9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius...

18
ALT 3/2013 Juni/Juli/August 2013 Deutschland @ 9,90 Österreich @10,90 Schweiz sfr 19,80 Luxemburg @11,40 180 SEITEN ! DAS MAGAZIN FÜR KLASSISCHE SPIELE ALLES üBER INFOCOM Anatol Locker über die Adventure- Schmiede, ihre Glanzzeit und die Gründe ihres Untergangs DIE KULT- KLASSIKER Mick Schnelle, Heinrich Lenhardt, Jörg Langer und Anatol Locker über ihre Spiele-Lieblinge von einst PLANESCAPE TORMENT So entstand das vermutlich abgedrehteste Computer- Rollenspiel aller Zeiten AMIGA 500 Die besten Spiele, die beste Peripherie zu Commodores „Spiele-Freundin“ MEGA DRIVE Diese Games für Segas 16-Bit- Maschine sind Pflicht für Retro-Fans POWER- UPS Retro Gamer und bekannte Spieledesigner küren die denkwürdigsten Extrawaffen der Videospiel-Historie PC ENGINE NECs Wunderkonsole: Technisch überlegen, aber leider erfolglos 30 DIE BESTEN MA DE IN GERMANY Di e 1990er Jahre ( Teil 2): Der übergang vom Home- computer zu MS-DOS und Windows – erklärt von Winnie Forster BATTLE ISLE BATTLE ISLE Hexfeld-Hit: Der deutsche Klassiker für Rundentaktik-Spiele

Transcript of 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius...

Page 1: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

ALT 3/2013 Juni/Juli/August 2013

Deutschland @9,90Österreich @ 10,90Schweiz sfr19,80Luxemburg @ 11,40

180 Seiten !DASMAGAZINFÜRKLASSISCHESPIELE

alles über infocomAnatol Locker über die Adventure-Schmiede, ihre Glanzzeit und die Gründe ihres Untergangs

die kult-klassikerMick Schnelle, Heinrich Lenhardt,Jörg Langer und Anatol Lockerüber ihre Spiele-Lieblinge von einst

PlanescaPe tormentSo entstand das vermutlich abgedrehteste Computer- Rollenspiel aller Zeiten

amiGa 500Die besten Spiele, die beste Peripherie zu Commodores „Spiele-Freundin“

meGa driVeDiese Games für Segas 16-Bit- Maschine sind Pflicht für Retro-Fans

Power-uPs

Retro Gamer und bekannte Spieledesigner küren die denkwürdigsten Extrawaffen der Videospiel-Historie

Pc enGineNECs Wunderkonsole: Technisch überlegen, aber leider erfolglos

30die bestenmade in Germany

die 1990er Jahre (teil 2): der übergang vom Home-computer zu ms-dos und windows – erklärt von winnie forster

battle islebattle isle

Hexfeld-Hit: der deutsche klassiker für rundentaktik-spiele

3/20

13

180

Sei

ten

SPI

ELE-

KLAS

SIKE

RFÜ

RH

oME-

CoM

PutE

R,K

oNSo

LEN

&P

Cs

Page 2: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

GRATISPOSTERZu deiner Vorbestellung bei GRATISPOSTER

In über 200 Stores in Deutschland oder unter www.gamestop.de/destiny*Nur solange Vorrat reicht. Keine Mitnahmegarantie.

JETZT VORBESTELLEN!

Page 3: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

Noch schöner, noch lauter, noch gewalthaltiger: Wenn ihr nach diesen Kriterien die Güte von Computer- und Videospielen bewertet, dann legt

dieses Heft doch bitte ins Regal zurück für je-manden, der die inneren Werte eines Spiels zu schätzen weiß: Natürlich sind viele alte Games im Rückblick geradezu herzerweichend schlicht gestaltet. Umso mehr betonten die guten davon den Spielwitz. Und wie ich selbst beim Neuspie-len von Rogue für diese Ausgabe festgestellt habe: Je weniger detailliert die Grafik auf dem Bildschirm, desto detaillierter das Bild vor mei-nem inneren Auge.

Aktualität ist bei einem Nostalgie-magazin wie dem unseren vielleicht nicht die allerwichtigste Eigenschaft. Aber nachdem wir in den ersten beiden Ausgaben jeweils ein britisches „Jahresheft“ als Vorlage genommen hatten, können wir für dieses Magazin erstmals auf drei aktuelle Monatsausgaben zurückgreifen. Aus über 300 Seiten haben wir die spannends-ten 140 ausgewählt, liebevoll lokalisiert und um viele neu geschriebene Inhalte ergänzt. Ich finde, man merkt diese Häufung spannender Themen dem vorliegenden 180-Seiten-Heft an.

Danke für das enorme Feedback auf unsere Umfrage im letzten Heft! Viele Hun-dert Fragebögen sind zurückgekommen, als Text-E-Mail, PDF-Scan oder JPEG-Foto, in Fax- oder Briefform. Demnach sind un-sere Leser überwiegend männlich, gut verdienend, nicht mehr die Allerjüngs-ten (sag nur!) und finden unser Heft richtig gut (Notendurchschnitt 1,6). Das heißt aber auch, dass wir noch besser werden können. So haben wir bereits in diesem Heft die Gewichtung einiger Rubriken verschoben (z. B. weniger Interviews) und lassen einen Versuchs-ballon namens „Retro-Feed“ starten: eine Doppelseite mit Leserbriefen, Retro-Terminen und so weiter. Viele Teilneh-mer bemängelten, dass in der Umfrage der Atari 800 fehlte, der ja sicherlich wichtiger als viele andere der aufgeführten Plattfor-men sei. Das ist völlig korrekt: Ich bitte die Atari-Fraktion um Verzeihung!

Meistgerügt aber waren die Autoren-Porträts – was man als indirektes Lob oder „Jammern auf hohem Niveau“ werten könnte. Zumal wir die Zeichnungen gar nicht schlecht fanden, sonst hätten wir sie ja nicht ins Heft ge-nommen. Nachdem mir aber ein Leser geraten hat, doch für den nächsten Retro Gamer einfach mal den Briten Oliver Frey zu fragen, habe ich genau das getan. Von Frey stammen die Port-räts im Zapp!-Stil für die englische Retro Gamer, und zufälligerweise ist er auch in diesem Heft erwähnt, mit einer Karte, die er damals für die Anleitung des Klassikers Shadowfire zeichnete. Oliver Frey stimmte zu, und so könnt ihr nun seine Porträts bewundern.

