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84 7 Mittelalter 7.1 Welt in Bewegung – die Völkerwanderung Vom Ende Roms und der Wanderung der Germanen Antike oder Mittelalter Der Begriff „Mittelalter“ wurde von Wissenschaftlern im 16. Jahrhundert geprägt. Sie schauten auf die Zeit zwischen dem Ende der Antike und ihrer eigenen Zeit, der Renaissance, mit Abscheu zurück. Diese Zeit in der Mitte wurde als dunkle Zeit des Verfalls von Kultur und Bildung gesehen. Die genaue Festlegung des Beginns des Mittelalters ist umstritten. Der Übergang von der Antike zum Mittelalter wurde nicht durch ein Einzel- ereignis markiert; vielmehr war es eine Zeit der poli- tischen, sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen. Als Übergangszeit von der Antike zum Mittelalter be- zeichnet man heute in der Regel die Zeit der Völker- wanderung vom 4. bis 6. Jahrhundert. Bis zur Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) durch die Osmanen im Jahr 1453 war die Hagia Sophia ein Wahrzeichen des christlichen By- zanz. Aus der Kirche wurde eine Moschee und schließlich ein Museum. Das Porträt des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus auf einer Münze. In einem Zeitraum von fast 200 Jahren zogen Goten, Burgunder, Sueben, Langobarden und andere Völker in neue Siedlungsgebiete. Die Vandalen kamen sogar bis nach Nordafrika. Das weströmische Reich hatte nicht mehr die militärische Kraft, diese Wanderungen aufzu- halten. Lange vor dem Ende der Völkerwanderung wur- de im Jahr 476 der letzte weströmische Kaiser Romulus Augustulus vom Germanenfürst Odoaker abgesetzt. Nach dem Tod von Kaiser Theodosius im Jahr 395 teil- ten seine Söhne das Römische Reich in einen weströ- mischen Teil mit der Hauptstadt Rom, später Ravenna, und einen oströmischen Teil mit der Hauptstadt Kon- stantinopel. Das oströmische Reich wird auch byzan- tinisches Reich genannt. Es bestand auf der Grundlage einer römischen Verwaltung, griechischer Kultur und christlicher Religion noch bis 1453 und wurde schließ- lich von den türkischen Osmanen erobert. Das weströ- mische Reich hingegen kam unter dem Druck der Ger- manen zu einem baldigen Ende. Obwohl die Römer versuchten, ihre Nordgrenze gut abzusichern, gelang es Gruppen von Germanen immer wieder, in das Römische Reich vorzudringen. Sie siedel- ten sich mit Zustimmung der Römer an und wurden rö- mische Bürger. Immer mehr Germanen erhofften sich im Römischen Reich bessere Lebensbedingungen. Bevöl- kerungswachstum, ungünstige klimatische Bedingungen und schlechte wirtschaftliche Voraussetzungen führten zu einer zunehmenden Mobilität der germanischen Völ- ker. Der Einfall der Hunnen (ab 375 n.Chr.), einem asi- atischen Reitervolk, unter ihrem König Attila verdrängte die Ost- und Westgoten aus ihren Siedlungsgebieten nördlich des Schwarzen Meeres. Auf der Flucht vor den Hunnen drangen die Goten in das Römische Reich ein und verdrängten ihrerseits wieder andere germanische Völker. Die Folge war eine Wanderbewegung verschie- dener germanischer Völker, die Völkerwanderung.

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7 Mittelalter

7.1 Welt in Bewegung – die Völkerwanderung

Vom Ende Roms und der Wanderung der Germanen

Antike oder MittelalterDer Begriff „Mittelalter“ wurde von Wissenschaftlern im 16. Jahrhundert geprägt. Sie schauten auf die Zeit zwischen dem Ende der Antike und ihrer eigenen Zeit, der Renaissance, mit Abscheu zurück. Diese Zeit in der Mitte wurde als dunkle Zeit des Verfalls von Kultur und Bildung gesehen. Die genaue Festlegung des Beginns des Mittelalters ist umstritten. Der Übergang von der Antike zum Mittelalter wurde nicht durch ein Einzel-ereignis markiert; vielmehr war es eine Zeit der poli-tischen, sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen. Als Übergangszeit von der Antike zum Mittelalter be-zeichnet man heute in der Regel die Zeit der Völker-wanderung vom 4. bis 6. Jahrhundert.

