorf: Deutscher Verlag für Schweißtechnik DVS-Verlag GmbH; 1997

[7] DIN 17 440: Nichtrostende Stähle - Technische Lieferbedingungen für gezogenen Draht Ausgabe: 03.01 [8] DIN 5512-3: Werkstoffe für Schienenfahrzeuge; Stähle; Flacherzeugnisse aus nichtrostenden Stählen. Ausgabe: 01.91

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Wirtschaftliche Herstellung hochbeanspruchter Schweißkonstruktionen unter Montagebedingungen

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Wirtschaftliche Herstellung hochbeanspruchter Schweißkonstruktionen unter Montagebedingungen

Peter Gerster, GERSTER ENGINEERING CONSULTING, Ehingen/Do.

1 Entwicklung hochfester Feinkornstähle

Ständig steigende Anforderungen wie Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Zähigkeit, bis hin zu höchsten Festigkeitswerten bei guter Schweißeignung, trieben die Entwicklung der Feinkornstähle immer weiter voran. Durch den Einsatz optimierter Sekundärmetallurgie, sowie der Vakuumentgasungstechnik, konnten die Gehalte unerwünschter Begleitelemente wie z. B. Schwefel, Phosphor, Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff soweit reduziert werden, dass sich immer optimalere Werkstoffwerte einstellen ließen. Beispielsweise können heute Stähle mit definierten Schwefel- und Stickstoffgehalten von nur wenigen ppm hergestellt werden. Heute wird bereits der wasservergütete Feinkornstahl mit einer Streckgrenze von 1100 N/mm² (S1100QL) im Autokran verwendet. Durch die Weiterentwicklung der thermomechanischen Walztechnik in Verbindung mit einer nachfolgenden Intensivkühlung und anschließender Anlaßbehandlung bewegen sich neueste Entwicklungen bei TM-Stählen bis hin zu Streckgrenzen von 960 N/mm², Bild 1. Alle diese Stähle sind hochzäh und unter Beachtung von einschlägigen Verarbeitungsregeln gut schweißbar.

Entwicklung hochfester schweißgeeigneter Stähle

0

200

400

600

800

1000

1200

1910 1915 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 1996 1998 2000

Jahr

Min

dest

stre

ckgr

enze

in N

/mm

2

warmgewalztnormalgeglühtLuftvergütetwasservergütetTM-umgeformtTM-umgeformt + BA

St37S235

St52S355N

StE420NS420NC

StE500NS500NC

StE890VS890QL

StE960VS960QL

S1100QL

QStE380TMS380MC

QStE420TMS420MC

QStE550TMS550MC

QStE620TMS620MC

QStE690TMS700MC

QStE740TMS740MC

S890MC S930MC*

S960M

StE690VS690QL

Bild 1 Stahlentwicklung

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1.1 Methoden der Festigkeitssteigerung

Bei den ersten Stählen mit höherer Festigkeit wurde dies primär über chemische Zusammensetzung durch festigkeitssteigernde Elemente, vor allem Kohlenstoff und Mangan erreicht. Aluminium bindet den gelösten Stickstoff und trägt so zur Verbesserung der Alterungsbeständigkeit bei. Umfangreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass aus diesem Grund auch das Schweißen in kaltumgeformten Bereichen ohne Beeinträchtigung der Zähigkeit möglich ist (entgegen DIN 18800). Bei steigenden Festigkeiten ist die reine Mischkristallbildung bei C/Mn-Stählen nicht mehr einsetzbar, da die Grenzen der Schweißbarkeit schnell erreicht werden. In der weiteren Entwicklung wurden also andere festigkeitsssteigernde Maßnahmen wie Kornfeinung, Teilchenausscheidung oder Versetzungsanhäufung einzeln oder in Kombination eingesetzt [1]. Im Bereich niedriger und mittlerer Streckgrenzen geht die Tendenz zunehmend in Richtung der thermomechanisch gewalzten Stähle. Die Intensivkühlung mit Anlassbehandlung wird bei TM-Stählen bei höheren Festigkeiten ab Rp 0,2 > 700 N/mm² angewandt. Im hochfesten Bereich werden fast ausschließlich wasservergütete Feinkornstähle eingesetzt. Hierbei wird im vor allem im Mobilkranbereich aus Gewichtsgründen immer mehr der S1100QL verwendet. Bei diesem Stahltyp ist es jedoch besonders wichtig zur Erreichung der entsprechenden mechanisch-technologischen Eigenschaften die richtige Wärmeeinbringung zu wählen.

1.2 Wirtschaftliche Kriterien für den Einsatz höherfester Stähle in Stahlkonstruktionen

Aufgrund des hohen Kosten- und Wettbewerbsdruckes sind besonders die Hersteller schweißintensiver Produkte gezwungen, ständig ihre Fertigungsprozesse zu optimieren und die Produktion leistungsfähiger zu gestalten. Der Schlüssel dazu ist die Umsetzung neuer Technologien und damit die Erhöhung der Produktivität, beispielsweise durch den Einsatz neuer Werkstoffe. Dabei sind bei Stahlbaukonstruktionen hochfeste Stähle unverzichtbar und werden sich auch in Zukunft vermehrt durchsetzen. Die Verwendung höherfester Werkstoffe führt zu einer der Streckgrenze proportionalen Verringerung der Blechdicke. Obwohl z.B. ein Stahl mit 890 N/mm² Streckgrenze im Einkauf ca. das Doppelte im Vergleich mit S235J0 kostet, fallen aufgrund des geringeren Gewichtes geringere Materialkosten an. Ein Vielfaches geringer ist dabei auch das einzubringende Schweißgut. Somit werden die anfallenden Lohnkosten deutlich reduziert.

Kenngröße S960QL (Verhältnis)

S235J22) (Verhältnis)

-Streckgrenze [N/mm²] -Blechdicke [mm] -Schweißdrahtkosten -Schweißnahtvolumen -Schweißgutkosten -spez. Schweißnahtkosten1) -spez. Stahlkosten

1

1

1

1

1

1

1

0,22

4,5

0,31

16

5

11,5

2

4510 S 960QL S235J2

1) Randbedingungen:

- Abschmelzleistung 3 kg/h

- Lohn- und Maschinenkosten 35 €/h

- Spez.Schweißnahtkosten = Schweißzusätze+ Schweißen

- Berechnungsgrundlage Re / 1,5

2) Streckgrenze = 215 N/mm² (40 - 63 mm)

Bild 2. Einsparpotenzial bei hochfesten Stählen

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In Bild 2 ist das mögliche Einsparpotenzial dargestellt. Bei der Verwendung von S960 anstelle von S235 kann man allein beim Grundwerkstoff rund die Hälfte einsparen, da dieser nur ein Gewicht im Verhältnis 1:4,5 hat. Den höchsten Einspareffekt hat man bei den Lohnkosten, da das Schweißnahtvolumen im Verhältnis 1:16 steht und somit die Schweißzeit um ein Vielfaches reduziert wird.

2 Schweißzusätze nach DIN EN - Normen

Da von den Schweißzusätzen bzw. der Schweißverbindung in der Regel die gleichen mechanisch-technologischen Eigenschaften erwartet werden, wie beim Grundwerkstoff, müssen diese entsprechend der Festigkeitsklasse legiert sein. Streckgrenze und Zugfestigkeit werden dadurch im Vergleich zum „reinen“ Schweißgut erhöht. Man verwendet deshalb, vor allem bei hochfesten Stählen, für Wurzellagen und einlagige Kehlnähte üblicherweise niedriger legierte Schweißzusätze als für Füll- und Decklagen. Je höher die Streckgrenze ist, desto größer wird die Gefahr der wasserstoffinduzierten Risse. In letzter Zeit wurden die Normen für diese Schweißzusätze europaweit überarbeitet. Tabelle 1 zeigt einen Überblick über die neuen EN – Normen für Feinkornstähle.

Tabelle 1 EN-Normen für Kombinationen von Schweißzusätzen und Schweißverfahren

GAS LBH UP WIG MAG / MIG MSG / FD

unlegierte und Feinkornstähle EN 12536 EN 499 EN 756 EN 1668 EN 440 EN 758

hochfeste Re > 500 N/mm² EN 757 EN 14295 EN 12534 EN 12535

Schutzgase / Pulver EN 760 EN 439

Lieferbedingungen EN 759 und EN 12074

3 Schutzgase

Grundsätzlich sind alle Schutzgase nach DIN EN 439 für die MAG – Schweißung geeignet, wobei die Gase der Gruppe M 1 nur in Ausnahmefällen zur Anwendung gelangen. In der Regel wird argonreiches Mischgas mit ca. 18 –20% CO2 eingesetzt. Der Einfluss der Schutzgase auf die mechanisch-technologischen Eigenschaften ist zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, je höher die Festigkeit und je tiefer die Einsatztemperatur ist.

