8.1 Eigenschaften von Atomkernen - DELTA - TU Dortmund · 2016-07-20 · Physik AB1 TU Dortmund...
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Physik AB1 TU Dortmund SS2016 Dieter Suter Shaukat Khan Kapitel 8-10
1
8 Physik der Atomkerne
- Radioaktivität (A.H. Becquerel 1896) entsteht durch Umwandlung von Atomkernen
- Entdeckung des Elektrons (J. J. Thomson 1897) → im Atom befindet sich positive Ladung
- Hyperfeinstruktur in Wasserstoffspektren entsteht durch Wechselwirkung mit dem Kern
- Streuexperimente mit a-Teilchen (E. Rutherford et al., ab 1911) weisen einen sehr kleinen Atomkern nach
8.1 Eigenschaften von Atomkernen
a) Elektrische Ladung
ist gleich Elektronenladung Z des Atoms (mit entgegengesetztem Vorzeichen) und ergibt sich aus der
Anzahl der Protonen mit Elementarladung +e.
b) Größe von Atomkernen
entspricht etwa der Größe der Ladungsverteilung (obwohl der Kern neben Protonen auch Neutronen
enthält), Ermittlung der Ladungsverteilung durch Streuversuche. Kernradius:
wobei A die Massenzahl ist, d.h. ein ganzzahliges Vielfaches von Protonenzahl Z plus Neutronenzahl N.
Unter der Annahme einer Kugel ist das Volumen also proportional zur Masse → die Dichte ist konstant.
Schreibweise:
Bezeichnungen: Nuklid = bestimmte Sorte von Atomkern z.B. 208Pb
Nukleon = Proton oder Neutron,
Isotope = Kerne mit gleichem Z,
Isotone = Kerne mit gleichem N,
Isobare = Kerne mit gleichem A.
)Fermi"(" fm 1m 10m 101,03,1 1515
0
3/1
0 rArr
126
208
82Pbz.B.XoderXoderX AA
ZN
A
Z(häufigstes Blei-Isotop)
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Einheitskugel
Streuexperimente
Zu jedem Abstand von der Achse, auf der das Streuzentrum
liegt (Stoßparameter b), gehört eindeutig ein Streuwinkel q
(kann aus der Drehimpulserhaltung hergeleitet werden).
Je größer b, desto wahrscheinlicher der Streuprozess (Fläche
des gelben Rings) → kleine Streuwinkel sind wahrscheinlicher.
Nach einiger Rechnung: Differenzieller Wirkungsquerschnitt
2/sin
1
44
14
2
2
00
2
21
vm
eZZ
d
d Coulomb-Streuformel für Teilchen der Ladung Z1∙e und
Geschwindigkeit v0, die auf eine ruhende punktförmige
Ladung Z2∙e treffen.
Dies ist ein Maß für die winkelabhängige
Wahrscheinlichkeit der Streuung in den
Raumwinkel d (gelbe Ringfläche auf der
Einheitskugel).
Ernest Rutherford
(1871 - 1937)
Robert Hofstadter
(1915 - 1990)
Aus der endlichen Kerngröße ergibt sich ein Beugungsmuster als
Abweichung von der Coulomb-Streuformel, woraus die Ladungs-
verteilung im Kern berechnet werden kann (R. Hofstadter, Experimente
am Stanford Linear Accelerator in den 1960er Jahren).
Der 3 km lange Stanford Linear Accelerator, Baubeginn 1962, ist bis heute der weltweit längste Linearbeschleuniger
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c) Masse von Atomkernen
Die Massenzahl A = Z + N ist nur ein grobes Maß,
um Kerne zu klassifizieren. Genauer:
2
227
227
/
MeV 939,57kg 106749,1
MeV 938,27kg 106726,1
mit
cEm
cmm
cmm
mmNmZm
B
NN
PP
NPK
Massendefekt mit Bindungsenergie EB
Atomkerne sind also leichter als die Summe aller Nukleonen ("Massendefekt"), weil ein kleiner Teil der
Masse beim Zusammenfügen in Energie umgewandelt wird. Diese Bindungsenergie steigt ungefähr linear
mit A, d.h. die Bindungsenergie pro Nukleon EB/A ist für viele Kerne ungefähr gleich (etwa 8 MeV),
weist aber eine charakteristische Massenabhängigkeit auf
- für sehr leichte Kerne ist EB/A deutlich kleiner als das Maximum bei A ≈ 60 (ca. 8,6 MeV). Diese
Kerne sind durch Kernfusion in Sternen entstanden.
- für schwere Kerne ist EB/A etwas kleiner als das Maximum. Sie stammen aus Supernova-Explosionen.
- es gibt Spitzen bei den "magischen Zahlen" für Z oder N (wenn Z und N magisch: "doppelt magisch").
Messmethoden: Massenspektrometer
geladene Teilchen im elektrischen und/oder magnetischen Feld:
Zentripetalkraft = Lorentzkraft
B
B
Ekin
E
RBepBveR
vm
REeEEeR
vm
2
2
2
1
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4
3
17
345
27
3
0
,
m
kg 108.1
m 102.22,4
kg 107,1
3/4
Ar
mA NP
vgl. Dichte eines Neutronensterns
d) Dichte von Kernmaterie Masse / Volumen
e) Kernspin und magnetisches Moment
Der Kernspin I kann ganz- oder halbzahlig sein, da die Nukleonen halbzahligen Spin besitzen.
1IIIslIoderslIi
ii
i i
ii
Summe der Nukleonenspins und der Bahndrehimpulse (ls-Kopplung, leichte Kerne)
oder Summe der Gesamtdrehimpulse der Nukleonen (jj-Kopplung, schwerere Kerne).
Im Grundzustand ist die Summe der Bahndrehimpulse meist (nicht immer) gleich 0.
Aufgrund des Spins haben Nukleonen und ein Kerne ein magnetisches Moment:
1836/J/T 1005,52
mit B
27
P
KKIIm
eIg
Kern-Magneton Bohrsches Magneton 83,3
59,5
N
P
g
g
f) Elektrisches Quadrupolmoment von Atomkernen
Ein elektrisches Dipolmoment würde eine unsymmetrische Ladungsverteilung erfordern, was im
Grundzustand Atomkernen nicht auftritt (bei angeregten Kernen können Protonen und Neutronen
gegeneinander schwingen, sog. Riesenresonanz).
Eine Abweichung von der Kugelform (z.B. in Gestalt eines Rotationsellipsoiden) bewirkt ein
elektrisches Quadrupolmoment. Dafür muss eine Achse ausgezeichnet sein, was bei Kernen mit
Kernspin ≠ 0 der Fall ist.
Es gibt prolate (zigarrenförmige) und oblate (scheibenförmige) Kerne. Die relative Abweichung vom
mittleren Radius ist 0,01 bis 0,1.
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Larmor-Kreisfrequenz wL
Beispiel: Larmorfrequenz für Protonen bei 1 T:
Bm
egBgBgVm
p
KLLK
2:1
ww
MHz 6,42s
11026,4
m
Vs1
kg 1067,12
C 106,1
32,6
59,5
2
7
227
19
wLLf
Bei der MRT entsteht die Ortsauflösung dadurch, dass das Magnetfeld einen Gradienten hat, d.h. die
Larmorfrequenz hängt vom Ort ab. Die Signalstärke gibt die Protonendichte, d.h. den Wasserstoffanteil
des Gewebes, an. Weitere Informationen über das Gewebe enthält die Relaxationszeit, d.h. die Zeit, in
der sich nach einem HF-Puls die Protonenspins wieder ausrichten.
