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MITTEILUNGEN DER VEREINIGUNG ÖSTERREICHISCHER BIBLIOTHEKARINNEN & BIBLIOTHEKARE 62 (2009) 2 ISSN 1022-2588 Redaktionsschluss für Heft 2 (2009): 31. Juli 2009

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MITTEILUNGEN DER VEREINIGUNG

ÖSTERREICHISCHER BIBLIOTHEKARINNEN & BIBLIOTHEKARE

62 (2009) 2

ISSN 1022-2588

Redaktionsschluss für Heft 2 (2009): 31. Juli 2009

IMPRESSUM

Medieninhaber, Hersteller und HerausgeberVereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare

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Dr. Josef PauserBibliothek des

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PreiseJahresabonnement der Mitteilungen ab 2007: 50,– EUR

Einzelheft: 15,– EURAnzeigenpreise: 1/1 Seite: 360,– EUR (Teile entsprechend)

Beilage pro 1.000 Stück bzw. Gesamtauflage: pro Heft: 360,– EUR

Alle in den „Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare“ veröffentlichten Texte stellen die

Meinung der Verfasser, nicht unbedingt die der Redaktion dar.

Cover-Photo „Smoke 1432“ © by Clive Tooth, 2006

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 3

———————————— I N H A L T ————————————

Editorial

Josef Pauser: 30. Österreichischer Bibliothekartag in Graz ..................... 6

Beiträge

Susanne Blumesberger: Wissen intelligent und sicher archivieren, verbreiten und nutzbar machen. Phaidra – Das innovative digitale Langzeitarchivierungssystem der Universität Wien ............. 7

Philipp Mayr: Google Scholar als akademische Suchmaschine .............. 18Erich Rabl: Die Waldviertel-Bibliothek in den Museen der Stadt Horn ... 29Josef Pauser: Bibliothekare betrügen ...? Bibliothekarische Miss-

stän de des 18. Jahrhunderts in Hönns Betrugslexikon ......................... 37

Aus der Tätigkeit der VÖB 30. Österreichischer Bibliothekartag (Graz, 15.–18.09.2009) ............. 40Aufruf zur Kandidatur für den Vorstand für die Funktionsperiode

2009–2010 ................................................................................. 43Wahl des Präsidiums für die Funktionsperiode 2009–2010:

Einbringung von Wahlvorschlägen ............................................... 43Einladung zur 59. Generalversammlung der VÖB in der

Funktionsperiode 2008–2009 ...................................................... 43

Berichte

Robert Schiller: Bericht der für den österreichischen Bibliotheken-verbund eingerichteten Arbeitsgruppe Strategische Planung an die Vollversammlung am 7. Mai 2008 ...................................... 45

Robert Schiller: Bericht der für den österreichischen Bibliotheken-verbund eingerichteten Arbeitsgruppe Strategische Planung an die Vollversammlung am 7. Mai 2009 ...................................... 48

Bruno Bauer: Nationale und internationale Kooperationen der österreichischen Universitätsbibliotheken 2008 ............................. 51

Ronald Kaiser und Corinna Sepke: Zugang zum Wissen: Bibliotheken im Netzwerk. 3. IFLA-Presidential-Meeting in Berlin ........................... 66

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 24

Personalia

Karl F. Stock: Harro Heim zum 90. Geburtstag! .................................. 68Professorentitel für HR Dr. Lieselotte Jontes ...................................... 72

Rezensionen

Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hrsg.): „Heut’ muß der Tisch sich völlig bieg’n“. Wiener Küche und ihre Kochbücher, Wien 2007 (Peter Payer) ................................................................................ 73

Karlheinz Blaschke: Lauter alte Akten. Den von Formularen geplagten Zeitgenossen zum Trost, zur Belehrung und Erheiterung! (Leipzig–Jena 1956), Nachdruck Berlin 2008 (Jakob Wührer) ........................ 75

Eckart Henning: Hennings HiWi-Test. 175 Fragen & Antworten rund um die Historischen Hilfswissenschaften. Mit 10 Thesen über dieGemeinsamkeiten der Historischen Hilfswissenschaften, Berlin2009 (Jakob Wührer) .................................................................... 76

Harald Tersch: Schreibkalender und Schreibkultur. Zur Rezeptions-geschichte eines frühen Massenmediums, Graz-Feldkirch 2008 (Klaus Graf) ................................................................................. 78

Eberhard Nehlsen (Bearb.): Berliner Liedflugschriften. Katalog der bis 1650 erschienenen Drucke der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Registerband. Baden-Baden 2009 (Michael Staudinger) ...................................................................... 79

Günther Grünsteudel: Musik für die Synagoge. Die Sammlung Marcel Lorand der Universitätsbibliothek Augsburg. Historische Einführung und Katalog, Augsburg 2008 (Michael Staudinger) .......... 80

J. Paul Lomio, Henrik Spang-Hanssen: Legal research methods in the U.S. & Europe, 2. ed., Copenhagen 2009 (Thomas Luzer) ................ 81

Pipp, Eveline (Hrsg.): Informations konzepte für die Zukunft. ODOK '07. 12. Österreichisches On line-Infor ma tions treffen, 13. Öster rei chi scher Do ku mentartag, Karl-Fran zens-Uni ver si tät Graz, 17.–21.9.2007, Graz 2008 (Susanne Kirchmair) ...................... 82

Walter Hehl: Trends in der Informationstechnologie. Von der Nanotechnologie zu virtuellen Welten, Zürich 2008 (Mark Buzinkay) ........................................................................... 85

Matthias Rückert, Gregor Vin centz: Der Markt der Avatare – reale Unternehmen in Second Life, Nordstedt 2008 (Mark Buzinkay) ....... 86

Lars Janssen: Mobile virtuelle Welten. Technik und Ökonomie von Mobile Gaming Services, Igel 2008 (Mark Buzinkay) ....................... 87

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 5

Ulrich Hohoff, Per Knudsen (Hrsg.): Wissen bewegen – Bibliotheken in der Informationsgesellschaft. 97. Deutscher Bibliothekartag in Mannheim 2008, Frankfurt am Main 2009 (Stefan Alker) ......... 88

Brandy E. King, Kathy Reinold: Finding the Concept, Not Just the Word. A librarian’s guide to ontologies and semantics, Oxford/UK 2008 (Otto Oberhauser) .................................................. 92

Mitteilungen

Karl F. Stock präsentierte seine Bibliographien online in Wien ........... 97Master Thesen Universitätslehrgang Library and Information

Studies MSc – Universität Wien in Kooperation mit der ÖNB 2008 ................................................................................. 99

Master Thesen Universitätslehrgang Library and Information Studies MSc – Universitäts- und Landesbibliothek Innsbruck 2009 ........................................................................................ 108

Vorstandswahlen im Verein „Bibliotheken der Regio Bodensee“ ........ 111Stadtbücherei Frankfurt am Main: Ausleihe leicht gemacht.

Zwei Kassenautomaten von Crown SYSTEMS verbessern den Kundenservice und optimieren die Arbeitsabläufe ....................... 113

„Ohne VLB wäre das Leben in Vorarlberg ärmer“. Umfrage bestätigt hohes Niveau der Vorarlberger Landesbibliothek ............................. 117

Bibliotheken haben ihre Schicksale. Die Parlamentsbibliothek ist heute 140 Jahre alt .................................................................... 118

Veranstaltungshinweise

98. Deutscher Bibliothekartag (Erfurt, 02.–05.06.2009) ...................... 120The Library Show 2009 (Birmingham, UK, 10.–11.06.2009) ............... 120Die Lernende Bibliothek – Fachtagung (CHUR/CH, 06.–08.09.2009) .. 12075. IFLA-Konferenz: Libraries create futures – building on cultural

heritage (Mailand / Italien, 23.–27.08.2009) .............................. 120 30. Österreichischer Bibliothekartag: The Ne(x)t Generation

(Graz, 14.–18.09.2009) ............................................................. 120ASpB-Tagung (Karlsruhe, 22.–25.09.2009) ..................................... 120

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 26

——————————— E D I T O R I A L ———————————

30. ÖSTERRREICHISCHER BIBLIOTHEKARTAG IN GRAz

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der Grazer Stadthalle wird vom 15. bis 18. September 2009 der 30. Österreichischen Bibliothekartag stattfinden. Das Thema lautet gewohnt plakativ „The Ne(x)t Generation“ und soll sämtliche Aspekte aus dem wei-ten Bereich Internet und Bibliotheken ansprechen. Wenn Sie am Biblio-thekartag teilnehmen wollen, bitten wir Sie um baldige Anmeldung. Siehe dazu vor allem die näheren Angaben auf den Seiten 40 bis 42 sowie immer ganz aktuell die Informationen auf der Tagungswebsite des Bibliothekar-tages: http://www.bibliothekartag.at/.

Da auf dem Bibliothekartag statutengemäß einige VÖB-Vereinsinterna abzuhandlen sind, bitte ich Sie, auch die Informationen zur Vorstands- und Präsidiumswahl sowie die Einladung zur Generalversammlung auf den Seiten 43 bis 44 zu beachten.

Die Net Generation ist bereits auf dem VÖBBLOG aktiv bzw. nutzt dieses passiv. Die Präsentation des VÖBBLOGS anlässlich der 100. Wiener VÖB-Runde wurde zumindest sehr positiv aufgenommen. Ein Blick darauf lohnt sich sicher auch für Sie: http://www.univie.ac.at/voeb/blog. Und: Ihre werte Mitarbeit ist dabei – wie auch bei der Zeitschrift – immer will-kommen.

Mit freundlichen Grüßen Josef Pauser

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 7

———————————— B E I T R Ä G E ————————————

WISSEN INTELLIGENT UND SICHER ARCHIVIEREN, VERBREI-TEN UND NUTzBAR MACHENPhaidra – Das innovative digitale Langzeitarchivierungssystem der Universität Wien

Von Susanne Blumesberger

An der Universitätsbibliothek Wien wurde 2007 ein Projekt gestartet, das die Implementierung eines Digital Asset Management Systems (DAMS) zum Ziel hatte. Die Vielzahl an Inhalten in den Bereichen Forschung und Lehre, die heute fast vollständig in digitaler Form verfügbar ist, sollte ent-sprechend langfristig archiviert und verwaltet werden. Nur so können die Aufgaben einer modernen Universität, u.a. die Bereitstellung einer benut-zerfreundlichen technischen Infrastruktur zur Unterstützung von Lehre und Forschung wahrgenommen werden.1

Am Tag genau ein Jahr nach Projektbeginn, am 16. April 2008, wurde Phaidra online gestellt.2 (https://phaidra.univie.ac.at)

Phaidra eröffnet für Lehre, Forschung, Verwaltung/Organisationsein-heiten und die einzelnen AkteurInnen die Möglichkeit, ihre Publikations-leistungen zu speichern, dokumentieren und auf lange Zeit zu archivieren.3

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 28

Mit diesem vielseitigen System, das zusammen mit der Universitäts-bibliothek Wien, mit dem Zentrum für Lehrentwicklung, der Fakultät für Physik, dem Zentrum für Translationswissenschaft, der Fakultät für Le-benswissenschaften und der Fakultät für Informatik entwickelt wurde und vom Zentralen Informatikdienst der Universität Wien technisch betreut wird, ist es möglich, digitale Objekte dauerhaft zu speichern und – wenn gewünscht – weltweit zugänglich zu machen. Die gespeicherten Objekte erhalten einen zitierfähigen permanenten Link, ähnlich einer Buchsignatur. Damit ist Phaidra sehr vielfältig einsetzbar.

Wie kann Phaidra genutzt werden?

1. Permanente Langzeitarchivierung: Wertvolle Daten können – mit ei-ner permanenten Signatur versehen – langfristig und sicher archiviert werden.

2. Rascher und gezielter Zugriff: Digitale Objekte können unabhängig von ihrer Größe weltweit rasch, gezielt und mit den jeweilig pas-senden Lizenzen zur Verfügung gestellt werden.

3. Detaillierte Beschreibung der Objekte: Digitale Objekte können aus-führlich beschrieben und damit gut suchbar gemacht werden.

4. Objektverknüpfungen: Die digitalen Objekte können in Phaidra mit-einander in Beziehung gesetzt werden.

5. Open Access: Die meisten der in Phaidra gespeicherten Objekte sind weltweit ohne Registrierung abruf- und downloadbar. Forschungs-leistungen, Archivalien und Publikationen werden sichtbar.

Welche Objekte können in Phaidra gespeichert werden?

Es können Bilder, Audio- und Videofiles, Dokumente und Links geladen werden. Eine spezielle Funktion ist der Container, der zum Beispiel neue Präsentationsmöglichkeiten der Objekte – mit mitgespeicherten Compu-terprogrammen erlaubt. Ein „Best Practice Guide“ wurde entwickelt, um „gute“, langzeitarchivierungskompatible Dateiformate zu zeigen. Dabei orientierte sich das Team an aktuelle Überlegungen von nationalen Archi-ven oder anderen Bibliotheken, ließ jedoch gängige und gebräuchliche Formate nicht außer acht. Die empfohlenen und „sicheren“ Formate sind auf der Serviceseite unter „Hilfe in Phaidra“4 aufgelistet.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 9

Permanente LangzeitarchivierungEine zentrale Anwendungsmöglichkeit von Phaidra ist das permanente Spei-chern von wichtigen Daten, die sonst aus mehreren Gründen gefährdet wä-ren, etwa durch Systemabsturz auf lokalen Datenbanken oder durch Unles-barkeit bei Systemwechsel. Ein Beispiel dafür ist etwa eine auf Band aufge-nommene Vorlesung eines berühmten Vortragenden. Wird diese Bandauf-nahme nicht weiter bearbeitet, besteht die Gefahr, dass sie irgendwann nicht

Der Book-Viewer in Phaidra (http://phaidra.univie.ac.at/o:6348)

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 210

mehr abspielbar ist, weil sie durch äußere Einflüsse zerstört ist, bzw. weil kein geeignetes Abspielgerät mehr existiert. Außerdem kann es vorkommen, dass nach einiger Zeit die Information über die Begleitumstände, wie und warum die Aufnahme entstanden ist, verloren geht. Wird diese Bandauf-nahme jedoch digitalisiert und in Phaidra hochgeladen, ist eine dauerhafte Sicherung garantiert, ein permanenter Link erlaubt einen immer gleich blei-benden Zugriff, die Aufnahme wird automatisch in regelmäßigen Abständen in das jeweils neueste Format übertragen und es besteht zugleich auch die Möglichkeit das Objekt, d.h. die Aufnahme, detailliert zu beschreiben und sie entweder weltweit oder ganz gezielt, mit den entsprechenden Rechten versehen und evtl. zusammen mit anderen Objekten abrufbar zu machen.

Wertvolle Kulturgüter können somit gerettet werden und zusätzlich weltweit zugänglich gemacht werden. Die Universitätsbibliothek Wien stellt derzeit laufend digitalisierte alte, wertvolle und zum Teil schonungsbedürf-tige Werke in Phaidra, die mit einem speziell entwickelten Book-Viewer be-quem durchblättert, downgeloadet und zum Teil sogar nach bestimmten Wörtern durchsucht werden können.

Externe Ansicht: http://phaidra.univie.ac.at/o:151

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Rascher und gezielter ZugriffIm Forschungs- und Lehrbereich der Universität Wien ist neben der Lang-zeitarchivierung vor allem auch die Möglichkeit, Links auf digitale Objekte, bzw. Sammlungen von Objekten zu verschicken, wichtig. Lehrveranstal-tungsmaterialen (Videos, Powerpointpräsentationen, Audiodateien, Texte und individuell zusammengestellte Collections und Container) können – durch ein ausgeklügeltes Zugriffskonzept gezielt nutzbar gemacht werden, zum Beispiel den TeilnehmerInnen einer Lehrveranstaltung, ausgewählte Personen, Fakultäten der Universität Wien oder auch weltweit. Das System kann aber auch genutzt werden um bereits veröffentlichte Forschungser-gebnisse – mit auswählbaren Lizenzen versehen – zu verbreiten bzw. darauf hinzuweisen. Auch JournalistInnen können so rasch mit Informationen ver-sorgt werden.

Beschreibung der ObjekteUm ein digitales Objekt wieder auffindbar zu machen, benötigt man ge-naue Beschreibungen. In Phaidra wurden diese so genannten Metadaten – orientiert am LOM-Schema (Learning – Object – Metadata) sorgfältig ausgewählt, einerseits um Anzahl der Pflichtfelder5 möglichst gering zu halten und andererseits um eine möglichst detaillierte Beschreibung des Objekts zu ermöglichen. Da sich die digitalen Objekte, die an der Uni-versität Wien entstehen, sehr stark voneinander unterscheiden wurde auf die unterschiedlichsten Kontexte Rücksicht genommen. Das Ergebnis ist ein sehr flexibler Metadatenapparat. Es sind nur wenige Metadatenfelder verpflichtend, unter anderem der Titel des Objekts, die Sprache, der Name der Benutzerin oder des Benutzers, Fragen nach Copyright, Lizenzen und Klassifikationen. Wichtig dabei ist auch die Mehrsprachigkeit der Meta-daten, die auf Unicode (UTF-8) basiert.

Die Verknüpfung von digitalen ObjektenIn Phaidra gespeicherte Objekte können, wie Bücher in einer Bibliothek zu Sammlungen, so genannten Collections, zusammengefügt werden. Da-bei kann es sich um Texte, Bilder, Videos oder Audiofiles handeln. Diese Collections erhalten wieder einen eigenen permanenten Link und eigene Metadaten und können wie Einzelobjekte – mit Rechten und Lizenzen ver-sehen – weitergegeben werden.

Eine andere Möglichkeit der Objektverknüpfung stellen die so genann-ten Container dar. Dieser Objekttyp macht es möglich, dass z.B. Compu-terprogramme und Bilder zusammen hochgeladen werden und so neue Formen der Objektpräsentation entstehen können.

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Open Access PolitikPhaidra wurde vor allem auch deshalb entwickelt um die Forschungser-gebnisse der Universität Wien nach außen sicht- und nutzbar zu machen. Forscherinnen und Forscher präsentieren somit sich und ihre Arbeit im in-ternationalen Raum. Dennoch erlaubt eine umfassende Rechteverwaltung in Phaidra auch den Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material.

Wer kann Phaidra nutzen?

Weltweit freigegebene Dokumente können ohne Registrierung angesehen und im Rahmen der jeweiligen Lizenzen genutzt werden.

Alle MitarbeiterInnen der Universität Wien, die einen mailbox-Account und alle Studierenden, die einen u:net-Account besitzen, können sich in das System einloggen und Objekte hochladen. Nicht-Angehörige der Universi-tät Wien können einen Light-Account (www.univie.ac.at/ZID/light-userid) beantragen.6 Das bedeutet, dass Angehörige der Universität Wien für eine bestimmte Zeit Guest-Accounts für Phaidra vergeben können. Auf diese Art und Weise können beispielsweise ForscherInnen aus anderen Lehr- und Forschungseinrichtungen, Mitwirkende an Projekten oder Partner an aus-ländischen Universitäten die Dienste von Phaidra in Anspruch nehmen.

Die Besonderheiten in Phaidra

BenutzerInnenfreundlichkeitEin wesentlicher Pluspunkt für Phaidra ist auf jeden Fall die einfache Handhabung des Systems. Phaidra ist mit zahlreichen Hilfstexten ausge-stattet, die erscheinen, wenn man mit dem Cursor vier Sekunden auf dem betreffenden Begriff verbleibt. Auf diese Weise erhält man Erklärungen zu bestimmten Begriffen, wird über notwendige Schritte aufgeklärt und hält zum Beispiel Empfehlungen für die beste Formatwahl.

Eine umfangreiche Serviceseite (www.univie.ac.at/phaidra) informiert über Schulungsmöglichkeiten, über Neuerungen in Phaidra, bietet Tuto-rials und zahlreiche weitere Informationen über Phaidra. Für das Laden großer Datenmengen steht eine Bulk-Upload-Möglichkeit zur Verfügung.

Werden zahlreiche Objekte mit sehr ähnlichen Metadaten in Phaidra geladen ist es möglich, sich Vorlagen der Metadaten zu erstellen, auf die immer wieder zurückgegriffen werden kann. Auch im Bereich des Verbrei-tens von Objekten hat Phaidra eine praktische und zeitsparende Lösung.

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So ist es möglich, mehrere Gruppen von Namen anzulegen, denen die ein-zelnen Daten zugänglich sein sollen. Bei Lehrveranstaltungen oder in Pro-jektgruppen müssen so die Namen der TeilnehmerInnen nicht mehr einzeln aufgerufen werden.

Die Suche Die Suchmöglichkeiten sind in Phaidra sehr vielfältig gestaltet. Unter „Blät-tern“ besteht die Möglichkeit nach Organisationseinheiten, nach den ver-schiedenen Objekttypen, also nach Bildern, Videos, Audiofiles, Texten, Links, Containern, Collections und e-books zu suchen. Blättern bietet aber auch die Möglichkeit nach Sprachen zu suchen und nach Klassifikationssche-mata. Letztere Suchvariante ist besonders nützlich, wenn man Dokumente zu einem bestimmten Thema sucht, denn die Suche lässt sich sehr verfei-nern, es ist so zum Beispiel möglich unter ÖFOS Geisteswissenschaften Sprach- und Literaturwissenschaften Germanistik zu suchen.

Unter der Klassifikation „Getty Thesaurus of Geographic Names“ findet man Dokumente unter World Europe Österreich Wien. Die Such-möglichkeiten sind miteinander auch kombinierbar, man kann also zum Beispiel nach allen deutschsprachigen Dokumenten suchen oder nach al-len Bildern, die von der Fakultät Physik gespeichert wurden. Doch „Blät-tern“ ist nicht die einzige Möglichkeit, in Phaidra fündig zu werden. Eine Suche in allen Feldern ist ebenso möglich wie eine gezielte Suche nach der permanenten Signatur oder nach dem Titel. Auch die Beschreibung des Objekts kann separat durchsucht werden, nach dem Autor und nach den Buchtiteln der e-books. In der so genannten erweiterten Suche stehen zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Suchergebnisse werden gespeichert und sind somit immer wieder aufrufbar. Eingeloggte BenutzerInnen haben auch die Möglichkeit unter „Meine Objekte“ sämt-liche eigene Dateien wieder zu finden.

InteroperabilitätPhaidra verfolgt die Idee des „single point of entry“. Die Objekte werden einmal mit Metadaten versehen und sind danach vielfach nutzbar. In na-her Zukunft wird es Schnittstellen zu anderen System an der Universität Wien geben.

Sicherheit in rechtlichen Fragen

Der Aufbau des Systems wurde durch einen Juristen begleitet, der für recht-liche Fragen auch weiterhin zur Verfügung steht. Die unterschiedlichen Li-

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zenzmodelle sind auf der Serviceseite abrufbar7, ebenso wie Haftungssze-narien in einem Online-Repositorium8 Über die Rechtsbeziehungen gibt eine Grafik Auskunft: http://phaidra.univie.ac.at/o:1065

e-books bequem durchblättern

Die innerhalb des Services „E-Books on Demand“ (EOD) digitalisierten urheberrechtsfreien Büchern der Universitätsbibliothek Wien werden seit Kurzem der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Für die Forschung und Lehre bedeutet dies die Möglichkeit orts- und zeitunabhängig bis da-hin nicht vorhandene Funktionen, wie z.B. die Volltextsuche, zu nutzen, und Zugriff auf nicht mehr entlehnbare Werke zu erhalten. Im Online-Ka-talog wird in der Titelvollanzeige der Link zum Digitalisat angegeben.

Welche Funktionen bietet der Phaidra Book-Viewer?— Ansicht: Einzel- oder Doppelseiten, stufenlos vergrößerbar, Vollbild-

ansicht— Blättern: an den Anfang, ein Blatt zurück, ein Blatt vor, an das Ende,

Eingabe oder Auswahl einer Seitenzahl, Suche im Inhaltsverzeichnis, Kapitelauswahl

— Der Link zum Online-Katalog bietet ausführliche Angaben zum Buch bzw. kann man im Bedarfsfall auch das Original zur Einsicht bestellen.

— Das gesamte Buch oder einzelne Seiten stehen als PDF zum Down-load zur Verfügung, einzelne Seiten zusätzlich als JPG.

— Sofern zu einem Werk der Volltext vorhanden ist, kann das E-Book mittels einer Suchfunktion durchsucht werden. Die Suchergebnisse werden in einer Liste dargestellt,

— einzelne Suchtreffer werden in der angezeigten Seite gleichzeitig farb-lich hinterlegt.

Was ist in Phaidra zu beachten?1. Beim ersten Einloggen in Phaidra sind Nutzungsbedingungen zu ak-

zeptieren 2. Die Universität Wien geht davon aus, dass MitarbeiterInnen und

StudentInnen nur Objekte speichern, zu denen sie berechtigt sind und dass keine rechtswidrigen Objekte geladen werden. Bei vorsätz-lichem Publizieren von rechtswidrigen Objekten werden rechtliche Schritte eingeleitet.

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Plinius Secundus, Gaius : Historia naturalis : libri XXXVII . - restituit Venetis Venedig : Spira Ioannes Johannes de Spira , [before 18 Sept.] 1469 http://phaidra.univie.ac.at/o:19958Dabei handelt es sich um das älteste im Bestand der Universitätsbibliothek Wien befindliches Buch.

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3. Objekte die in Phaidra gespeichert wurden, kann man – im Sinne der Langzeitarchivierung – nicht mehr löschen, es ist jedoch möglich, eine neue Version des Objekts zu erstellen und die alte Version zu „sperren“. Die Beschreibung der Objekte (Metadaten) bleibt jeder-zeit veränderbar.

4. Innerhalb des Universitätsnetzes steht eine Testseite von Phaidra zur Verfügung, in der Phaidra unverbindlich getestet werden kann: https://phaidratest.univie.ac.at Die Inhalte werden hier nicht dauer-haft gespeichert.

Die technischen Hintergründe

Phaidra basiert auf der Open Source-Software Fedora. Die digitalen Ob-jekte können über ein Web-Frontend (mod_perl Anwendungen + Catalyst) abgerufen, erstellt oder modifiziert werden.9

Durch die Implementierung von Phaidra hat die Universität Wien als er-ste Universität in Österreich eine Lösung im Bereich Langzeitarchivierung entwickelt, die nicht nur ihren eigenen Anforderungen entspricht, sondern auch richtungsweisend in unterschiedlichen Bereichen ist: Beispielswei-se können durch Phaidra Veröffentlichungen gefördert werden, da die-se rascher an die Öffentlichkeit gelangen. Zukünftige Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Wissenschaftsbetrieb sind denkbar, die von der for-schungsgeleiteten Lehre bis hin zu kollaborativen Lösungen im Bereich von Forschungsarbeiten reichen. Die Interoperabilität mit bestehenden Daten-pools aus Bibliotheken, Institutionen und auch aus der privaten Wirtschaft lassen überdies die zukünftigen Handlungsszenarien erahnen.

Weitere Informationen zu Phaidra, zu den Suchfunktionen, eine Anlei-tung wie man selbst Objekte speichern kann und zu weiteren Funktionen sowie Kontaktmöglichkeiten und Schulungstermine sind unter der Service-seite http://phaidraservice.univie.ac.at zu finden. Eine rasche Einstiegshil-fe ist unter http://phaidra.univie.ac.at/o:17080 gespeichert. Ein Glossar ist unter http://phaidra.univie.ac.at/o:12256 einsehbar.Phaidra finden Sie unter https://phaidra.univie.ac.at

Wenn Sie Kontakt mit Phaidra aufnehmen möchten, wenden Sie sich bitte direkt an [email protected] oder Sie verwenden das Kontaktformular10 auf der Serviceseite. Für eventuelle technische Probleme wurde folgende Adresse eingerichtet: [email protected]

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 17

Dr. Susanne BlumesbergerBibliotheks- und Archivwesen

Customer Management Projekt PhaidraUniversität Wien

E-Mail: [email protected]

1 Siehe auch: Marksteiner, Peter: Digitale Reichtümer. Was ist ein Digital Asset Management System und warum braucht die Universität Wien eines? http://comment.univie.ac.at/07-1/34/

2 Mehr zum Werdegang Phaidras findet sich in: Budroni, Paolo; Su-sanne Blumesberger: Phaidra – digitale Bestände effizient aufbewah-ren. http://www.dieuniversitaet-online.at/beitraege/news/phaidra/10.html, Rampetzreiter, Heide: Die Uni-Bibliothek wird digital. In: Die Presse. 26.2.2008, http://phaidra.univie.ac.at/o:80 und Marksteiner, Peter: Phaidra. Eine Plattform für hochwertige digitale Inhalte.

http://comment.univie.ac.at/08-1/19/3 Zum Einsatz von Phaidra in der Forschung siehe auch: Blumesberger,

Susanne: Phaidra und die (Kinder- und Jugendliteratur-)Forschung http://phaidra.univie.ac.at/o:19495

4 http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=276615 Eine Liste der Pflichtfelder ist unter: http://phaidraservice.univie.ac.at/

index.php?id=28003#c76721 abrufbar.6 Marksteiner, Peter: Von Ultra-Light bis Extra-Large Benutzungsberech-

tigungen nach Maß http://comment.univie.ac.at/07-2/2/7 http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=27239 8 http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=33703 9 Näheres zur Technik: Höckner, Markus: Phaidra. Eine technische Über-

sicht. http://phaidra.univie.ac.at/o:21964 und http://phaidra.univie.ac.at/o:21965 sowie auf der Serviceseite unter http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=26671

10 http://phaidraservice.univie.ac.at/index.php?id=28187

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 218

ALS VERBUNDZENTRALE◊ Operativer Betrieb des Verbundsystems◊ Bereitstellung von Fremddaten, Normdaten und Z39.50-Zugriffen◊ Datenmanagement: Datenkonversion, -korrekturen und -lieferungen◊ Anwenderbetreuung und Systemsupport für die Lokalsysteme◊ Durchführung von Schulungen und Erstellung von Dokumentationen◊ Mitarbeit in nationalen und internationalen Gremien und Arbeitsgruppen

ALS APPLICATION SERVICE PROVIDER◊ Betreuung von lokalen Bibliothekssystemen – für derzeit mehr als 40 Institutionen◊ Betrieb des Bibliotheksportals MetaLib™ und des Linkresolvers SFX™

ALS SOFTWARE-ENTWICKLER UND SYSTEMINTEGRATOR◊ Integration digitaler Sammlungen◊ Dissertationsdatenbank◊ Entwicklung von Werkzeugen und Schnittstellen für das

Bibliotheksmanagementsystem Aleph500

DIE ÖSTERREICHISCHE BIBLIOTHEKENVERBUNDUND SERVICE GMBH

BIETET EINE VIELZAHL VON IT-LÖSUNGENUND DIENSTLEISTUNGEN FÜR DAS MODERNEBIBLIOTHEKS- UND INFORMATIONSMANAGEMENT

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inserat-1c-a5 02082006 2013 Seite 2

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ALS VERBUNDZENTRALE◊ Operativer Betrieb des Verbundsystems◊ Bereitstellung von Fremddaten, Normdaten und Z39.50-Zugriffen◊ Datenmanagement: Datenkonversion, -korrekturen und -lieferungen◊ Anwenderbetreuung und Systemsupport für die Lokalsysteme◊ Durchführung von Schulungen und Erstellung von Dokumentationen◊ Mitarbeit in nationalen und internationalen Gremien und Arbeitsgruppen

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GOOGLE SCHOLAR ALS AKADEMISCHE SUCHMASCHINE

Von Philipp Mayr

Einleitung

Neben den klassischen Informationsanbietern Bibliothek, Fachinformation und den Verlagen sind Internetsuchmaschinen inzwischen fester Bestand-teil bei der Recherche nach wissenschaftlicher Information. Scirus (Elsevier, 2004) und Google Scholar sind zwei Beispiele für Suchdienste kommer-zieller Suchmaschinen-Unternehmen, die eine Einschränkung auf den wis-senschaftlichen Dokumentenraum anstreben und nennenswerte Dokum-entzahlen in allen Disziplinen generieren. Der Vergleich der Treffermengen für beliebige Suchthemen zeigt, dass die Wahl des Suchsystems, des Do-kumentenpools und der Dokumenttypen entscheidenden Einfluss auf die Relevanz und damit letztlich auch die Akzeptanz des Suchergebnisses hat.

Tabelle 1 verdeutlicht die Mengenunterschiede am Beispiel der Treffer-ergebnisse für die Suchbegriffe „search engines“ bzw. „Suchmaschinen“ in der allgemeinen Internetsuchmaschine Google, der wissenschaftlichen Suchmaschine Google Scholar (GS) und der größten fachübergreifenden bibliographischen Literaturdatenbank Web of Science (WoS). Der Anteil der Dokumente, die in diesem Fall eindeutig der Wissenschaft zuzuordnen sind (siehe GS und insbesondere WoS in Tabelle 1), liegt gegenüber der allgemeinen Websuche lediglich im Promille-Bereich. Dieses Beispiel ver-anschaulicht, dass es ausgesprochen problematisch sein kann, fachwissen-schaftliche Fragestellungen ausschließlich mit Internetsuchmaschinen zu recherchieren. Der Anteil der fachwissenschaftlich relevanten Dokumente in diesem Trefferpool ist i. d. R. sehr gering. Damit sinkt die Wahrschein-lichkeit, wissenschaftlich relevantes (z. B. einen Zeitschriftenaufsatz) auf den ersten Trefferseiten zu finden, deutlich ab.

Tabelle 1: Vergleich der Trefferzahlen von Google, Google Scholar (GS) und Web of Science (WoS) (abgefragt am 25.10.2007)

Such- begriffe Google GS WoS

GS/Google in Promille

WoS/Google in Promille

WoS/GS in Pro-mille

search engines 83.600.000 554.000 1.900 6,6 0,02 3,4

Suchma-schinen 16.200.000 7.410 0 0,5 0,0 0,0

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Die drei oben genannten Suchsysteme (Google, GS und WoS) unter-scheiden sich in mehrerlei Hinsicht fundamental und eignen sich daher gut, um in die Grundthematik dieses Artikels einzuleiten.