4 Schweißtechnische Voraussetzungen

Beim Schweißen von Feinkornbaustählen sind unbedingt an jedem Arbeitsplatz Möglichkeiten für das Vorwärmen zu schaffen. In der DIN EN ISO 13916 vom Nov.1996 [3] sind die

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verschiedenen Definitionen sowie Temperaturmesspunkte beschrieben. Hierbei wird zwischen Vorwärmtemperatur Tp, Zwischenlagentemperatur Ti und Haltetemperatur Th unterschieden. Die Kontrolle der Vorwärm- und Zwischenlagentemperatur kann mit Temperaturmess-stiften(TS), Kontaktthermometer(CT), digitalen Temperaturmessgeräten(TE) oder berührungs-los messende optische oder elektrische Geräte(TB) erfolgen. Die Lage der Messpunkte ist in Bild 3 dargestellt.

Bild 3 Lage der Messpunkte: t ≤ 50: A = 4x t, max.50 mm t > 50: A = 75 mm

Nach DIN EN 1011-2 gilt jedoch bei allen Dicken mindestens A= 75 mm von der Nahtmitte. Vor Beginn der Schweißarbeiten ist der Nahtbereich zu säubern. Schneidschlacke, Zunder und Rost sind dabei durch Bürsten, Schleifen oder am besten durch Strahlen zu entfernen. Durch Trocknen oder Vorwärmen ist außerdem sicherzustellen, dass der Nahtbereich feuchtigkeitsfrei ist.

4.1 Vermeidung von Wasserstoffrissen (Kaltrissen)

Ein wirksames Mittel ist das Vorwärmen. Es verzögert die Abkühlung des Nahtbereiches und begünstigt die Wasserstoffeffusion. Das Kaltrissverhalten von Stählen hat wesentlichen Einfluss auf die Schweißkosten. Es besteht deshalb großes Interesse, Stähle hinsichtlich ihres Kaltrissverhaltens einzustufen. In der neuen DIN EN 1011-2 Ausgabe Mai 2001 sind im Anhang C zwei Methoden zur Vermeidung von Wasserstoffrissen in unlegierten Stählen, Feinkornbaustählen und niedriglegierten Stählen beschrieben: Methode A (C.2)

Hier wird das Kohlenstoffäquivalent CE zu Beurteilung herangezogen. Es lautet:

CE [%] = C +Mn/6 + (Cr + Mo + V) / 6 + (Ni + Cu) / 15

Dieses CE basiert auf der Härtbarkeit des Stahles und berücksichtigt weniger die Kaltriss-empfindlichkeit der hochfesten Feinkornbaustähle. Durch umfangreiche Untersuchungen zum Kaltrissverhalten von Stählen beim Schweißen der Fa. Thyssen hat sich das Kohlenstoffäquivalent CET ergeben. Dieses Konzept fand seinen Niederschlag im SEW 088 und wurde als Methode B übernommen.

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Methode B (C.3)

Spezielle Kaltrisstests auch an Schweißverbindungen [4] ermöglichten ein genaueres Bestimmen der notwendigen Vorwärmung durch das abgeleitete Kohlenstoffäquivalent CET. Es lautet:

CET [%] = C + (Mn + Mo) / 10 + (Cr + Cu) / 20 + Ni / 40

Das Kaltrissverhalten von Schweißverbindungen wird außer von der chemischen Zusammensetzung des Grundwerkstoffes und des Schweißgutes CET auch von der Blechdicke d, dem Wasserstoffgehalt des Schweißgutes HD und dem Wärmeeinbringen Q beim Schweißen sowie dem Eigenspannungszustand der Verbindung maßgebend bestimmt. Durch die Auswertung einer Vielzahl entsprechender Untersuchungen wurde die Wirkung dieser Einflussgrößen auf die Vorwärmtemperatur deutlich [5]. Sie lässt sich mittels nachfolgender Summenformel beschreiben:

Tp [C] = 700 CET + 160 tanh (d/35) + 62 HD 0,35 + (53 CET – 32) Q – 330

In dieser Gleichung bedeuten CET das Kohlenstoffäquivalent in %, d die Blechdicke in mm, HD den Wasserstoffgehalt in cm3/100 g deponiertes Schweißgut nach DIN 8572 und Q das Wärmeeinbringen in kJ/mm. Bei der Ableitung dieser Beziehung wurden Eigenspannungen in Höhe der Streckgrenze des Grundwerkstoffs bzw. des Schweißgutes unterstellt. Bei Schweißverbindungen mit günstigerem Eigenspannungsniveau sind niedrigere Vorwärmtemperaturen vertretbar. Im Falle von Schweißverbindungen mit extrem hohem Verspannungsgrad (z. B. bei Nähten an Stutzen oder Rohrknoten) können jedoch höhere Vorwärmtemperaturen erforderlich sein. Beim Auftreten von Kaltrissen stellt man immer wieder fest, dass zwar die richtige Vorwärmtemperatur gewählt, jedoch die tatsächliche Wärmeableitung am Bauteil nicht richtig eingeschätzt wurde. Zum einen muss die Vorwärmtemperatur in ausreichendem Abstand von der Schweißnaht gemessen werden, zum anderen muss natürlich an Stellen, wo mehrere Schweißnähte zusammentreffen und damit neben der höheren Wärmeableitung noch dreidimensionale Spannungszustände auftreten können, welche die Kaltrissbildung zusätzlich begünstigen, auch sorgfältiger vorgewärmt werden.

4.2 Mechanisch-technologische Eigenschaften von Schweißverbindungen

Die mechanisch-technologischen Eigenschaften von Schweißverbindungen werden in erster Linie bestimmt durch die chemische Zusammensetzung von Stahl und Schweißgut sowie die beim Schweißen auftretenden Temperaturzyklen. Die wichtigsten Einflussgrößen bezüglich der Temperaturzyklen sind das Schweißverfahren, die Vorwärmtemperatur, die Streckenenergie sowie die Werkstückdicke und die Nahtgeometrie. Diese verfahrenstechnischen Einflussgrößen fasst man zu einer für den Temperatur-Zeit-Verlauf beim Schweißen charakteristischen Kenngröße, die Abkühlzeit t8/5 zusammen. Eine zu schnelle Abkühlung der Schweißraupen aus dem Austenitgebiet wirkt sich ungünstig auf das Verformungsverhalten der Verbindung aus. Es besteht außerdem die Gefahr von Kaltrissen. Infolge des niedrigeren Wasserstoffgehaltes (HD ca. 2-3) beim MAG-Schweißen liegt die Mindestabkühlzeit t 8/5 zur Vermeidung von Kaltrissen hier bei 5 s. Eine zu langsame Abkühlung der Schweißraupen aus dem Austenitgebiet hat dagegen zur Folge, dass die Festigkeitseigenschaften des Schweißgutes nicht mehr denen des Grundwerkstoffes entsprechen. Es besteht dabei außerdem die Gefahr, dass die WEZ eine zu

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niedrige Zähigkeit aufweist. Bei hochbeanspruchten Konstruktionen empfiehlt sich deshalb, die Abkühlzeit t 8/5 entsprechend nach oben zu begrenzen.

Bild 4 Einfluss von t8/5

Die mechanisch-technologischen Eigenschaften werden also hauptsächlich von t 8/5 beeinflusst. Die Abkühlzeit wird dabei von folgenden Einflussgrößen bestimmt: Aus Bild 5 ist ersichtlich, dass die Wärmeeinbringung (Schweißparameter) während des Schweißens als veränderlichen Haupteinflussfaktor auf die Eigenschaften der Schweißungen angesehen werden kann. Sie beeinflusst am meisten den Temperatur-Zeit-Zyklus, der sich während des Schweißens abspielt. Nach der neuen DIN EN 1011-1 Ausgabe April 1998 kann der Wert für die Wärmeeinbringung Q wie folgt berechnet werden:

Q = k x U x J / v x 10-3 in kJ/mm

Noch mehr als für den Grundwerkstoff gilt die Abkühlzeit auch für den Schweißzusatz.

SchweißparameterU, I, v

Nahtgeometried, F

ArbeitstemperaturTo

Schweißverfahreneta

Abkühlzeit t 8/5

Mechanische Eigenschaften

Chemische Zusammensetzung Schweißbedingungen

Bild 5 Einfluss von chemischer Zusammensetzung und Schweißbedingungen auf mechanisch- technologischen Eigenschaften

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Bild 6 und 7 Einfluss der Abkühlzeit t 8/5 auf die Schweißguteigenschaften

Aus der Formel für die Wärmeeinbringung ist ersichtlich, dass diese am besten durch die Schweißgeschwindigkeit gesteuert werden kann. Eine Verdoppelung der Geschwindigkeit bringt eine Halbierung der Wärmeeinbringung, ohne die Abschmelzleistung zu verringern, dabei wird jedoch die Anzahl der Lagen auch verdoppelt.