Anwendung: Kernresonanz-Spektroskopie und Magnetresonanz-Tomografie
Ein magnetisches Moment präzidiert in einem homogenen Magnetfeld.
Das HF-Feld einer Spule um die Probe klappt bei einer bestimmten
Resonanzfrequenz (Larmor-Frequenz) die magnetischen
Momente um, was durch eine Induktionsspannung nachgewiesen wird.
Anwendungen: Messung von Kernspinmomenten
Kernspintomografie (Magnetresonanz-Tomografie MRT)
Messung von Magnetfeldern bei bekanntem Kernspin
(Wikipedia,
David Meisel)
m = +1/2
m = 1/2
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8.2 Streuprozesse und Kernreaktionen
- elastische Streuuung
- inelastische Streuung (Kern wird angeregt)
- reaktive Streuung, Kernreaktionen (Kern wird verändert)
Schreibweise: Targetkern (Projektil, Ejektil) Restkern
Spd,SClnd,S
Std,SPHed,S
Sie'e,SPpe'e,S
Se'e,S
S,SSee,S
33323332
313231332
28323132
3232
32323232
a
aa (elastische Streuung, Projektil wird abgelenkt)
(inelastische Streuung, Projektil verliert Energie)
(Kernreaktion, "knock-out" von p und a)
(Kernreaktion, "pick-up" von p und n)
(Kernreaktion, "stripping" von p und n)
Aus der Spektroskopie der Ejektile ergeben sich Informationen über die Anregungszustände von Kernen,
die mit Modellen (siehe Schalenmodell) verglichen werden. Ein wesentlicher Unterschied zur Atomhülle
ist die Tatsache, dass Nukleonen von der kurzreichweitigen "starken" Wechselwirkung zusammengehalten
werden, die zusätzlich zur abstoßenden Coulomb-Kraft zwischen den Protonen wirkt.
Weitere Kernreaktionen sind die Kernfusion, die Kernspaltung und die Spallation. Die Spallation kann
z.B. durch Protonenbeschuss eines schweren Kerns eingeleitet werden, der sich aufheizt (Compound-
Kern) und schließlich zerplatzt, wobei viele Neutronen abgegeben werden. Für die Forschung mit
Neutronen dienen neben Kernreaktoren die sog. Spallationsquellen als Neutronenquellen. Zurzeit wird in
Lund/Schweden die European Spallation Source (ESS) gebaut.
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8.3 Radioaktivität
Entdeckung (Schwärzung von Fotoplatten)
- 1896 Uran (A.-H. Becquerel)
- 1898 Thorium, Radium, Polonion (M. &. P. Curie)
- 1898 a- und b-Strahlung (E. Rutherford)
- 1900 g-Strahlung (P. Villard)
Zerfallsarten
- Alpha-Zerfall: Emission von a-Teilchen (4He)
- Beta-Zerfall: Emission von Elektronen/Positronen + (Anti-)Neutrino
- Gamma-Strahlung: elektromagnetische Strahlung beim a- und b-Zerfall
Pierre Curie
(1859 - 1906)
Marie Curie
(1867 - 1934)
Antoine-Henri Becquerel
(1852 - 1908)
(Wikipedia, Cepheiden)
MeV) (1,17/1,33νeNiCoz.B.XX
νeLiBez.B.νeYX
νeHeHz.B.νeYX
HeUPuz.B.HeYX
60
28
60
27
A
Z
A
Z
e
7
3
7
4e
A
1Z
βA
Z
e
3
2
3
1e
A
1Z
βA
Z
4
2
235
92
239
94
4
2
4-A
2-Z
αA
Z
ggg
Nuklidkarte
Darstellung aller Nuklide als Funktion von N und Z. Stabile Kerne folgen
ungefähr einer Linie
3/20155,098,1 A
AZ
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Experimente
Drei radioaktive Präparate werden betrachtet.
Ein Geiger-Müller-Zählrohr registriert einfallende
geladene Teilchen sowie Gammaquanten. Die
Messereignisse werden in ein akustisches Signal
umgewandelt und können gezählt werden.
1) Alpha-Strahler (Plutonium-239)
Die Zählrate nimmt unterhalb eines Abstand von ca. 1,5 cm
vom Zählrohr rapide zu. Die Strahlung kann bereits durch
ein dünnes Stück Papier vollständig abgeschirmt werden.
2) Beta-Strahler (Thallium-204)
Die Zählrate nimmt über einen Abstand von ca. 0,5 m vom Zählrohr exponentiell ab. Dicke Pappe
verringert die Zählrate, ein Aluminiumblech (ca. 1 mm) schirmt die Strahlung vollständig ab.
3) Gamma-Strahler (Barium-137 nach Zerfall von Cäsium-137)
Die Zählrate nimmt mit dem Abstand ab. Bleiplatten mit einer Gesamtdicke von ca. 2 cm sind
erforderlich, um die Strahlung abzuschirmen.
Auch ohne radioaktives Präparat wird ein Untergrund an Strahlung registriert.
a101,7Um26UHePu 823592
m23592
42
23994
)stabilPbm67PbeTl 20482
m20482
20481
stabilBam6,2BaeCs 13756
m13756
13755
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Zerfallsgesetze
Ein Kern zerfällt mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit l pro Zeiteinheit spontan, wenn dies
energetisch möglich ist. Der Zeitpunkt des Zerfalls ist nicht vorhersagbar. Für N Kerne:
l
ll
l
69.02ln)()(
ln
1
2/1
/
00
0
0
)(
0
teNeNtNtN
tN
dtdNN
Ndt
dN
tt
ttN
N
Halbwertszeit
Exponentielles Zerfallsgesetz mit Zerfallskonstante l
Messgrößen und Einheiten
Aktivität = Zahl der Zerfälle pro Zeiteinheit
Energiedosis = deponierte Energie pro Masseneinheit
Dosisleistung = Energiedosis pro Zeiteinheit
Äquivalentdosis = D ∙ Strahlungswichtungsfaktor*
1/s)(Becquerel Bq 1)( Adt
dNtA
früher: 1 Ci (Curie) ≈ 37 GBq (1 g 226Ra)
J/kg(Gray)Gy 1/ DmED D
früher: 1 rd (Rad) = 0,01 Gy
Gy/s 1// dtdDdtdD
J/kg 1 (Sievert) Sv 1 HwDH R
früher: 1 rem = 0,01 Sv
* Strahlungswichtungsfaktor (früher: Qualitätsfaktor Q): hängt von der Strahlungsart und Energie ab,
Photonen/Elektronen wR = 1, Neutronen 5-20 (energieabhängig), Protonen 5, a-Teilchen und schwere Kerne 20.
Strahlenexposition
Natürliche effektive Dosis: 1-2 mSv/Jahr (je nach Meereshöhe und Gesteinen), Raucher: mehrere mSv
Langstreckenflug: um 50 Sv (in niedrigen Breiten), 100 Sv (über die Pole)
Röntgendiagnostik: 0,3 mSv (Thoraxaufnahme 2x), 30 mSv (Abdomen-CT)
Strahlentherapie: 20-80 Sv
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8.4 Kernmodelle: Das Tröpfchenmodell
Vergleich des Kerns mit einem Flüssigkeitstropfen (konstante Dichte) erklärt die Bindungsenergie EB(A).
