6. Schwermetalle und Biosysteme - HZDR · … viele Daten zum Transferfaktor von unterschiedlichen...

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6. Schwermetalle und Biosysteme

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6. Schwermetalle und Biosysteme

Nahrungskette

Mensch

WasserBoden

Getreide

Früchte

Brot

Pflanze

Haustiere

Fleisch Milch

TransportAquifer

OberflächenwässerChemie desSchadstoffs

- Schwermetall- Organika

Chemische Speziation / Bindungsform

Definition:Chemischer Zustand eines Elementes unter definiertenchemisch-physikalischen Bedingungen

Einflussparameter auf die Speziesverteilung:

?

Für Bioverfügbarkeit, Toxizität und Transportverhalten nicht nur Konzentrationan Metall, sondern auch dessen chemische Form wichtig!

Chemische Speziation/Bindungsform

Definition:Chemischer Zustand eines Elementes unter definiertenchemisch-physikalischen Bedingungen

Einflussparameter auf die Speziesverteilung:- Konzentration der Elemente- Ionenstärke (Aktivitätskoeffizient)- organische und anorganische Komplexbildner- Temperatur, Druck (Gasgleichgewichte)- pH-Wert- Redoxpotential (Sauerstoffgehalt)- vorhandene feste Phasen (Art, Struktur der Oberfläche)- Kolloide- Mikroorganismen, Pilze

Methoden der Speziationsbestimmung (allgemein)

* Unterscheidung nach indirekten und direkten Methoden zur Bestimmung der Speziation (Auswahl):

indirekt: Beobachtung einer chemischen Reaktion und davon wird die Speziation abgeleitet:Solvent Extraktion, Ionenaustausch, AdsorptionCo- Präzipitation

direkt: Spektroskopische Methoden, die die Speziation bestimmen ohne die Ausgangsspeziation zu verändern: Absorptionsspektroskopie, Laser-induzierte Fluoreszenz- und Photoakustische Spektroskopie, Röntgenabsorptionsspektroskopie

Transport / Migration

Migration = Wanderung

- Verhältnis von Mobilisierung und Immobilisierung / Retardierung der Schwermetalle

- abhängig von Geschwindigkeit der wässrigen Phase

- abhängig von chemischen Zustand/Speziation derSchwermetalle

- Schwermetalle können gelöst und kolloidal transportiert werden

Transport von Schwermetallverbindungen inLuft, Wasser, Boden

- Verteilung zwischen den KompartimentenTransport - Transfer - Transformation

- Luft:Gasgelöst (Partialdruck), an Schwebstoffe/Aerosole gebunden

- Wässrige Phase:Echt gelöst (<1 nm Ø) und /oder kolloidal, partikulär

- Boden:Transportmittel ist Wasser = mobile Phase, Boden/Gestein = Festphase(Sorption / Desorption / Ausfällung)

Stoffkreislauf der Schwermetalle (SM) I

Atmosphäre:- SM gelangen durch Abluft in die Atmosphäre

Atmosphäre besitzt auch für die SM als Transportmedium Bedeutung!Beispiele: Globale Verbreitung von Blei (Blei-Tetraäthyl, C8 H20 Pb) oder Edelmetalle (aus KfZ-

Katalysatoren)- werden auf den Boden abgelagert- geringer Teil der in den Boden gelangten SM wird von den Pflanzen aufgenommen

- Teil der SM gelangt über die Nahrungskette (über die Tiere oder auch direkt durch pflanzliche Nahrungen) in den menschlichen Körper,

- Pflanzen, Tiere und Menschen können die SM aber auch direkt aus derLuft aufnehmen

Stoffkreislauf der Schwermetalle (SM) II

Oberflächengewässer:SM gelangen in erster Linie aus Abwässern von Industrie und Haushalten in die Oberflächengewässer,

- aber auch durch direkte Ablagerung SM-haltigen Staubes aus derLuft,

- ein großer Teil der SM im Abwasser wird im Klärschlammzurückgehalten,

- Rest gelangt in Flüsse (evt. bis ins Meer), Endstation: Sedimente von Flüssen, Seen und Meeren?

Schwermetallablagerung in Böden und Sedimenten

- Böden und Sedimente sind Senken für Schwermetalle, aberkeine Endlager

Prozesse zur Schwermetallausscheidung aus Wasser:

* Gleichgewichte beachten!

