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Test Röhrenverstärker

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Wenn man Claus Jäckle eines ganzbestimmt nicht vorwerfen kann, dannist es Unbescheidenheit. Er macht vonsich und seinen Produkten nämlichkeinerlei Aufhebens. Selbst innerhalbder gewöhnlich gut informierten ima-ge hifi-Redaktion führte, zugegeben,der Vorschlag „AcousticPlan“ erst malzu Stirnrunzeln, dann zur zweifeln-den Rückfrage „Bastelprodukt?“ undschließlich zur schwachen Erinne-rung, dass der Kollege Brockmanndoch da mal einen Vollverstärker be-sprochen hatte, der einen guten Ein-druck, ja sogar, um es jetzt mal genauund wörtlich zu nehmen, einen ver-dammt guten Eindruck hinterlassenhatte.

Und da sitzt er nun, der Herr Jäckle.Und lächelt. Und deutet zurückhal-tend an, dass ungefähr 95 Prozent sei-ner nun doch nicht ganz unerhebli-chen Produktion ins Ausland gingen,so etwa nach Asien. Und auf demTisch stehen zwei Geräte, die so pro-fessionell, so blitzblank sauber und sohübsch gefertigt sind, dass sich einguter und namentlich hier nicht ge-nauer zu definierender Teil der deut-schen und der internationalen High-End-Szene getrost drei bis fünf dicke,fette Scheiben davon abschneidenkann. Außerdem vermitteln HerrnJäckles Geräte – genauer gesagt derVorverstärker Sarod und die EndstufeSantor – einen kaum weniger zurück-haltenden Eindruck als ihr Erbauer.Wenn man von einem kleinen Tem-peramentsausbruch in Form deftig

blau eloxierter Frontplatten einmalabsieht. Versehen mit sage und schrei-be drei Knöpfen und ansonsten vornebeschriftungs- und logofrei, ver-schweigt uns Sarod anfangs sowohlseinen Namen als auch seinen Her-steller, nicht anders sieht es mit demStereo-Hybrid-Endverstärker Santoraus, dessen ebenso blauer Netz-Dreh-schalter oben auf der dicken Front-platte mitleiderregend allein zu seinscheint. Genauere Infos erteilt dieKombi erst mit dem Blick auf die An-schlussfelder: „AcousticPlan“, aha.

Mithilfe superdicker, fein geschliffe-ner und schön eloxierter Aluminium-platten – die Seitenwandungen sindunglaubliche zehn Millimeter stark –Gehäuse in diesem Format zusam-menzupuzzeln darf im großen Ver-gleich als recht ungewöhnlich gelten.Aber das sind die Geräte ja auch: BeiSarod handelt es sich um einen aus-schließlich auf Röhren basierendenVorverstärker mit MC-Eingang, Pho-no- und Hochpegelstufe plus elektro-nisch stabilisiertem Netzteil. Und dasWichtigste: Im knallharten Gegensatzzur Mehrheit aller Röhrenkompo-nenten auf dem Weltmarkt arbeitetSarod mit ausschließlich übertrager-gekoppelten Verstärkerstufen. Santorhingegen, der schon Jahre früherentstand, benutzt lediglich im Ein-gang Röhren und bemüht als Impe-danzwandler und damit Ausgangs-stufe Halbleiter, um präzise zu seinLeistungs-MOSFETs („Metalloxid-schicht-Feldeffekttransistoren“).

Der Prophet gilt nichts im eigenen Land – oder warum Übertrager einfach besser sind.