Bis zur Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) durch die Osmanen im Jahr 1453 war die Hagia Sophia ein Wahrzeichen des christlichen By-zanz. Aus der Kirche wurde eine Moschee und schließlich ein Museum.

Das Porträt des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus auf einer Münze.

In einem Zeitraum von fast 200 Jahren zogen Goten, Burgunder, Sueben, Langobarden und andere Völker in neue Siedlungsgebiete. Die Vandalen kamen sogar bis nach Nordafrika. Das weströmische Reich hatte nicht mehr die militärische Kraft, diese Wanderungen aufzu-halten. Lange vor dem Ende der Völkerwanderung wur-de im Jahr 476 der letzte weströmische Kaiser Romulus Augustulus vom Germanenfürst Odoaker abgesetzt.

Nach dem Tod von Kaiser Theodosius im Jahr 395 teil-ten seine Söhne das Römische Reich in einen weströ-mischen Teil mit der Hauptstadt Rom, später Ravenna, und einen oströmischen Teil mit der Hauptstadt Kon-stantinopel. Das oströmische Reich wird auch byzan-tinisches Reich genannt. Es bestand auf der Grundlage einer römischen Verwaltung, griechischer Kultur und christlicher Religion noch bis 1453 und wurde schließ-lich von den türkischen Osmanen erobert. Das weströ-mische Reich hingegen kam unter dem Druck der Ger-manen zu einem baldigen Ende.Obwohl die Römer versuchten, ihre Nordgrenze gut abzusichern, gelang es Gruppen von Germanen immer wieder, in das Römische Reich vorzudringen. Sie siedel-ten sich mit Zustimmung der Römer an und wurden rö-mische Bürger. Immer mehr Germanen erhofften sich im Römischen Reich bessere Lebensbedingungen. Bevöl-kerungswachstum, ungünstige klimatische Bedingungen und schlechte wirtschaftliche Voraussetzungen führten zu einer zunehmenden Mobilität der germanischen Völ-ker. Der Einfall der Hunnen (ab 375 n. Chr.), einem asi-atischen Reitervolk, unter ihrem König Attila verdrängte die Ost- und Westgoten aus ihren Siedlungsgebieten nördlich des Schwarzen Meeres. Auf der Flucht vor den Hunnen drangen die Goten in das Römische Reich ein und verdrängten ihrerseits wieder andere germanische Völker. Die Folge war eine Wanderbewegung verschie-dener germanischer Völker, die Völkerwanderung.

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Die Ausbreitung des HalbmondesWie du bereits gehört hast, geht der Islam auf den Propheten Mohammed zurück. Seine Nachfol-ger, die Kalifen, eroberten einen großen Teil der damals bekannten Welt. Arabische Truppen be-setzten im 7. und 8. Jahrhundert Syrien, Persien, Palästina, weite Teile Nord afrikas mit Ägypten und drangen bis an die Grenzen Indiens vor. Arabische Soldaten überquerten auch die Meerenge von Gibraltar und besetzten einen Teil des heutigen Spanien. Im Osten trotzte nur Konstantinopel, das Zentrum des oströmischen Reiches, dem Ansturm der arabischen Heere. Zur Zeit seiner größten Ausdehnung spannte sich das arabische Reich in der Form eines Halbmondes von Spanien bis zum Aralsee.Die besiegten Völker wurden nicht gezwungen, zum Islam überzutreten, allerdings mussten An-dersgläubige die arabische Vorherrschaft aner-kennen und höhere Steuern bezahlen. Mit den arabischen Truppen verbreitete sich nicht nur ihre Religion, sondern auch ihre Sprache und Kultur. Im Gegensatz zu Mitteleuropa gab es im arabischen Reich große Städte mit wichtigen Bauwerken, ein gut ausgebautes Netz von Handelsstraßen, ein blühendes Gewerbe und fortschrittliche Schulen für Medizin und Naturwissenschaften.

Die Alhambra in Granada (Spanien) ist das bedeutendste arabische Bauwerk in Europa.

