9783834331229 1 1 - Lehrmittel für die Aus- und … · an. Das nach der heterolytischen Spaltung...

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23 1 Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung In diesem Kapitel werden die wichtigsten Reaktionstypen und Namensreak- tionen sowie die dazugehörigen Reaktionsführungen vertiefend behandelt. Aufbauend auf das Grundwissen aus Band 1: Pflichtqualifikationen dieser Buchreihe (s. Abschnitt 1.1), wird auf die genauen Reaktionsmechanismen von verschiedenen Reaktionstypen eingegangen. Konkurrenzreaktionen und Reaktionsbedingungen erschweren hierbei die Projektierung von Synthesen und müssen daher ebenfalls beachtet werden. Um die Lernziele zu errei- chen, werden in kleinen Prozessen Syntheseschritte geplant, erörtert und hinterfragt, so dass Verbindungen über mehrere Stufen unter Betrachtung unterschiedlicher Reaktionstypen synthetisiert werden können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der theoretischen organischen Chemie. Die Aufnahme von konkreten und ausführlichen praktischen Arbeitsanwei- sungen hätte hier die Übersichtlichkeit beeinträchtigt, daher wurde darauf verzichtet. Um einen notwendigen Praxisbezug trotzdem zu gewährleisten, wurden zur Unterstreichung der gelernten Theorieeinheiten Auszüge von exemplarischen Arbeitsvorschriften der PROVADIS - Partner für Bildung und Beratung GmbH eingefügt. Das Kapitel enthält wesentliche Teile der Lernfelder 6a, 6b und 11 aus dem aktuellen Rahmenlehrplan der KMK (Kultusministerkonferenz) sowie den Inhalten von Nummer 9 der neuen Verordnung der IHK über die Berufsaus- bildung im Laborbereich. 1.1 Einführung Eine alte «OC-Weisheit» besagt, dass man drei Schritte benötigt, um die organische Chemie richtig zu verstehen: 1. Schritt Begreifen der physikalischen und chemischen Eigenschaften organischer Ver- bindungen. 2. Schritt Kennen und verstehen lernen der verschiedenen Reaktionsmechanismen dieser organischen Verbindungen. 3. Schritt Erwerben der Fähigkeit, aus diesem Wissen, Synthesen selbst entwerfen und planen zu können. Für den 1. Schritt wird hierbei davon ausgegangen, dass die folgenden Reaktionsty- pen und Namensreaktionen bereits in den Grundzügen bekannt sind. Alle aufgeführ- ten Themen sind Inhalt von Bande 1: Pflichtqualifikationen dieser Buchreihe: Unterscheidung exothermer und endothermer Reaktionen, chemisches Gleichgewicht, Katalysatoren und Inhibitoren, Reaktionsverhalten von funktionellen Gruppen, Alkane, Alkene, Alkine, Cycloalkane, Cycloalkene, Aromaten, Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung Less, Die handlungsorientierte Ausbildung für Laborberufe: Vogel Buchverlag: ISBN 978-3-8343-3122-9

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1 Präparative Chemie – Reaktionstypen undReaktionsführung

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Reaktionstypen und Namensreak-tionen sowie die dazugehörigen Reaktionsführungen vertiefend behandelt.Aufbauend auf das Grundwissen aus Band 1: Pflichtqualifikationen dieserBuchreihe (s. Abschnitt 1.1), wird auf die genauen Reaktionsmechanismenvon verschiedenen Reaktionstypen eingegangen. Konkurrenzreaktionen undReaktionsbedingungen erschweren hierbei die Projektierung von Synthesenund müssen daher ebenfalls beachtet werden. Um die Lernziele zu errei-chen, werden in kleinen Prozessen Syntheseschritte geplant, erörtert undhinterfragt, so dass Verbindungen über mehrere Stufen unter Betrachtungunterschiedlicher Reaktionstypen synthetisiert werden können.Der Schwerpunkt liegt dabei auf der theoretischen organischen Chemie.Die Aufnahme von konkreten und ausführlichen praktischen Arbeitsanwei-sungen hätte hier die Übersichtlichkeit beeinträchtigt, daher wurde daraufverzichtet. Um einen notwendigen Praxisbezug trotzdem zu gewährleisten,wurden zur Unterstreichung der gelernten Theorieeinheiten Auszüge vonexemplarischen Arbeitsvorschriften der PROVADIS - Partner für Bildung undBeratung GmbH eingefügt.Das Kapitel enthält wesentliche Teile der Lernfelder 6a, 6b und 11 aus demaktuellen Rahmenlehrplan der KMK (Kultusministerkonferenz) sowie denInhalten von Nummer 9 der neuen Verordnung der IHK über die Berufsaus-bildung im Laborbereich.

1.1 Einführung

Eine alte «OC-Weisheit» besagt, dass man drei Schritte benötigt, um die organischeChemie richtig zu verstehen:

q 1. SchrittBegreifen der physikalischen und chemischen Eigenschaften organischer Ver-bindungen.

q 2. SchrittKennen und verstehen lernen der verschiedenen Reaktionsmechanismen dieserorganischen Verbindungen.

q 3. SchrittErwerben der Fähigkeit, aus diesem Wissen, Synthesen selbst entwerfen undplanen zu können.

Für den 1. Schritt wird hierbei davon ausgegangen, dass die folgenden Reaktionsty-pen und Namensreaktionen bereits in den Grundzügen bekannt sind. Alle aufgeführ-ten Themen sind Inhalt von Bande 1: Pflichtqualifikationen dieser Buchreihe:

q Unterscheidung exothermer und endothermer Reaktionen,

q chemisches Gleichgewicht,

q Katalysatoren und Inhibitoren,

q Reaktionsverhalten von funktionellen Gruppen,

q Alkane, Alkene, Alkine, Cycloalkane, Cycloalkene, Aromaten,

Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung

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24 Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung

q Reaktionstypen:– Addition (AE)– Substitution (SN, SE, SR)– Eliminierung (E)– Polymerisation– Oxidation, Reduktion– Diazotierung, Kupplung– Erst- und Zweitsubstitutionen an aromatischen Ringsystemen

q Regel von MARKOWNIKOW,

q Keto-Enol-Tautomerie,

q Namensreaktionen:– Cannizzaro-Reaktion– Wurtz-Reaktion, Wurtz-Fittig-Reaktion– Friedel-Crafts-Alkylierung– Friedel-Crafts-Acylierung– Williamson'sche Ethersynthese

Informationssuche

Sollten Sie einzelne der oben genannten Punkte noch nicht kennen, können Sie imInternet (ausgehend z.B. www.arbeitsplattform.de oder www.chemiestudent.de/namen/namensreaktionen.php) oder in Band 1: Pflichtqualifikationen dieser Buchrei-he nach den angegebenen Stichwörtern suchen.

Bild 1.1 zeigt hierbei eine Übersicht mit welchen Reaktionstypen die verschiedenen funk-tionellen Gruppen ineinander überführt werden können. Der Übersichtlichkeit wegen

Aromaten

Alkine

Cycloalkane

Cycloalkene

MehrringsystemeHeteroaromaten

Aminocarbonsäuren

AlkeneAlkane

Ether

Amine

AlkoholeHalogenalkane

primäre Alkohole

tertiäre Alkohole

sekundäre Alkohole

Aldehyde Carbonsäuren

Ester

Ketone

Polymere

Erstsubstitution

Erstsubstitution

Zweitsubstitution

Cyclisierung

Polymerisation Polymerisation

Halogencarbonsäuren

E

AE ; SRAE ; SR

AE

AE ; AR

SR

SN

SN

SN

E

E

EWurtz

Williamson

Alkylierung

Reduktion Reduktion

Veresterung

Reduktion

OxidationVerseifung

OxidationOxidation

Oxidation

Bild 1.1 Prozessübersicht P 1.1: Überführung von verschiedenen funktionellen Gruppen

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beschränkt sich die Abbildung hierbei auf die wichtigsten Kohlenwasserstoffe undSauerstoff-Kohlenwasserstoff-Verbindungen.Diese Übersicht wird in den nachfolgenden Prozessen dieses Kapitels aufgegriffen underweitert. Die Abschnitte orientieren sich hierbei an den Prozessen der Umwandlungenfunktioneller Gruppen. Hierbei werden die notwendigen Reaktionsbedingungen und dieKonkurrenzreaktionen im Einzelnen besprochen. Um eine Übersichtlichkeit der einzelnenReaktionen zu gewährleisten, sind in Bild 1.2 die Abschnittsnummern direkt eingetragen.

1.2 Vom Alken zum Halogenalkan

Zunächst werden die Prozesse bei der Reaktion von Alkenen zu Halogenalkanenbetrachtet. Die grundsätzlichen Reaktionen der elektrophilen Addition (AE) und derEliminierung (E) werden als bekannt vorausgesetzt. In diesem Abschnitt werden dieReaktionsmechanismen in allen Einzelschritten behandelt. Das 1. ProzessbeispielP 1.2 erläutert hierbei den sterischen (das bedeutet: räumlichen) Einfluss auf den tat-sächlichen, strukturellen Aufbau der Reaktionsprodukte.