AcousticPlan Sarod und SantorPreis: 8500 und 5200 Eurovon Roland Kraft, Fotos: Rolf Winter

Zurückhaltend eingestellte blaueLEDs sind sozusagen der einzige Lu-xus, den sich beide Komponenten aufihren Fronten gönnen, vielleicht ab-gesehen von ganz ungewöhnlich nachinnen konisch zulaufenden Knöpfen,die mir – rein haptisch gesehen – we-niger zusagen, dem Kollegen Brock-mann dagegen gut gefallen. Aber Ge-

Laufwerk: Platine VerdierTonarme: EMT 309 (SME-An-

schluss), SME 3012Tonabnehmer: SPU Classic, Shindo,

Denon DL-103, Koetsu Black

Übertrager/MC-Verstärker:A23 Hommage T1,Einstein The Turntable’sChoice

Vorverstärker: Shindo Laboratory ModelSeven

Endverstärker: Shindo Laboratory Pal-mer, Welter EbIII

CD/SACD-Player: Marantz SA-11S1Tuner: Tivoli Audio PALLautsprecher: A23 RondoKabel: A23, Shindo, Ortofon,

HMS, Sun WireZubehör: „Die Bank“ + NF-Dämp-

fer D172 von SchreinereiNorbert Gütte, Sun Leis-te, Netzfilter Einstein,Welter Audio ElectronicDämpfungsregler 2-E

Komponenten der Testanlage

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Test Röhrenverstärker

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er eine Technik, die das Gegenteil her-beizuführen scheint, stellt ein Über-trager doch seiner Natur gemäß einennatürlich begrenzenden Bandpass dar.Doch hier liegen nicht weniger als dreidieser Kopplungselemente pro Kanalim Signalweg, einen zusätzlichen, vomrenommierten Trafobauer Lundahlzugelieferten Trafo am MC-Eingangnoch gar nicht mitgerechnet. HöchsteZeit, mit einem kleinen (Röhren-)Ex-kurs klarzustellen, was hier eigentlichSache ist …

gesicherte Multi-Steckverbinder stel-len den Kontakt her. Beide Trafos lau-fen übrigens völlig ohne Brumm-geräusche.

Als „halbleiterfrei“ bezeichnet ClausJäckle seinen Vorverstärker, der einerPhilosophie folgt, die heutzutagedurchaus als ungewöhnlich geltendarf. Während man andernorts aufBandbreite schwört, keine Anstren-gung scheut, um die Frequenzgangex-treme möglichst weit nach oben undnach unten hin auszudehnen, benutzt

schmäcker sind nun mal verschieden.Nichts zu diskutieren gibt es aller-dings über die Qualität von Buchsenund Klemmen: Die entsprechen üb-lichem „highendigem“ Standard. Fürden recht kompakten Eindruck, denSarod und Santor machen, sind frag-los auch ihre Stromversorgungen ver-antwortlich: Beide Netztrafos – alsoauch der der Endstufe – wurden kom-plett ausgelagert und stecken in sau-ber gefertigten Aluminiumgehäusen.Professionelle, mit Überwurfmuttern

Die symmetrischen Ein- und Ausgänge benutzen zusätzliche Übertrager

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In jeder Verstärkerschaltung ist letzt-lich das Problem zu lösen, wie man die Betriebs-Gleichspannung wiedervom Nutzsignal trennt. Auch beim sogenannten Anodenfolger, dem grund-legenden Röhren-Spannungsverstär-ker, steuert das schwache Eingangssig-nal den Stromfluss zwischen Kathodeund Anode, das Gitter „prägt“ demStrom quasi seinen Rhythmus auf.Der damit im Rhythmus der Musikschwankende starke Strom nutzt unsaber noch gar nichts, erst das Einfügendes so genannten Arbeitswiderstandsin der Anoden- oder Betriebsspan-nungszuleitung stellt uns wieder diebenötigten Spannungsschwankungenzur Verfügung. Man sagt dazu: DieSpannung „fällt“ am Widerstand „ab“.Mithilfe des Koppelkondensators – erlässt ja lediglich die Wechselspannungmit unserem Signal passieren – trenntman dann die Betriebs-Gleichspan-nung ab und führt das verbleibendeSignal einem Ausgang – oder dernächsten Verstärkerstufe – zu. Statt ei-nes Kondensators kann man für die-sen wichtigen Job aber auch einenÜbertrager benutzen und kehrt damitzu den Anfängen der Verstärkertech-