WanderbewegungenÜberlegt euch gemeinsam, welche Wanderbewegungen von Menschen es heute gibt. Ordnet anschließend die folgenden Gründe für Migration (Wanderbewegung) nach ihrer Wichtigkeit. Welche Gründe waren zur Zeit der Völkerwanderung wichtig? Welche Gründe spielen heute eine entscheidende Rolle? Diskutiert anschließend eure Entscheidungen.

Überbevölkerung – Unterschied zwischen Arm und Reich – unterschiedliches Klima – Gewalt und Krieg – gute Transportmittel – Arbeitsmöglichkeiten – Naturkatastrophen – Bildungsmöglichkeiten – Religion

Zur Zeit der Völkerwanderung

1.2.3.4.5.6.

Heute

1.2.3.4.5.6.

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Die HunnenLies die Beschreibung der Hunnen des römischen Schrift stellers Ammianus Marcellinus (4. Jahrhundert n. Chr.) und ergänze die im Text fehlenden Wörter. Diskutiert anschließend die Sichtweise und Aussagen des Autors.

Fleisch – Goldgier – Acker – Pelze – Lüge – Wurzeln – Pferden – Gewürze

Sie führen ein wildes Leben und brauchen weder Feuer noch __________ zur Zubereitung ihrer Spei-sen. Sie ernähren sich von den __________ wilder Pflanzen und rohem __________. Sie bewohnen kein Haus, sondern vermeiden jedes Gebäude, als wäre es ein Grab. Sie kleiden sich in leinene Gewänder oder__________ aus Fellen der Waldmäuse, ihre be-haarten Beine bedecken sie mit Ziegenfellen. An ihren hässlichen, doch ausdauernden ____________ sind

sie wie angewachsen. Tag und Nacht leben sie auf ih-ren Pferden. Dort schlafen und träumen sie, indem sie sich vornüber auf den schmalen Hals des Rosses beu-gen. Niemand bestellt bei ihnen den __________, nie-mand berührt den Pflug. Ihre Karren dienen als Wohn-sitz. Was ehrbar oder unehrbar ist, wissen sie ebenso wenig wie die Tiere des Waldes. Voller __________ und Tücke sind sie und ohne alle Religion. Sie sind nur von unersättlicher ______________ beherrscht.

VölkerwanderungVergleiche die Beschreibungen der Züge der Völker mit den auf der Karte eingezeichneten Wegen. Ordne die Völker den richtigen Farben zu.

d Hunnen: Dieses Reitervolk aus dem Osten drang bis Frankreich vor und kehrte dort um; ein Teil dieses Volkes wandte sich nach Griechenland.

d Westgoten: Die Westgoten wurden von den Hun-nen vertrieben und zogen über Griechenland nach Italien und schließlich nach Spanien.

d Ostgoten: Dieses Volk zog von ihrem Siedlungs-raum nördlich des Schwarzen Meeres nach Italien.

d Burgunder: Die Burgunder zogen von ihrer Hei-mat an der Ostsee ins heutige Frankreich.

d Vandalen: Dieses Volk siedelte ursprünglich in Ost-europa und machte sich über Frankreich, Spanien und Nordafrika auf den Weg ans Mittelmeer.

d Angeln, Sachsen, Jüten: Diese drei Völker ver-drängten die Kelten aus weiten Teilen Britanniens.

d Franken: Die Franken tauschten ihre Heimat an der Nordsee mit dem nördlichen Frankreich.

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Bonifatius als MissionarDie Germanen verehrten einen Gott namens Donar (althochdeutsch für Donner). Er war neben Odin der Hauptgott der Germanen und galt als unbesiegbar. Ihm war nicht nur ein Tag (Donnerstag), sondern auch ein Baum geweiht: die Eiche.Bonifatius wollte den Germanen beweisen, dass es Donar gar nicht gäbe, indem er eine ihm geweihte Eiche einfach fällte. Die Germanen glaubten fest da-ran, dass Donar das nicht zulassen würde, und als ein Gewitter aufzog, fühlten sie sich bestätigt.Bonifatius fällte die Eiche – er jedoch blieb von Stra-fe verschont. Viele Germanen ließen sich auf Grund dieses Ereignisses taufen. Anstelle der Eiche wurde eine Kapelle errichtet.

7.2 Das Frankenreich

Zu Beginn des Mittelalters standen sich drei große Rei-che gegenüber: das Byzantinische, das der Araber und das der Franken. Wie es zum Aufstieg der ersten beiden gekommen ist, hast du bereits gehört, aber wie wurde der fränkische König so mächtig? Um das zu verstehen, müssen wir in der Zeit zurückgehen.