Prozess P 1.2

Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung

Aromaten

Alkine

Cycloalkane

Cycloalkene

MehrringsystemeHeteroaromaten

Aminocarbonsäuren

AlkeneAlkane

Ether Amine

AlkoholeHalogenalkane

primäre Alkohole

Zucker: aus Alkohol & Aldehyden

Acetale: aus Alkohol & Aldehyd

Imine: aus Amin & Keton/Aldehyd

Hydrazone: aus Hydrazin & Keton

Oxime: aus Hydroxylamin & Keton/Aldehyd

tertiäre Alkohole

sekundäre Alkohole

Aldehyde Carbonsäuren

Ester

Ketone

Polymere

Erstsubstitution

Erstsubstitution

Zweitsubstitution

Halogencarbonsäuren

11

10

9

7

12

9

4

4

2

8

3

3,4

11

9

9

5

5

12

6

7

3,4

3,4

3

Bild 1.2 Prozessübersicht P 1.2: Übersicht der einzelnen Abschnitte

Alkene Halogenalkane

AE, A

R

E

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26 Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung

1.2.1 Elektrophile Addition eines Halogenmoleküls an ein Alken

Die Aufspaltung einer Doppelbindung durch Anlagerungen von Molekülen bzw. Teil-chen an Alkene nennt man Additionsreaktionen. Wird an eine C=C-Doppelbindungaddiert, bestimmt der Reaktionspartner den Reaktionsmechanismus. Bei einem Katio-nenangriff verläuft die Reaktion nach dem Mechanismus der elektrophilen Addition.Ein Kation wird als elektrophiles («elektronenliebendes») Teilchen bezeichnet, da esmit der Doppelbindung so reagiert, dass es deren Elektronenpaar zur Herstellung derchemischen Verbindung nutzt.

Bei der Bromierung von Ethen wird das Brommolekül Br2 von der Doppelbindungangezogen, polarisiert und heterolytisch gespalten (heterolytisch: das Bindungspaarwird nicht aufgeteilt, sondern kommt zu einem der beiden Bromteilchen – es entstehtsomit ein Brom-Kation und ein Brom-Anion). Das Brom-Kation nennt man Bromoniu-mion und Brom-Anionen nennt man Bromidionen. Erster Angriffspartner ist somit einBrom-Kation, das mit dem Elektronenpaar der Doppelbindung eine Verbindung ein-geht. Das übrig gebliebene Brom-Anion reagiert mit dem entstandenen Carbenium-ion (s. Gl. 1.1).

(Gl. 1.1)

Grundsätzlich erfolgt hierbei der Angriff des Brommoleküls in einer 2-Stufen-Reaktionüber einen sog. p-Komplex (Pi-Komplex) und einen späteren s-Komplex (Sigma-Kom-plex). Wie in Gl. 1.2 zu sehen, nähert sich zunächst das Brommolekül Br2 der Doppelbin-dung und wird hierbei von der Doppelbindung polarisiert und gespalten. In der For-melsprache wird dies durch den Verbindungsstrich in die Mitte der Doppelbindung an-gedeutet (üblich ist hier ebenfalls die Darstellung als Pfeil, der durch die Doppelbin-dung geht). Dieser Verbindungsstrich steht nicht für eine «echte» Bindung, sonderndeutet lediglich die Wechselwirkungen über das p-Elektronenpaar der Doppelbindungan. Das nach der heterolytischen Spaltung nunmehr positiv geladene Brom-Einzelteil-chen (Bromoniumion) setzt sich auf die Doppelbindung und bildet einen positiv gela-denen s-Komplex (Sigma-Komplex). Die keilförmigen zum Brom breiter werdendenStriche bedeuten hierbei, dass das Brom aus der Schreibebene herausragt. Durch die-se Schreibweise wird die räumliche Struktur deutlich.

(Gl. 1.2)

Da das sehr raumfüllende positiv geladene Bromoniumion auf der Doppelbindung «sitzt»und dadurch das Alken von oben abschottet und damit unangreifbar macht, kann dasübrig gebliebene negativ geladene Bromidion nur von unten den 2. Reaktionsschrittdurchführen. Dieser Schritt wird durch die positive Gesamtladung des s-Komplexesbegünstigt. Diesen Angriff nennt man «antiperiplanar» (entgegengesetzt), da beideBromatome sich nach der Reaktion räumlich gesehen gegenüberstehen. Grundsätz-lich kann der Angriff des Bromidions sowohl links unten (s. Gl. 1.3) als auch rechtsunten (s. Gl. 1.4) erfolgen. Wenn keine weiteren Einflüsse hinzukommen, erfolgt die-ser Angriff statistisch von unten rechts und unten links zu je 50%.

+ Br-Br

BrBr –Br–

+Br

Pi-Komplex Sigma-Komplex

H2C CH2 + Br-Br H2C CH2

Br

+ Br–+

H2C CH2

Br

Br

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(1) links unten:

(Gl. 1.3)

(2) rechts unten:

(Gl. 1.4)

Dieser Reaktionsmechanismus hat Auswirkungen auf die räumliche Struktur derentstehenden Verbindungen. Während die Bromierung von Ethen durch die freieDrehbarkeit der C-C-Bindungen unabhängig von den Angriffspunkten immer dasgleiche Produkt liefert, ist dies bei strukturell komplexeren Alkenen nicht mehrder Fall. Dies wird nun im 1. Prozessbeispiel bei der Bromierung von Maleinsäurebehandelt.

Maleinsäure und Fumarsäure sind beides Dicarbonsäuren mit der SummenformelC4O4H4. Sie unterscheiden sich «lediglich» in der Ausrichtung der beiden Säure-Grup-pen. Bei der Maleinsäure sind diese auf derselben Seite (cis-ständig), bei der Fumar-säure liegen sie sich gegenüber (trans-ständig).

Definition «E- und Z-Isomere»

Neben der Nomenklatur nach cis und trans existiert noch die Sequenzregel nach CAHN,INGOLD und PRELOG. Nach dieser Regel werden alle Substituenten an der Doppelbindungnach abnehmender Priorität geordnet. Die Priorität ergibt sich hierbei aus derOrdnungszahl der Substituenten: z.B.: 35Br > 17Cl > 7N > 6C > 1H.Als Z-Isomer wird nun das Isomer bezeichnet, bei dem die beiden Gruppen der jeweilshöchsten Priorität (der höchsten Ordnungszahlen) auf derselben Seite der Doppelbin-dung liegen (Zusammen), das andere Isomer wird entsprechend E-Isomer genannt(Entgegengesetzt).

Sollten die direkt an der Doppelbindung hängenden Atome identisch sein, so be-stimmen die Ordnungszahlen der benachbarten Atome die Priorisierung der Susbti-tuenten.

+Br

+ Br–Br

Br

+Br

+ Br–

Br

Br

Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung

Cl

H

C2H5

H

Z-1-Chlorbut-1-en

Cl

H

H

C2H5

E-1-Chlorbut-1-en

H3C

H

C2H5

CH3

Z-3-Methylpent-2-en

H3C

H

CH3

C2H5

E-3-Methylpent-2-en

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28 Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung

Prozess P 1.2.1

Elektrophile Addition: Reaktion von Brom mit Maleinsäure (Z-But-2-endisäure) bzw.Fumarsäure (E-But-2-endisäure)

Welche Auswirkungen der eingehend beschriebene Reaktionsmechanismus auf dieBromierung der Maleinsäure hat, wird in Gl. 1.5 gezeigt:

Auf den ersten Blick ist es schwierig zu entscheiden, ob es sich bei den beiden Struk-turen um dasselbe Produkt handelt. Ein direkter Vergleich bietet sich hier an, weil diebeiden Kohlenstoffe in Gl. 1.5 jeweils 4 verschiedene Bindungspartner haben (Was-serstoff, Carboxyl-Gruppe, Brom, Alkylrest). Man spricht hier von sog. «asymmetri-schen Kohlenstoffatomen».

Da die C-C-Bindung frei drehbar ist, können die einzelnen Substituenten so ge-dreht werden, dass man eine vergleichbare Struktur erhält. Wenn die beiden Brom-paare, wie in Bild 1.3 zu sehen, so gedreht werden, dass beide auf derselben Ebeneliegen, lassen sich die entstandenen Produkte besser vergleichen. Der 3-fach-Strichbedeutet in diesem Zusammenhang «ist identisch mit».

Es bilden sich 2 verschiedene Produkte. Sie verhalten sich wie Bild und Spiegelbildund lassen sich nicht zur Deckung bringen (s. Bild 1.4).

Ein ähnlicher Effekt ist auch bei unseren Händen gegeben. Die rechte und die linkeHand lassen sich auch nicht zur Deckung bringen, beide Hände sind grundsätzlich ver-schieden. Solche Substanzen nennt man Enantiomere. Enantiomerenpaare nennt manwiederum Racemate.

Definition «Enantiomere»

Enantiomere sind Verbindungen mit gleicher Konstitution (gleiche Summenformel)aber unterschiedlicher Konfiguration (Struktur, Aufbau). Sie verhalten sich wie Bildund Spiegelbild.

