90 Jahre Asciburgia - die Festschrift zum Stiftungsfest

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Hier findest du die gesamte Festschrift.

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Prinzipien bewahren

Grenzen überwinden -

FESTSCHRIFT 90 Jahre Asciburgia

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ImpressumMedieninhaber, Herausgeber: K.Ö.St.V. Asciburgia zu Oberschützen im Mittelschülerkartellverband

Geschäftsführung: Matthias Ruzicka v/o Phoebius

Grundlegende Richtung: Festschrift der K.Ö.St.V. Asciburgia zu Oberschützen anlässlich des 90. Stiftungsfestes

Redaktion: Alexander Putz und Sebastian GimbelRedaktionsanschrift: K.Ö.St.V. Asciburgia OberschützenSchützenstraße 127432 Oberschützen

Bankverbindung:Raiffeisenbank Oberschützen (BLZ: 33067; Knr.: 2287)

Namentlich gekenntzeichnete Artikel müssen nicht die Meinung der Redaktion wiedergeben.

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Inhalt

Impressum

4 Vorwort

6 Gedanken des Senior zum 90. Stiftungsfest

8 Worte des Philistersenior

10 Gedanken zur Kirche

14 Vereinte Nationen - Herausforderungen des

21. Jahrhunderts

20 Süd-Ostregion - Die couleurstudentische Vielfalt

des Südburgenlandes und der Oststeiermark

22 Europa bauen

24 Oberschützen - Do tuit si wos!

26 Knotenpunkt Österreich - Eine Erfolgsgeschichte

steht vor großen Herausforderungen

30 Geburtstagsgedanken aus Washington, DC

34 Asciburgia - Tradition mit Zukunft?

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Liebe Bundesbrüder,liebe Kartellschwestern und Kartellbrüder,sehr geehrte Leser,

„Grenzen überwinden – Prinzipien bewahren“ lautet das Thema der Festschrift anlässlich des 90. Stiftungsfestes der Katholisch Österreichischen Studentenverbindung Asciburgia zu Oberschützen.

Das Lehnwort „Grenze“ stammt von dem altpolnischen Wort „graniza“ ab, hat sich seit dem 12./13. Jahrhundert über das deutsche Sprachgebiet ausgebreitet und das synonyme fränkische Wort „mark“ verdrängt. Darunter versteht man einen Trennwert, eine Trennlinie oder –fläche.Heute spricht man von geographi-schen, naturwissenschaftlichen, per-sönlichen, religiösen, ideologischen, nationalen, sozialen, wirtschaftli-chen, inneren, äußeren Grenzen und Sprachgrenzen.

Grenzen brauchen Orientierungen, die ihnen einen Sinn geben. So hoffen wir, dass von diesen Beiträgen in unserer Festschrift fruchtbare Impulse ausgehen, nämlich über verschiedene Grenzen nachzudenken und zu hinterfragen, welche Rolle die Prinzipien Asciburgiae in Verbindung mit Grenzen für jedes einzelne Mitglied in der globalen Welt spielen.

Seit 90 Jahren vermitteln wir „Wurzeln und Flügel“ – nämlich ein solides Fundament, auf welchem junge Menschen nach ihren Kräften und durch unsere Unterstützung (freiwillig!) wachsen, um dann ihre Ziele zu verwirklichen und sich zu entfalten.

Machen wir uns nichts vor: Unsere Prinzipien schaffen Grenzen oder grenzen sogar aus. Hinterfragen wir sie – was durchaus erwünscht ist –, blicken wir über den Tellerrand und überwinden jene Grenzen, die unnötig sind.

Dennoch müssen unsere Prinzipien bewahrt werden. Denn wer Grenzen überwindet, seinen Prinzipien aber nicht treu bleibt, entwickelt sich nicht weiter, sondern rückwärts.

Begrenzt ist der Unwissende. Wer hingegen grenzenlos agiert, ist auch nicht besser daran: „Es ist nichts furchtbarer anzuschauen als grenzenlose Tätigkeit ohne Fundament“ – wie Goethe schon in seinen „Maximen und Reflexionen“ zu sagen pflegte.

Ein endloses wie auch zeitloses Thema, dem wir uns hier annehmen. Der Dank gilt allen Asciburgen und Freunden unserer Verbindung, welche einen Beitrag dazu verfasst haben. Sie schrieben ihre Gedanken und Wünsche zu einer erfolgreichen

Vorwort

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Zukunft Asciburgiae, zu unserer Kirche, zu unserer Heimat und zum Sein in unserer globalen Welt.

Asciburgia bewahrt Prinzipien und überwindet Grenzen – im Kleinen wie auch im Großen; Tradition, die Zukunft hat.

Für Asciburgias Zukunft wünschen wir ein „vivat, crescat, floreat“ – also ein

„Blühen, Wachsen und Gedeihen“, ohne dabei deren Wurzeln zu vergessen!

Alexander Putz v/o Goliath(ASO et mult), xxx

Sebastian Gimbel v/o Dr.cer. Sir Amor(ASO et mult), PhilX

Vorwort

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Matthias Ruzicka, Schüler der BAKIP Oberwart

90 Jahre Asciburgia – klingt das nicht wunderbar? Kaum einer denkt daran, dass wir die älteste Studentenverbindung im Burgenland sind und doch dürfen wir diesen Titel stolz tragen. Wir dürfen auf eine 90-jährige Geschichte mit Höhen und Tiefen zurückblicken – Unsere Asciburgia blüht zurzeit auf und so durften wir voller Freude am Ende des letzten Semesters zwei neue Füchse und vier Füchse am Beginn dieses Semesters in unserem Bund begrüßen. Zwei von ihnen kommen aus Oberschützen.

Ich kann mich noch gut an meine Rezeption erinnern und weiß, wie schön es zu wissen ist, ein Teil von etwas Besonderem zu sein. Nun freut es mich zu sehen, wie unsere Asciburgia gedeiht und eine neue Generation heranwächst. Ich

glaube, wir können es ganz gut mit anderen Vereinen aufnehmen und Jugendlichen eine attraktive Freizeitgestaltung bieten, obwohl wir alte Traditionen und Werte für wichtig halten. Bei unseren Veranstaltungen wie unsere Grill- und Budenabende dürfen wir viele Jugendliche begrüßen – egal ob katholisch / evangelisch bzw. männlich / weiblich – bei uns in Oberschützen ist für jeden etwas dabei. Und das macht uns einzigartig.

Auf unserem Verbindungshaus herrscht reges Leben, fast jede Woche treffen wir Aktive uns, um ein bisschen dem stressigen Schulleben zu entfliehen oder bevorstehende Veranstaltungen zu besprechen und vorzubereiten. Wir sind gerne auf unserem Haus .Die Zusammenarbeit unter den drei Verbindungen aus Oberschützen funktioniert immer

Gedanken des Seniors

zum 90. Stiftungsfest

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Gedanken des Seniors

zum 90. Stiftungsfest

besser, sowohl bei uns Aktiven als auch bei den Alten Herren. Gemeinsam kaufen wir ein, bereiten die nächste Veranstaltung vor, übernehmen Verantwortung oder reinigen unser Haus (das gehört ja leider auch dazu).

Aufgrund unserer Zusammenarbeit freue ich mich noch mehr auf unser 90. Stiftungsfest, obwohl noch viel zu tun ist. Über diesen Weg möchte ich mich ganz herzlich bei jedem Bundesbruder bedanken, der in der Planung im Hintergrund oder bei der Realisierung unseres Jubelstiftungsfestes involviert ist. Es ist eine einzigartige Erfahrung mitzuerleben wie jedes einzelne „Zahnrad“ funktioniert, um uns ein perfektes Fest zu ermöglichen.

Jeder einzelne Asciburge, egal ob

Fuchs, Bursch oder Alter Herr, ist ein kleiner, aber ein wichtiger Teil unserer Asciburgia. Ohne euch alle gäbe es kein WIR!

Matthias Ruzicka v/o Phoebius(ASO), X

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Sebastian Gimbel , Geschäftsführer SEMtool OG

Worte des Philisterseniors

Soweit wir es nachvollziehen können, haben rund 550 Personen das Band Asciburgiae im Lauf der letzten 90 Jahre erhalten. Viele sind inzwischen von uns gegangen und viele trugen das Band nur kurze Zeit und verließen unsere Verbindung wieder (hier ist die Fluktuation bei den Aktiven am größten).

Aktuell tragen 105 Aktive und Philister unser Band.

Ein Blick ins Archiv verdeutlicht die abwechslungsreichen Zeiten unserer Korporation. Rund um die erste Aktivengeneration und um die Reaktivierung 1954 wurden bis zu 30 Rezeptionen bzw. Bandverleihungen pro Jahr verzeichnet. Danach erlebten wir Höhen und Tiefen.

Sagte man früher, dass Asciburgia eher eine „Lehrerverbindung“ sei, so sehen wir heute eine Mischung

aus allen Berufssparten: Lehrer, Geistliche, Offiziere, Diplomaten, Juristen, Wirtschaftsfachleute, Ärzte, Architekten, Unternehmer, Richter, Pharmazeuten u.v.m.