- Ausfällung- Mitfällung- Sorption (Absorption, Adsorption, Chemisorption)- Ionenaustausch (Tonminerale)- Komplexbildung durch an Böden sorbierte Organika

Parameteränderung:…Auflösung, Desorption

Bio-System:

Geo-System:Chemische Formen (Komplexe der Schwermetalle)

- Carbonate- Sulfate- Silicate- Chloride- Phosphate- Hydroxyl

- Gemischte Komplexe

- Komplexe mit Humin- und Fulvinsäuren- Komplexe mit Holzabbauprodukten

Durchschnittliche elementare Zusammensetzung des menschlichen Körpers

Element Gehalta) Element Gehalta) Element Gehalta)

H 7.000 K 140 Rb 1,1

B 0,1 Cab) 1.050 Sr 0,14

C 12.600 Ti 0,1 Zr 0,3

N 2.100 Vc) 0,2 Nb 0,1

O 45.500 Crc) 0,005 Mo 0,005

F 0,8 Mnc) 0,02 Cd 0,03

Nab) 105 Fec) 4,2 Snc) 0,03

Mgb) 35 Coc) 0,003 Sb 0,07

Al 0,1 Ni 0,01 I 0,03

Si 1,4 Cuc) 0,11 Ba 0,016

P 700 Znc) 2,33 Pb 0,08

S 175 As 0,014

Cl 105 Se 0,02

a) bezogen auf 70 kg Körpergewicht b) essentielle Leichtmetalle (Ionen im Körper) c) essentielle Schwermetalle (kommen in Spuren in Proteinen u.ä. vor)

Wechselwirkung Metall im Körper

- Metallkonzentration schwankt,

- Metall liegen in unterschiedlichen Verbindungen vor,

- Mangel und Überschuss kann zu Krankheitssymptomen führen,

- Erkennen von essentiellen und nichtessentiellen Elementen.

Wirkung der Schadstoffe (Metalle)

physischeWirkung

Konzentration

Krankheit/ Mangel Gesundheit toxische Krankheit/Tod Wirkung Tod

Gruppierung von Elementen nach ihrer Löslichkeit, Häufigkeit und Giftigkeit in der Umwelt

Nicht kritisch Giftig, aber schwer Sehr giftig und relativlöslich oder selten leicht verfügbara

Na C F Ti Ga Be As AuK P Li Hf La Co Se HgMg Fe Rb Zr Os Ni Te TlCa S Sr W Rh Cu Pd PbH Cl (Al)b Nb Ir Zn Ag SbO Br Si Ta Ru Sn Cd BiN Re Ba Cr Pt

a Kritische Schadstoffe („Priority Pollutante“) für Kläranlagen aus der 129 Elemente bzw. Verbindungenumfassende Liste der U.S. amerikanischen Umweltbehörde [3.103]

b Aluminium ist giftig für Organismen in Gewässern und Böden, vor allem wenn es durch saure Bedin-gungen aus mineralischen Komponenten freigesetzt wird

Physiologische Wirkung von Schwermetallen als Funktion ihrer Konzentration

Neg

ativ

P

hysi

olog

isch

e W

irkun

g

P

ositi

v

Konzentration

EssentiellesSchwermetall

NichtessentiellesSchwermetall

Organische Umweltchemikalien- Organika- Organische Metallverbindungen

FCKW Fluorchlorkohlenwasserstoffe PCDD Polychlorierte Dibenzo-1,4-dioxine PAH Polycyclische aromatische KohlenwasserstoffePAN Peroxyacetylnitrat (Smog-Verbindung)PCDF Polychlorierte Dibenzofurane PCB Polychlorierte BiphenyleVOC Flüchtige organische Verbindungen TBT Tributylzinn (engl. Tributyltin) EDTA EthylendiamintetraacetatPER Tetrachlorethen NTA Nitrilotriacetat (Tris[carboxymethyl]amin) Tenside Oberflächenaktive, waschaktive Substanzen

Bestimmung der Fettlöslichkeit (Lipophilie)

- Maß der Verteilung einer Substanz in einem Gemisch von 1-Octanol und Wasser:

KOW = CO / CW

CO – Substanzkonzentration in der 1-Octanolphase CW – Substanzkonzentration in der wässrigen Phase

…Fettlöslichkeit ein Kriterium zur Aufnahme in den Organismus

Aufnahme von Schadstoffen / Umweltchemikalien(Inkorporation)

- Atmung (Inhalation)

- Nahrung (Ingestion)

- Haut (Resorption / perkutan)

Aufbau einer Zelle (schematisch)

…Was schädigt ein Metall, auf welche Art und Weise?