5 Einführung eines hochfesten Werkstoffes im Mobilkranbau am Beispiel des Stahles S1100QL

Bei der Einführung neuer Werkstoffe in der Fertigung sind umfangreiche Untersuchungen bezüglich der mechanisch-technologischen Werkstoffeigenschaften nötig. Daneben müssen zunächst die Voraussetzungen in Bezug auf Gesetzeslage, Regelwerk und Normung geprüft werden. Im Mobilkranbau haben sich heute genormte Vergütungsstähle mit Streckgrenzen von 690 N/mm² bis 960 N/mm² als Standard etabliert. Die Einführung eines neuen, nicht genormten Feinkornbaustahles im Fahrzeugkranbau soll nachfolgend am Beispiel eines Stahles mit 1100 N/mm² Streckgrenze beschrieben werden. Die Anzahl von Stahlherstellern, die das Know-how besitzen hochfeste Stähle herzustellen verringert sich, wenn Anforderungen an Streckgrenze und Reinheit steigen. Nur drei Hersteller bieten zurzeit einen hochfesten, zähen Feinkornbaustahl mit 1100 N/mm² Streckgrenze an: - SSAB Schweden Weldox 1100 - Thyssen Deutschland Xabo 1100 - Dillinger Hütte Dillimax 1100

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5.1 Schweißen

Die Aufgabenstellung für die Verfahrensprüfung war eine Mindeststreckgrenze von 1100 N/mm² bei belassener Nahtüberhöhung. Für die Kerbschlagzähigkeit wurden 27J bei -40°C als Mindestanforderung zugrunde gelegt. Als Schweißzusatz wurde für das Heften ein weicher Schweißzusatz EN 440-G 50 3 M G4Si1, die Wurzelschweißung ein Zusatzwerkstoff mit Rp 0,2=700 N/mm² (G 69 4 M Mn3Ni1CrMo) und für die Füll- und Decklagen ein hochfester Zusatzwerkstoff mit 900 N/mm² Streckgrenze (G 89 4 M Mn4Ni2,5CrMo) nach [6] verwendet. Sämtliche Schweißdaten wurden zunächst nach SEW 088 [7] ermittelt. Das CET lag bei beiden Sorten bei 0,39 und unter Beachtung der Schweißgutanalyse bei 0,42. Daraus wurden die Mindestvorwärmtemperaturen bestimmt (Tabelle 3).

Tabelle 3 Errechnete Mindestvorwärmtemperatur

Hersteller/Werkstoff Blechdicke Mindestvorwärmtemperatur

SSAB / Weldox 1100 8 mm 97 °C

Thyssen / Xabo 1100 10 mm 105 °C

Es war von vorne herein klar, dass die geforderten Werkstoffwerte der Schweißverbindung nur mit extrem kurzen Abkühlzeiten erreicht werden können. Für die Versuchsreihe wurde ein Abkühlzeitfenster (t8/5) von 5 - 8 s über die Schweißparameter eingestellt und daraus Zugversuche mit abgearbeiteter Nahtüberhöhung durchgeführt. Die Streckgrenze des Schweiß-gutes lag erwartungsgemäß unter den Werten des Grundwerkstoffes, waren aber durch die kurze Abkühlzeit und durch Aufmischungsvorgänge höher als die beim reinen Schweißgut. Die Mittelwerte der Streckgrenze lagen bei allen Proben zwischen 940 und 1000N/mm² und sind aus Tabelle 4 zu entnehmen.

Tabelle 4 Mittelwerte aus dem Zugversuch

Proben 04SL 06SQ 04TL 04TQ 01STL

Mittelwert Rp0,2 [N/mm²] 1003 1062 938 1019 957

Mittelwert Rm [N/mm²] 1190 1191 1070 1167 1100

Nachdem die Schweißparameter mit den vorangegangenen Versuchsreihen festgelegt waren, wurde anhand dieser Werte eine Schweißanweisung (WPS) erstellt, die als Arbeitsgrundlage für die nachfolgende Verfahrensprüfung mit nicht abgearbeiteter Nahtüberhöhung diente. Diese Vorgehensweise konnte festgelegt werden, da in der Praxis die Schweißnähte ebenfalls nicht abgeschliffen werden. Die Ergebnisse waren entsprechend der Forderung (Tabelle 5).

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Wirtschaftliche Herstellung hochbeanspruchter Schweißkonstruktionen unter Montagebedingungen

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Tabelle 5 Ergebnisse der Verfahrensprüfung

Nr. Rp0,2 Rm Kerbschlagzähigkeit

-40°C(Mittelwerte aus allen Versuchreihen)

1 1180 N/mm² 1200 N/mm² 45 J

2 1315 N/mm² 1330 N/mm² 75 J

Zusätzlich wurden verschiedene Schliffe angefertigt. Trotz der hohen Härteverläufe ist der Einsatz dieses Stahles aufgrund der guten Zähigkeitseigenschaften gegeben. Bild 8 und Bild 9 zeigen typische Härteverläufe über eine Fülllagen- und Decklagenschweißung.

Bild 8 Härteverlauf über die Fülllagen Bild 9 Härteverlauf über die Decklage

5.2 Überwachung der Schweißdaten

Die Überwachung der wichtigsten Schweißdaten beschränkt sich in der Praxis auf die Kontrolle der Vorwärmtemperatur und ggf. der Zwischenlagentemperatur sowie die Messung der Abkühlzeit t8/5. Für den Praktiker ist es hilfreich, unter Verwendung der Diagramme im DVS-Merkblatt 0916 [6], die minimal und maximal zulässige Streckenenergie in Abhängigkeit der Blechdicke aufgrund der Vorgabe der Abkühlzeit t 8/5 zu bestimmen. Mit diesen Werten kann man in einem weiteren Diagramm abhängig vom Drahtelektrodendurchmesser die zugeordneten minimalen und maximalen Schweißgeschwindigkeiten ermitteln. Diese sind dann in der Praxis sehr einfach zu kontrollieren und zu dokumentieren.

5.3 Qualifikation der Schweißer

Die Schweißer müssen eine Qualifikation nach DIN EN 287-1 für die Werkstoffgruppe W03 nachweisen. Interne Schulungen und Unterweisungen der Schweißer über Vorwärmen und ggf. Nachwärmen, sowie die Einhaltung der geforderten Wärmeeinbringung (Viellagentechnik) in Abhängigkeit der verwendeten Werkstoffe müssen laufend durchgeführt werden. Dabei ist es sinnvoll, dass der Schweißer die Schweißgeschwindigkeit über den Nahtaufbau und Nahtquerschnitt einstellt, da dies jederzeit einfach kontrolliert werden kann.

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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6 Anwendungsbeispiele

Die nachfolgenden Bilder zeigen einen Querschnitt von Einsatzbeispielen der hochfesten Feinkornstähle.

Bild 10 und 11 Mobilkran mit 800 t Tragkraft im Transportzustand aus S960QL

Bild 12 und 13 Teleskopausleger aus S1100QL links: unbelasteter, rechts: belasteter Zustand

Bilder 14 und 15 Aufbaurahmen für Teleskop – Steiger aus Werkstoff S700MC

unbelastet belastet

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Wirtschaftliche Herstellung hochbeanspruchter Schweißkonstruktionen unter Montagebedingungen

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7 Ausblick in die Zukunft

In letzter Zeit werden immer mehr Versuche mit kombinierten Schweißverfahren wie Laserstrahl- und Plasma- Hybridverfahren durchgeführt werden [8]. Hier zeigte es sich, dass beim Schweißen des Stahles S1100QL mit beiden Verfahren bessere Festigkeitswerte als beim reinen MAG-Schweißen erzielt wurden. Für den Einsatz in der Serie müssen jedoch die Prozesssicherheit, sowie die Standzeiten der Brenner noch verbessert werden.

8 Zusammenfassung

Hochfeste Feinkornstähle sind heute bei der Fertigung von Nutzfahrzeugen, insbesondere im Schwerlastbereich und im Mobilkranbau unverzichtbar und werden sich auch im Stahlbau vermehrt durchsetzen. Aufgrund der vorangegangenen Untersuchungen geht jedoch deutlich hervor, dass es sehr wichtig ist, die Wärmeführung genau festzulegen und entsprechend einzuhalten, um entsprechende mechanisch-technologischen Eigenschaften der Schweißverbindungen zu erreichen. Die Ausführungen zeigen, dass das Kaltrissverhalten durch die chem. Zusammensetzung des Grundwerkstoffes und des Schweißgutes, die Blechdicke, den Wasserstoffgehalt des Schweißgutes, das Wärmeeinbringen während des Schweißens und den Spannungszustand beeinflusst. Eine Zunahme des Legierungsgehaltes, der Blechdicke und des Wasserstoffgehaltes erhöht die Kaltrissgefahr. Dagegen wird sie durch eine Erhöhung des Wärmeeinbringens vermindert. Mit der neuen DIN EN 1011 Teil 1 und Teil 2 ist nun auch ein Normenwerk auf europäischer Ebene geschaffen worden, das es ermöglicht einheitliche Verarbeitungsregeln zumindest europaweit festzulegen.

9 Literatur

[1] Dr. Geyer, Ing. Mag. Rauch, Dipl.-Ing. Schütz, VOEST-ALPINE Stahl Linz GmbH Hochfeste Feinkornstähle mit optimierten Verarbeitungseigenschaften Tagungsband zum Fortbildungsseminar für Schweißfachleute an der Schweißtechnischen Zentralanstalt in Wien, 18.05.1995

[2] DIN EN 10149-1, Warmgewalzte Flacherzeugnisse aus Stählen mit hoher Streckgrenze zum Kaltumformen, Teil 1: allgemeine Lieferbedingungen September 1995, 3.5

[3] DIN EN ISO 13916 Anleitung zur Messung der Vorwärm-, Zwischenlagen- und Haltetemperatur

[4] DIN EN 1011 Empfehlungen zum Schweißen metallischer Werkstoffe Teil 1: Allgemeine Anleitung für das Lichtbogenschweißen (April 1998) Teil 2: Lichtbogenschweißen von ferritischen Werkstoffen (Mai 2001)

[5] SEW 088, Schweißgeeignete Feinkornbaustähle, Richtlinien für das Verhalten, besonders für das Schmelzschweißen, Oktober 1996, Stahl-Eisen-Werkstoffblatt (SEW) des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute.