Laut der Gemeindehomepage ist Oberschützen das „größte Schuldorf Europas“. Für viele Bundesbrüder der Vorkriegsgeneration und der 50-iger Jahre war es in der Vergangenheit naheliegend, den oben erwähnten Beruf des Lehrers zu ergreifen. Die meisten Asciburgen ließen sich nach Ihrer Ausbildung beruflich und privat wieder im Bezirk Oberwart nieder. Heute leben nur noch 20% unserer Bundesbrüder in einem Umkreis von 40 Kilometern. Auch haben viele Asciburgen das Oberschützer Internat besucht und sind anschließend weggezogen. Im Gegensatz zu vielen anderen Verbindungen, die den regelmäßigen Erfahrungsaustausch zwischen den Generationen leben,

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Worte des Philisterseniors

sind es heute eine Handvoll Philister, die geographisch und zeitlich die Möglichkeit haben, Veranstaltungen regelmäßig zu besuchen.

Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass in den letzten zehn Jahren kein Philister unseren Bund verlassen hat. So stellt sich die Frage, warum bleiben sie, obwohl die meisten Bundesbrüder jahrelang keinen persönlichen Kontakt zur Verbindung haben? Ich glaube, dass unsere Asciburgia für viele eine Art „Sprungbrett“ ist: die Erfahrungen, die jeder in seiner Aktivenzeit sammeln konnte - auch soft skills genannt - und die lebenslangen Freundschaften, die sich entwickelt haben, bewirken, dass wir „weiterhin treu zu unserem Bund stehen“ (Gelöbnisformel bei der Philistrierung und der Jubelbandverleihung). Wir Philister ermöglichen der Aktivitas, ebensolche Erfahrungen in deren Jugendzeit zu machen. Das beste Beispiel ist der Ankauf des Verbindungshauses gemeinsam mit unserer Freundschaftsverbindung Tauriscia: Sehr viele Asciburgen haben für dieses gemeinsame Projekt gespendet, aber noch nicht einmal alle haben es bislang besucht. Für manche ist dies auch schwer möglich, leben sie doch in Japan, Deutschland, Luxemburg oder in den USA.

Asciburgia hat in den letzten 90 Jahren einige Höhen und Tiefen erlebt. Obwohl zur Zeit die Rezeptionszahlen steigen, die Oberschützer

Verbindungen immer geschlossener in der Öffentlichkeit auftreten und unser Verbindungshaus zu einem Blickfang in Oberschützen geworden ist, dürfen wir nicht aufhören „die IDEE Verbindung“ (Ausspruch von Dr.cer. Erek) kritisch zu hinterfragen und immer wieder an der einen oder anderen Schraube zu drehen. Wir müssen uns heute Gedanken machen, wie wir unsere Asciburgia in zehn Jahren sehen wollen. Welchen Stellenwert soll unsere Asciburgia anlässlich ihrer 100-jährigen Gründung nach innen und nach außen haben? Sind wir in der Lage bei Beibehaltung unserer Prinzipien über den Tellerrand hinauszublicken, verbunden mit der Hoffnung, dass unsere Gründungsväter die Weiterentwicklungen im 21. Jahrhundert goutieren würden? Mit dem „Auftauchen“ aus dem Keller in den Blickpunkt der Gemeinde durch unser Verbindungshaus haben wir einen ersten wichtigen Schritt gemacht.

In diesem Sinn wünsche ich unserer Asciburgia viele weitere spannende Jahre und Jahrzehnte.

Sebastian Gimbel v/o Dr.cer. Sir Amor(ASO et mult), PhilX

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Mag. Dietmar Dominik Stipsits, Pfarrer des Seelsprgeraumes Bad Tatzmannsdorf, Bernstein und Mariasdorf

Gedanken zur Kirche

„Grenzen überwinden – Prinzipien bewahren“ – unter diesem Motto darf auch ich meine Gedanken in Verbindung mit der derzeitigen Entwicklung in unserer römisch-katholischen Kirche formulieren. Manche Stimmen melden sich hier zu Wort, die meinen, dass es den Verantwortlichen in unserer Kirche in erster Linie um den Erhalt von Macht und Positionen gehe, die befreiende Botschaft Jesu jedoch in Gefahr sei, dadurch verloren zu gehen. So geht es mir in meinen Wünschen darum, Prinzipien zu bewahren, die Frohbotschaft Jesu ins Heute zu übersetzen. Dass es dabei gilt, Grenzen zu überwinden, scheint mir unumgänglich. Ich gliedere meine Wünsche – gut kirchlich – hierarchisch:

Papst:Ich wünsche mir einen Papst, der in unserer römisch-katholischen

Kirche die Menschenrechte selber praktiziert, die er so eindrucksvoll in der sogenannten „Dritten Welt“ und für unterdrückte Gruppen einfordert. Ich wünsche mir einen Papst, der endlich weniger Angst vor Sexualität hat und Sexualität als gute Gabe Gottes vermittelt. Ich wünsche mir einen Papst, der so viel Menschlichkeit und Verständnis in sich verspürt, dass er zumindest zu verstehen versucht, warum eine vergewaltigte Frau an eine Abtreibung denkt. Ich wünsche mir einen Papst, der offene Türen für Geschiedene und Wiederverheiratete hat und Segnungen für neue Beziehungen als pastoral wichtig ansieht. Ich wünsche mir einen Papst, der lehramtlich verkündet, dass der Zölibat gleichberechtigt neben der Ehe, als Voraussetzung zum Priestertum steht. Ich wünsche mir einen Papst, der alle klerikalen Titel abschafft, die Distanz herstellen zwischen „oben“ und „unten“.

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

Gedanken zur Kirche

Bischöfe:Ich wünsche mir Bischöfe, die – entsprechend der alten kirchlichen Tradition - vom Kirchenvolk gewählt werden, weil die Menschen vor Ort einen besseren Einblick haben, wer für diesen Dienst geeignet ist, als der Papst in Rom. Ich wünsche mir Bischöfe, die nicht mehr so tun, als ob die ganze Welt römisch-katholisch wäre. Ich wünsche mir Bischöfe, die nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Ich wünsche mir Bischöfe, die vor der Abfassung von Hirtenbriefen stets auf ihre Schafe hören. Ich wünsche mir weiche Bischöfe – nicht harte, keine Erz-Bischöfe, sondern Bischöfe, die Menschlichkeit authentisch vorleben. Ich wünsche mir Bischöfe, die bescheiden leben. Ich wünsche mir Bischöfe, die ihre Mitren und goldenen Kreuze ablegen. Ich wünsche mir Bischöfe, die nicht Sprachrohr des Vatikans sind, sondern auf die ganz unterschiedlichen und vielfältigen Sorgen und Nöte der Menschen in ihren jeweiligen Diözesen hören und entsprechend handeln.

Priester:Ich wünsche mir Priester, die den Alltag der Laien (= des Volkes) im Hier und Jetzt gut kennen. Ich wünsche mir Priester, die sich nicht selbst verkünden, sondern die Frohbotschaft Jesu. Ich wünsche mir Priester, die, wenn sie eine Liebesbeziehung haben, in der Öffentlichkeit auch dazu stehen können. Ich wünsche mir Priesterinnen. Ich wünsche mir Priester, die wirklich Zeit haben für die Menschen. Ich wünsche

mir Priester, die nur das von ihren Gläubigen verlangen, was sie selber zu leisten imstande sind. Ich wünsche mir couragierte Priester, die sinnlosen kirchlichen Verordnungen widersprechen und zuwiderhandeln. Ich wünsche mir Priester, die nicht durch ihr Collarhemd als Seelsorger erkennbar sind, sondern durch ihre Lebensweise.

Laien:Ich wünsche mir Laien, die Priester nicht alleine lassen. Ich wünsche mir Laien, die so mutig sind, dem „Petrus“ (dem Vorsteher) ihrer eigenen Gemeinde, wenn es notwendig wird, offen ins Angesicht zu widerstehen (vgl. Gal 2,11ff.). Ich wünsche mir Laien, die sich nicht päpstlicher gebärden als der Papst. Ich wünsche mir Laien, die die Geduld mit ihren Pfarrern nicht verlieren. Ich wünsche mir Laien, die ihre Dienste von sich aus anbieten, ohne „gerufen“ zu werden. Ich wünsche mir Laien, die auch ohne Pfarrer „Gemeinde“ leben.

Was ich mir in unserer Kirche von allen wünsche:

Lebensnähe und keinen wachsenden Wirklichkeitsverlust. Einstehen für andere, vor allem für Benachteiligte und An-den-Rand-Gedrängte.