Viel Spaß beim Lesen!

Jörg LangerProjektleitung Retro Gamer

arcade | atari | commodore | mSX | Neo Geo | NiNteNdo | SchNeider | SeGa | SiNclair | SoNY

Jörg Langer

Mick Schnelle

Anatol Locker

Winnie Forster

Heinrich Lenhardt

Page 4: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

4 | RETRO GAMER 3/2013

RETRO-REVIVAL006 Nemesis (Heinrich Lenhardt)

026 Magic Carpet (Mick Schnelle)

050 Frankie Goes to Hollywood (Anatol Locker)

092 Eye of the Beholder 2 (Darran Jones)

132 Rogue (Jörg Langer)

MAkIng Of008 Battle Isle 1 bis 4 Heinrich Lenhardt über die Hexfeld-Hits

020 Planescape Torment Wie das storylastige Edel-RPG entstand

052 Carrier Command Mix aus 3D-Simulation und Strategie

058 Rampart Burgen und Kanonen ... plus Tetris

070 Warcraft Blizzards schwieriges RTS-Debüt

118 Star Castle Der Vektor-Bildschirm-Klassiker

134 Lode Runner Mega-Erfolg von einem Nicht-Spieler

fIRMEn-ARchIVE028 Infocom Anatol Locker spürt dem legendären Text-Adventure-Studio nach

156 Imagitec Design Die wichtigste unbekannte Videospiel-Firma

InhALT03/2013Juni, Juli, August

SchwERpunkTE 014 Made in Germany, Teil 2 Winnie Forster über die 90er Jahre044 Die besten Videospiel-Bosse Retro Gamer kürt die größten Endgegner064 Der mysteriöse Crash Was geschah 1977/1978 in der Branche?082 30 denkwürdige Power-ups Welche Extrawaffen die besten waren110 Konversions-Könige Gelungene Arcade-Umsetzungen und ihre Macher

kLASSISchE SpIELE042 Die Unkonvertierten Arcadespiele, die in der Spielhalle blieben080 F-15 Strike Eagle II Mick Schnelle mag Sid Meiers Flugsim142 Commodore-16-Spiele Unser „Minderheiten-Report“ zum C16177 Back to the Future II Retro-Schande: Grottige Filmumsetzung

hISTORIE 074 Civilization-Serie Erfolgsgründe für Sid Meiers Epos104 Shadowfire Die Taktik-Adventure-Serie samt Teil 3148 Micro Machines Die Sogwirkung der Mini-Rennwagen164 Der König des Chaos Julian Gollops Taktikwerke & Chaos Reborn

RETRO-hARdwARE032 Amiga 500 Sammler-Check: Spiele, Peripherie, Kronjuwel094 PC Engine Evolution des Grafikwunders von NEC/Hudson102 Bally Astrocade Winnie Forster gräbt eine obskure Konsole aus122 Sega Mega Drive Hard- und Software für Retro-Sammler

Auf dEM SOfA172 Steven Kelly Die Psion-Jahre des Bitmap Brothers mit Match Point und Co.

RuBRIkEn003 Editorial162 Retro-Feed Leserbriefe,

Verlosung und Termine

178 Vorschau & Impressum

Das Magazin für Liebhaber von klassischen Spielen

Page 5: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

RETRO-HARDWAREALTE KONSOLEN-SCHÄTZE FRISCH POLIERT

006

014

008 020

026 044

070 080 092

104 110

134 164

032 094 102 122

058

Page 6: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

» Publisher: Konami

» erschienen: 1987 (arcade-Version: 1985)

» hardware: c64 (originalVersion: arcade)

HISTORIe

» retro-revival

extra-tour

NemeSIS (GRadIuS)

Von Heinrich Lenhardt

Wie ich lernte, die Extrawaffe zu lieben: Konamis Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen C64. Da konnten die Sprites noch so herzhaft flackern, das taktische Element der Schiffsausrüstung machte den Shmup-Opa spannend.

Es war nicht die erste, nicht die letzte und auch nicht die beste Heimversion von Konamis Spielautomaten-Hit. Aber das MSX-Modul war schwer zu kriegen, die NES-Umsetzung ließ noch auf sich warten, und deshalb war der Commodore 64 die Plattform, die mich mit den Freuden der Extrawaffen-Wahl von Gradius (alias Nemesis) vertraut machte. Es war ein cooles Innovations-Feature scrollender Ballerspiele Mitte der Achtziger: Bestimmte Gegner hinterlassen bei ihrem Ableben eine Kapsel, die wir durch Berührung mit dem eigenen Schiff einsammeln. Am unteren Bildrand zeigt ein Balken an, welches Upgrade wir für unser Viper-Raumschiff derzeit per geschwindem Tastendruck erwerben können.

Dem dauerscrollenden Shoot-em-up-Genre war somit eine delikate taktische Würze beschert: Wie lange spare ich auf ein besseres Upgrade, in welcher Reihenfolge aktiviere ich die Extras? Bei Nemesis wurden die ersten paar Kapseln auf jeden Fall in Tempoverbesserungen des in der Grundversion phlegmatisch trägen Raumschiffs gesteckt. Aber dann? Spa-ren auf Laser oder mit-ballerndes Beiboot? Aber überlebe ich die nächsten 30 Sekunden ohne schräg nach unten feuernde Missiles?

Das Nemesis-Leben ist voller schwerwiegender Entscheidungen … und währt meist nicht sonderlich lang: Erschütternd oft steuere ich in ein Hindernis oder ein feindli-ches Geschoss, weil ich unbedingt eine Power-up-Kapsel in schwieriger Bildschirm-Randlage noch erhaschen will. Jeder Tod der allzu wenigen Leben wird durch den Verlust aller bis dahin ergatterten Upgrades hart bestraft: Da hat man es endlich mal in den nächsten Level geschafft und muss nach einem kleinen Fehler mit einer unaufgerüsteten Grundversion-Gurke weiter machen! Aber ein wenig Masochismus gehört ja zum Gesamtspielerlebnis klassischer Arcade-Shooter dazu – also lernte man tapfer Level-Layouts sowie die Formationen Kapseln hinterlassender Gegner auswendig.