Die obigen Suchsysteme erschließen zunächst unterschiedliche Suchräu-me, und dies auf sehr spezifische Weise. Während Google frei zugängliche und über Hyperlink adressierbare Dokumente im Internet erfasst, gehen die beiden akademischen Suchsysteme deutlich selektiver bei der Inhaltserschlie-ßung vor. Google Scholar erfasst neben frei zugänglichen elektronischen Pu-blikationstypen im Internet hauptsächlich wissenschaftliche Dokumente, die direkt von den akademischen Verlagen bezogen werden. Das WoS, das auf den unterschiedlichen bibliographischen Datenbanken und Zitationsindizes des ehemaligen „Institute for Scientific Information“ (ISI) basiert, selektiert gegenüber den rein automatischen brute-force-Ansätzen der Internetsuch-maschine über einen qualitativen Ansatz. In den Datenbanken des WoS wer-den ausschließlich internationale Fachzeitschriften erfasst, die ein kontrol-liertes Peer-Review durchlaufen. Insgesamt werden ca. 12.000 Zeitschriften ausgewertet und über die Datenbank verfügbar gemacht.

Wie bereits erwähnt, spielt neben der Abgrenzung der Suchräume und Dokumenttypen die Zugänglichkeit und Relevanz der Dokumente eine entscheidende Bedeutung für den Benutzer. Die neueren technologischen Entwicklungen des Web Information Retrieval (IR), wie sie Google oder GS implementieren, werten insbesondere frei zugängliche Dokumente mit ih-rer gesamten Text- und Linkinformation automatisch aus. Diese Verfahren sind vor allem deshalb erfolgreich, weil sie Ergebnislisten nach Relevanz gerankt darstellen, einfach und schnell zu recherchieren sind und direkt auf die Volltexte verweisen. Die qualitativen Verfahren der traditionellen Informationsanbieter (z. B. WoS) hingegen zeigen genau bei diesen Punk-ten (Ranking, Einfachheit und Volltextzugriff) Schwächen, überzeugen aber vor allem durch ihre Stringenz, in diesem Fall die selektive Aufnahme von qualitätsgeprüften Dokumenten in das System und die inhaltliche Er-schließung der Dokumente (siehe dazu Mayr und Petras, 2008).

Google Scholar

Der Start des Suchdienstes Google Scholar (GS) hat insbesondere wegen der Nähe zu den aktuell viel diskutierten Themen Open Access und Invisible Web (siehe Lewandowski und Mayr, 2006) für Aufsehen im Bereich der Fachin-formation gesorgt. Google war 2004 der erste der drei großen kommerzi-ellen Suchmaschinenanbieter, der sich mit seinem Dienst GS auf das Markt-

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segment „kommerzielle Fachinformation“ fokussiert. Google tritt damit in einen Markt ein, der seit den 1970er Jahren in der Hand von kommerziell orientierten Datenbankproduzenten ist, die für die Recherche in qualitativ erschlossenen Nachweisen von Forschungsliteratur Gebühren erheben.

Die Besonderheit von Google Scholar liegt neben der zugrunde lie-genden Technologie sicherlich in seiner Bemühung, nur wissenschaftliche und qualitätsgeprüfte Dokumente zu durchsuchen. Die Beschränkung auf nachweislich wissenschaftliche Dokumente konnte bislang von keiner In-ternetsuchmaschine konsequent umgesetzt werden. Dieses Ziel versucht Google über Kooperationen mit einer größeren Zahl von Fachverlagen (z. B. Blackwell, Nature Publishing Group, Springer-Verlag usw.) und Fach-gesellschaften (z. B. Association for Computing Machinery, Institute of Electrical and Electronics Engineers, Institute of Physics usw.) aus dem Vorgängerprojekt CrossRef Search zu erreichen.

“Google Scholar provides a simple way to broadly search for scholarly literature. From one place, you can search across many disciplines and sources: peer-reviewed papers, theses, books, abstracts and articles, from academic publishers, professional societies, preprint repositories, universi-ties and other scholarly organizations. Google Scholar helps you identify the most relevant research across the world of scholarly research.” [1]

Google Scholar ist ein kostenfreier Service, der die gewohnte Google-Suche bereitstellt und über einen zentralen Index die Inhalte auf den un-terschiedlichen Verlagsservern erschließt. Der Dienst ermöglicht es, auf Inhalte, die auf Verlagsservern gespeichert sind, direkt zuzugreifen. Im Ide-alfall kann ein Nutzer, der Zugriffsrechte auf einem Verlagssystem hat (z. B. durch institutionelle Subskriptionen), direkt auf den Volltextartikel zugrei-fen, den er über GS lokalisiert hat. Damit wird die Suche in den Fachdaten-banken der Datenbankanbieter, die die Fachliteratur ebenfalls erschließen, im Prinzip obsolet. Zusätzlich bietet der GS-Dienst die Möglichkeit, auf Volltexte im „freien“ Internet (insbesondere den Open Access- und Self-archiving-Bereich) zuzugreifen. Dies ist insbesondere für Personenkreise interessant, die über keine institutionellen Subskriptionen bzw. Mittel ver-fügen, um die Volltexte bei den Verlagen zu erwerben (siehe Abbildung 1).

Für Nutzer sind neben dem direkten Volltextzugang aber unter Umstän-den die von Google implementierten Mehrwertdienste und darauf aufbau-end das Dokumentenranking interessant. Google Scholars Relevanzranking basiert laut eigenen Angaben auf unterschiedlichen Kriterien. Insbesondere die automatische Zitationsextraktion und -analyse, auch Autonomous Ci-tation Indexing (ACI) genannt (Lawrence et al., 1999), kann für den Nutzer Hilfestellung bei der Informationssuche und -beschaffung bringen. Hochzi-

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tierte Arbeiten – Google nennt diese Arbeiten „key papers“ – werden nach diesem Verfahren oben in die Ergebnisliste gerankt und sind für Recherchie-rende damit gut sichtbar. Die Zitationen eines Treffers können angezeigt werden und damit kann ein Browsing durch die zitierenden Arbeiten an-geboten werden. Das automatische Verfahren ACI setzt allerdings voraus, dass die Literaturangaben der analysierten Dokumente zur Verfügung ste-hen, was bei den Volltexten per se gegeben ist. Google Scholar kann damit über die Referenzen analysierter Dokumente hinaus auch Literaturquellen nachweisen, die nicht auf den indexierten Webservern liegen.

„Just as with Google Web Search, Google Scholar orders your search results by how relevant they are to your query, so the most useful refer-ences should appear at the top of the page. This relevance ranking takes into account the full text of each article as well as the article’s author, the publication in which the article appeared and how often it has been cited in scholarly literature. Google Scholar also automatically analyzes and extracts citations and presents them as separate results, even if the documents they refer to are not online. This means your search results may include citations of older works and seminal articles that appear only in books or other offline publications.“ [1]

FULL TEXTINDEX

REFERENCES

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[Lawrence, Giles & Bollacker , 1999]

CITATION INDEX

Publishers

WWWE-Journals

Repositories

INPUT

Extra

ctio

nC

ompu

te

ResultsUser

Querying

Link

ing to

dat

a pr

ovide

rs

Abbildung 1: Google Scholar-Ansatz. Im rechten Bereich der Abbildung wird ein typisches Beispiel für unterschiedliche bibliographische Ansetzungen eines Aufsatzes präsentiert. Aus Mayr und Walter, 2007

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Weiterhin ist an Google Scholar interessant, dass diese Suchmaschine fachübergreifend konzipiert ist. Im Gegensatz zu Fachdatenbanken oder auch den Spezialsuchmaschinen wie z. B. dem CiteSeer-System, das frei verfügbare wissenschaftliche Informatikliteratur indexiert, oder RePEc für Arbeitspapiere in Economics, wäre mit dem Google Scholar-Ansatz eine umfassende Wissenschaftssuchmaschine für alle Disziplinen denkbar. Ab-bildung 1 visualisiert den GS-Ansatz.

Da Google über die Reichweite, Aktualität und Abdeckung seines GS-Dienstes keine Informationen bereithält, sollte mit einer empirischen Stu-die untersucht werden, wie tief Google Scholar sich in das wissenschaft-liche Web vorgearbeitet hat. Siehe dazu den folgenden Abschnitt.

GS-Studie

Im Zeitraum August 2006 wurde der Umfang des Services anhand der Ab-deckung unterschiedlicher Zeitschriftenlisten gemessen. Weiterhin wurde untersucht, welche Typen von Nachweisen und welche Webserver sich in den analysierten Trefferdaten befinden (vgl. Mayr und Walter, 2007)

Die Studie sollte Aussagen zu folgenden Fragen ermöglichen: Wie vollständig deckt Google Scholar die unterschiedlichen wissenschaftlichen Zeitschriften ab?

Die Studie testet über die Abfrage von unterschiedlichen Zeitschriften-listen, ob Google die Zeitschriften indexiert hat und Artikel aus diesen Zeitschriften nachweisen kann. Die Zeitschriftenlisten kommen aus sehr unterschiedlichen Bereichen: internationale Peer-reviewed Zeitschriften des Web of Science ([2]; überwiegend Science, Technology & Medicine), Open Access-Zeitschriften (Directory of Open Access Journals, DOAJ; [3] und Zeitschriften der deutschsprachigen Sozialwissenschaften (für SOLIS - Sozialwissenschaftliches Literaturinformationssystem – ausgewertete Zeit-schriften; [4]. Welche Dokument- bzw. Treffertypen sind in Google Scholar enthalten?

Die analysierten Trefferdaten geben Hinweise auf die Zusammenset-zung der GS-Treffertypen: Link, Zitationsnachweis und Volltextlink (siehe Tabelle 3).Von welchen Anbietern kommen die meisten Dokumente?

Die Studie soll deutlich machen, wer die größten Datenlieferanten für den Suchdienst sind und welche wissenschaftlichen Informationsquellen aktuell im Index möglicherweise unterrepräsentiert sind. Die Verteilung der Webserver bzw. Anbieter ist interessant, weil sich daraus schließen lässt,

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ob Google Scholar eher kostenpflichtige Dokumente oder frei zugängliche erschließt.

Die aus den Trefferlisten extrahierten Daten wurden über einfache Aus-zählungen aggregiert. Die Treffer, die eindeutig einer Zeitschrift zugeordnet werden konnten, wurden drei unterschiedlichen Treffertypen zugewiesen und ausgezählt (siehe Tabelle 3). Für jeden Treffer, der einer Zeitschrift zu-geordnet werden konnte, wurden anschließend alle Domains (Webserver) extrahiert und die Häufigkeit der einzelnen Webserver pro Zeitschriftenliste bestimmt.

Nachfolgend finden sich einzelne Ergebnisse der Untersuchung.Tabelle 2 zeigt die Anzahl der analysierten und identifizierten Zeit-

schriftentitel der unterschiedlichen Zeitschriftenlisten. Von den 317 Zeit-schriften der deutschsprachigen sozialwissenschaftlichen Zeitschriften (GESIS, siehe Fettdruck in Tabelle 2) konnten beispielsweise 222 Titel (ca. 70 % der gesamten Liste) eindeutig identifiziert werden (siehe “Titel gefun-den”). Die verbleibenden 30 % der Liste konnten nicht identifiziert werden oder haben keine Treffer in Google Scholar generiert. Die Zeitschriften von Thomson Scientific (Arts & Humanities Citation Index = AHCI, Science Citation Index = SCI, Social Science Citation Index = SSCI), die haupt-sächlich englischsprachige Zeitschriften abdecken, zeigen die besten Ab-deckungsquoten mit über 80 % identifizierten Titeln. Die Liste der Open-Access-Journals (DOAJ) liegt in etwa im Bereich der GESIS-Liste.

Tabelle 2: Anteil der identifizierten Zeitschriftentitel in den Google Scholar-Daten (Stand: August 2006). Es wurden jeweils 100 Dokumente pro Zeitschrift analysiert. Aus Mayr und Walter 2007

Liste Titel Titel gefunden (in %)AHCI 1.149 925 (80,50)DOAJ 2.346 1.593 (67,90)GESIS 317 222 (70,03)

SCI 3.780 3.244 (85,82)SSCI 1.917 1.689 (88,11)

Im Anschluss wurden die rund 621.000 Google Scholar-Treffer bzgl. Treffertypen untersucht (siehe Tabelle 3 mit den Anteilen je Zeitschriftenli-ste). Die Google Scholar-Treffer lassen sich in drei unterschiedliche Typen kategorisieren (Link, Citation und Volltext). Die Verteilung der Treffertypen hängt deutlich mit dem zuvor dargestellten Ergebnis zusammen. Der hohe Anteil der identifizierten Zeitschriften geht insbesondere auf einen hohen

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Anteil beim Treffertyp „Citation“ zurück. Die Treffertypen „Link“ und „Volltext“ führen direkt in die elektronischen Systeme der Anbieter oder eben zu den Volltexten der Artikel. „Citations“ können von Google nicht aufgelöst und referenziert werden und werden daher wie in den analysier-ten Dokumenten angegeben.

Tabelle 3: Anteil der Treffertypen in den Google Scholar-Daten (Stand: August 2006). Aus Mayr und Walter 2007

Liste Link in % Citation in % Volltext in %AHCI 41,78 50,73 7,49DOAJ 48,29 29,61 22,11GESIS 10,42 83,11 6,48

SCI 61,35 16,72 21,94SSCI 49,38 32,84 17,78

Der Anteil der deutschsprachigen wissenschaftlichen Zeitschriften (vgl. aktuelle Untersuchung Mayr und Umstätter, 2008) in Google Scholar, ge-testet anhand der sozialwissenschaftlich ausgerichteten Zeitschriftenliste der GESIS (83,11 % Citations, siehe Fettdruck in Tabelle 3), ist aller Wahr-scheinlichkeit nach eher gering und unvollständig. Die Studie zeigt zwar, dass ein Großteil der Zeitschriften der analysierten Zeitschriftenlisten in den Google Scholar-Daten identifiziert werden kann, eine weitergehende Analyse der Treffertypen relativiert diese Ergebnisse aufgrund des hohen Anteils an extrahierten Referenzen (Treffertyp „Citation“) wieder.

Die Analyse der Webserver zeigt, dass vorrangig die Fachangebote der internationalen kommerziellen Wissenschaftsverlage wie z. B. Springer, In-genta, Wiley usw. (allerdings nicht vollständig) indexiert wurden. Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass umfangreiche elektronisch frei zugängliche Bestände, insbesondere aus dem Open Access- (siehe DOAJ-Liste) und Self-archiving-Bereich im Untersuchungszeitraum zu wenig berücksichtigt wurden. Eine Nachfolgeuntersuchung der OA-Zeitschriften der DOAJ-Liste zeigt (siehe Abbildung 2), dass die elektronischen Zeitschriften ohne Zu-gangsbeschränkung inzwischen von GS deutlich besser erfasst und inde-xiert werden als zum Zeitpunkt der GS-Studie im Jahr 2006.

Unsere Tests bestätigen, dass Google Scholar in vielen Dokumentkol-lektionen keine tagesaktuellen Daten präsentieren kann und die Trefferda-ten aufgrund der Implementation der automatischen Zitationsextraktion z. T. unvollständig, fehlerhaft und häufig redundant aufgelistet werden (vgl. Jacsó, 2005; Jacsó, 2008).

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Im Jahr 2008 wurde die Zeitschriftenliste des DOAJ erneut untersucht und in GS abgefragt. Aus der Liste mit 3.569 internationalen OA-Journalen (Stand vom 15.08.2008), wurden durch einen Zufallsgenerator [5] insge-samt 200 Journale ausgewählt und in Google-Scholar überprüft. Die Stu-die kommt zu dem Ergebnis, dass zum Zeitpunkt der Analyse ein Großteil der Zeitschriften (93 % in Abbildung 2), die in DOAJ erfasst sind, von GS auch nachgewiesen werden können. Lediglich 6% der Zeitschriften kann GS nicht lokalisieren. 1 % der Zeitschriften waren zum Zeitpunkt der Unter-suchung im Web nicht erreichbar.

GS hat sich damit gegenüber der Untersuchung im Jahr 2006 deutlich verbessert.

Eine weitergehende Analyse der Zufallsstichprobe zeigt, dass GS in über 80 Prozent der getesteten Treffer direkt auf den Volltext der Artikel verwei-sen kann.

Fazit

Wie der bekannte Suchdienst Google Web Search bietet auch Google Scho-lar die gewohnt schnelle Suche und eine einfach zu bedienende Benutze-roberfläche. Pluspunkte sind, dass die Recherche kostenfrei ist und dass im Volltext fachübergreifender Bestände gesucht werden kann, was viele vergleichbare Systeme nicht ermöglichen. Der Ansatz von Google Scholar bietet für Literatursuchende einige Mehrwerte, wie z. B. die automatische Zitationsanalyse und das darauf aufbauende Ranking und Browsing so-wie in vielen Fällen den direkten Volltextzugriff. Die Evaluation von Zita-tionszahlen oder webometrischen Untersuchungen auf Basis der Google Scholar-Daten (vgl. (Bar-Ilan, 2006, Belew, 2005, Jacsó, 2004, Kousha und Thelwall, 2007)) wäre aufgrund der kostenfreien Nutzung des Services u. U. fruchtbar, allerdings aufgrund der Vagheit in den Daten mit großer Vorsicht zu betrachten.

“Citation counts aggregated by Google Scholar may work in some fields that are covered and indexed quite well, but in other fields which are perhaps more represented by the freely accessible web, these counts can be very inflated. This can mislead researchers in citation analyses based solely on Google Scholar.” (Mayr und Walter, 2007)

Im Vergleich zu Fachdatenbanken mit ihren hohen Anforderungen an die Dokumentenqualität (z. B. nur peer-reviewed papers in WoS), Aktuali-tät sowie der Fokussierung auf Precision und Recall bietet Google Scholar momentan nicht die Transparenz und Vollständigkeit, die viele Nutzer von

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einem wissenschaftlichen Informationsangebot erwarten. Als Ergänzung der Recherche in Fachdatenbanken – v. a. durch die Abdeckung einer Rei-he von Open Access-Zeitschriften – kann Google Scholar aber durchaus nützlich sein.

Dr. Philipp MayrGESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften

Lennéstr. 3053113 Bonn

[email protected]

Anmerkungen1 http://scholar.google.de/intl/en/scholar/about.html2 http://www.scientific.thomson.com/mjl/3 http://www.doaj.org/4 http://www.gesis.org/dienstleistungen/fachinformationen/daten-

banken-informationssysteme/literaturdatenbank-solis/5 http://www.random.org/integers/

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No. 6, pp. 454–460Jacsó, Peter (2005): Google Scholar: the pros and the cons. In: Online

Information Review 29, No. 2, pp. 208–214Jacsó, Péter (2008): Google Scholar revisited. In: Online Information Re-

view 32, No. 1, pp. 102–114Kousha, Kayvan; Thelwall, Mike (2007): Google Scholar citations and

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Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 228

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Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 29

DIE WALDVIERTEL-BIBLIOTHEK IN DEN MUSEEN DER STADT HORN

Von Erich Rabl

Die meisten werden die Museen der Stadt Horn, das Höbarth- und Ma-dermuseum, von den Ausstellungen her kennen; die Bibliothek, die auch in den Museen beheimatet ist, stand bisher weniger im Blickfeld der Öf-fentlichkeit.

Mit der Übersiedlung in neue Räumlichkeiten wurde im Rahmen einer Eröffnungsveranstaltung am 17. Mai 2009 auf die Waldviertel-Bibliothek, die aus der Bibliothek des Museumsvereins und der Bibliothek des WHB/Waldviertler Heimatbundes besteht, hingewiesen.

Museumsbibliothek

Der Postbedienstete und leidenschaftliche Sammler Josef Höbarth – er lebte von 1891 bis 1952 – hinterließ dem Museumsverein nicht nur eine bedeutende urgeschichtliche und volkskundliche Sammlung, sondern auch eine gewisse Anzahl von Büchern. Diese wurde im Laufe der Jahre ergänzt durch Bücherschenkungen einzelner Bürger aus Horn und Umgebung so-wie durch Zuwendungen von Wissenschaftlern, die sich mit Objekten und Funden des Museums beschäftigten.

Der Prähistoriker Dr. Friedrich Berg – er war von 1954 bis 1965 haupt-amtlicher Museumsleiter – bemühte sich, die für ein Heimatmuseum mit dem Schwerpunkt Urgeschichte notwendige Fachliteratur laufend anzu-schaffen. Er hat damals auch alle seit 1930 erschienenen Bände der „Fund-berichte“ nachgekauft, heute haben wir alle Bände in unserer Bibliothek. Kein Verfasser einer Ortskunde oder eines Heimatbuches kann an diesen Bänden vorbeigehen. Im Jahre 1956 zählte die Museumsbibliothek des Museumsvereins 800 Bände.

Unter Museumsdirektor Dr. Ingo Prihoda – er leitete ab 1970 rund zwanzig Jahre die Museen – wurde die Schwerpunktsetzung seines Vorgän-gers beibehalten, Dr. Prihoda konnte für die von ihm 1980 herausgegebene Festschrift zahlreiche Publikationen und Ausstellungskataloge eintauschen. Museumsdirektor Dr. Prihoda beauftragte 1979 den Studenten Friedrich Polleroß mit der Katalogisierung der Bücher der Museumsbibliothek. Das Ergebnis war ein maschinschriftlicher Katalog von 83 Seiten. Die Bücher wurden nach Sachgebieten in sieben Abteilungen gegliedert: Hornensia,

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Waldviertel, Geschichte, Naturhistorisches, Kunstgeschichte und Volkskun-de, Urgeschichte und Frühgeschichte sowie diverse Sachgebiete. Innerhalb der Abteilungen wurden die Werke beliebig aneinandergereiht. Die Abtei-lung Urgeschichte und Frühgeschichte bildete rund ein Drittel des Gesamt-bestandes, also eindeutig den Schwerpunkt der Museumsbibliothek.

In den Jahren 1985/1986 gab es das Projekt des Landesschulrates für Niederösterreich, im Höbarthmuseum eine kleine Außenstelle der Lan-desschulrats-Bibliothek mit dem Schwerpunkt „Allgemeine Nachschla-gewerke“ als Regionalbibliothek für die Lehrerschaft einzurichten. Doch dieses Projekt wurde nicht realisiert.

Bibliothek des WHB

Der WHB/Waldviertler Heimatbund ist ein Verein, der 1951 in Krems an der Donau gegründet wurde, heute seinen Sitz in Horn hat und der sich die Erforschung des Waldviertels zum Ziel gesetzt hat. Der Verein gibt seit 1952 vierteljährlich die Zeitschrift „Das Waldviertel“ heraus, seit 1971 er-scheinen auch Bücher in einer Schriftenreihe, bis jetzt sind es 50 Bände.

Die erste Bibliothek des WHB, „Heimatkundliche Bibliothek und Do-kumentationsstelle“ befand sich Anfang der Sechzigerjahre in den Räumen der Lehrerbildungsanstalt in Krems und wurde von Dr. Philipp Krejs be-treut. Die Leser der Zeitschrift wurden damals gebeten, heimatkundliche Literatur der Bibliothek zu schenken. Heute wissen wir nur mehr wenig über diese erste Bibliothek des WHB, wir haben nur mehr wenige Bücher, die den früheren Bibliotheksstempel tragen. Ein Teil jener Tauschexemplare an Zeitschriften, die der WHB bekam, wurde seit 1974 im Missonhaus in Mühlbach am Manhartsberg aufbewahrt. Restbestände wurden 1986 nach Horn gebracht.

Hingegen gelangte 1990/1991 die umfangreiche Privatbibliothek von Prof. Dr. Walter Pongratz in den Besitz des WHB und damit ins Höbarth-museum. Pongratz, an der Universitätsbibliothek tätig, war einer der füh-renden Bibliothekshistoriker Österreichs gewesen, der in den Jahren 1960 bis 1987 als Schriftleiter die regionalkundliche Zeitschrift „Das Waldviertel“ geleitet hatte; darüber hinaus hatte er von 1971 bis 1986 26 Bände in einer Schriftenreihe des Waldviertler Heimatbundes herausgegeben. Jahrzehnte-lang hatte Pongratz lokal- und landeskundliche Publikationen gesammelt, seine Privatbibliothek entwickelte sich zu einer umfangreichen Waldvier-tel-Spezialbibliothek, wobei ihm auch zahlreiche Besprechungsexemplare durch die Rezensionen in der Zeitschrift „Das Waldviertel“ zufielen.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 31

Schließlich war es der Wunsch von Dr. Pongratz, seine umfangreiche Waldviertel-Spezialbibliothek in einer Stadt des Waldviertels der Öffent-lichkeit zugänglich zu machen. Dr. Pongratz dachte zuerst an Zwettl als Aufstellungsort seiner Bibliothek. Die ersten Pläne sahen eine Aufstellung im Stift Zwettl vor, später wollte er seine Bibliothek im alten Rathaus der Stadt Zwettl unterbringen. Doch verschiedene Umstände veranlassten Pon-gratz, seine Entscheidung nochmals umzustoßen. Schließlich entschied er sich knapp vor seinem Tod für die Stadt Horn.

In seiner letztwilligen Verfügung vom 18. März 1990 traf Dr. Walter Pongratz hinsichtlich seiner Bibliothek folgende Entscheidung. „Meine ge-samte wissenschaftliche Bibliothek, Bücher, Handschriften, Sonderdrucke, Zeitungsausschnitte usw. soweit sie Niederösterreich und das Waldviertel betreffen. Sie erbt der Waldviertler Heimatbund mit dem Sitz im Höbarth-museum [...] mit der Bestimmung, die Bibliothek für Forschungszwecke öffentlich zugänglich zu machen.“

Waldviertel-Bibliothek

In einem Gespräch zwischen den Vertretern der Stadtgemeinde Horn, des Museumsvereins in Horn und des Waldviertler Heimatbundes am 30. Ok-tober 1990 wurde vereinbart, drei Bibliotheken im Höbarthmuseum unter dem Titel „Waldviertel-Bibliothek“ zusammenzuführen. Zu der schon be-stehenden Museumsbibliothek kamen zwischen Oktober 1990 und No-vember 1991 in neun Transporten aus der Wiener Wohnung des am 28. Juni 1990 verstorbenen Walter Pongratz die Bücher der „Pongratz-Biblio-thek“ nach Horn. Schon 1986 waren jene Bibliotheksbestände des Wald-viertler Heimatbundes, die Walther Sohm im Missonhaus in Mühlbach am Manhartsberg betreut hatte, ins Höbarthmuseum übersiedelt worden.

Ca. 60 Periodika – vom Burgenland bis Südtirol, aber auch einzelne Zeitschriften aus der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik – erwirbt die Waldviertel-Bibliothek im Tauschwege gegen die vom Waldviertler Heimatbund herausgegebene Zeitschrift „Das Waldvier-tel“, die jährlich in vier Heften mit einem Umfang von ca. 400–500 Seiten erscheint. So liegen in der Waldviertel-Bibliothek die „Burgenländischen Heimatblätter“, die „Wiener Geschichtsblätter“, aus Niederösterreich „Unsere Heimat“ auf, der Bogen spannt sich bis Vorarlberg, aus welchem Bundesland wir die Zeitschrift „Montfort“ beziehen.

Heute haben sowohl der Museumsverein in Horn als auch der Wald-viertler Heimatbund ein jährliches Ankaufsbudget, um die laufend erschei-

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nenden Waldviertel-Publikationen sowie Nachschlagewerke und Publika-tionen zu den traditionellen Sachgebieten der Museen zu erwerben. 2008 haben beide Vereine zusammen ca. 2400 Euro für Buchankäufe ausgege-ben. Wir tauschen aber immer wieder auch mit verschiedenen Instituti-onen, wie z.B. mit der Geologischen Bundesanstalt in Wien oder zuletzt mit dem Museumsverein in Korneuburg. Die Bezirksbauernkammer Horn hat anlässlich ihrer Übersiedlung von Horn nach Mold der Bibliothek eine größere Anzahl von agrarwirtschaftlichen Schriften überlassen. Auch von privater Seite haben wir dankenswerterweise in den letzten Jahren bedeu-tende Bücherspenden erhalten.

Die Bibliothek des Museumsvereins und die spätere Waldviertel-Biblio-thek sind im Gebäude des Bürgerspitals mehrmals übersiedelt. Von 1973 bis 1994 war die Bibliothek im Kanzleiraum des Höbarthmuseums unter-gebracht. Anfang der Neunzigerjahre hatte die Stadtgemeinde auch zusätz-liche neue Bücherkästen angeschafft. Durch den Bau der Kulturparkhalle und die Schaffung des neuen Kassenraumes übersiedelte die Bibliothek nach einer provisorischen Zwischenlagerung in den alten Kassenraum. Mit der Übersiedlung der Stadtbücherei, die im Museumsgebäude war, ins Rathaus, wurden größere Räume frei und im Jahr 2000 übersiedelte die Bibliothek in die früheren Räume der Stadtbücherei.

Im Jahr 2000 schlossen der WHB und der Museumsverein mit der Stadt-gemeinde Horn eine Vereinbarung, die besagt, dass den beiden Vereinen für die Waldviertel-Bibliothek Räume im Museumsbereich für 50 Jahre zur Verfügung gestellt werden – gegen eine symbolische Miete von 7,27 Euro. Wenn in 50 Jahren keine Kündigung erfolgt, verlängert sich der Nutzungs-vertrag automatisch um weiter zehn Jahre.

Als im Zuge der Vorbereitung der NÖ Landesausstellung auch Gelder für den Umbau der Museen bewilligt wurden, wurde im Gebäudekomplex die Hausmeisterwohnung geräumt; anfangs dachte man an neue Ausstel-lungsräume, bis dann Museumsleiter Toni Kurz gemeinsam mit dem Ar-chitekten vorschlug, in diese Räume die Bibliothek zu verlegen. Architekt Gerhard Lindner aus Baden, der in Horn schon die Kulturparkhalle gep-lant hatte und 2008 den Umbau des Kunsthauses leitete, hatte 2007/2008 den Auftrag für den Museumsumbau erhalten. Er richtete in den früheren Wohnräumen einen 14 langen Bibliotheksgang ein, in einem weiteren Raum wurden die früheren zwei Bibliothekskästen der Fa. Moser aus Ge-ras wieder aufgestellt und durch ein ungewöhnliches Bibliotheksregal in Form eines doppelten L – ein Gegenstück befindet sich im Globenmuseum der Nationalbibliothek in Wien – und einen Raumteiler wurden weitere Stellflächen für Bücher gewonnen. Dazu kam noch ein Sitzungsraum bzw.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 33

ein Raum, der Wissenschaftlern zum Arbeiten dienen kann. Der Hauptteil der Übersiedlung der Bücher – sicher über 6000 Bände – erfolgte zwischen Ende Mai und Anfang Juli 2008 durch Vorstandsmitglieder des Museums-vereins und des WHB.

Den Schwerpunkt der „Pongratz-Bibliothek“ bildeten ortskundliche Publikationen zu einzelnen Orten des Waldviertels, aber auch Schriften zu Kleinlandschaften und Bezirken sowie die Literatur zum Waldviertel im Gesamten wurden von Pongratz unermüdlich gesammelt. Bei der Ortslite-ratur wurden auch viele Sonderdrucke eingereiht. Unter den Kleinschriften befinden sich Publikationen, die entweder in „großen Bibliotheken“ feh-len oder auch der Fachwelt unbekannt sind. Als Beispiel sei auf die im Eigenverlag erschienene Publikation von A. Czizek, Beitrag zur Kenntnis der Molluskenfauna des Bezirkes Zwettl (Grainbrunn 1893) hingewiesen. Eine weitere größere Abteilung ist die Niederösterreich-Abteilung, die Bundes-länder-Abteilung hingegen hat einen deutlich geringeren Bestand. Außer den schon von der Museumsbibliothek her gewachsenen Abteilungen wur-den die Ausstellungskataloge, die literarischen Werke (hauptsächlich von Waldviertel-Autoren) und die tschechischsprachigen Werke eigens aufge-stellt, sodass sich der heutige Gesamtbestand in 15 Abteilungen gliedert.

Waldviertel-Bibliothek:14 m langer Bibliotheksraum

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 234

Die Waldviertel-Bibliothek dient einerseits der Museumsleitung und den Mitarbeitern des Höbarth- und Madermuseums vorwiegend für die Vorbe-reitung von Sonderausstellungen und die Herausgabe von Ausstellungska-talogen sowie andererseits den Heimat- und Regionalforschern des Horner Raumes und des Waldviertels für ihre Forschungen. Die dritte Zielgruppe sind Schüler und Studenten, so hat in dem Schuljahr 2008/2009 ein Schü-ler des Gymnasiums, der eine Fachbereichsarbeit über den Kulturtouris-mus im Waldviertel am Beispiel von Schrems, Maissau und Langenlois ver-fasste, eine Menge Bücher in unserer Waldviertel-Bibliothek gefunden. Ein Student, der sich für die Prüfung vorbereitete, um als Ausstellungsführer bei der NÖ Landesausstellung arbeiten zu können, hat sich Literatur dazu ausgeborgt.

Die Aufstellung der Waldviertel-Bibliothek ist noch nicht zur Gänze ab-geschlossen bzw. haben wir derzeit noch keinen modernen Bibliothekska-talog, die elektronische Erfassung der Bücher und Zeitschriften, aber auch der derzeit noch kleinen Kartensammlung wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein. Wir denken dabei, dass wir ein Bibliotheksprogramm verwen-den werden, welches auch an einer der anderen Bibliotheken Horns ver-wendet wird.