Interesse für andere Menschen: vor allem für Kinder, Kranke, Einsame, Arbeitssuchende, Gescheiterte, Sterbende. Das Fehlen von Bürokratie. Mehr Akzeptanz und Offenheit gegenüber

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jungen Menschen. Eine deutlich größere Bereitschaft zum Hören auf Einsprüche und Widersprüche. Mehr Beweglichkeit, weniger Beharren auf festen Formen und Formeln. Die klare Distanzierung von jeglichem Fundamentalismus – vor allem auch in den eigenen Reihen. Weniger Angst vor Neuem. Mehr Risikobereitschaft im Ausprobieren neuer Lebens- und Liebesformen. Weniger Sitzungen, mehr Handeln.

Vor allem aber wünsche ich mir von unserer Kirche:

Glaubwürdigkeit. Glaubwürdigkeit geschieht nicht durch Worte, sondern alleine durch Taten: Glaubwürdig ist eine Kirche, die glaubwürdig lebt.

Dazu möge uns Gott Mut und Courage schenken, damit Grenzen, die behindern, überwunden und Prinzipien, die Sinn und Richtung vermitteln, bewahrt werden.

Mag. Dietmar Dominik Stipsits

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

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Ende Juni haben mehr als hundert Staats- und Regierungschefs und zehntausende Vertreter der Zivilgesellschaft auf der Konferenz Rio+20 die großen Herausforderungen dieses Jahrhunderts analysiert und Strategien für die Zukunft in Gang gesetzt. Auf dieser größten jemals von der UNO organisierten Konferenz haben sich die Vereinten Nationen wieder einmal als die einzige Organisation für die Lösung der „global issues“ erwiesen, also jener Herausforderungen, die zu groß sind für ein einziges Land, oder auch eine Region, und die nur von der internationalen Staatengemeinschaft gemeinsam in Angriff genommen werden können.

Die Vereinten Nationen wurden 1945 nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges von einundfünfzig Staaten gegründet,

um “zukünftigen Generationen die Geißel des Krieges zu ersparen“. Ihre Mitgliedsstaaten würden ihre eigenen kurzfristigen Eigeninteressen von nun an langfristigen globalen Ziele international anerkannter Normen und Verfahrensregeln unterwerfen. Mächtige Staaten sollten ihre Politik nicht länger militärisch durchsetzen und schwache Staaten sich nicht länger durch Allianzen mit stärkeren schützen müssen. Laut Franklin Roosevelt sollte die UNO sowohl das Wettrüsten als auch Militärallianzen, sowie überhaupt „alle Vereinbarungen, die in der Vergangenheit so oft zu Kriegen geführt haben“ ersetzen.

Die UNO stellt den Rahmen zur Verfügung, in dem souveräne Staaten die Lasten teilen, gemeinsame Probleme erörtern und kooperative Lösungsmöglichkeiten

Dr. Thomas Stelzer, Generalsekretärstellvertreter der Vereinten Nationen (UNO)

Vereinte Nationen - Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

Vereinte Nationen - Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

erarbeiten. Ihre Universalität gibt den Vereinten Nationen auch die Legitimität jene Normen festzulegen, die das von anderen erwünschte Verhalten bestimmen sollen. Unter dem Grundsatz des unbedingten Gewaltverzichts können Staaten im Rahmen der „soft power“ andere von ihren Vorstellungen überzeugen, ohne auf die Zwangsanwendung militärischer „hard power“ zurückgreifen zu müssen.

Die Aufgaben der Vereinten Nationen konzentrierten sich von Beginn an auf die beiden Kernbereiche Abrüstung und nukleare Nicht-Verbreitung sowie auf die Entwicklungszusammenarbeit. Es ist der UNO zuzuschreiben, dass es trotz des ungeheuren Wettrüstens in der Zeit des Kalten Krieges und trotz der gleichzeitigen Vervierfachung der Zahl der Mitgliedstaaten in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts weniger Kriege gab als in seiner ersten Hälfte. Gleichzeitig unterstützten die Vereinten Nationen die ehemaligen Kolonien auf ihrem Weg zu freien, unabhängigen Staaten durch Zurverfügungstellung von professioneller, wissenschaftlicher und technischer Expertise. Allein in den letzten 40 Jahren ist die Lebenserwartung in den Entwicklungsländern um 20 Jahre gestiegen und das pro Kopf Einkommen hat sich oft rasant vermehrt.

Bei allen Erfolgen konnten die Vereinten Nationen nicht verhindern, dass die ungleiche Verteilung der

Gewinne der Globalisierung die Schere zwischen Arm und Reich ungeheuerlich vergrößert hat. Immer weniger Menschen beanspruchen einen immer größeren Anteil der zur Verfügung stehenden globalen Ressourcen für sich, während ein großer Teil der Menschheit von wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften ausgeschlossen in Elend und Hoffnungslosigkeit versinkt. Das Ergebnis sind nicht länger aufrecht erhaltbare Ungleichgewichte, die in vielfachen Krisen die Welt erschüttern. Die andauernde Wirtschafts- und Finanzkrise nimmt der Jugend ihre Zukunftsperspektiven, die Aus-beutung der natürlichen Ressourcen zerstört unsere Lebensgrundlagen und der Klimawandel, verursacht durch 30 Milliarden Tonnen CO2 Abgase pro Jahr, gefährdet unser Überleben.

Noch nie wurden die Vereinten Nationen von vergleichbaren Problemen herausgefordert. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos warnte UNO Generalsekretär Ban Ki-moon, dass sich die Welt auf einem „suicidal track“ befinde, auf der Schiene zum Selbstmord, und dass wir nicht weniger bräuchten als eine Revolution.

Diese globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts brachte der UNO Generalsekretär auf die einfache 50:50:50 Formel. Nämlich, dass im Jahr 2050 voraussichtlich 50 Prozent mehr Menschen die

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allen sozialen Sicherheitsnetzen ausgeschlossen und von nichts und niemandem gegen die Widrigkeiten des Lebens geschützt sind. Möglich gemacht wird das nur durch drastisch verbesserten Zugang zu den wirtschaftlichen Gewinnen der Globalisierung.

Da die Erdbevölkerung nach wie vor alle zehn bis zwölf Jahre um eine Milliarde Menschen wächst,

Erde bevölkern werden als noch vor zehn Jahren und dass wir gleichzeitig die CO2 Ausstöße um 50 Prozent verringern müssen, damit wir innerhalb der berühmten zwei Prozent Erderwärmung bleiben, die nach Ansicht vieler Wissenschafter schon zu hoch gegriffen und nicht verkraftbar seien. Gleichzeitig müssen wir die weltweiten sozialen Ungleichgewichte verringern, durch die zwei Drittel der Menschheit von

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abgesichert ist, beiden Geschlechtern offen steht, soziale Errungenschaften wie Krankenfürsorge, Arbeitslosenversicherung und Altersvorsorge garantiert sowie ein Einkommen ermöglicht, das für ein Leben in Würde und ohne Angst vor Verarmung ausreicht.

Dafür müssen wir die Weltwirtschaft, den Reichtum für wenige, nämlich die berühmten 0,01% und gleichzeitig

müssen wir jährlich Arbeitsplätze für 78 Millionen Menschen schaffen, die jedes Jahr zusätzlich auf die globalen Arbeitsmärkte strömen. Nur durch Schaffung von 400 Millionen Arbeitsplätzen in den nächsten fünf Jahren kann das dramatische Ansteigen der globalen Arbeitslosenquote verhindert werden. Die Vereinten Nationen haben dazu den Begriff von „decent work“ geprägt, das ist Arbeit, die rechtlich

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von Klimakatastrophen einschließlich Dürren und Hungersnöten, Einhalt geboten und der „suicidal track“, auf dem wir uns befinden, umgekehrt werden.

Dass all dies möglich ist, zeigen „best practices“. Das sind gute Erfahrungen, die auf andere Fälle angewandt werden können. Diese Beispiele ziehen sich von Portugal, das bereits heute einen Anteil von erneuerbaren Energien von knapp fünfzig Prozent hat, bis Brasilien, wo es gelungen ist, innerhalb eines Jahrzehnts mit massgeschneiderten Strategien und bescheidenen finanziellen Mitteln dramatische Erfolge bei der Armutsbekämpfung zu erzielen.

Die Rolle der Vereinten Nationen ist dabei vor allem, durch „Advocacy“ den Regierungen ihrer Mitgliedstaaten zur der Erkenntnis zu verhelfen, was im gemeinsamen Interesses ist und durch „capacity building“ und Ressourcen-transfer alle Mitgliedstaaten bei der Umsetzung zu unterstützen. Durch Zurverfügungstellung der notwendigen Daten und Fakten in ihren Berichten ermöglicht die UNO „evidence based decision making“, nämlich politische Entscheidungen, die dem Gesamtwohl dienen.