Fünf Anteile:
1) Volumenanteil: gleiche Bindungsenergie für jedes Nukleon
2) Oberflächenanteil: geringere Bindungsenergie für Nukleonen an der Oberfläche (weniger Nachbarn)
3) Coulombanteil: Coulomb-Abstoßung, potenzielle Energie einer homogen geladenen Kugel
4) Asymmetrieanteil: wegen des Pauli-Prinzips ist die Gesamtenergie für Z = N minimal
5) Paarungsanteil: wegen des Pauli-Prinzips werden gerade (g) Protonen- und Neutronenzahlen bevorzugt
damit:
Empirische Parameter:
10
AaE VV
3/223/2 Oberfläche ARAaE SS
3/13/12 /1/1Energie ARAZaE CC
1 :uu0 :gu/ug1 :gg2/1 AaE PP
(g = gerade, u = ungerade Protonen- und Neutronenzahl)
2/13/123/2 / AaANZaAZaAaAaE PACSVB
aV = 15,8 MeV
aS = 18,3 MeV
aC = 0,71 MeV
aA = 92,8 MeV
aP = 11,4 MeV Anmerkung:
Ein erweitertes Tröpfchenmodell erklärt auch Rotations- und Vibrationszustände von Atomkernen
ANZaE AA /)( 2
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8.5 Kernmodelle: Das Schalenmodell
Einteilchenmodell zur Beschreibung eines Vielteilchensystem:
Jedes einzelne Nukleon bewegt sich im Kernpotenzial, das von der Gesamtheit der Nukleonen erzeugt wird.
Zunächst: Das Fermigasmodell
Das Nukleon bewegt sich quasi frei in einem Potenzialtopf mit steilen Wänden, im einfachsten Fall durch
ein drei-dimensionales Kastenpotenzial der Breite a mit unendlich hohen Wänden beschrieben.
ar
arEpot
für
für 0 222
2
22
2zyx nnn
amE
Die Zahl n der möglichen Zustände mit Energiewerten von 0 bis Emax ist durch die Zahl der möglichen
Kombinationen von nx, ny und nz gegeben:
Jeder Zustand kann 2x besetzt werden (Spin 1/2). Damit ergibt sich die Fermi-Energie (ohne Herleitung):
Das ist die Energie, bis zu der ein Potenzialtopf gefüllt ist.
Typische Zahlen eingesetzt: EF ≈ 42 MeV.
2/3
maxEn
3/222 3
2
FF n
VmE
Ein etwas besseres Modell berücksichtigt die Coulomb-Abstoßung der
Protonen, d.h. Protonen und Neutronen haben jeweils ihren eigenen
Potenzialtopf, der für die Protonen etwas höher liegt und eine Coulomb-
Barriere besitzt. Beide Töpfe sind etwa gleich hoch mit Nukleonen gefüllt.
Ferner kann man das Kastenpotenzial durch einen Topf mit weniger steilen
Wänden ersetzten, z.B. harmonischer Oszillators oder sog. Woods-Saxon-
Potenzial.
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Hans Jensen
(1907 - 1973) Maria Goeppert-Mayer
(1906 - 1972)
Bei der Bindungsenergie pro Nukleon zeigte sich bereits, dass es
magische Zahlen 2, 8, 20, 28, 50, 82, 126 gibt, die mit dem
Kastenpotenzial nicht erklärt werden.
Bei verschiedenen Potenzialen (z.B. endlich hoher Kasten,
harmonischer Oszillator etc.) zeigt sich, dass die magischen Zahlen
für die vollständige Besetzung einer "Schale" (gegeben durch die
Hauptquantenzahl n) nur für niedrige n reproduziert werden. Das
liegt daran, dass - im Gegensatz zur Atomhülle - die Spin-Bahn-
Kopplung zu einer starken Aufspaltung der Energieniveaus führt,
die mit den n-abhängigen Niveauabständen vergleichbar ist.
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8.6 Kernspaltung und Kernfusion Kernspaltung von Uran
Die stoßinduzierte Spaltung schwerer Elemente ist exotherm, weil die Bindungsenergie pro Nukleon für
die Spaltfragmente höher ist (Maximum bei A ≈ 60). Hier ist insbesondere die Spaltung von Uran-Isotopen
durch Neutronenbeschuss von praktischer Relevanz. Man kann sich den Prozess als Einfang eines
Neutrons vorstellen, wobei der so entstandene Kern (im Bild des Tröpfchensmodells) schwingt und an
einer Einschnürung ungefähr in der Mitte zerreisst.
Das häufigste Uranisoptop ist der g-g-Kern 238U (Z gerade, N gerade, 99,27 %) , der durch
Neutroneneinfang zu einem g-u-Kern wird. Die freiwerdende Bindungsenergie reicht nicht zur Spaltung,
sondern das Neutron muss zusätzlich ca. 1 MeV an kinetischer Energie beitragen.
Das Isotop 235U (0,72 %) dagegen kann auch mit langsamen Neutronen gespalten werden. Der Spaltungs-
Wirkungsquerschnitt nimmt sehr stark mit der Neutronenenergie ab (bei 1 MeV Faktor 1000 kleiner als für
"thermische" Neutronen bei einigen 10 meV), so dass 235U wesentlich besser spaltbar ist als 238U. Aus
diesem Grund wird Uran "angereichert", d.h. sein Gehalt an 235U gegenüber dem natürlichen Vorkommen
erhöht. Ähnliches gilt für Plutonium-Isotope mit ungerader Massenzahl, das in der Natur praktisch nicht
vorkommen und in Kernkraftwerken aus 238U entsteht:
Bei der Spaltung eines 235U-Kerns werden 201 MeV frei (davon 167 MeV als kinetische Energie der
Spaltprodukte). Bei einer chemischen Reaktion beträgt der Energiegewinn nur einige eV. Durch die
Spaltung unter Neutronenbeschuss werden 2-3 Neutronen frei, die wieder Kerne spalten (Kettenreaktion).
Die Zahl solcher Reaktionen pro Zeiteinheit kann exponentiell anwachsen (Kernwaffe) oder durch eine
Regelung von Neutronenenergie und -fluss konstant gehalten werden (Reaktor). Der Wirkungsquerschnitt
ist für "thermische" Neutronen (meV) viel größer als für die im MeV-Bereich entstehenden Neutronen:
Es bedarf daher eines Moderators aus leichten Kernen (Wasser, Graphit...) , auf welche die Neutronen bei
Stößen möglichst viel Energie übertragen.
PuNpUnU 239d ,42239min 24239238--
bb
kinE/1
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Typische Bauart von Kernreaktoren in Deutschland
Kernbrennstoff und Moderator sind i.d.R. räumlich voneinander getrennt (inhomogener Reaktor): der
Moderator ist das Wasser des primären Kühlkreislaufs und fließt flüssig unter hohem Druck durch die
Brennelemente (Druckwasserreaktor). Die Wärme wird an Wasser im Sekundärkreis abgegeben, das
verdampft und eine Turbine antreibt. Die Kühlung erfolgt durch Flusswasser.
Kernbrennstoff
Pellets (1 cm Durchmesser) mit angereichertem Uranoxid oder Uran-/Plutoniumoxid-Mischung sind in
einem Rohr aus Zirkon eingeschlossen (Brennstab). Mehrere (~100) Brennstäbe bilden ein
"Brennelement", das von Kühlwasser durchströmt wird. Zwischen den Brennelementen sind bewegliche
Steuerstäbe, die Neutronen absorbieren (Bor oder Cadmium)
Andere Reaktortypen
Graphitmoderierter Siedewasser-Reaktor (Beispiel Tschernobyl): Brennelemente zwischen Graphit als
Moderator, z.T. verdampfendes Wasser treibt eine Turbine an. Potentielle Probleme: Graphit ist brennbar,
verdampfendes Wasser verringert die Absorption thermischer Neutronen (Kühlmittelverlust erhöht die
Reaktionsrate).
Brutreaktor (Beispiel SNR-300 Kalkar): Spaltung von 238U durch schnelle Neutronen (kein Moderator),
erzeugt 239Pu und 235U. Als Kühlmittel dient flüssiges Natrium statt Wasser, das die Neutronen zu sehr
verlangsamen würde.