H

H+Br-Br

H

Br

Br

H

+ Br–

Br

H

H

–Br– (2)

(1)

(1)

(2)

Br

H

H

Br

HOOC HOOC

HOOC HOOC

HOOCHOOC

HOOC

HOOC

Z-But-2-endisäure

HOOC

H

H

HOOC

E-But-2-endisäure

HOOC

H

H

COOH

(Gl. 1.5)

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In der Medizin und im Pflanzenschutz ist das Vorhandensein von Enantiomerenmanchmal problematisch. Bei der Herstellung einiger Arzneimittel entstehen sog.Racemate, d.h. ein Gemisch von beiden Händigkeiten. Dabei besitzt manchmal nureine Form die gewünschte Wirkung. Das Spiegelbild ist dann wirkungslos oder verur-sacht sogar noch unerwünschte Nebenwirkungen – ganz abgesehen von dem Aus-beuteverlust, wenn 50% des Produktes wirkungslos sind. Daher versuchen Chemikerschon seit 40 Jahren die Herstellung von Medikamenten so zu steuern, dass nur nocheine Form der spiegelbildlichen Moleküle entsteht. Diesen Prozess nennt man chiraleKatalyse. Das Thema Chiralität wird in Abschnitt 4.4.1.2 ausführlich beschrieben.

Informationssuche

Suchen Sie in Datenbanken, Lexika oder im Internet (ausgehend z.B. http://de.wiki-pedia.org/wiki/Hauptseite oder www.inform24.de/milchsauere.html) nach den bei-den Konfigurationen der Milchsäure und ihrer Bedeutung für die Nahrungsaufnahme.Informieren Sie sich in diesem Zusammenhang ebenfalls über die Begriffe «optischeAktivität» und «chirales Zentrum».

Vertiefungsübung V1.1

Beschreiben Sie die Bromierung der Fumarsäure. Welche Produkte entstehen (wel-ches Produkt entsteht) hierbei? Achten Sie auf eine mögliche intramolekulare Spie-gelachse – also einer Spiegelachse im Molekül selbst.

Präparative Chemie – Reaktionstypen und Reaktionsführung

Br

HOOC H

HOOC H

Br

HHOOC

Br

Br

HOOC HHHOOC

Br

Br

H COOH

COOHH

Br

Br

HOOC H

(1)

(2)

COOHH

Br

Br

HOOC H

HHOOC

Br

Br

H COOH

(2)(1)

Spiegelachse

Bild 1.3

Vergleich der entstan-

denen Produkte

Bild 1.4

Vergleich der entstan-

denen Produkte über

die Spiegelachse

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2 Probenahmetechnische undanalytische Verfahren

Das Kapitel «Probenahmetechnische und analytische Verfahren» befasstsich mit folgenden Inhalten:

q Probenahme,

q Probenvorbereitung,

q Auswahl von Analysenmethoden.

Die Lerninhalte werden anhand von Beispielen sowie Aufgaben geübt undvertieft. Im Rahmen von Projekten werden Lösungen für verschiedene pra-xisorientierte Aufgabenstellungen erarbeitet und diskutiert.Das Kapitel enthält wesentliche Teile der Lernfelder 2, 6a, 7, 9, 10, 12 und16 aus dem Rahmenlehrplan der KMK (Kultusministerkonferenz) von 2005sowie den Inhalten von Nummer 6.1, 6.3, 7.1 und 12 der Verordnung überdie Berufsausbildung im Laborbereich von 2000.

2.1 Probenahme

2.1.1 Grundlagen der Probenahme

Die Probenahme ist ein Vorgang der oftmals mit vielen Frage- und Problemstellungenverbunden ist. So wird i.d.R. eine Stichprobe aus einer bestimmten Grundgesamtheitentnommen und analysiert. Die Grundgesamtheit umfasst alle möglichen zu betrach-tenden Einheiten, die Stichprobe lediglich einen Teil. Wird mittels der Stichproben-daten auf die Gesetzmäßigkeiten der Grundgesamtheit geschlossen, spricht man voneinem sog. indirekten statistischen Schluss (Bild 2.1).

Dabei muss mit einem Fehler gerechnet werden. Dieser Fehler wird umso größer,je kleiner der Umfang der Stichprobe gewählt wird. In Abhängigkeit der Kosten undmöglichen weiteren Anforderungen ist der Stichprobenumfang, in Verbindung mitdem daraus resultierenden Fehler der Probenahme, sinnvoll zu wählen.

Probenahmetechnische und analytische Verfahren

Grundgesamtheit

Stichprobe

indir

ekte

rsta

tistischer

Schlu

ss

Bild 2.1 Indirekter statistischer Schluss

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98 Probenahmetechnische und analytische Verfahren

Beispiel

Im Rahmen der Wirkstoffabfüllung wird eine Charge mit einem Umfang von 10 000 Flaschenhergestellt. Um eine Endkontrolle durchführen zu können, werden zufällig 100 Flaschen aus-gewählt und der Wirkstoffgehalt kontrolliert. Es ist an dieser Stelle schon festzustellen, dassstatistisch 2 Elemente betrachtet werden. Zum einen die endliche Grundgesamtheit von10 000 Flaschen, zum anderen eine entnommene Stichprobe von 100 Flaschen.

Bei dem indirekten statistischen Schluss, schließt man nun vom durchschnittlichenGehalt an Wirkstoff in den 100 Flaschen und somit von der entnommenen Stichprobeauf den Wirkstoffgehalt in der Grundgesamtheit von 10 000 Flaschen.

Merke

Man kann feststellen, dass die Definition der Grundgesamtheit durchaus schwierig ist.Neben einer wie im obigen Beispiel dargestellten, bekannten endlichen Grundge-samtheit bleibt die Grundgesamtheit einer analytischen Messung häufig unbekannt.

2.1.2 Statistik der Probenahme

2.1.2.1 Stichprobenauswahl

Wie bereits betrachtet, wird zur Auswahl einer Stichprobe eine bestimmte Anzahlunabhängiger Elemente aus einer Grundgesamtheit entnommen. Dabei ist darauf zuachten, dass diese Elemente die Grundgesamtheit möglichst gut repräsentieren.

Die Art der Stichprobe wird dabei durch das sog. Auswahlverfahren bestimmt. Grundsätz-lich nutzt man das zufällige oder systematische Auswahlverfahren (Bild 2.2 und Bild 2.3).

Wird eine Stichprobe nach dem zufälligen Auswahlverfahren hergestellt, so sprichtman von einer Zufallsstichprobe. Diese Zufallsstichprobe enthält eine festzulegendeAnzahl von Elementen der Grundgesamtheit, die nach einem Zufallsprinzip unabhän-gig und frei ausgewählt wurden. Bei einer Zufallsauswahl müssen systematische Ein-flüsse vermieden werden. Weiterhin ist zu gewährleisten, dass der Stichprobenum-fang, der zu einem repräsentativen Ergebnis führt, berechnet werden kann. Die Wahr-scheinlichkeit, dass die Zufallsstichprobe die Grundgesamtheit repräsentiert, nimmtmit steigendem Stichprobenumfang zu.

Beispiel

Aus einer bekannten Grundgesamtheit von N = 800 Kruken, die Zinksalbe enthalten, solleine Zufallsstichprobe mit einem Umfang von n = 10 hergestellt werden. Man numme-

Grundgesamtheit

Stichprobe

2

3 45

1

Bild 2.2

Zufälliges Auswahlverfahren

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riert zunächst die Kruken mit den Nummern von 1 800 und ermittelt anschließend 10Zufallszahlen aus einer Tabelle mit Zufallszahlen. Ein Auszug einer solchen Tabelle mitZufallszahlen ist in Bild 2.4 dargestellt.

Dabei beginnt man beispielsweise mit der Nummer 401 und betrachtet fortlaufenddie nächsten 3-stelligen Nummern. Ist der Wert einer Nummer größer als 800, sobleibt dieser unberücksichtigt.

Folglich ergeben sich die in Bild 2.5 dargestellten 10 zufällig ausgewählten Num-mern. Zur Herstellung der Stichprobe werden nun die 10 Kruken mit den entsprechen-den Nummern aus der Grundgesamtheit der 800 Kruken ausgewählt.

Wird die Stichprobe jedoch nach einem systematischen Auswahlverfahren erzeugt, sobezieht man sich auf jedes x-te Element der für die Auswahl zu Verfügung stehendennummerierten Elemente.Für eine systematisierte Auswahl von 10 Elementen aus 800 Kruken, die Zinksalbeenthalten, beginnt man nun z.B. mit der Krukennummer 40 und erzeugt die weiterensystematisch zu wählenden Nummern durch fortlaufende Addition von 80. ZurHerstellung der Stichprobe werden folglich die 10 Kruken mit den in Bild 2.6 darge-stellten Nummern aus der Grundgesamtheit der 800 Kruken entnommen.

Auswahlverfahren können weiterhin verbessert werden, indem ein geschichtetesoder ein mehrstufiges Probenahmeverfahren verwendet wird.

Probenahmetechnische und analytische Verfahren

Grundgesamtheit

1 2 3

4 5

Stichprobe

Bild 2.3

SystematischesAuswahlverfahren

055 944 619 596 401 319 289 762 297 (937) 651 397 (844) (892) 127 505 729 693

Bild 2.4 Zufallszahlen

401 319 289 762 297 651 397 127 505 729

Bild 2.5 Beispiel zufällig ausgewählter Zahlen

40, 120, 200, 280, 360, 440, 520, 600, 680, 760

Bild 2.6 Beispiel systematisch ausgewählter Zahlen

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100 Probenahmetechnische und analytische Verfahren

Informationssuche

Führen Sie bitte eine Recherche zu folgenden Verfahren durch:

q geschichtetes Probenahmeverfahren,

q mehrstufiges Probenahmeverfahren.