Die Herausforderungen des 21. Jahrhunders verlangen von den Vereinten Nationen äußerste An-strengungen. Wie die Entwicklungen in den nordafrikanischen Staaten gezeigt haben, sind Staaten und ihre

Armut, Hunger und Elend für die Mehrheit der Menschheit gebracht hat, während sie die Ressourcen zukünftiger Generationen plündert, intelligent und vollständig umbauen. Prioritär müssen wir unsere Abhängigkeit von fossilen, weil schmutzigen, Brennstoffen, wie Erdöl, Kohle und Erdgas beenden und diese mit nachhaltigen und sauberen Energiequellen, nämlich Wind, Sonne, Wasser und Erdwärme ersetzen. Die dafür bereits vorhandene Technologie muss weiter entwickelt und weltweit zugänglich gemacht werden, auch durch eine Neuordnung von Investitionen, die durch Beenden von öffentlichen Subventionen für nicht nachhaltige Energien durchaus finanzierbar sind. Die Transparentmachung der wirklichen Kosten von Energie, von Volkswirtschaftern die „Internalisierung der Externalities“ genannt, muss zeigen, dass schmutzige, fossile Energiequellen keinen Geschäftsvorteil mehr haben und dass sich Investitionen in saubere Energie lohnt.

Die auf der Konferenz Rio+20 vom UN Generalsekretär vorgestellte Energieinitiative setzt bis 2030 drei klare Ziele: weltweiter Zugang zu Energiequellen, Steigerung der Energieeffizienz um 50% und Verdoppelung des Anteils von erneuerbarer Energie an der Gesamtproduktion. Nur so kann der zusehends ausser Kontrolle geratende Klimawandel gestoppt, dem durch die Erderwärmung explosiven Ansteigen

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Strategie für seine zweite Amtszeit daher folgerichtig „sustainable development“ gestellt. Das sind die Bemühungen der Vereinten Nationen, im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung, die auch „inclusive development“ sein muss, mit dem Ziel, durch Ausgleich zwischen den vielschichtigen Interessen möglichst vielen Menschen gerechten Zugang zu den vorhandenen Ressourcen zu ermöglichen. Das ist die größte Herausforderung der Vereinten Nationen im 21. Jahrhundert, aber auch ihr größte Beitrag zur nachhaltigen Friedenssicherung.

Dr. Thomas Stelzer v/o Romeo (ASO)

Institutionen, die ihren Bürgern keine Zukunftsperspektive ermöglichen können, zum Verfall verurteilt. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit war dort der wichtigste Faktor für die wachsende Unzufriedenheit, die letztendlich die Staaten zum Einsturz gebracht hat. Wenn junge Menschen nicht länger erwarten können, dass ihnen über Arbeit und das damit verbundene Einkommen eine vorausplanbare Zukunft ermöglicht wird, verlieren sie irgendwann ihren Glauben an Staat und Gesellschaft und die daraus resultierende Krise schwächt die staatlichen Institutionen und den Gesellschaftsvertrag.

Die jährlich veröffentlichte Liste, in der die Staaten nach ihrem inneren und äußeren Frieden bewertet werden, zeigt unmissverständlich den positiven Zusammenhang zwischen integrierten und ausgeglichenen Gesellschaften, die sich massgeblich im Sozialstaat widerspiegeln, und ihrem hohen Mass an innerem und äußerem Frieden. Während Staaten wir Neuseeland, Kanada, Norwegen und auch Österreich regelmäßig am oberen Ende der List stehen, zeigt es sich, dass polarisierte Gesellschaften, in denen nur wenige Anteil an den öffentlichen Gütern haben, zu Gewalt und kriegerischen Auseinandersetzungen neigen. Je weiter unten Staaten sich auf dieser Liste finden, desto weniger sind sie sozial entwickelt und integriert.

UNO Generalsekretär Ban Ki-moon hat in das Zentrum seiner

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Dr. Reinhold Lopatka, Staatssekretär im Außenministerium.

wie Dr. Clemens Martin Auer v. Aramis (ASO), der als Sektionschef im Gesundheitsministerium eine Schlüsselfunktion innehat. Beide lernten als Couleurstudenten und Schülervertreter viel von dem, was sie heute als Spitzenmanager brauchen. Portos, der bei der leider nicht mehr existierenden Oberwarter Verbindung Mercuria urkorporiert war, war entscheidend bei der Gründung der Festenburg mitbeteiligt.

Es sind Kartell- und Bundesbrüder aus der Süd-Ost-Region, die in vielen Bereichen des Lebens ganz entscheidend mitgestalten, wie es in Österreich und in der großen Welt weitergeht. Persönlichkeiten, die bereit sind, mehr zu tun als es ihre Pflicht ist. Diese Gesinnung bildet das Bindeglied in der Vielfalt

Bei einer großen entwicklungs- politischen Konferenz der UNO in New York im letzten Jahr, bei der ich die österreichische Bundesregierung vertrat, nahm im Präsidium Dr. Thomas Stelzer v. Romeo (ASO) Platz, um als beigeordneter UNO-Generalsekretär die Tagung zu eröffnen. Wenige Tage später erteilte mir der Hartberger Bürgermeister Dir. Karl Pack v. Portos (FBH) bei einer Sitzung in Hartberg das Wort. Zwei Welten – zwei Führungspersönlichkeiten – zwei Bundesbrüder. Romeo war der erste Landesschulsprecher des Burgenlandes, dem ich später in dieser Funktion nachgefolgt bin. Meine Mentoren als Landesschulsprecher waren damals Dr. Günther Ofner v. Hephaistos (QIG,ASO), der als neuer Flughafenchef in Wien-Schwechat ebenso große Verantwortung trägt

Süd-Ostregion -Die couleurstudentische Vielfalt

des Südburgenlandes und der Oststeiermark

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

Süd-Ostregion -Die couleurstudentische Vielfalt

des Südburgenlandes und der Oststeiermark

der Charaktere und Leistungen, die Couleurstudenten auszeichnen und schafft so eine Einheit in der Vielfalt der Begabungen.

Religio, patria, amicitia und studium – die Prinzipien mit Leben zu erfüllen, heißt Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung in der Familie, im Beruf, aber auch ehrenamtlich, ob in der Kirche, in der Schüler- und Studentenvertretung oder in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. Einzigartig weltweit ist sicher die besondere Situation im Schulort Oberschützen. Eine katholische, eine evangelische und eine Mädchen-verbindung in einem kleinen Ort unter einem Dach, das sucht seinesgleichen. Aber auch der bundesländerübergreifende Kontakt, der sich in den Süd-Ost-Kommersen manifestiert, die schon mehr als ein halbes Dutzend Mal stattgefunden haben, wird intensiv gepflegt.

Deutlich spürbar wurde das gelebte Miteinander der „Südost-Verbindungen“ zuletzt bei der Organisation und Durchführung des Pennälertages 2011 in Hartberg. Jede der zwölf Korporationen trug wesentlich zu diesem farbenfrohen Fest in der Oststeiermark bei, welches ein noch stärkeres Zusammenrücken der Verbindungen bewirkt hat.

Auf südburgenländischer Seite sind dies eine K.Ö.St.V. Asciburgia Oberschützen (2.10.1922), die Tauriscia zu Oberschützen

(2.5.1958), eine K.Ö.St.V. Quisinia Güssing (27.3.1967), die Techniker Verbindung Eisen Pinkafeld (2.2.1968), eine K.Ö.St.V. Aegidia Stegersbach (21.11.1976), eine C.Ö.M.V. Walcueria Güssing (30.4.1989) und eine C.Ö.M.V Polyxenia Oberschützen (8.10.1997). Die Oststeiermark ist Heimat einer K.Ö.St.V. Riegersburg Fürstenfeld (2.5.1957), einer K.Ö.St.V. Laurinia Graz zu Bad Radkersburg (24.6.1971), einer K.Ö.ST.V. Festenburg Hartberg (15.5.1976), einer K.Ö.St.V. Joannea Weiz (10.9.1998) sowie einer K.Ö.St.V. Kornberg Feldbach (17.3.2005).

Grenzen überwinden und an dem großen Projekt eines gemeinsamen Europa mitzuarbeiten, das auf unseren Werten basiert, das zeigen wir in der kleinen südburgenländisch-oststeirischen Welt.

Dr. Reinhold Lopatka v/o Lobius(ASO, FBH, BbG)

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Europa bauen

Jahrzehntelang hatte das Burgenland durch die abgeschottete Lage am Eisernen Vorhang Standortnachteile. Mit der Ostöffnung im Jahr 1989 kam es zu einem ersten Wirtschaftsaufschwung. Mit dem EU-Beitritt Österreichs im Jahr 1995 erhielt das Burgenland als strukturschwache Region den Ziel 1-Status und die damit verbundenen Förderungen waren und sind für uns eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Anhand einiger Kennzahlen lässt sich klar ablesen, wie sehr sich das Burgenland in den vergangenen 17 Jahren zum Positiven entwickelt hat:

• Die Zahl der Übernachtungen ist seit dem EU-Beitritt um fast 40 Prozent, von 2,1 Millionen auf 3 Mio. gestiegen.

• Beim durchschnittlichen Wirt-schaftswachstum liegen wir im langjährigen Vergleich mit 2,3 Prozent über dem

Österreichschnitt von 2,1 Prozent.

• Der Wert der Exporte hat sich von 763 Mio. auf 1,7 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.