Heute noch ist es ein Hochgefühl, mich mit einer bis an die Zähne hochgerüsteten Viper durch den Level zu fräsen: Beiboote, Laser, Raketen, zur Sicherheit ein Schutzschild – so lässt es sich leben. Jeder Feuerknopfdruck spuckt eine Flut an Geschossen in den seitlich scrollenden Kosmos. Die Serie wurde über die Jahre immer wieder fortgesetzt; ein Höhe-punkt war sicher Parodius, eine ebenso brillante wie amüsante Selbstparodie des gesamten Genres. Für den Extrawaffen-Appetit zwischendurch gibt es heutzutage Schätze wie das NES-Gradius im 3DS-Online-Shop oder die fünf Serienteile enthaltende Gradius Collection für PSP und Vita.

6 | retro GaMer 3/2013

Page 7: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

RETRO GAMER 3/2013 | 7

Page 8: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

Making Of

Blaues Wunder made in Mülheim: 1991 machte eine

deutsche Produktion das Rundenstrategie-Genre

salonfähig. Battle Isle präsentierte komplexe Eroberungsplanungen

als komfortabel-geselliges Vergnügen und verhalf Blue Byte

zum Durchbruch als Publisher. Heinrich Lenhardt hat mit den

Machern über die Entstehung des Taktik-Klassikers gesprochen.

BATTLE ISLE

BATTLE ISLE

fakten

» PubLisHer: Blue Byte

» entwickLer: Blue Byte

» JaHr: 1991

» Genre: Runden-StRategieSpiel

» PreisProGnose: aB 20 euRo

einheitensymbole über hexa­gonale Felder zu schieben war in den 80er Jahren ein Fall für ausgesprochene

Geduldsmenschen. Die grafisch minimalistischen und thematisch militärisch geprägten Schlachten­simulationen von Pionieren wie SSI erschlossen sich nur einem kleinen Spielerkreis in Deutschland. Sperri­ge Bedienung, langatmiger Ablauf und teure Importpreise erschwerten es, die Freuden der Rundenstrategie zu entdecken. Dabei hat das Genre jahrtausendealte Wurzeln: Einheiten klug auf dem Spielfeld positionie­ren, um die Truppen des Gegners zu schlagen, das tat man schon beim Brettspiel Schach, mit dem sich Battle Isle in seiner Anleitung vergleicht.

1991 erlebten Amiga-, ST- und PC-Spieler einen strategischen Durch-bruch: Battle Isle brachte eine ganze Generation auf den Truppenmanöver-Geschmack – mehrere Jahre, bevor Titel wie X-COM (UFO), Warcraft oder Command & Conquer Strategiespiele als Massenmarkt-Genre etablierten. Auf dem Planeten Chromos dirigierten wir in der Rolle eines von der fernen Erde eingeflogenen Meisterstrategen umfang-reiche Verbände im Kampf gegen die Einheiten des Computergegners Titan-Net. Am meisten Spaß machten Duelle mit menschlichen Spielern, was auch ohne Netzwerke und Online-Spielmög-lichkeiten flott und spaßig von der Hand ging. Eine innovative Teilung sowohl des Bildschirms als auch der Spielrunden verlieh dem Hexfeld-Taktikbrocken Battle Isle gewisse Party-Spiel-Qualitäten.

Die Entstehung des Entwick-lerteams von Blue Byte Software geht wie so vieles in der deutschen Entwicklerszene der 8- und 16-Bit-Epochen auf die Firma Rainbow Arts zurück. Thomas Hertzler hatte 1986 bei dem Düsseldorfer Spieleentwickler angefangen. Dort kümmerte er sich um Projekte wie die ST- und Amiga-Versionen von Great Giana Sisters und stieg bis zum Entwicklungsleiter auf. 1987 lernte er den Programmierer Lothar Schmitt kennen, als dieser ein Tron-3D-Spiel zur Evaluierung einreichte. Das wurde zwar nie veröffentlicht, aber die Begegnung legte den Grundstein für Blue Byte: 1988 setzten Hertzler und Schmitt ihren Plan in die Tat um, sich mit einer eigenen Firma selbstständig zu machen.

Reif für die Strategie-Insel Die Anfänge von Blue Byte – zunächst unter dem Namen »Hertzler & Schmitt GbR« – waren bescheiden. Thomas Hertzler programmierte im Dach-geschoss des Elternhauses, Lothar Schmitt arbeitete in seiner Düsseldorfer

8 | RETRO GAMER 3/2013

Page 9: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

MAKING Of: BAttle Isle

Wohnung. Als passionierter Sportler hatte Schmitt die Idee, eine Tennis­simulation als erstes Spiel der jungen Firma zu entwickeln. Great Courts fand mit Ubisoft einen Publisher und mau­serte sich zum soliden Hit, der mehrere Nachfolger auslöste.

Unterm Dach der Familie Hertzler wurde dagegen die Grund­lage für ein ganz anderes Spiel gelegt. Thomas war von einem japanischen Importtitel fasziniert, der bei ihm die Idee für Battle Isle auslöste: „Dank Peter Bee und dessen Compy­Shop in Mülheim bin ich an Nectaris für die PC­Engine gekommen. Das brachte Strategie schlicht und einfach auf den Punkt, das konnte jeder verstehen.“ Die exotische Import­Konsole hatten nur wenige Leute in Deutschland, leicht zugängliche Strategiespiele fehlten auf gängigen Heimcomputern – beste Voraussetzungen, mit Battle Isle diese Lücke zu füllen.