Nutzen Sie die Internetadresse: www.google.de.

2.1.2.2 Ermittlung des Stichprobenumfangs

Die Größe des notwendigen Umfangs einer Stichprobe ist entscheidend für dieAussagekraft des Analysenergebnisses. So richtet sich der Stichprobenumfang prinzi-piell nach der Streuung der Einzelelemente, der geforderten statistischen Sicherheitsowie der zulässigen Unsicherheit. Zur Abschätzung des Umfangs einer Stichprobewird oft eine Berechnung, unter Verwendung von Gl. 2.1 durchgeführt.

(Gl. 2.1)

mit:sx Standardabweichungt Student'scher FaktorU akzeptierte Unsicherheitn notwendiger Stichprobenumfang

Beispiel

Aus einer betrachteten Grundgesamtheit von 800 Kruken mit Zinksalbe ist der Um-fang einer Stichprobe zu ermitteln. Zur Erfassung der Homogenität bzw. Streuung desZinkgehaltes innerhalb der 800 Kruken wurden zunächst 10 Kruken zufällig ausge-wählt und die Standardabweichung des Zinkgehaltes mit einem Wert von s = 10 mgermittelt.

Bei einer geforderten statistischen Sicherheit von P = 95% und dem zur Ermittlungder Standardabweichung gewählten Stichprobenumfang von n = 10 beträgt der Stu-dent’sche Faktor t = 2,26 (Tabelle im Anhang A.1). Geht man weiterhin von einer ak-zeptierten Unsicherheit von U = 5 mg aus, so kann der notwendige Stichprobenumfangnach Gl. 2.2 abgeschätzt werden.

(Gl. 2.2)

Es müssen somit für eine statistischen Sicherheit von P = 95% und einer akzep-tierten Unsicherheit von U = 5 mg mindestens 21 aus 800 Kruken ausgewähltwerden.

Dieses Verfahren liefert grundsätzlich eine gute Abschätzung des notwendigenStichprobenumfangs für eine repräsentative Stichprobe. Für genauere Ermittlungenmüssen weiterhin Korrekturfaktoren mit einbezogen werden.

Vertiefungsübung V2.1

Zur Bestimmung des Stichprobenumfangs ist zunächst die Streuung des Probema-terials anhand der aufgeführten Werte zu ermitteln.

2 2

2

2,26 (10 mg)20,4

(5 mg)n

!" "

2 2x

2

t sn

U

!"

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3 Chromatografische Verfahren

In diesem Kapitel werden nach einer Einführung in das Prinzip der Chroma-tografie die wichtigsten chromatografischen Methoden vorgestellt:

q Dünnschicht-Chromatografie (DC),q Hochleistungsdünnschicht-Chromatografie (HPTLC),q Hochleistungsflüssigkeits-Chromatografie (HPLC),q Gas-Chromatografie (GC).

Im Vordergrund des im Buch erläuterten Prozesses P 3.1 steht die Identi-fizierung eines Analyten mit der DC und Quantifizierungen mit Hilfe der GCund der HPLC.

Das Kapitel 3 wird abgerundet durch Arbeitsweisenoptimierung an denAnlagen und die damit verbundene Fehlervermeidung. Dazu gehört eineBeschreibung der Vorgehensweise einer Fehlersuche anhand von Chroma-togrammen.

Dieses Kapitel enthält wesentliche Teile der Lernfelder 4 und 8 aus demRahmenlehrplan der KMK von 2005 sowie aus den Inhalten von Nummer7.6 und 13 der Verordnung über die Berufsausbildung im Laborbereich ausdem Jahr 2000.

3.1 Grundlagen der Chromatografie

Als Begründer der chromatografischen Trennverfahren gilt der russische BotanikerTSWETT. Er trennte 1903 mit einem säulenchromatografischen Verfahren einen komple-xen Pflanzenfarbstoff in seine farblichen Bestandteile auf. Hierzu zerkleinerte erPflanzenmaterial und verrieb den grünen Pflanzenbrei mit Petrolether. Das entste-hende grüne Gemisch gab er auf eine mit Calciumcarbonat (Kalk) gefüllte Glassäuleund tropfte von oben Petrolether in einem ständigen Fluss durch die Säule. In derSäule trennte sich das grüne Gemisch in einzelne grün- und orangegefärbte Zonen(Chlorophyll und Carotin).

TSWETT gab seiner Methode den Namen «Chromatografie», was soviel wie «mitFarben schreiben» bedeutet. Zunächst beschränkte sich diese Trennmethode auf über-wiegend lipophile (fettfreundliche) Stoffe. Mit der Zeit veränderten sich die Aufgaben-stellungen in der Chemie und Biologie. In der Forschung trat immer mehr das Arbeitenmit Aminosäuren, Eiweißen und Zuckern in den Vordergrund. Diese hydrophilen (was-serfreundlichen) Stoffe konnten mit der bis dahin bekannten Versuchsanordnung nachTSWETT und mit den üblichen Lösemitteln nicht optimal aufgetrennt werden. Daher ent-wickelten 1941...1943 MARTIN, GORDEN und LYNGE ein Verfahren zur Trennung vonAminosäuren. Sie trugen die zu trennenden Proben auf eine Kieselgelsäule auf, dievorher mit Wasser getränkt wurde. Es konnten auf diesem Weg aus einem behandel-ten Eiweißgemisch viele Aminosäuren getrennt werden. Für diese 1952 bahnbrechen-den Arbeiten wurde sogar der Nobelpreis der Chemie an LYNGE und MARTIN vergeben.

Im Laufe der Zeit wurden die Arbeitsmethoden der chromatografischen Verfahrenimmer weiter verfeinert. 1949 wurde dann der erste Gaschromatograf (MARTIN undJAMES) gebaut und erfolgreich eingesetzt. 1956 veröffentliche E. STAHL erste Arbeitenund Versuche von Trennungen, die er mit Hilfe der Dünnschicht-Chromatografie (DC)durchgeführt hatte. Ab 1970 begann der rasante Aufstieg der Hochleistungsflüssig-keits-Chromatografie (HPLC), eine Methode, ohne die heute ein analytisches Labora-torium kaum auskommt.

Chromatografische Verfahren

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132 Chromatografische Verfahren

Die chromatografischen Methoden gehören zu den modernsten Analysen- undNachweisverfahren der allgemeinen analytischen Chemie, in der pharmazeutischenIndustrie und in der Petrochemie. Auch Kliniken und Forschungseinrichtungen arbei-ten mit diesen Trennverfahren. Nachweise in der Lebensmittel- und kosmetischenIndustrie, aber auch bei polizeilichen Ermittlungen bedienen sich chromatografischerTrennverfahren.

Informationssuche

Suchen Sie in Datenbanken, Lexika oder im Internet (z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite) nach dem Begriff «Papierchromatografie» und erfassen Sie die Zu-sammenhänge. Worin liegt der Unterschied zwischen der Papierchromatografie undder Dünnschichtchromatografie?

Prozess P 3.1

Bei der Erdölaufarbeitung wurde ein technisches Xylol (Dimethylbenzol) erzeugt. Eswird ein Isomerengemisch aus ca. 60% m-Xylol, ca. 20% o-Xylol und ca. 20% p-Xylolvermutet. Im technischen Xylol wird auch eine geringe Menge Naphthalin, ca. 1%,erwartet. Nach einer qualitativen Untersuchung, ob überhaupt Naphthalin im techni-schen Xylol enthalten ist, soll für alle 4 Analyten eine gemeinsame Quantifizierungnach verschiedenen Methoden entwickelt und das Ergebnis diskutiert werden.Alle 4 Analyten sind UV-aktiv, in der Wärme durch Verdampfen oder Sublimationflüchtig und in polaren und unpolaren Lösemitteln löslich.

Eine gemeinsame, simultane Quantifizierung aller 4 Analyten ohne vorherigeTrennung, z.B. mit der UV-Spektroskopie, ist nicht möglich. Dafür sind die Wellenlän-gen l der Extinktionsmaxima zu nahe beieinander. Näheres s. dazu in Kapitel 4.

Folglich müssen die 4 Analyten für eine Quantifizierung voneinander getrenntwerden. Prinzipiell könnte das durch eine Rektifikation oder eine Flüssig-Flüssig-Extraktion geschehen. Allerdings ist eine Trennung vor einer Analyse sehr aufwendig,und im Fall der 3 Xylole liegen die Siedepunkte so nahe beieinander, dass dieAbtrennung auf diesem Weg kaum möglich ist. Die Isomerentrennung könnte evtl.mit einer «fraktionierten Kristallisation» erfolgen, weil die Schmelzpunkte nicht sonah beieinander liegen wie die Siedepunkte. Es wird jedoch eine größere Menge derProbe benötigt, um die Kristallisationstrennung durchzuführen. Bei einer chromato-grafischen Trennung wird dagegen nur sehr wenig von der Probe (technisches Xylol)benötigt.