• Die Zahl der Beschäftigten hat um 25 Prozent, von 79.000 auf knapp 100.000 (Stand: Juni 2012) zugenommen.

• Die Anzahl der Unternehmen ist um 88 Prozent, von 8.000 auf 15.000 gestiegen.

Mit Unterstützung der EU ist es gelungen, einen tiefgreifenden Strukturwandel einzuleiten und die Wettbewerbsfähigkeit des Burgenlandes zu stärken. In Summe werden von 1995 bis 2013 im Burgenland 2 Milliarden Euro investiert. Eine Milliarde davon stellt die Europäische Union zur Verfügung. Aus (volks-)wirtschaftlicher Sicht ist der EU-Beitritt für uns Burgenländer also ein Erfolg auf ganzer Linie.

Mag. Franz Steindl, Landeshauptmannstellvertreter des Burgenlandes

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

Europa bauenAllerdings ist die Europäische Union mehr als Wirtschaft!

Der EU-Beitritt ermöglichte dem Land neben ökonomischen Vorteilen auch eine wichtige geistig-kulturelle Öffnung. Offene Grenzen und freier Personenverkehr mögen sich auch auf die grenzüberschreitende Kriminalität ausgewirkt haben. Aber ist es nicht auch ein gutes Gefühl „Grenzen überschreiten“ zu können? Es ist noch nicht so lange her, dass die Außengrenze unseres Landes von Stacheldrahtzäunen, Wachtürmen und Scharfschützen geprägt war. Wer vor 1989 nach Sopron fuhr, musste damit rechnen, dass ungarische Grenzsoldaten sein Auto zerlegen würden – kein gutes Gefühl damals…Deshalb sollen wir uns immer wieder bewusst machen: Die EU ist auch ein Friedensprojekt. Mit dem EU-Beitritt Ungarns, Sloweniens und der Slowakei sind wir unseren Nachbarn ein Stück näher gerückt und können unseren historisch gewachsenen pannonischen Lebensraum gemeinsam weiterentwickeln – ein schönes Gefühl heute…

Nein, die EU ist nicht perfekt – sie gleicht eher einer Baustelle. Trotz aller positiven Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten - lange Periode des Friedens, Wohlstand, gemeinsame Institutionen, Abbau der Grenzen, internationale Zusammenarbeit in viele Bereichen - sind wir noch weit von einem gemeinsamen Europa der Bürger entfernt.Noch immer hat man das Gefühl, dass einzelnen Mitgliedsländern die nationalen Interessen weit wichtiger sind als das gemeinsame Ganze. Erst wenn Chauvinismus und - falsch verstandener Nationalstolz überwunden sind, können wir uns unserer gemeinsamen Wurzeln auf diesem Kontinent besinnen. Dabei geht es nicht um Selbstaufgabe der einzelnen Staaten mit ihren Eigenheiten, sondern darum, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen.Unsere – und damit meine ich jeden von uns – Aufgabe ist es, dieses „Haus Europa“ auf einem festen Fundament aus Werten fertigzubauen und es als gemeinsame Heimat zu begreifen, ohne unsere Identität aufzugeben.

Der Asciburgiae zu ihrem 90. Stiftungsfest ein kräftiges vivat, crescat, floreat!

Mag. Franz Steindl v/o Frankie(A-F)

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Oberschützen - Dou tuit si wos!

Günter Toth, Bürgermeister der Gemeinde Oberschützen

Oberschützen ist eine Gemeinde, wo sich, wie es bereits im Gemeindelogo zum Ausdruck kommt, „wos tuit“. Das Angebot des größten Schuldorfes Europas reicht von der Kinderkrippe bis hin zum Universitätsabschluss. Für uns trifft zu, was moderne Menschen wünschen: Leben auf dem Land, mit den Möglichkeiten einer Stadt. Eine reizende Landschaft, ein umfassendes Vereinsleben mit Sport- und Freizeiteinrichtungen, Kultur und vor allem viel Musik. Das bietet Oberschützen und garantiert damit Lebensqualität.

Dazu tragen zweifellos die vielen Vereine ganz wesentlich bei. In mehr als 20 in der Großgemeinde Oberschützen registrierten Vereinen finden sich alte und junge Menschen zusammen, um gemeinsam aktiv zu sein, nicht nur zum eigenen Wohl

und Vergnügen, sondern auch zum geistigen, kulturellen, körperlichen und gesellschaftlichen Wohl der Gemeinschaft.

Dass der Gemeinde Oberschützen alle Vereine am Herzen liegen, zeigt der gut dotierte Vereinsförderungstopf (2012: € 10.000) des Gemeindehaushaltes. Dabei werden aber nicht nach dem Gießkannenprinzip die Fördergelder über alle Vereine gleichförmig ausgeschüttet, sondern die Gelder werden als Projektförderung nach ihrer Wichtigkeit und Wert für die Gesellschaft vergeben.In dieser Vielfalt und Vielzahl von Vereinen spielen auch die beiden Schülerverbindungen, die katholische Asciburgia und die evangelische Tauriscia eine nicht unwesentliche Rolle.

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

Oberschützen - Dou tuit si wos!

Die 1922 als eine demokratisch organisierte Vereinigung von Mittelschülern gegründete K.Ö.St.V. Asciburgia ist nach dem Männergesangsverein Oberschützen der zweitälteste „Verein“ in unserer Gemeinde. Die eindrucksvolle Liste erfolgreicher Mitglieder in den verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens zeigt uns, wie wichtig das Wirken einer Schülerverbindung ist, die sich, wie auf eurer Homepage ersichtlich, Vaterlandsliebe, Weiterbildung und Freundschaft zum Ziel gesetzt hat und die diese Ziele im Sinne der modernen gesellschaftlichen Normen und Werte umsetzen möchte. Hervorzuheben ist, wie ich finde, auch die ökumenische Haltung eurer Asciburgia. Das manifestiert sich eindeutig im Freundschaftsverhältnis zur evangelischen Schülerverbindung

Tauriscia, mit der ihr zusammen in der Schützenstraße in einem Haus wohnt, das beiden Verbindungen gemeinsam gehört. Die positive Auseinandersetzung mit brennenden gegenwärtigen gesellschaftlichen Fragen wie Armut, Hunger in der Welt, Ausländerproblematik unter dem Gesichtspunkt der christlichen Nächstenliebe zeichnet beide Verbindungen gleichermaßen aus. Ebenfalls scheint mir das konstruktive Miteinander von Alt und Jung, das ich selbst auch schon erleben durfte, in vielen Dingen vorbildhaft für unsere Gesellschaft.

Es wäre daher wünschenswert, wenn sich Asciburgia und Tauriscia auch auf der Gemeindehomepage in entsprechender Form präsentieren würden.

Als Bürgermeister der Gemeinde Oberschützen wünsche ich jedenfalls der jubilierenden K.Ö.St.V. Asciburgia noch viele Jahre erfolgreiches Wirken unter ihrem Wahlspruch „Mutig, wahr, treu immerdar!“. Ad multos annos!

Günter Toth(TAO)

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Dr. Günther Ofner, Vorstandsdirektor (CFO) der Flughafen Wien AG

Knotenpunkt Österreich -Eine Erfolgsgeschichte steht vor

großen Herausforderungen

Die politische und wirtschaftliche Entwicklung Österreichs seit 1945 ist eine große Erfolgsgeschichte. In der jüngeren Geschichte haben zwei Schlüsselereignisse dazu beigetragen, Österreich mit einer neuen bedeutenderen Rolle im Herzen Europas aus seiner Randlage zu befreien. Zum einen war es der Zerfall des Ostblocks mit der „Befreiung“ unserer östlichen und südöstlichen Nachbarn vom totalitären Joch des Kommunismus. Für alle diese Länder und die Reformbewegungen war Österreich schon davor Inspirator und Unterstützer. Heute sind wir ein großer Investor in dieser Region, 16.000 Betriebe engagieren sich dort und viele Arbeitsplätze hängen daran. Trotz aller Unkenrufe ist und bleibt Österreich einer der Hauptprofiteure dieser Entwicklung und diese Region wird künftig doppelt so stark

wachsen wie der Rest Europas. Wir sind politisches Vorbild, Förderer und Unterstützer auf internationaler Ebene. Zum anderen war es der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, der wichtige, neue politische und wirtschaftliche Perspektiven gebracht hat.