Erste Echtzeit-VersucheIn der Anfangsphase der Entwicklung gab es zum Vorbild Nectaris einen gravierenden Unterschied: Battle Isle war zunächst als Echtzeitstrategiespiel geplant. Beeinflusst von Herzog Zwei, einem japanischen Genre­Vorreiter fürs Sega Mega Drive, ließ Hertzler die Ein­heiten ohne Rundenphasen über den Bildschirm marschieren. Das Konzept klang toll – aber dann kam das böse Erwachen: „Beim ersten Anspielen stellte sich heraus, dass es so keinen Spaß machte. Es passte einfach nicht zusammen, Einheiten in Echtzeit über die beiden Bildschirme mit Hexfeldern zu ziehen“, erinnert sich Programmie­

rer Bernhard Ewers. „Dann bin ich auf die Idee gekommen und habe Bewegungen und Angriffe aufgeteilt, um ein Rundenstrategiespiel daraus zu machen, also einen Schritt zurück in Richtung Nectaris. So ist es das Battle Isle geworden, dass heute alle kennen. Mir persönlich hat der rundenbasierte Spielablauf deutlich besser gefallen, gerade zu zweit hat man so mehr strategische Tiefe.“

Ewers war Blue Bytes erster Angestellter. Die Firmengründer Tho­mas Hertzler und Lothar Schmitt waren mit Aufgaben wie der Programmierung von eigenen Entwicklungs­Tools gut beschäftigt. Darum blieb nicht genug Zeit, um Battle Isle fertigzustellen, das immer noch als GFA­Basic­Prototyp vor sich hin schmorte. Bernhard Ewers war in der Amiga­Szene bereits als Programmierer von Tools wie dem EPROM­Brenner Quickbyte 5 in Erscheinung getreten. Vor allem aber kannte er sich mit der Programmier­sprache C aus, die leichtere Portie­rungen zwischen den drei Systemen Amiga, Atari ST und PC versprach. Ein gemeinsamer Bekannter brachte Ewers und die Blue­Byte­Gründer zusammen: Armin Gessert, der bei Rainbow Arts die C64­Version von Great Giana Sisters entwickelt hatte.

Bernhard Ewers stellte sich bei Blue Byte mit seinem Adventure Gene­rator vor, einem „Mini-Ultima in C“, wie er es beschreibt. „Zu dem Zeit­punkt wollte ich eigentlich Informatik studieren, aber da habe ich gesagt: Ich geh jetzt zu Blue Byte nach Mülheim und mach da Games“, erinnert sich Ewers lachend an die damals aben­

teuerlich anmutende Entscheidung: „Meine Mutter dachte, ich überfalle in Mülheim Tankstellen oder so was. Videospiele programmieren und dafür Geld zu kriegen, das klang so unglaub­lich unwahrscheinlich.“ Dieser Berufs­stand war damals in Deutschland so exotisch, dass Hertzler anfangs seine Firma gegenüber dem Bürovermieter als „Werbeagentur“ bezeichnete, um seriöser zu wirken.

Die Runde wird geteiltEin Überbleibsel des ursprünglichen Echtzeit­Ansatzes von Battle Isle war der Splitscreen, wodurch zwei Spieler voneinander unabhängig gleichzeitig agieren können. Damit dieses Prinzip auch bei Runden funktioniert, wurden diese in Zug­ und Kampf­Phasen aufge­teilt: Während ein Spieler Truppenbe­wegungen plante, gab der andere seine Angriffskommandos – was jedoch we­niger lang dauerte als die Bewegungen. Dieser Ansatz war nicht unumstritten und wurde ab Battle Isle 2 zugunsten einer Zusammenfassung von Bewe­gungs­ und Angriffsplanung aufgege­ben. Doch bei seiner Veröffentlichung 1991 sorgte Battle Isle nicht zuletzt dank dieser Zwei­Spieler­freundlichen Innovation für Aufsehen und machte aus dem staubtrockenen Nischengenre Strategie ein geselliges Vergnügen mit straffem Ablauf: „Beide Spieler hatten etwas zu tun, man musste nicht aufeinander warten. Spieler 1 konnte Bewegungen planen, die allerdings noch nicht ausgeführt wurden. Der zweite Spieler durfte Einheiten in seiner Reichweite angreifen. Am Rundenende wurden diese Eingaben ausgewertet

Ohne dieses japanische Strategiespiel wäre die Blue-Byte-Geschichte anders verlaufen: Nectaris entzündete den Inspi-rationsfunken für Battle Isle.

Nur gut, dass Thomas Hertzler 1989 öfters beim Compy-Shop in Mülheim an der Ruhr vorbeischaute. Sonst wäre ihm womöglich der Hexfeld-Rundentaktik-Exot aus Japan entgangen, der ihn auf den Battle Isle-Trip brachte: „Für die damalige Zeit und Hard-ware war Nectaris schon ein einmaliges Spiel“, schwärmt der Blue-Byte-Mitgründer. 2009 veröffentlichte Hudson Entertain-ment mit Nectaris: Military Madness eine dezent modernisierte Neuauflage, die als Download-Titel für PS3, Xbox 360 und Wii erhältlich ist. Zu den Neuerungen gehört ein Multiplayer-Modus für bis zu vier Spieler. 2010 erschien unter dem Namen Neo Nec-taris auch eine iPhone-Variante. Battle Isle selbst ist dank der Platinum Edi-tion von GOG.com heute noch auf modernen PCs spielbar. Das Download-Paket Battle Isle Platinum bietet für 10 Dollar die drei Strategie-Teile plus Historyline 1914-1918, Incubation und diverse Missionsdisketten.

Insel-InspIrator nectarIs

» Mit Icon-Steuerung per Joystick und getrennten Spielfeld-Ansichten für beide Kontrahenten betrat das erste Battle Isle 1991 strategisches Neuland.

» Battle Isle 2 bot mehr grafische Abwechslung als der Erstling und schaffte den Splitscreen ab. Einheiten und Karten waren wiederum sehr gut balanciert.

» Die zweite Battle Isle-Zusatzdiskette mit neuen Schlachtfeldern entführte irdische Strategen auf den Mond von Chromos.

» Geschichte schreiben wollte Blue Byte mit der Historyline-Rei-he, die auf der Battle Isle-Engine basierte. Als einzige Episode erschien eine Strategiespiel-Version des 1. Weltkriegs.

RetRO GAMeR 3/2013 | 9

Page 10: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

ChronologieDie Seriengeschichte ist reich an Experimenten und Innovationen: Vom Weltkriegsgeschehen in Historyline bis zur Squad-Taktik mit Incubation.