[6] DVS-Merkblatt 0916: Metall-Schutzgasschweißen von Feinkornbaustählen. [7] Schweißempfehlungen für XABO 890 und XABO 960 der Fa. ThyssenKrupp Stahl AG [8] P. Gerster GEC, H. Wegmann ThyssenKrupp: Besonderheiten beim Schneiden und

Schweißen hochfester Feinkornstähle bis 1100 N/mm² Streckgrenze. DVS-Band 228 2004

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Prüfung und Bewertung von Schweißnähten

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Prüfung und Bewertung von Schweißnähten

Dipl.-Ing. Stefan Langrock, Dr.-Ing. Steffen Keitel; Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt Halle GmbH, Halle (Saale)

1 Hinweise zum Regelwerk

Durch die internationale Normung (EN, ISO) ist eine deutliche Zunahme der Anzahl der Normen zu erkennen. Problematisch ist dabei der Sachverhalt, dass die Regelwerke z. T. nicht abgestimmt sind (zumindest muss man diesen Eindruck haben), aufgrund ihrer unterschiedlichen zeitlichen Bearbeitung keinen einheitlichen Aktualisierungsstand haben oder sich auf unterschiedlich datierte Ausgaben der Normen beziehen. Grundsätzlich ist die zerstörungsfreie Prüfung nach dem europäischen Regelwerk klar strukturiert. Bild 1 zeigt den Zusammenhang für Schweißverbindungen an Stahlkomponenten.

1) 2)

Prüftechnische Vorgaben; z. B.

EN 12 062

Qualitätsvorgaben EN 25 817

DIN EN ISO 5817

Bauteilvorgaben; z. B.

DVS 0705

EN 1435 EN 1714 EN 1290 EN 571-1 EN 970

EN 12 517 EN 1712 EN 1291 EN 1289 EN 25 817

(RT) (UT) (MT) (PT) (VT) Durchstrahlungsprüfung Ultraschallprüfung Magnetpulverprüfung Eindringprüfung Sichtprüfung 1) Durchführung der Prüfung 2) Bewertung der Ergebnisse

Bild 1 Organisation der ZfP für lichtbogengeschweißte Verbindungen

Die Anforderungen an die Festlegungen bezüglich der Prüftechniken und -klassen sind zum Teil in Abhängigkeit von der Bewertungsgruppe getroffen, der Zusammenhang ist als Auszug aus der DIN EN 12062 in Tabelle 1 dargestellt. Allgemeine Regeln für die zerstörungsfreie Prüfung von Schweißverbindungen sind ebenfalls in der DIN EN 12062 aufgeführt und sollten, soweit keine speziellen Festlegungen existieren, als Basis zur Auswahl der ZfP-Verfahren dienen. Tabelle 2 zeigt dies als Beispiel für den Nachweis innerer und äußerer Unregelmäßigkeiten.

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Tabelle 1 Zusammenhang zwischen Bewertungsgruppe und Prüfklasse

Bewertungsgruppe nach EN 25817 oder EN 30042

Prüfklasse RT

Prüfklasse UT

B B mindestens B

C B* mindestens A

D A Prüfung nicht angewandt

Tabelle 2 Verfahren zum Nachweis innerer Unregelmäßigkeiten

t ≤ 8 mm 8 mm < t ≤ 40 mm t > 40 mm

RT, (UT) ferritischer Stumpfstoß RT, UT UT, (RT)

(UT), (RT) ferritischer T-Stoß UT, (RT) UT, (RT)

RT austenitischer StumpfstoßRT, (UT) UT, (RT)

(UT), (RT) austenitischer T-Stoß (UT), (RT) (UT), (RT)

Die Auswahl des anzuwendenden Prüfverfahrens zum Nachweis äußerer Unregelmäßigkeiten wird hierbei ausschließlich durch den Werkstoff und die Dicke bestimmt. Der Einfluss der Naht-art und -form bzw. die Art, die Größe, der Ort und die Orientierung der nachzuweisenden Unregelmäßigkeiten müssen selbstverständlich ebenfalls berücksichtigt werden. Um eine Konformität der Inhalte zu den speziellen ZfP-Verfahren zu erreichen, ist für jedes Prüfverfahren eine verfahrensangepasste Norm entwickelt worden. Dann werden konkrete „Zulässigkeitsgrenzen“ definiert, die eine direkte Zuordnung zu den Bewertungsgruppen der DIN EN 25817 zulassen. Eine Aufstellung ist in der Tabelle 3 aufgeführt. Mit diesen Festlegungen soll gewährleistet werden, dass eine objektive Bewertung der ZfP-Prüfergebnisse für jedes Prüfverfahren vorgenommen werden kann.

Tabelle 3 Zusammenhang von Bewertungsgruppen und Zulässigkeitsgrenzen

VT RT UT PT/MT

Bewertungsgruppen nach DIN EN 25817 B C D B C D B C D B C D

Zulässigkeitsgrenzen B C D 1 2 3 2 3 (3) 2 x 2 x 3 x

DIN EN 25817 DIN EN 12517 DIN EN 1712 DIN EN 1289/

DIN EN 1291 x: Nachgewiesene linienartige Anzeigen müssen nach den Anforderungen der Zulässigkeits grenze 1 beurteilt werden.

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Prüfung und Bewertung von Schweißnähten

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Bei der Betrachtung der Konformität der DIN EN 25817 mit den verfahrensangepassten Normen muss vorangestellt werden, dass die DIN EN 25817 die wahre (tatsächliche) Größe einer Unregelmäßigkeit der Bewertung zugrunde legt. Diese lässt sich jedoch mit den Verfahren der zerstörungsfreien Prüfung nicht feststellen. Die Länge der Fehlstelle kann noch weitgehend genauer ermittelt werden, aber nicht die Breite und besonders die Tiefenausdehnung. So wird bei der Ultraschallprüfung das Reflexionsverhalten einer Unregelmäßigkeit (Ungänze) mit dem eines bekannten künstlichen Reflektors (ERG) verglichen, welcher sowohl kleiner als auch größer sein kann als die tatsächliche Unregelmäßigkeit. Ähnliches kann auch zu den beiden Oberflächenprüfverfahren gesagt werden. Auch hier werden nicht die tatsächliche Größe einer Unregelmäßigkeit, sondern die Abmessungen einer Anzeige ermittelt. Die Ursache einer solchen Anzeige kann dabei sowohl eine Pore (runde Anzeige) als auch ein Riss oder Bindefehler (lineare Anzeige) sein. Die Ausdehnung einer solchen Anzeige wird hierbei meist größer sein als die sie verursachende Unregelmäßigkeit.

2 Möglichkeiten der Ultraschallprüfung

Die Ultraschallprüfung von Schweißverbindungen sollte nach der DIN EN 1712 und DIN EN 1714 vorzugsweise erst ab Werkstückdicken von 8 mm angewandt werden. Ein Grund dafür ist besonders das Reflexionsverhalten der Decklage und der Wurzelüberhöhung. Sind diese Überhöhungen beschliffen oder sehr flach und gleichmäßig verlaufend, so ist eine Ultraschallprüfung auch bei geringeren Dicken möglich. Eine Bestimmung der Tiefenlage der Reflexionsstelle ist dann allerdings nicht möglich. Die Ultraschallprüfung ist entsprechend dem physikalischen Prinzip vorwiegend zum Nachweis von flächigen Unregelmäßigkeiten geeignet. Kleine Poren und Einschlüsse ergeben Anzeigen (bei normgerechter Einstellung der Empfindlichkeit) unterhalb der Beobachtungsschwelle Die DIN EN 1712 legt die Zulässigkeitsgrenzen für ferritische Stähle fest und gibt vor, dass alle zulässigen und alle unzulässigen Anzeigen oberhalb der Registrierschwelle im Prüfbericht zu dokumentieren sind. Bei der Prüfung von Aluminium sollte beachtet werden: - Die Einschallwinkel der Prüfköpfe verändern sich (werden kleiner). - Für die Justierung des Prüfsystems sind Justierkörper aus artgleichem Material erforderlich. - Für die Vergleichskörpermethode sind die Bewertungskurven experimentell an artgleichem

Material (und möglichst gleicher Geometrie) zu ermitteln. - Es sind geeignete Bewertungskriterien zu ermitteln und in einer Spezifikation festzulegen

(Aufgabe einer Fachkraft mit einer Stufe-3-Qualifikation). - Es sollte berücksichtigt werden, dass in Schweißverbindungen aus Aluminium häufig Poren

vorhanden sind. Deren Nachweis ist mittels Ultraschall nur bedingt möglich.