nik zurück, als noch keine höherkapa-zitiven Kondensatoren zur Verfügungstanden (die wären anfangs damalsfür den geforderten Übertragungsbe-reich nur schwer machbar, auch zugroß und viel zu teuer gewesen). Inder so genannten „Trafokopplung“kommt anstelle eines Kondensatorsder komplexe Widerstand einer Wick-lung (Induktivität) quasi als Arbeits-widerstand zum Einsatz; da ein Über-trager ja ebenfalls ausschließlich vonWechselspannung passiert werdenkann, taucht auf der Sekundärwick-lung des Trafos unser Signal wiederauf und kann dann ebenfalls den Aus-gangsbuchsen oder dem Steuergitterder nächsten (Röhren-)Verstärkerstu-fe zugeführt werden. Die inzwischenals zu aufwendig und zu teuer ver-schrieene Trafokopplung weist freilichnoch einen nicht von der Hand zuweisenden Vorteil auf. Durch das Ver-hältnis zwischen Primär- und Sekun-därwicklung („Übersetzungsfaktor“),welches auch von eins abweichendgestaltet werden kann, gewinnt manfalls erwünscht – genau wie mit einemMC-Übertrager – höhere Ausgangs-spannungen.

Durch die in frühen Zeiten, hier re-den wir von den 20er und frühen 30erJahren, auch aus kalkulatorischenGründen reichlich unvollkommenenÜbertrager – gefordert war bestenfallsein linear verlaufender Frequenzgangzwischen 100 Hertz und zehn Kilo-hertz – geriet diese Technik aberschließlich nachhaltig in Verruf, da dieneu aufkommende Widerstandskopp-lung auf Anhieb besseren Frequenz-gang und geringere Verzerrungen lie-ferte. Heutzutage kommen allerdingsin der High-End-Röhrenverstärker-technik einige Schaltungsdesigner aufdas uralte Prinzip zurück. Auch undgerade deswegen, weil heutzutage gutgemachte Übertrager für kleine Lei-stungen – also insbesondere die so ge-nannten „Zwischenübertrager“ zwi-schen zwei Verstärkerstufen – enormeBandbreiten aufweisen, die nur einemMegahertz-Fanatiker noch zu geringsein könnten. Wer „elektro-philoso-phisch“ ohnehin dafür plädiert, einenAmp bewusst in seiner Bandbreite zubeschneiden anstatt „null Hertz bisunendlich“ zu propagieren, der findetin der Röhrenschaltungstechnik mitdem Übertrager ein technisch kaum

Fein ziselierte Lötarbeit in der hoch kompakt gebauten Vor-stufe – Platinen sucht man hier vergebens

Pegelsteller aus dem Bilderbuch: Mithilfe von Einzelwiderstän-den ist jeweils nur ein Spannungsteiler im Signalweg

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Zurück zu Claus Jäckles Vorstufe:Den MC-tauglichen Phono-Eingang –er ist auf niederohmige Abtaster wiebeispielsweise das Ortofon SPU ausge-legt – realisieren zwei kompakte, vollabgeschirmte Übertragerpakete vonLundahl. Anschließend kommt eine alsTriode verwendete kleine Noval-Pent-ode, die einstmals für die Post gefertigtwurde und deshalb besondere Qua-litätsanforderungen erfüllen muss,zum Einsatz. Weiter geht’s mithilfe ei-nes Übertragers in die rein passive

anzweifelbares, vielfältig verwendbaresKoppelglied vor, dessen Übertra-gungseigenschaften subjektiv ohnehinhäufig besser empfunden werden alsjene von Kondensatoren. Angesichtsder Kosten „highendiger“ Kapazitätendürfen die Trafos darüber hinaus wie-der als konkurrenzfähig betrachtetwerden. Und in der Studiotechnik gel-ten die Trafos – zum erdfreien Ein-und Auskoppeln sowie etwa als Sym-metrier- oder Desymmetrierglied –ohnehin als feste Größe.