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Erster von Menschen gebauter Kernreaktor 1942: The Chicago Pile CP-1
unter einer Tribüne des ehem. Football-Stadiums Stagg Field der University of Chicago.
Aufschichtung von Uran und Graphit mit manuell betätigten Cadmium-Steuerstäben.
Leitung: Enrico Fermi.
Enrico Fermi
(1901 - 1954)
Natürlicher Kernreaktor vor ca. 2 Mrd. Jahren: Oklo/Gabun
aus natürlichem Uranvorkommen mit eingesickertem Wasser als Moderator.
Vor 2 Mrd. Jahren war der Anteil von 235U in natürlichem Uran wesentlich
höher als heute, so dass eine Kettenreaktion mit moderierten Neutronen
entstehen konnte. Der Reaktor war ca. 500.000 Jahre aktiv, mittlere Leistung
100 kW. Er wurde 1972 durch Anomalien der 235U-Konzentration entdeckt).
Erste Kernwaffenexplosion 1945 in der Nähe von Alamogordo (NM, USA)
Beim sog. "Trinty-Test" im Rahmen des Manhattan-Projekts wurde eine
Plutoniumbombe mit 21 kT TNT-Äquivalent gezündet
(1 kT TNT = 4,18∙1012 J).
Mitte mit Hut: Robert Oppenheimer
(1904 - 1967)
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Kernfusion
Die Fusion leichter Elemente ist exotherm. Dazu müssen sich die Kerne quasi berühren, d.h. die
Coulomb-Barriere muss durch ein genügend hohe kinetische Energie oder durch Tunneleffekt
überwunden werden. Kinetische Energie (r1und r2 sind die Reichweiten der Kernkräfte von den
jeweiligen Kernmittelpunkten ≈ Radien) :
Im Inneren der Sonne entsteht hauptsächlich aus Wasserstoff über einen mehrstufigen Prozess über Be,
B und Li schließlich 4He (p-p-Kette). In anderen Sternen fusioniert Wasserstoff zunächst mit 12C und
bildet über N und O ebenfalls 4He (CNO- oder Bethe-Weizsäcker-Zyklus). Im Spätstadium der
Sternentwicklung gibt es (je nach Masse des Sterns) Fusionsprozesse, die zu schwereren Elementen bis
Fe führen. Noch schwerere Elemente entstehen nur in Supernova-Explosionen.
Energie bei der Fusion von 2H und 3H zu 4He + n werden 17,6 MeV freigesetzt. Pro Masseneinheit des
Brennstoffs ist der Energiegewinn im Vergleich zur Spaltung höher, weniger radioaktiver Abfall.
Problematisch ist die hohe Temperatur, die zur Überwindung der Coulomb-Barriere erforderlich ist.
Ansätze:
- Einschluss eines Plasma in eine Anordnung von Magnetfeldern (Tokamak oder Stellerator)
- Trägheitseinschluss in ein Kügelchen, das mit einem Laser- oder Teilchenpuls beschossen wird.
Der Fusionsquerschnitt steigt ab einer kin. Energie von 10 keV an (entspricht 108 K Temperatur).
Bei diesen Temperaturen liegt Materie als Plasma vor, ein "Gas" aus Ionen und Elektronen.
21
2
21
04
1
rr
eZZEkin
Experimente:
- Wendelstein 7-X in Greifswald: Stellarator, seit 2015
- ITER (Internat. Thermonucl. Exp. Reactor) in Cadarache/Frankreich: Tokamak, Start 2027 (?)
- NIF (National Ignition Facility) in Livermore/USA : Laserbasierte Trägheitsfusion, Start um 2010,
Erste Erfolge siehe O.A. Hurricane et al. Nature 506 (2014), 343.
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8.7 Medizinische Anwendungen der Kernphysik
Strahlentherapie
- überwiegend mit Beschleunigern
Diagnostik
- Szintigraphie, insbes. Schilddrüse mit 99Tc, 123I oder 131I
- Magnetische Resonanztomografie (s. weiter oben)
- Positronen-Emissions-Tomographie, Krebsdiagnostik:
b+-Strahler wird verabreicht (z.B. 18F) und nimmt am
Stoffwechsel teil. Emittierte Positronen annihilieren mit Elektronen der Umgebung, zwei Photonen
(je 511 keV) werden in entgegengesetzte Richtung ausgesandt und in Koinzidenz emittiert. Durch
Aufnahme koinzidenter Photonen aus verschiedenen Richtungen wird mit mathematischen Methoden
ein Schnittbild erzeugt. Die Halbwertszeit von 18F beträgt 110 min (Herstellung z.B. mit Zyklotrons).
8.8 Radiometrische Altersbestimmung
z.B. Radiocarbon-Methode
Die kosmische Strahlung setzt in der oberen Atmosphäre Neutronen frei, die in tieferen Schichten auf
Stickstoff treffen und 14C erzeugen:
Dadurch gibt es ein bestimmtes Verhältnis von 14C zu 12C in der Biosphäre, u.a. in lebenden Organismen
(~10-12). Wenn ein Organismus stirbt und der Austausch mit der Umgebung unterbleibt, nimmt der 14C-
Anteil durch b--Zerfall mit einer Halbwertszeit von ca. 5730 Jahren ab. Durch Messung der Aktivität
organischer Überreste (z.B. Holz) kann deren Alter bis ca. 60.000 Jahre datiert werden. Neben der
Unsicherheit der Zählrate und der Halbwertsbreite ist das 14C/12C-Verhältnis Schwankungen unterworfen
- Fluktuation der kosmischen Strahlung (wechselnde Sonnenaktivität)
- Abnahme des Verhältnisses durch Verbrennung fossiler Brennstoffe
- Kernwaffentests (bis 1963 in der Atmosphäre)
Cpn,N 1414
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Lorentzkraft
- Beschleunigung von Teilchen durch elektrische Felder (erfordert Kraft in Bewegungsrichtung)
- Führung und Fokussierung von Teilchen durch elektrische oder magnetische Felder
18
9 Methoden der Kern- und Elementarteilchenphysik
9.1 Teilchenbeschleuniger
Motivation
Teilchenbeschleuniger ermöglichen Streuexperimente oder Reaktionen mit Teilchen, deren
... Energie wesentlich höher ist als die Teilchenenergie aus radioaktiven Präparaten
... Rate und räumliche Dichte wesentlich höher ist als die kosmischer Teilchen
BvqEqF
m
MV 300
m
Vs 1
s
m 103typisch
2
8 BcEcv
Beschleunigertypen
Einteilung nach der Art, wie das elektrische Feld zur Verfügung gestellt wird:
- elektrostatische Beschleuniger
- elektrisches Feld durch zeitlich veränderliches Magnetfeld (elektromagnetische Induktion)
- hochfrequente elektromagnetische Wellen
Einteilung nach der Bauform
- lineare Beschleuniger: beschleunigende Strecke wird 1x durchlaufen
- Kreisbeschleuniger: beschleunigende Strecke wird mehrfach durchlaufen
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19
Beschleunigung durch ein elektrostatisches Feld
(a) Cockroft-Walton-Generator (Cambridge 1930)
hohe Spannung durch sog. Greinacher-Schaltung,
erste Kernumwandung mit einem Beschleuniger
(b) Marx-Generator (nicht mehr gebräuchlich)
(c) Van-de-Graaf-Generator (MIT 1931), hohe Spannung
durch mechanischen Transport von Ladung,
oft als Tandem-Van-de-Graaf-Beschleuniger
Ernest Walton
(1903 - 1995)
John Cockroft
(1897 - 1967)
Oben: Cockroft-Walton-Generator
als Vorbeschleuniger für Protonen
am Paul-Scherrer-Institut/Schweiz
Links: Tandem-Van-de-Graaf-
Beschleuniger am MPI/Heidelberg. Die
Hochspannung von 12 MV wird 2x
ausgenutzt: Negative Ionen werden
beschleunigt und streifen in der Mitte der
Maschine (dem "Terminal") Elektronen in
einem Stripper-Gas oder einer Folie ab.