Making OfBATTLE ISLEBATTLE ISLE

und man konnte sehen, was passiert“, fasst Thomas Hertzler den Ablauf zusammen.

Da Battle Isle speziell für zeitge-nössische 16-Bit-Computer entwickelt wurde, konnte man im Vergleich zum Vorbild Nectaris auf stärkere Hardware zurückgreifen. Dank größerer RAM-Reserven verwaltete Battle Isle mehr Variablen im Speicher, wodurch die Einheiten mit mehr Eigenschaften mög-lich wurden. Die Karten fielen detail-reicher aus und waren mit strategisch wichtigen Gebäuden wie Fabriken und Lagerhäusern bestückt. Zum Kompi-lieren des C-Programmcodes wurden

„Höllenmaschinen“ wie ein 386-PC mit 33 MHz verwendet, Kostenpunkt da-mals rund 9.000 Mark. „Da stand quasi ein halbes Auto im Raum“, schmunzelt Bernhard Ewers. „Damit bekamen wir die Kompilierungszeit von 20 auf elf Minuten runter, ein Wahnsinn!“

Für eine Handvoll KI-KByteNach heutigen Maßstäben wirkt der zur Verfügung stehende Arbeitsspeicher bescheiden: Ewers, der heute noch stolz auf die Qualität der künstlichen Intelligenz ist, musste mit 11 KByte für die KI auskommen: „Dafür spielt die ziemlich gut. Einer der Gründe, warum die Spieler Battle Isle so sehr gemocht haben, war doch, dass sie dort einen echten Gegner hatten. Bei der ausgefeilten KI konntest du nicht einfach pennen, sondern musstest schon aufpassen – sonst hat dich der Computergegner plattgemacht.“ Dreieinhalb Monate arbeitete Ewers ausschließlich an der künstlichen Intel-ligenz: „Die meisten Konkurrenzspiele damals hatten nur eine Formel, die sich im wesentlichen auf ,If in range, then attack‘ beschränkte“, ergänzt er trocken.

Viel Mühe gaben sich die Entwickler auch bei der Kartenauswahl: Nur etwa jede dritte Map, die für Battle Isle designt wurde, schaffte es auch ins fertige Programm. „Wir haben uns

beim Testen zu Tode gespielt und nur die besten Karten übernommen“, erin-nert sich Ewers. Map-Designer Janos Toth war bei den Team-internen Duellen der nahezu unschlagbare Meister. Zu den technischen Finessen gehörte auch ein von Programmierer Thomas Häuser geschriebenes Diskettensystem, um Speicher und Ladezeit zu sparen.

Weitere Mitglieder des Ent-wicklungsteams waren Thorsten Knop (Grafik), Ralf-Jürgen Kraft (Programmie-rung) und Haiko Ruttman (Sound). Bei der Musik hatte Chris Hülsbeck seine Finger mit im Spiel. Bernhard Ewers hält Hingabe und Kompetenz der da-maligen Blue-Byte-Mannschaft für den wichtigsten Erfolgsgrund: „Ohne jetzt arrogant wirken zu wollen: Wir waren damals ein Team von wirklich absoluten Top-Leuten, die an dem Spiel mit so viel Herzblut gearbeitet hatten – das merkt man Battle Isle richtig an. Es hat-te für damalige Verhältnisse eine lange Entwicklungszeit. Und es hat einfach Spaß gemacht, daran zu arbeiten.“

Kampfinsel ohne PublisherBlue Byte war bisher nur ein Entwick-lungsstudio gewesen und wurde erst wegen Battle Isle auch zum Publisher. Denn niemand wollte das merkwürdig anmutende Strategiespiel veröffent-lichen, selbst Great Courts-Partner Ubisoft lehnte dankend ab: „Das ist nun mal so, dass ein Publisher nur die Titel haben will, die gerade in seinen Katalog passen. Aber wir als Entwickler hatten gewisse Überzeugungen, was unsere Produkte angeht“, erinnert sich Thomas Hertzler. „Mittlerweile waren Kontakte zu Vertriebsfirmen aufge-baut, zum Beispiel Jürgen Goeldner bei Rushware oder Ronald Schäfer bei Leisuresoft. Die haben uns Mut gemacht und gesagt: Wenn ihr das Produkt rausbringt, dann machen wir für euch die Distribution.“

Die Risikobereitschaft zahlte sich aus, Battle Isle war ein kom-merzieller Hit – wenn auch nicht so erfolgreich wie die Great Courts-Serie, was Hertzler nicht überrascht: „Great Courts war von der Thematik her mehr für den Massenmarkt geeignet, jeder

Battle Isle (Amiga, Atari ST, MS-DOS – 1991)Mit Joystick-freundlicher Icon-Bedienung und Zwei-Spieler-Simultanmodus sorgte Blue Byte für frischen Wind im Rundenstrategie-Genre. Die Aufmachung wirkte einladend, ausgefeilte Karten, Einheiten und herausfordernde künstliche Intelligenz sorgten für langes Spielvergnügen. Zwei Daten-Disketten versorgten die Fans mit zusätzlichen Levels.

Historyline 1914–1918 (Amiga, MS-DOS – 1992)Bei diesem Serienableger wird erneut das Prinzip der Runden-aufteilung aufgegriffen. Die Hexagon-Felder der umfangreiche-ren Karten sind hier auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs angesiedelt. Besonders viel Lob erntet die Präsentation der geschichtlichen Ereignisse und Zusammenhänge, doch weitere Historyline-Titel sind nie erschienen.

Battle Isle 2 (MS-DOS – 1994)Erst nach drei Jahren erschien endlich der offizielle Nachfolger, deutlich komplexer und mit einigen spielerischen Änderungen. der Splitscreen und die Trennung von Bewegungs- und Angriffs-phasen wurden aufgegeben. Geduldige Feldherren tobten sich auf riesigen Karten mit wechselnden Wetterverhältnissen aus und Schlachten wurden erstmals als 3D-Szenen gezeigt.

Battle Isle 3 (Windows – 1995)Ursprünglich als erweiterte Windows-Version von Battle Isle 2 geplant, wurde der „Schatten des Imperators“ zum eigenstän-digen Titel befördert. Entsprechend dünn sind spielerische Neuerungen gesät, dafür gab’s eine Extraportion Multimedia: In digitalisierten Videos versuchten mittelmäßig begabte Schau-spieler, den Verlauf der konfusen Handlung zu vermitteln.