RIAA-Entzerrung, aus der wieder die„Post-Pentode“ auskoppelt, bevor es –natürlich wieder via Übertrager – zumHochpegelverstärker weitergeht. Hierarbeitet eine E288CC in ihrer feinenKeramikfassung, bevor per Übertragerausgekoppelt wird. Wahlweise stelltSarod auch einen symmetrischenHochpegel-Eingang zur Disposition,außerdem steht auch ein symmetri-scher Ausgang bereit. Doch der internsozusagen in „Stockwerke“ aufgeteilteVorverstärker hält noch weitere Über-

Vier professionelle Röhren – nach Postanforderungen gebaut – bilden die Phonostufe (obere Gehäusehälfte)

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raschungen bereit: Insgesamt fünfweitere Glaskolben werkeln in derStromversorgung als elektronische(Anoden-)Spannungsstabilisierung;die Referenzspannung stellt dabei einesogenannte „Stabi“-Röhre vom Typ75C1 bereit. Vorher kümmert sich be-reits eine EZ81, also eine Gleichrich-terröhre vom Typ EZ81, um die Bereit-stellung von Gleichspannung, dieschließlich im Teamwork einer EF80und zweier kräftiger RegelpentodenEL86 lastunabhängig auf den geforder-ten Wert gebracht wird. Trotz des hierschon ersichtlichen Aufwands garan-tieren vorher noch eine große Siebspu-le und dicke Kondensatoren für schonmal grundlegend gesiebte Spannung.

Wunderbar sauber, ja filigran gebautund ausschließlich frei verdrahtet darfSarod dabei als eigenes kleines elek-tromechanisches Kunstwerk gelten.Ganz besonderes Augenmerk verdientdabei der Lautstärkesteller, ein leicht-gängiger 24-stufiger Drehschalter, dermit Präzisionswiderständen bestücktist. Übrigens erfolgt die Eingangswahlgleich „hinter“ den Eingangsbuchsenvia Drehschalter mit quer durchsGehäuse geführter Achse.

Nicht ganz so einleuchtend fand zu-mindest ich die Anordnung der dreiDrehschalter auf der Frontplatte: ganzoben Hauptschalter, darunter Ein-gangswähler, ganz unten schließlichLautstärke. Wollen Sie wissen, wie oftich das Ding anfangs aus Versehenausgeschaltet habe? Nein?

Okay: Guckt man genau in die feinziseliert gemachten Innereien des Sa-rod, dann leuchtet ein, dass es schlichtnicht anders ging. Was außerdemvorteilhaft ist: Kürzere Signalwegeund noch kompakterer, gleichzeitig so gut störspannungsgeschirmter Auf-bau sind kaum denkbar. Zudem folgtdie Vorstufe einem minimalistischenPrinzip, befinden sich doch lediglich

drei Verstärkerstufen zwischen Ein-gang und Ausgang.

Dass der Endverstärker der gleichenPhilosophie nachkommt, ist keinWunder. Obgleich schon vor acht Jah-ren aus der Taufe gehoben – der Vor-verstärker ist dagegen kaum ein Jahralt –, zählt auch bei Santor Minimalis-mus. Was nicht heißen soll, dass unserErfinder mit äußerster Konsequenzauf Röhren beharrt: „Positive Klang-eigenschaften einer Röhre sind durchihre Kennlinie bedingt, so dass ihr an-genehm typischer Röhrenklang nichtdurch das Schaltungsdesign herab-gesetzt werden darf. Transistoren wer-den nur dort eingesetzt, wo ihre Para-meter derjenigen der Röhrenüberlegen sind: im MC-Phonoein-gang und in den Endstufen zur Impe-danzwandlung.“ Damit ebenfalls keinWunder: Santor ist ein Hybrid mitRöhren-Eingangs- und Transistor-Ausgangsstufe. Und damit hat es sichdann auch schon, denn außer einemSatz von pro Kanal vier parallelgeschaltetenE88CC im Eingang und drei PaarenMOSFETs pro Kanal im Ausgang be-findet sich im Santor nichts, was denpuristischen, auf Platinen basierendenSignalweg zu stören imstande wäre.Wobei Claus Jäckle die SRPP-Schal-tung bevorzugt, seine einzige Span-nungsverstärkerstufe am Eingang aberhalt aus je vier parallelgeschaltetenDoppeltrioden zusammensetzt. Dennoch nicht allseits bekannten Tückender teils hoch gelobten SRPP-Technik(Drift, Schwingneigung, schnellerRöhrenverschleiß) weiß der Entwick-ler aber durch entsprechende Maß-nahmen völlig beizukommen, zumalumfangreiche Schutzschaltungen da-für sorgen, dass nicht nur die Transis-toren, sondern auch die Röhren genau„im Auge“ behalten werden.