Die Beschleunigungsspannung ist bei
elektrostatischen Beschleunigern
durch die Duchschlagsspannung der
Luft auf einige MV begrenzt. Durch
ein Schutzgas (SF6) werden Werte
über 10 MV erreicht.
He)p,(Li 4
2
7
3 a
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20
Beschleunigung aufgrund elektromagnetischer Induktion
Betatron (Idee um R. Wideröe1923, erste Maschine D. Kerst 1940)
ein zeitlich veränderliches Magnetfeld erzeugt eine Induktionsspannung gemäß
und hält gleichzeitig die Teilchen auf der Kreisbahn. Das Betatron ist nur
für Elektronen geeignet und wurde oft für die Strahlentherapie verwendet
(heute eher Linearbeschleuniger)
Rolf Wideröe
(1902 - 1996)
Donald Kerst
(1911 - 1993)
Bild: University of Illinois, Urbana-Champain
Kreisbeschleuniger allgemein:
Beziehung zwischen Impuls p, Ladung q, Magnetfeld B und Bahn-
radius R gegeben durch Zentripetalkraft = Lorentzkraft
(i.d.R. gilt v B)
RBqpvm
BvqR
vm
g0
2
Betatron Zyklotron Mikrotron Synchrotron
(schematisch)
BRREadBsdEA
22 hier
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21
Beschleunigung durch hochfrequente elektromagnetische Welle
Erster Linearbeschleuniger (Idee 1924, erste Umsetzung R. Wideröe1928):
Wechselspannung zwischen Driftröhren. Ein Teilchen wird von der Spannung
zwischen den Röhren beschleunigt, die immer dann umgepolt wird, wenn das
Teilchen in einer Röhre ist.
Rolf Wideröe
(1902 - 1996)
Bei Frequenzen um 1 MHz werden die Abstände zwischen den Driftröhren sehr groß, wenn v ≈ c:
Erst mit der HF-Technik im GHz-Bereich (z.B. Klystron 1937) werden relativistische Teilchenstrahlen
möglich.
m 150s 10
sm 103
2
1
2 6
8
HF
HFi
f
Tcl
Der mit ca. 3 km weltweit längste Linearbeschleuniger ist der Stanford Linear Accelerator. Der Beschleuniger wurde mit bis zu 50 GeV
Elektronenenergie für die Teilchenphysik eingesetzt, ein Drittel seiner Gesamtlänge dient zurzeit als Beschleuniger für einen Freie-Elektronen-Laser.
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22
0t
rf
2
Tt
Hochfrequenz (HF)
Bei Frequenzen im 100-MHz- und GHz-Bereich ist das Bild eines elektrischen Felds
zwischen zwei Elektroden (z.B. Driftröhren) nicht mehr hilfreich, wie man sich am
Beispiel eines zylindrischen Plattenkondensators (a) verdeutlichen kann. Durch die
schnelle Änderung des elektrischen Felds (Verschiebungsstrom) entsteht ein
Magnetfeld, dessen Änderung wiederum ein elektrisches Feld erzeugt (Induktions-
gesetz), das dem ursprünglichen E-Feld entgegengerichtet ist (b). Dieses Wechselfeld
entspricht dem einer TM010-Mode, die sich ausbildet, wenn man eine
Hochfrequenzwelle in einen zylindrischen Hohlraumresonator einkoppelt (c).
Typische Beschleunigungsstrukturen sind
- ein- oder mehrzellige Hohlraumresonatoren z.B. in einem Synchrotron
- Linearbeschleuniger mit stehender oder laufender HF-Welle
Links: Linearbeschleuniger für relativistische Elektronen: die Teilchen
"surfen" auf einer 3-GHz-Welle, deren Phasengeschwindigkeit durch
Irisblenden auf c herabgesetzt wird, damit sie die Elektronen nicht überholt.
Rechts: Supraleitende Beschleunigungsstruktur bei typisch 1,3 GHz.
Hohlraumresonator ("cavity") in Zylinderform ("pill-
box"). Dieser Resonator mit fHF = 500 MHz wurde für
den DORIS-Speicherring in Hamburg entwickelt und
wurde an vielen Orten (u.a. bei DELTA) verwendet.
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23
Kreisbeschleuniger mit Hochfrequenz (HF)
Zyklotron (Berkeley 1932): Energiegewinn nach jedem
halben Umlauf in dem Spalt zwischen den "Dees".
Bedingung: HF-Periode = Umlaufszeit, bzw.
Hochfrequenz = Umlaufsfrequenz
Diese sog. "Zyklotronfrequenz" ist konstant,
solange g ≈ 1 ist (nicht-relativistische Teilchen):
g
gg
0
0
0
22
1
m
Bq
R
v
Tf
m
Bq
R
vRBqpvm
HF
HF
Ernest O. Lawrence
(1901 - 1958)
Das Zyklotron ist also eine Maschine für schwere Teilchen: Protonen und Ionen.
Wenn g nur wenig von 1 abweicht, gibt es zwei Möglichkeiten:
- die Hochfrequenz wird ~1/fHF angepasst (Synchrozyklotron)
- das Magnetfeld B wird nach außen höher (Isochronzyklotron)
Isochronzyklotron am ehemaligen
Kernforschungszentrum Karlsruhe (heute KIT)
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24
Kreisbeschleuniger mit Hochfrequenz (HF)
Mikrotron (Idee V.I. Veksler 1944, erstes Mikrotron Ottawa 1947): Die Umlaufszeit ist nicht konstant,
sondern ändert sich pro Umlauf um ein ganzzahliges Vielfaches der HF-Periode, so dass die Teilchen (in
diesem Fall relativistische Elektronen) immer phasenrichtig ankommen.
Mikrotron als Vorbeschleuniger
bei SESAME, eine Synchrotron-
strahlungsquelle in Jordanien.
Blau: HF-Welle, elektrisches Feld als Funktion der Zeit. Rot: Ankunftzeit der Teilchen
beim Zyklotron (äquidistant) und beim Mikrotron (mit zeitlich zunehmenden Abständen).
Racetrack-Mikrotron (MAMI-B 850 MeV)
an der Universität Mainz (© Institut für
Kernphysik, Uni Mainz).
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Kreisbeschleuniger mit Hochfrequenz (Fortsetzung)
Synchrotron (Berkeley 1945): Energiegewinn in einem
Holhlraumresonator nach jedem Umlauf. Der Bahnradius bleibt
konstant, weil das Magnetfeld ~ g erhöht wird.
Weil das Magnetfeld nur entlang des Umfangs und nicht über die
umschlossene Fläche benötigt wird, können sehr große Maschinen
gebaut werden (z.B. der LHC am CERN/Genf). Allerdings ist das
Synchrotron eine gepulste Maschine, d.h. ein Beschleunigungs-
zyklus muss vollendet sein, bevor die nächsten Teilchen beschleunigt
werden können.
Speicherringe (Patent "Kernmühlen" 1949, erster e+e--Ring 1960)
ähneln Synchrotrons (ringförmige Maschine mit HF-Resonatoren),
dienen aber nicht dazu, die Teilchenenergie zu erhöhen, sondern
speichern den Strahl bei konstanter Energie. Einige Maschinen, z.B.
der LHC, sind sowohl Synchrotron als auch Speicherring.