Weitere Bibliotheken in Horn

Die Bibliothek der Ferdinand Graf Kurz-Stiftung im alten Piaristengym-nasium (heute Kunsthaus Horn), auch Piaristenbibliothek genannt, hat einen wertvollen historischen Buchbestand von ca. 5500 Bänden mit den Schwerpunkten Theologie und Geschichte. Sie besitzt auch einige Inku-nabeln; der bis ins 19. Jahrhundert reichende Altbestand wird aber nicht mehr vermehrt. Einzelne Werke aus der Bibliothek der Kurz-Stiftung waren in den letzten Jahrzehnten bei den großen Sonderausstellungen im Hö-barthmuseum zu sehen.

Das Stadtarchiv Horn, seit 1997 in einem Nebengebäude des Rat-hauses untergebracht, verfügt auch über eine wissenschaftliche Bibliothek mit den Schwerpunkten Stadtgeschichte, Archivwesen, Kommunalverwal-tung sowie landes- und regionalkundliche Werke. Eine größere Anzahl von religiösen Büchern (Gebetsbücher, Predigtbücher, Bibelausgaben) kamen größtenteils in den Fünfzigerjahren im Sinne Bücheraustausches aus dem Höbarthmuseum ins Stadtarchiv. Weiters hat die Bibliothek des Stadtar-chivs auch eine umfangreiche Sammlung von älteren Gesetzestexten und Gesetzeskommentaren.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 35

Ende der Achtzigerjahre wurde der Ausbau der Schulbibliotheken mit zusätzlichen Geldmitteln österreichweit zum Schwerpunkt der Schulpolitik. Am Horner Gymnasium wurden nach der Zusammenführung der Lehrer-bibliothek, der Schülerbibliothek und der Textbibliothek neue Bibliotheks-räume geschaffen und die neue Schulbibliothek am 9. November 1991 offiziell eröffnet. Schwerpunkte sind: Jugendbücher, Nachschlagewerke, Geschichte, deutschsprachige Texte, fremdsprachige Literatur, Bildende Kunst und Musik sowie Zeitschriften. Auch an der Horner Handelsschule und Handelsakademie wurde am 19. Jänner 1996 eine Schulbibliothek er-öffnet. Sie war zum Zeitpunkt der Eröffnung die einzige Schulbibliothek an einer österreichischen Handelsschule bzw. Handelsakademie.

Die Stadtbücherei Horn wurde am 18. März 1948 im Gebäude der Volks- und Hauptschule eröffnet, die Vorläufereinrichtungen gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Ein Verein, der diese Aufgaben wahrnahm, nann-te sich „Verein für Verbreitung von Volksbildung“. Mehrmals musste die Stadtbücherei übersiedeln, erst 1968 fand sie im Komplex des Bürgerspi-tals für dreißig Jahre eine Unterkunft. Im November 1998 übersiedelte die Stadtbücherei in das Rathaus, wo für die Bücherei ein Teil des Erdge-schoßes zur Verfügung steht.

Die Stadtgemeinde Horn hat heute ca. 6400 Einwohner, die Anzahl der Bücher in den fünf genannten Bibliotheken wird deutlich über 50 000 liegen. Möglicherweise kommt den Horner Bibliotheken im Rahmen der Positionierung Horns als Buchstadt (ab 2010) in Zusammenhang mit dem Druckereimuseum Ferdinand Berger, einem Europäischen Forschungszen-trum für Buch- und Papierrestaurierung und einer Ausstellung bibliophiler Bücher im Kunsthaus eine steigende Bedeutung zu.

Dr. Erich Rabl, HornEmail: [email protected]

Ralph Andraschek-Holzer, Zur Geschichte der Horner Museumsbibliothek. In: Ralph Andraschek-Holzer/Erich Rabl (Hg.), Höbarthmuseum und Stadt Horn. Beiträge zu Museum und Stadtgeschichte (Horn 1991) S. 235–242.

Ralph Andraschek-Holzer, Historischer Führer durch die Stadt Horn (Horn 1992).

Ralph Andraschek-Holzer, Bibliothek der Ferdinand Graf Kurz-Stiftung. In: Helmut W. Lang (Hg.), Handbuch der historischen Buchbestände in Österreich (Hildesheim-Zürich-New York 1996) S. 123–125.

Ralph Andraschek-Holzer, Waldviertel-Bibliothek im Höbarthmuseum. Ebenda S. 125–126.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 236

Markus Holzweber/Bettina Weisskopf, Regionale Heimatforschung am Beispiel des Waldviertler Heimatbundes. In: Oliver Kühschelm/Ernst Langthaler/Stefan Eminger (Hg.), Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 3: Kultur (Wien-Köln-Weimar 2008) S. 343–362.

Toni Kurz, Die Horner Museen. In: Forum Museum. Museumsjournal (02/2008) S. 8.

Hannelore Lazarus, Eröffnung der Schulbibliothek. In: Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium Horn, 114. Jahresbericht zugleich 58. Jah-resbericht Bundesaufbaugymnasium und Bundesaufbaurealgymnasi-um Horn, Schuljahr 1991/92 (Horn 1992) S. 7–9.

Gerhard Lindner, Bildschirm in die Stadt. Die Erweiterung der Horner Museen ist abgeschlossen. In: Forum Museum. NÖ Museumsjournal (02/2008) S. 9.

Ignaz Nößlböck, Archiv und alte Bibliothek der Stadt Horn in Niederöster-reich. In: Mitteilungen des k.k. Archivrates 2 (1916) S. 150–160.

Ingo Prihoda, Josef Höbarth, das Museum und der Museumsverein in Horn. In: Ingo Prihoda (Hg.), Höbarthmuseum und Museumsverein in Horn 1930-1980 (Horn 1980) S. 7–18.

Erich Rabl, Eine Waldviertel-Bibliothek im Höbarthmuseum Horn. In: Ralph Andraschek-Holzer/Erich Rabl (Hg.), Höbarthmuseum und Stadt Horn. Beiträge zu Museum und Stadtgeschichte (Horn 1991) S. 243–253.

Erich Rabl, Die Waldviertel-Bibliothek im Höbarthmuseum der Stadt Horn. In. 25. österreichischer bibliothekartag st. pölten. menschen in bibliotheken. wer und was in st. pölten (Innsbruck 1998) S. 78–82.

Erich Rabl, Portrait einer Institution. Der Waldviertler Heimatbund. In: Er-wachsenenbildung in Österreich 45 (1994) Heft 6, S. 28–29.

Erich Rabl, Vom Steinbeil bis zum Dampflokomobil. Die Museen der Stadt Horn. In: Horner Kalender 138 (2009) S. 57–66.

Erich Rabl, Die Vision von der Buchstadt Horn – Druckereimuseum Berger. Ebenda S. 67–71.

Anton Raßmannn, Eröffnung der Schulbibliothek. In: Jahresbericht 1995/96, Bundeshandelsakademie, Bundeshandelsschule Horn (Horn 1996) S. 25–27.

Elfriede Rauscher, 50 Jahre Stadtbücherei. In: Erich Rabl (Red.), Die Stadt-gemeinde Horn und ihr Rathaus. Vom mittelalterlichen Thurnhof zum modernen Verwaltungszentrum. Festschrift anläßlich des Umbaues 1997/98 (Horn 1998) S. 87–90.

Peter L. Reischütz, Prodromus eines Verzeichnisses biologischer Literatur des Waldviertels (Horn 1998).

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 37

BIBLIOTHEKARE BETRüGEN ... ? BIBLIOTHEKARISCHE MISS- STäN DE DES 18. JAHRHUNDERTS IN HÖNNS BETRUGSLExIKON

Von Josef Pauser

In seiner Zeit war das „Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln“ aus der Fe-der des in Nürnberg geborenen und in Coburg tätigen Juristen Georg Paul Hönn ein Bestseller. 1721 erstmals gedruckt und bald mit einer Fortset-zung erweitert, erlebte es rasch mehrere Auflagen und Nachdrucke. Die Erstauflage von angeblich 2000 Stück war sofort ausverkauft. Selbst Goe-thes Vater besaß ein Exemplar (siehe: Ernst Beutler, Das Betrugslexikon, in: ders., Essays um Goethe, 1995). 1981 erschien im Leipziger Zentralan-tiquariat der DDR ein neuerlicher Nachdruck, den man bisweilen noch in Antiquariaten finden kann.

Man könnte Hönn als Frühaufklärer bezeichnen. In seinem Betrugslexi-kon führt er mehr als 300 zeitgenössische Berufe und Tätigkeiten von „Ab-gesandte“ bis „Zuckerbäcker“ alphabetisch auf und annotiert deren berufs-spezifische Verfehlungen, die ihm in seiner langjährigen richterlichen Tätig-keit aufgefallen waren. Zumeist handelt es sich um Warenverfälschungen oder unlautere Vorgangsweisen im Dienstleistungsbereich. Hönns hehres Ziel war es, „den Nechsten vor Betrug zu warnen“ (Vorrede); Betrüger sollten beim Lesen schamrot werden – so sein Wunsch –, die anderen Personen da-gegen die nötige Vorsicht walten lassen. Die Obrigkeiten waren angehalten, „mit mehrern Nachdruck und Eifer“ gegen Betrug einzuschreiten.

Der bibliothekarische Stand blieb im Betrugslexikon nicht unverschont (S. 61–63): Von unliebsamen Bibliotheksführungen, schlampigen Entleh-nungspraktiken, mangelndem Diensteifer bis hin zu dolösen Erwerbungen weiß Hönn in 13 Punkten zu berichten. Seine Abhilfe: eine Bibliotheks-instruktion. Da kommt dann der Jurist in Hönn durch, aber man lese selbst:

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 238

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 39

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 240

———— A U S D E R T Ä T I G K E I T D E R V Ö B ————

30. ÖSTERREICHISCHER BIBLIOTHEKARTAG (GRAz, 15.–18.09.2009)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach einer Unterbrechung von drei Jahren veranstaltet die „Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare“ (VÖB) – erstmalig gemeinsam mit dem „Büchereiverband Österreichs“ (BVÖ) – in der Grazer Stadthalle vom 15. bis 18. September 2009 den 30. Österreichischen Bi-bliothekartag. Das Thema „The Ne(x)t Generation“ ist uns ein Anliegen, geht es doch um die Frage, was müssen und können Bibliotheken als Dienstlei-stungen anbieten, damit sie auch in Zukunft als kompetente Partner im Prozess der Wissensvermittlung anerkannt werden. Genügt es, unsere Bi-bliotheken weiterhin als Bewahrerinnen der Erkenntnisse vergangener Jahr-zehnte und Jahrhunderte im Blickfeld der Öffentlichkeit zu halten, oder müssen neue Akzente gesetzt werden? Weisen uns Schlagworte wie „Te-aching Library“ oder „Hybride Bibliothek“ den Weg? Oder gibt es bereits völlig neue Konzepte, die unser Handeln in Zukunft bestimmen werden? Die Elektronische Bibliothek und die Online-Welt gewinnen vor allem im Verständnis der Jüngeren immer mehr an Bedeutung und erhalten gegen-über dem klassischen Zugang zur Information den Vorzug. Zugleich aber entstehen unter großem finanziellen Einsatz weltweit Bibliotheksbauten mit beeindruckender symbolischer Kraft.

Wir hoffen, dass auch Sie sich von diesen Fragen angesprochen füh-len. Wir wollen ein anregendes Tagungsprogramm mit zahlreichen Beiträ-gen von ausgewiesenen Fachleuten aus den verschiedenen Bereichen des Bibliotheks- und Informationswesens, aber auch von engagierten jungen Kollegen/-innen für Sie zusammenzustellen. Darüber hinaus erwarten Sie eine umfassende Firmenausstellung, zahlreiche Produktpräsentationen und ein vielfältiges Rahmen- und Ausflugsprogramm. Die in der Planung und Durchführung von Tagungen und Kongressen erfahrenen Kolleginnen und Kollegen der Universitätsbibliothek Graz (E-Book-Tagung 2006, ODOK 2007), die für die lokale Organisation verantwortlich sind, freu-en sich auf Ihren Besuch und werden nichts unversucht lassen, Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Besuchen Sie den 30. Österreichischen Bibliothekartag, wir laden Sie dazu herzlich ein!

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 41

Harald WeigelPräsident der Vereinigung Österreichischer

Bibliothekarinnen und Bibliothekare

Roswitha SchipferVorstandsvorsitzende des Büchereiverbands Österreich

Werner SchlacherGeschäftsführender Leiter der Universitätsbibliothek Graz

Im Mittelpunkt des Österreichischen Bibliothekartages 2009 wird die Fra-ge nach der künftigen Rolle der Bibliothek als physischer Ort stehen, wobei folgende thematischen Schwerpunkte vorgesehen sind:

— Hybride Bibliothek— Lehrende Bibliothek— Aus- und Weiterbildung— Bibliothekarische Dienstleistungen auf dem Prüfstand— Bibliotheksmanagement— Informationsmanagement— Online-Medien— Bibliothekskataloge vs. Google-Chaos

INFORMATION:http://www.bibliothekartag.at/

KONTAKTADRESSEN:Lokale Organisation:

Werner Schlacher, Universitätsbibliothek Graz,Universitätsplatz 3a 8010 Graz

Tel.: ++43 316 380 1419E-Mail: [email protected]

Programm:Eveline Pipp, Universitätsbibliothek Innsbruck,

Innrain 50, 6020 InnsbruckTel.: ++43 512 507 2494#

E-Mail: [email protected]:

Martin Kreinz, Universitätsbibliothek Graz,Tel.: ++43 316 380 5679

E-Mail: [email protected]

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 242

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 43

AUfRUf zUR KANDIDATUR füR DEN VORSTAND füR DIE fUNKTIONSPERIODE 2009–2011

Statutengemäß findet auf dem Bibliothekartag die Wahl des neuen Vor-standes statt. Jedes Mitglied hat die Möglichkeit, sich bis zum 31. August 2009 beim Präsidium der VÖB für die Wahl zu melden. Wir bitten Sie, Ihrer schriftlichen Kandidatur einen kurzen Lebenslauf beizulegen.

WAHL DES PRäSIDIUMS füR DIE fUNKTIONSPERIODE 2009–2011: EINBRINGUNG VON WAHLVORSCHLäGEN

Laut Statuten ist jedes Mitglied berechtigt, einzelne Vorschläge für die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten bzw. der beiden StellvertreterInnen ein-zubringen. Die Zustimmung der Vorgeschlagenen ist einzuholen. Die Vor-schläge können bis zum Beginn der der Generalversammlung unmittelbar vorausgehenden Vorstandssitzung schriftlich dem Präsidenten übermittelt werden. Später einlangende Vorschläge können im Wege eines Antrages in der Generalversammlung mit Unterstützung von 2/3 der stimmberech-tigten Anwesenden eingebracht werden.

EINLADUNG zUR 59. GENERALVERSAMMLUNG DER VEREINI-GUNG ÖSTERREICHISCHER BIBLIOTHEKARINNEN UND BIBLIO-THEKARE IN DER fUNKTIONSPERIODE 2008–2009

am 17. September 2009 um 17 Uhr, in der Grazer Stadthalle

Tagesordnung1. Begrüßung und Feststellung der Beschlussfähigkeit2. Genehmigung des Protokolls der 58. Generalversammlung der VÖB

Funktionsperiode 2006–20083. Tätigkeitsbericht über die vergangene Funktionsperiode4. Kassenbericht und Entlastung des Präsidiums5. Wahl der Kassenrevisor/innen/en6. Beschlussfassung über eingegangene Anträge7. Verleihung von Ehrungen8. Allfälliges 9. Wahl des Präsidenten / der Präsidentin und seiner / ihrer Stellvertre-

ter für die Funktionsperiode 2009–2011

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 244

10. Ergebnisse der Wahl des Präsidenten / der Präsidentin und seiner / Ihrer Stellvertreter für die Funktionsperiode 2009–2011

11. Ergebnisse der Wahl für den Vorstand der VÖB für die Funktions- periode 2009–2011

Für etwaige Fahrt- und Übernachtungsspesen kann leider kein Kostener-satz geleistet werden !

Mit freundlichen Grüßen Dr. Harald Weigel Präsident e.h.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 45

———————————— B E R I C H T E ————————————

BERICHT DER füR DEN ÖSTERREICHISCHEN BIBLIOTHEKEN-VERBUND EINGERICHTETEN ARBEITSGRUPPE STRATEGISCHE PLANUNG AN DIE VOLLVERSAMMLUNG AM 7. MAI 2008

von Robert Schiller

Seit dem letzten Bericht der AG Strategie an die Vollversammlung in Wien am 14. November 2007 haben die Mitglieder der AG drei weitere Arbeits-sitzungen abgehalten (30.11.2007, 4.3. und 22.4.2008), insgesamt somit 17. Sitzungen.

Die AG Strategie prüft regelmäßig den Stand der Vorhaben der OBVSG gemäß Prioritätenliste:

Noch zu finalisierende Projekte:— Lizenzzählung bzw. Lizenzmessung— Statistikauswertungen (Eigenkatalogisierungsraten, bzw. Datennut-

zungen)

Vorhaben höchster Priorität:— Nachweis von digitalen Volltexten (AG eingesetzt)— Konsortiales Electronic resources Managementsystem (AG einge-

setzt)— Kooperation mit deutschen Bibliothekenverbünden im Hinblick auf

die Kataloganreicherung

Die Arbeiten der Arbeitsgruppen Nachweis von digitalen Volltexten, Konsortiales Electronic resources Managementsystem sowie die AG Tool zur Verwaltung digitaler Objekte (s. unten) sind jeweils mit der Vorlage eines Endberichtes abgeschlossen. Es ist zu beachten, dass nach wie vor auf den Grundlagen der vorgelegten Endberichte der Arbeitsgruppen Kon-sortiales Electronic resources Managementsystem und Tool zur Verwaltung digitaler Objekte keine unmittelbaren Umsetzungsmaßnahmen eingeleitet wurden.

Vorhaben mittlerer Dringlichkeit:— Einführung der ZDB als Normdatei (abgeschlossen)— Beschaffung einer OAI-Schnittstelle (offen)

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 246

— Kooperative Neukatalogisierung (Datenquellen des hbz und SWB Ende 2007 eingebunden)

Weitere Projekte:— Einspielen von bibliographischen Lokaldaten in die Verbunddaten-

bank (wegen der Abhängigkeit von Aleph-Funktionalitäten noch of-fen; automatische Replikation neuer Titelsätze und Titelumlenkungs-mechanismen wurden seitens ExLibris bereits für die Version 18 zuge-sichert)

— Verbundfernleihe (offen)— Tool zur Verwaltung digitaler Objekte (AG eingesetzt; s. oben)

Besonders ausführlich diskutiert die AG Strategie unter der Perspektive der Entwicklung digitaler Bibliotheken die Notwendigkeit der Einrichtung zentraler Dienstleistungen an der OBVSG und die Notwendigkeit ihrer zen-tralen Finanzierung für die im OBVSG-Errichtungsgesetz genannten Biblio-theken.

Im Hinblick auf die Entwicklung digitaler Bibliotheken sind die im OBVSG-Errichtungsgesetz (BGBL. I, 15/2002, § 3, Abs. 2) genannten Auf-gaben (vor allem die zentralen Verbunddienstleistungen) neu zu interpre-tieren:

a) Operative Leitung des Bibliothekenverbundes inklusive der laufenden Planung, Umsetzung und Vertretung nach außen sowie Betrieb der Verbundzentrale mit den zentralen Verbunddatenbanken;

b) Bereitstellung aller zentralen Verbunddienstleistungen;c) Betrieb lokaler Bibliothekssysteme;d) Setzung geeigneter Schritte zur Ausweitung des Bibliothekenverbundes;e) Datenmanagement, speziell Datenkonversion und Datenbereinigung;f) Erbringung einschlägiger, bibliotheksbezogener Serviceleistungen;g) Beratung bzw. Unterstützung bei der Bildung von Konsortien zum Ankauf von

Datenbanklizenzen;h) Entwicklung und Anbot anderer im Interesse der Universitäten, Fachhochschu-

len und Pädagogischen Akademien gelegenen Serviceleistungen;i) Dokumentation, Informationsvermittlung und Beratung.

Nur für die unter a) bis c) genannten Aufgaben wird der OBVSG ein Jah-reszuschuss von 1,72 Millionen Euro gewährt. Alle anderen genannten Auf-gaben sind gegen Entgelt zu erbringen, das zumindest dem Grundsatz der Deckung der aufwandsgleichen Kosten, die mit diesen Aufgaben verbunden sind, entspricht.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 47

Die AG Strategie vertritt die Aufassung, dass die unter b) genannten „zen-tralen Verbunddienstleistungen“ die folgenden zentral zu finanzierenden Dienste einzuschließen hat:

(1) Bereitstellung eines Verbund-OPACs und von lokalen OPACs mit Suchmaschinentechnologie und anderen von Suchplattformen (z.B. Google) bekannten Eigenschaften zur einfachen (Meta)-Suche in heterogenen Datenquellen.

(2) Im Hinblick auf die Kataloganreicherung die Bereitstellung eines zen-tralen Repositoriums zum koordinierten und effizienten Verwalten von Inhaltsverzeichnissen (ToCs) und anderen die bibliographischen Daten erweiternden Informationen sowie die Koordination von Ko-operationen mit anderen Verbünden im Hinblick auf die Katalogan-reicherung.

(3) Regelung und Koordination des Nachweises von elektronischen Volltexten sowie Bereitstellung von Verfahren und Routinen zur Übernahme von bibliographischen Metadaten von e-book-Verlags-paketen.

(4) Unter Bezugnahme auf die Entwicklung digitaler Bibliotheken, die nicht wie bisher im Verbund nur die Bestandnachweise, sondern viel-fach die Inhalte selbst zur Verfügung stellen, die Bereitstellung von Infrastruktur zum koordinierten und effizienten Verwalten von digi-talen Volltexten und anderen elektronischen Dokumenten (eDoc).

(5) Bereitstellung von Repositorien für kleinere Bibliotheken zu Zwecken des Digital Asset Managements.

(6) Betrieb der österreichischen Dissertationsdatenbank.(7) Betrieb eines (konsortialen) Electronic Resources Management-Sy-

stems.(8) Koordination und Bereitstellung von Infrastruktur zu Zwecken der

Langzeitarchivierung digitaler Objekte.(9) Zentrale Organisation und Koordination von Einkaufsgemeinschaf-

ten zum Erwerb von elektronischen Medien (Kooperation e-Medi-en).

Mag. Robert SchillerDirektor der Universitätsbibliothek der

Universität für Musik und darstellende Kunst GrazBrandhofg. 17–19, A-8010 Graz

E-mail: [email protected]

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 248

BERICHT DER füR DEN ÖSTERREICHISCHEN BIBLIOTHEKEN-VERBUND EINGERICHTETEN ARBEITSGRUPPE STRATEGISCHE PLANUNG AN DIE VOLLVERSAMMLUNG AM 7. MAI 2009

von Robert Schiller

Der nachfolgende Bericht der von der Vollversammlung eingesetzten Ar-beitsgruppe Strategische Planung ist Bericht über die Tätigkeiten der AG seit dem letzten Bericht an die Vollversammlung vor genau einem Jahr, am 7. Mai 2008, und zugleich Abschlußbericht der Arbeitsgruppe. Die zahlen-mäßig auf sieben Mitglieder begrenzte Arbeitsgruppe wurde zwar im Mai 2005 unbefristet eingerichtet, die personelle Besetzung erfolgt durch Wahl der Mitglieder der Vollversammlung aber jeweils für zwei Jahre. Diese zwei-te „Amtsperiode“ der Mitglieder der AG ist abgelaufen; die AG Strategie besteht somit insgesamt seit vollen vier Jahren.

Die Mitglieder dieser zweiten Periode 2007–2009 waren wie schon 2005–2007:

— Wolfgang Hamedinger (OBVSG, Vorsitz)— Bruno Bauer (Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität

Wien)— Elisabeth Böllmann (Universitätsbibliothek Graz)— Adelheid Mayer (Universitätsbibliothek Wien)— Robert Schiller (Universitätsbibliothek der Kunstuniversität Graz)— Bettina Schmeikal (Universitätsbibliothek der Wirtschaftsuniversität

Wien)— Josef Steiner (Österreichische Nationalbibliothek)— Georg Stern-Erlebach (Universitätsbibliothek Innsbruck)

Aus persönlichen Beweggründen sind zwei der im Mai 2007 wieder ge-wählten Kolleginnen und Kollegen der AG ausgeschieden: Adelheid Mayer wegen eines Karenzurlaubes im Herbst 2008 und Elisabeth Böllmann we-gen Ruhestandsversetzung (die Verabschiedung von Kollegin Böllmannn erfolgte im Rahmen der AG-Sitzung am 27. November 2008 mit einer Lau-datio von HR Stoll in den Räumen der OBVSG in Wien). In der nämlichen Sitzung wurden zugleich die beiden Ersatzmitglieder begrüßt: Burghild Schubert (UB der Karl-Franzens-Universität Graz) und Wolfram Seidler (UB Wien).

Die Mitglieder der AG haben in den letzten beiden Jahren in insgesamt 9 Sitzungen (in den vier Jahren des Bestehens der AG waren es 21) die Ent-

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 49

wicklung und Zukunftsperspektiven des Bibliothekenverbundes diskutiert und – es soll nicht verschwiegen werden – angesichts der Schwierigkeiten und geringen Realisierungsraten bei der Umsetzung von strategisch als wichtig erachteten Projekten und Vorhaben mehrfach auch die Sinnhaftig-keit der Arbeitsgruppe Strategische Planung selbst.

Die AG Strategie hat mit anderen Arbeitsgruppen des österreichischen Bibliothekswesens zusammengearbeitet (so z.B. mit der AG der Biblio-theksdirektorInnen, der AG Bibliotheksstatistik und der AG eDOC-Erwei-terung).

Werfen wir einen Blick zurück auf die immer noch gültige durch die ak-tuellen Entwicklungen aber etwas in den Hintergrund gerückte Aufstellung von Projekten der OBVSG. Von den in der Vollversammlung im Oktober 2006 vorgestellten und in eine abgestimmte Dringlichkeitsrangordnung gebrachten Projekten wurden – mit allerdings unterschiedlichen Erfül-lungsgraden – alle bis auf die folgenden abgeschlossen:

— Konsortiales Electronic Resources Managementsystem [höchste Pri-orität]

— Lizenzzählung bzw. Lizenzmessung [höchste Priorität]

Es ist zu beachten, dass nach wie vor auf der Grundlage des vorgelegten Endberichts der Arbeitsgruppe Konsortiales Electronic Resources Manage-mentsystem (wie auch z.B. des Endberichts der AG Tool zur Verwaltung di-gitaler Objekte) keine unmittelbaren Umsetzungsmaßnahmen eingeleitet werden konnten.

Noch nicht abgeschlossen sind ferner die folgenden Vorhaben, für die keine abgestimmten Dringlichkeitseinstufungen der Vollversammlung vor-liegen:

— Verbundfernleihe (dieses Projekt ist wegen der Abhängigkeit von Aleph-Funktionalitäten noch offen)

— Einspielen von bibliographischen Lokaldaten in die Verbunddaten-bank (dieses Projekt ist wegen der Abhängigkeit von Aleph-Funktio-nalitäten noch offen; automatische Replikation neuer Titelsätze und Titelumlenkungsmechanismen wurden seitens ExLibris bereits für die Version 18 zugesichert, aber erst in der Version 20 realisiert).

Besonders ausführlich diskutierte die AG Strategie unter dem Blickwin-kel der Entwicklung digitaler Bibliotheken die Notwendigkeit der Einrich-tung weiterer zentraler Dienstleistungen an der OBVSG und ihrer zentralen Finanzierung für die im OBVSG-Errichtungsgesetz (BGBl I, 15/2002) ge-nannten Bibliotheken. Zumindest seit der 14. Sitzung im Oktober 2007

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 250

widmete sich die AG der Diskussion einer eventuellen Verbund-Lösung für die Ex-Libris-Software Primo. Die AG hat mehrfach darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der Entwicklung digitaler Bibliotheken und ihrer Onlinekataloge, deren Fokus neben dem bloßen Bestandsnachweis auf das Bereitstellen von digitalem „content“ gerichtet ist, die „zentralen Verbunddienstleistungen“ der OBVSG auch die Bereitstellung eines Ver-bund-OPACs und von lokalen OPACs mit Suchmaschinentechnologie und anderen von Suchplattformen (z.B. Google) bekannten Eigenschaften zur einfachen (Meta)-Suche in heterogenen Datenquellen einzuschließen hat.

Die Bemühungen der AG Strategie und der AG BibliotheksdirektorInnen mündeten im Mai 2008 schließlich im Rahmen des Begutachtungsverfah-rens der Novelle des Universitätsgesetzes 2002 in eine Neutextierung des § 85 UG 2002 unter Nennung der OBVSG als zuständige Institution für die Schaffung und Betreuung einer „zentralen Datenbank“ für wissenschaft-liche und künstlerische Arbeiten. Bedauerlicherweise wurde die Novellie-rung durch die notwendig gewordene Neuwahl des Nationalrates im Sep-tember 2008 unterbrochen.

Dezentrale Finanzierungsmodelle scheiterten (wie im Falle des Versuchs der Implementierung eines Electronic-Resources-Management- oder eines Digital-Asset-Managament-Systems) an der folgenden Problematik. Trotz Vorliegens der Zahlen für die gesamten Lizenzkosten und die gesamten Ko-sten für den zentralen Betrieb an der OBVSG ist der Kostenaufteilungs-schlüssel wegen nicht eindeutiger und verlässlicher Zu- oder Absagen der an Leistungsvereinbarungen und mehrjährige Globalbudgets gebundenen Bibliotheken nur sehr schwierig berechenbar.

Die AG e-DOC-Erweiterung, die in heutiger Vollversammlung in AG Primo-Implementierung umbenannt werden soll, hat in ihren Berichten auf die Anforderungen und Notwendigkeiten des Einsatzes von Suchma-schinentechnologie hingewiesen. Auch die Mitglieder der AG Strategie sind überzeugt, dass für den Erhalt der Attraktivität von Bibliotheken im tertiären Bildungsbereich der Einsatz von Suchmaschinentechnologie mit Web2.0-Funktionalitäten notwendig ist.

Mag. Robert SchillerDirektor der Universitätsbibliothek der

Universität für Musik und darstellende Kunst GrazBrandhofg. 17–19, A-8010 Graz

E-mail: [email protected]

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 51

NATIONALE UND INTERNATIONALE KOOPERATIONEN DER ÖSTERREIcHIScHEN UNIVERSITäTSBIBLIOTHEKEN 2008

Von Bruno Bauer

1 Einleitung

Die Entwicklung der österreichischen Universitätsbibliotheken im Jahr 2008 ist Thema der vorliegenden Berichts, der die Fortsetzung zu den ent-sprechenden Beiträgen für die Jahre 2004 bis 20061 bzw. 20072 bildet. Der Schwerpunkt wird dabei auf der Darstellung von nationalen und in-ternationalen Kooperationen sowie von innovativen Projekten gesetzt, die zwar nicht kooperativ, sondern im jeweiligen universitären Umfeld – fast zeitgleich – entwickelt werden. Somit liegt, wie auch in den letzten Jahren, der Fokus auf den traditionell sehr stark kooperierenden Universitätsbibli-otheken der bundesstaatlichen Universitäten3. Im Gegensatz dazu ist die Vernetzung der Bibliotheken der erst in den letzten Jahren errichteten Pri-vatuniversitäten noch relativ schwach ausgeprägt.

Während für die bundesstaatlichen Universitätsbibliotheken im We-sentlichen eine Finanzierung durch den Staat vorgesehen ist, liegt ein wich-tiges Spezifikum der Privatuniversitäten darin, dass diese nicht staatlich fi-nanziert werden dürfen. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln von Ländern, Vereinen, Verbänden oder Privaten sowie aus individuellen Studienbeiträ-gen. Eine der Voraussetzungen für die Akkreditierung als Privatuniversität ist der Punkt Ausstattung, der ausdrücklich Bibliothek und informations-technische Infrastruktur anführt.

2008 waren auf Basis des Bundesgesetzes über die Akkreditierung von Bil-dungseinrichtungen als Privatuniversitäten, das die Kriterien für private Anbieter im postsekundären Bildungssektor festlegt, zwölf Privatuniversitäten ak-kreditiert.4

2 Universitätsbibliotheken in Wissensbilanz und Leistungsbericht der bundesstaatlichen Universitäten an das Bundesministerium für Wissen-schaft und Forschung

Das mit 1. Januar 2004 in Kraft getretene Universitätsgesetz (UG 2002) brachte für die nunmehr 21 bundesstaatlichen Universitäten die Vollrechts-fähigkeit. Der Staat, dem auch weiterhin eine entscheidende Rolle bei der

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 252

Finanzierung der bundesstaatlichen Universitäten zukommt, nimmt seither vor allem eine kontrollierende Rolle wahr – auch für Zustand und Entwick-lung der 20 Universitätsbibliotheken. In diesem Zusammenhang sind die Leistungsvereinbarungen des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung mit den einzelnen Universitäten sowie die von den Universitäten dem Bundesministerium regelmäßig zu übermittelnden Wissensbilanzen bzw. Leistungsberichte anzuführen.

2.1 Wissensbilanz

Seit 2007 besteht für die Universitäten die Verpflichtung, jährlich eine Wis-sensbilanz, bestehend aus 66 Kennzahlen, jeweils für das vergangene Jahr vorzulegen. Davon beziehen sich vier Indikatoren auf die Universitätsbiblio-theken:

— Kosten für angebotene Online-Forschungsdatenbanken;— Kosten für angebotene wissenschaftliche / künstlerische Zeitschriften

(unterschieden in Print-Zeitschriften bzw. Online-Zeitschriften);— Anzahl der Entlehnungen an Universitätsbibliotheken (unterschie-

den in die Entlehner-Typen Studierende, Lehrende / sonstige Univer-sitätsangehörige, Nicht-Universitätsangehörige);

— Anzahl der Aktivitäten von Universitätsbibliotheken (unterschieden nach Aktivitätsarten Ausstellungen, Schulungen Bibliotheksführun gen).