Für Prüfaufgaben, die nicht aus den Festlegungen der DIN EN 1712 bezüglich der Durchführung der Prüfung ableitbar sind, müssen spezielle Prüftechnologien bzw. -anweisungen erarbeitet werden. Nachfolgend werden dazu einige Beispiele dargelegt: Wurzelüberhöhungen, besonders bei nicht dicht anliegendem Blechstreifen als Badsicherung, ergeben teilweise sehr gute Reflexionsstellen. Besonders wenn ihre Breite sehr gering ist (2 - 3 mm), dann ist die Unterscheidung zu einer ungenügenden Durchschweißung / Wurzelbindefehler schlecht oder gar nicht möglich. Deshalb ist in diesen Fällen, vorzugsweise bei Dicken > 20 mm, der Einsatz von „Kriechwellen“ sinnvoll. Derartige Wellen entstehen, wenn Winkelprüfköpfe eine Longitudinalwelle mit einem Winkel > 70° in Stahl senden. Neben dieser 70°-L-Welle bildet sich die „primäre Kriechwelle“, die sich an der Prüffläche ausbreitet. Dabei erfolgt keine Reflexion an der Nahtüberhöhung. Neben der 70°-L-Welle ist aber stets eine

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Transversalwelle mit einem Einschallwinkel von ca. 33° vorhanden. Diese kann einerseits reflektiert werden, andererseits wandelt sie sich an der Unterseite des Bauteiles in eine „sekundäre Kriechwelle“ um. Diese breitet sich dann an der unteren Fläche aus. Kriechwellen werden reflektiert, wenn sie auf eine Materialtrennung (Riss, Bindefehler) treffen. Damit besteht bei der Anwendung von Kriechwellen die Möglichkeit, geometrisch bedingte Anzeigen von „Fehleranzeigen“ zu selektieren. Die Anwendung von Kriechwellen wird aber erschwert durch deren geringe Reichweite. Die Interpretation der Anzeigen ist in vielen Fällen nur unter Nutzung von Testkörpern möglich, da das Vorhandensein von mehreren Wellen (mit unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten) teilweise sehr schwierig ist. Die nachfolgenden Bilder sollen diese Sachverhalte darlegen:

Bild 2 Keine Reflexionen der Kriechwellen an der Wurzel- oder Decklagenüberhöhung

Bild 3 Reflexion der primären Kriechwelle an einem Bindefehler an der Prüffläche

T-Welle

Primäre Kriechwelle

Sekundäre Kriechwelle

70°-L-Welle

Ergebnis: A-Bild ohne Anzeigen!

T-Welle

Primäre Kriechwelle

Sekundäre Kriechwelle

Ergebnis: A-Bild mit Anzeige aus dem Prüfflächenbereich!

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Prüfung und Bewertung von Schweißnähten

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Bild 4 Reflexion der sekundären Kriechwelle an einem Riss an der Gegenfläche

Das Prüfen mit Ultraschall bei großen Dicken erfordert zum Nachweis von flächigen Fehlstellen häufig die Nutzung der Tandemtechnik. Nur so ist ein sicherer Nachweis von Rissen und ggf. Bindefehlern möglich. Wenn Drei-Blech-Verbindungen (übereinander liegende Lamellen), z. B. im Brückenbau, verschweißt wurden, dann ist eine spezielle Prüftechnologie erforderlich. Dabei wird berücksichtigt, dass flächige Fehlstellen den Schall entsprechend des Auftreffwinkels reflektieren. Dies erfordert die Anwendung einer Zweikopftechnik.

Bild 5 Nachweis von räumlichen Fehlstellen mittels Ultraschall

Der Nachweis von räumlichen Fehlstellen ist aus allen 4 Einschallrichtungen grundsätzlich möglich. Es muss aber darauf geachtet werden, dass bestimmte Bereiche entsprechend der Geometrie und des Einschallwinkels nicht erreichbar sind. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer Prüfung aus allen vier Einschallpositionen.

FESTE EINSCHLÜSSE

T-Welle

Primäre Kriechwelle

Sekundäre Kriechwelle

Ergebnis: A-Bild mit Anzeige aus Wurzelbereich!

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Bild 6 Nachweis von flächigen Fehlstellen mittels Ultraschall

Zur Prüfung wurden Prüfspuren auf den Blechen (oben und unten) markiert. Ein Prüfkopf wurde fixiert, der andere wurde in einem vorgegebenen Bereich bewegt. Aufgrund der Schallfeldcharakteristik (großer Öffnungswinkel) wurde erreicht, dass das mittlere Blech in die Prüfung mit einbezogen wird. Entsprechend der Nahtgeometrie mussten Prüfköpfe mit unterschiedlichen Einschallwinkeln eingesetzt werden. Da es sich in diesem Fall um kurze Nähte handelte, war eine manuelle, wenn auch sehr mühsame und zeitaufwendige Prüfung möglich.

3 Möglichkeiten der Durchstrahlungsprüfung

Die Durchstrahlungsprüfung mit Röntgenstrahlen, ab den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verstärkt auch mit Gammastrahlen, ist das „klassische Verfahren“ zum Nachweis von Fehlstellen im Inneren der Naht. Das Verfahren liefert im Regelfall den “Röntgenfilm“ als Informationsträger und stellt damit eine anschauliche Darstellung der Fehlstellen dar. In den meisten Fällen ist die Art der Unregelmäßigkeit zu erkennen und in dieser Hinsicht der Ultraschallprüfung eindeutig überlegen. Die Anwendung der Durchstrahlungsprüfung bei der Schweißnahtprüfung ist durch die DIN EN 1435 geregelt. Trotzdem ist zu erkennen, dass unter den „so genannten Praxisbedingungen“ immer wieder bestimmte Fehler feststellbar sind. Beachtet werden sollte deshalb besonders: a) Optische Dichte D: Diese muss im gesamten zu bewertenden Schweißnahtabschnitt in

einem bestimmten Bereich liegen. Dies gilt auch für die Wärmeeinflusszone (10 mm bis 20 mm) auf jeder Seite der Naht. Die Mindestwerte für D sind für die Prüfklasse A = 2,0 und für die Prüfklasse B = 2,3. Beachtet werden muss aber in jedem Fall, dass die Maximalwerte für D – je nach Betrachtungsgerät – einen Wert von 3,5 - 4,5 nicht überschreiten sollten.

b) Kontrast K: Der Kontrast muss stets (qualitativ) durch Bildgüteprüfkörper zu beurteilen sein. Dazu werden die noch auf dem Informationsträger erkennbaren (abgebildeten) Drähte bestimmt. Da dies in einem Bereich konstanter durchstrahlter Dicke erfolgen muss, erfolgt die Bestimmung in dem Bereich des abgebildeten Grundwerkstoffes.

c) Einsatz von Gammastrahlen

FLANKENBINDEFEHLER

EMPFÄNGER

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Prüfung und Bewertung von Schweißnähten

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Tabelle 4: Einsatzbereiche von Gammastrahlern

Strahlenquelle Prüfklasse A Prüfklasse B

Se 75 10 mm ≤ 40 mm 14 mm ≤ 40 mm

Ir 192 20 mm ≤ 100 mm 20 mm ≤ 90 mm

Der Einsatz von Gammastrahlern außerhalb dieses Bereiches führt zu einer Verringerung der Fehlererkennbarkeit. Besonders bei geringeren Dicken führt dies zu einer wesentlichen Verminderung des Kontrastes der Aufnahme. Dieses kann etwas vermindert werden durch eine Erhöhung der optischen Dichte, in vielen Fällen ist aber die geforderte Drahterkennung unmöglich zu realisieren. Die Entwicklungen der Mikroelektronik haben auch dazu geführt, dass die Radioskopie, d. h. eine filmlose Durchstrahlungsprüfung, bedeutende Fortschritte bei der Verbesserung der Bildgüte erzielen konnte. Früher wurden vorzugsweise Gussteile durchstrahlt, da diese im Regelfall aufgrund stark unterschiedlicher Dicken mittels der „Filmmethode“ gar nicht geprüft werden konnten. Versuche, unter anderem auch in der SLV Halle durchgeführt, zeigten, dass in einem bestimmten Dickenbereich ein gesicherter Nachweis unzulässiger Fehlstellen in Schweißnähten möglich ist. Vorteile der Radioskopie sind: - Bildqualität moderner Anlagen ist vergleichbar mit einer Gammaaufnahme (Film) - Sofortige Auswertung möglich - Dynamische („in Bewegung“) Prüfung möglich - Ungleiche Dicken gut prüfbar - Gute Archivierbarkeit der Ergebnisse - Übermittlung der Aufnahmen über das Internet möglich

Für die Radioskopie eingesetzte Strahlenquellen müssen, da stets mit einer Vergrößerungstechnik gearbeitet werden muss, aus geometrischen Gründen einen kleinen Brennfleck (ca. 0,2 mm - 0,4 mm) besitzen.