Incubation (Battle Isle Phase vier) (Windows – 1997)Die Verwandtschaft zum Rest der Serie beschränkte sich aufs gemeinsame Story-Universum. Spielerisch wandelte Incubation mit seiner Rundentaktik eher auf X-COM-Pfaden. Statt riesiger Armeen steuerte man einen kleinen Trupp Soldaten, die durch Talentpunkte-Vergabe gestärkt werden. Incubation erntete gute Kritiken, aber schwache Verkaufszahlen.

Battle Isle: Der Andosia-Konflikt (Windows – 2000)Das Spätwerk kombinierte traditionell rundenbasierte Kämpfe mit einer in Echtzeit ablaufenden Wirtschaftssimulation, dazu gab es zeitgemäße 3D-Grafik. Die Schlachtplanung war gewohnt komplex, aber die Spielerresonanz auf den Andosia-Konflikt verhalten. Ab 2001 hatte Ubisoft die Battle Isle-Rechte, gab aber keine weiteren Nachfolger in Auftrag.

enTWiCKler-highlighTSGreat Courts 2 system: AmIgA, ATArI ST, mS-DOS JaHr: 1991

Battle Isle system: AmIgA, ATArI ST, mS-DOS JaHr: 1991

DIe sIeDler (aBGeBIlDet) system: AmIgA, mS-DOS JaHr: 1993

» Die weiteren Aussichten für das rundum verbesserte Battle Isle 2 : Wechselnde Wetterverhältnisse, bildschirm-füllende Karten und noch komplexere Schlachten.

» Schnittige PC-Technik anno 1994: Bei Battle Isle 2 wurden die Kampfszenen erstmals als im Spiel gerenderte 3D-Sequenzen gezeigt.

10 | RETRO GAMER 3/2013

Page 11: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

hatte schon mal ein Tennismatch im Fernsehen gesehen. Aber ein runden-basiertes Strategiespiel mit futuristi-schen Einheiten ist einfach schwerer zu verkaufen. Battle Isle hat sich aber auf jeden Fall finanziell gelohnt, wir haben ja auch noch zwei Datendisketten nachgeliefert.“

Historische TragweiteBevor sich Blue Byte Battle Isle 2 zuwandte, wurde 1993 Historyline 1914–1918 veröffentlicht. Auch wenn der Name auf eine eigenständige Spielserie hindeutet, handelt es sich bei diesem Titel um den direkten Battle Isle-Nachfolger, bei dem das Prinzip der Unterteilung in Bewegungs- und An-griffsphasen auf zwei Bildschirm hälften beibehalten wurde.

Erster Weltkrieg statt Science Fiction – Anfang der 90er Jahre ein heißes Eisen, vor allem für einen deutschen Entwickler. „Damals war die Sensibilität noch viel größer. Heute wür-de ich keine Bange mehr haben, auch ein Spiel über den Zweiten Weltkrieg zu machen. Komischerweise hat man das in Deutschland den Amerikanern nicht übel genommen, siehe Panzer General von SSI. Das war eben ein Doppelstan-dard: Als deutsches Entwicklungshaus durfte man das nicht“, analysiert Thomas Hertzler die Weltkriegs-Berüh-rungsängste dieser Zeit.

Das Szenario von History­line 1914–1918 hatte einen weiteren Nachteil: Der Erste Weltkrieg wurde vor allem durch Infanterieschlachten entschieden, das Karten- und Einheiten-design geriet dadurch weniger vielfältig.

„Historyline war spielerisch nicht so gut wie ein Battle Isle, weil wir auch den Stellungskrieg darstellen wollten“, gibt Bernhard Ewers zu. „Wir hatten ver-sucht, das mit ein paar Panzern zu kom-pensieren, aber im Ersten Weltkrieg bestand der Großteil der Armeen aus Infanterie und Artillerie. Deshalb konn-ten wir nicht Einheitentypen wie zum Beispiel Transportflugzeuge einbauen.“ In anderer Hinsicht sieht er das Spiel als großen Schritt nach vorn: Die Präsenta-tion war so gut, dass einige Lehrer das Intro im Geschichtsunterricht einsetzten, wie sich Ewers erinnert.

Durchwachsene Verkaufszahlen besiegelten das vorzeitige Ende der

„nur 60 Prozent des Spiels, das ich eigentlich machen wollte“, lacht Bern-hard Ewers. Für den Programmierer ist dieser Teil der persönliche Höhepunkt der Seriengeschichte: „Für mich war es ein Riesentitel, weil ich da für alles verantwortlich war. Das Team wurde viel größer, erstmals haben wir 3D-Sequenzen gemacht. Battle Isle 2 halte ich heute noch für ein sehr komplexes Strategiespiel. Auf einer Karte mit allen Einheiten kannst du da echt Stunden für einen Zug verwenden.“

Battle Isle 3 hielt sich ein Jahr später mit spielerischen Innovationen zurück, lag dafür voll im Multimedia-Trend: Immer mehr PCs waren mit CD-ROM-Laufwerken ausgestattet, wodurch Computerspiele ihre Geschich-te durch digitalisierte Videoclips erzäh-len konnten. Populäre Beispiele dieser Epoche waren Wing Commander 3 und das erste Command & Conquer von Westwood. Doch die Filmszenen von Battle Isle 3 sind (wie so viele Mitte der 90er Jahre entstandene Spiele-Video-produktionen) wenig vorteilhaft gealtert. Aus heutiger Sicht beschmunzelt man den Laien-Charme der in schlichten Computergrafik-Umgebungen agieren-den Schauspieler. Thomas Hertzler über die Fortsetzungen der Battle Isle-Serie:

„Die Nachfolger waren natürlich sukzes-sive besser und umfangreicher. Später liefen sie auch auf Windows und dann

MAKING Of: BAttle Isle

» Windows und CD-ROM wurden von Battle Isle 3 weidlich ausgenutzt, spie-lerisch gab es aber keine dramatischen Unterschiede zum 2. Teil der Serie.