2.2 Leistungsbericht

Für die Jahre 2007 bis 2009 wurden – auf Basis von § 13 UG 2002 – die ersten Leistungsvereinbarungen zwischen dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und den einzelnen Universitäten abgeschlossen. In den Lei-stungsvereinbarungen, die jeweils für einen Zeitraum von drei Jahren gelten, werden die von den Universitäten zu erbringenden Leistungen festgehalten.

Seit 2007, dem Beginn der ersten Leistungsvereinbarungsperiode, sind die Universitäten – gemäß § 16 Abs. 4 UG 2002 – verpflichtet, einen Zwischenbericht über die Umsetzung der vereinbarten Vorhaben in For-schung, Lehre und Administration, jeweils am Ende des entsprechenden Berichtsjahres, vorzulegen. Dem Ministerium ist als Teil dieses jährlichen Leistungsberichtes der Universitäten auch ein Bericht über die Aktivitäten im Bereich der Bibliotheken vorzulegen, für den folgende Berichtsstruktur vorgeschlagen wird:

1. Einbindung der Universitätsbibliothek in den Universitätsbetrieb2. Benutzerzufriedenheit

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 53

Wie sind die Bibliotheksbenutzer mit den angebotenen Diensten zufrieden (Benutzbarkeit, Öffnungszeiten, Freundlichkeit u.ä.)

3. Teilnahme am Österreichischen Bibliothekenverbund3.1 Kooperation der Universitätsbibliothek mit der Verbundzentrale3.2 Entwicklungen im Bereich der Zeitschriftendatenbank3.3 Entwicklung im Bereich der digitalen Bestände4. Bibliothekarsausbildung4.1 Ergebnis der Universitätslehrgangsevaluierung4.2 Kooperationen der Universitätslehrgänge

2008 wurden von den 21 bundesstaatlichen Universitäten die Leistungs-berichte 2007 vorgelegt – als erste Zwischenberichte für die erste Leistungs-vereinbarungsperiode 2007 bis 2009. Acht Universitäten haben diese Leistungsberichte – und damit auch ihre Berichte über die Aktivitäten im Bereich der Bibliotheken – frei zugänglich ins Internet gestellt (Universi-tät Graz5, Universität Innsbruck6, Universität Klagenfurt7, Kunstuniversität Linz8, Universität Wien9, Technische Universität Wien10, Universität für Bo-denkultur Wien11, Veterinärmedizinische Universität Wien12).

3 Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheksdirektor/-innen Österreichs

Die Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheksdirektor/-innen Österreichs (http://www.uibk.ac.at/voeb/arge-dir), bestehend aus den Leiterinnen und Leitern der Universitätsbibliotheken und der Österreichischen Natio-nal bibliothek traf sich 2008 zu drei Sitzungen (14. Februar 2008 an der UB Wien, 23. September 2008 an der Donau-Universität Krems, 20. No-vem ber an der Universität Mozarteum Salzburg) und einer dreitägigen Klau sur (23. bis 25. April 2008 in Baden bei Wien).

Themenschwerpunkte 2008 waren die Zukunft der Kooperation E-Medien Österreich, die bevorstehende Einführung von PRIMO an österrei-chischen (Universitäts-)Bibliotheken, Überlegungen für eine Anhebung der Grundfinanzierung der OBVSG, die elektronische Ablieferung von Disser-tationen an die Österreichische Nationalbibliothek, die Entwicklung einer österreichischen Bibliotheksstatistik sowie Provenienzforschung an den österreichischen Universitätsbibliotheken. Wiederholt thematisiert wur-den auch die Aussonderung von Büchern und Zeitschriften sowie Möglich-keiten, ein tragfähiges regionales bzw. nationales Archivierungskonzept für die österreichischen Universitätsbibliotheken zu entwickeln.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 254

Von Gastreferenten im Rahmen der ARGE Bibliotheksdirektor/-innen vorgestellt wurden u.a. PHAIDRA – das Repositorium der UB Wien, Trends und Erfahrungen der Benutzerforschung, sowie Methoden, die ohne all-zu großen Arbeitsaufwand den Nachweis sämtlicher lizenzierten elektro-nischen Zeitschriften im OPAC ermöglichen.

2008 von der ARGE Bibliotheksdirektor/-innen neu eingerichtet wurden zwei Arbeitsgruppen mit den Aufträgen, die Neuordnung der Kooperation E-Medien Österreich inhaltlich auszuarbeiten bzw. Lösungsvorschläge für den Themenkomplex Aussonderung & Depotbibliothek zu erarbeiten.

4 Österreichischer Bibliothekenverbund

Dem Österreichischen Bibliothekenverbund, betrieben von der Österrei-chischen Bibliothekenverbund und Service GmbH – OBVSG (http://www.obvsg.at), traten 2008 die MODUL University Vienna Privatuniversität, die Fachhochschule Campus Wien, die Fachhochschule des bfi Wien, die Fach-hochschule der Wirtschaft GmbH (Graz), die Fachhochschule Kufstein, die Pädagogische Hochschule Burgenland, die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien / Krems und das Bundesministerium für Inneres / Si-cherheitsakademie bei. Somit zählte der größte nationale Verbund univer-sitärer, wissenschaftlicher und administrativer Bibliotheken in Österreich 82 Mitglieder, darunter 19 Universitätsbibliotheken der bundesstaatlichen Universitäten sowie die Bibliothek einer Privatuniversität, weiters die Ös-terreichische Nationalbibliothek, die Bibliotheken der zehn pädagogischen Hochschulen und zwölf Fachhochschulbibliotheken (http://www.obvsg.at/bibliothekenverbund/verbundbibliotheken-liste/).

Neben den lokalen Katalogen der einzelnen Verbundbibliotheken beste-hen folgende Verbundkataloge:

— Gesamtkatalog des österreichischen Bibliothekenverbundes— Teilkatalog Zeitschriften und Serien— Österreichische Verbundkatalog für Nachlässe, Autographen und

Handschriften (ÖVK-NAH)— Verzeichnis „Bibliotheken in Österreich“Der Gesamtkatalog besteht aus ca. 7 Mio. Titeldatensätzen; er weist ca.

12,5 Mio. Exemplare und ca. 700.000 Zeitschriftenbestände nach. Weitere Services der OBVSG, die auch 2008 weitergeführt wurden, sind

eDoc (http://media.obvsg.at/suche) und Österreichische Dissertations-datenbank (http://media.obvsg.at/dissdb).

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 55

Während in der Österreichische Dissertationsdatenbank Metadaten und Abstracts sämtlicher Hochschulschriften von 18 Universitäten nach-gewiesen werden, beteiligen sich an eDOC, einem Instrument zur Kata-loganreicherung (ToCs, Abstracts, Rezensionen, Umschlagbilder) nach dem Einstieg der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol nunmehr neun wissenschaftliche Bibliotheken, darunter sieben Universitätsbibliotheken.

Am Verbundtag, der am 6. Mai 2008 an der Österreichischen Nati-onalbibliothek veranstaltet wurde, standen Themen, wie verbundüber-greifende Kataloganreicherung und Bibliotheksstatistik, am Programm. Auf der Agenda der beiden Verbundvollversammlungen (7. Mai 2008 an der Österreichischen Nationalbibliothek, 8. Oktober 2008 an der UB TU Wien) standen u.a. der Einsatz von Suchmaschinentechnologie im Ös-terreichischen Bibliothekenverbund (PRIMO) sowie die Kooperation mit deutschen Bibliotheksverbünden im Bereich Kataloganreicherung.

Die Arbeitsgruppe „Strategische Planung“ deren Aufgabe die Erörte-rung strategischer Belange und die Entwicklung von Zukunftsperspektiven für den österreichischen Bibliothekenverbund ist, trat 2008 dreimal zu-sammen; auf der Agenda standen u.a. die Sondierung von Möglichkeiten für die Erhöhung der OBVSG-Basisfinanzierung, Überlegungen zu einer verbundweiten Lösung für PRIMO sowie OCLC WorldCat.

Die Österreichische Bibliothekenverbund und Service G.m.b.H. (OBVSG) ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Verbundsysteme, die 2008 in Konstanz13 bzw. in Frankfurt am Main14 zusammengetreten ist.

5 Kooperation E-Medien Österreich

Die Laufzeit des Vertrages der 2005 von 13 bundesstaatlichen Universi-täten gegründeten und an der Universitätsbibliothek Graz angesiedelten Kooperationsstelle E-Medien Österreich (http://www.konsortien.at/) en-dete mit 30. Juni 2008. Im Zuge der Erarbeitung eines neuen Vertrages wurde in der Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheksdirektor/-innen Österrei-chs die Entscheidung getroffen, die Geschäftsstelle an die OBVSG nach Wien zu verlegen, um die beiden wichtigen nationalen Bibliotheksbereiche – Bibliothekenverbund und konsortiale Erwerbung von Informationsres-sourcen – an einer Stelle zusammenzuführen. Während der „alten“ Koo-peration E-Medien Österreich zum Stichtag ihrer Beendigung am 30. Juni 2008 28 Kooperationspartner angehörten, traten der neuen mit 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Kooperation 48 Bibliotheken bei, darunter die Universitätsbibliotheken von 16 bundesstaatlichen Universitäten und vier

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Privatuniversitäten, die Österreichische Nationalbibliothek sowie 13 Fach-hochschulbibliotheken.15, 16 2008 wurden von der Kooperation E-Medien Österreich 41 Konsortialverträge für Datenbanken, elektronische Zeit-schriften und Bücher sowie für Software-Produkte betreut. Die Koopera-tion E-Medien Österreich konnte auch 2008 wiederum Lizenzen für einige besonders wichtige Produkte aufgrund von Rahmenverträgen der GASCO kostengünstig erwerben [siehe: Kapitel 6.5 GASCO].

2008 fanden acht Konsortialtreffen statt (24. Januar 2008, 28. Februar 2008, 11. April 2008, 27. Mai 2008, 25. Juni 2008, 3. September 2008, 28. November 2008, jeweils an der UB TU Wien, 26. September 2008 an der Donau-Universität Krems). Neben den einzelnen Konsortialverträge war ein wichtiges Thema sämtlicher Treffen die Konzeption eines neuen Vertrages für die Kooperation E-Medien Österreich (Laufzeit: 1. Juli 2008 – 31. Dezember 2011), die Transferierung der Geschäftsstelle von Graz nach Wien sowie die Etablierung eines Kooperationsausschusses.

6 Internationale Kooperationen österreichischer Universitätsbibliothe ken

6.1 Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB)

Eine zentrale Rolle für die Präsentation der elektronischen Zeitschriften spielte auch 2008 für viele Bibliotheken in Österreich die Elektronische Zeitschriftenbibliothek – EZB (http://rzblx1.uni-regensburg.de/ezeit). An dieser kooperativ betriebenen Plattform, die einen schnellen, strukturierten und einheitlichen Zugriff auf ca. 43.000 Zeitschriften bietet, beteiligen sich mittlerweile ca. 500 Bibliotheken bzw. Forschungseinrichtungen. In Öster-reich nutzen 36 Bibliotheken die EZB als Service zur effektiven Nutzung wis-senschaftlicher Volltextzeitschriften, darunter 15 Universitäts bibliotheken bundesstaatlicher Universitäten und die Österreichische Nationalbiblio-thek sowie die Bibliotheken von drei Privatuniversitäten (Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz, Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz, Pa-racelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg).

6.2 Datenbank-Infosystem (DBIS)

Das Datenbank-Informationssystem – DBIS (http://www.bibliothek.uni-regensburg.de/dbinfo), ein kooperatives Service zur Nutzung wissen-schaftlicher Datenbanken, verzeichnet 7.550 Datenbanken; es kommt an 200 Bibliotheken zum Einsatz.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 57

Während 2006 nur drei österreichische Bibliotheken DBIS für den struk-turierten und einheitlichen Zugang zu Datenbanken eingesetzt haben, er-höhte sich diese Zahl 2007 auf 15. 2008 kamen zwei weitere Bibliotheken aus Österreich (Universitätsbibliothek der Technischen Universität Wien, Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Wiener Neustadt) hinzu, so-dass insgesamt 17 Bibliotheken, darunter zehn Universitätsbibliotheken und die Österreichische Nationalbibliothek, DBIS nutzen.

6.3 Literaturlieferdienst Subito

Während sämtliche großen Bibliotheken in Österreich den Literaturliefer-dienst von subito. Dokumente aus Bibliotheken e.V. (http://www.subito-doc.de/) als Kunden in Anspruch nehmen, fungierten zwei österreichische Universitätsbibliotheken auch 2008 als Lieferbibliotheken (Universitäts-bibliothek der Medizinischen Universität Wien, Universitätsbibliothek der Universität Wien / Österreichische Zentralbibliothek für Physik).

Aufgrund einer Änderung des deutschen Urheberrechtes musste die elektronische Lieferung von Dokumenten zwar mit 1. Januar 2008 einge-stellt werden, was zu einem Rückgang der subito-Bestellungen im Jahr 2008 gegenüber 2007 im Ausmaß von fast 30 % führte. Doch auch bei der durch die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen erzwungenen Umstellung auf Lieferung der benötigten Literaturstellen ausschließlich per Post oder Fax belegt das Bestellaufkommen (776.782 Bestellungen im Jahr 2008), dass das Service von subito – Dokumente aus Bibliotheken e.V., dem größte Literaturlieferdienst in Europa, der von 35 Lieferbibliotheken aus Deutsch-land, Österreich und der Schweiz getragen wird, auch weiterhin eine wich-tige Rolle für die Literatur- und Informationsversorgung in Wissenschaft und Forschung einnimmt.

6.4 eBooks on Demand (eod)

Das Projekt „eBooks on Demand“ – eod, das im Oktober 2006 im Rahmen des eTEN-Projektes „Digitisation on Demand“ von 13 Bibliotheken aus acht europäischen Ländern gestartet worden ist, wurde nach Projektende im Juni 2008 in ein europäisches Bibliotheksnetzwerk übergeführt (http://www.books2ebooks.eu/about.php5). Mittlerweile verfolgen 18 Biblio-theken aus zehn europäischen Ländern unter dem Motto „Millionen von Büchern. Nur einen Mausklick entfernt“ das Ziel, ihre Bücher aus der Zeit von 1500 bis 1900 als elektronische Bücher zugänglich zu machen. Den österreichischen Beitrag zu diesem Projekt liefern die die Universitätsbibli-

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otheken Graz bzw. Wien sowie die Universitäts- und Landesbibliothek Ti-rol, bei deren Abteilung für Digitalisierung und elektronische Archivierung (DEA) auch die Projektkoordination für eod liegt.17

6.5 GASCO

Wie schon in den vergangenen Jahren erfolgte auch 2008 die Abwicklung ei-niger Konsortien über die German, Austrian and Swiss Consortia Organisa-tion – GASCO (http://www.hbz-nrw.de/angebote/digitale_inhalte/gasco).

2008 waren 16 Bibliotheken, davon 12 Universitätsbibliotheken der bundesstaatlichen Universitäten sowie die Donau Universität Krems und die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, Nutznießer des GASCO Nature-Konsortiums. Zu den österreichischen Mitgliedern des GASCO Science-Konsortiums 2008 zählten neun Universitätsbibliotheken aus bundesstaatlichen Universitäten.

Über Vermittlung der GASCO konnte die Kooperation E-Medien Öster-reich gemeinsam mit der Österreichischen Bibliothekenverbund und Service GmbH im Herbst 2008 – auf Basis des deutschen „Nature-Archive“-Kon-sortiums – auch für 22 österreichische Institutionen, darunter 12 bundes-staatliche Universitäten, die Donau-Universität Krems, die Österreichische Nationalbibliothek und die Österreichische Akademie der Wissenschaften, den schon länger angestrebten Kauf der Backfiles erreichen.18 Während etwa in Deutschland bereits seit Jahren Nationallizenzen aus zentralen Fördermitteln der DFG finanziert werden, musste für das Zustandekom-men der Austrian National Nature Backfiles Licence ein alternatives Finan-zierungsmodell entwickelt werden. Mit den elektronischen Ausgaben der Wissenschaftszeitschrift „Nature“ von 1869 bis 2007 und den kompletten Archivjahrgängen von vier weiteren Kernzeitschriften der Nature Publishing Group konnten erstmals in Österreich auf konsortialer Basis Zeitschriften-backfiles lizenziert werden.

Die GASCO trat auch 2008 als Vermittlerin von Mitgliedschaften beim Open Access Publisher BioMed Central und österreichischen Bibliotheken auf. Während die Medizinische Universität Wien aus Kostengründen ihre Mitgliedschaft mit Jahresende 2007 storniert hat, verlängerten zwei Universi-täten (Technische Universität Graz, Universität Wien) ihre Mitgliedschaften.

6.6 Bibliotheksindex (BIX)

Am Bibliotheksindex – BIX (http://www.bix-bibliotheksindex.de/), der vom Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (KNB) des Deutschen Bibliotheksver-

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 59

bandes mit Unterstützung des Hochschulbibliothekszentrums (hbz) des Landes Nordrhein-Westfalen erstellt wird, beteiligten sich 2008 insgesamt 253 Bibliotheken. Nachdem auch die Technische Universität Graz erst-mals dieses moderne Instrument der Leistungsmessung genutzt hat, waren unter den 83 wissenschaftlichen Bibliotheken (BIX-WB) auch elf österrei-chische Universitätsbibliotheken. Davon gehörten acht Universitätsbiblio-theken zur Gruppe der einschichtigen Bibliotheken (Kunstuniversität Graz, Medizinische Universität Graz, Technische Universität Graz, Universität Innsbruck, Medizinische Universität Wien, Technische Universität Wien, Universität Wien, Veterinärmedizinische Universität Wien), drei zur Grup-pe der zweischichtigen Bibliotheken (Universität Graz, Montanuniversität Leoben, Wirtschaftsuniversität Wien).19 Im Spitzenfeld etablieren konnten sich 2008 die Universitätsbibliotheken der Medizinischen Universität Graz (11 Gesamtrang von 36 bei den einschichtigen Bibliotheken, BIX-WB) so-wie der Veterinärmedizinischen Universität Wien (12 Gesamtrang von 36 bei den einschichtigen Bibliotheken, BIX-WB).20

7 Provenienzforschung

Bibliotheken verfolgen mittels Provenienzforschung das Ziel, Bücher in ih-rem Bestand, die zwischen 1938 und 1945 geraubt und in der Folge von den jeweiligen Bibliotheken unrechtmäßig erworben worden sind, voll-ständig zu dokumentieren und den rechtmäßigen Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern zu restituieren. Während Provenienzforschung bereits seit längerem an den Universitätsbibliotheken der Universität Wien (seit 2004), der Universität Graz (seit 2006) und der Medizinischen Universi-tät Wien (seit 2007)21 22 betrieben wird, stellen sich nunmehr seit 2008 mit den Universitätsbibliotheken der Universität Innsbruck, der Universität Klagenfurt und der Universität Salzburg insgesamt sechs österreichische Universitätsbibliotheken diesem wichtigen Thema. Zum Informationsaus-tausch und zur gegenseitigen Unterstützung der Provenienzforschungs-projekte der einzelnen Bibliotheken wurde im Herbst 2008 von der Ver-einigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare eine neue Arbeitsgruppe eingerichtet.

Im Rahmen der internationalen Konferenz „Bibliotheken in der NS-Zeit: Provenienzforschung und Bibliotheksgeschichte“, veranstaltet am 26. und 27. März 2008 an der Universität Wien bzw. im Wiener Rathaus, wurden Zwischenergebnisse der Provenienzforschungsprojekte an den Universi-tätsbibliotheken der Universität Wien23 24, der Medizinischen Universität

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 260

Wien25 und der Universität Graz26 vorgestellt. Das Thema Provenienzfor-schung an der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien fand auch in Beiträgen in „Die Presse“27 bzw. „Der Standard“28 seinen Nie-derschlag.

Ergänzend zu den Aktivitäten der Provenienzforschung wurden von einzelnen Universitätsbibliotheken anlässlich des 70. Jahrestages des „An-schlusses“ Österreichs an Hitler-Deutschland Beiträge zur Erinnerungsar-beit an den jeweiligen Universitäten geleistet.

An der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien wur-den mit der Sonder-Blogserie „Vertrieben 1938“ im Van Swieten Blog die Schicksale von 176 nach dem „Anschluss“ entlassenen Professoren und Dozenten der damaligen Medizinischen Fakultät der Universität Wien in Erinnerung gerufen. Zwischen 11 März und 13. November 2008 erfolgte täglich die Freischaltung eines Beitrages mit Informationen zu jeweils einem im Jahr 1938 von der Universität Wien entlassenen Hochschullehrer. Im Zuge des Projektes wurden Biografien aus einer Dissertation gescannt und im Bibliotheksrepositorium bereitgestellt und die an der Zweigbiblio-thek für Geschichte der Medizin vorhandenen Publikationen von und über die 1938 von der Universität Wien entlassenden Hochschullehrer retro-katalogisiert. Ergänzend zu Hinweisen auf dieses Material umfassen die einzelnen Weblog-Beiträge Informationen über Bilder und Dokumente aus dem Bildarchiv und der Handschriftensammlung der Medizinischen Uni-versität Wien sowie Links zu relevanten und im Internet frei zugänglichen Online-Dokumenten mit Informationen über die vertriebenen Professoren und Dozenten.29

Die Universitätsbibliothek Salzburg erinnerte am 30. April 2008 an die 70 Jahre zurückliegende Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz. Die gesamte Fensterfront im Erdgeschoss der Universitätsbibliothek Salzburg wurde von 30. April bis 31. Mai 2008 zum „Erinnerungspfad“, der in Form von Zeitungsausschnitten, Bildern und Biografien jener Autoren, deren Bücher 1938 auf dem Residenzplatz verbrannt wurden, zeitgenössische Quellen und die wissenschaftliche Aufarbeitung der Bücherverbrennung präsentierte.30

8 Ausblick

Als Abschluss des vorjährigen Bericht wurden die Zukunft der Kooperati-on E-Medien und die Problematik der seit dem Jahr 2000 unveränderten Basisfinanzierung des Österreichischen Bibliothekenverbundes als wichtige

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 61

Themenbereiche der österreichischen Universitätsbibliotheken für 2008 genannt.

Mit dem neuen Vertrag für die Kooperation E-Medien Österreich und deren Transferierung an die OBVSG wurde die gewünschte organisato-rische und personelle Stärkung der Kooperation erfolgreich eingeleitet.

Die gewünschte Erhöhung der Basisfinanzierung des Österreichischen Bibliothekenverbundes, die für die bundesstaatlichen Universitäten und die Österreichische Nationalbibliothek von den zuständigen Ministerien geleistet wird, konnte zwar 2008 nicht erreicht werden, allerdings wurde ein intensiver Diskussionsprozess um die Erweiterung der von der OBVSG zu erbringenden Basisleistungen und die Erhöhung der Basisabgeltung er-öffnet.

2009 werden neben der offenen Frage der Basisfinanzierung einige weitere, wichtige Themen die Aktivitäten der Universitätsbibliotheken dominieren:

1. Im Österreichischen Bibliothekenverbund steht die Implementierung von PRIMO und damit der Einsatz von moderner Suchmaschinen-technologie als bedeutendster Punkt auf der Agenda.

2. Von der Österreichischen Nationalbibliothek wird hinsichtlich der gesetzlich verpflichtenden Ablieferung der Dissertationen – auf Ba-sis bilateraler Verträge mit den einzelnen Universitäten – der Umstieg vom gedruckten zum elektronischen Exemplar forciert.

3. An den einzelnen Universitäten sind – abgesehen von einigen weni-gen, die diesbezüglich bereits Aktivitäten gesetzt haben – institutio-nelle Repositorien aufzubauen, einerseits um die Selbstarchivierung wissenschaftlicher Publikationen von Autoren der eigenen Universi-tät unterstützen zu können („Grüner Weg zu Open Access“), ande-rerseits um für die Ablieferung elektronischer Diplomarbeiten über einen entsprechenden Dokumentenserver zu verfügen.

Mag. Bruno BauerUniversitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

A-1097 Wien, Währinger Gürtel 18-20Tel: +43 1 40160 26100

E-Mail: [email protected]: http://ub.meduniwien.ac.at/

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 262

1 Bauer, Bruno: Universitätsbibliotheken in Österreich 2004-2006. – In: Bibliotheksdienst 41 (2007), H. 3, S. 269–286.

2 Bauer, Bruno: Nationale und internationale Kooperationen der ös-terreichischen Universitätsbibliotheken 2007. – In: Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare 61 (2008), H. 2, S. 21–31.

3 An den 21 bundesstaatlichen Universitäten gibt es 20 Universitätsbibli-otheken; die Universitäts- und Landesbibliothek Tirol ist sowohl für die Literatur- und Informationsversorgung an der Universität Innsbruck als auch an der Medizinischen Universität Innsbruck zuständig.— Universitätsbibliothek der Karl-Franzens-Universität Graz (http://

ub.uni-graz.at/) — Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Graz (http://

www.meduni-graz.at/bmed/— Universitätsbibliothek der Technischen Universität Graz (http://

www.ub.tugraz.at/)— Universitätsbibliothek der Universität für Musik und Darstellende

Kunst Graz (http://ubportal.kug.ac.at/)— Universitäts- und Landesbibliothek Tirol, Innsbruck (http://www.

uibk.ac.at/ub/)— Universitätsbibliothek der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

(http://www.uni-klu.ac.at/)— Universitätsbibliothek der Montanuniversität Leoben (http://www.

mu-leoben.at/index.php?option=com_content&task=view&id=370&Itemid=974)

— Universitätsbibliothek der Johannes Kepler Universität Linz (http://www.ubl.jku.at/)

— Universitätsbibliothek der Universität für Künstlerische und Industri-elle Gestaltung Linz (http://www.ufg.ac.at/universitaetsbibliothek.bibliothek.0.html)

— Universitätsbibliothek Salzburg (http://www.uni-salzburg.at/por-tal/page?_pageid=147,76259&_dad=portal&_schema=PORTAL)

— Universitätsbibliothek der Universität Mozarteum Salzburg (http://www.moz.ac.at/german/library/)

— Universitätsbibliothek Wien (http://www.ub.univie.ac.at/)— Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien (http://

ub.meduniwien.ac.at/)— Universitätsbibliothek der Technischen Universität Wien (http://

www.ub.tuwien.ac.at/)— Universitätsbibliothek der Universität für Bodenkultur (http://www.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 63

boku.ac.at/bib.html)— Universitätsbibliothek der Veterinärmedizinischen Universität Wien

(http://www.vu-wien.ac.at/bibl/)— Universitätsbibliothek der Wirtschaftsuniversität Wien (http://www.

wu-wien.ac.at/bib/wubib.html)— Universitätsbibliothek der Akademie der Bildenden Künste Wien

(http://www.akbild.ac.at/Portal/einrichtungen/universitatsbiblio-thek)

— Universitätsbibliothek der Universität für Angewandte Kunst Wien (http://bibserver.uni-ak.ac.at/hbaw/einstieg.html)

— Universitätsbibliothek der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien (http://www.mdw.ac.at/bib/)

— Die Donau-Universität Krems (http://www.donau-uni.ac.at/), spe-zialisiert für universitäre Weiterbildung, hat als öffentliche Universi-tät mit privatwirtschaftlicher Organisation einen Sonderstatus.

4 Während die offizielle Website der Privatuniversitäten (http://www.pri-vatuniversitaeten.at/) nur neun Universitäten auflistet, bringt die Web-site des österreichischen Akkreditierungsrates (ÖAR) eine vollständige Liste der in Österreich akkreditierten Privatuniversitäten (http://www.akkreditierungsrat.at).— UMIT Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizini-UMIT Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizini-

sche Informatik und Technik Hall in Tirol— Anton Bruckner Privatuniversität Linz (http://www.bruckneruni.

at/)— Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz (http://www.kth-linz.

ac.at/)— Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (http://www.

pmu.ac.at/)— Privatuniversität Schloss Seeburg in Seekirchen am Wallersee, Salz-

burg (http://www.my-campus-seekirchen.com)— Privatuniversität für Kreativwirtschaft St. Pölten (http://www.ndu.

ac.at/)— Konservatorium Wien Privatuniversität (http://www.konservatori-

um-wien.ac.at/)— MODUL University Vienna Privatuniversität (http://www.modul.

ac.at/) — PEF Privatuniversität für Management Wien (http://www.pef.at/)— Sigmund Freud Privatuniversität Wien (http://www.sfu.ac.at/)— TCM Privatuniversität Li Shi Zhen Wien (http://www.tcm-university.

edu/)

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 264

— Webster University Vienna Privatuniversität (http://www.webster.ac.at/)

5 Karl-Franzens-Universität Graz: Leistungsbericht 2007. – Online im In-ternet: http://www.uni-graz.at/bdrwww_leistungsbericht_2007_uni_graz_.pdf [über die Bibliothek: S. 39–43].

6 Leopold-Franzens-Universität Innsbruck: Leistungsbericht 2007. – On-line im Internet: http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsb-latt/2007-2008/43/mitteil.pdf [über die Bibliothek: S. 47–52].

7 Alpen-Adria-Universität Klagenfurt: Leistungsbericht 2007. – Online im Internet: https://www.uni-klu.ac.at/rektorat/downloads/Leistungsber-icht_2007_AAU_Klagenfurt_13.Mai_END.pdf [über die Bibliothek: S. 27–28].

8 Kunstuniversität Linz: Leistungsbericht 2007. – Online im Internet: http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsblatt/2007-2008/43/mitteil.pdf

9 Universität Wien: Leistungsbericht 2007. – Online im Internet: http://rektorat.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/rektorat/Aktuelles/leis-tungsberichte/Leistungsbericht07_web.pdf [über die Bibliothek: S. 92–93].

10 Technische Universität Wien: Leistungsbericht 2007. – Online im Inter-net: http://www.tuwien.ac.at/fileadmin/t/tuwien/docs/leitung/lb07.pdf [über die Bibliothek: S. 34–39].

11 Universität für Bodenkultur Wien: Leistungsbericht 2007. Beiblatt 5: Bericht über die Aktivitäten im Bereich der Bibliotheken. – Online im Internet: http://www.boku.ac.at/fileadmin/_/mitteilungsblatt/MB_2007_08/MB35/Beiblatt_5_boku.pdf

12 Veterinärmedizinische Universität Wien: Leistungsbericht 2007. – On-line im Internet: http://www.vu-wien.ac.at/uploads/media/Leistungs-bericht07_02.pdf [über die Bibliothek: S. 37–38].

13 Behrens-Neumann, Renate: Aus der 54. Sitzung der Arbeitsgemein-schaft der Verbundsysteme am 22. und 23. April 2008 in Konstanz. – In: Bibliotheksdienst 42 (2008), H. 8/9, S. 836–879 [über die OBVSG: S. 872–875].

14 Behrens-Neumann, Renate: Aus der 55. Sitzung der Arbeitsgemein-schaft der Verbundsysteme am 5. und 6. November 2008 in Frankfurt am Main. – In: Bibliotheksdienst 43 (2009), H. 2, S. 139–181 [über die OBVSG: S. 179–180].

15 OBVSG neuer Rechtsträger der Kooperation E-Medien. – In: Mittei-lungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Biblio-thekare 61 (2008), H. 3, S. 154–155.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 65

16 Österreich: OBVSG neuer Rechtsträger der Kooperation E-Medien. – In: Bibliotheksdienst 42 (2008), H. 10, S. 1081–1082.

17 Mühlberger, Günter; Gstrein, Silvia: eBooks on Demand (EOD): a Eu-Mühlberger, Günter; Gstrein, Silvia: eBooks on Demand (EOD): a Eu-ropean digitization service. – In: IFLA Journal 35 (2009), No. 1, p. 35–43.

18 Bauer, Bruno: Nationallizenzen – ein Desiderat in Österreich. – In: GMS Medizin – Bibliothek – Information 7 (2007), H. 2, S. 1–4. – Online: http://www.egms.de/pdf/journals/mbi/2007-7/mbi000085.pdf

19 Erasimus, Elisabeth: BIX 2008: Ergebnisse der elf österreichischen Universitätsbibliotheken. – In: Mitteilungen der Vereinigung Österrei-chischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare 61 (2008), H. 4, S. 78–87.

20 http://www.bix-bibliotheksindex.de/vergleich_wb/index.php?nID=19 21 Mentzel, Walter; Albrecht, Harald; Mundschütz, Reinhard; Bauer,

Bruno: Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek der Medi-zinischen Universität Wien. – In: Mitteilungen der Vereinigung Öster-reichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare 61 (2008), H. 1, S. 7–14.

22 Mentzel, Walter; Bauer, Bruno: Oper des NS-Bücherraubes – 10 Fälle aus medizinischen Bibliotheken in Wien: Provenienzforschungsprojekt an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien. – In: GMS Medizin – Bibliothek – Information 8 (2008), H. 3, S. 1–19.

23 Malina, Peter: „Werke, denen keine große Wichtigkeit beizumessen ist“? Zur Provenienzforschung und Restitutionsarbeit an der Hauptbi-bliothek der Universitätsbibliothek Wien. – In: Stefan Alker, Christina Köstner, Markus Stumpf (Hg.): Bibliotheken in der NS-Zeit: Proveni-enzforschung und Bibliotheksgeschichte. Göttingen: V&R unipress, 2008, S. 237–255.

24 Löscher, Monika: Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek Wien – Der dezentrale Bereich. – In: Stefan Alker, Christina Köstner, Markus Stumpf (Hg.): Bibliotheken in der NS-Zeit: Provenienzforschung und Bibliotheksgeschichte. Göttingen: V&R unipress, 2008, S. 57–271.