Zunächst soll nur qualitativ überprüft werden, ob sich in dem Xylolgemisch über-haupt Naphthalin befindet. Dazu dient eine qualitative dünnschichtchromatografischeUntersuchung.

Prinzipiell kann die Quantifizierung aller 4 Analyten über eine GC oder über eineHPLC erfolgen. Für eine GC-Analyse spricht, dass alle eine ähnliche Struktur aufweisenund verdampfbar sind. Für die HPLC spricht, dass sie alle in einem Lösemittel löslichund UV-aktiv sind.

Merke

Die GC kann dann angewendet werden, wenn die Analyten ohne Zersetzung ver-dampfbar sind. Bei der Anwendung der HPLC müssen die Analyten im Eluent löslichsein.

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133

Zunächst aber werden in den nächsten Abschnitten Prinzip und Grundlagen derChromatografie erläutert.

Vertiefungsübung V3.1

In einem Wein sollen die Zuckerarten (z.B. Fructose, Glucose) analysiert werden.Welcher chromatografischen Methode (GC, HPLC) würden Sie den Vorzug geben?

3.1.1 Prinzip der Chromatografie

Im Vordergrund einer chromatografischen Analyse steht die Stofftrennung einesGemisches. Es handelt sich bei fast allen chromatografischen Verfahren um eine reinphysikalische Methode. Dies bedeutet, dass die Stoffe eines Gemisches während desChromatografielaufs chemisch nicht verändert werden. Nach der im chromatografi-schen System erfolgten Trennung können die in der Probe vorhandenen Einzelstoffe(Analyten) qualifiziert, quantifiziert oder sogar in kleinen Mengen isoliert werden.

Bei allen chromatografischen Methoden wird jeder Analyt eines Stoffgemischeszwischen einer ruhenden (stationären) und einer beweglichen (mobilen) Phase verteilt. In der DC und der HPLC bestehen die mobilen Phasen aus flüssigen Lösemit-telgemischen, in der GC wird ein sehr reines Gas als mobile Phase («Trägergas») ver-wendet. Die feste oder flüssige stationäre Phase kann in eine Säule gefüllt sein oderdünn auf Glasplatten bzw. Aluminiumfolie aufgebracht sein.

Die mobile und stationäre Phase sind nicht miteinander mischbar, im Chromato-grafielauf bewegt sich die mobile Phase an der stationären Phase vorbei. DieTrennung von Stoffen beruht entweder

q auf der unterschiedlichen Adsorption der Analyten an der stationären Phaseund der unterschiedlichen Löslichkeit in der mobilen Phase (Adsorptions-chromatografie) oder

q auf Verteilungsprozessen, ähnlich wie sie bei der Flüssig-Flüssig-Extraktion (s.dazu auch Band 1: Pflichtqualifikationen) angewendet werden (Verteilungs-chromatografie).

Merke

Bei jeder chromatografischen Analyse muss der Analyt zwischen einer mobilen undeiner stationären Phase wechselwirken.

Im Tswett'schen Versuch ist das Calciumcarbonat, das in die Säule gepackt wurde, diestationäre Phase. Der Petrolether, der durch die Säule tropft, ist die mobile Phase.

In Tabelle 3.1 wird eine erste Einteilung der chromatografischen Methoden an-hand der Art der Phasen vorgenommen.

Die Trennung der Analyten im chromatografischen System kann durch gezielteVeränderungen beeinflusst werden. Es sind vor allem:

q Auswahl der stationären Phase,

q Auswahl der mobilen Phase,

q Temperatur,

q Volumenstrom der mobilen Phase (in ml/min).

Die Optimierung der Bedingungen der Chromatografie zur vollständigen Trennung derAnalyten ist Aufgabe des Methodenentwicklers.

Chromatografische Verfahren

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225

4 Spektroskopische Verfahrenund optische Methoden

In diesem Kapitel werden nach einer Einführung in die Wellennatur des Lichtsdie wichtigsten spektroskopischen Methoden vorgestellt. Dazu zählen:

q Atomabsorptionsspektroskopie (AAS),q Atomemissionsspektroskopie (AES),q UV/Vis-Spektroskopie,q IR-Spektroskopie,q

1H-NMR-Spektroskopie,q Massenspektrometrie.

Im Vordergrund der erläuterten Prozesse stehen die Quantifizierungen mit Hilfe derUV/Vis-Spektroskopie und Spektreninterpretationen mit 1H-NMR-, IR-Spektroskopiebzw. Massenspektrometrie.

Die Beschreibung der wichtigsten optischen Methoden im Labor, die Bestimmungdes Brechungsindexes n und des Drehwinkels a runden das Kapitel ab.

Es enthält wesentliche Teile der Lernfelder 4 und 9 aus dem Rahmenlehrplan derKMK (Kultusministerkonferenz) von 2005 sowie die Inhalte von Nummer 7.3 und 14der Verordnung über die Berufsausbildung im Laborbereich aus dem Jahr 2000.

4.1 Einführung in die Spektroskopie

Neben der Chromatografie ist die Spektroskopie das zweite wichtige Standbein der in-strumentellen Analytik. Allen spektroskopischen Methoden gemeinsam ist die Wech-selwirkung von Licht – oder allgemein, die Wechselwirkung von elektromagnetischerStrahlung – mit der Materie, genauer: mit den sie aufbauenden Teilchen (Atomen, Mo-lekülen bzw. bestimmten Bereichen von Molekülen, Ionen oder Elektronen).

Informationssuche

Suchen Sie in Datenbanken, Lexika oder im Internet (z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite) nach dem Begriff «Materie» und erfassen Sie die Zusammenhänge.

Merke

Spektroskopie ist die Wissenschaft über die Wechselwirkung zwischen Materie undelektromagnetischer Strahlung.

Eine Ausnahme zu der oben getroffenen Aussage ist die Massenspektrometrie (MS),bei der die Moleküle einer Probe nach ihren Massen und ihr Ladung getrennt werden.Wie in Abschnitt 4.3.3 noch näher erläutert wird, unterscheidet sich die MS grundlegendvon den übrigen spektroskopischen Methoden, was letztlich durch den unterschiedlichgewählten Begriff «Spektrometrie» (statt «Spektroskopie») verdeutlicht wird.

Allen spektroskopischen Methoden ist gemeinsam, dass das Resultat einer Mes-sung ein Spektrum ist. Dazu werden Messwerte zur Beurteilung in ein zweidimensio-nales Koordinatensystem übertragen. Hierzu wird die Energie der elektromagnetischenStrahlung, die mit der Probe wechselwirkt, wertemäßig auf der x-Achse (Abszisse)

Spektroskopische Verfahren und optische Methoden

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226 Spektroskopische Verfahren und optische Methoden

eingezeichnet. Auf der y-Achse (Ordinate) trägt man, abhängig von der jeweiligenEnergie, die Werte der Strahlungsintensität ein (Bild 4.1). Allerdings unterscheidet sichaus historischen Gründen bei den einzelnen spektroskopischen Methoden dieEinheiten der Energie und der Strahlungsintensität. In den einzelnen Abschnitten wirdauf die Einteilungen der Achsen noch näher eingegangen.

4.1.1 Elektromagnetisches Spektrum

Elektromagnetische Strahlung ist eine sich sinusartig durch den Raum ausbreitendeEnergieform. Im Vakuum beträgt diese Ausbreitungsgeschwindigkeit konstant ca. c =300 000 km/s (Lichtgeschwindigkeit).

Im Spektrum wird zwischen Radio- und Mikrowellen, Infrarot- oder Wärmestrah-lung (IR), sichtbarem Licht (Vis), ultraviolettem Licht (UV) sowie Röntgen- und Gamma-strahlung(g) unterschieden. Eine erste Übersicht liefern Bild 4.2 und Tabelle 4.1.

Energie

Inte

nsit

ät

Bild 4.1

Allgemeine Darstellungsform einesSpektrums

1021

1019

1017

1015

1013

1011

109

107

Frequenz in Hz

Wellenlänge λ in m

Wellenzahl in m-1

10–13

10–11

10–9

10–7

10–5

10–3

10–1

101

1013

1011

109

107

105

103

101

10–1

γ - Strahlen

Röntgenstrahlen

Ultraviolett

Sichtbar

Infrarot

Mikrowellen

Radiowellen

Bild 4.2 Das elektromagnetische Spektrum

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227Spektroskopische Verfahren und optische Methoden

Mit den verschiedenen Arten elektromagnetischer Strahlung sind unterschiedlichespektroskopische Analysenmethoden verbunden. Tabelle 4.1 stellt einen Zusammen-hang zwischen Strahlungsart und spektralem Bereich her.

Vertiefungsübung V4.1

Eine Strahlung im IR-Bereich hat eine Wellenlänge von l = 10 000 nm. Welcher Wel-lenlänge in m entspricht dies?

Weiterhin können spektroskopische Methoden dahingehend unterteilt werden, obelektromagnetische Strahlung von den Probenmolekülen absorbiert (geschluckt) oderemittiert (ausgesendet) wird. Wird sie absorbiert, bezeichnet man das als Absorp-tionsspektroskopie, wird sie emittiert, als Emissionsspektroskopie (s. Bild 4.3).