» Der große Stratege von der Erde als braver Schwiegersohn-Typ: Das Intro von Battle Isle 2 hatte noch handgezeichneten Charme. Der Multimedia-Gaul ging dann bei Battle Isle 3 durch: Die digitalisierten Story-Videos bleiben als bizarres Kuriosum in Erinnerung.

Historyline-Reihe, obwohl es bei Blue Byte Ideen für weitere Ausgaben gab.

„Wir hätten besser mit dem Zweiten Weltkrieg beginnen und vielleicht dann erst den Ersten Weltkrieg behandeln sollen. Es war auch einmal in der Überlegung, ein Historyline-Spiel zum Koreakrieg oder einem fiktiven Szenario zu machen“, erinnert sich Thomas Hertzler.

Komplexitäts-OffensiveZurück auf fiktive Schlachtfelder der Zu-kunft ging es bei Battle Isle 2. Die 1994 veröffentlichte Fortsetzung kombinierte Planungs- und Angriffsphasen, womit auch die charakteristische Bildschirm-teilung verschwand. Der Ausgang von Kämpfen wurde nun in kurzen 3D-Se- quenzen gezeigt. Wetter, Versorgung und Aufklärung mussten bei der Kriegs- führung berücksichtigt werden. Bei aller Komplexität enthielt Battle Isle 2

noch mit furchtbaren Videos verball-hornt, was man Mitte der 90er Jahre einfach machen musste. Auch wenn es Zutaten waren, die zum Spiel nichts beigetragen haben.“

Taktischer Kult-FlopUmso innovativer war ein 1997 veröffentlichter Serienableger, der sich im Untertitel zwar Battle Isle Phase 4 nannte, spielerisch aber in eine andere Richtung hing: Incubation. Statt ganze Armeen über Landkarten zu komman-dieren, befehligte man einen kleinen Zukunfts-Soldatentrupp mit unterschied-lichen Charakteren. Mittels Aktions-punkten ging es in einer 3D-Umgebung gegen gefährliche, sehr grob Aliens-inspirierte Monstren. Das Geschehen erinnerte eher an X-COM und Jagged Alliance als an die Serienvorgänger, auch wenn spätere Levels weniger Taktik- als vielmehr Denkspiel-Charakter hatten, weil man sie fast wie ein Logik-puzzle lösen musste.

Incubation wurde ein kom-merzieller Flop, wird aber von seiner Fanbasis bis zum heutigen Tag kultig verehrt. Geschaffen wurde es quasi im Alleingang von Blue-Byte-Mitarbeiter Andreas Nitsche, dem Hertzler grünes Licht gegeben hatte, um seine Taktikspiel-Idee zu verwirklichen. „Ich sagte: Dann mach das, du hast hier komplette Freiheit. Mir hat Incubation auch sehr gut gefallen, nur war es eben etwas ganz anderes, als es der Battle Isle-Spieler erwartet hätte.“ Die Verantwortung für die nicht optimale Vermarktung des Spiels nimmt Hertzler, der Blue Byte nach dem Ausstieg von Mitgründer Lothar Schmitt inzwischen alleine führte, auf seine Kappe: „Das war damals noch in der Lernphase. Ich habe keinen Marketing-Abschluss und man tat in der Hinsicht eben das, was man für richtig hielt.“

Die Glanzzeit der Serie war oh-nehin zu Ende. Es gab 2000 zwar noch die mit Echtzeit-Elementen angereicher-te Fortsetzung Der Andosia­Konflikt, bei der das ganze Spielgeschehen in 3D-Grafik dargestellt wurde. Dabei handelte es sich um eine Auftragsarbeit des slowakischen Programmierteams Cauldron. Blue Byte hatte inzwischen mit der Siedler-Serie ein weiteres hei-ßes Eisen im Feuer. Dennoch verkaufte Thomas Hertzler 2001 seine Firma an Ubisoft und zog sich ein Jahrzehnt lang aus der Spielebranche zurück.

Blauer Börsen-Crash Ausschlaggebend für das Ende als unabhängige Firma war der gescheiterte Börsengang von Blue Byte: „In den späten 90ern war das total verrückt, da wollte jeder an die Börse – und so ziemlich jeder konnte auch“, erinnert sich Hertzler. Die Moorhuhn-Macher

» Wir waren da-mals ein Team von absoluten Topleuten .« Bernhard ewers

RetRO GAMeR 3/2013 | 11

Page 12: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

■ Bedauerst du es, dass die Battle Isle-Reihe so lange nicht fortgesetzt wurde? Wenn ich Blue Byte weiter geführt hätte, wäre Battle Isle nie aufgegeben worden. Aber es war Ubisofts Entscheidung, nach meinem Verkauf zu sagen: „Mit Battle Isle machen wir nichts mehr.“ Wir hatten früher damit viel experimentiert und das ist auch teilweise in die Hose gegangen. Wenn man eine solche Marke weiter entwickelt, dann änderst du entweder nicht genug oder du änderst zu viel.

■ Wie würde ein neues Battle Isle heutzu-tage aussehen, wäre der Spielablauf immer noch rundenbasiert?Ich denke schon – rundenbasiert müsste sein, sonst wäre es kein Battle Isle mehr. Da gäbe es viele Methoden, es interessant zu machen und der heutigen Zeit anzupassen.

■ Was hat das erste Battle Isle besser gemacht als dessen Inspirationsquelle Nectaris?Nectaris lief auf der Spielkonsole PC-Engine, die extreme Beschrän-kungen beim RAM hatte. Mit 8 KByte konnte man nur sehr wenig Variablen im Speicher halten. Die Nectaris-Entwickler mussten gewisse Kompromisse eingehen, während wir uns auf Amiga und Atari ST nicht so vie-le Gedanken machen mussten – ein paar KByte mehr für Datenstrukturen waren da kein Thema. Dadurch konnten wir den Einheiten mehr Eigenschaften verleihen und die Karten großzügiger gestalten.