25 Mentzel, Walter; Bauer, Bruno: Stumme Zeitzeugen. Medizinische und medizinhistorische Bibliotheken an der Medizinischen Fakultät der Uni-versität Wien während der NS-Zeit. – In: Stefan Alker, Christina Köst-ner, Markus Stumpf (Hg.): Bibliotheken in der NS-Zeit: Provenienzfor-schung und Bibliotheksgeschichte. Göttingen: V&R unipress, 2008, S. 273–287.

26 Bergmann, Katharina: Universitätsbibliothek Graz 1938 bis 1945: Bi-bliotheksgeschichte und Provenienzforschung. Ein Zwischenbericht. –

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 266

In: Stefan Alker, Christina Köstner, Markus Stumpf (Hg.): Bibliotheken in der NS-Zeit: Provenienzforschung und Bibliotheksgeschichte. Göttin-gen: V&R unipress, 2008, S. 121–131.

27 NS-Bücherraub: Bibliotheken durchforsten ihre Bestände. Eine Tagung und zwei Ausstellungen widmen sich dem Thema. Mehrere hundert-tausend Bücher wurden untersucht. 2.400 Bücher restituiert. – In: Die Presse, 20. März 2008.

28 Kriechmayr, Karin: Autopsie am Bibliotheksregal. Die Medizinische Universität Wien, vor 1938 eine der exzellentesten der Welt, arbeitet ihre Bestände auf. – In: Der Standard, 2. Juli 2008, S. 18.

29 Bauer, Bruno: Wien: Blog „Vertrieben 1938“ der Medizinischen Univer-sität. – In: Bibliotheksdienst 42 (2008), H. 8/9, S. 914–916.

30 Schachl-Raber, Ursula: Bücherverbrennung – gegen das Verges-sen:30.4.1938 – 30.4.2008. Zur Erinnerung an die Bücherverbrennung vom 30. April 1938 auf dem Salzburger Residenzplatz. – Salzburg: Uni-versitätsbibliothek Salzburg, 2008.

zUGANG zUM WISSEN: BIBLIOTHEKEN IM NETzWERK 3. IfLA-PRESIDENTIAL-MEETING IN BERLIN

Schwerpunkt des dritten Presidential Meetings, zu dem Frau Professor Dr. Claudia Lux ins Auswärtige Amt nach Berlin eingeladen hatte, war der Kontakt zu und der Austausch mit KollegInnen aus dem Nahen und Fer-nen Osten. Hierfür reisten die Autoren dieses Beitrags als Vertreter des Masterstudiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement von der Hochschule der Medien, Stuttgart zum Auswärtigen Amt nach Berlin.

Im Folgenden werden ausgewählte Äußerungen der Referenten aufge-griffen, die das Thema der Konferenz in besonderem Maße widerspiegeln:

In der Keynote-Speech von Herrn Dr. Khaled Al Dhaheri von der Abu Dhabi Authority for Culture and Heritage wurde besonders die Rolle der Bibliothek als Repositorium des Wissens betont. Herr Dr. Al Dhaheri sprach über den Wissenstransfer, der durch Bibliotheken geleistet werden könne. Ihre Aufgabe sei es, den“ Geist mit Wissen zu erfüllen“ und dieses Wissen über Generationengrenzen hinweg zu speichern und zu vermitteln. Im Vordergrund müsse dabei vor allem auch die Förderung des Lesens und Schreibens stehen. Herr Dr. Christoph Bartmann, Leiter der Abteilung „Kultur und Information“ in der Zentrale des Goethe-Instituts in München legte in seinem Vortrag besonderen Wert auf die Abgrenzung von Wissen zu Informationen und Daten. Dabei sei nicht nur wichtig den Zugang zu

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 67

Informationen zu ermöglichen, sondern die Bibliothekskunden für die Ver-arbeitung von Informationen zu Wissen zu befähigen.

Einen ähnlichen Schwerpunkt wie Dr. Bartmann setzte auch Frau Ellen R. Tise, Bibliotheksdirektorin der University of Stellenbosch in Südafrika, welche Prof. Dr. Lux als IFLA-Präsidentin ab August 2009 nachfolgen wird. Auch ihrer Ansicht nach sollen Bibliotheken ihre Kunden bei der Verarbei-tung von Daten zu Informationen und Wissen unterstützen. Dies stelle eine wesentliche Aufgabe der Bibliotheken dar, da Demokratie unter anderem durch den Zugang zu Informationen und Wissen entstehen könne. Auch falle den Bibliotheken eine Filterfunktion zu, die eine Informationsüberflu-tung vor allem in der nördlichen Hemisphäre verhindern könne.

Ebenso machte der der Leiter der Nationalbibliothek des Königreichs Marokko, Herr Driss Khrouz, mit der Aussage nur wer seine Geschichte kennt, könne auch seine Politik zielgerichtet betreiben, auf die Rolle der Bi-bliothek als Wissens- und Gedächtnisspeicher einer Nation aufmerksam.

Als treffendes Fazit zur Konferenz fand Herr Imad Hashem, Leiter der Abteilung „Bücher und Lesen“ des libanesischen Ministeriums für Kultur folgende Worte: „Nur ein Volk das liest, ist ein Volk das lebt!“.

Neben den interessanten Beiträgen des offiziellen Programms, erwies sich vor allem auch der Austausch mit KollegInnen am Rande der Konfe-renz als sehr wertvoll.

An der Konferenz konnten in diesem Jahr auch zahlreiche Studierende deutscher Hochschulen mit bibliothekarischen Studiengängen teilnehmen. Ermöglicht wurde dies durch die großzügige Unterstützung der Abu Dhabi Authority for Culture and Heritage (ADACH).

Ronald Kaiser und Corinna Sepke

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 268

——————————— P E R S O N A L I A ———————————

HARRO HEIM zUM 90. GEBURTSTAG!

von Karl F. Stock

Am 4. April 2009 beging der Nestor der Bibliotheksautomation Deutsch-lands seinen 90. Geburtstag.

Wo gibt es noch eine Bibliothek im öffentlichen Raum ohne Informa-tionstechnologie? Wohl kein im aktiven Dienststand befindliches Biblio-thekspersonal kann sich diese Zeiten der computerlosen Bibliothek vorstel-len, geschweige denn in einer solchen arbeiten. Noch vor zehn Jahren waren aber gar nicht wenige Bibliotheken erst auf dem Weg zur Umstellung auf die Automation. Heute hat jede Bibliothek mindestens einen Informationsspe-zialisten, wenn nicht gar mehrere, und deren Wissensstand auf dem Gebiet der Informationstechnologie ist mit dem der ersten Automationspioniere nicht mehr vergleichbar. Jede Bibliothek besitzt ein lokales Netzwerk, in dem eine integrierte und alle Arbeitsbereiche bedienende Bibliothekssoftware den Bibliotheksbetrieb unterstützt. Verbundsysteme ermöglichen Daten-austausch, gemeinsame Datennutzung und arbeitsteilige Katalogisierung.

Kaum zu glauben, dass die heutige Automationswirklichkeit schon in den Visionen und Konzepten der ersten Pioniere der Bibliotheksautoma-tion vorkam1. Die Informationspioniere vor etwa 50 Jahren hatten es mit ihren Visionen und ersten Versuchen nicht leicht, hatten sie doch gegen eine Phalanx von hervorragenden konventionellen Bibliothekaren, die die Bibliotheksautomation ablehnten und massiv behinderten, mit Mut und Ausdauer ihre Ziele zu verfolgen.

In Deutschland begünstigte die Neugründung von Universitäten die Au-tomationsvorhaben insofern, als für neue Bibliotheken neue Konzepte not-wenig wurden. Philosophen und Geisteswissenschaftler als Bibliothekare nahmen die Planung in die Hand: in Bochum Günther Pflug (1923–2008), in Konstanz Joachim Stoltzenburg (*1921), in Regensburg Max Pauer (1924–1999) und in Bielefeld Harro Heim.

Harro Heim war der Gründungsdirektor der Universitätsbibliothek Biele-feld, die am 1. April 1968 im Schloss Rheda den Betrieb aufnahm, aber erst 1976 ihre Räume im neuen Universitätsgebäude beziehen konnte. Nach-dem schon vorher von Günther Pflug in der Universitätsbibliothek Bochum der Projektstart der Bibliotheksautomation begonnen hatte, war es für alle

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 69

weiteren Neugründungen nur selbstverständlich, dass auch diese Anstren-gungen zum Einsatz der EDV unternahmen. Hardware und Software waren noch keineswegs für den Bibliotheksbetrieb reif, und doch ließen sich die Pioniere und ihre EDV-Expertinnen (tatsächlich Frauen wie Christine Boß-meier -–- Bochum, Elke Bonneß – Bielefeld, Gertraud Preuß – Regensburg und ein nachmalig österreichischer EDV-Pionier: Herwig Kampl – Kon-stanz) keineswegs abschrecken und zauberten aus den heute vorsintflutlich anmutenden Kernspeicher-Monstern erstaunliche Ergebnisse heraus. Kann heute sich noch jemand vorstellen, dass bereits in den Sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts die Deutsche Bibliographie in Frankfurt bei der Zen-tralstelle für maschinelle Dokumentation (ZMD) auf einem IBM-Computer 1401 mit 16 K-Byte Hauptspeicher und einem monströsen Linotron-Dru-cker laufend hergestellt wurde. Während noch Jahre danach viele Biblio-theken mit dem Großbuchstaben-Flattersatz von Druckerketten Vorlieb

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 270

nehmen mussten, konnte die Linotron schon von einem Magnetband licht-satzgesteuert Groß- und Kleinbuchstaben und Diakritika ausgeben.

Nicht nur Harro Heim, auch andere Pioniere der Bibliotheksautomation waren der Häme wegen ihrer „utopischen Visionen“ ausgesetzt, aber Heim ganz besonders, vor allem auch deswegen, weil er wegen seiner sichtbaren Erfolge auch nicht mit scharfer Kritik an den Gegnern zurückhielt. Dies war für mich auch ein Motiv, als ich im Jahre seiner Pensionierung (1984) ein Exlibris schuf, das ich nach mehreren Diskussionen mit ihm entworfen hatte. Harro Heim als Eulen spiegel blickt von einer Lesesaalballustrade auf die Bücherwürmer, die in Form von mehrgliedrigen Chip-Körperteilen die Bücher bedrängen, aber von der missgünstigen Gegner-Eule bedroht wer-den. Damals waren die Speicherbausteine noch nicht in Nanotechnologie gefertigt und hatten ein ähnliches Aussehen wie auf dem Exlibris darge-stellt. Ein Speicherbaustein hatte damals die Kapazität von 8-32 K-Byte.

In Österreich war man nicht gerade untätig, aber überwiegend marktbe-obachtend. Als am Bibliothekartag 1964 in Linz der seinerzeitige General-direktor der ÖNB Josef Stummvoll einen aufsehenerregenden Vortrag über Bibliotheksautomation hielt, glaubten viele der Zeitpunkt der Automations-planung sei schon gekommen. Sondierungen und Marktbeobachtungen der Bibliotheksautomation dienten der Vorbereitung einer Entscheidungs-findung. Vorsichtige Mahner über die Probleme und Auswüchse einer un-ausgegorenen Bibliotheksautomation und ungeduldige Innovationswillige hielten sich die Waage. Erst 1970 wurde es konkreter, als das BMWF den Mathematiker Walter Koch und den Bibliothekar Karl F. Stock über das Rechenzentrum Graz (Vorläufer-Institution von Joanneum Research) be-auftragte, Vorarbeiten für die Automationsplanung durchzuführen2. Wir konnten uns viel Arbeit ersparen, da wir von vielen Anwendungsmodellen ohne Betriebsspionage hervorragende Unterlagen und maschinenlesbare Daten auf Magnetbändern erhalten konnten, neben Bielefeld auch von Grenoble (Monocle) und der Library of Congress (MARC II Format).

Seit dem Leobner Bibliothekartag 1962 war Harro Heim ständiger Gast auf österreichischen Bibliothekartagen und wir bekamen von ihm laufend die neuesten Fortschrittsberichte und auch Ermunterungen zur Planungsini-tiative. Seine Tagungsvorträge brachten manchen Zauderer zum Nachden-ken. Als das Bielefelder Bibliothekssystem BIKAS die Probeläufe hinter sich hatte, wurde es von Harro Heim für die UB Klagenfurt als Neugründung zur Verfügung gestellt3. Während BIKAS von Bielefeld in diversen Derivaten und Weiterentwicklungen einen Siegeszug in andere Bibliotheken erlebte, wurde das EDV-Projekt in Klagenfurt nach zwei Jahren abgebrochen und der Betrieb wieder auf konventionelle Anwendung zurückgeführt. Die abenteuerlichen

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 71

Gründe hier zu schildern würde zu weit führen, das ist eine andere Geschich-te, über die er selbst und andere in seiner Festschrift berichtet haben4.

Harro Heim war auch ein regelmäßiger Teilnehmer an den EDV-Semi-naren der Vorarlberger Landesbibliothek in Schloss Hofen, die der Grün-dungsdirektor dieser Bibliothek, Eberhard Tiefenthaler (1933–1995) ein-geführt hatte. Dabei kam wieder eine Kooperation zustande, der aber mehr Erfolg als dem Klagenfurter Projekt beschieden war: BIKAS wurde als Übergangssystem an der VLB eingeführt, wobei ab etwa 1983 alle Neuzu-gänge maschinenlesbar erfasst und später in das Nachfolgesystem trans-formiert werden konnten.

Viele österreichische Bibliothekare sind mit Harro Heim in Freundschaft verbunden und danken ihm für manchen wertvollen Rat. Dass Harro Heim Österreich liebt, wissen viele, dass er aber auch über Adalbert Stifter und andere österreichische Persönlichkeiten gearbeitet hat, wie sehr er sich mit dem österreichischen Wesen auseinandergesetzt hat5, ist nur einigen Insidern bekannt. Eine große Ehrung im Jahre 1993 würdigte seine Ver-dienste um das österreichische Bibliothekswesen: Vizekanzler Dr. Erhard Busek überreichte ihm das Ehrenzeichen für Verdienste um Wissenschaft und Kunst. Freunde und Weggefährten wünschen dem Jubilar noch viele Jahre der Gesundheit und der interessierten Kenntnisnahme am Gedeihen des österreichischen und internationalen Bibliothekswesens.

HR Dr. Karl F. StockWienerstrasse 260, A-8051 Graz

kfstockaon.at

1 Stock, Karl F.: Projet de réseau automatisé des bibliothèques scienti-fiques autrichiennes. - In: Bulletin de l‘UNESCO à l‘intention des bibli-othèques. Paris. 27. 1973, No. 5, S. 290–302; Stock, Karl F.: Plans for an over-all automated network for the Austrian scientific libraries. - In: UNESCO-Bulletin for libraries. Paris. 27. 1973, No. 5, S. 265–277.

2 Koch, Walter: Datenformate im Bibliothekswesen für EDV-Anwendung: Manuskript des Vortrages für den 12. österr. Bibliothekartag in Eisen-stadt am 8. Sept. 1972. - Graz: Rechenzentrum Graz, 1972. - 26 S (RZG. Rechenzentrum Graz. 76.) - Auch in: Der österr. Bibliothekartag 1972 ... Wien 1973, S. 90–107 u. Tab.; Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (Wien): Arbeitskreis für Bibliotheksreform. Arbeitsgruppe III: Elektronische Datenverarbeitung und Dokumentation. Grundkonzept für den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung im österreichischen wissenschaftlichen Bibliothekswesen: / [Red. v. Karl F. Stock]. - Wien, 1972. - 13 S.; Koch, Walter: Untersuchungen zur Vorbereitung eines in-

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ternational kompatiblen Datenformates für die österreichischen wissen-schaftlichen Bibliotheken: / Walter Koch; Karl F. Stock; Markus Strobl. - Graz: Rechenzentrum Graz, 1973. - 118 S., 36 Tab (RZG. Rechenzen-trum Graz. 80.); Stock, Karl F.: Untersuchungen zur Verwirklichung eines österreichischen Bibliotheksnetzes mit EDV-Einsatz: Forschungsauftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung / durchgef. v. Karl F. Stock u. Ladislaus Lang, unter beratender Mitwirkung v. Elfriede Markt. - Wien: Österr. Inst. f. Bibliotheksforschung, 1975. - VII, 288 S Enth.: Das österreichische Bibliotheksnetz; Versuch einer Definition des geplanten Bibliotheksnetzes; Anforderungen der wissenschaftl. Biblio-theken an ein österr. Bibliotheksnetz; Erhebungsbogenauswertung; Das Österreichische Kategorienschema (ÖKS); Das testweise zur Verfügung stehende Programmsystem Poseidon/3; Das Bibliotheksnetz u. seine Realisierungsmöglichkeiten; Bibliothekarische Datenerfassung; Anhang.

3 Schmid, Karl: Projektstudie zur Automatisierung der Katalogerstellung an wissenschaftlichen Bibliotheken mittels EDV-Einsatz: / Karl Schmid; Karl F. Stock; Ernst Stranzinger. - Klagenfurt: Bibliothek der Hochschu-le für Bildungswissenschaften, 1973. - 90 S.

4 Harro Heim: Die Universitätsbibliothek Bielefeld 1968–1984 : Aufbau und Entwicklung. Saur, München 1984. ISBN 3-598-20595-3

Günther Pflug (Hrsg.): Die neue Bibliothek : Festschrift für Harro Heim zum 65. Geburtstag. Saur, München 1984. ISBN 3-598-10529-0

5 Heim, Harro: Die Naturwissenschaft im Werk Adalbert Stifters. – Köln: Univ.-Diss., 1953; Heim, Harro: Die Erzählung Die Sedletzer Glasschei-Heim, Harro: Die Erzählung Die Sedletzer Glasschei-be von Moritz Hartmann als Vorlage von Stifters Parabel Der späte Pfenning. – In: Vierteljahresschrift / Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich. 37. 1988, Folg 3/4; Heim, Harro: Julius Hart über Enri-ca von Handel-Mazzetti. – In: OÖ. Heimatblätter. 18. 1964, H. 1/2, S. 47–48.

PROfESSORENTITEL füR HR DR. LIESELOTTE JONTES

HR Dr. Lieselotte Jontes, Bibliotheksdirektorin i.R. der UB der Montanuni-versität Leoben, hat am 3. Dezember 2008 von Landeshauptmann Franz Voves die Verleihungsurkunde zum Professorentitel in den Räumlichkei-tend er Grazer Burg überreicht bekommen. Der Titel würdigt ihre Leistung als Historikerin, Pulizistin und Leiterin des Archivs der Montanuniversität Leoben.

Quelle: MHVÖ-Aktuell 15/2008, S. 10.

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—————————— R E Z E N S I O N E N ——————————

Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hrsg.): „Heut’ muß der Tisch sich völlig bieg’n“. Wiener Küche und ihre Kochbücher, Wien: Mandelbaum Verlag 2007, 264 S. zahlr. meist farb. Abb.ISBN: 978385476-246-1EUR 24,90 [D/A]

In einem Kochbuch zu lesen, ist eine „Gaumenwanderung“ (Grimod de la Reynière) der besonderen Art. Genuss-voll die beschriebenen Rezepte durch-zugehen, die fertigen Köstlichkeiten in der Phantasie entstehen zu lassen, heißt stets auch, eine Reise in die fas-zinierende Geschichte des Essens zu unternehmen. Dies ins Bewusstsein zu rücken, ist eines der Hauptverdienste des vorliegenden Werkes, das von zwei sachkundigen Mitarbeiterinnen der Wienbibliothek im Rathaus heraus-gegeben wurde. In dieser Bibliothek befinden sich rund 1300 historische Kochbücher, vom 16. Jahrhundert bis in die jüngste Zeit, in deren Mittel-punkt ein Thema steht: die Wiener Küche.

Deren Begriffs und Entwicklungsgeschichte in den vergangenen 200 Jah-ren widmen sich insgesamt neun AutorInnen (sieben Frauen und zwei Män-ner), neben den erwähnten Herausgeberinnen u. a. Ingrid Haslinger, aus-gewiesene Expertin zur Kulturgeschichte der österreichischen Küche, Sylvia Mattl-Wurm, Historikerin und Direktorin der Wienbibliothek, oder Chri-stoph Wagner, einer der renommiertesten Gastrokritiker des Landes. Sie alle versuchen zu ergründen, wie es dazu kam, dass eine Küche – auf welt-weit einzigartige Weise – zum Markenzeichen einer Stadt werden konnte.

Chronologisch mit der Zeit um 1800 beginnend werden die wichtigsten Wiener Kochbücher aus dem Biedermeier und der Gründerzeit beschrie-ben – als Wegbereiter für die Entstehung und Verbreitung der bürgerlichen Tischkultur –, wird die Kriegs- und Mangelküche im 1. und sodann 2. Welt-krieg genauer untersucht und den in der Nachkriegszeit einsetzenden inter-

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 274

nationalen Trends nachgegangen bis hin zur modernen Nouvelle Cuisine und zur boomenden Molekularküche.

„Garniert“ wird die skizzierte Geschichte der Wiener Küche, in deren Mittelpunkt schon sehr früh das Fleisch und die Mehlspeise standen, mit zahlreichen Zitaten aus der Literatur, von Johann Nestroy (der den Titel des Buches lieferte) über Fritz von Herzmanovsky-Orlando bis hin zu Jörg Mauthe. Wer sich die Mühe macht, kann – unterstützt von zahlreichen aufgelisteten Original-Rezepten – sehr genau die Zubereitungsgeschichte einzelner Wiener Spezialitäten nachverfolgen, jene vom legendären Wie-ner Schnitzel etwa (das keineswegs aus Mailand stammt), vom Wiener/Frankfurter Würstel als dem monarchisch geadelten „Gabelfrühstück“, vom Wiener Gulasch, vom Apfelstrudel oder der Sachertorte.

„Geschmack und Zeitgeist“ in den Kochbüchern nachzuspüren, wie die Herausgeberinnen ihr Ziel formulieren, und den Bezug zur Herausbildung des genannten Wienimages herzustellen, das gelingt auf diese Weise je-doch nur bedingt. Nur allzu oft bleiben die detail- und zitatenfreudigen Schilderungen im Deskriptiven stecken, fehlt es ihnen an Analysekraft und Mut zur Formulierung eigener Thesen.

Gerne hätte man etwa weiterführende Gedanken zur Bedeutung von Frauen für die kulinarische Imagebildung der Stadt gelesen, angesichts der Tatsache, dass die Wiener Küche stets eine weiblich geprägte Küche war und ist, wurden doch die meisten Kochbücher bis weit ins 20. Jahr-hundert hinein von Frauen verfasst. Doch um eine differenziertere und in sich begründetere Imagegeschichte von Wien zu liefern, hätte es wohl der stärkeren Berücksichtigung von anderen Quellengattungen bedurft, wie Speisekarten, Reiseberichte, Fremdenverkehrsprospekte oder auch popu-läre Massenmedien wie Radio und Film, in denen die Wiener Küche eine spezielle Ausformung und Multiplizierung erfuhr.

Konsistente Erklärungen für das kulinarische Selbst- und Fremd-Bild der Stadt und seine Bedeutung für die Herausbildung einer im österrei-chischen und internationalen Kontext gültigen Identifikationsfigur bleiben somit weitgehend aus. Hier ist nach wie vor auf den schon vor einigen Jahren erschienenen Artikel der Wiener Historikerin Susanne Breuss zu ver-weisen, die genau diese Zusammenhänge detaillierter herausarbeitet.1

Auch die grafische Gestaltung des Buches ist in einigen Punkten nicht wirklich überzeugend. Die grün unterlegte Bebilderung kommt eher schlecht zur Geltung und hinterlässt einen unzeitgemäßen Eindruck, oft sind die – durchaus gut ausgewählten – Abbildungen im Format deutlich zu klein. Nichtsdestoweniger kommt dem Buch – und der im Jahr 2007 be-gleitend gezeigten Ausstellung – das unbestrittene Verdienst zu, das Genre

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 75

der Kochbücher als Quelle für die Wiener Geschichtsforschung aufbereitet und etabliert zu haben, sodass man durchaus mit Armin Thurnher von einem „Pflichtbuch“ für „Küchenpatrioten“ genauso wie für Viennensia-Liebhaber sprechen kann.

Peter Payer, Wien

1 Susanne Breuss: Einverleibte Heimat. Österreichs kulinarische Gedächt-nisorte. In: Emil Brix, Ernst Bruckmüller, Hannes Stekl (Hg.): Memoria Austriae I. Menschen, Mythen, Zeiten. Wien 2004, S. 301–329.

Karlheinz Blaschke: Lauter alte Akten. Den von Formularen geplag-ten Zeitgenossen zum Trost, zur Be-lehrung und Erheiterung! (Leipzig–Jena, Urania Verlag 1956), Nach-druck Berlin: BibSpider 2008, 109 S., 13 s/w Ill. von Walter Gorski.ISBN 978-3-936960-31-0EUR 13,–

Der Autor, Karlheinz Blaschke, Archivar und mit sächsischer Landesgeschichte befasster Historiker, richtet sich mit diesem Buch nicht primär an den aus-gebildeten Archivar, sondern an den in-teressierten Laien, den er mit der Welt des Archivs vertraut machen will. Dies macht er zwar kurz und bündig, spricht aber alle zentralen Themen an: Zuerst erklärt er, was ein Archiv sei, spricht über die einzelnen Typen von Archiva-lien und erklärt deren Genese (Urkunden, Akten und „Miscellanea“) und berichtet über Schreib- und Beschreibstoffe (Papyrus, Pergament, Papier, Tinte etc.). Dann geht er auf das Thema der Archivbauten ein und erklärt Sinn und Zweck von Archiven, widmet er sich dem Archivbenützer und wechselt dann zur archivischen Tätigkeit, indem er die wichtigsten Ord-nungsprinzipien („Archivstrategien“) und das Thema der Kassation (in Österreich: Skartierung) anspricht. Es folgt ein kurzer Abriss über die Ent-wicklung der staatlichen Behörden, gefolgt von einem Kapitel über Be-standserhaltung und Restaurierung. Die letzten beiden thematischen Ka-

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pitel befassen sich mit der Abgrenzung des Archivs zu Bibliotheken und Museen und mit dem Berufsbild des Archivars.

Der Nachdruck dieser kleinen aber informativen Schrift ist zu begrüßen Die angesprochenen Punkte sind auch heute noch zentral und wenn auch Manches heute als überholt angesehen werden muss, ist es in den Grund-zügen noch immer zutreffend. Der heitere Ton, in dem das Buch verfasst ist, macht die Lektüre zu einem Vergnügen. Nicht nur dem interessierten Laien ist dieses Buch zu empfehlen, sondern auch so manchen, der als nicht ausgebildeter Archivar Archivgut zu betreuen hat, wie es auch mitun-ter in Bibliotheken vorkommen mag. Doch auch der ausgebildete Archivar wird das Buch mit Gewinn lesen, wird ihm doch vor Augen geführt, in wel-chen Bereichen sich viel, in welchen nur wenig geändert hat. Auch heute noch gilt es, die Tätigkeit des Archivars nach außen hin zu erklären und die Daseinsberechtigung von Archiven zu legitimieren. Zur abschließenden Aussage, dass man über die Berufsaussichten im Archivwesen „nur das Allerbeste“ sagen kann (S. 106), würde man dennoch wohl heute nicht mehr kommen.

Jakob Wührer, Wien

Eckart Henning: Hennings HiWi-Test. 175 Fragen & Antworten rund um die Historischen Hilfswissenschaften. Mit 10 Thesen über die Ge-meinsamkeiten der Historischen Hilfswissenschaften, Berlin: BibSpider 2009, 135 S., 27 s/w Abb.ISBN 978-3-936960-30-3EUR 21,–

Wie der Titel des Buches schon erahnen lässt, handelt es sich um eine aus der Lehrtätigkeit des sich unermüdlich um die Pflege der Historischen Hilfswissenschaften bemühenden Archivars und Historikers Eckart Hen-ning erwachsene Zusammenstellung von ausgewählten Prüfungsfragen und Antworten rund um die Historischen Hilfswissenschaften. Zielgruppe des Buches sind nicht nur angehende Historiker, die – so der Autor – an den Universitäten ohnehin unzureichend mit den hilfswissenschaftlichen Disziplinen vertraut gemacht werden (S. 8), sondern auch Archiv- und Bi-bliotheksbenutzer und Museumsbesucher, die sich einen ersten Überblick über das Thema verschaffen können.

Insgesamt 13 Kapitel umfasst der Frage-und-Antwort-Teil. Eingeleitet wird jedes Kapitel mit zwei passenden Abbildungen (Abbildungen von Quellen, schematische Darstellungen etc.), dann stehen immer auf einer

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 77

Vorderseite die Fragen. Blättert man um, findet man auf der Rückseite die dazugehörenden Antworten. Das erste Kapitel widmet sich allgemein dem Thema der Historischen Hilfswissenschaften. Dann ist jedes folgende Ka-pitel einer Hilfswissenschaft gewidmet, wobei nicht nur den „klassischen“ Disziplinen Diplomatik (Urkundenlehre), Sphragistik (Siegelkunde), Pa-läographie (Schriftkunde), Chronologie (Zeitrechnung), Genealogie (Ge-schlechterkunde), Heraldik (Wappenkunde), Aktenkunde und Numisma-tik (Münzkunde), sondern auch den weniger etablierten und bekannten Bereichen Autographenkunde (Selbstschriftenlehre), Phaleristik (Ordens-kunde), Titulaturenkunde und Vexillologie (Fahnen- und Flaggenkunde) jeweils ein Kapitel gewidmet wird. Die Fragen und Antworten geben einen Einblick in die Wissenschaftsgeschichte der einzelnen Disziplinen, ihren Aufgaben und den wichtigsten Fachausdrücken und Definitionen.

Ins Auge springt ein Fehler im Kapitel zur Chronologie. Die Julianische Kalenderreform sah nicht alle 128 Jahre, sondern alle vier Jahre ein Schalt-jahr vor und die Schaltjahrregelung der gregorianischen Kalenderreform sah nicht vor, dass alle vierhundert Jahre ein Schaltjahr erfolgte, sondern dass weiterhin alle vier Jahre ein Schaltjahr vorgenommen wird, ausgenom-men in jenen Jahren der vollendeten Jahrhunderte, deren Jahreszahl nicht ohne Rest durch 400 teilbar ist.

Grundsätzlich ist das kurzweilige Buch ein lobenswerter Beitrag zur Stärkung der Historischen Hilfswissenschaften. Vor allem die Kapitel der weniger bekannten und etablierten Disziplinen halten auch für mit den Hilfswissenschaften vertraute Historiker gewinnbringende Erstinformati-on bereit. Etwas zu bedauern ist, dass in der Literaturliste am Ende des Buches „nur“ Werke des Autors enthalten sind, womit zwar ein beacht-licher Bereich abgedeckt wird, aber der Ausrichtung des Buches hätte es mehr entsprochen, wenn man am Ende jedes Kapitels die wichtigste Ein-führungsliteratur zur jeweiligen Disziplin angegeben hätte.

Noch vor der abschließenden Literaturliste präsentiert der Autor „10 Thesen: Gemeinsamkeiten der Historischen Hilfswissenschaften“ (S. 122–125). In diesem „Schlusswort“ kehrt der Autor nochmals den Nutzen und die Notwendigkeit der Beschäftigung mit den hilfswissenschaftlichen Fächern hervor und schließt mit dem hoffnungsvollen Gedanken und Wunsch, dass die Hinwendung zu den Kulturwissenschaften auch den Hilfswissenschaften zu einer Renaissance verhelfen werde (S. 125), denn zu Recht hatte er schon weiter vorne implizit darauf hingewiesen, dass, will man sich im kulturwissenschaftlichen Sinn mit dem einzelnen Text oder Bild beschäftigen, beides zuerst verstehen muss (S. 16).

Jakob Wührer, Wien

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 278

Harald Tersch: Schreibkalender und Schreibkultur. Zur Rezeptionsge-schichte eines frühen Massenmediums (= Schriften der Vereinigung Österrei-chischer Bibliothekarinnen und Bibli-othekare 3), Wolfgang Neugebauer Verlag: Graz-Feldkirch 2008, 120 S. ISBN 978-3-85376-283-7 EUR 24,80; EUR 18,60 für VÖB-Mitgl.

Harald Tersch, einer der besten Kenner frühneuzeitlicher Selbstzeugnisse, un-tersucht in seiner Wiener Master-Thesis eine faszinierende Quellengattung: die Schreibkalender,1 also Kalenderdrucke, die dafür bestimmt waren oder dazu genutzt wurden, tagebuchartige Auf-zeichnungen aufzunehmen. Tersch hat in zahlreichen österreichischen Archi-ven und Bibliotheken zahlreiche solche Schreibkalender ermittelt. Darüber hinaus hat er die außerordentlich verstreute Sekundärliteratur sowie die vereinzelten Ausgaben von Schreibkalender-Aufzeichnungen ausgewertet.

Kalenderdrucke waren ein Massenmedium, das bereits wiederholt buch-geschichtliches Interesse gefunden hat, während die in ihnen erhaltenen handschriftlichen Aufzeichnungen von den Bibliographen meist ignoriert wurden. Der erste bekannte Kalender, der für solche Einträge genutzt wurde, war ein 1499 gedruckter Almanach. Eines der ältesten Exemplare, Aventins „Haus-Kalender“ blieb nur durch einen glücklichen Zufall in Mün-chen erhalten, denn man hatte in der Staatsbibliothek den Urheber der handschriftlichen Einträge nicht erkannt, den Druck gegenüber den „un-befleckten“ Exemplaren wohl auch als minderwertig angesehen und ihn zu den (für den Verkauf vorgesehenen) „Dubletten“ gestellt.2 Diese Ignoranz wiederholt sich auch leider immer wieder unter digitalen Vorzeichen.3

Tersch stellt Familiennotizen und Kinderverzeichnisse vor, die ja bereits in spätmittelalterlichen Handschriften begegnen, aber auch das Angebot der reformatischen „Historienkalender“ wie Ebers „Calendarium historicum“. Er macht deutlich, dass „Schreibdisziplin“ ein wichtiges Motiv für die Führung der Kalender war und dass sie Teil der zeitgenössischen Geschenkkultur wa-ren. Er würdigt Schreibkalender überzeugend als Einheit von Druck, Schrift und Einband und stellt ihren Bedeutungsverlust seit der Aufklärungszeit dar.