Wie wurden die Germanen Christen?Chlodwig, aus dem Herrschergeschlecht der Mero-winger, besiegte den letzten römischen Befehlshaber in Gallien, unterwarf Alemannen, Burgunder, Westgoten und Rheinfranken und gründete ein Reich, das von den Pyrenäen bis Friesland und vom Atlantik bis zum Main reichte. 496 n. Chr. ließ er sich taufen und nahm den christ lichen Glauben an. Allerdings nahmen nicht alle Untertanen sofort den Glauben ihres Königs an. Der Papst musste Missionare aussenden, die die heidnischen Germanen überzeugen sollten, dass der Christengott stärker sei als die germanischen Naturgötter. Einer der wichtigsten Missionare dieser Zeit war Bonifatius. In-nerhalb von 17 Jahren konnte er 100 000 Germanen bekehren und taufen. Im ganzen Land wurden Klöster und Bischofssitze gebaut.

nig krönen. Die Karolinger gingen ein Bündnis mit dem Papst ein und wurden zu Beschützern der Kirche und der Römer.

Wieso bekam Karl den Beinamen „der Große“?768 n. Chr. wurde Karl, der Sohn Pippins, neuer frän-kischer König. Er schaffte es nicht nur, sein Reich über weite Teile Mitteleuropas auszudehnen, er wurde auch zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für den by-zantinischen Kaiser.Karl besiegte die Bayern, verbannte ihren König Tassilo ins Kloster und unterwarf die Sachsen. Als das Volk der Langobarden den Kirchenstaat bedrohte, wandte sich der Papst an den erfolgreichen Karl. Auch diesmal siegte Karl und machte die Langobarden zu seinen Unterta-nen. Der Papst dankte Karl, indem er ihn als rechtmäßi-gen Herrscher über den Kirchenstaat anerkannte.Der Papst hatte aber auch Probleme mit dem römischen Adel. Wiederum rief er Karl zu Hilfe. Am Weihnachtstag des Jahres 800 n. Chr. krönte Papst Leo III. ihn schließ-lich zum römischen Kaiser. Karl der Große war der erste römische Kaiser des Mittelalters. Er war somit der oberste weltliche Schutzherr der gesamten Christen-heit. Mit dieser Kaiserkrönung wurde die enge Verbin-dung des karolingischen Königshauses mit dem Papst in Rom, die mit Pippin begonnen hatte, bekräftigt. Karl der Große wurde dadurch aber auch zum Gegenspieler des oströmischen Kaisers, der nun nicht mehr als einziger diesen Titel trug.

Nach Chlodwigs Tod verloren die Könige aus dem Geschlecht der Merowinger immer mehr an Einfluss. Ihre Hausmeier (oberste Verwalter) zogen die Macht an sich und wurden schließlich wichtiger als die Könige. Nach einem wichtigen Vertreter, Karl Martell, wurden die Hausmeier Karolinger genannt. Schließlich schickte der Hausmeier Pippin III. den merowingischen König Childerich III. ins Kloster und ließ sich selbst zum Kö- Das Reich Karls des Großen

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Karl wird von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt.

Der Kampf gegen die SachsenUm die Sachsen zu bezwingen, musste Karl 18 Kriegs-züge unternehmen. Insgesamt dauerte der Kampf ge-gen die Sachsen 33 Jahre. Dabei ging er mit solcher Bru-talität vor, dass er von manchen Zeitgenossen auch ‚der Eiserne’ genannt wurde. Er ließ Burgen und Heiligtümer der Sachsen zerstören, zwang die Söhne sächsischer Adeliger zu christlicher Erziehung im Kloster und erließ eigene Gesetze für die Sachsen (siehe Kasten). Auch vor Massenhinrichtungen schreckte er nicht zurück. Danach waren die Sachsen besiegt und wurden gezwungen, den christlichen Glauben anzunehmen.

Die achteckige Pfalzkapelle in

Aachen blieb bis heute erhalten.