Die Statistik spricht eine klare Spra-che: in den letzten 30 Jahren hat sich das Bruttoinlandsprodukt Österreichs verdoppelt, die Nettoeinkommen sind um 130 Prozent gestiegen, eine frü-her chronisch negative Leistungsbi-lanz (Stichwort Energieimporte) hat sich in der Zwischenzeit zu einem nachhaltig positiven Leistungsbilanz-saldo entwickelt. Die Exportquote Ös-terreichs ist im Zuge des EU-Beitritts und der Ostöffnung von 40 Prozent des BIPs auf zwischenzeitig 60 Pro-zent gestiegen, 2011 wurden Waren

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

Knotenpunkt Österreich -Eine Erfolgsgeschichte steht vor

großen Herausforderungen

und Dienstleistungen im Wert von rund 210 Milliarden Euro exportiert. Trotz des drastischen Rückgangs der Beschäftigung in der Landwirtschaft und großer Produktivitätsfortschritte in der Industrie ist die Zahl der Er-werbstätigen in den letzten 30 Jah-ren um über eine Million gestiegen. Auch wenn viele Menschen es sub-jektiv anders empfinden, seit 1982 ist die individuelle Kaufkraft deutlich gestiegen. Seit dem EU-Beitritt liegt die durchschnittliche jährliche Inflati-on bei lediglich 1,9 Prozent, während die durchschnittliche Inflationsrate vor dem EU-Beitritt bei 3 Prozent pro Jahr gelegen ist.

Was uns aber klar sein muss: diese tolle Erfolgsgeschichte fortzusetzten, stellt uns vor große Herausforderun-gen. Auf allen Gebieten - Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft und Kultur - erleben wir einen steigenden Wettbe-werb und große Umbrüche. Markus Hengstschläger hat in seinem bemer-kenswerten Buch „Die Durchschnitts-falle“ auf einen besonders wunden Punkt hingewiesen. Wenn wir nicht in allen Bereichen dafür sorgen, dass sich die vorhandenen Talente best-möglich entwickeln können und dass die Besten gefördert werden, damit sie sich voll entfalten können, wird Österreich das Erreichte nicht halten können.

Leider aber zählen Nivellierung, Neid, unbequeme Prügel vor die Füße zu werfen, Bürokratie, Mittelmäßigkeit, Scheu vor Verantwortung und scho-nungsloser Wahrheit zu den hierzu-

lande sehr verbreiteten österreichi-schen Untugenden. Dies gilt für alle Bereiche unserer Gesellschaft, nicht nur für die Politik. Mangelnde Füh-rungskompetenz, verwaschene Ziele und ein erschreckender Glaubwürdig-keitsverlust eröffnen Protestparteien und politischen Irrlichtern à la Stron-ach & Co. neue Potentiale, ohne dass sie auch nur ansatzweise brauchbare Alternativen oder zukunftsfähige Ide-en anbieten. Gesellschaftspolitisch haben auch die Kirchen massiv an Bedeutung und Orientierungskraft verloren. Ihre Repräsentanten geben zu oft ein Bild der Rat- und Hilflosig-keit ab, obwohl mehr denn je ein un-gestilltes Bedürfnis nach Werten und Orientierung besteht.

So bedrohlich die Finanzkrise Europa im Bann hält, sie birgt auch eine Chance. Nämlich sich wieder auf das Wesentliche und Gemeinsame zu besinnen, endlich damit zu beginnen, den Einigungsprozess Europas zu vollenden, und nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben. Der Fehler war nicht, vorschnell den Euro einzuführen, der Fehler liegt darin, nicht rechtzeitig die nächsten wesentlichen Integrationsschritte durchgeführt zu haben. An diesen nächsten Entwicklungsschritten Europas muss Österreich aktiv teilnehmen, muss sie mitgestalten, vor allem auch im Sinne eines echten, gelebten Subsidiaritätsprinzips.

Und daneben müssen wir im eigenen Land unsere Hausaufgaben machen, das heißt, fordern und fördern, kein

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Talent vergeuden, die Bürokratie zurückdrängen, das Leistungsprinzip unterstützen, ohne den Bedürftigen die Solidarität zu verweigern.

Dr. Günther Ofner v/o Hephaistos(QIG, ASO, Walth, A-F)

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

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Mag. Florian Gimbel, MPA, Special Assistant to the Director/SpeechwriterInternational Monetary Fund (Internationaler Währungsfonds); Washington, DC

Geburtstagsgedanken

aus Washington, DC

Unsere ASO hat ein beträchtliches Alter erreicht. Das ist natürlich sehr erfreulich, aber auch erstaunlich, zumal die Entwicklung unserer Verbindung alles andere als geradlinig verlaufen ist. Meine besonderen Glückwünsche möchte ich daher den Aktiven widmen, die gerade im Begriff sind, dieser Verbindung ihren Stempel aufzudrücken. Da jede Generation das Rad neu erfinden möchte, sind „gute Ratschläge“ zumeist sinnlos. Dennoch erlaube ich mir, einige Geburtstagsgedanken zu übermitteln (den Versuch ist es wert):

Die „Geheimnisse“ des Erfolges

Manchmal zahlt es sich aus, über sozialwissenschaftliche Studien tiefer nachzudenken. Vor einigen Jahren nahmen Wissenschaftler die Lebensläufe besonders erfolgreicher

Amerikaner unter die Lupe, um die Ursachen ihres Erfolges zu eruieren. Das Ergebnis war für mich überraschend. Man würde annehmen, dass Intelligenz, Fleiß, und Begabung - vor allem in Kombination miteinander - Erfolg nicht nur bedingen sondern quasi erzwingen. Leider scheint dies nicht auszureichen, um sich von den anderen 99.9% abzuheben. Laut dieser Studie sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren:

1. Glück, 2. konsequente Lebensplanung und 3. leistungsbedingte Netzwerke (ohne Vitamin B!).

Wer also kein glückliches Händchen im Lebenslotto hat, muss zumindest ungewöhnlich gut planen können. Der besonders Erfolgreiche erfindet seinen eigenen „Film“, in dem er

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Geburtstagsgedanken

aus Washington, DC

zugleich Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller sein darf. Anders gesagt: In manchen Fällen verläuft der Größenwahn in Bahnen, die sowohl produktiv als auch einzigartig sind.

Gewiss, der Erfolg liegt im Auge des Betrachters. Neben Milliardenvermögen, Weltrekorden und Nobelpreisen gibt es die „stillen Erfolge“ des persönlichen Lebens: das perfekte Tennismatch am Samstagnachmittag, die gelungene Marillenbaumumpflanzung, das harmonisch verlaufende Familienfest. Auch im Mikrokosmos des Erfolges ist Planung eine notwendige Voraussetzung. Viel wichtiger ist auch in diesem Fall der sanfte Größenwahn - die Bereitschaft, Risiken einzugehen, die so manch anderer scheuen würde.

Diese „Strategie“ hat mein eigenes Leben sehr geprägt. Meine Auslandskarriere begann mit dem Wunsch, die 7. Klasse Gymnasium an einer amerikanischen Mittelschule zu absolvieren. Meine Eltern waren zunächst not amused, denn „Abweichungen“ dieser Art waren zur damaligen Zeit unüblich. Der Wille zur Auslandserfahrung zeigte sich auch in meiner regen Teilnahme an universitären Austauschprogrammen und in meinem ersten Vollzeitjob bei der Financial Times in London. Nach acht Jahren im Finanzjournalismus (in London und Hong Kong) absolvierte ich ein Master Studium an der Harvard Universität. Eine berufliche

Auszeit zu nehmen war nicht gerade eine risikolose Entscheidung.

Die Moral dieser Geschichte? Wie auch immer man zu PISA Studien und Uni-Rankings stehen mag, der einzelne ist nicht im System gefangen. Wer Begabung, Fleiß und gute Englischkenntnisse vorweisen kann, dem stehen die Türen zu den besten Universitäten der Welt offen. Viele österreichische Auslandsstudenten können sogar ihr gesamtes Studium durch Stipendien finanzieren. Andere wiederum gehen bereitwillig ein finanzielles Risiko ein, weil sie davon überzeugt sind, dass sich diese Investition lohnt. Kurzum: nicht nur die Gedanken, sondern auch die Studenten sind frei.

Gewiss, auch diejenigen jungen Österreicher, die niemals von Fernweh geplagt werden, haben die Möglichkeit, ihren Freiraum zu schaffen. Neben den beruflichen Voraussetzungen benötigen sie vor allem eine Qualifikation, die man leicht unterschätzen könnte - nämlich die Fähigkeit sich verbal und schriftlich ausdrücken zu können. Es geht nicht darum, eindrucksvolle Reden zu schwingen, sondern um die Fähigkeit im Arbeitsalltag kurz und bündig Sachverhalte zu erklären und eigene Ideen „an den Mann zu bringen“. Allein die Fähigkeit, gute Fragen zu stellen, ist ein großer Vorteil in fast allen Lebenslagen. Wer auf diesem Gebiet dazulernen möchte, dem stehen viele Möglichkeiten offen: vom Redewettbewerb in der

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Mittelschule bis zum professionellen Kommunikationstraining. Eines der besten „Trainingslager“ ist natürlich unsere ASO. Was ich einst als Aktiver lernen durfte, ging weit über die Rhetorik hinaus. Unsere Bude war für mich ein Freiraum, in dem man als junger Mensch nicht nur reden konnte, sondern auch ernst genommen wurde.