Ebenfalls im Gegensatz zur landläu-

figen Meinung, dass die FETs mitihrem hohen Eingangswiderstandleicht zu treiben wären, ist die SRPP-Eingangsstufe nicht ohne Grund sokräftig ausgelegt: Es sind nämlichdoch erkleckliche Kapazitäten amEingang eines solchen FETs zu über-winden, die andernfalls den Fre-quenzgang des Verstärkers ziemlichstark beeinträchtigen könnten. „Cou-lomb-Schaufeln“ nennen das einigeEntwickler, insbesondere jene, diemit den Feldeffekttransistoren ver-traut sind. Im sehr weit reichendenClass-A-Betrieb – Santor wird an den Kühlrippen schon mal 55 Gradwarm – liefert die auf hohe Strömeausgelegte Stereo-Endstufe zweimal 50 Watt an acht Ohm ab, wobei eineVier-Ohm-Last schlicht mit sauberen100 Watt quittiert wird. Das Klirr-spektrum weist dabei vor allem dieangestrebten zweiten Harmonischen(„2. Ordnung“) auf, eine Über-alles-Gegenkopplung gibt es in diesem Verstärker nicht. Ach ja, StichwortSchutzschaltung: Santor „fährt“ ex-trem langsam hoch und gibt seineAusgänge erst nach geraumer Zeit frei– falls man sich also ein Glas Weineinschenken will, sollte man die Ge-legenheit ruhig gleich nutzen. Umsoschneller soll sich der heißblütigeAmp notfalls ausschalten, übrigensmittels so genannter Triacs und damitganz ohne die klanglich zweifelhaftenRelais vor den Lautsprecherklem-men. Vor Fehlentwicklungen in Ge-stalt regelrechter Stromsäufer musssich Santor auch nicht fürchten:Claus Jäckle bescheinigt seinem Amp,notfalls auch vor Zwei-Ohm-Katas-trophen nicht zu kapitulieren. Undbevor ich diese Info schon wiedervergesse: Auf Wunsch verwandelt eineinfacher Wechsel der Platine dieSantor in eine Mono-Endstufe.

In Bezug auf die Formalien – Rau-

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schen, Brummen, Knistern und wasan derlei Dingen nun mal vorkom-men kann – sind beide AcousticPlan-Komponenten so rein und weiß wiefrisch gefallener Schnee. Der Vorstufedarf ich erstaunt bescheinigen, die ru-higste, rauschfreieste Vorverstärker-Röhre darzustellen, die ich jemalsgehört beziehungsweise eben nichtgehört habe. Eingeweihte werden wis-sen, dass dies mit einem röhrenge-regelten Netzteil so einfach nicht hin-zukriegen ist … Auch die Endstufe ist blitzblank und kann auch mitwirkungsgradstarken Lautsprechernkombiniert werden, fährt zudem sau-ber hoch und nervt nicht mit Ein-oder Ausschaltgeräuschen. Dass derMC-Eingang niederohmig ausgelegtist, liegt an Claus Jäckles Frontend:SPU plus Ortofon-Arm plus PlatineVerdier. Wasser auf meine Mühlen,sonnenklar! Mit meinem EMT-Ton-arm, dem Shindo-System und, na-türlich, meinem ganzen Stolz, der

großen alten Verdier, sollte sich Sarodfolglich auf vertrautem Terrain bewe-gen. Was er so offenkundig tat, dassman bisweilen zweimal hinhörenmusste, um den Unterschied zur Ver-gleichskette (Shindo Modell Sieben,Wavac 4304) zu bemerken. Was schonmal ein Lob darstellt, welches austei-len zu dürfen ich angesichts der Leis-tungen besagter Geräte niemals er-wartet hätte.