Asservierung von Körpermaterialien zur Schadstoffbestimmung

kurz zurückliegende Belastung

Kontamination (Organika, Metalle) von Pflanzen

Atmosphäre+ gasförmig + gelöst in Wassertropfen + sorbiert an Aerosolen

Verteilung Boden - Luft

+ gasförmig + gelöst in Bodenwasser

Boden

Bestimmung des Transfers von Schwermetallen in Pflanzen

- Transferfaktor Boden/Pflanze:

… viele Daten zum Transferfaktor von unterschiedlichen Metallen bekannt!

Transferfaktor ist Summenparameter …Gültigkeit nur für die untersuchten Parameter

- Definition frische, getrocknete Probe, Maßeinheit…- Probenpräparation Wachstumsdauer, Klima, Zeitpunkt der Ernte,

Waschprozedur…- Bodentyp Zusammensetzung, pH-Wert, Korngröße…- Art der Pflanze Baum, Gras…- Teil der Pflanze Wurzel, Stengel, Blatt, Frucht- Speziation Komplexierung des SM im Boden/Porenwasser

Transferfaktor muss in konkrete chemisch-physikalische Parameter entfaltet werden

Ein Ziel:Spektroskopische Bestimmung der Schwermetallspeziation in Boden / Porenwasser und Pflanze

Uranspeziation in Pflanzen

Ausgangssituation:

- Aufnahme von Uran in verschiedenste Pflanzen gut untersucht:O. Frindik: Uran in Böden, Pflanzen und Lebensmitteln, Landwirtschaftliche Forschung 39, 75 (1986)

- Aufnahme ist von Speziation abhängig:S.D. Ebbs et al.: Role of uranium speciation in uptake and translocation of uranium by plantsJ. Exp. Botany 49 , 1183 (1998)

- Kein spektroskopischer Nachweis der Uranbindung in Pflanzen bis:A. Günther et al.: Uranium speciation in plants Radiochimica Acta 91, 319 (2003)

Spezifische Aktivität Pflanze (Bq/kg-1) (Frischmasse)TF = ---------------------------------------- ------------- ---------------------

Spezifische Aktivität Boden (Bq/kg-1) (Trockenmasse)

Pflanze TF(U)-------------------------------------------Lupine 6.0 x 10-2

Gerste 1.0 x 10-3

Weizen 8.8 x 10-4

Kartoffel 8.3 x 10-4

Karotten 4.3 x 10-4

Apfel 7.2 x 10-5

Birne 1.4 x 10-3

Beispiel aus aktueller Forschung:

Präparation (Lupine)

Boden Uran – Kontamination LösungUconc. : 100 mg - 1000 mg/kg Uconc. : 2.5 x 10-2 - 1.0 x 10-4 M UpH : 4 - 8 pH : 3 - 8Zeit : 3 Monate Zeit : 14 Tage

Lupinus angustifoliusWachstum (Bodenkultur, Hydrokultur)

Ernte

Reinigung (Waschprozess)

Trennung (Wurzel, Stengel, Blatt)

frische Probe

Trocknung (max. 30°C)

Pulverisierung

getrocknete Probe

Lokalisation von Uranverbindungen in Pflanzenzelle

U, P

Bindungsform von Uran und Transfer in Biosystemen Pflanzen:

- um Kenntnisse zur Schwermetallbelastung und radiologischen Belastung des Menschen zu verbessern, ist das Wissen zur Bindungsform/Speziation entlang der Nahrungskette in den biologischen Systemen notwendig,

- in wässrigen Systemen unter realen Umweltbedingungen (Luft) sind Uran - Carbonatkomplexe dominierend,

- In Pflanzen konnte die Bildung von Uran-Phosphat- und Carboxylat Bindungen spektroskopische nachgewiesen werden

Bakterielle Diversität: Bestimmung der Keimzahl in Medien

Bestimmung von Keimzahlen in relevanten Medien

ca. 103- 107 Zellen/ml

Mikroorganismen

- Bakterien (Eubakterien, Archeabakterien)

- Pilze / Hefen

- Algen

Mikroorganismen

Effektivität bei allen Lebenskriterien(Mikrokosmos)