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Kurzum: Es liegt nichts weniger als ein aus souveräner Quellenkennt-nis entstandenes Standardwerk vor, auf das man bei jeder ernsthaften Be-schäftigung mit Schreibkalendern wird zurückgreifen müssen.

Leider ist die Abbildungsqualität unbefriedigend. Es wäre zu wünschen, Terschs schmale Monographie würde Erschließungsaktivitäten in den Ar-chiven und Bibliotheken auslösen. Wir brauchen dringend ein Verzeichnis der „gebrauchten“ Schreibkalender, und diese sollten auch digitalisiert der Forschung zur Verfügung gestellt werden.

Klaus Graf, Aachen

1 Bereits des Öfteren hat sich der Rezensent mit der Frage der Schreib-kalender befasst. – Siehe dazu die Angaben im Webblog Archivalia: http://archiv.twoday.net/search?q=schreibkalend. Eine weiter ausho-lende Rezension zum vorliegenden Band ist ebendort veröffentlicht: http://archiv.twoday.net/stories/5630347/.

2 http://mdz10.bib-bvb.de/~db/0001/bsb00010238/images/index.html?seite=14.

3 Dazu ausführlicher: http://archiv.twoday.net/stories/5630347/ sowie http://archiv.twoday.net/stories/5289664/.

Eberhard Nehlsen (Bearb.): Berliner Liedflugschriften. Katalog der bis 1650 erschienenen Drucke der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Registerband. Baden-Baden. Verlag Valentin Koerner, 2009. [316 S.] ISBN: 978-3-87320-717-2; EUR 120 [D].

Knapp ein Jahr nach den beiden Hauptbänden (siehe VÖB-Mitteilungen 61/3) ist nun auch der abschließende Registerband zum Katalog der Berli-ner Liedflugschriften im Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz erschienen. Mit knapp 2300 Exemplaren verfügt die Berliner Staatsbibliothek über den weltweit größten Bestand dieses frühen massen-medialen Genres. Obwohl sich auch schon die Hauptbände durch eine sy-stematische Anlage in ihrer Handhabung recht komfortabel präsentieren, erhöht der Registerband die Benutzbarkeit des Kataloges ganz beträcht-lich. So werden etwa Sucheinstiege nach Titeln, Incipits, Verfassern und Verlegern angeboten. Der größte Wert liegt jedoch in einem Personen- und Stichwortregister, das etwa Recherchen von „Abdank der Welt“ über „Rauben, Morden, Brennen“ bis „Zwietracht“ ermöglicht.

Michael Staudinger, Wien

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Günther Grünsteudel: Musik für die Synagoge. Die Sammlung Mar-cel Lorand der Universitätsbiblio-thek Augsburg. Historische Einfüh-rung und Katalog, Augsburg: Uni-versitätsbibliothek Augsburg 2008. 71 S.ISBN: 978-3-936504-03-3; EUR 5,–

Um die Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert erlebte der mittel- und westeuropäische Synagogalgesang einschneidende Veränderungen. An-ders als in der früheren, zumeist nur mündlich überlieferten Tradition des Kantoralgesanges, lehnte sich die li-turgische Musik nun mehr an die christliche Musikpraxis an, was etwa in der Errichtung von Orgeln in den Synagogen Ausdruck findet. Darüber hinaus traten eben den rein soli-stischen Kantorengesang auch mehrstimmige Chorgesänge. Liturgische Musik wurde nun vermehrt schriftlich fixiert und in Sammelbänden her-ausgegeben. Eine der prominentesten Ausgaben ist etwa die Sammlung Schir Zion von Salomon Sulzer aus dem Jahr 1839. Sulzer, der bahnbre-chende Wiener Reformer des Synagogalgesanges war auch einer der be-deutendsten Lehrer für Kantoren in ganz Europa.

Neben Sulzer bildeten Samuel Naumbourg in Paris und Louis Lewan-dowski in Berlin die wichtigsten Knotenpunkte eines dichten Netzes des reformierten Synagogalgesanges, der die Liturgie in zahlreichen jüdischen Gemeinden prägte bis er mit Beginn des NS-Terrors in Europa fast gänzlich verschwand.

Einer der wenigen, die nach 1945 noch reformierte Synagogalmusik pflegten, war der Budapester Kantor Marcel Lorand, der 1964 nach Straß-burg emigrierte. Seine in Europa einzigartige Sammlung an Notendrucken und Handschriften befindet sich seit 1986 in der Universitätsbibliothek Augsburg, die nun erstmals einen reich illustrierten Katalog über diesen 117 Einheiten umfassenden Bestand herausgibt und damit einem größeren Kreis von Interessenten einen ersten Zugang zu dieser Sammlung eröffnet (die UB Augsburg bietet auf ihren Internetseiten keinerlei Information über die Sammlung Lorand). Der Wert dieses schmalen Bandes liegt jedoch

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nicht nur im Katalog, sondern zu einem guten Teil auch in der knappen gleichwohl sehr informativen Einleitung von Günther Grünsteudel sowie in einer umfassenden Bibliographie zum Thema.

Michael Staudinger, Wien

J. Paul Lomio, Henrik Spang-Hans-sen: Legal research methods in the U.S. & Europe, 2. ed., copenhagen: DJØF Publ. , 2009. XX, 409 S. ISBN: 978-87-574-1936-8

Internationalization and globalization are phenomenons modern lawyers and scho-lars have to deal with. The ability to work with different law systems has becomes very important in law and therefore also in legal education. To work with different law systems requires the knowledge of re-search.

Spang-Hanssen’s book deals with the legal research methods for US-Law and for European Union Law in a depth that is not found in other works. To my know-ledge, there do not exist any book with a similar content.

It explains the differences between the common law and the civil law and so enables students, scholars and lawyers from opposite sides of the Atlantic to understand each other in a better way.

This book truly demonstrates that Spang-Hanssen is a most valuable and needed scholar and author across the Atlantic. From the European point of view, especially his information and instruction on how to do re-search on the United States material and his overviews and appendixes in the book are of value.

His manual in the Second edition on how to study foreign law is very in-structive – even for scholar/students born in Europe knowing the existence of different cultures and legal systems.

Furthermore, even from the perspective of a library in a Member State of the European Union, the chapter on European Union Law sources and research is of great value for European scholars as the chapter deals with these issues in a depth that is not found in other works.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 282

The book contains very useful appendices, tables and abbreviations and – in the revised 2nd edition a special section on the new E.U. Treaty of Lisbon. A section that for any researcher is of great value as it lists what might become European Union law – and thus the law in 27 European countries.

I believe this book could not have been made without the corporation of Spang-Hanssen and his thoroughly knowledge of the sometimes extreme differences in legal thinking and research methods across the Atlantic.

This book can be recommended to anyone that has a need to be in-structed in foreign legal system. It should be a “must have” for university libraries in the USA as well as in Europe.

Tomas Luzer, Wien

Pipp, Eveline (Hrsg.): Informations-konzepte für die Zukunft. ODOK '07. 12. Österreichisches On line-Infor ma-tions treffen, 13. Öster rei chi scher Do-ku mentartag, Karl-Fran zens-Uni ver si-tät Graz, 17.–21.9.2007 (= Schriften der Vereinigung Österreichischer Bi-bliothekarinnen und Bibliothekare 5), Graz: Neugebauer, 2008. 204 S.ISBN 978-3-85376-285-1EUR 39,90

Im September 2007 fand die ODOK (das 12. Österreichische Online-Infor-mationstreffen und zugleich der 13. Österreichische Dokumentartag) an der Karl-Franzens-Universität in Graz statt. Diese gelungene Veranstaltung, die von Verantwortlichen der VÖB und des ÖGDI organisiert wurde, bot den nahezu 300 Teilnehmern die Mög-lichkeit, sich einen äußerst informativen Einblick in aktuelle Themen der bibliothekarischen Fachwelt zu verschaffen. Durch die großteils hochka-rätigen Vorträge in den Themenblöcken Informationsdienstleistungen, Informationssysteme, Informationsmanagement sowie Ausbildung und Forschung war es möglich, sich sowohl ein Bild vom aktuellen Stand als auch der zukünftigen Entwicklungen auf diesen Gebieten zu machen. Die

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vorliegende Publikation ist der 5. Band der Schriften der VÖB und bietet mit 17 Beiträgen und einem Vorwort der Herausgeberin Eveline Pipp trotz aller Kürze eine gute Zusammenfassung der wichtigsten Tagungsthemen.

Der einleitende Beitrag ist der Festvortrag der „Online-Pioniere“ Wal-ter Koch und Heinz Hauffe (S. 11ff.), der den einprägsamen Titel „Keine Zukunft ohne Vergangenheit“ trägt und einen ebenso informativen wie un-terhaltsamen Einblick in die Geschichte der Entwicklung und des Einsatzes von elektronischen Medien in Bibliotheken gibt. Dieser illustrierte und le-bendige Beitrag sowie der reiche Erfahrungsschatz der zwei Verfasser legen den Grundstein für alle folgenden Themen sowie die ODOK generell.

Der erste große Themenblock „Informationssysteme und ihre Erschlie-ßung“ ist mit vier Beiträgen vertreten. Engelbert Zass (S. 27ff.) von der ETH Zürich, der als leidenschaftlicher Vortragender sein Publikum begeistert, er-reicht dies auch in seinem Artikel. Anhand von Beispielen und Erfahrungen aus dem Informationszentrum Chemie Biologie Pharmazie demonstriert er deutlich die Notwendigkeit eines vielfältigen Datenbank- und Schulungs- bzw. Betreuungsangebots. Der zweite Artikel mit dem Titel „Bunte Blu-menwiese versus Nutzbarkeit“ von Tamara Pianos (S. 39ff.) beschäftigt sich mit den zahlreichen virtuellen Fachbibliotheken und Fachportalen in Deutschland. Hier wird der aktuelle Stand der Portale im Kontext von zwei ZBW-Projekten (Hilfe bei Aufbau und Homogenisierung bzw. eine Studie zur Relevanz von Portalen bei ihren Zielgruppen) sowie Entwicklungsopti-onen aufgezeigt. Im nächsten Beitrag von Fredrik Gundelsweiler und Sonja Öttl (S. 47ff.) wird das Bildretrievalsystem ERIS präsentiert. Dieses the-saurusbasierte System zur Bildsuche, das den direkten Zugriff auf das inte-grierte Bildmaterial über die visuelle Repräsentation des Thesaurus mittels semantischen Zoomings erlaubt, wird vom Konzept bis zur Realisierung des Prototyps dargestellt und mittels Screenshots anschaulich erklärt. Re-gine Stein stellt in ihrem Artikel mit dem Titel „Museumsdaten in Portalen“ (S. 61ff.) die Vernetzungsstandards museumdat und museumvok vor. Die-se können nicht nur die Integration von Objektdaten in Museumsportalen vereinfachen und Recherchemöglichkeiten erweitern, sondern auch einen Beitrag zur besseren Vernetzung nicht nur deutscher Museen darstellen.

Der zweite Themenblock „Informationsdienstleistungen“ enthält vier Berichte zu richtungsweisenden Dienstleistungen, welche aktuellen und zukünftigen Projekten als wertvolle Informationsquelle dienen können. Ni-cole Krüger (S. 71ff.) stellt ausführlich LOTSE vor, ein Navigations- und Schulungssystem für WissenschaftlerInnen und Studierende, hinter dem ein ganzheitlicher Ansatz zur Online-Vermittlung von Informationskompe-tenz steht. Weiters berichtet Peter Mayr über die Erfahrungen aus dem

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virtuellen Auskunftsverbund DigiAuskunft. Sein Beitrag mit dem Titel „Für uns sind sie keine (Ticket-)Nummer!“ (S. 83ff.) beschreibt informativ und anschaulich die Entwicklung des Systems mit Open-Source Komponenten und die Erfahrungen aus den ersten 20 Praxismonaten. Die „Optimierung von Dienstleistungen an Hochschulbibliotheken auf Basis von Web 2.0 Technologien“ ist das Thema des dritten Aufsatzes von Christine Krätzsch (S. 93ff.) und berichtet von einem entsprechenden Projekt an der UB Mannheim. Zum Abschluss gibt Michaela Putz einen Einblick in die Erfah-rung mit „Wikis als Wissensmanagementtool für Bibliotheken“ (S. 103 ff.). Dieser Praxisbericht bietet aufschlussreiche Erkenntnisse und Hinweise so-wohl für den Einsatz des konkreten Instruments als auch allgemein für die Durchführung eines derartigen Projektes.

Der dritte Block beschäftigt sich mit „Open Access im Bibliothekswe-sen“, wobei der aktuelle Stand in Österreich näher beleuchtet und kritisch hinterfragt wird. Monika Bargmann betitelt ihren äußerst interessanten Beitrag mit „Wein predigen und Wasser trinken?“ (S. 113ff.) und beschäf-tigt sich mit der Frage, wie es in Österreich um den freien Zugang zu bi-bliothekarischer Fachliteratur bestellt ist. Wahrscheinliche Ursachen für eine Zurückhaltung werden behandelt sowie mögliche Lösungen für dieses Dilemma angeboten. Der zweite Beitrag zum Thema stammt von Michael Katzmayr und befasst sich mit dem Status Quo und den Perspektiven der österreichischen Beteiligung an E-LIS (S. 127ff.).

Weiters enthält der Tagungsband einen allzeit aktuellen Artikel von Adalbert Kirchgäßner (S. 137ff.), der einen Teil der öffentlichen Sitzung des Forums GeSIG e.V. wiedergibt. Er stellt die Problematik von Zeitschrif-tenkonsortien dar und beschäftigt sich eingehend mit der Frage einer An-gebotsausweitung auf Kosten der Flexibilität.

Zwei der drei Preisträger des erstmals vergebenen ÖGDI-Preises für Information und Dokumentation nutzen die Gelegenheit zur Präsenta-tion ihrer prämierten Werke in der vorliegenden Publikation. Verena Kern stellt ihre Diplomarbeit „Bibliotheken in österreichischen Justizanstalten“ (S. 147 ff.) vor. Bernhard Wenzl präsentiert seine Arbeit mit dem Titel „RFID in der Hauptbücherei Wien“ (S. 157 ff.).

Als Beispiel für die Präsentation und Verwaltung von E-Medien wird die DigiBib (kurze Geschichte, aktueller Stand und geplante Entwicklungen) von Heiko Jansen (S. 167 ff.) ausführlich vorgestellt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung selbst war die Ausbildung und Forschung. Jutta Bertram (S. 181ff.) zieht in ihrem informativen Artikel „10 Jahre Studienstandort Eisenstadt“ Bilanz und berichtet über Erfah-rungen, Karriereverläufe von Absolventen, Status Quo und Zukunftsplä-

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ne. Der abschließende englischsprachige Festvortrag von Sirje Virkus von der Tallinn University in Estland mit dem Titel „LIS Education in Europe: Challenges and Opportunities“ (S. 191ff.) ist vollständig enthalten und bietet interessante Einblicke in die europaweite Entwicklung des bibliothe-karischen Ausbildungs- und Berufsstandes.

Formal ist die Publikation ansprechend gestaltet, die einzelnen Beiträge wurden in Anlehnung an das Tagungsprogramm übersichtlich in die verschie-denen Themenbereiche gegliedert. Besonders hervorzuheben ist die Aufnah-me der beiden Festvorträge, die den perfekten Rahmen für die inhaltliche Spannweite der Tagung bilden. Eine vollständige Nachlese der ODOK '07 ist nicht gegeben – jedoch wurden einige der wichtigsten Artikel und Erfah-rungsberichte gesammelt und zu einem sehr aufschlussreichen Werk gebün-delt. Es lädt nicht nur zum Lesen ein, sondern enthält sowohl Grundlagen als auch neue Ideen, die zum Nachdenken und Nachmachen animieren.

Susanne Kirchmair, Innsbruck

Walter Hehl: Trends in der Infor-mationstechnologie. Von der Nano-technologie zu virtuellen Welten, Zürich: vdf Verlag, 2008, 176 S.ISBN 978-3-7281-3174-4EUR 24,90 [D]

„Trends in der Informationstechno-logie“ ist im vdf Hochschulverlag an der ETH Zürich entstanden und setzt damit sogleich einen Qualitätsmaß-stab, den der Inhalt zuerst einmal erreichen muss. Mit gutem Gewis-sen lässt sich sagen (und lesen), dass dies der Fall ist. Auf knapp 150 Sei-ten werden die wichtigsten Trends in der IT dargestellt, auf einer Art und Weise, dass sie auch für Laien gut ge-eignet ist. Die deutsche Sprache un-terstützt das Vorhaben der Leserlichkeit entsprechend.

Doch nun zu den konkreten Inhalten. Die Themengebiete des Werkes erstrecken sich von Sensorik, Computer Design, Grundtechnologien, Soft-waretrends, Communities und virtuelle Welten, Services und Innovations-

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strategien. Für BibliothekarInnen sind besonders die Kapitel über die Mi-niaturisierung / Entmaterialisierung (RFID und andere Sensoren), digitale Gemeinschaften (künftige Zusammenarbeit von Menschen und deren on-line Werkzeuge) sowie der globale Trend zu Dienstleistungen (Informati-onsanreicherung, Automatisierung, intelligente Systeme, Roboter etc.).

Mit der kürzer werdenden Technologie-Halbwertzeit sowie der stärkeren Abhängigkeit der Bibliotheken von technologischen Entwicklungen ist hier ein ganz „natürlicher“ Interessensraum für Bibliotheken entstanden: einer-seits muss man mit der Technik im Rahmen der Kundenbedürfnisse Schritt halten, andererseits sollte man sich auch an manchen Fronten als Tech-nologiepionier hervor tun, um gegenständliche Entwicklungen zumindest ansatzweise mitlenken zu können.

Dieses Buch kann man als Pflichtlektüre für alle angehenden Bibliothe-karInnen in ihrer Ausbildung empfehlen.

Mark Buzinkay, Dornbirn

Matthias Rückert, Gregor Vin centz: Der Markt der Avatare – reale Unter-nehmen in Second Life, Nordstedt: Books on demand Gmbh, 2008, 164 S. ISBN 978-3-8370-6071-3EUR 14,90 [D] / 15,40 [A]

Second Life ist, trotz negativer Presse nach einem Jahr Hype, ein hochaktu-elles Thema: nicht nur was die Beschäf-tigung der Wissenschaft mit diesem Thema betrifft, sondern vor allem weil es immer noch eine sehr große Masse an funktionierenden Einrichtungen, Gemeinschaften und Zukunftsvorstel-lungen gibt. Dies können reißerische Zeitungsberichte nicht „wegleugnen“, höchstens ausblenden.

Nun, die beiden Autoren beschäftigen sich mit Second Life aus einem ganz besonderen Grund: es geht um die Ökonomie in dieser virtuellen Welt. D.h., um die wirtschaftlichen Grundlagen von in der wirklichen Welt ansässigen Unternehmen, die in Second Life eine Dependance eröffnen möchten.

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In einem ersten Teil geht es um die wirtschaftlichen Grundlagen, die Second Life bietet. Wie kaum eine andere virtuelle Welt ist Second Life in Sachen ökonomischer Freiheiten ein Vorzeigebeispiel. Währung, Mär-kte und Preise sind fast gänzlich den real-typischen Marktmechanismen „nachempfunden“ - sie regeln sich fast ohne Zutun des Betreibers selbst. Trotzdem weisen die Autoren auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Ge-fahren (im Sinne finanzieller Risiken) hin.

Dieser Widerstreit aus Möglichkeiten der Plattform, potentieller Risken und einer trotz millionenfacher Registrierungen recht kleinen Anzahl po-tentieller Nutzer (die tatsächlich aktive Bevölkerung von Second Life liegt irgendwo zwischen 350.000 und 1,5 Millionen, je nach dem die Intensi-tät der Nutzung als Argument verwendet wird) wird besonders in den 16 Fallbeispielen sichtbar, die gleichzeitig das Interessante an diesem Buch darstellen. Sie zeichnen die Versuche und die Erfahrungen von Unterneh-men nach, die trotz (manchmal massiver) Investitionen unterschiedliche Resultate erwirtschaftet haben.

ich möchte dieses Buch allen empfehlen, die sich entweder mit dem Einstieg ihres Unternehmens in Second Life beschäftigen, sowie allen, die im Bereich Marketing unterwegs sind. Es bietet einen schnellen und guten Überblick über die Möglichkeiten eines neuen, interessanten und zukunfts-trächtigen Vertriebs- und Kommunikationskanals.

Mark Buzinkay, Dornbirn

Lars Janssen: Mobile virtuelle Welten. Technik und Ökonomie von Mobile Ga-ming Services, Igel: Diplomica Verlag, 2008, 158 S.ISBN 978-3-8366-6622-0EUR 48, [D/A]

Janssen greift mit seinem Werk ein sehr aktuelles und gleichzeitig recht junges Geschäftsfeld auf: mobile Gaming. Ir-gendwie haben wir schon alle davon ge-hört, doch einen richtigen Reim können sich nur eingefleischte Spieler machen.

Was ist also mobile Gaming? Nicht die Verwendung eines mobilen Gerätes ist entscheidend, sondern die direkte

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Einbindung der Umwelt, um ein Spiel als mobile Gaming zu bezeichnen. Ja nach geografischer Position der Spielenden verändert sich auch das Spiel. Dabei ist es oft nicht ganz klar, in weit der magic circle of game überschritten wird oder nicht. Damit bezieht man sich auf die alte (und immer noch gültige) Definition des Spiels von Huizinga, der u.a. feststellt, dass jedes Spiel einen klar abgegrenzten Raum darstellt, den der Spieler be-wusst betritt und verlässt. In diesem Raum ist es klar, dass es sich um einen Spielraum handelt, der andere Regeln aufweist als das reale Leben. Mobile Games tendieren aber dazu, diesen bewussten Übertritt zu verschleiern - Spielende wissen machmal nicht, ob es sich noch um Spiel oder schon um den realen Alltag handelt. .

Jenssen geht anschließend auf alle wichtigen Aspekte des mobile Ga-ming ein: Nutzerpräferenzen, Endgeräte, Übertragungstechnik und Er-folgsfaktoren einer Anwendung. Ein entscheidender Aspekt für den kom-merziellen Erfolg ist u.a. die notwendige Community: ist eine bereits vor-handen, auf das mobile Gaming zurückgreifen kann, so stehen die Chan-cen nicht schlecht. Ein anderer, interessanter Aspekt im Zusammenhang mit mobile Gaming ist die Technologie der Positionsbestimmung, die vom Autor in einem eigenen Unterkapitel beschrieben wird. Diese Technologien werden nicht nur in mobile Gaming eingesetzt, sondern z.B. auch schon in Bibliotheken. Damit ergibt sich auch eine mögliche Synthese von Gaming-Konzepten und Nutzungszenarien für reale Anwendungen.

Insgesamt ein sehr anregendes Werk, welches Entscheidungsträger in Bibliotheken und anderen Institutionen mit Kundenverkehr gelesen haben sollten.

Mark Buzinkay, Dornbirn

Wissen bewegen – Bibliotheken in der Informationsgesellschaft. 97. Deutscher Bibliothekartag in Mannheim 2008. Hg. von Ulrich Hohoff und Per Knudsen. Bearb. von Stefan Siebert (= Zeitschrift für Bibliotheks-wesen und Bibliographie: Sonderband 96). Frankfurt am Main: Kloster-mann 2009, 377 S. ISBN: 978-3-465-03606-7; EUR 89,00 [D] / 91,50 [A]

Wissen bewegen – es beginnt mit dem Lob des Deutschen Bibliothekar-tags, dieser „zentralen und größten Fach- und Fortbildungstagung unserer Branche“, und mit dem Hinweis, wie wichtig der tatsächliche Besuch sol-cher Veranstaltungen ist. Persönlicher Kontakt führe zu intensiveren Erfah-rungswerten und prägenderen Lernerfahrungen, führt Susanne Riedel in

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ihrer Eröffnungsansprache aus: „ist es nicht weit eindrücklicher und nach-haltiger, wenn man Neues unmittelbar erfahren, mit eigenen Ohren hören und in natura sehen oder anfassen kann? Ich meine: Ja!“

Für alle, die dieses Erlebnis verpasst haben, liegen Vorträge des 97. Deutschen Bibliothekartags in Mannheim 2008 schriftlich vor. Das Ganze kommt in der bewährt ansprechenden Form der ZfBB-Sonderhefte und mit den bekannten Eigenheiten von Tagungsbänden: Individuelle Zitierwei-sen je nach Beitrag, diverse Satz- und Flüchtigkeitsfehler, Wiederholungen im Inhalt (hier etwa im Bereich Urheberrecht) und Überschriften, die die Vielfalt der Beiträge nur schwer in Abschnitten zusammenhalten können. Das beginnt mit dem Titel der Veranstaltung „Wissen bewegen“ – laut Rie-del „ein raffiniertes Motto“ – und prägt die Bezeichnungen der Abschnitte: „Wer bewegt das Wissen?“ ist etwa von „Management und betriebliche Steuerung“ oder der ausladenden Formulierung „Kulturelles Erbe“ recht unsystematisch abgegrenzt.

Vor den einzelnen Abschnitten steht neben der schon erwähnten Er-öffnungsansprache auch ein historischer Beitrag über die Rolle von Buch, Bibliotheken und Bibliothekaren in der NS-Zeit. Mit „Das Buch in der Be-wegung – Positionen zur Bücherverbrennung“ findet die „endlich doch ge-wagte Annäherung an eine immer noch belastete und belastende Vergan-genheit“, die Jürgen Babendreier dem deutschsprachigen Bibliothekswesen konzediert, prominent Platz. Prominent bedeutet in diesem Fall aber auch: formal und inhaltlich solitär – Babendreiers Beitrag steht außerhalb der Abschnitte und weitab von dem, was sonst offenbar (Wissen) bewegt.

Der Band insgesamt setzt auf die Beschäftigung mit neuesten Entwick-lungen in gesellschaftlichen, technischen und rechtlichen Bereichen. In diesen Zusammenhang passen Rafael Balls Überlegungen zur geänderten Situation der Wissenschaftskommunikation im Sinne der Kommunikation unter Wissenschaftlern (Scholary Communication). Ball geht davon aus, dass sich die Grenzen zwischen informeller und formeller Kommunikati-on auf dem Weg von der Ideenfindung über die Konkretisierung bis zum veröffentlichten Produkt auflösen und dass Heterogenität und Komplexi-tät der betroffenen Medien auch die Rolle von Bibliotheken, insbesondere von Sacherschließung und Retrieval im Katalog, verändern. Gerade was die Integration von Community-Diensten angeht sieht er Bibliotheken unter Zugzwang. Bemerkenswert allerdings sind die Voraussetzungen seiner Ar-gumentation: Wenn er ausführt, man müsse „über das Ende der traditi-onellen Sacherschließung nachdenken oder zumindest die Ergebnisse von kollaborativen Systemen mit in die Erschließung […] integrieren“ klingt das, als wäre bibliothekarische Sacherschließung nicht schon längst ein ausge-

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sprochen kooperativer Prozess (vgl. Barbara Blocks Beitrag „Noch koope-rativer katalogisieren“ im selben Band) und wenn er davon spricht, dass „Nutzer nicht länger mit den Katalogregeln eines gedruckten oder elektro-nischen OPAC vertraut sein wollen“ steht die Vorstellung eines gedruckten Online-Katalogs im Raum. Ball fordert, aus der Kombination von biblio-thekarischen Spezialsystematiken und „aus kooperativer Erarbeitung ent-standenen Erschließungssystematiken“ (?) einen Mehrwert zu lukrieren.

Fast konträr liest sich der auf dieselben gesellschaftlichen Entwicklungen antwortende Beitrag von Wilfried Sühl-Strohmenger „Now or never! Whate-ver, wherever …!?“. Er konstatiert veränderte Nutzererwartungen und -an-sprüche: Nutzer wollen Medien ohne Probleme, unabhängig von Raum und Zeit und vor allem unverzüglich zur Verfügung (now or never), führt er aus, man nehme, „was möglichst komplikationslos und unmittelbar zu haben ist“ (whatever) und „holt es sich dort, wo es leicht zu haben ist“ (where-ver). Sühl-Strohmenger thematisiert all das ausdrücklich, „ohne dabei all-zu große Hoffnungen in partizipative (nutzergenerierte) Bibliotheksdienste […] zu wecken“. Die Informationspraxis von Studierenden und Wissen-schaftlern weise keineswegs in Richtung aktiver Web 2.0-User, Tagging und Recommendersysteme zeigten bisher eine schwache Bilanz. Die Beteiligung von Nutzern an der bibliothekarischen Erschließung sei nicht per se ‚gut‘, vielmehr hätten sich auch moderne Hybridbibliotheken ihres Auftrags zur inhaltlichen Orientierung zu besinnen, ja ihre „wissensorientierende Funk-tion“ sei schlichtweg „nicht delegierbar“ – eine Absage an den Cult of the amateur. Sühl-Strohmenger schließt: „Durch sinnvolle Integration von Ka-taloganreicherungen, durch Schlagwortsysteme, durch Klassifikationen und Thesauri kann das ‚faceted browsing‘ nachhaltig unterstützt werden. Insofern gewinnt die professionelle Sacherschließung analog den Regelwer-ken und Normsystemen überraschenderweise wieder stark an Bedeutung.“

Gerade auf dem Gebiet der wechselseitigen Kataloganreicherung mit wertvollen (Sach-)Erschließungsdaten hat sich in letzter Zeit viel getan. Barbara Block berichtet aus der Arbeit der AG Kooperative Neukatalogisie-rung vieles, was auch in Österreich von Belang bzw. schon implementiert ist. Block schildert den Fortschritt beim Datenaustausch zwischen Ver-bundsystemen (inkl. OBV) und der DNB und die Möglichkeit der Nachfüh-rung von Korrekturen und Ergänzungen durch die Nutzung eines verbund-übergreifenden eindeutigen Identifiers. Aktivitäten betreffen die erweiterte Mulitpool-Suche, harmonisierte Erfassungsregeln für E-Books, Vorberei-tungen für die Gemeinsame Normdatei GND inkl. MARC-Umstieg. Die insgesamt verbesserte Möglichkeit zur Fremddatenübernahme gründet auf verbundübergreifenden Erfassungsregeln und Formatfestlegungen: „Dies

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bedeutet […], dass die Interpretation von MARC und RDA verbundüber-greifend erfolgen muss“, schließt Block.

Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit dem Einsatz von Klassifikati-onen und den Möglichkeiten zur Datenanreicherung. Magnus Pfeffers Bei-trag geht von den Einsatzmöglichkeiten von Klassifikationen im Online-Ka-talog aus, wo sie das oft beobachtete Nutzerverhalten, eine Treffermenge mittels drilldown zu verkleinern, unterstützen, bevor er von der automa-tischen Vergabe von RVK-Notationen, entwickelt im Zuge einer Umstruk-turierung der UB Mannheim, berichtet. Basierend auf bereits klassifizierten Titeln können durch fallbasiertes Schließen automatisch Klassifikationen vorgeschlagen werden. Die Erfolgsrate des Systems, das bisher nur Berech-nungen für Altbestände, nicht aber für Neuzugänge unterstützt, liegt zwi-schen 58 und 82 Prozent. Am Deutschen Bibliothekartag 2009 in Erfurt berichtet Ulrike Reiner über die automatische Vergabe der DDC, die mit der Entscheidung der UB Wien für ‚Dewey‘ ja auch in Österreich verstärkt zum Einsatz kommt.

Nutzerorientiert wie die meisten Beiträge des Bandes setzt auch Klaus Ceynowas Bericht über Massendigitalisierung an der Bayerischen Staatsbi-bliothek an. Die „Generation der nach 1981 Geborenen, der sogenannten ‚Millennials‘“, zeichne sich durch verstärkte Internetnutzung, weniger Bibli-otheksnutzung und Orientierung an Suchmaschinentechnologie aus. Dem geänderten Nutzerverhalten offensiv zu begegnen bedeutet für Ceynowa den Abschied vom Ideal der ‚hybriden Bibliothek‘ hin zur ‚digitalen Biblio-thek‘. Die Massendigitalisierung des urheberrechtsfreien Bestands der BSB aus dem 17. bis 19. Jahrhundert im Rahmen der Public-Private-Partner-ship mit Google wird als strategische Antwort auf die spezifische Situati-on der Bibliothek erkennbar. Die BSB, deren Alleinstellungsmerkmal der historische Bestand sei, hat eine andere internationale Ausrichtung in der Distribution ihrer Medien als etwa Universitätsbibliotheken: „der einzig-artige, immer schon auf eine internationale Nutzung berechnete Bestand der Bibliothek erreicht endlich seine ebenfalls immer schon vorhandene, aber aufgrund weltweiter Verstreutheit bisher nicht effizient adressierbare Klientel“. Zugleich erhofft man sich den aus dem Online-Geschäft kom-merzieller Anbieter bekannten Long Tail, die langfristige Nachfrage nach vermeintlichen Nischenprodukten.