Aber bleiben wir vorerst auf demTeppich: Dieser höchst erstaunlicheSarod ist geradezu genialisch weichund warm, ohne auch nur imGeringsten Informationsgehalt ein-zubüßen. Beileibe kein Weichspüler,damit wir uns jetzt richtig verstehen,aber ein so runder, so völlig stressfrei-er, dabei extrem präziser Emotions-vermittler, der es versteht, seinenZuhörer von einem Augenblick zumandern um den imaginären Finger zuwickeln. Er ist gleichzeitig absolut freivon jeglicher Effekthascherei, spielt

aber ungeheuer leichtfüßig, neutral,aber auch so farbig, dass es demZuhörer ganz warm ums Herz wird.Eine echte Entdeckung, glauben Siemir, die a) hierzulande offenkundigsträflich vernachlässigt wird und b) esohne den geringsten Zweifel verdient,von null weg in den Olymp der viel-leicht vier oder fünf besten Röhren-vorstufen des Planeten gehoben zuwerden. Wenn es stimmt, dass MeisterJäckle 95 Prozent seiner Ware nachAsien verkauft, dann kann das nur be-deuten, dass wir hierzulande entwe-der stocktaub oder in sträflichemMaßstab ignorant sind. Ich befürchte,Letzteres ist der Fall …

Für seine Lautsprecher – er bevor-zugt Breitbänder (sic!) und aktiveBässe – nimmt Jäckle in Anspruch,dass die ein adäquates Abbild derRaumdimensionen darstellen könn-ten. Für die Elektronik scheint diesebenso zuzutreffen, auch und gerade,weil zumindest die Vorstufe dies-bezüglich einiges ganz anders macht,als wir das gewohnt sind. So gerät ihre Raumabbildung von einzelnenSchallereigenissen größer und etwasdiffuser als weithin üblich, dabei aberin den Beziehungen der Klangkörperuntereinander felsenfest gefügt.Dafür eröffnet sich in der Gesamtdi-mension ein unerwartet großer, prä-zise nachvollziehbarer Raum, der,wenn es die Aufnahme hergibt, schongeisterhaft riesig und plastisch wer-den kann, eine Zauberei, zumindestaber eine Illusion allererster Güte, dieförmlich dreidimensional wirkt. Vorallem große Orchester stellen sich da-durch mit einer Realität dar, die eineneue Qualität hat. Oder zumindesteine solche, wie ich sie bisher nur vonden diesbezüglich allerbesten Ampshören durfte. Das alles wird förmlichuntermauert von knackigem, feinschwingendem Tiefton, der alles an-

Als Spannungsregler tätig: NOS vonValvo, eine Pentode EL86

In der Hochpegelstufe sitzt ebenfallswas ganz Feines: eine E288CC

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dere als kleinvolumig oder zurück-haltend daherkommt, insbesonderedie Vorstufe „schiebt“ eine solcheMenge von Energie nach, das man imTeamwork mit der erwähnten Wavac– ein Basswunder – schon mal um dieLautsprecher fürchtet.

Santor vermag all dies mit höchsterPräzision durchzureichen, womit ichohne mir auf die Zunge zu beißendem Hybrid ein Top-Zeugnis ausstel-len darf. Deshalb ohne viel Federle-sens: ein Sahnestückchen mit demFingerspitzengefühl eines Künstlersund universell tauglichem Leistungs-vermögen. Wer womöglich eine kleinePrimadonna unter den Lautsprechernsein Eigen nennt und Röhrenklangliebt, der findet hier übrigens auch ei-nen probaten Zuchtmeister mitfreundlichem Lächeln, aber stahlhar-tem Kern vor.