Sondergesetze für die SachsenLies Karls Sondergesetze für die Sachsen (785 n. Chr.) und finde heraus, welche zwei frei erfunden sind.1. Wer gewaltsam in Kirchen eindringt, soll

sterben.2. Wer das heilige Fasten nicht einhält, soll sterben.3. Wer sich nicht taufen lassen will, soll sterben.4. Wer sich gegen den König als untreu erweist,

soll sterben.5. Wer nicht Priester werden will, muss ein Schaf

spenden.6. Wer ein Verbrechen begangen hat und einem

Priester seine Schuld bekennt, dem sei das Leben geschenkt.

7. Alle geben den Zehnten ihres Vermögens den Kirchen und den Priestern.

8. Wer sich in der Öffentlichkeit küsst, soll sterben.9. Den Sachsen ist es verboten, öffentliche Ver-

sammlungen abzuhalten, außer die Königsboten haben dies befohlen.

Wie sicherte und verwaltete Karl sein Reich?Um sein Reich gegen die Angriffe der Araber, Slawen und Awaren zu schützen, richtete er in den beson-ders gefährdeten Grenzgebieten sogenannte Marken ein. Verwaltet wurden sie von einem Markgrafen. Eine dieser Marken, die Awarische Mark, entstand auf dem Gebiet des heutigen Österreich.Da die Übermittlung von Nachrichten zu dieser Zeit äußerst schwierig war und lange dauerte, zog der König mit seinem Gefolge durch sein Reich. Die Hauptstadt des Landes befand sich dort, wo sich der König gerade aufhielt. An diesen Orten ließ er königliche Wohnsitze (Pfalzen) errichten.

Was passierte nach dem Tod Karls des Großen mit seinem Reich? Als Karl 814 starb, versuchten seine Nachfolger, das Reich zu erhalten. Das gelang ihnen jedoch nicht und das Frankenreich wurde in zwei Teile geteilt. Im Westen entstand das Westfränkische Reich, in dem zum Groß-teil romanische Bevölkerung lebte, und im Osten das Ostfränkische Reich, in dem hauptsächlich germanische Bevölkerung lebte. Im Laufe der Zeit entwickelten sich daraus Frankreich und Deutschland.

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Otto I., der Große; Goldfigur auf dem Karlsschrein im Aachener Münster

7.3 Europa im Hochmittelalter

Die Wiederauferstehung Romseinsetzen, der Kaiser oder der Papst? Um diese Frage sollte sich ein erbitterter Streit entzünden.

Nach dem Ende des Reiches Karls des Großen setz-ten sich im Osten Stammesherzöge durch. Sie regier-ten über ihre Völker, die Sachsen, Franken, Lothringer, Schwaben und Bayern. Sie erkannten jedoch, dass es besser sei, einen gemeinsamen König zu haben, um sich gegen äußere Feinde zu schützen. Also wählten sie im Jahr 911 den Frankenherzog Konrad zum König.Einer seiner Nachfolger, Otto der Große, zog nach Rom, um dem Papst militärisch zu helfen. Daraufhin wurde er vom Papst zum Kaiser des Römischen Reiches gekrönt. Dieses neue Römische Reich überlebte mehr als 800 Jahre, allerdings sollte es von seiner Geburt bis zu seinem Ende im Jahr 1806 vom Kampf des Kaisers um die tatsächliche Macht im Reich geprägt sein. Durch seine Wahl war der König oder Kaiser abhängig vom Wohl wollen seiner Herzöge bzw. Fürsten. Die Kaiser nützten verschiedene Möglichkeiten, um sich durchzu-setzen. Einige versuchten Verwandte als Fürsten einzu-setzen, um mehr Hausmacht zu haben, andere führten Krieg, wieder andere versuchten sich auf geistliche Für-sten, also Bischöfe, zu stützen. Wer aber durfte Bischöfe

Die Pfalz in AachenBeschrifte die einzelnen Gebäude der Pfalz in Aachen.

(1) Königshalle, (2) Unterkünfte für die Bediensteten, (3) Torhaus mit Gerichtssaal, (4) Wohnhäuser für Familienmitglieder und hohe Gefolgsleute, (5) Bäder,

(6) Pfalzkapelle mit Anbauten, (7) Säulenhof

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Die Krone des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation ist heute in der Schatzkammer in Wien ausgestellt.

Mittelalterliche Darstellung des Canossaganges (demütigender Buß-gang) von König Heinrich IV.