Berufliche und persönliche Freiräume sind jedoch keine „Einzelzimmer“. In den meisten Fällen kann man sich die „Mitbewohner“ - den Chef, die Kollegen etc. - nicht aussuchen. Umso grösser ist der Wert echter Freundschaften, die zumeist in der Schule oder während des Studiums geschlossen werden. Leider fehlt im Berufsleben oft die Zeit, sich eingehend und ehrlich mit anderen Menschen zu beschäftigen. Die Gründerväter unserer ASO haben das natürlich gewusst, denn das Prinzip Amicicia trifft den Nagel auf den Kopf. Wahrer Erfolg ist undenkbar ohne die Freundschaften, die uns ein Leben lang begleiten. Unsere ASO möge auch weiterhin dazu beitragen, dass zukünftige Generationen in Freundschaft verbunden bleiben.

Ad multos annos!

Mag. Florian Gimbel, MPA v/o Wotan (ASO)

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

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Dr. Christoph Konrath, MSc (LSE)Abteilungsleiter im Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlichen Dienst der Parlamentsdirektion

Asciburgia – Tradition mit Zukunft?

Eigentlich sollte dieser Beitrag „Tradition mit Zukunft“ lauten und auf Vorschlag der Herausgeber auch den geschichtlichen und ideellen Hintergrund der Entwicklung Asciburgiae und Zukunftsfragen ausleuchten. Damit werden Stichworte für eine gelungene Festrede, die mit einem – wie es auch bei uns jetzt gerne heißt – „schallenden ad multos annos!“ endet, gegeben. Das Fragezeichen schwächt die schon zum Slogan gewordene Wendung „Tradition mit Zukunft“ jedoch ab. Es fordert eine differenzierte Herangehensweise ein, die auch die schon angeklungenen Paradoxien und Spannungsfelder von Tradition, Geschichte, Ideen oder Zukunft wahr- und aufnimmt. Damit kann auch deutlicher werden, dass sich die 90 Jahre seit der Gründung Asciburgiae mehr durch (Traditions-)Brüche als durch Tradition und Kontinuität auszeichnen.

IWenn in unseren Verbindungen von Tradition gesprochen wird, so erfolgt dies meist in dreifacher Weise. Zum einen wird auf die „lange Tradition“ im Sinne des Alters einer Verbindung oder eines Verbandes verwiesen. Zum anderen sprechen wir davon, in der Tradition unserer Gründer(generationen) zu stehen und deren Ideale weiterzuleben. Schließlich beziehen wir uns auf die Tradierung, also die Weitergabe und Einübung in unsere Bräuche, Umgangsformen und Weltanschauungen. Das ist insofern von Bedeutung, als Traditionen regelmäßig in einem Spannungsfeld zu den Prinzipien der Verbindung stehen können und stehen. Denn vieles, was wir in den Prinzipien betonen, setzen wir zugleich als selbstverständlich voraus. Prinzipien werden nicht reflektiert oder studiert, sondern eingeübt und vorausgesetzt.

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Asciburgia – Tradition mit Zukunft?

Das ist Stärke und Schwäche von Verbindungen zugleich: Stärke, weil damit Verinnerlichung und Verbundenheit geschaffen wird. Schwäche, weil oft Apologetik an die Stelle von Argumentationsfähigkeit und Beharrung anstelle von Entwicklung treten.

Wenn wir Tradition(en) konkretisieren wollen, beziehen wir uns in der Regel auf unsere Farben, den Comment und unser Liedgut. Sie sind für viele von uns durch lange Überlieferung zeitlos geworden, und wir weisen gerne auf Romantik, Witz und die Bedeutung des Spiels hin. Oft reden und singen wir auch von den Orten, an denen unsere Verbindungen gegründet worden sind und ihren Sitz haben, mit denen viele von uns vor allem Jugenderinnerungen verbinden. Es sind also oft nicht mehr die Orte, an denen wir leben und die wir auch auf andere Weise mitgestalten.

Diesem Reden von Tradition folgt auch ein spezifischer Zugang zur Geschichte der Verbindungen und des Farbstudententums. Meist erfolgt er in einer Mischung aus Chronik und Legitimationserzählung. Verbindungen werden in ihrer Besonderheit dargestellt, ihre Entwicklung wird zu einer Geschichte des Ringens und der Beharrung und jene Mitglieder, die in der Korporation oder darüber hinaus Anerkennung erfahren haben, werden herausgehoben. Das gesellschaftliche, kulturelle und politische Umfeld dieser

Entwicklungen wird meist nur gestreift und in dem Ausmaß erörtert, das für gerade nötig befunden wird. Auch aus einem solchen Zugang können eine ganz bestimmte Zeitlosigkeit oder Überzeitlichkeit von Verbindungen und eine ebensolche Ortlosigkeit folgen. Über diese sollten wir, wenn wir Jubiläen feiern und Zukunft gestalten wollen, nicht hinwegsehen.

Was für die einen Faszination des Althergebrachten und zeitlos Gewordenen ist, ist für andere heute schlicht Anachronismus. Beide Eindrücke werden dadurch verstärkt, dass vor allem ungefähr in den letzten 25 Jahren ein Zeitenbruch deutlich geworden ist. Die vormodernen Lebensweisen gerade im Burgenland, aber auch der Zusammenbruch des Habsburgerreiches, die Zwischenkriegszeit, Ständestaat, Nationalsozialismus, Krieg, Besatzung und Befreiung, die für viele von uns gerade in Familie und Verbindung spürbar und erfahrbar waren, sind für die heutigen Aktiven in weite Ferne gerückt. Sie verschwimmen in gewisser Weise mit anderen Ereignissen und Entwicklungen, die ebenso „weit zurückliegen“, egal ob sie im 18. oder 19. Jahrhundert stattgefunden haben.

Mit diesen Zugängen zu Tradition und Geschichte werden Zeitgebundenheit und ideologische Hintergründe des Farbstudententums ebenso wie einzelner Verbindungen oft eingeebnet. Das, was eigentlich Ausdruck eines spezifischen

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Zeitgeistes war – und damit auch nicht exklusiv von Farbstudenten beansprucht werden konnte –, wird heute gern „dem Zeitgeist“ gegenübergestellt. Scheinbar ohne nachzudenken, wird dann etwa von Schwert und Ehre, vom Gott, der „aus langer Schande Nacht“ befreit, und vom Kampf fürs Vaterland gesungen. Das dahinterstehende Verständnis von Ehre, Männlichkeit und Vaterland, von Freund und Feind, Vorsehung und Gottesglaube etc. wird nur selten hinterfragt.

Das, was ich zuvor als Zeitenbruch bezeichnet habe, geht mit Traditions- und Erinnerungsbrüchen einher. An die Stelle „lebendiger“ Tradition und Erinnerungskultur, die mit den Veränderungen der Arbeits- und Lebenswelten zu Ende gegangen sind, treten verschiedene Formen des Wiederaufgreifens, Veränderns und Neuerfindens. Das geschieht in den unterschiedlichsten Formen und – was aber nicht unbedingt außergewöhnlich für die Schaffung von Traditionen ist – auch in recht eklektischer Weise. Auffällig wird das auch an Traditionsimporten, wie sie im Burgenland etwa seit einigen Jahren durch die Institutionalisierung von „Almabtrieben“, „Perchtenläufen“ oder „Schuhplattln“ stattfinden (und damit die ab Mitte der 1920er-Jahre beginnende und in der Nachkriegszeit intensivierte „Verösterreicherung“ des Burgenlandes fortsetzen). Aber auch im Bereich unserer Verbindungen ist das zu beobachten, wenn etwa die Zahl derer, die moderne (aber für

sie traditionelle) Trachtenadaptionen trägt, zunimmt, wenn neue Ehrungen eingeführt werden, und ein besonders „zackiger“ Umgangston an Terrain gewinnt. In manchem weisen diese Entwicklungen Parallelen zur Zeit der Entstehung von Verbindungen auf: Menschen, die nicht mehr in traditionelle Lebensformen eingebunden sind, modern leben (wollen) und zugleich eine Sehnsucht nach Beständigkeit und Verwurzelung haben, aber auch etwas Besonderes sein wollen (das ist ja auch und gerade ein wichtiger Bestandteil von Jugendkultur), suchen nach „Traditionen“ und eignen sich diese an.

IIVon welchen Traditionen sprechen wir nun als Asciburgen? – Zunächst einmal fällt auf, dass Studentenverbindungen in unserem Sinn in Ungarn allenfalls eine Randerscheinung waren. Die Gründung Asciburgiae erfolgte dementsprechend ohne unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu Oberschützen. Nicht einmal in Hinblick auf den Namen schien man sich Mühe in Hinblick auf eine lokale Verankerung zu machen. „Asciburgium“ ist als Bezeichnung des Riesengebirges oder eines Römerlagers am Niederrhein bekannt. In Hinblick auf Oberschützen ist es letztlich wohl ein Phantasiename. Farbenstrophen und Bundeslied, die auf die Gründer zurückgehen sollen, stehen ganz im Zeichen der – ebenfalls von Wien aus agierenden – Anschlussbewegung

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für „Deutschwestungarn“. Sie wollten aus der über 1000-jährigen ungarischen Westgrenze, die sich durch eine heterogene Bevölkerung ohne weiteres Bewusstsein von Zusammengehörigkeit oder gar Nation auszeichnete, ein deutsches Grenzland machen. So ist es dann auch eine Ironie der Geschichte, wenn in Felsőlövő/Oberschützen, das als Grenzwächtersiedlung an der Westgrenze des Königreiches Ungarn gegründet wurde, davon gesungen wird, als „Schutz im Osten“ und „treu dem Beispiel der Vorfahren“, den „Gegner’ Scharen“ den„Eintritt in das Vaterland“ zu wehren.