4.1.2 Wellenlänge , Wellenzahl, Frequenz und Energie

Charakteristisch für eine bestimmte elektromagnetische Strahlung ist deren Perioden-dauer T, ihre Frequenz n, ihre Wellenlänge l und ihre Wellenzahl n~. Bild 4.4 verdeut-licht den Zusammenhang zwischen Wellenlänge und Periodendauer T einer beliebi-gen elektromagnetischen Strahlung.

Die Wellenlänge l beschreibt den Abstand zwischen 2 Punkten, der eine komplet-te Schwingung darstellt, d.h. ein Wellenberg und ein Wellental, der sich sinusförmigausbreitenden Welle im Raum. Folglich ist die Einheit der Wellenlänge Meter[m],

Tabelle 4.1 Übersicht der wichtigsten spektroskopischen Methoden und ihre Spektralbereiche

Bezeichnung der Strahlung spektraler Bereich

g-Strahlung 50!140 pm

Röntgenstrahlung 0,01!10 nm

Ultraviolett (UV) 180!400 nm

Sichtbar (Vis) 400!780 nm

nahes Infrarot (NIR) 780!2500 nm

Infrarot (IR) 25 000!2500 nm

Mikrowellenstrahlung 1!4 mm

Radiowellen 0,5!10 m

(pm = Pikometer (10–12 m), nm = Nanometer (10–9 m), mm = Millimeter (10–3 m)

Teilabsorption Emission

elektro-

magnetische

Strahlung

elektro-

magnetische

Strahlung

Wärme-

EnergieBild 4.3 Absorption und Emission

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321

5 Mikrobiologische Arbeiten

Die hier beschriebenen Prozesse behandeln das Arbeiten mit Mikroorganis-men. Zunächst werden Besonderheiten der Bakterienzelle, deren Vorkom-men und Bedeutung sowie Methoden zum Anreichern, Kultivieren undIdentifizieren vorgestellt. Dargestellt werden ebenso Bedingungen zumWachstum und zur Vermehrung von Bakterien. Methoden zur Keimzahlbe-stimmung werden erläutert und an Beispielaufgaben berechnet. Im Ab-schnitt Biotechnik wird die Funktionsweise eines Fermenters erläutert. Fürdie Praxis ist es wichtig, dass man Geräte und Sicherheitsrichtlinien in mik-robiologischen Laboratorien kennt. Dieses Kapitel enthält wesentliche Tei-le der Lernfelder 14 und 18 aus dem Rahmenlehrplan der KMK (Kultusmi-nisterkonferenz) von 2005 sowie den Inhalt von Nummer 17 der Verord-nung über die Berufsausbildung im Laborbereich aus dem Jahr 2000.

5.1 Grundlagen

Was ist Leben? Das ist seit Jahrhunderten eine der meistgestellten Fragen, nicht nurder heutigen Naturwissenschaftler. Schon Aristoteles beschäftigte sich mit dieser Fra-ge. Heute bekommt man durch neue Arbeitstechniken und -methoden der Bioche-mie, Chemie, Biologie, aber auch der Mathematik immer differenziertere Antworten.

Leben kann man an seinen Funktionen erkennen: am Stoffwechsel, am Wachs-tum, an der Bewegung, an der Vermehrung und an der Reizbarkeit. Treffen alle 5Eigenschaften zu, spricht man von Leben.

Bis ins vergangene Jahrhundert teilte man die Lebewesen in die beiden Reicheder Pflanzen und Tiere ein. Grundlage hierfür waren neben dem biologischen Auf-bau die unterschiedlichen Ernährungstypen. Pflanzen ernähren sich autotroph, d.h.,sie nutzen das Sonnenlicht als Energiequelle und bauen körpereigene Substanz ausniedermolekularen Stoffen (Kohlenstoffdioxid) selbst auf (Fotosynthese). Tierische Or-ganismen brauchen für ihren Stoffwechsel organische Substanzen. Sie ernähren sichheterotroph.

Merke

Unter autotropher Ernährung versteht man den Aufbau zelleigener Substanz ausKohlenstoffdioxid (CO2) als einziger Kohlenstoffquelle. Die Energie für diesen Prozessbekommt der Organismus z.B. aus der Umwandlung von Lichtenergie in chemischeEnergie (Fotosynthese). Autotrophe Lebewesen sind z.B. die grünen Pflanzen. Bei einer heterotrophen Ernährung werden hochmolekulare, organische Stoffe abge-baut. Die Energie hierfür wird aus Oxidationsvorgängen gewonnen. Beispiel: Tier

Diese Einteilung hatte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Gültigkeit. Mit der Weiter-entwicklung der Biologie und derer Untersuchungsmethoden konnte man diesescharfe Trennung in tierische und pflanzliche Lebewesen nicht mehr aufrechterhalten.

So stellte sich z.B. die Frage, zu welchen Organismen gehören die Einzeller? DieZweiteilung musste überdacht werden. Wegen der geringen Größe und wenigenDifferenzierungen zählt man Bakterien, Pilze und Hefen, Protozoen und Mikroalgen zuden Protisten. Also zu einzelligen Lebewesen (s. auch Bild 5.1). Heute unterteilt mandiese weiter in 2 Gruppen, höhere und niedere Protisten. Zu den höheren Protisten

Mikrobiologische Arbeiten

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322 Mikrobiologische Arbeiten

zählt man Eukaryonten, Lebewesen, deren Zellen einen echten, mit einer Membranumgebenen Zellkern haben: dies sind Algen, Pilze und Protozoen. Bakterien undBlaualgen haben ein Kernäquivalent (Zellkern ohne Membran umgeben), sind alsoden Prokaryonten zuzuordnen und somit niedere Protisten. Eine kurze Übersicht derGliederung von Lebewesen zeigt Bild 5.1.

Der Begriff «Mikrobiologie» steht heute für die Lehre der Kleinstlebewesen, derMikroorganismen. Hierzu zählt man Bakterien, Pilze (Schimmelpilze, Hefen), Protozo-en und Mikroalgen. Obwohl Viren manche Kennzeichen des Lebens fehlen (sie brau-chen zur Vermehrung andere Zellen) und man sie nicht zu selbständigen Lebewesenzählt, rechnet man die Virologie als Teilgebiet zur Mikrobiologie.

Beschreibung der Prozesse P 5.1...P 5.4

Jeder Bereich der belebten Welt ist mit Mikroorganismen besiedelt und von derenVerhalten in irgendeiner Art und Weise beeinflusst. Mikroorganismen sind oft erstaun-liche, kleine Nützlinge, können aber auch gefährlich sein!!

Packt man 1 000 000 000 Bakterien dicht zusammen, nehmen sie ein Volumenvon nur V = 1 mm3 ein. Bakterien sind fast überall vorhanden – auch in Umgebungen,in denen keine anderen Organismen leben können. Sie sind sehr anpassungsfähigund vergesellschaftsfähig, so dass sie mit anderen Lebewesen Lebensgemeinschaftenbilden, z.T. zum gegenseitigen Nutzen (Symbiose), aber auch mit schädlichen bzw.tödlichen Folgen für den Partner (Parasitismus). Durch die geringe Größe derBakterien, aber ihren verhältnismäßig großen Oberflächen, können sie Stoffe sehrschnell ab- oder umbauen. Dadurch wachsen und vermehren sie sich u.U. sehr schnellund können so innerhalb kurzer Zeit große Lebensräume besiedeln.

In den nachfolgenden Prozessen werden mikrobiologische Arbeitsmethoden vor-gestellt:

q In Prozess P 5.1 werden Wachstumsbedingungen erläutert, wichtige Voraus-setzungen für weitere Arbeiten.

q Bakterien sind sehr klein, mit dem Auge nicht zu erkennen. Der Nachweis(Vorhandensein) und eine Identifizierung (Differenzieren) erfolgt durch mikro-skopische oder kulturelle Untersuchungen, die in Prozess P 5.2 beschriebensind. Um korrekte Ergebnisse zu bekommen, ist es Voraussetzung, dass manmit Reinkulturen der Mikroorganismen arbeiten kann. Verfahren zum Isolierenvon Bakterien werden in Abschnitt 5.7.2 vorgestellt.

höhere

Protisten

Bakterien

niedere

Protisten

Protisten

(Einzeller)

haben Eigenschaften von

Pflanzen u. Tieren

Pflanzen Tiere

Lebewesen

Bild 5.1 Gliederung der Lebewesen

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323

q Methoden zur Keimzahlbestimmung sind in Prozess P 5.3 verdeutlicht.

q Will man Bakterien zur Produktion von Stoffen einsetzen, muss man derenLebensbedingungen sowie deren Wachstum und Vermehrung kennen, s. Ab-schnitt 5.8. Das Arbeiten mit einem Fermenter beschreibt Prozess P 5.4.

Informationen zu den wichtigsten Einrichtungen in einem mikrobiologischen Laborfindet man in Abschnitt 5.11.

Bakterien und Materialien, die mit Mikroorganismen in Berührung gekommensind, müssen ordnungsgemäß entsorgt werden. Möglichkeiten zur Desinfektion undSterilisation von Abfällen und Gegenständen beschreibt Abschnitt 5.12.