Seien Sie mir nicht böse: Das war’szur Endstufe. Viel lieber erzähle ichIhnen weiter von einem Vorverstär-ker, der sich kaum in die üblichenSchubladen einordnen, mit den übli-chen Parametern beschreiben lässt.

image kontakt

AcousticPlanSeestraße 378464 KonstanzTelefon 07531/73562www.acousticplan.de

Vorverstärker AcousticPlan Sarod

Eingänge: 1 x Phono MC (Cinch)1 x Line symm. (XLR)2 x Line (Cinch)

Ausgänge: 2 x Main (Cinch) 1 x Main symm. (XLR) 1 x Tape (Cinch)

Besonderheiten: getrenntes Netzteil,Phono-Optionen, MC-Übertrager (Lundahl) inkl.

Maße (B/H/T): 26/17/35 cmGewicht: 8 kgPreis: 8500 Euro

Stereo-Endverstärker AcousticPlan Santor

Leistung (4/8 Ohm): 2 x 100/50 WattEingänge: 2 x Line symm. (XLR)

2 x Line (Cinch)Ausgänge: 2 x Lautsprecher Besonderheiten: getrenntes Netzteil,

Schutzschaltung, Mono-Variante optional

Maße (B/H/T): 26/17/35Gewicht: 18 kgPreis: 5200 EuroGarantiezeit: 60 Monate

image infos

Was gefällt:Dass der gute Klang mit formaler, techni-scher und mechanischer Präzision einher-geht. Absolut professionell!

Was fehlt:Vielleicht doch ein klein wenig Beschriftungauf der Frontplatte? Nein? Auch gut.

Was überrascht:Ein ganz ungewöhnliches Schaltungskon-zept!

Was tun:Halbes Stündchen warmlaufen lassen.

image x-trakt

Seine Wärme, die wir ihm einfachzuschreiben müssen, ist nicht in derLage, seine tonale Präzision zu beein-trächtigen. Die vermittelt sogar ex-trem hochtonlastige Konserven mitAkribie, schmilzt kühle Eisspitzenaber bereits im Ansatz zu glänzendenTropfen, die unüberhörbar, aber nienervig sind. Dem großen Klangkör-per der klassischen Darbietung mitseinem Volumen, aber auch mit sei-ner im Inneren weniger ausgeprägtenDetailortung und seinen zwar vor-handenen, aber eben ins Bild völligintegrierten Glanzlichtern kommt der Vorverstärker dabei so nahe, wiees mit Hilfsmitteln nur möglich er-scheint. Dass er dabei sogar engeklangliche Verwandschaft mit mei-nem diesbezüglich außerordentlichleistungsfähigen Shindo-Vorverstär-ker zeigt, sei jetzt ohne jedeBesser/Schlechter-Wertung einfachmal in den Raum gestellt.

Das Schöne am Sarod: Wie nur ganzwenige Geräte entzieht er sich sol-chen nunmehr schlicht zu primitivenVorgehensweisen der Beurteilungdurch seine emotional wirksameDarstellung, die den Zuhörer nichtnach Einzelheiten fragen lässt. Undgenau diese Disziplin, glauben Siemir, beherrscht nur eine winzigeHand voll Geräte. Die anderen titu-lieren sich zwar zu Recht als „HighEnd“, sind aber lediglich – und dasmit großer Perfektion – in der Lage,immer mehr Einzelheiten oder im-mer mehr jener berühmten „Details“mehr oder weniger unbeholfen an-einander zu reihen. Sarod dagegenarbeitet auf einem Niveau, das vonsolchen Nebensächlichkeiten him-melweit entfernt ist. Er spielt sich,wenn Sie mir den Pathos jetzt malverzeihen, nicht nur in Ihre Ohren,sondern vor allem in Ihre Seele. Einwahres Meisterstück! ●