So zeigt sich bei der Lektüre des Bandes, dass die Antworten auf die Veränderungen des gesellschaftlichen wie wissenschaftlichen Umfelds der Bibliotheken in der Analyse ebenso divergent ausfallen, wie die praktischen Reaktionen. Einige dieser geänderten Rahmenbedingungen, die das eigent-liche übergreifende Thema des Bandes darstellen, betreffen wie die organi-

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sationspolitische Stellung der Bibliotheken, die dienstrechtliche der Bibli-othekarInnen oder veränderte Ausbildungsabläufe vor allem Deutschland, andere werden in ihren Konsequenzen erst abgesteckt wie das europäische Urheberrecht. Gemeinsam scheint den Reaktionen der Bibliotheken, was schon in der Eröffnungsansprache programmatisch vorgegeben ist: „Ent-scheidend sind die Bedürfnisse, Wünsche und Interessen unserer Nutzer“.

Stefan Alker, Wien

Brandy E. King, Kathy Reinold: Fin-ding the concept, Not Just the Word. A librarian’s guide to ontologies and semantics (= chandos information pro-fessional series), Oxford, UK: chandos, 2008. xxi, 202 S.ISBN 978-1-84334-318-9 (br., £ 39,95), 978-1-84334-319-6 (geb., £ 59,95)

Die Autorinnen dieses Buches kommen aus den USA und sind in den Bereichen Medizinbibliothek (King) und Informatik (Reinold) tätig. Wie dem Vorwort zu ent-nehmen ist, liegt ihrer gemeinsamen Publi-kation ein berufliches Kooperationsprojekt zugrunde, als Folge dessen der Wunsch entstand, eine verständliche Einführung in das Gebiet Ontologien und seman-tische Technologien zu verfassen. Dass man sich dabei laut Untertitel explizit an die bibliothekarische Fachwelt wendet, wird im Buchinneren allerdings nicht wirklich eingelöst, zumal der Text eigentlich von jedermann gelesen werden kann. Vielleicht wollte man aber Bibliothekare und Informationsspezialisten deshalb gezielt anspre-chen, da für sie, wie im Text mehrmals betont wird, bei der Umsetzung von Suchanfragen in Suchstrategien und den verwendeten Retrievalinstru-menten bis dato das Paradigma des text matching gilt. Letzteres umso mehr (so könnte man ergänzen), da in der Bibliothekswelt gegenwärtig neue und nicht gerade wohlfeile Abfrageinstrumente eingeführt werden, die der durch Google und E-Commerce verblendeten Klientel vorgaukeln, seman-tische Suchprobleme mehr oder weniger allein durch die Kombination von Stichwortsuche und Ranking lösen zu können.

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Dagegen setzen die Autorinnen im einführenden Kapitel die Frage: „… what if the search engine understood the concepts in the question, rather than just matching the text?“ und meinen weiter: „This is all possi-ble with the use of ontologies and semantic technologies.“ (beides p. xix). Ist dies nur blauäugiger Optimismus oder stecken dahinter handfeste, alltagstaugliche Alternativen? Die Antwort, so sei vorweggenommen, ist ein klares „Jein“. King und Reinold versuchen jedenfalls, ihr Anliegen in fünf Hauptabschnitten darzulegen und ihrer Darstellung dabei auch den Charakter eines Lehrtextes zu geben. Letzteres gelingt gar nicht schlecht, zumal das Buch in verständlicher Sprache geschrieben ist, am Ende jedes der sieben Kapitel der beiden ersten Hauptabschnitte ein quasi wieder-holender Abschnitt („Key concepts“) angefügt ist und auch sonst immer wieder zusammenfassende oder vergleichende Tabellen und Grafiken den Text ergänzen.

Der erste und längste Teil (64 Seiten) ist mit Understanding ontologies überschrieben und enthält vier Kapitel, die sich mit folgenden Themen be-schäftigen:

— Was sind Ontologien und wie unterscheiden sie sich von anderen Mitteln der Wissensrepräsentation? Obgleich die Definition von Gruber (1993) bzw. jene des W3C (2004) angeführt werden, legen die Autorinnen für das vorliegende Buch ausdrücklich fest, eine On-tologie sei „a collection of concepts, arranged in a hierarchy of cate-gories, combined with the relationships between those concepts, in order to reflect the vocabulary of an area of knowledge.“ (p. 8). Dies ist nun so allgemein gehalten, dass etwa Thesauren und Klassifika-tionssysteme locker darunterfallen würden. Doch das ist hier nicht gemeint, denn nach King und Reinold unterscheiden sich letztere durch die Absenz von Definitionen und eine weit weniger reichhal-tige Ausstattung mit Relationen verschiedenster Art (worüber es sich allerdings durchaus streiten liesse).

— Wie können im Gegensatz zu herkömmlichen Retrievalinstrumenten Sucherfolg und Relevanz durch Verwendung von Ontologien be-stimmt bzw. verbessert werden? Hier werden zunächst semantischen Techniken wie NLP (natural language processing), semantische Analyse, Referencing (Zuordnung von Begriffen/Synonymen zu Ontologien und Ersetzen von Begriffen durch Identifikatoren bzw. Vorzugsbegriffe) und Ranking auf Basis der wichtigsten Begriffe aus den Benutzeranfragen vorgestellt. Sodann erfolgt die Darstellung von Aufbau und Ablauf in einem semantischen Suchsystem (Analyze the natural language; Map the words/phrases to concepts in the

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ontology; Create a semantic index; Query; Rank the results) unter Verweis auf drei bereits existierende Lösungen.

— Wie erstellt man eine Ontologie? Dafür geben die Autorinnen anhand eines Beispiels aus dem gastronomischen Bereich eine entsprechend kochbuchartig anmutende Anleitung, die neun Schritte umfasst: 1. Decide how your ontology will be used; 2. Gather terms related to your domain; 3. Create a taxonomy (gemeint ist hier eine Hierar-chie von Kategorien); 4. Add more terms to each category; 5. Define terms (im domänenspezifischen Sinn!); 6. Add synonyms; 7. Define relationships and use them to connect terms; 8. Verify your onto-logy; 9. Revise. Dies klingt natürlich wie eine traditionelle Anleitung zur Konstruktion einer Fachsystematik oder eines Fachthesaurus und unterscheidet sich hievon eigentlich nur durch den Verweis auf die darüber hinausgehenden Arten von Beziehungen (actions; locations; conceptual connections), die im siebenten Schritt zu definieren sind.

— Wie erstellt man eine Ontologie auf der Basis bereits existierender Komponenten (Taxonomie, Thesaurus, vorhandene Ontologie)? Hier wird, unter Rückgriff auf die eben dargestellten neun Schritte und mitunter ziemlich repetitiv, auf die Unterschiede zu „from scratch“ eingegangen. Dass in beiden Kapiteln als Beispieldomäne keine wissenschaftliche, sondern eine solche aus dem Alltag heran-gezogen wird, mag zwar das Verständnis erleichtern, erschwert es aber, sich die Übertragung auf wissenschaftliche Themenbereiche vorzustellen.

Der zweite Hauptteil (32 Seiten) ist der Einführung in die semantischen Technologien gewidmet. Darunter verstehen King und Reinold „any au-tomated software tool that processes information based on an interpre-tation of meaning“ (p. 65). Diese Interpretation bedeutet hauptsächlich die Fähigkeit zur Erkennung unterschiedlicher Wege für die Identifizierung derselben Vorstellung bzw. desselben Begriffs. Andere Technologien gehen darüber hinaus und ermöglichen bspw. die Ableitung neuer Fakten auf der Basis existierender Informationen. Die drei Kapitel dieses Abschnittes be-richten über:

— Natürliche Spracherkennung (NLP), wobei die beiden grundsätz-lichen Ansätze vorgestellt werden, d.h. der grammatik-basierte und der auf Musterkennung und statistischer Analyse beruhende Ansatz; ein Trend zur Kombination beider wird konstatiert.

— Die Verwendung von Metadaten zur Anreicherung mit semantischer Information. Hier wird kurz auf strukturierte Sprachen wie SGML und XML, sowie auf „metadata tagging“ bzw. „semantic tagging“

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eingegangen, wobei z.B. auch Entwicklungen wie Text Encoding Initia-tive oder Dublin Core zur Sprache kommen.

— Als weitere „semantic capabilities“ besprechen die Autorinnen „se-mantic classification“ (mit diesem Quasi-Pleonasmus ist die Zuord-nung von semantischen Wissensstrukturen aus Thesauren und Klas-sifikationssystemen zu Synomymlisten, Topic Maps und Ontologien gemeint), „Synsets“ (Gruppierung von synonymen Begriffen, z.B. WordNet), Topic Maps und regelbasierte Systeme (rules engines).

Im dritten Hauptteil (47 Seiten) werden in vier Kapiteln Fallstudien darge-stellt, die die praktische Umsetzung der zuvor behandelten theoretischen Aspekte illustrieren sollen. Dabei wird jeweils ein Informationsproblem in einer Organisation beschrieben und erläutert, wie diese Organisation Onto-logien und semantische Technologien zu dessen Bewältigung einsetzt bzw. welche Pläne dort für die weitere Zukunft bestehen. Diese Darstellungen sind sehr detailliert und können hier nicht näher wiedergegeben werden. Daher sei nur angeführt, um welche Organisationen es sich handelt:

— Biogen Idec, ein Unternehmen auf biotechnologischem Gebiet (drug discovery research);

— Center on Media and Child Healthcare, eine Einrichtung der Bosto-ner Kinderklinik (exploring effects of media);

— Partners HealthCare Systems, ein grosses Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich (clinical decision support);

— MINDSWAP, eine Forschergruppe der Universität Maryland (sup-port to counter-terrorism analysts).

Der vierte Hauptteil, Advanced topics, ist kürzer (22 Seiten) und bietet interessierten Lesern – den anderen raten die Autorinnen, den Abschnitt zu überspringen – eine detaillierte Einführung zu den Sprachen zur Darstel-lung von Ontologien (XML, RDF, OWL, SKOS) und den Werkzeugen für die Erstellung von Ontologien. Dabei wird erwähnt, dass 2002 erst 56, 2004 aber bereits 94 derartige Tools angeboten wurden. Als bekanntestes wird die Stanford-Entwicklung Protegé erwähnt. Als allgemein bestes Tool für die Erstellung einer Ontologie bezeichnen King und Reinold das jeweils ein-fachste zur Lösung der betreffenden Aufgabe – eine sympathische Aussage, bei der man sich an Ockhams Rasiermesser erinnert. Des weiteren werden auch einige Kriterien zur Evaluierung solcher Werkzeuge andiskutiert.

Nur neun Seiten umfasst schliesslich der letzte Abschnitt, Transitions to the future. Zunächst erfolgt ein Rückbezug auf die bekannte Vision eines Semantic Web (Berners-Lee et al., 2001) und die dort erhobene Forderung, den Daten und Links des WWW die fehlende Semantik hinzuzufügen. Da-mit ist es allerdings – was kein Geheimnis ist – auch heute noch nicht weit

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her. Dass Ontologien gar nicht so einfach zu erstellen sind, konzedieren die Autorinnen nun spät, aber doch. Auch die Tatsache, dass sie am besten für eher eng abgesteckte Themengebiete geeignet sind, macht ihre Anwen-dung auf breiter Basis problematisch. Kann es Verbindungen zwischen ver-schiedenen Ontologien geben? Unter der Bezeichnung „ontology mediati-on“ gibt es tatsächlich entsprechende Entwicklungsbestrebungen, die aber wohl noch in den Kinderschuhen stecken. Auch die Welt der semantischen Tools ist noch nicht in einem ausgereiften Stadium. Kollaborative Ansätze auf breiterer Basis sind zwar populär, leiden aber unter mangelnder Auto-rität. Bibliothekarisches Know-how, so die Autorinnen in der Schlusspas-sage, könnte hier vielleicht erfolgversprechend eingesetzt werden.

Im Anhang enthält der Band noch eine Sammlung von bibliogra-phischen und Web-Ressourcen, ein Verzeichnis der zitierten Literatur so-wie ein Sachregister.

Ein kurzes Fazit: Ein lesenswertes Buch, das insbesondere jenen, die sich bislang noch nicht mit Ontologien und semantischen Techniken befasst ha-ben, einen nützlichen ersten Einblick zu geben vermag. Nichts hingegen für Spezialisten, denn der Text kann auf den verfügbaren Seiten an keiner Stelle wirklich in die Tiefe gehen. Insbesondere die beiden ersten Hauptabschnitte sind auch als Lehrtext gut geeignet, selbst wenn an verschiedenen Stellen die Präzision zu wünschen übrig lässt. Gar zu nonchalant wird hier nämlich mit Grundbegriffen der Wissensorganisation umgegangen – z.B. wird der Infor-mationsthesaurus nicht ausreichend vom Synonymenwörterbuch (Roget’s) abgegrenzt, Klassifikationssysteme werden durchweg als Taxonomien (mit reduziertem Anspruchsniveau) verkauft. Und: zum Themenbereich „auto-matisches Klassifizieren“ fällt den Autorinnen lediglich das reichlich ange-staubte System Scorpion von OCLC ein. Mit diesen kleinen Einschränkungen kann das Werk aber durchaus empfohlen werden. Der Ladenpreis ist natür-lich für Studierende bzw. persönliche Käufer zu hoch, doch das Buch wird wohl ohnedies vornehmlich institutionelle Abnehmer finden.

Otto Oberhauser, Wien

Berners-Lee, T.; Hendler, J.; Lassila, O. (2001). The Semantic Web. Scientific American magazine. (May). Online: http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=the-semantic-web [25.05.2009]

Gruber, T. R. (1993). A translation approach to portable ontology specifi-cations. Knowledge acquisition. 5(2). 199-220.

World Wide Web Consortium. (2004). OWL Web Ontology Language: Use cases and requirements. Online: http://www.w3.org/TR/2004/REC-we-bont-req-20040210/ [25.05.2009]

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————————— M I T T E I L U N G E N —————————

KARL f. STOCK PRäSENTIERTE SEINE BIBLIOGRAPHIEN ONLINE IN WIEN

Die Wiener Bibliophilen-Gesellschaft und die Österreichischen Exlibris-Ge-sellschaft luden am 16. April d. J. gemeinsam zu einem Vortrag von Herrn HR i. R. Dr. Karl F. Stock ein, vormaliger Bibliotheksdirektor der Tech-nischen Universitätsbibliothek Graz, um seine Online-Bibliographien von Literatur über Exlibris, Holz- und Linolschnitt einem Fachpublikum vorzu-stellen. Herr Bibliotheksdirektor HR Mag. Dr. Peter Kubalek stellte für diese Präsentation den Vortragssaal der UB der TU Wien freundlicher Weise zur Verfügung. Karl Stock ist sicherlich einer tüchtigsten und fleißigsten Biblio-graphen, die jemals in Österreich tätig waren. Er war es auch, der vor mehr als 30 Jahren die ersten Gehversuche zur Computer gestützten Erstellung von Bibliographien unternommen hatte und somit die jüngere Generation der österreichischen Bibliothekare ermutigte, das auch zu versuchen. Zur Präsentation an der TUBW waren ausschließlich Fachinteressierte gekom-men, welche Bibliographien für ihre Arbeit (SammlerInnen) benötigen und BibliothekarInnen, deren Aufgabe es ist, Spezialinformationen zu vermit-teln. Stock hat nun seine elektronisch erstellten Bibliographien mittels Pro-vider ins Netz gestellt. Es handelt sich um folgende Dateien:

1. Internationale Exlibris-Literatur (etwa 47.000 Einträge)2. Personalbibliographien österreichischer Persönlichkeiten (über

72.000 Einträge). Diese Daten stehen online nur mit eingeschränkter Anzeige zur Verfügung

3. Bildende Künstler der Steiermark (ca 3.800 Einträge)4. Steirische Bibliographien (über 2.000 Einträge)5. Tiroler Bibliographien (über 3.000 Einträge)6. Vorarlberger Bibliographien (über 1.500 Einträge)7. Wiener Bibliographien (über 5.500 Einträge)8. Xylon: Bibliographie zum Holzstich, Holzschnitt und Linolschnitt

(über 4.400 Einträge)9. Veröffentlichungen von Karl F. Stock (268 Einträge)Stock erläuterte kurz seine bisherige bibliographische Arbeit, welche er

mit Rudolf Heilinger und Stocks Gattin Marylène Stock nahezu fünf Jahr-zehnte zusammen getragen hat.

Die Anwesenden interessierte vorallem die Internationale Bibliographie der Exlibris-Literatur, so zu sagen das jüngste Kind aus der Werkstatt Stocks.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 298

Die Stock’sche Datei ist sicherlich weltweit die einzig bekannte und größ-te ihrer Art. Stock versuchte alle ihm zugänglichen Publikationen an den großen österreichischen Bibliotheken und Bibliotheken von Privatsamm-lern zu erfassen. Dafür boten sich zusätzlich die Bestände der Sammler Dr. Ottmar Premstaller und Peter Rath an. Stock stützt sich auch auf die vielen Hinweise aus dem Nutzerkreis seiner Dateien. In der Datei sind die „Zuträ-ger“ mit einem Kürzel vermerkt. Die Exlibris-Bibliographie enthält mehr als nur die schlichte „Titelaufnahme“ eines Buches oder Zeitschriftenartikels. Jede Eintragung wird sehr detailliert mit Angaben zum Bildinhalt ergänzt. Ein schönes Ziel wäre es, wenn diese Angaben einmal eine Verbindung zu einer Bilddatenbank erhalten. Auftraggeber und Künstler werden angege-ben und sind dadurch auch abrufbar. Stock erfasst Kurzbiographien der KünstlerInnen und auch der SammlerInnen, soweit diese erreichbar sind. Stock stellte sich im Anschluß an seine Präsentation – er hielt sie mit Unter-stützung durch seinen Provider – den vielen Fragen und Vorschlägen seiner ZuhörerInnen. Alle Hinweise usw. sollen nach eingehender Prüfung in die Möglichkeiten der Handbarkeit der Sock’schen Dateien Eingang finden. In der Demo-Version mit eingeschränkter Anzeige stehen die Dateien kosten-los zur Verfügung stehen, ihre Nutzung mit Vollanzeige und der Möglich-keit von „Cut and Paste“ ist kostenpflichtig. Weitere Informationen findet man unter: http://bibi.kfstock.at/

Tillfried CernajsekVorsitzender der Wiener Bibliophilen-Gesellschaft

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MASTER THESEN UNIVERSITäTSLEHRGANG LIBRARy AND INfORMATION STUDIES MSC – UNIVERSITäT WIEN IN KOOPE-RATION MIT DER ÖNB 2008

Dr. Andreas Brandtner: Die Erschließung von Nachlässen und Auto-graphen im Kontext der aktuellen bibliothekswissenschaftlichen Katalo-gisierungsdiskussion

Die Gedächtnisinstitution Handschriftensammlung bzw. Literaturarchiv hat im deutschsprachigen Raum seit den 1990er Jahren einen deutlichen Modernisierungsschub erfahren, der bis heute anhält. Wesentlicher Motor dieses Prozesses sind die Änderungen der systemrelevanten Umwelten vor allem hinsichtlich elektronischer Daten- und Informationsverarbeitung. Die Übernahme bibliothekarischer Verfahren hat zu einer deutlichen Stei-gerung der Erschließungsstandards und also der Katalogisierungsqualität und -daten geführt. Über den Anschluss an international eingesetzte und gepflegte Regelwerke und Datenformate wurden Institutionen, die Nach-lässe und Autographen verwalten, aus der Isolation idiosynkratischer In-sellösungen herausgeführt und in der Kommunikation anderer Gedächtni-seinrichtungen vernetzt. Damit sind auch die Voraussetzungen für verstär-kten Datenaustausch, für Verbünde und Vernetzungen gegeben, die das je spezifische Datenangebot wesentlich attraktiver, die Benutzungsqualität spürbar besser und den Einsatz interner Ressourcen deutlich effizienter machen können.

Mit dieser neu geschaffenen Situation sind auch Aufgaben und He-rausforderungen entstanden. Um den erreichten Standard im Bereich der Erschließung bzw. Katalogisierung halten zu können, haben sich Hand-schriftensammlungen bzw. Literaturarchive über Fort- und Weiterbil-dungen am jeweiligen State of the Art der Disziplin zu orientieren. Sie ha-ben sich an Diskussionsprozessen über Neuerungen zu beteiligen, um ihre je spezifischen Interessen und Bedürfnisse artikulieren zu können. Dazu ist es notwendig, in den entsprechenden Gremien, Arbeitsgruppen usw. vertreten zu sein.

Über die Zukunft der Katalogisierung ist noch nicht entschieden. Sie ist offen und wird weiterhin Gegenstand der Diskussion sein. In diesem Sinn sind die Handschriftensammlungen und Literaturarchive in einen lebendigen Arbeitsprozess eingetreten, den sie mit gestalten können und sollen.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2100

Mag. Katharina Breyer: RDA (Resource Description and Access): Anfor-derungen an ein Regelwerk für das 21. Jahrhundert. Eine Analyse der bis zum 1.12.2007 vorliegenden Entwürfe.

Mit RDA (Resource Description and Access) wird derzeit ein Regelwerk zur Formalerfassung entwickelt, mit dem man auf AACR2 aufbauen, gleichzei-tig aber auch die Möglichkeiten jüngster technologischer Entwicklungen voll ausschöpfen möchte. Als konzeptionelles Modell wird diesem neuen Regelwerk FRBR (Funktionelle Anforderungen an bibliographische Daten-sätze) zu Grunde gelegt. In den bis Anfang Dezember 2007 vorliegenden Entwürfen wird geregelt, wie Merkmale von Objekten wiedergegeben wer-den sollen. Solche Merkmale können entweder zur Identifizierung eines Ob-jektes dienen oder die Auswahl eines Objekts ermöglichen, das hinsichtlich seiner physischen und inhaltlichen Beschaffenheit den Nutzerbedürfnissen entspricht. Weiters enthalten diese Entwürfe auch Vorgaben zur Erfassung von Beziehungen zwischen Objekten auf der einen und Personen, Familien und Körperschaften auf der anderen Seite, sowie von Beziehungen zwi-schen den Objekten selbst. Bei vielen Bestimmungen der RDA wird den Anwendern freigestellt, zwischen mehreren Möglichkeiten zu wählen oder Angaben zu bestimmten Merkmalen und Beziehungen wegzulassen. RDA soll mit unterschiedlichen Datenbankstrukturen umgesetzt werden kön-nen. Die Fertigstellung von RDA ist für 2009 geplant.

Mag. Ing. Helmut Dollfuß: Einführung und Evaluierung von Ressourcen für den Personal Digital Assistant (PDA) an medizinischen Universitäts-bibliotheken

Im Gesundheitsbereich tätige Menschen müssen mobil sein, denn Kranke und Pflegebedürftige sind es nicht. Der moderne PDA ist bequem in der Jackentasche von Ärzten, Studenten und Krankenpflegern transportierbar und kann große Mengen an relevanter Information für den Arbeitsalltag in einer elektronisch schnell durchsuchbaren Form speichern. Das kommt gerade dieser Personengruppe entgegen, um Fragen an Ort und Stelle zu entscheiden, unabhängig vom fest verdrahteten PC. In USA unterstützen schon viele Medizinbibliotheken den Einsatz von PDAs, in Europa beschäf-tigen sich hingegen nur wenige Bibliotheken mit diesem Gerät. Viele be-kunden ihr Interesse, geben aber fehlendes Know-how als hauptsächliches Hindernis an. Die vorliegende Arbeit möchte dem Medizinbibliothekar den PDA näher bringen. Es wird über seine geschichtlichen Wurzeln berichtet

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und die rasante technische Entwicklung anhand einzelner Modelle vorge-stellt. Zukünftige Mobilgeräte werden in vielen Variationen PDA-, Telefon- und Internetfunktion vereinen und mit ihrer weiten Verbreitung den Aus-bau des mobilen Internets kräftig ankurbeln. Neben der klassischen und digitalen Bibliothek wird sich damit auch der Bereich der Mobile Library etablieren.

Im zweiten und dritten Teil werden auf Grundlage publizierter Artikel mögliche Ressourcen und Einsatzbereiche für den PDA diskutiert, mit ent-sprechenden Beispielen aus Medizinbibliotheken. Als geeignete Lizenzpro-dukte erwiesen sich lokal bewährte Arzneimittelverzeichnisse, häufig ver-wendete Lexika und bekannte Nachschlagewerke. Bibliotheken profilieren sich durch PDA-Projekte bei ihren Benutzern und bei der Institutsleitung als Innovator und erarbeiten sich das nötige Expertenwissen für zukünftig wichtige mobile Bibliotheksanwendungen. Auf Hürden beim Einstieg in di-ese neue Technologie wird hingewiesen.

Das PDA-Projekt der Universitätsbibliothek der Medizinischen Uni-versität Wien startete im März 2007 und wird im vierten Teil im Detail behandelt. Ergebnisse der dabei durchgeführten Online-Umfrage werden graphisch dargestellt. Die Auswertung zielt dabei auf den Vergleich von zwei unterschiedlichen Nutzergruppen des PDA-Angebotes ab. Als Top-Anwendung stuften beide, Ärzte und Medizinstudenten, das Arzneimittel-verzeichnis ein, Studenten aber auch noch den Pschyrembel für die Prü-fungsvorbereitung.

Im abschließenden Diskussionsteil werden Ideen, Erkenntnisse und Fra-gen der vorliegenden Arbeit nochmals durchgegangen und die Resultate der Online-Umfrage in Wien den Ergebnissen des Modell-Projektes der Zweigbibliothek Medizin der Universität Münster gegenüber gestellt.

Mag. Susanne Kirchmair: „Produkt“ FAcHHOcHScHULBIBLIOTHEK. Analyse und Konzeption aus betriebswirtschaftlicher Sicht.

Die universitäre Hochschulbildung in Österreich wird seit wenigen Jahren durch Fachhochschulen bereichert. Zur Infrastruktur einer Fachhochschule gehört ebenso der Zugang zu den Ressourcen einer Bibliothek. Am Beginn der Arbeit steht die Definition und Abgrenzung von wesentlichen Begriffen aus dem Bibliothekswesen und der Betriebswirtschaftslehre. Anschließend folgt eine Analyse der Rolle der Bibliothek für eine Bildungseinrichtung, ein Blick auf aktuelle Entwicklungen sowie eine Analyse der Bibliothek aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Anhand von drei Fallstudien werden Bibli-

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2102

othekskonzeptionen beispielhaft dargestellt. Mithilfe dieser Erkenntnisse werden Kriterien für ein Geschäftsmodell für FH-Bibliotheken entwickelt und Empfehlungen gegeben.

Mag. Dr. Martina Koger: Zeugnisse aus dem Leben eines Wienerliedsän-gers – der Nachlass von Peter Wlček

Die in dieser Arbeit behandelte Thematik ist eine Darstellung über die Ent-wicklung des Wienerliedes durch die Beiträge einzelner Interpreten und Musiker. Es soll der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung hatte das Wirken und Engagement von Peter Wlček und wie stellt sich die Situ-ation anhand der Aufarbeitung von Beständen aus dem Nachlass von Pe-ter Wlček (1897–1988) dar. Diese Unterlagen wurden vom Sohn des Ver-storbenen dem Archiv des Österreichischen Volksliederwerkes übergeben. Anhand der in dieser Sammlung enthaltenen Lebensdokumente1 sowie weiterer Quellen, soll mit Hilfe eines aufgezeichneten Interviews mit dem Sohn (Walter Wlček) vom 28. Mai 2003 das Leben des Sängers dargestellt werden. Dabei wird darauf hingewiesen, dass das Gespräch zwischen der Leiterin des Österreichischen Volksliedwerkes, Mag. Michaela Brodl, und Prof. Walter Wlček im Zuge der Übergabe von Dokumenten, Programmen, Noten und Fotografien erfolgte und keine strukturierte Befragung im Sinne eines geplanten Interviews darstellt.

Die Aufgabenstellung für die Master Thesis setzt sich aus verschiedenen Bereichen zusammen. Unter Berücksichtigung der kulturellen, gesellschafts-politischen und historischen Faktoren soll die Thematik, die Bedeutung einzelner Interpreten für die Entwicklung und den Erhalt des Wienerliedes, behandelt und dabei ein quellenkritischer Ansatz beachtet werden. Des Weiteren sollen die Beziehungen von Peter Wlček zu anderen Interpreten des Wienerliedes und die Bedeutung seiner Tätigkeit für die musikalische Tradition des Wienerliedes beleuchtet werden. In erster Linie soll das Le-ben und Wirken von Peter Wlček dargestellt werden. Eine Aufstellung und Beschreibung der Lebensdokumente soll Stationen des Lebens von Peter Wlčeks dokumentieren.

Der Nachlass von Peter Wlček umfasst handschriftliche Aufzeich-nungen, Geschäfts-, Kassa- und Arbeitsbücher, Ausweise, Verzeichnisse, Preisaufstellungen, Programmzettel, zahlreiche Bilddokumente, eine große Anzahl von gedruckten und handschriftlichen Noten, über tausend Lied-flugblätter und 753 Einzelblattdrucke sowie andere Dokumente aus dem Leben des Musikers.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 103

Mag. Irene Mitis-Stanzel: Social Tagging in Bibliotheken

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Methode des Social Tag-ging zur Erschließung von Bibliotheksbeständen. Social Tagging ist die Beschreibung von Ressourcen mittels frei wählbarer Schlagwörter – so-genannter Tags – durch die Benutzerinnen selbst. Der dabei entstehende Pool an Tags wird Folksonomy genannt. Neben einer genauen Analyse der Funktionsweisen von Folksonomies sowohl bei der Beschreibung von als auch bei der Suche nach Ressourcen, werden mögliche Funktionen von So-cial Tagging im Bibliotheksbereich dargestellt. Dabei wird klar, dass Folk-sonomies traditionellen Erschließungsmethoden in manchen Bereichen unterlegen sind, in anderen aber völlig neue Möglichkeiten bieten. Social Tagging kann die bibliothekarische Sacherschließung daher nicht ersetzen, ist aber eine sinnvolle Ergänzung zu dieser. Dies beweisen auch die in die-ser Arbeit beschriebenen Beispiele von öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken, die Social Tagging bereits einsetzen.

Mag. Dr. Horst Prillinger: Weblogs als Kommunikationsformat für Bibli-otheken und Bibliothekare. Potenziale und Praxisbeispiele.

Seit den späten 90er Jahren hat eine neue Form der Internet-Publikation zunehmend Aufmerksamkeit erregt: das Weblog, eine Form der Website, die regelmäßig aktualisiert wird und kurze Einträge in umgekehrt chrono-logischer Reihenfolge enthält, deren Inhalt von alltäglichen Erlebnissen des Autors über Projektnotizen, politischen Kommentaren, Technik-Neu-heiten bis hin zu Katzenfotos so gut wie alles sein kann. Ein Weblog ent-hält immer auch ein Archiv aller bisherigen Einträge, eine eindeutige URL für jeden Eintrag, einen XML-Feed, über den man die Einträge abonnieren kann, Links zu thematisch verwandten Webseiten und Kommentare der Leser.

Dadurch, dass Weblogs einander gegenseitig verlinken, entstehen the-matisch verwandte Informationscluster; durch die chronologische Reihen-folge der Einträge werden Prozesse und Gedankenabfolgen stärker betont als Ergebnisse; durch die offene Struktur wird Konversation und Kommu-nikation angeregt.

Bibliotheken und Bibliothekare arbeiten nach dem Selbstverständnis, Information zu verbreiten und den Zugang zu Informationen zu sichern. Als Konsequenz davon haben Bibliothekare das Medium des Weblogs von Anfang an für die Informationsvermittlung verwendet.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2104

Nach einer Zusammenfassung der Theorie des Weblogs wird in dieser Arbeit auf die Grundpfeiler der Anwendung von Weblogs im Kontext ei-ner Bibliothek eingegangen. Es werden die Ergebnisse einer Untersuchung vorgestellt, in der Weblog-artige Webseiten (für externe wie interne Kom-munikation) von 22 österreichischen wissenschaftlichen Bibliotheken un-tersucht wurden. Danach werden exemplarisch die Weblogs einiger aus-ländischer Bibliotheken vorgestellt, um das weitere Potenzial dieser Kom-munikationsform zu illustrieren. Schließlich wird noch darauf hingewiesen, wie persönliche Weblogs von Bibliothekaren nachhaltig bestehende Stere-otypen abbauen können; zur Illustration werden einige Beispiele solcher Weblogs vorgestellt.

Maria Rabl: Die Privilegiensammlung des Österreichischen Patentamtes. Ein Beitrag zum UNEScO-Weltdokumentenerbe?

Die Privilegiensammlung des Österreichischen Patentamtes beinhaltet über 95.000 Erfindungsbeschreibungen, die den Geist und die Genialität von Erfindern widerspiegeln, die für das Gebiet Österreich-Ungarns in der 2. Hälfte des 19. Jhdts. um die Erteilung von ausschließenden Privilegien angesucht haben. Die Sammlung blieb bis dato jedoch weitgehend unbe-kannt. Der Grund liegt einerseits darin, dass sie für Forschungsarbeiten ungenügend erschlossen ist. Andererseits, dass die Dokumente aufgrund der Papierqualität und früherer Lagerbedingungen stark in Mitleidenschaft gezogen worden sind und einer intensiven Nutzung ohne Konservierungs- und Digitalisierungsmaßnahmen nicht Stand halten würden. Deshalb wur-de bisher wenig unternommen, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen.

Die in diese Arbeit eingebrachte Idee, das in der Sammlung steckende Potential und ihre Bedeutung herauszuarbeiten, wurde anhand der Nomi-nierungskriterien zur Eintragung in die UNESCO-Weltdokumentenerbeli-ste erarbeitet. Für die beiden Eckpunkte des Memory of the World-Pro-gramms „preservation & access“, wurden Strategien und Möglichkeiten für die Privilegiensammlung ausgearbeitet, um der Zielsetzung des Programms gerecht zu werden.