5.2 Zelle, die kleinste biologische Einheit

Bereits im 18. Jahrhundert entdeckten die Forscher SCHWANN und PURKINJE die Zelleals kleinste Struktur von Organismen. Im 19. Jahrhundert erkannte VIRCHOW, dass sichZellen vermehren. Heute weiß man, dass die Zelle die kleinste, biologische Einheit ist.

Man unterscheidet nach dem Aufbau zwei grundsätzlich verschiedene Zelltypen:die einfacher aufgebaute prokaryontische und die hoch entwickelte eukaryontischeZelle. Die einfacher aufgebaute Organisationsform findet man bei den Prokaryonten,zu denen man Bakterien zählt. Deren Zellen sind u.a. kleiner, ohne echten Zellkernund einfacher aufgebaut als die Zellen der Eukaryonten (s. Tabelle 5.1).

5.2.1 Zellen

Die meisten Zellen sind mit dem bloßen Auge nicht sichtbar. Bei Tieren liegt diemittlere Zellmasse bei m = 2 ng (0,000000002 g), die durchschnittliche Zellgröße beil = 10 100 !m. Die größte Zelle des Menschen ist die Eizelle. Sie ist mit l = 150 !mmit dem Auge gerade noch sichtbar. Die kleinsten eukaryontischen Zellen sind z.B. dieLymphozyten. Sie haben einen Durchmesser von ca. d = 5 !m. Schwer vorstellbar istdie Anzahl der Zellen im menschlichen Körper eines Erwachsenen. Dies sind 6 · 1013 Zellen.

Prokaryontische Zellen sind meist 100-fach kleiner als eukaryontische. Deren Zell-größe liegt zwischen l = 1 10 !m.

5.2.2 Aufbau der Bakterienzelle

I.Allg. besitzt eine Bakterienzelle folgende Einheiten:

q Zellwand – äußere Abgrenzung,

q Zellmembran – trennt das Innere der Zelle ab und bildet eine Permeabilitätsgrenze,

q Cytoplasma – Zellinneres,

q Ribosomen – synthetisieren die zelleigenen Proteine,

q Kernäquivalent (Nucleoid oder auch DNA-Strang) – Träger der Erbsubstanz.

Mikrobiologische Arbeiten

Zelltypen Lebewesen Beispiel

prokaryontische Zelle Prokaryonten Bakterien

eukaryontische Zelle Eukaryonten Mensch, Tier, Pflanze

Tabelle 5.1 Übersicht Zelltypen: Lebewesen

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379

6 Biochemische Arbeiten

Aus vielen Bereichen der Forschung, Entwicklung, Produktion und Quali-tätskontrolle ist heute die Biochemie nicht mehr wegzudenken. Als Bei-spiele seien hier genannt:

q Grundlagenforschung zur Entwicklung neuer Pharmaka und Pflanzen-schutzmittel,

q Produktion von Impfstoffen, Hormonen und Antibiotika,

q Qualitätskontrolle von Lebensmitteln.

In der Biochemie überschneiden sich die klassischen Berufsfelder der Che-mielaboranten mit denen der Biologielaboranten. Erstere bringen das Wis-sen um chemischen Eigenschaften der Moleküle mit, die anderen beson-ders das Wissen um die Funktion der Moleküle in einem Organismus.Sehr häufig dreht es sich bei den biochemischen Arbeiten um Eiweiße(Proteine). Aber auch andere Moleküle spielen in der Biochemie eine gro-ße Rolle: In der Gentechnik steht die Erbsubstanz (DNA) an erster Stelle.Außerdem sind die Zucker- und die Lipidanalytik von großem Interesse.Keiner der genannten Bereiche existiert für sich alleine. Insbesondere dieProteinbiochemie und die Gentechnik sind sehr stark miteinander vernetzt.Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Analytik der Proteine. Dazu werden im1. Teil die Proteine zunächst vorgestellt. Darauf folgen dann Anwendungen,die zur Analyse und Identifizierung von Proteinen eingesetzt werden. In diesem Kapitel werden wesentliche Teile des Lernfeldes 17 aus demRahmenlehrplan der KMK (Kultusministerkonferenz) des Jahres 2005 sowieaus den Inhalten von Nummer (3) 7 der Verordnung über die Berufsausbil-dung im Laborbereich vom Jahr 2000 behandelt.

6.1 Biologische Grundlagen

6.1.1 Die Zelle

6.1.1.1 Physische Zusammensetzung der Zelle

Die kleinste funktionelle Einheit eines Lebewesens ist die Zelle. Im Idealfall enthältsie alles, was sie zum Leben benötigt. Die Zelle und ihre Eigenschaften wurden in Ka-pitel 5 genauer beschrieben. Eine Zelle ist kein leerer oder gleichmäßig gefüllterRaum. Vielmehr enthält sie verschiedene Strukturen und Moleküle mit unterschiedli-chen Aufgaben. In einem bildhaften Vergleich seien hier die Abläufe in einer Zelledenen einer Fabrik gegenübergestellt (s. Tabelle 6.1).

6.1.1.2 Funktionsweise einer Zelle

Jede Zelle betreibt einen Stoffwechsel. Er dient dazu, die Energie bereitzustellen, diedie Zelle zum Leben braucht. Menschliche Zellen verarbeiten zu diesem Zweck orga-nische Substanzen, wie Zucker oder Eiweiße. Zusammen mit Sauerstoff werden dieSubstanzen umgewandelt und es entstehen CO2 und Wasser (im Falle von Eiweißenentsteht auch Harnstoff). Die Umsetzung verläuft in vielen Einzelschritten, die durchEnzyme katalysiert werden.

Biochemische Arbeiten

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380 Biochemische Arbeiten

Enzyme sind Eiweiße. Sie werden oft nach Bedarf gebildet. Der Bauplan für Enzymeliegt auf der Erbsubstanz, der DNA. Wenn Enzyme – und andere Eiweiße – neu gebil-det werden sollen, so wird der Bauplan von der DNA abgelesen und als mRNA (Engl.:messenger RNA oder Boten-RNA) zu den Ribosomen übertragen. Die Ribosomen bau-en dann das Eiweißmolekül anhand der Information auf der mRNA nach.

Informationssuche

Informieren Sie sich in Schul- und Lehrbüchern der Biologie oder im Internet, z.B. unterhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite, über die Funktionsweise von Zellen (s. auchAbschnitt 5.2).

6.1.1.3 Chemische Zusammensetzung der Zelle

Organismen i.Allg., ob nun Mensch oder Bakterium, bestehen zu ca. 70% aus Wasser.Die verbleibenden 30% setzen sich aus unzähligen verschiedenen Molekülen zusam-men, die allerdings in nur wenige Stoffklassen fallen. Die Anteile dieser Stoffklassenam Trockengewicht einer Zelle (Bild 6.1) unterscheiden sich vergleichsweise gering-fügig bei einem Bakterium, einer Hefe oder dem Menschen. Die Proteine (Eiweiße)stellen dabei die größte, gleichzeitig auch die diverseste Gruppe. Die folgenden Ab-schnitte beschäftigen sich mit der Analytik von Proteinen.

6.1.2 Was sind Proteine?

Die chemische Grundstruktur der Proteine ist einfach: Es sind Copolymere aus ver-schiedenen a-Aminosäuren, die über Peptidbindungen miteinander verknüpft sind.Sie bilden eine unverzweigte Kette. Ab ca. 100 Monomer-Einheiten spricht man meistvon Proteinen, darunter eher von Polypeptiden (s. Tabelle 6.2).

Molekül/Struktur Aufgabe in derZelle

Einrichtung ineiner Fabrik

Bemerkung

Erbsubstanz(DNA)

enthält die Bauplänefür die Zelle

Management

Zellkern Ort, in dem die DNAgelagert ist

Vorstandsgebäude Bakterien besitzen keinenZellkern. Die DNA liegthier frei im Cytoplasma.

Ribosomen für die Herstellung derProteine zuständig

Werkzeugmaschinen

Mitochondrien hier laufen die meistenenergielieferndenReaktionen der Zelle ab

Kraftwerke Bakterien haben dafürkeine gesondertenZellorganellen.

Enzyme Stoffumsetzungen Produktion

Zellmembran schließt die Zelle nachaußen ab, verhindertein unbeabsichtigtesEindringen vielerSubstanzen

Werkszaun Besteht aus einerLipid-Doppelschicht.

Pore Transport über dieZellmembran

Werkstor

Tabelle 6.1 Arbeitsteilung in der Zelle

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381

Insgesamt verwendet die belebte Natur 20 verschiedene Aminosäuren mit unter-schiedlichen Seitenketten. Sie sind in den Bildern 6.3 6.6 dargestellt. Deshalb kön-nen Eigenschaften der Proteine sehr unterschiedlich sein. Schließlich wächst die Kom-binationsmöglichkeit mit jeder angehängten Aminosäure um das 20-fache.

Die genaue Abfolge der Aminosäuren bestimmt die Eigenschaften und damit dieFunktion der Proteine. Die Aufgaben der Proteine sind sehr vielfältig:

q Sie kontrollieren als Enzyme den Stoffwechsel des Körpers.

q Sie arbeiten als molekulare Maschinen bei der Muskelkontraktion.

q Und auch als Baumaterialien taugen sie, u.a. beim Bindegewebe, in Haarenund Fingernägeln.

q Viele Hormone und Antibiotika sind Proteine.

q Sie transportieren Stoffe, sei es im Blut oder über eine Membran.

q Und vieles mehr.