Bild 7 160-kV-Anlage mit Bildwandler (rechts) und Prüfobjekt

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Bild 8 Abbildung eines Bindefehlers bei optimaler Einstrahlrichtung

Bild 9 Abbildung eines Bindefehlers bei ungünstiger Einstrahlrichtung

Die Bilder zeigen, dass durch optimierte Einstrahlrichtung (Neigung und Drehung des Rohres) ein gesicherter Nachweis möglich ist. Bei der klassischen Radiographie (Filmmethode) wird im Regelfall nur von einer Seite gestrahlt, deshalb können, trotz besserer Bildgüte, Fehlstellen eventuell nicht erkannt werden. Die durchgeführten Untersuchungen bei durchstrahlten Dicken im Bereich von 2 mm bis 20 mm zeigten, dass Fehlstellen sowohl in Blechen als auch in Rohren (beidwandige Durchstrahlung) sicher nachgewiesen werden konnten. Diese Aussage bezieht sich sowohl auf räumliche Fehlstellen wie Gaseinschlüsse und feste Einschlüsse als auch auf flächige Fehlstellen (Bindefehler, Risse, Wurzelfehler). Voraussetzung ist ein Prüfsystem, das höchsten Anforderungen gerecht wird. Diese Forderungen sind gegeben durch das Regelwerk DIN EN 13068-3. Dabei erfolgt eine Beurteilung des Kontrastes mit den üblichen Bildgüteprüfkörpern in analoger Art wie bei der „klassischen“ Filmmethode, zusätzlich muss aber die Gesamtunschärfe mit den Bildgüteprüfkörpern nach DIN EN 462-5 (Doppeldraht, CERL-Drahtsteg) ermittelt und bewertet werden. Damit ist gewährleistet, dass nur Durchstrahlungsbilder bewertet werden, die die erforderliche Bildqualität und damit auch ausreichende Fehlererkennbarkeit haben.

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Prüfung und Bewertung von Schweißnähten

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Die Oberflächenprüfung mittels der Farbeindringprüfung ist eine einfache und kostengünstige Variante zur Ermittlung von Fehlstellen an der Oberfläche, speziell von Rissen. Voraussetzung ist dabei, dass derartige Fehlstellen noch oben offen sind, so dass das Prüfmittel eindringen kann. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die zu prüfenden Flächen frei von Fett, Öl und anderen Verunreinigungen sind. Besonders wenn Bauteile schon längere Zeit im Einsatz waren, z. B. Fahrzeugteile, dann ist die Forderung häufig schwierig zu gewährleisten. Beim Einsatz des Verfahrens ist zu beachten: - Bei nahezu allen Werkstoffen einsetzbar. - Schwer zugängliche Bereiche ergeben Probleme bei der manuellen Zwischenreinigung. - Wenn zum Zeitpunkt der Prüfung ausreichende Abdunklungsmöglichkeiten bestehen, ist

der Einsatz fluoreszierender Eindringmittel besser. - Bei Tageslicht sollten Farbeindringmittel verwendet werden.

Das Regelwerk zur Beurteilung der Anzeigen steht teilweise im Widerspruch zu den allgemeinen Anforderungen an die Qualität einer Schweißnaht (Bewertungsgruppen). Ursachen für lineare Anzeigen sind im Regelfall Bindefehler und besonders Risse. Nach DIN EN 25817 sind aber diese Unregelmäßigkeiten in allen Bewertungsgruppen nicht zulässig. Das Regelwerk für die Beurteilung der Anzeigen erlaubt aber eine Anzeigenlänge von 2 mm, die Art der Fehlstelle bleibt dabei unberücksichtigt. Für die Magnetpulverprüfung existieren ähnliche Vorgaben und damit die gleiche Problematik bei der Bewertung der Anzeigen. Einziger, wenn auch oft in der Praxis nicht realisierbar, Ausweg ist eine eindeutige Festlegung hinsichtlich der Art der Bewertung vor Beginn der Prüfung. Dies sollte zwischen Auftraggeber, eventuellen Überwachungsstellen und dem ZfP-Dienstleister erfolgen. Die DIN EN ISO 5817 liegt seit Dezember 2003 vor. Dieses Regelwerk beschreibt, wie auch die „alte“ DIN EN 25817, ausschließlich die wahre Größe der Unregelmäßigkeit, wobei kein Bezug zu einem bestimmten ZfP-Verfahren vorhanden ist. Ein Nachweis der Fehlergröße mit den einzelnen Prüfverfahren ist nur sehr differenziert möglich. In der Praxis hat das ungeachtet dessen dazu geführt, dass diese Norm auch für bestimmte Prüfverfahren, z. B. Durchstrahlungsprüfung, Sichtprüfung, direkt angewandt wurde. Sie wurde dagegen kaum bei den Verfahren Ultraschall, Eindringprüfung und Magnetpulverprüfung eingesetzt. Bei beibehaltenem Konzept und gleicher Einteilung nach drei Bewertungsgruppen wurden - die zulässigen Werte für die Unregelmäßigkeiten zum Teil geändert und mit den

Anwendungsnormen abgestimmt, - zusätzliche Unregelmäßigkeiten aufgenommen, - die Unregelmäßigkeiten nach Gruppen in äußere, innere und geometrische

Unregelmäßigkeiten gegliedert, - der Anwendungsbereich erweitert auf die Werkstoffe Nickel, Titan und deren Legierungen

sowie auf Werkstückdicken über 0,5 mm (ohne obere Begrenzung).

Als ein Beispiel ist nachfolgend die Bewertung von Gaseinschlüssen aufgeführt.

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Tabelle 5 Bewertung von Gaseinschlüssen

DIN EN 25817 DIN EN ISO 5817

Einzelpore: d ≤ 0,3 s,

aber max. 2 mm

Hüllkurve mit ø Nahtbreite:

4 % bezogen auf die

abgebildete Fläche

B B

Einzelpore: d ≤ 0,2 s,

aber max. 2 mm

Hüllkurve mit ø Porennest:

4 % bezogen auf die Fläche

100 mm x Schweißnahtbreite

Weitere Hinweise zur Anwendung des Regelwerkes und über Probleme der Interpretation der Ergebnisse werden im Vortrag gegeben.

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Schäden an gefügten Bauteilen

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Schäden an gefügten Bauteilen

Dr.-Ing. Enrico Seliga, Dr.-Ing. Wolfgang Uhlig, TU Chemnitz, Chemnitz

1 Einleitung

Schadenfälle stellen einen erheblichen Verlust für die Wirtschaft dar. Die Erforschung und Beseitigung ihrer Ursachen ist daher von großer Bedeutung. Aufgrund der immer komplexeren Zusammenhänge zwischen Werkstoff, Bauteilgestaltung und Verarbeitung ist die Zuordnung von Schäden und die Klärung ihrer Ursachen jedoch häufig schwierig. Sinnvoller Weise lassen sich Schadenursachen in Produkt- und Betriebsfehler sowie unvorhergesehene Ereignisse unterteilen. Die prozentuale Verteilung und ihre Untersetzung ist dem Bild 1 zu entnehmen. Ein geringer Teil der Produktfehler hat dabei werkstoffliche Ursachen, der Mehrzahl der auftretenden Schäden in diesem Bereich liegen Konstruktions- und/oder Fertigungsfehler zugrunde. Dem Fügen, und hier insbesondere dem Schweißen, kommt innerhalb der Gruppe der Fertigungsverfahren eine bedeutende Rolle zu. Die Komplexibilität der Bewertung von Schadenfällen geschweißter Konstruktionen soll deshalb anhand von drei Beispielen im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen.

Produktfehler [40%]- Konstruktion- Fertigung Urformen, Umfor- men, , Wärmebehandeln, …- Werkstoff

Fügen

Betriebsfehler [40%]- unsachgemäße Nutzung- Wartungsfehler- Überlastfälle- …

unvorhergeseheneEreignisse [20%]- Naturgewalten- Fremdkörper- Verwechslungen- Fahrlässigkeit- …

Bild 1 Aufteilung der Schadenursachen nach [1]

2 Schadbilder

Die im Wesentlichen an Schweißnähten auftretenden Schadbilder sind Risse, Brüche und Korrosion. Nachfolgend werden deren wichtigsten Merkmale und Besonderheiten an Beispielen erläutert.

2.1 Schadbild Riss

Eine Einteilung der fertigungsbedingten Risse an Schweißverbindungen zeigt Bild 2.

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6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik

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Heißrisse sind die Folge niedrigschmelzender Phasen in Verbindung mit Schrumpfspannungen und treten im Allgemeinen bei Temperaturen > 1100 °C auf. Sie werden unterschieden in Erstarrungsrisse und Wiederaufschmelzungsrisse. Erstarrungsrisse sind eine Folge der auf die Restschmelze zwischen den bereits erstarrten Dendriten im Schweißgut wirkenden Zugspannungen und zeigen einen interdentritischen Rissverlauf. Wiederaufschmelzungsrisse treten vorrangig in der Grobkornzone als interkristalliner Riss auf. Hier wirken die Schrumpfspannungen auf niedrigschmelzende Phasen zwischen den Körnern.