Ergebnis der Arbeit ist eine Neudefinition des Werts der Sammlung auf-grund von Inhaltsanalysen und Unter-Schutzstellungsmöglichkeiten, das Aufzeigen von unumgänglichen Bestanderhaltungsmaßnahmen sowie ein „Leitfaden“ für Möglichkeiten im Konservierungs-, Digitalisierungs- und Marketingbereich.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 105

Roswitha Müller: RAK-WB in MAB2.Materialien für die Lehre der Forma-lerschließung im Rahmen des Österreichischen Bibliothekenverbundes, nebst einer theoretischen Einleitung.

Mit der vorliegenden Arbeit werden Schulungsunterlagen zur Formaler-schließung nach RAK-WB im Rahmen des Kategorienschemas MAB2 vor-gelegt. Mit diesen Unterlagen sollen einerseits die wesentlichsten Regeln der RAK-WB vermittelt werden, die konkretes Katalogisieren in einer Da-tenbankumgebung ermöglichen; andererseits sollen sie den Lernenden da-bei unterstützen, allgemeine Prinzipien der Formalerschließung zu verste-hen. Dies soll den Transferprozess auf andere Regelwerks/Kategorienum-gebungen erleichtern.

In der allgemeinen Einleitung wird die theoretische Basis der Unterlagen dargestellt: daraus ergibt sich ein allgemeines Modell für die Didaktik der Formalerschließung, das insbesondere in einer zukünftigen RDA/FRBR/MARC-Umgebung fruchtbringend zu sein verspricht.

Dr. Kurt Schaefer: Beziehungen zwischen den Zeitschriftenbeständen der Fachbereichsbibliothek chemie und der Publikationstätigkeit an den chemischen Instituten der Universität Wien

Eine Fachbereichsbibliothek hat für den Forschungsbetrieb zwei wichtige Aufgaben zu erfüllen:

— Forschungsdokumentation und— Informationsversorgung.Diese beiden Funktionen sind bei der Analyse der publizierten For-

schungsarbeiten zu unterscheiden. Drückt man die komplexe Aufgabe der Forschungsdokumentation der Fachbereichsbibliothek für Chemie in Prozentzahlen aus, so steigt sie im betrachteten Zeitraum von etwa 50 % auf über 80 % (genaue Werte siehe Tabelle). Wissenschaftliche Autoren/innen können, bzw. müssen für die Publikation ihrer Ergebnisse unter vie-len Journalen ein geeignetes Journal wählen. Die Anzahl dieser in Frage kommenden Journale war anfangs gering. Dass, historisch gesehen, die Bibliothek nur die Hälfte dieser Journale im Bestand hatte, erscheint für die Dokumentationsaufgabe wenig zu sein. Umso erstaunlicher ist das Ausmaß der Steigerung. Bei der enormen Zunahme an Journaltiteln die heute als Publikationsmedium zur Verfügung stehen ist die bibliotheka-rische Dokumentation von 80 % der wissenschaftlichen Arbeiten aus den Universitätsinstituten als sehr positiv zu bewerten.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2106

Dieser eben beschriebene starke Anstieg von Journaltiteln bewirkt aber im Gegenzug, dass die Informationsversorgung der Forscher/innen durch die Bibliothek gesunken ist. Von anfänglich mehr als 90 % sank die Ver-sorgung auf etwas über 75 % (genaue Werte siehe Tabelle). Aber bedenkt man die Fülle an Zeitschriften, die zu verschiedensten Themen der Chemie erscheinen, so ist die Bereitstellung von dreiviertel der für die Forschung an den Instituten / Departments wichtigen Literatur durch die Bibliothek als sehr gut einzustufen.

Sowohl bei der Dokumentation als auch bei der Informationsversorgung ist in den letzten fünfzig Jahren der Unterschied in den Prozentzahlen nur gering. Das bedeutet, dass die Aufgaben der Forschungsdokumentation und Informationsversorgung auch vor fünfzig Jahren ähnlich gut war und in diesem Zeitraum mit der internationalen Entwicklung der Zeitschriften-literatur Schritt gehalten hat.

Die vorliegende Arbeit zeigt durch die Analyse der Literatur einerseits und durch die Umfrage andererseits zwei unterschiedliche Sichtweisen auf die Qualität des Bibliotheksservice. Die unterschiedlichen Bilder ergeben sich durch:

— objektive Datenanalyse und— subjektive Beantwortung von Fragen.Die auf Fakten begründete Datenanalyse liefert ein positives Bild der Bi-

bliothek (siehe oben). Dieses steht im Widerspruch zu der subjektiven Ein-schätzung durch die Bibliotheksbenutzer, die an der Umfrage teilgenommen haben. Zwei Aspekte stehen hier im Vordergrund. Die Versorgung mit:

— gedruckten Medien und— elektronischen Medien.Von den befragten Personen wird die Bibliothek hauptsächlich in ihrer

traditionellen Funktion, als Lieferant von gedruckten Informationsträgern wahrgenommen. Mit dem Angebot an elektronischen Medien verliert die Bibliothek ihre Kontur. Die Umfrage zeigt, dass durch vermehrte online Nutzung von Journalen und Datenbanken kaum ein Zusammenhang zwi-schen dem Informationsangebot und der Bibliothek gesehen wird. Diese falsche Einschätzung der Versorgung mit neuen Medien durch die Biblio-thek spiegelt sich auch im geringen Interesse an der Umfrage wider.

Um dem entgegenzusteuern muss sich die Fachbereichsbibliothek Che-mie für ihre Nutzer/innen als

— kompakte Organisationseinheit mit— klarer räumlicher und personeller Ausstattung präsentieren und— Angebote und elektronische Serviceleistungen der Bibliothek als sol-

che kenntlich machen.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 107

Mag. Margot Werner: Zur Erinnerung an schönere Zeiten. Bilder aus der versunkenen Welt des jüdischen Sammlers Raoul Korty

Raoul Korty, 1889 geborener Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie, war von frühester Jugend an durch seine Sammelleidenschaft geprägt. Korty diente im Ersten Weltkrieg als Offizier, nach Kriegsende widmete er sich vornehmlich dem Aufbau seiner Sammlung. Seinen Lebensunterhalt finan-zierte Korty durch die Illustration von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften aus dem reichen Fundus seines privaten Bildarchivs.

Nach dem „Anschluss“ war Korty gezwungen seine journalistische Tä-tigkeit aufzugeben. Der Verlust seines Lebensunterhalts und die Trennung von seiner nichtjüdischen Ehefrau führten wohl auch zum Scheitern seiner Emigrationspläne: Korty wurde 1944 in Wien verhaftet und Ende dessel-ben Jahres im KZ Auschwitz ermordet.

In Vorbereitung seiner geplanten Emigration deponierte er einen Groß-teil seiner Sammlung bei einer Wiener Spedition. Unter tatkräftiger Mitwir-kung der Nationalbibliothek wurde die Sammlung 1939 von der Gestapo beschlagnahmt und unentgeltlich in das hauseigene Bildarchiv eingewie-sen. Dort lagerte die Sammlung auf Grund des Personalmangels in der Kriegszeit unangetastet und original verpackt bis 1945. Nach Kriegsende brachte Kortys überlebende Tochter einen Antrag auf Rückstellung der Fo-tosammlung ein. Die Nationalbibliothek war zwar grundsätzlich zur Rück-gabe entsprechend den damaligen gesetzlichen Bestimmungen bereit, ver-weigerte jedoch der in beengten Wohnverhältnissen lebenden Tochter eine finanzielle Ablöse. Die Verhandlungen zogen sich Jahrzehnte in die Län-ge – wobei seitens der Österreichischen Nationalbibliothek immer wieder mit Ersitzungsfristen spekuliert wurde – bis die Korrespondenz schließlich 1980 aus ungeklärten Gründen endete.

Erst 2003, im Zuge der entsprechend den Bestimmungen des 1998 er-lassenen Kunstrückgabegesetzes von der Österreichischen Nationalbiblio-thek angestrengten Provenienzforschung kam die mittlerweile fast in Ver-gessenheit geratene Sammlung wieder zum Vorschein. Auf Grund einer von der Österreichischen Nationalbibliothek vorgelegten umfassenden Sachver-haltsdarstellung stimmte das BM:BWK einer Restitution an die Erbin zu.

Auf Wunsch der hoch betagten Tochter des verfolgten Sammlers wur-de das Konvolut von einem externen Sachverständigen bewertet und nach dessen Restitution im Jahr 2005 von der Österreichischen Nationalbiblio-thek angekauft.

Im Frühjahr 2007 wurde die nunmehr seit fast 70 Jahren in den Ma-gazinen lagernde Sammlung wissenschaftlich aufgearbeitet. Dabei wurde

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nach dem Provenienzprinzip vorgegangen, die übernommene, weitgehend vom Sammler selbst geschaffene Ordnung wurde beibehalten.

MASTER THESEN UNIVERSITäTSLEHRGANG LIBRARy AND INfORMATION STUDIES MSC – UNIVERSITäTS- UND LANDES-BIBLIOTHEK INNSBRUCK 2009

Eine Übersicht über alle derzeit abgeschlossenen Thesen der Universitäten Wien, Innsbruck, Graz und der Österreichischen Nationalbibliothek inkl. Abstract und Bestandsangabe finden Sie unter: http://www.univie.ac.at/bibliotheksausbildung/publikationen.html

Dr. Paulina Moser: „Die Bibliothek der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen als Diözesanbibliothek: rechtliche Position und kirch-lich-gesellschaftlicher Auftrag.“

Betreuer: Prof. Dr. Arnold Stiglmair, Bibliothek der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen

Im Jahr 2003 ist die Bibliothek der Philosophisch-Theologischen Hoch-schule mittels Dekret zur Diözesanbibliothek ernannt worden. Dem Dekret ist ein Abkommen (Intesa relativa alla conservazione e alla consultazione degli archivi di interesse storico e delle biblioteche appartenenti ad enti e istituzioni ecclesiastiche) zwischen dem italienischen Staat und der ita-lienischen Bischofskonferenz vorausgegangen. Darin einigten sich beide Seiten, den Erhalt und die Zugänglichkeit von kirchlichen Archiven und Bi-bliotheken zu fördern und in den einzelnen Diözesen Diözesanbibliotheken zu errichten.

Die Arbeit geht aus von der Geschichte der Bibliothek von ihren Anfän-gen bis in die Gegenwart und beleuchtet anschließend die Situation von Diözesanbibliotheken in Deutschland, wo es diese Einrichtungen schon länger gibt. Anschließend wird der Frage nachgegangen, inwieweit das Ab-kommen zwischen Staat und Kirche Auswirkungen für die Diözesanbiblio-thek Brixen hat. Diese befindet sich in der Autonomen Provinz Bozen, die – im Gegensatz zu anderen italienischen Provinzen – in Bezug auf Biblio-theken primäre Gesetzgebungskompetenz hat.

Die Arbeit schließt mit einem Statutenentwurf für die Diözesanbiblio-thek Brixen, der die neu gewonnenen Anforderungen und Kompetenzen in

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 109

Abstimmung mit den Statuten der Bibliothek der Philosophisch-Theolo-gischen Hochschule und den in der Autonomen Provinz Bozen geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen bringt.

Mag. Dr. Karin Aßmann: „Konzeption einer Fakultätsbibliothek für Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck aus bibliotheka-rischer Sicht“

Betreuer: HR Dr. Martin Wieser, Universitäts- und Landesbibliothek Tirol

Die vorliegende Masterarbeit „Konzeption einer Fakultätsbibliothek für Rechtswissenschaften“ analysiert die derzeitige Bibliothekssituation an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck und themati-siert die Frage, in welcher Form und wo eine zentralisierte Fakultätsbiblio-thek realisiert werden könnte.

Ausgehend von einem geschichtlichen Rückblick auf die Anfänge der Fakultät und ihrer Bibliotheken, erfolgt eine kritische Darstellung der der-zeitigen Strukturierung des Bibliothekssystems. Dieses zeigt sich als Gefüge von 19, den 9 Instituten der rechtswissenschaftlichen Fakultät zugehörigen Bibliothekseinheiten einerseits und der Bibliothekarischen Zentralverwal-tung der rechtswissenschaftlichen Fakultät andererseits, die wiederum Teil der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol ist.

Mit Hinweis auf die zahlreichen in der Geschichte der Universität Inns-bruck bereits erfolgten Bestrebungen, eine rechtswissenschaftliche Fakul-tätsbibliothek zu verwirklichen, wird dieses Denkmodell auf Grundlage der gegenwärtigen Rahmenbedingungen aktualisiert. Es wird ein Konzept für eine organisatorische Umgestaltung der rechtswissenschaftliche n Biblio-thekslandschaft vorgestellt, das, kurz gefasst, die Vorteile der Zusammen-legung von Literaturbeständen bzw. die Überlegenheit größerer bibliothe-karischer Einheiten aufzeigt und somit für die Schaffung einer zentralen Fakultätsbibliothek für Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck plädiert.

Mag. Elisabeth Benedikt: „Teaching Library als Kernelement nutzerori-en tierter Bibliotheksentwicklung am Beispiel der Neuorientierung der Arbeiterkammer Bücherei Innsbruck aufgrund einer im Jahre 2007 durchgeführten Nutzerstudie“

Betreuer: Dr. Wilfried Sühl-Strohmenger, Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2110

In der vorliegenden Master Thesis wird die von der Bücherei der Arbei-terkammer (AK) Innsbruck im Jänner 2007 durchgeführte Nutzerstudie ausgewertet. Diese Studie bildet die Grundlage zur Erarbeitung einer nut-zerorientierten Bibliotheksentwicklung. In diesem Zusammenhang werden Möglichkeiten einer Profilierung der AK Bücherei als Teaching Library ge-sucht. Weiters wird untersucht, inwieweit die Bücherei am Beispiel ver-schiedenster Richtlinien von Bildungsträgern dem Postulat des „Lebens-langen Lernens“ gerecht wird. Verschiedene Modelle und Standards zur Informations- und Medienkompetenz werden aufgezeigt und dabei als tragende Säulen einer Teaching Library beschrieben. Schließlich werden für die AK-Bücherei konkret didaktisch aufbereitete Module und Veran-staltungen vorgestellt, die die Grundlage zur praktischen Umsetzung einer Teaching Library bilden könnten. Die Konzepte der Büchereien Wien und des Linzer Wissensturms werden zuletzt als Beispiele bereits umgesetzter Teaching Libraries in Österreich vorgestellt.

Mag. christian Keim „Intranet und Lernen im Prozess der bibliotheka-rischen Arbeit. Eine empirische Analyse des Intranetsystems SoWi-BIS“

Betreuer: Dr. Klaus Niedermair, Universitäts- und Landesbibliothek Tirol

Die Arbeit untersucht anhand einer empirischen Studie den Einfluss der Arbeit mit dem Intranet SoWi-BIS auf die Lernprozesse in der Fakultäts-bibliothek für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Innsbruck. Mit Hilfe von Methoden der qualitativen Sozialforschung wird die Theoriebil-dung im Rahmen des Forschungsfeldes verfolgt. Die mittels qualitativer Befragung erhobenen Daten werden nach der Methode der sog. Grounded Theory ausgewertet – die Interpretation des gesammelten Datenmaterials führt zur Hypothesenbildung. Durch die rasanten Entwicklungen der letz-ten Jahre im Bibliotheksbereich gewinnt das Lernen am Arbeitsplatz auch hier an Bedeutung. Gleichzeitig hat man damit begonnen, Bibliotheken mit Intranet auszustatten. Das Beispiel SoWi-BIS soll den Konnex zwischen Arbeiten am Arbeitsplatz und Lernen mittels Intranet beschreiben.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 111

VORSTANDSWAHLEN IM VEREIN „BIBLIOTHEKEN DER REGIO BODENSEE“

Die Mitglieder des 2006 gegründeten Vereins „Bibliotheken der Regio Bo-densee“ bestätigten in der Versammlung am 19. März 2009 in der Vorarl-berger Landesbibliothek den bisherigen Vorstand für weitere drei Jahre im Amt:

Präsident: Dr Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, BregenzKassier: Bernd Hannemann, Hochschulbibliothek der HTWG Konstanz Schriftführer: Dr Cornel Dora, Kantonsbibliothek Vadiana St. GallenIm Verein „Bibliotheken der Regio Bodensee“ haben sich nach jahr-

zehntelanger Zusammenarbeit in einer lose organisierten Arbeitsgruppe die wissenschaftlichen Bibliotheken der Regio Bodensee aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz zusammengeschlossen, um in grenzüberschreitenden Kooperationen den Meinungs- und Informations-austausch zu intensivieren und zum Nutzen der Allgemeinheit professionell die Dienstleistungen weiterzuentwickeln.

Die 26 Mitgliedsbibliotheken repräsentieren die wesentliche Bildungs-infrastruktur in der Regio Bodensee. Die Mitgliedschaft ist aber für jede Bibliothek im Bodenseeraum möglich, nicht nur für wissenschaftliche Ein-richtungen.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2112

Ein besonderes Anliegen ist, das kulturelle Erbe der Region zu sichern, zu pflegen und Bürgerinnen und Bürgern zeitgemäß nahe zu bringen. Auf der gemeinsamen Plattform im Internet – www.bodenseebibliotheken.de – soll das vernetzte elektronische Angebot zugänglich gemacht werden. In Vorbereitung ist das Projekt der Digitalisierung von vielen tausend Seiten der wichtigsten Zeitschriften mit Bezug zur Bodenseeregion Die regionalen Jahrbücher und Zeitschriften sollen im Internet eingesehen werden können und so den Zugang zur Geschichte um den Bodensee erleichtern.

Alle Bewohnerinnen und Bewohner der Regio Bodensee sind in den einzelnen Bibliotheken gemäß den örtlichen Benutzungsbedingen herzlich willkommen!

20. März 2009

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 113

STADTBüCHEREI fRANKfURT AM MAIN: AUSLEIHE LEICHT GEMACHTzwei Kassenautomaten von Crown SySTEMS verbessern den Kun-denservice und optimieren die Arbeitsabläufe

Viele Bibliotheken stehen heute vor einem großen Problem: Der Kosten-druck wächst bei gleichzeitig steigenden Anforderungen an die Kunden-orientierung. Eine optimale Lösung bieten Kassenautomaten von Crown SYSTEMS, die die Abläufe in Bibliotheken erleichtern, die Mitarbeiter ent-lasten und eine vereinfachte Handhabung für die Nutzer ermöglichen. Zur Neueröffnung der Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt am Main wurde im September 2007 der erste Kassenautomat des Typs BGT-M er-folgreich in Betrieb genommen – und stößt dort seitdem auf positive Reso-nanz. Grund genug für die Stadtbücherei, Mitte Januar 2009 einen zweiten Automaten für das neu eröffnete Bibliothekszentrum in Sachsenhausen anzuschaffen.

In der Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt stand im Herbst 2007 der Umzug in neue Räumlichkeiten an. Ein willkommener Anlass, sich neben der Neugestaltung der Bibliotheksräume

auch um die Optimierung interner Prozesse zu kümmern. Das Handling der Medienausleihe, -rückgabe, -verlängerung und Gebühreneinnahme sollte dabei vereinfacht werden, um die Beratungsaufgaben der Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter ausbauen zu können. Um personelle Belastungen zu verringern und den Kundenservice zu verbessern, beschloss die Stadtbü-cherei, einen Kassenautomaten einzusetzen. Ziel der Anschaffung war es, das Thekenpersonal so weit wie möglich von den Zahlungsabwicklungen für Bibliotheksentgelte zu entlasten.

Die Aufgabe: Hohe Anforderungen

Dabei sollten im Einzelnen folgende Funktionen durch den Automaten ab-gedeckt werden:

— Zahlung offener Entgelte— Ausweisverlängerung— Auskunft, Druck und Verlängerung von Ausleihmedien— Auskunft, Druck und Stornierung von Vormerkungen— Passwortänderung— Geldwechselfunktion

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2114

Für die optimale Anbindung an das Bibliothekssystem „BIBLIOTHECA 2000“ der BOND GmbH & Co. KG wurde eine Premium-Schnittstelle ent-wickelt. Zusätzlich wünschte sich die Stadtbücherei einen Automaten mit integrierter Geldwechselfunktion, die unabhängig von „BIBLIOTHECA 2000“ funktioniert.

Die Lösung: der BGT-M von crown SYSTEMS

Durch gemeinsame Aktivitäten mit dem Softwareanbieter BOND kam der Kontakt zwischen der Stadtbücherei Frankfurt am Main und der Crown Technologies GmbH zustande. „Wir waren auf der Suche nach einer indi-viduellen Kassenautomatenlösung und haben nach der Vorstellung einer solchen Lösung auf einem Großkundenanwendertreffen der Firma BOND eine beschränkte Ausschreibung vorgenommen“, berichtet Cornelia Rie-del von der Stadtbücherei Frankfurt. „Crown punktete durch gute Refe-renzen im Bereich der automatischen Zahlungssysteme und erstklassige Beratung.“ Das Rellinger Unternehmen hat einen speziell für Bibliotheken entwickelten Crown SYSTEMS Kassenautomaten im Portfolio – den BGT – und konnte die Verantwortlichen in Frankfurt durch seine umfangreichen Erfahrungen im Segment der Kassenautomaten für Verwaltung, Energie-

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 115

versorger, Gesundheitswesen und Bibliotheken überzeugen. Die Schnitt-stellenanbindung an das Bibliotheksverwaltungssystem „BIBLIOTHECA 2000“ stellte für Crown ein Pilotprojekt dar und erforderte enge Zusam-menarbeit zwischen allen Parteien.

Im September 2007, pünktlich zur Neueröffnung, nahm der Crown SY-STEMS Kassenautomat BGT-M mit Linux-Betriebssystem seinen Betrieb auf. Mit der erfolgreichen Integration der Premium-Schnittstelle zu „BIBLI-OTHECA 2000“ bildet das Gerät alle geforderten Prozesse ab: Bezahlung anfallender Gebühren, Einsehen des Benutzerkontos und Änderung des persönlichen Passwortes. Die Identifizierung des Lesers erfolgt wahlweise über den Leserausweis via Vorhaltescanner oder die Direkteingabe der Le-serausweisnummer mit zugehörigem Passwort am Bildschirm. Die verant-wortliche Mitarbeiterin des Vertriebs Großkunden beim Softwarehersteller BOND ist zufrieden: „Wir freuen uns, dass es gelungen ist, eine Premium-Schnittstelle mit unserem System „BIBLIOTHECA 2000“ zu entwickeln und so die langjährige Kundenbeziehung mit der Stadtbücherei Frankfurt weiter auszubauen.“ Ebenfalls integriert ist die softwareunabhängige gewünschte Geldwechslerfunktion von großen in kleine Münzen. Der Dialog mit dem Kunden erfolgt über eine benutzeroptimierte Frontgestaltung des Auto-maten sowie einen übersichtlich gestalteten 15"Touchscreen-Bildschirm.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2116

Eine mehrsprachige Bedienerführung unterstützt ausländische Mitbürger in ihrer Muttersprache und reduziert damit Verständnisfragen an das Per-sonal. Der Automat ist behindertengerecht nach DIN 24972 konzipiert und kann über die Gehäusefrontseite befüllt oder geleert werden. Ebenfalls möglich ist die Zahlung via EC Cash-System.

Das Ergebnis: Zufriedenere Kunden und effizientere Arbeitsabläufe

„Die Anzahl der Zahlungsvorgänge an der Verbuchungstheke ist stark zu-rückgegangen, genauso wie die Geldwechselvorgänge. Auch ein Großteil der Ausweisverlängerungen wird nun – besonders dank der EC-Zahlungs-funktion – am Kassenautomaten von den Kunden selbst erledigt“, berich-tet Cornelia Riedel vom IT-Service der Stadtbücherei Frankfurt. „Das Auto-matenhandling selbst nimmt lediglich 30 Minuten pro Tag in Anspruch.“ Somit haben die Mitarbeiter in Frankfurt mehr Zeit für die eigentlichen Beratungsaufgaben gewonnen. Die Wartezeiten bei der Kundenberatung haben sich verkürzt und die Kundenzufriedenheit stieg. Dies bestätigt auch Sabine Hochberger aus der Abteilung Mediennutzung bei der Zentralbi-bliothek der Stadt Frankfurt: „Die Benutzer kommen aufgrund der klaren Benutzerführung auf dem Touchscreen gut mit dem Crown Kassenauto-maten zurecht. Die Anschaffung hat sich in jeder Hinsicht gelohnt.“

Der Ausblick: weitere Automaten und Bibliotheken

Das Frankfurter Bibliothekenprojekt war laut Sven Kamrath von Crown SYSTEMS ein erfolgreicher Start: „Es freut uns sehr, dass die Zentralbibli-othek Frankfurt mit unserem ersten Automaten so zufrieden ist, dass wir Mitte Januar 2009 bereits einen zweiten Kassenautomaten in einer der de-zentralen Bibliotheken installieren konnten. Die Anschaffung von weiteren Crown Kassenautomaten in den übrigen Frankfurter Dependancen ist so-gar bereits in Planung.“ Auch weitere Bibliotheksaufträge sind in Arbeit: „Neben der Stadtbücherei Frankfurt können in Kürze auch die Besucher der Stadtbibliothek Mönchengladbach Crown Kassenautomaten nutzen. Besonders freuen wir uns über den Auftrag der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, in der wir vier Geräte des Typs GEA-F mit inno-vativem Bill-to-BillTM-System installieren werden.“

Pressemitteilung Crown Systemshttp://www.crown-systems.de/de/

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 117

„OHNE VLB WäRE DAS LEBEN IN VORARLBERG äRMER“Umfrage bestätigt hohes Niveau der Vorarlberger Landesbiblio-thek

Bregenz (VLK) – In einer repräsentativen Umfrage mit 1.818 Antworten wurde der Landesbibliothek ein sehr erfreuliches Zeugnis ausgestellt. 94 Prozent der Personen die der VLB eine Note gaben, bewerten mit „sehr gut“ oder „gut“. „Die Umfrage zeigt“, so Landesstatthalter Markus Wall-ner, „dass die Landesbibliothek eine eminent wichtige Rolle spielt, da sie nicht nur alle Veröffentlichungen und Informationen über das Land sam-melt, sondern als wissenschaftliche Bibliothek fungiert. Die private Weiter-bildung wird unabhängig von einem Universitätsstandort ermöglicht.“

Die positive Benotung kommt in einer Reihe von Einzelkriterien zum Ausdruck: Rund 84 Prozent der Befragten schätzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als kompetent, freundlich und hilfsbereit, zwischen 83 und 86 Prozent liegt die Zufriedenheit mit den in der VLB angebotenen Arbeitsbedingungen.

Während sich der Zweck des Bibliotheksbesuches ziemlich gleichmäßig zu etwa je einem Drittel auf Beruf, Studium und Fortbildung verteilt, geben rund zwei Drittel der Befragten an, die Landesbibliothek (auch) privat zu nutzen. Beinahe 76 Prozent der Benutzer erspart das Angebot der Landes-bibliothek Zeit und Geld, 78 Prozent gelingen bessere Ergebnissen beim Erreichen ihrer Ziele – und für über 84 Prozent ist die Landesbibliothek eine klare Bereicherung der Region. Die Ergebnisse der Umfrage können auf der Web-Seite www.vorarlberg.at/vlb/umfrage.htm eingesehen werden.

Raumknappheit

Die geäußerte Kritik – etwa an fehlenden Leseecken und Gruppenarbeits-räumen, zu wenigen und nicht multifunktionalen Arbeitsplätzen, der schwierigen Orientierung durch die verteilte Aufstellung im Haus und im Außendepot – lässt sich in erster Linie auf die Raumprobleme der ständig gewachsenen Landesbibliothek zurückführen. Diese Raumknappheit soll bei Verfügbarkeit der entsprechenden Mittel durch einen Erweiterungsbau behoben werden, kündigt Landesstatthalter Wallner an. Die Landesbibli-othek hat jetzt die Aufgabe, die Strategie für eine Bibliothek der Zukunft zu entwickeln und der Landesregierung einen Entwurf vorzulegen, der den Raumbedarf gemäß den zu erfüllenden Funktionen aufzeigt.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2118

Gewinnspiel

Mit der Umfrage war ein Gewinnspiel verbunden. VLB-Direktor Harald Weigel und die Chefin der Wissenschaftsabteilung im Amt der Landesre-gierung, Gabriela Dür, übergaben kürzlich zahlreiche Büchergutscheine und Leseausweise an die Gewinnerinnen und Gewinner.

Vorarlberger Landeskorrespondenz, 3.4.2009, so/tm

BIBLIOTHEKEN HABEN IHRE SCHICKSALEDIE PARLAMENTSBIBLIOTHEK IST HEUTE 140 JAHRE ALT

Wien (PK) – Bücher haben ihre Schicksale, sagt man, erst recht gilt das wohl für Büchersammlungen. Die große Bibliothek von Alexandria, durch deren Brand bei Julius Caesars Intervention im ägyptischen Thronstreit li-terarische Schätze der Antike unwiederbringlich verloren gingen, ist das vielleicht prominenteste Beispiel. Die Bibliothek des österreichischen Par-laments hat es auf der Skala der Berühmtheit zwar nicht so weit gebracht, hat aber im österreichischen und europäischen Maßstab doch einiges vor-zuweisen.Als „Geburtstag“ der Parlamentsbibliothek kann der 11. Mai 1869 gel-ten: Mit einem kaiserlichen Handschreiben begann heute vor 140 Jahren die Sammlung einschlägiger Schriften – zunächst Gesetzessammmlungen, dann in- und ausländischer Parlamentsschriften, Gesetz- und Verord-nungsblätter, schließlich höchstgerichtlicher Entscheidungen, grundle-gender Werke des Rechts, der Staatslehre und des Parlamentarismus, der Politik, der Volkswirtschaft, der Soziologie und nicht zuletzt der Europä-ischen Integration. Der Ursprung der Bibliothek waren, wie deren Leiterin, Elisabeth Dietrich-Schulz, in einem Aufsatz festgehalten hat, „acht Kästen aus hartem Holz und neun Kästen aus weichem Holz“. Neben Samm-lungen von Gesetzen enthielten sie auch Kants „Metaphysische Anfänge der Rechtslehre“ und Adam Smiths grundlegendes Werk „Über die Quellen des Volkswohlstands“.1869 schätzte der erste Leiter der Parlamentsbibliothek, Franz Koch, den Bücherbestand auf 6.000 Bücher, ein Jahr später bereits auf 8.000 bis 10.000 Bücher. Heute umfasst die Parlamentsbibliothek mehr als 330.000 Bücher, rund 380 aktuelle Fachzeitschriften und 200 Loseblattausgaben. Außerdem bietet sie Zugang zu zahlreichen Datenbanken online und auf CD-ROM.

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2 119

1895 wurde Karl Renner, der spätere zweifache Staatsgründer, wissen-schaftlicher Mitarbeiter in der Bibliothek. Eine Gedenktafel nahe dem Ein-gang zur Bibliothek erinnert daran. Eingestellt wurde Renner unter Biblio-theksdirektor Siegfried Lipiner, der im Wien des Fin de Siecle eine wichtige Rolle spielte und z.B. das Schaffen Gustav Mahlers beeinflusste. Renners Aufgabe war es, die bereits auf rund 25.000 Bände angewachsene Biblio-thek inhaltlich zu erschließen. Der von Renner eingeführte systematische Katalog wurde bis 1994, also ein ganzes Jahrhundert, weitergeführt.

Zu den wertvollsten Stücken der Parlamentsbibliothek zählen heute das Oktoberdiplom 1860 und das Februarpatent 1861 – zwei verfassungs-rechtliche „Meilensteine“ aus der Zeit der Habsburgermonarchie. Den An-fang der langen Reihe der im Lesesaal der Parlamentsbibliothek aufgestell-ten parlamentarischen Materialien bilden vier Bände der Protokolle des Reichstags von Kremsier aus dem Jahr 1848.

Die Bibliothek war und ist eine wichtige Informationsquelle für die Ab-geordneten zum Nationalrat, die Mitglieder des Bundesrates, die öster-reichischen Mitglieder des Europäischen Parlaments, die Angestellten der parlamentarischen Klubs, die parlamentarischen MitarbeiterInnen sowie die Bediensteten der Parlamentsdirektion.

Auch externe LeserInnen sind in der Bibliothek des Parlaments – nach Anmeldung – willkommen: Öffnungszeiten Montag bis Freitag zwischen 8.30 und 15.30 Uhr, ausgenommen Plenarsitzungstage des Nationalrats und des Bundesrats.

Weitere Informationen: http://www.parlament.gv.atParlamentskorrespondenz/08/11.05.2009/Nr. 406

Mitteilungen der VÖB 62 (2009) Nr. 2120

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98. DEUTSCHER BIBLIOTHEKARTAG (ERfURT, 02.–05.06.2009)

Tagungswebseite: www.bibliothekartag2009.de

THE LIBRARy SHOW 2009 (BIRMINGHAM, UK, 10.–11.06.2009)

Freies Seminarprogramm zu unterschiedlichen Bereichen des Bibliotheks-wesens und eine Ausstellung mit mehr als 120 Ausstellern

Tagungswebseite: http://www.lishow.co.uk/

75. IfLA-KONfERENz: LIBRARIES CREATE fUTURES – BUILDING ON CULTURAL HERITAGE (MAILAND / ITALIEN, 23.–27.08.2009)

Tagungswebseite: http://www.ifla.org/annual-conference/ifla75/

DIE LERNENDE BIBLIOTHEK – fACHTAGUNG (CHUR/CH, 06.–08.09.2009)

Tagungswebseite: www.lernendebibliothek2009.ch

30. ÖSTERREICHISCHER BIBLIOTHEKARTAG: THE NE(x)T GE-NERATION (GRAz, 15.–18.09.2009)

Tagungswebseite: http://www.bibliothekartag.at/Siehe dazu auch die Seiten 40–44 in diesem Heft

ASPB-TAGUNG (KARLSRUHE, 22.–25.09.2009)

Tagungswebseite: http://www.aspb.de/pages/tagungen.html