Definitionen

Polymere von Aminosäuren nennt man generell Peptide. Diese Peptide werden jenach Kettenlänge unterschiedlich bezeichnet (Tabelle 6.2).

Biochemische Arbeiten

anorganische Ionen

12 Spezies

3%

Bausteine und

Intermediate

500 Spezies

7%Lipide

40 Spezies

7%

Kohlenhydrate

50 Spezies

20%

RNA

1000 Spezies

10%DNA

1 Spezies

3%

Proteine

3000 Spezies

50%

Bild 6.1 Zusammensetzung einer Bakterienzelle (Trockengewicht)

Tabelle 6.2Nomenklatur der Peptide

Zahl der Aminosäuren Bezeichnung

2 Dipeptid

3 Tripeptid

4 Tetrapeptid

5 Pentapeptid

unter 10 Oligopeptid

zwischen 10 100 Polypeptid

ab 100 Protein

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421

7 Qualitätsmanagement

Das Kapitel «Qualitätsmanagement» befasst sich mit folgenden Inhalten:

q Einführung zum Thema Qualitätq Statistik der Qualitätssicherungq Validierung analytischer Methodenq Werkzeuge der Qualitätssicherung

q Unsicherheiten von Analysenergebnissen

Die Lerninhalte werden anhand von Beispielen sowie Aufgaben geübt undvertieft. Im Rahmen von Projekten werden Lösungen für verschiedenepraxisorientierte Aufgabenstellungen erarbeitet und diskutiert.Dieses Kapitel enthält wesentliche Teile der Lernfelder 6a, 7, 8, 11 und 12aus dem Rahmenlehrplan der KMK (Kultusministerkonferenz) von 2005sowie den Inhalten von Nummer 3.5, 7.1, 7.7 und 26 der Verordnung überdie Berufsausbildung im Laborbereich von 2000.

7.1 Einführung zum Thema Qualität

7.1.1 Qualitätsbegriff

Die Bedeutung von Qualität für Produkte und Dienstleistungen nimmt einen immergrößer werdenden Stellenwert ein. So wurde früher der Qualitätsbegriff zunächstfolgendermaßen definiert:

Informationssuche

Führen Sie eine Internetrecherche zur alten Definition des Begriffes «Qualität» durch(nach DIN ISO 8402). Nutzen Sie die folgende Internetadresse: www.quality.de/lexikon/qualitaet.htm

Nach dieser Definition bezog sich die Qualität lediglich auf das fertige Produkt. Der ge-samte Weg des Produktes von der Herstellung bis zum Verkauf fand wenig Beach-tung, solange das Produkt die geforderten Spezifikationen aufwies. Bei ausschließlichproduktbezogener Sichtweise hinsichtlich der Qualität spricht man vom sog. direktenQualitätsbegriff. Diese Betrachtungsweise ist heutzutage natürlich nicht mehr haltbar.Aufgrund von Effizienz- und Kostenbetrachtungen muss der Qualitätsgedanke darüberhinaus auf die folgenden Bereiche erweitert werden.

q interne / externe Kunden- und Lieferantenbeziehungen,

q Arbeitsumfeld,

q Prozesse,

q Dienstleistungen,

q Produkte.

Es wird vom erweiterten Begriff der Qualität und der ganzheitlichen Qualitätsvorstel-lung gesprochen. Die Impulse zu dieser ganzheitlichen Vorstellung kamen aus Japanund den USA. In diesen Ländern wurde die Qualität in ein umfassendes Qualitätsma-nagement eingebunden. In diesem Qualitätsmanagement stellten insbesondere dieKundenorientierung und Kundenzufriedenheit einen wichtigen Qualitätsmaßstab dar.Die ganzheitliche Qualitätsvorstellung wird z.B. folgendermaßen definiert:

Qualitätsmanagement

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422 Qualitätsmanagement

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Führen Sie eine Internetrecherche zur modernen Definition des Begriffes «Qualität»durch (nach DIN EN ISO 9000 : 2005). Nutzen Sie die folgende Internetadresse:http://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4t

Der Begriff «Qualität» hat sich somit verändert. Qualität wird aus Kundensicht definiert,bestätigt oder ausgeschlossen.

Am Kunden orientiert zu sein, heißt, aus Kundensicht zu denken und zu handeln.Was für den Erfolg des Unternehmens zählt, ist die Verwirklichung der Kundenwünsche.

Vertiefungsübung V7.1

Suchen Sie den Kontakt zu einem Unternehmen Ihrer Wahl. Dabei kann es sich auchum ein Einzelhandelsgeschäft handeln. Erkundigen Sie sich, was für das UnternehmenQualität bedeutet. Sammeln Sie wichtige Aussagen und prüfen Sie, inwieweit dort dieganzheitliche Qualitätsvorstellung Einzug gehalten hat.

7.1.2 Qualitätsmanagement

Informationssuche

Führen Sie eine Internetrecherche zur Definition des Begriffes «Qualitätsmanage-ment» durch (nach DIN EN ISO 9000). Nutzen Sie die folgende Internetadresse:http://www.wikiqm.de/doku.php/qm/qualitaetsmanagement_quality_manage-ment

Diese Definition enthält eine seitens des Unternehmens festzulegende Qualitätspoli-tik und Darstellung der zugrunde liegenden Qualitätsziele.

Vertiefungsübung V7.2

Wählen Sie eine Ihnen bekannte Fa. oder Organisation und stellen Sie deren Qualitäts-ziele dar.

Die Verantwortung für das Qualitätsmanagementsystem und die konsequente Umset-zung der Qualitätsziele ist die zentrale Aufgabe der Unternehmensleitung. Dabei sindUmweltaspekte, gesetzliche Vorgaben sowie die wirtschaftlichen Zwänge mit ein-zubeziehen. Die Umsetzung von Qualitätszielen erfolgt gewöhnlich nach folgenderStruktur:

1. Qualitätsplanung,

2. Qualitätssicherung,

3. Qualitätslenkung,

4. Qualitätsverbesserung.

Die Qualitätsplanung legt fest, welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung durch-zuführen sind. Dabei ist darzulegen, welche Qualitätsgrößen zu erfassen sind und

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423Qualitätsmanagement

welche Spezifikationen eingehalten werden müssen. Die Qualitätsplanung gibt Ant-worten auf folgende Fragestellungen:

q Wer ist wofür zuständig?

q Welche Systeme sind zu verwenden?

q Wie sind qualitätssichernde Maßnahmen durchzuführen?

q Welche Vorgaben sind einzuhalten?

q Was ist zu tun, wenn Vorgaben nicht eingehalten werden?

q Was ist wie zu dokumentieren?

Nach Abschluss der Qualitätsplanung ist es die Aufgabe der Qualitätssicherung, ge-plante qualitätssichernde Maßnahmen zu strukturieren, umzusetzen sowie deren Durch-führung sicherzustellen. Die Qualitätssicherung arbeitet nach einem Prüfplan, führt die-sen aus und vergleicht die Ergebnisse mit vorgegebenen Spezifikationen. In Abhän-gigkeit der Prüfergebnisse erfolgen entsprechende Maßnahmen durch die Qualitäts-lenkung. Diese leitet unter anderem Maßnahmen ein, um auf festgestellte Abwei-chungen zu reagieren.

Die Qualitätsverbesserung ist in einem übergeordneten Zusammenhang zu sehenund dient zur Optimierung der Prozesse im Unternehmen.

7.1.3 Qualitätsmanagementsystem

Qualitätsmanagementsysteme (QM-Systeme) haben die Aufgabe, die Qualität von ma-teriellen und immateriellen Produkten unter Berücksichtigung technologischer undökonomischer Bedingungen sicherzustellen.

Ein allgemeingültiges QM-System gibt es jedoch nicht, da in unterschiedlichenWirtschaftsbereichen sowohl sehr unterschiedliche Kundenerwartungen als auch Qua-litätsmaßstäbe anzutreffen sind. Zum Aufbau eines QM-Systems können bestehendeRegelwerke und Normen genutzt werden. Eine dieser Normen ist z.B. die ISO 9000:2000 ff. Sie enthalten die Anforderungen an QM-Systeme und dienen somit als Leitfaden und zur Orientierung. Die Normreihe ISO 9000: 2000 ff. ist in die folgen-den Kernnormen unterteilt (Tabelle 7.1) und enthält stichpunktartig folgendeGrundsätze:

q Kundenorientierung,

q Führung,

q Einbeziehung der Personen,

q prozess- und systemorientierter Ansatz,

q ständiger Verbesserungsprozess,

q Entscheidungsfindung durch sachbezogenen Ansatz,

q Lieferantenbeziehung.

Wie in den dargestellten Forderungen zu erkennen ist, wird vor allem der Dokumen-tation ein hoher Stellenwert beigemessen. So wird generell zwischen 3 Arten vonQM-Dokumenten unterschieden:

q QM-Handbuch,

q Verfahrensanweisungen,

q Arbeitsanweisungen.

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