RBqpvm g0
Edwin McMillan
(1907 - 1991)
Marcus Oliphant
(1901 - 2000)
Large Hadron Collider, ein Protonen-Synchrotron und
Speicherring (CERN CC-BY-SA-4.0)
Cosmotron (1952-1966) - Brookhaven National Lab
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9.2 Detektoren
Motivation
Mit Detektoren werden Teilchen und Strahlung nachgewiesen, wobei die Messaufgaben unterschiedlich
sein können, typischerweise:
- reine Zählexperimente
- Orts- und Winkelverteilung von Zählraten
- kinetische Energie und Impuls von Teilchen
- Identifikation der Teilchen
- Eigenschaften der Teilchen: Masse, Ladung, Spin, Lebensdauer
- Abbildung von Teilchenspuren
In den meisten Fällen soll die Information als elektrisches Signal vorliegen, das i.d.R. mit einem ADC
(analog-digital converter) digitalisiert und aufgezeichnet wird. Bei großen Experimenten kann nicht jedes
Ereignis gespeichert werden, weil bei der Auslese eines großen Detektors Totzeit entstehen und die
Datenmenge sehr groß würde, sondern die Elektronik/Software des Experiments muss schon
während der Datennahme einen Teil der Ereignisse verwerfen (sog. "Trigger").
Jeder Detektor basiert auf der Wechselwirkung von Teilchen oder
Strahlung mit Materie.
Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit Materie
- Compton-Streuung: Streuung an Elektronen
- Photoeffekt: Absorption einen Photons, Emission eines Photons
kleinerer Energie (Fluoreszenz) oder eines Auger-Elektrons
- Paarbildung (Photonenenergie min. 1,022 MeV):
Erzeugung eines Elektron-Positron-Paars
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Wechselwirkung von geladenen Teilchen mit Materie
- inelastische Stöße mit Elektronen der Atomhüllen, Ionisiation (Bethe-Formel, s. unten)
- bei Elektronen zusätzlich Verluste durch Strahlungsphänomene, z.B.
... Bremsstrahlung, bei hoher Energie Bildung eines elektromagnetischen Schauers
(Bremsstrahlung erzeugt Elektronen-Positronen-Paare, die wieder Bremsstrahlung erzeugen usw.)
... Cherenkov-Strahlung, wenn Teilchen schneller sind als die Lichtgeschwindigkeit im jeweiligen Medium
... Übergangsstrahlung beim Übergang zwischen Medien mit verschiedener Dielektrizitätszahl
Bethe-Formel: gibt den "spezifischen" Energieverlust pro Länge dE/dx durch Ionisation an
- mit zunehmender Teilchengeschwindigkeit sinkt der spezifische Energieverlust ~ 1/b 2,
- bei Energien im Bereich der Ruheenergie der Teilchen besitzt dE/dx ein Minimum,
- bei höheren Energien steigt dE/dx langsam an ~ ln(b 2g 2)
Der steile Anstieg von dE/dx bei kleiner Teilchenenergie bewirkt den "Bragg peak", einen hohen
Energieverlust kurz bevor das Teilchen stehen bleibt, was bei der Strahlentherapie mit Protonen
und Ionen ausgenutzt wird, um die Strahlendosis lokal zu deponieren.
Hans Bethe
(1906-2005)
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Einige Detektortypen
Messung von Energieverlusten oder der Gesamtenergie eines Teilchens oder Photons
- Gasgefüllte Ionisationszähler: z.B. Draht und ein umgebendes Rohr, geladene Teilchen erzeugen Ionen
und Elektronen, die zu entgegengesetzten Elektroden driften. Verschiedene Regimes:
- geringe Hochspannung zwischen den Elektroden (Ionisationskammer)
- mittlere Spannung (Proportionalzähler): Sekundärionisation, Signal proportional zum Energieverlust
- hohe Spannung (Geiger-Müller-Zählrohr): lawinenartige Sekundärionisation, keine Energiemessung
- Halbleiterzähler: in Sperrrichtung betriebene Dioden, geladene Teilchen erzeugen Teilchen-Loch-Paare,
die als Strom registriert werden. Auch für Photonen: Fotodioden.
- Szintillationszähler: Teilchen oder Photonen erzeugen Lichtblitze, die mit einem Fotomultiplier detektiert
werden (im Fotomultiplier werden Elektronen durch Licht freigesetzt und lawinenartig verstärkt).
Ortsempfindliche Detektoren (messen insbesondere Impulse von Teilchen im Magnetfeld)
- Photoplatte, Nebel- und Blasenkammer: erzeugen optisch sichtbare Spuren, die als Fotografie vorliegen
- Driftkammer: gasgefüllte Kammern, bei denen Ionen/Elektronen zu einer Vielzahl von Drähten driften
(Driftkammer, Ortsauflösung durch Ort des Drahts und Driftzeit)
- CCDs, Silizium-Streifen- und Pixeldetektoren: segmentierte Halbleiterzähler. Bei CCDs wird die lokal
entstehende Ladung zeilenweise von Pixel zu Pixel bis zum Rand verschoben (langsam).
Streifendetektoren haben einen Verstärker pro Streifen auf einem Chip.
- Szintillationsfaserdetektor: Anordnung einer Vielzahl dünner Fasern aus szintillierendem Material
Wechselwirkung neutraler Teilchen mit Materie
Neutronen werden i.d.R. durch Kernreaktionen nachgewiesen, bei denen geladene Teilchen entstehen. Bei
Neutrinos geschieht dies nur über die schwache Wechselwirkung mit extrem kleinen Wirkungsquer-
schnitten, so dass sehr große Detektoren benötigt werden (z.B. IceCube am Südpol ~1 km3)
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Anwendung in der Elementarteilchenphysik
Typische Anordnung mit zunehmendem Abstand vom Wechselwirkungspunkt:
- Vertexdetektor (z.B. Siliziumstreifen oder -pixel): genaue Vermessung von Teilchenspuren (Impuls)
und ihrem Entstehungsort, Zuordnung mehrerer Spuren zu einem gemeinsamen Ausgangsort
- Tracker (z.B. Driftkammer oder Zeitprojektionskammer) im Magnetfeld: Die Vermessung der
Radien von Spuren geladener Teilchen im Magnetfeld dient der Messung des Teilchenimpulses
- Kalorimeter (z.B. Kombination aus schwerem Material und Szintillator): Hier deponieren Teilchen
ihre gesamte kinetische Energie, die z.B. über die Lichtausbeute in Szintillatoren bestimmt wird.
- Myonkammern (z.B. Proportionalzähler): Nachweis von geladenen Teilchen, die nicht Kalorimeter
gestoppt wurden (i.d.R. Myonen)
Radiale Verteilung verschiedener
Detektoren, hier beim CMS-Experiment
am LHC/CERN (CERN 2004).
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30
Antiteilchen
Durch die Entdeckung des Positions 1932 (gleiche Masse und Wechselwirkung wie das
Elektron, aber positiv geladen) wurde die Vorstellung von Antiteilchen etabliert. Sie
ergibt sich theoretisch aus der relativistischen Quantenmechanik (Dirac 1927).
Paul A. M. Dirac
(1902 - 1984)
Richard Feynman
(1918 - 1988)
Feynman-Diagramme veranschaulichen nicht nur Teilchenreaktionen, sondern man
kann mit ihnen auch rechnen, z.B. gehört zu jedem Knoten (Vertex) eine Kopplungs-
konstante a1/2. Sie ähneln Minkowski-Diagrammen (Auftragung von Ort gegen Zeit),
wobei es auf die Steigung der Linien (Geschwindigkeit) nicht so genau ankommt.