1; 4; (2) Heißrisse 1; 3; (2) Kaltrisse 3; 4 Relaxationsrisse

Bild 2 Rissarten an Schweißverbindungen nach [1]

Kaltrisse entstehen meist durch Umwandlungsspannungen bzw. thermische Eigenspannungen, Aufhärtung (Härterisse) oder Versprödung durch Gasaufnahme beim Abkühlen im Temperaturbereich unter Ac3. Rissbegünstigend wirken Kerben sowie eindiffundierter atomarer Wasserstoff. Relaxationsrisse treten beim Spannungsarmglühen von Feinkornbaustählen durch Wiederaus-scheidung bei der Überhitzung in Lösung gegangener Karbide bzw. Karbonitride auf, wenn die chemische Zusammensetzung die Möglichkeit einer Sekundärhärtung gibt. Beispiel – Härterisse an Drehmomentwandlern

An laserstrahlgeschweißten, nitrierten Schiebemuffen aus dem Vergütungsstahl 14CrMoV6-9 (1.7735) traten nach der Bauteilprüfung (Drehmoment als statische Belastung) im Bereich der umlaufenden Längsnaht in der Nahtmitte Risse auf. Geschweißt wurde mit einem CO2-Gaslaser ohne Vorwärmung und ohne Zusatzwerkstoff, die Schweißgeschwindigkeit betrug 2 m/min. Zum Nitrieren konnte der Auftraggeber keine Angaben machen. Bild 3 zeigt die zwei übergebenen Muffen in der Übersicht. Beide Schiebemuffen zeigen im Anlieferungszustand keinerlei Anlauffarben, eine beschleunigte Abkühlung nach dem Nitrieren lässt sich damit ausschließen. Ohne optische Vergrößerung sind Längsrisse in der Nahtmitte der Laserstrahlschweißnähte zu erkennen. An den Muffen wurden sowohl in den rissfreien, als auch in den rissbehafteten Bereichen Proben für Gefügeuntersuchungen, Härtemessungen und REM-Untersuchungen entnommen. Mitgeliefert wurden vom Auftraggeber zwei mittels Spektralanalyse durchgeführte Werkstoffuntersuchungen unterschiedlicher Chargen. Die beiden Analysen lagen im Bereich der lt. Norm spezifizierten Grenzen und unterschieden sich mit 0,113 % C und 0,148 % C nur im Kohlenstoffgehalt. Die erste Analyse wurde einer Charge mit Gutteilen entnommen, die zweite der Charge mit rissbehafteten Teilen.

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Schäden an gefügten Bauteilen

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1 cm

1 cm

Bild 3 Schiebemuffen mit Ausschnittvergrößerung einer teilweise gerissenen Schweißnaht

Die Gefügeuntersuchungen ergaben in der Nahtmitte ein rein martensitisches Gefüge mit ausgeprägter laserstrahltypischer Gussstruktur. Die Härte lag bei ca. 400 HV1 und entsprach damit in etwa der Ansprunghärte des Werkstoffes. Die Verbindung war im Bereich der Schweißnaht mehrfach gerissen, es konnten sowohl inter-, als auch transkristalline Risse nachgewiesen werden (Bild 4). Die Bruchfläche wies keine Anzeichen einer Korngrenzenbelegung durch niedrigschmelzende Phasen auf, der Bruch selbst erfolgte verformungsfrei. In Auswertung der vorhandenen Daten und durchgeführten Untersuchungen konnten die Risse eindeutig als Aufhärtungsrisse identifiziert werden.

20 µm

a

a

b

a

Bild 4 Rissbehafteter Bereich, Querschliff mit interkristallinen Rissen (Detail a) und transkristallinen Rissen (Detail b)

Für eine rissfreie Verbindung an diesem Werkstoff ist es, aufgrund der weiten Toleranzgrenzen für den Kohlenstoffgehalt, unabdingbar mit Vorwärmung zu schweißen. Hier bietet sich, neben einem Vorwärmen mit defokussiertem Laserstrahl, auch ein vorlaufendes induktives Vorwärmen an. Mit Integration einer derartigen Technologie in den Laserkopf würde sich die Fertigungszeit nur unwesentlich erhöhen. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung von Stahl mit abgesenktem Kohlenstoffgehalt.

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Ziel sollte es in jedem Fall sein, die Härte auf maximal 350 HV1 zu begrenzen. Mit dem sich dabei einstellenden bainitischen bzw. bainitisch/martensitischen Gefüge ließe sich die Zähigkeit erhöhen, der Eigenspannungszustand vermindern und letzendlich die Rissempfindlichkeit herabsetzen. Eine Änderung der Konstruktion wurde ebenfalls empfohlen. Bisher erfolgte das Einschweißen in eine geräumte Innenverzahnung, die entsprechend Bild 5 hinsichtlich Abkühlbedingungen und Kerbwirkung äußerst kritisch einzuschätzen ist. Aus konstruktiver Sicht ist es besser, die Verzahnung im Bereich der Schweißnaht nicht zu räumen und damit abschätzbare Abkühlverhältnisse zu schaffen.

Außenrad

Innenrad

Laserstrahl-schweißnaht

1,3

2

Nahtoberseite

Längsschliff

Bild 5 Skizze Laserstrahlschweißnaht

In seiner Problematik zeigt der Schadenfall beispielhaft das Zusammenwirken Werkstoff [Schweißeignung] – Fertigung [Schweißmöglichkeit] – Konstruktion [Schweißsicherheit]. Nur unter Beachtung dieser drei Komponenten ist eine qualitätsgerechte Fertigung möglich. Das Schadbild Riss ist auch insofern interessant, da hier Ansätze für die Riss- und Fehlertoleranz unter Nutzung der Bruchmechanik zu suchen sind. Mit der linear elastischen Bruchmechanik könnte das Gefahrenpotenzial des spröden Versagens von Bauteilen richtig erkannt werden, wenn es gelingt, quantitativ unter bekannten Beanspruchungsbedingungen zulässige Fehlergrößen für definierte Bauteile und Werkstoffe zu berechnen. Für diese Berechnung wird die bruchmechanische Kenngröße KC – der kritische Spannungsintensitätsfaktor – herangezogen [2].

2.2 Schadbild Bruch

Bei einer Vielzahl von Versagensfällen führt ein Anriss durch äußere und/oder innere Spannungen zum Bruch. Da die Bruchfläche die Informationen zu Versagensursachen speichert, ist die Schadenanalyse eng mit deren Beurteilung verbunden. Mit der zentralen Frage, ob der Bruch nach Energieaufnahme durch Verformung oder Sprödtrennung hervorgerufen wurde, erfolgt der Einstieg in die Fraktographie beim Schadbild Bruch. Sinnvoller Weise wird nach der Art der wirksamen Belastung, die zum Bruch führte, unterschieden in: - Gewaltbruch - Dauerbruch und - Zeitstandbruch.

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Schäden an gefügten Bauteilen

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Der Gewaltbruch ist gekennzeichnet durch statische oder schlagartige, meist einmalige, mechanische Überbeanspruchung. Je nach Art der bruchwirksamen Spannung ist eine Unterteilung in Verformungs-, Spröd-, oder Mischbruch möglich. Beim Dauerbruch treten die Brüche unter Schwingbeanspruchung mit Spannungsamplituden im Schwell- oder Wechselbereich unterhalb der Streckgrenze meist als Kombination aus Ermüdungs- und Gewaltbruch (Restbruchfläche) auf. Charakteristisch ist die allmählich fortschreitende Rissbildung bei Beibehaltung der geometrischen Bauteilform. Rastlinien kennzeichnen die Bruchentstehung bei schwingender Beanspruchung mit Belastungspausen, bei ununterbrochener Beanspruchung sind die Schwingungslinien nur im REM sichtbar. Beim Zeitstandbruch führen Kriechprozesse bei höheren Temperaturen durch Verfestigung und Entfestigung über Porenbildung zum Anriss, welcher sich bei fortlaufender Last im weiteren Verlauf zum Bruch ausweitet. Beispiel – Dauerbruch Kolbenstange

Bei einem Raupenbagger (Einsatzgewicht 50 t) kam es nach 2670 Betriebsstunden im Bereich der Reibschweißverbindung Kolbenstange-Stangenkopf zum Bruch der hartverchromten Kolbenstange des Hydraulikzylinders. Die Kolbenstange war ein Vergütungsstahl Ovako 482 A, der Stangenkopf ein Feinkornbaustahl StE 460. Angaben zu den Randbedingungen der Schweißung sowie dem Wärmebehandlungszustand der Kolbenstange wurden nicht gemacht. Der Querschliff der Kolbenstange zeigt in der Makroaufnahme deutlich den Bruchverlauf im Vergütungsstahl zwischen Wärmeeinflusszone und Grundwerkstoff. Gleichzeitig sind die ehemaligen Zentrierbohrungen erkennbar (Bild 6).

20 mm

Kopfseite

Schaftseite 10 mm

Bild 6 Querschliff Kolbenstange Bild 7 Bruchfläche der Kolbenstange (Draufsicht)

Die Bruchfläche ist durch einen Dauerbruchanteil von ca. 70 % der Gesamtfläche und einen Gewaltbruchanteil von ca. 30 % gekennzeichnet (Bild 7). Der Riss lief, ausgehend von der Stangenoberfläche, als Dauerbruch in Richtung Stangenmitte. Der Gewaltbruch trat als Sprödbruch im minimierten Stangenquerschnitt auf. Der geringe Dauerbruchanteil im Zentrum lässt sich durch das Auftreten einer zweiten Rissfront nach fortgeschrittenem äußerem Schwingbruch erklären. Die angegeben Werkstoffe konnten durch eine Spektralanalyse bestätigt werden. Bei der Gefügeanalyse der Schweißverbindung ergab sich folgender Sachverhalt: Während der StE460 im vergüteten Zustand eingesetzt wurde, zeigte der OVAKO 482 A keine Anzeichen einer Wärmenachbehandlung des geschmiedeten und normalisierten Zustandes, das Gefüge bestand aus Ferrit und Perlit.