- Stoffwechsel und Energieumwandlung

- Selbstreproduktion und Wachstum

- Signalrezeption und -reaktion

- Beweglichkeit

- Evolution

Bakterien – Extremisten des Lebens„Extremophile“ Bakterien:Hitze, Kälte, radioaktive Strahlung, extrem acidophil, alkalophil, hohe Ionenstärke

Pyrolobus fumari Deinococcus radiodurans, Picrophilus torridus Haloferx volcanii

in Kaminen > 100oC Strahlendosis >18.000 Gray in japanischen Mount-Yo Vulkan erzeugen im Inneren höhere Salz-Entdeckung bei Fleischbestrahlung niedrigste pH-Werte, 65oC konzentration als außerhalb

Quelle der Bilder www.

- Optimierung und Anpassung bakterieller Lebensprozesse an extreme Umweltbedingungen

Mikroorganismen Bedeutung

- bei Stoffkreisläufen

- Schlüsselstellung bei Mineralisierung

- Zersetzung von organischen Schadstoffen (Xenobiotika)

- Ernährung

- Landwirtschaft (Silofutter), Industrie (Vergärungsprozesse, Erzlaugung)

- Energie (Biogas)

- Gesundheitswesen (Produktion von Antikörper, Immunstimulatoren)

- Wasserreinigung, Sanierung von Böden

- Transport von Schwermetallen in der Umwelt

Mikroorganismen - Charakteristika

- Mikroorganismen sind in der Natur allgegenwärtig- können unter extremen Bedingungen (Temperatur, Druck,Ionenstärke, Strahlung) existieren

- wechselwirken mit Metallen und Organika- mikrobielle Prozesse können den Transport von Metallen beeinflussen (Sorption an Biofilme, kolloidaler Transport)

- Defizite des Verständnisses der Wechselwirkungen aufmolekularem Niveau

- Vorgehensweise:Bestimmung der Biodiversität (in Böden, Wässern) alsVoraussetzung; Nachweis der gebundenen Spezies

Bakterienzelle

(Gram-positiv)

BakterienMechanismus des Lebens

Kohlenstoffquelle:- Bakterien (autotrophe) Nutzung von CO2

(heterotrophe) Nutzung von Organika

Energiequelle:- Bakterien (phototrophe) natürliches Licht (Assimilation)

(chemotrophe) Redox-Reaktionen

Quelle von Donoren:

- Bakterien (lithotrophe) anorg. Wasserstoff als Elektronendonor(organotrophe) Organika als Wasserstoff bzw. Elektronendonor

Speicherung/Freisetzung von Energie:(Adenosinphosphatkreislauf) ATP ADP +anorg. Phosphate + Energie

Leptospirillumferrooxidans

Acidithiobacillusferrooxidans

Desulfovibrioäspoensis

Bakterien- Aussehen

Microbacteriumoxydans Iso M4

Arthrobacter sp.JG37-Iso2

Bacillus sphaericusJG-A12

Beispiel:

- Aufklärung der bakteriellen Diversität (Halden, Wässer)

- WW mit Uran (Uranaufnahme, Abgabe, Bedingungen)

- Nutzung zur Wasserreinigung

Wechselwirkung Metall - Bakterien

Biosorption Bioakkumulation BiomineralisationKomplexbildung zelluläre Metallaufnahme Bildung von Präzipitatenmit zellulären Liganden

Biotransformation Mikrobiell gesteigerte ChemisorptionReduktionsprozess Einbau von Metallen in gebildete Präzipitate

Bakterienzelle

Me2++ 2L- = MeL2

Me2+ (out)

Me2+ (in)

Me2+ + 2OH- = Me(OH)2Me2+ + S2- = MeSMe2+ + HPO4

2- = MeHPO4

Me2+

MeO22+ = MeO2

Me(VI) = Me(IV,III)

Uran - Wechselwirkung mit Bacillus sphaericus (Ergebnisse)

Lokalisation desUrans in Zellwand(TEM-Aufnahme)

Modell der UranbindungEXAFS-DatenXANES und TRLFS

U als U(VI) = UO22+

Bindung des Urans pH-abhängig an:- Carboxylgruppen

Petidoglycan (Polysaccharid-Peptide aus Zucker und Aminosäuren)- Phosphonat-Gruppen

Teichonsäuren