Wenn man ein Feynman-Diagramm dreht, ergibt sich wieder ein sinnvolles Diagramm
z.B. die Wechselwirkung zweier Elektronen durch Austausch eines (virtuellen) Photons
(links) entspricht der Elektron-Positron-Annihilation und anschließender Paarbildung
(rechts). Hierbei wurden die nach der Drehung in der Zeit rückwärts verlaufenden
Elektronen durch vorwärts verlaufende Positronen ersetzt.
10 Elementarteilchenphysik
10.1 Historie
Entdeckung des Positrons.
Aus der Energieabnahme nach
Durchgang durch eine Bleiplatte
konnte auf die Richtung der
Spur festgelegt werden.
Physik AB1 TU Dortmund SS2016 Dieter Suter Shaukat Khan Kapitel 8-10
31
Myon und Pion
Die Kraft zwischen zwei geladenen Teilchen wird als Austausch eines Teilchens
betrachtet. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist langreichweitig, da das
Austauschteilchen (Photon) masselos ist. Für die kurzreichweitige "starke"
Wechselwirkung wurde 1935 von Yukawa ein Austauschteilchen mit Masse um 150 MeV
postuliert. C. Anderson fand 1936 ein 106 MeV schweres Teilchen durch Experimente mit
kosmischer Strahlung, das jedoch - wie sich später zeigte - nicht das gesuchte Teilchen
sein konnte. Es ähnelt eher dem Elektron, ist jedoch 200x schwerer und zerfällt nach 2,2
s. Es wurde Myon genannt (Isidor Rabi: "Who ordered that?"). 1947 fand C. Powell ein
geladenes Teilchen, das Pion, der Masse 139,6 MeV, das nach 2,6∙108 s in ein Myon
zerfiel. Später wurde auch ein neutrales Pion mit Masse 135,0 MeV entdeckt.
Hideki Yukawa
(1907 - 1981)
Carl Anderson
(1905 - 1991)
Cecil Powell
(190e - 1969)
gg ee00 2
Damit war das von Yukawa vorhergesagte Teilchen gefunden. Heute wird die starke
Wechselwirkung allerdings als Austausch von Gluonen beschrieben. Das 0 ist das
leichteste "Meson" mit einer Masse im Bereich zwischen den leichten "Leptonen"
(z.B. Elektron) und schweren "Baryonen" (z.B. Proton und Neutron) liegt.
Neutrinos
Die Existenz eines (Elektron-)Neutrinos wurde 1930 aufgrund des kontinuierlichen
Elektronenspektrums im b-Zerfall gefordert (W. Pauli). Der direkte Nachweis gelang erst
1956 nachgewiesen (C. Cowan, F. Reines; Nobelpreis 1995). Nach der Entdeckung des
Myons wurde aus der Kinematik seines Zerfalls deutlich, dass zwei verschiedenartige
Neutrinos entstehen müssen:
Später wurde eine dritte "Familie" von Leptonen nachgewiesen: (1975) und 2000.
Neutrinos galten lange als quasi masselos. Erst kürzlich wurden Neutrino-Oszillationen
nachgewiesen (Umwandlung verschiedenartiger Neutrinos), die belegen, dass es kleine
Masseunterschiede und damit eine Masse ≠0 geben muss (Nobelpreis 2015).
ee veve
Physik AB1 TU Dortmund SS2016 Dieter Suter Shaukat Khan Kapitel 8-10
32
Weitere Mesonen und Baryonen, Quarks
Mit dem Aufkommen von Teilchenbeschleunigern in den 1950er Jahren wurden immer mehr Teilchen
entdeckt ("Elementarteilchen-Zoo"), z.B. in Jahr 1949 die Kaonen mit Massen um 500 MeV:
000 KKK
Es wurden auch Teilchen entdeckt, die schwerer als das Proton und Neutron sind, z.B. das neutrale
Lambda mit 1116 MeV pΛ
Solchen Teilchen wurde eine neue Quantenzahl, die "Seltsamkeit" S (strangeness) zugeschrieben. Da
Protonen stabil sind, wurde als weitere Quantenzahl die "Baryonenzahl" B als Erhaltungsgröße postuliert.
Baryonen unterliegen der starken Wechselwirkung und haben halbzahligen Spin (sie sind Fermionen). Für
Mesonen gibt es keine entsprechende Erhaltungsgröße. Die Gültigkeit mancher Erhaltungsgrößen hängt
von der Wechselwirkung ab, z.B. werden Teilchen mit S ≠ 0 durch die starke Wechselwirkung immer
paarweise mit SS = 0 erzeugt, während die S-Erhaltung bei der schwachen Wechselwirkung verletzt wird.
Um 1960 wurde begonnen, die Teilchen nach gruppentheoretischen Erwägungen gemäß verschiedenen
Quanten-zahlen anzuordnen. Ein Beispiel ist das Baryon-Oktett: vertikal S , horizontal Isospin Iz. Der
Isospin wurde eingeführt, um Proton und Neutron einheitlich zu beschreiben: sie haben Isospin I = 1/2 und
unterscheiden sich in dessen Richtung Iz=1/2. Es gibt aber auch Teilchen mit I = 1, 3/2 und 2.
Dies führte zur Entwicklung des Quark-Modells (M. Gell-Mann,
J. Ne'emann, G. Zweig). Der Name "Quarks" stammt aus dem
Roman "Finnegan's Wake" von James Joyce ("three quarks for
Muster Mark") und bezeichnet Spin-1/2-Teilchen mit Ladung
1/3e oder 2/3e, die nur in gebundener Form in Baryonen und
Mesonen (Hadronen) existieren. Das Quark-Modell erklärt die
Systematik der Hadronen. Es gewann u.a. Realität durch die
Beobachtung von "Jets" (Bündel von Teilchen mit ähnlicher
Flugrichtung) in Teilchenkollisionen bei hoher Energie. Freie
drittelzahlige Ladungen wurden bislang nicht beobachtet.
Physik AB1 TU Dortmund SS2016 Dieter Suter Shaukat Khan Kapitel 8-10
33
10.2 Wie entdeckt man neue Teilchen?
Relativistische Kinematik
Langlebige Teilchen kann man in Detektoren direkt beobachten, ihren Impuls bestimmen und ihre
Energie messen. Viele Teilchen zerfallen jedoch quasi sofort (z.B. nach nur 1023 s). Die einzigen in
Teilchenexperimenten direkt beobachteten Teilchen sind: p, n, , K, e, , g (und deren Antiteilchen).
Alle anderen Teilchen müssen "rekonstruiert" werden.
Relativistischer Energiesatz:
Die Ruhemasse hat in jedem Bezugssystem denselben Wert, sie ist "invariant" unter Lorentz-
Transformationen. Im Fall vieler Teilchen ist
ebenfalls invariant. Dies ist die sog. "invariante Masse"∙c2. Da Energie und Impuls beim Zerfall eines
Teilchens in andere Teilchen erhalten bleiben, ist seine Ruhemasse gleich der invarianten Masse, die man
aus der Summe der Energien und Impuls der Zerfallsteilchen erhält. Bei der Suche nach neuen Teilchen
sucht man also nach Ereignissen mit ähnlicher invarianter Masse. Praktische Schwierigkeiten ergeben sich
bei der eindeutigen Zuordnung der Teilchenspuren, wobei
einige Teilchen (z.B. Neutrinos) nicht detektiert werden.
Übliche Schreibweise: Vierervektor
Beim Skalarprodukt
erhalten die Impulsterme ein Minuszeichen
(im Gegensatz zum normalen Skalarprodukt
bei Dreiervektoren).