Als nach der Gründung 1922 fünf Jahre später die ersten Aktiven Asciburgiae tatsächlich gekeilt waren, geschah dies vor allem durch das Engagement des Religionsprofessors Ignaz Glas. Was die Verbindung stark machte, war eine spezifische „Diasporasituation“ der katholischen Schüler an den evangelischen und mittlerweile stark deutschnational und antiklerikal durchsetzten Schulen. Das zeitweilige Verbot und die Mobilisierung bedeutender Vertreter des politischen Katholizismus Österreichs für die junge Verbindung stärkte diesen Zusammenhalt und erhöhte auch die Attraktivität für katholische Schüler. In diesem Kontext darf nicht übersehen werden, dass das Burgenland, dessen Vielfalt und tolerante Lebenswelt heute gern beschworen wird, bis weit in die 2. Republik durch viele Gegensätze und scharfe Unterscheidungen zwischen

Katholiken und Evangelischen, Deutschen, Kroaten und Ungarn gekennzeichnet war. Ebenso darf nicht übersehen werden, dass die jungen Asciburgen, von denen sich viele auf den Lehrerberuf vorbereiteten, in Schule und Verbindung auf das Wirken im zu etablierenden, „deutschen Burgenland“ vorbereitet wurden.

Während diese erste große Phase in der Geschichte Asciburgiae bis heute hochgehalten und tradiert wird, sprach kaum jemand davon, dass nach dem Abgang von Ignaz Glas im Herbst 1932 und den Schulabschlüssen jener, die die Verbindung getragen hatten, die Gemeinschaft merklich kleiner wurde. Mehr und mehr wurde sie von ihrem Gründer Ulrich Sattler v. Uli für die Mitwirkung in den Ostmärkischen Sturmscharen herangezogen. Das war eine paramilitärische Organisation im Ständestaat, die durch ihr Auftreten zu jenen Bewegungen gehörte, die in ihrer Erscheinung eine starke Nähe zu faschistischen Gruppen aufwies. Dieses Engagement im Ständestaat war es auch, dass zur Verfolgung etlicher Asciburgen nach dem Anschluss führte.

Einer der letzten Aktiven aus der Zeit vor 1938, Wilhelm Kelemen v. Jumbo, begann 1954, also 16 Jahre nach dem Ende, die Reaktivierung Asciburgiae zu initiieren. Trotz aller Kontinuitäten zur Zwischenkriegszeit, die gerade in und um Oberschützen lange sichtbar und spürbar bleiben

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sollten, geschah dies in einem stark veränderten Umfeld. Das betraf sowohl das politische Leben als auch die veränderten Bedingungen an den Schulen und unter den Schülern. Auffallend ist, dass nur ein Teil der seinerzeit recht großen Asciburgia an dieser Wiedergründung mitwirkte, dass eine größere Zahl – über die freilich nicht weiter geredet wurde – durch den Nationalsozialismus kompromittiert war und dass andere, unter ihnen etwa der Stegersbacher Lehrer Nikolaus Prenner, der einem Todesurteil der Nazis nur knapp entkommen war, nie mehr von der Verbindung angesprochen wurden. Wenngleich die alten Farbenlieder beibehalten wurden (und dem Kalten Krieg entsprechend passender als zuvor scheinen mochten), war es wohl weniger eine Reaktivierung als eine Neugründung der Verbindung und mit ihr der Beginn einer neuen Tradition, die mehr durch Aufbruch als durch Rückschau getragen war. So habe ich es jedenfalls in vielen Begegnungen mit Aktiven jener Zeit erfahren, die Asciburgia prägten und durch Erlebnisse von damals geprägt wurden. Was zumindest in den 1950er-Jahren noch der Zwischenkriegszeit entsprach, war die Charakterisierung als katholische Verbindung „in der Diaspora“ (was angesichts des Verhältnisses von Katholiken und Protestanten im Bezirk Oberwart letztlich ein gewagter Vergleich ist) und damit einhergehend auch eine gewisse Distanz zu Oberschützen als Gemeinde.

Diese Distanz zu Oberschützen ist es, die Asciburgia noch in anderer Weise nachhaltig prägt: nur wenige Asciburgen lebten und leben in und um den Verbindungsort. Die Konviktsschüler, die lange die Verbindung prägten, verließen Oberschützen wieder, und die Burgenländer taten es ihnen mangels Perspektiven vor Ort nach. Die Entwicklung der Verbindung von ungefähr 1970 bis 1990 ist demnach auch von vielen Krisen und Neuanfängen und Brüchen geprägt. So waren es auch nicht „große Traditionen“ als vielmehr einzelne Bundesbrüder wie Walter Drdla v. Dr. Erek oder Roland Lipovits v. Lipo, die gleichsam die „Tradition“ der Asciburgia aufrechterhielten. Diese zeichnete sich durch den Asciburgen-Ruf als professionell gestaltetes und oft kritisches Medium aus, das weit über die Verbindung hinausreichte. Eine ähnliche Wirkung entfaltete die Aktion Reissuppe, die Farbstudententum mit entwicklungspolitischem En-gagement verband. Ein drittes Element bildete das schulpolitische Engagement vieler Asciburgen. Hervorzuheben ist dabei, dass all das, wohl auch wegen dem Fehlen entsprechender Alter Herren vor Ort, abseits parteipolitischer Nähe geschah, wie es sonst zur „Tradition“ vieler Verbindungen gehört.

Wenn ich an meine Aktivenzeit bei Asciburgia zurückdenke (1991-1995), erinnere ich mich daran, dass uns die Möglichkeiten und Freiheiten, die sie bot, faszinierten. Mit „Tradition“

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Grenzen überwinden - Prinzipien bewahren

setzten wir uns hingegen wenig auseinander. Damals ging es auch im MKV um Zukunft (und die Öffnung von Verbindungen und Verband z. B. für Frauen) und die Auseinandersetzung mit der (eigenen) Zeitgeschichte. Für uns in Oberschützen war das von besonderer Bedeutung, gab es doch immer wieder Anläufe, auch wieder eine Burschenschaft zu etablieren. Daraus entstand auch die erste systematische Auseinandersetzung mit der Geschichte Asciburgiae und eine große Sammlung von Interviews mit Alten Herren von 1927 bis in die Gegenwart.

IIIAuf welche Traditionen bauen wir nun unsere Zukunft? – Diese Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Die knapp skizzierte Suche nach „Traditionen“, die Asciburgia eigen wären, ist nüchtern geblieben. Vieles, das einst traditionsstiftend wirken sollte, wirkt heute verstaubt. Weder der nationale oder politische Katholizismus der Zwischenkriegszeit noch die Befreiungsstimmung der 1950er-Jahre scheinen heute anschlussfähig. Es fehlt dafür auch die persönliche Erfahrung, die diese letztlich getragen haben. So bleibt – neben der Bedeutung der Gemeinschaft, ihrer Mitglieder, Prinzipien und Bräuche, die hier nicht geschmälert werden soll – nur der Rückgriff auf allgemeine farbstudentische Traditionen, wie sie zu Beginn umrissen wurden.

Stiftungsfeste und Jubiläen sind

von jeher Ereignisse, die der Selbstvergewisserung, Selbst-bestätigung und Identifikation dienen sollen, das Eigene betonen helfen und auch die Abgrenzung gegenüber anderen ermöglichen. Ein wichtiges Element bildet die Beschwörung von Tradition und Kontinuität der eigenen Gemeinschaft, ihre Verankerung in einer oft vorgestellten Zeit. Aus Bestätigung soll Gewissheit werden, aus Gewissheit Auftrag und damit Bestand und Zukunft.

Selbstvergewisserung kann aber auch mit Selbsterforschung einhergehen. Ein nüchterner und kritischer Blick auf unsere Gemeinschaft, wie ihn auch dieser Beitrag nahelegt, eine vorsichtige Wortwahl und das Bemühen, Traditionen mit Geschichte in Verbindung zu setzen, und – im Sinne unserer Prinzipien – auch versuchen, daraus zu lernen, kann aber letztlich ein anderes Fundament für die Zukunft legen und einen Weg in diese weisen. Dies umso mehr, wenn es sich um Traditionen handelt, die historisch und ideologisch stark aufgeladen sind.

Dr. Christoph Konrad, MSc v/o Otto(AIS, ASO, Nc)

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mutig, wahr, treu immerdar!

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