Die Leitsätze Papst GregorsLies die Leitsätze Papst Gregors VII. durch und finde heraus, welche zwei Festlegungen nicht dazu passen. Streiche die falschen Leitsätze.

Leitsätze Papst Gregors VII. (gekürzt)1. Allein der römische Papst ist berechtigt, den Titel

„Papst der Weltkirche“ zu führen.2. Der Papst darf Bischöfe absetzen und einsetzen.3. Allein der Papst übt die weltliche Macht in

Deutschland aus.4. Der Papst kann Kaiser absetzen.5. Was der Papst sagt, darf nicht infrage gestellt

werden.6. Der Papst hat das Recht, weltliche Fürsten ein-

zusetzen.7. Die römische Kirche hat nie geirrt und wird nie

irren.8. Niemand darf den Papst richten.

Ein mittelalterlicher Machtkampf – der Investiturstreit

Vertrag sichert der katholischen Kirche eine Reihe von Rechten, unter anderem auch die Bestellung der Bi-schöfe und die Auswahl der Religionslehrer.

Im Investiturstreit standen sich im 11. Jahrhundert Papst Gregor VII. und der deutsche König Heinrich IV. gegen-über. Sie stritten sich darum, wer Bischöfe einsetzen dürfe. Im Hintergrund stand aber ein entscheidender Richtungsstreit: Wer war mächtiger, der Papst oder der Kaiser?

Nachdem König Heinrich gegen den Willen des Papstes einen neuen Erzbischof von Mailand eingesetzt hatte, veröffentlichte Papst Gregor VII. seine Leitsätze, die fest-legten, dass die geistliche Macht des Papstes über der weltlichen Macht des Königs stand. Heinrich rief darauf-hin die deutschen Bischöfe zusammen, ließ Papst Gregor absetzen und ernannte einen Gegenpapst. Gregor VII. griff nun zu seiner schärfsten Waffe, dem Kirchenbann. Die deutschen Fürsten waren nun nicht mehr an ihren Eid auf den König gebunden. Die Folge war ein jahre-langer Krieg zwischen Fürsten und König. Viele Burgen, Dörfer und Klöster wurden zerstört und ihre Bewohner ermordet. Heinrich IV. musste sich dem Papst beugen. Er machte sich auf den Weg nach Canossa, einer Burg in Oberitalien, um sich dem Papst zu unterwerfen.Bis heute sind die Rechte der Kirche umstritten. In Österreich ist das Verhältnis zwischen Katholischer Kir-che und Staat durch ein Konkordat geregelt. Dieser

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Symbole der MachtOrdne die dargestellten Kennzeichen eines Herrschers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation den richtigen Begriffen zu.(1) Krönungsmantel (2) Reichsapfel (3) Zepter (4) Zeremonienschwert (5) Reichskrone

Brief König Heinrichs IV. an Papst Gregor VII. (24.1.1076, gekürzt)Heinrich, durch Gottes Willen König, an den falschen Mönch Hildebrand, der nicht mehr Papst ist. Du hast ge-droht, mir die Krone zu entreißen. Du selbst hast durch Geld und Gewalt den Papststuhl erschlichen und nun werden von dir noch meine Untertanen gegen mich auf-gehetzt. Du hast mich beschuldigt, dass ich vom rechten Glauben abgeirrt sei. Sei verflucht und verdammt für alle Zeiten. Steige vom römischen Bischofsstuhl herab, damit ein anderer ihn besteigen kann, der die wahre Lehre des Christentums verkündet.

Gebet Papst Gregors VII. (15.2.1076, gekürzt)König Heinrich hat sich mit ungeheurem Hochmut ge-gen die Kirche erhoben und den christlichen Gehorsam verweigert, er hat sich von der Kirche getrennt und sie zu spalten versucht. Deshalb spreche ich den Bann über ihn aus. Ich erkläre ihn als Herrscher über das ganze deut-sche und italienische Reich für abgesetzt. Ich löse alle Christen vom Treueid gegen ihn und verbiete ihnen, ihm zu dienen.

BriefwechselWelche Vorwürfe erhebt der König gegen den Papst? Was wirft der Papst dem König vor? Unterstreiche die An-schuldigungen und vergleiche anschließend deine Erkenntnisse mit deinen Mitschülern und Mitschülerinnen.