222
2
22
0
2242
0
2
zyx pppc
EcmcpcmE
22
22
0
i
i
i
i pc
Ecm
Ein rekonstruiertes "Ereignis" im ARGUS-Detektor am e+e-Ring DORIS 1987:
Ein neutrales B-Meson ist in sein Antiteilchen übergegangen (DESY, Hamburg).
zyx ppp
c
EP ,,,
22
0
222
2
2
cmpppc
EPP zyx
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10.3 Das Standardmodell
Antiteilchen
Aus der relativistischen Quantenmechanik folgt der Spin der Teilchen und die Existenz von Antiteilchen.
Leptonen Antileptonen* unterliegen der schwachen und el. mag. Wechselwirkung
e
e
e
e
* Dass geladene Leptonen negativ und Antileptonen positiv sind, rührt letztlich
daher, dass Benjamin Franklin um 1750 eine Ladung als positiv definiert hat,
die von einem mit Seide geriebenen Glasstab abgestoßen wird.
Leptonenzahl = Zahl der Leptonen einer Familie ( e, , ) minus Zahl der Antileptonen ist (nahezu) für
jede Familie separat erhalten. Die jüngst entdeckten Neutrino-Oszillationen legen eine kleine Masse ≠0
und eine geringfügige Verletzung der einzelnen Leptonenzahl nahe, aber die Gesamtleptonenzahl
Le+L+L ist weiterhin eine strenge Erhaltungsgröße.
Hadronen unterliegen der starken, schwachen und el. mag. Wechselwirkung
Baryonen bestehen aus 3 Quarks, ihre Antiteilchen aus 3 Antiquarks
Baryonenzahl = Zahl der Baryonen minus Zahl der Antibaryonen ist stets erhalten (Proton zerfällt nicht).
Mesonen bestehen aus 1 Quark und 1 Antiquark , beim Meson/Antimeson ist das schwerere Quark
positiv/negativ. Die Anzahl der Mesonen ist keine Erhaltungsgröße.
Quarks Antiquarks
)3/1(
)3/2(
Qbsd
Qtcu
)3/1(
)3/2(
Qbsd
Qtcu
Bis 1974 waren nur u, d, und s bekannt. In diesem Jahr wurde am Brookhaven Lab das elektrisch neutrale J-Teilchen und wenige Tage später bei
SLAC das y-Teilchen entdeckt. Beide stellten sich als dasselbe Teilchen heraus, das bis heute den Namen J/y trägt. Es ist ein "Charmonium"-
Zustand, bestehend aus c-Quark und c-Antiquark. 1977 wurde das Y(1S), ein Bottonium-Zustand entdeckt, und 1995 schließlich das t-Quark.
MeV 9460 )S1( :1977
MeV 3097 / :1974
MeV 494 :1947
bbY
ccJ
suK
y
up charm top
down strange bottom (beauty)
Elektron/Positron Myon Tau-Lepton
Elektron-Neutrino usw.
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35
Quantenzahlen
Ladung Q: ist unter allen Wechselwirkungen erhalten
Leptonenzahl L: Elektron-, Muon-, Tau-Leptonenzahl verletzt (Neutrino-Oszillationen), Summe erhalten
Baryonenzahl B: stets erhalten
Spin s: Leptonen und Quarks haben Spin 1/2 (Fermionen), Baryonen halbzahlig, Mesonen ganzzahlig
Bahndrehimpuls l: Baryonen und Mesonen im Grundzustand l = 0, es gibt angeregte Zustände l = 1, 2 ...
Gesamtdrehimpuls j: LS-Kopplung wie bei Elektronen leichter Atome oder Nukleonen leichter Kerne
Flavor-Quantenzahlen: Isospin (Iz = +1/2 für u-Quark, 1/2 für d-Quark),
Strangeness (S = +1 für s-Quark)
Charmness (C = +1 für c-Quark)
Bottomness (B' = +1 für b-Quark)
Topness (T = +1 für t-Quark) ... jeweils negativ für Antiteilchen
Farbladung (color) der Quarks: red, green, blue + Antifarben, beobachtbare Teilchen sind "farbneutral":
Baryonen: r+g+b
Meson: Farbe+Antifarbe
Wechselwirkungen und Austauschteilchen
Elektromagnetische Wechselwirkung
Photon: Spin 1 (Boson), keine Ladung, keine Masse, Wechselwirkung großer Reichweite
Schwache Wechselwirkung
W+ W Z0: Spin 1 (Bosonen), z.T. Ladung, Masse (80,4 GeV bzw. 91,2 GeV), kurze Reichweite
Starke Wechselwirkung
Gluonen: Spin 1 (Bosonen), keine el. Ladung, Farbladung, keine Masse, kurze Reichweite
Gemäß der "Quantenchromodynamik" gibt es 8 Gluonen mit verschiedener Farbladund:
bbggrrggrrgrgbrbbgrgbrgr 26
1
2
1
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Feynman-Diagramme
- elektromagnetische Wechselwirkung
- starke Wechselwirkung
- schwache Wechselwirkung
höhere Ordnung:
Elektron-Positron,
weitere Photonen
...
höhere Ordnung:
auch Gluonen
können miteinander
wechselwirken
Neutrale und geladene "Ströme". Beim
Austausch eines geladenen W-Bosons
wandeln sich Quarks in andere Quarks
um
zwei verschiedene Varianten
der Reaktion
0 p +
(links schwache Wechselwirkung,
rechts starke Wechselwirkung)
Neben dem einfachen Austausch eines Photons gibt
es beliebig viele Prozesse "höherer Ordnungen", die
zur Wechselwirkung beitragen.
Beim Austausch eines Gluons ändern beide
beteiligten Quarks ihre Farbladung
"Spectator"-Modell, d.h. ein Quark nimmt an
der Reaktion teil, die anderen "schauen zu":
oben b--Zerfall des Neutrons
unten L p +
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Zusammen mit dem Higgs-Teilchen, das mit der Masse der anderen
Teilchen zusammenhängt, ergibt sich das
Standardmodell der Elementarteilchen Grafik
(Wikipedia, Authors: MissMJ, Polluks)
Anmerkung: Symmetrien
Im Jahr 1918 wurde von E. Noether folgendes Theorem formuliert:
- Aus der Zeitinvarianz folgt der Energieerhaltungssatz
- Aus der Translationsinvarianz folgt der Impulserhaltungssatz
- Aus der Rotationsinvarianz folgt der Drehimpulserhaltungssatz
Weitere Symmetrien:
Parität P:
Die Symmetrie gegenüber Punktspiegelung (Koordinatenumkehr)
wird durch die schwache Wechselwirkung verletzt, z.B. im
b-Zerfall von 60Co (C.-S, Wu 1956): Elektronen werden entgegen der Richtung
des Kernspin emittiert, der gespiegelte Vorgang existiert in der Natur nicht.
Ladungskonjugation C:
Die Symmetrie gegenüber der Vertauschung des Vorzeichens der elektr.
Ladung wird ebenfalls durch die schwache Wechselwirkung verletzt.
CP-Invarianz:
Die Symmetrie gegenüber Spiegelung und Ladungsvertauschung ist ebenfalls
verletzt, z.B. in Zerfällen von Kaonen, D- und B-Mesonen (evtl. Zusammen-
hang mit der Asymmetrie von Materie/Antimaterie im Universum).
Zeitumkehr T:
Die Verletzung der Symmetrie gegenüber der Umkehr der Zeitachse wurde
ebenfalls nachgewiesen. Bislang wurde keine Verletzung
der CPT-Invarianz beobachtet. Chien-Shiung Wu
(1912-1997)
Emmy Noether
(1882-1935)