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Da erst durch eine Vergütung (Härten und Anlassen) dieser Werkstoff ein großes Streckgrenzenverhältnis sowie hohe Zähigkeiten und Dauerfestigkeiten erreicht, werden derartige Vergütungsstähle in der Regel nicht in diesem Zustand eingesetzt. Daraus schlussfolgernd ist hier von einer fehlenden Wärmenachbehandlung auszugehen. Neben diesem fertigungstechnischen Mangel ist die Verbindung auch aus konstruktiver Sicht im Hinblick auf das eingesetzte Schweißverfahren mangelhaft: Zentrierbohrungen in den hier vorliegenden Abmessungen sind ungünstig, da sie aufgrund der geringen Größe nur wenig Werkstoff während des Reibschweißprozesses aufnehmen können und sich damit leicht ein Materialstau ausbilden kann. Die dabei auftretenden Druckspannungen im Bereich der Schweißfuge reichen gegebenenfalls aus Schweißfehler in Form von Werkstofftrennungen bzw. Anrissen auszubilden. Abhilfe schafft das Vergrößern der Zentrierbohrungen. Besteht technologisch die Möglichkeit die Zentrierbohrungen wegzulassen und die Schweißverbindung Kolbenstange-Stangenkopf als Vollanschluss herzustellen, ist diese Variante zu bevorzugen.

2.3 Schadbild Korrosion

Korrosionsschäden sind die in der Technik am häufigsten vorkommenden Schäden mit großen volkswirtschaftlichen Verlusten. Aufgrund ihrer vielfältigen Schadenmechanismen und des oft kombinierten Auftretens mit anderen Schadenursachen ist ihre eindeutige Bestimmung oftmals sehr schwierig. Für eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Korrosionsmechanismen sei [3] empfohlen, an dieser Stelle sollen nur die grundlegenden Arten Erwähnung finden: Sinnvollerweise lassen sich die Korrosionsarten nach ihrer Angriffsform unterteilen. Neben dem gleichmäßigen Korrosionsangriff (Wasserstoffkorrosion/ Sauerstoffkorrosion) sind insbesondere Korrosionsarten mit ungleichmäßiger, selektiver Materialschädigung gefährlich. Als wichtige Vertreter sind vor allem die selektive Korrosion bei heterogenen Gefügen, der Lochfraß sowie die interkristalline Korrosion gefürchtet. Besondere Probleme ergeben sich in der Praxis durch Korrosionsarten, die mit zusätzlicher mechanischer Beanspruchung verbunden sind. Hier sind in erster Linie die Spannungsriss- und Schwingungsrisskorrosion zu nennen. Beispiel – Lochfraß und Spaltkorrosion an Wärmeübertragern

Im diesem Beispiel soll gezeigt werden, wie, neben den bereits dargestellten Produktfehlern, Betriebsfehler zu Bauteilschäden führen können. In dem zu diskutierenden Schadenfall kam es zu Anrissen und Brüchen an laserstrahlgeschweißten Wärmeübertragern in Doppelblechbauweise (Bild 8). Als Werkstoff wurde der rost- und säurebeständige Stahl X2CrNiMo17-12-2 (1.4404) eingesetzt, das Betriebsmedium war Sattdampf (Temperatur: 190...192 °C; Druck: 13 bar), der aus nicht näher spezifiziertem Speisewasser am jeweiligen Einsatzort erzeugt wurde. Anhand des Rissaussehens, der Risslage und den beschriebenen Randbedingungen kam als Fehlerursache nur ein Zusammenwirken von Loch- und Spannungsrisskorrosion in Frage. Ursache dieses Probenversagens war höchstwahrscheinlich ein zu hoher Gehalt an Chloridionen im Speisewasser.

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Schäden an gefügten Bauteilen

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200 µm

Bild 8 Laserstrahlschweißnaht am Wärmeübertrager mit Anriss

Da an der Schweißkonstruktion und -technologie keine Änderungen möglich waren, wurden folgende Maßnahmen empfohlen: Aus werkstofflicher Sicht bringt ein höher Mo-legierter Werkstoff gewisse Sicherheiten in Bezug auf die beschriebenen Korrosionsmechanismen. Empfehlenswert wäre beispielsweise der X2CrNiMoN17-13-5 (1.4439). Sicherer ist hier jedoch die genaue Festschreibung und Kenntnis der Betriebsbedingungen, die, wie bereits anfangs gezeigt, neben den Produktfehlern und unvorhergesehenen Ereignissen mit 40 % Anteil eine wichtige Schadenursache sind. Für den konkreten Schadenfall bedeutet dies die Festschreibung der Verwendung von demineralisiertem Wasser in geschlossen Kreisläufen.

3 Schadenvorbeugung

Ein wichtiges Teilgebiet der Schadenanalyse ist die Schadenvorbeugung mittels Berechnungsmethoden. Die Grundsätze der allgemein angewandten Berechnungsmethoden für mechanische beanspruchte Maschinenbauteile berücksichtigen zwar mit Sicherheitsbeiwerten Querschnittsübergänge, lassen aber den Einfluss der Korrosion, der Reibung und des Verschleißes außer Acht. Eine weitere große Unzulänglichkeit konventioneller Methoden ist die nicht mögliche Sprödbruchberechnung bei Schweißnähten für Spannungen unterhalb der Streckgrenze. Lösungsansätze bietet die noch in den Anfängen stehende Nutzung der bereits erwähnten bruchmechanischen Kenngröße KC, dem kritische Spannungsintensitätsfaktor.

4 Ausblick

Die ausgewählten Schadenfälle zeigen deutlich die Komplexität der Zusammenhänge Werkstoff – Konstruktion – Fertigung. Erst unter Berücksichtigung aller Einflussgrößen des Qualitätskreises gelingt es, das Ziel der Schadenvermeidung bzw. Schadenfrüherkennung zu erreichen (Bild 9). Es lassen sich damit Instandsetzungskosten, Ausfallkosten, Folgeschäden und Schäden für Mensch und Umwelt minimieren. Obgleich Naturkatastrophen, Unfälle und menschliches Fehlverhalten (Verwechslungen, Fahrlässigkeit/Vorsätzlichkeit) nicht völlig ausgeschlossen werden können, ermöglicht die Schadenfrüherkennung eine zustandsorientierte Wartung der Maschinen, die effektive Nutzung von Verschleißteilen und den effektiven Einsatz des Wartungs- und Reparaturpersonals.

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Vertrieb

Entw./Konstr.

Fertigungsplan.

Mat.-Dispo.

Einkauf

Mat.-Lager

Fertigung

Prüffeld

Verkaufslager

Transport/Versand

Außenmontage

Kundendienst

innerer Kreis (Zulieferbetrieb)

Bild 9 Innerer Qualitätskreis in Anlehnung an [4]

5 Literatur

[1] Hoyer, I.; Uhlig, W.: Schadenanalyse. Vorlesungsunterlagen, TU Chemnitz, Lehrstuhl für Verbundwerkstoffe, 2004.

[2] Schmitt-Thomas, Karlheinz G.: Integrierte Schadenanalyse. Springer-Verlag Berlin

Heidelberg 1999. ISBN 3540618201. [3] Bargel, H.-J.; Schulze, G.: Werkstoffkunde. VDI-Verlag Düsseldorf, 8. überarbeitete

Auflage 2003. ISBN 3540401148. [4] DIN EN ISO 9004: Qualitätsmanagementsysteme - Leitfaden zur Leistungsverbesserung. [5] Lange, G.: Systematische Beurteilung technischer Schadensfälle. Wiley-VCH Verlag

2001, 5. Auflage. ISBN 3527304177. [6] Uhlig, W.: Schadensanalyse; Systematik, Methoden, werkstofftechnische Bewertungen;

VEB Verlag Technik Berlin 1986, 1. Auflage. ISBN 334100040-2. [7] N.N: Riss- und Brucherscheinungen bei metallischen Werkstoffen; Verlag Stahleisen

Düsseldorf 1983. ISBN 351400255X.

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Unterstützende Firmen

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Unterstützende Firmen

Das 6. Chemnitzer Symposium Fügetechnik/Schweißtechnik wird von folgenden Firmen finanziell unterstützt. Die Veranstalter bedanken sich dafür recht herzlich. Abicor Binzel GmbH Feldstraße 12 09224 Chemnitz-Mittelbach DIWA Gärtner Schweißtechnik GmbH Heidelberger Str. 11 01189 Dresden Himmelmann & Partner GmbH Donauwörther Str. 2 09114 Chemnitz Saxobraze GmbH Bernsdorfer Str. 210-212 09126 Chemnitz SITEC GmbH Bornaer Str. 192 09114 Chemnitz pro-beam Anlagen GmbH Weststraße 31 09221 Neukirchen Bitte beachten sie auch die im Anhang des Tagungsbandes beigefügten Firmeninformationen zu neusten Produkten und Dienstleistungen rund um die Metallverarbeitung und die Schweißtechnik.