■ Die Aufteilung der Runden bei Battle Isle 1 und Historyline war umstritten. War sie zu unrealistisch?Das war eher eine Sache der Kommunika-tion. Bei einer Simulation der Bundeswehr weiß der General oder Gruppenleiter ja auch nicht genau, was seine Einheiten in jedem Moment gerade machen. Wenn der sagt „2. Panzerdivision, ihr fahrt jetzt mal da rüber“, dann kommt vielleicht nur die Hälfte an, weil die Division zwischen-durch von Tieffliegern angegriffen wurde. Wenn man das entsprechend verpackt hätte, wäre das Spielprinzip vielleicht noch deutlicher rübergekommen. Aber du hast recht, viele Spieler mochten dieses Prinzip nicht, und in Battle Isle 2 haben wir es deshalb anders gemacht.

■ 2012 hast du die neue Spielefirma Strato-tainment gegründet, nachdem du eine lange Branchen-Auszeit genommen hattest?Richtig, nach dem Verkauf von Blue Byte an Ubisoft war’s erst einmal genug für mich. Die zwei Jahre davor mit dem Aufwand für den geplanten Börsengang waren sehr stressreich und die ganze Sa-che verlief sehr enttäuschend. Die Ideen sind mir nie ausgegangen; es gibt noch ein paar Dinge, die ich irgendwann gerne machen möchte. Aber 2001 hatte ich von der Spielebranche erst einmal genug.

Thomas Hertzler gründete Blue Byte 1988 zusammen mit Lothar Schmitt und ist der Erfinder der Battle Isle-Serie.

von Phenomedia hatten diesen Schritt 1999 vollzogen. In jahrelanger Arbeit bereitete nun Hertzler zusammen mit einer Frankfurter Bank die Blue Byte AG vor. Dazu mussten die Bilanzbücher der Firmen umgeschrieben und potenzielle Anleger beeindruckt werden – zum Beispiel mit einem teuren Stand auf der E3-Messe in den USA, der alleine eine halbe Million Mark kostete.

Doch dann implodierte der Dot-Com-Boom und die Bank blies den Börsengang ab. „Die ganze Umstellung war sehr, sehr kostspielig gewesen und nun fragten wir uns: Was machen wir jetzt? Kämpfen wir uns weiter durch?“, resümiert Hertzler. „Wir hatten einige innovative Ideen, was den Online-Bereich anging, aber das war teilweise noch zu früh. Der Einzelhandel war [in den USA] sehr teuer und dominierend, man konnte noch nicht so einfach auf Online setzen wie heute mit Steam.“ Blue Byte plante die Veröffentlichung des Weltraum-Onlinespiels Battle Isle: DarkSpace, aber 2001 nahm Hertzler schließlich ein Kaufangebot seines alten Geschäftspartners Ubisoft an.

Erneute MobilmachungUbisoft hat seit dem Blue-Byte-Erwerb zwar die Siedler-Serie weitergeführt, aber Battle Isle nicht mehr angefasst. Thomas Hertzler nahm sich eine längere Spiele-Auszeit und betrieb eine Luftfahrt-Dienstleistungsfirma im US-Bundesstaat Arizona: „Als Tango One Aviation haben wir uns um Wartung, Avionik und Betankung gekümmert. Das ging vom kleinen Sportflieger bis

zum interkontinentalen Privat-Jet, wir hatten auch das Militär als Kunden. Zeitweilig hatten wir 16 AH-64 und UH-64 Longbows auf der Rampe“, erinnert sich Hertzler. Heutzutage tummelt er sich im texanischen Austin, wo seine neue Firma Stratotainment im Mobilspiele-Bereich tätig ist. Da Ubisoft die Battle Isle-Trademarks nicht erneu-erte, hat Hertzler sich diese Marke inzwischen gesichert. Wer aber wann und wie ein neues Battle Isle-Spiel entwickeln könnte, war zu Redaktions-schluss noch unklar.

Programmierer Bernhard Ewers hatte Blue Byte nach Battle Isle 2 verlassen und war in verschiedene Spieleprojekte eingebunden. So wollte er schon 1996 ein Cyberpunk-MMO programmieren: „Damals kam ISDN gerade mal auf, wir ritten noch auf 48K- Modems rum – und ich wollte Massi-vely Multiplayer!“ Er entwickelte zum Beispiel auch das Strategiespiel Dunkle Manöver, programmierte den Multiplay-er-Modus von Sacred und beschäftigt sich derzeit mit neuen Mobilspielen.

Es gibt noch viele Strate-gieschlachten zu schlagen, aber die Erinnerungen an die Entwicklung von Battle Isle haben für Ewers einen ganz besonderen Stellenwert: „Bis 1994 war Blue Byte für mich der schönste Platz auf dem Planeten, es war für mich die Erfüllung eines Traums. Ich hatte Leute um mich herum, die genauso bescheu-ert waren wie ich: Den ganzen Tag nur am Computer sitzen und nichts anderes wollen, als Spiele zu programmieren oder zu spielen.“

Making OfBATTLE ISLEBATTLE ISLE

Q&A

» Zeitgemäße 3D-Grafik und Echtzeit-Ele-mente waren die Merkmale des Andosia-Konflikts. Das bislang letzte offizielle Battle Isle-Spiel erschien 2000.

» Incubation wird thematisch zwar zur Battle Isle-Serie gezählt, spielt sich aber gänzlich anders: Minigruppen-Taktik und dezente Rollenspielelemente.

Der Raumschiffsimulator DarkSpace wäre 2001 beinahe als Battle Isle-Titel veröffentlicht worden. Nach dem Taktikexperiment Incubation

sollte die Battle Isle-Serie den Weltraum erobern: Im Juli 2000 kün-digte Blue Byte das MMO Battle Isle: DarkSpace an, das eine Mischung

aus Echtzeitstrategie und 3D-Raumschiff-Action werden sollte. Es wäre Blue Bytes erstes reines Online-Spiel gewesen. Doch aus der geplanten Veröffentlichung im

1. Quartal 2001 wurde nichts: Der neue Eigentümer Ubisoft kündigte die Verträge mit Dark-Space-Entwickler Palestar, weil man eine Verwässerung der Battle Isle-Markenidentität

befürchtete. Trotz dieser Enttäuschung hat sich DarkSpace wacker gehalten: Das MMO wurde 2002 veröffentlicht und kann dank des Einsatzes ehrenamtlicher Helfer heute

noch kostenlos gespielt werden (www.darkspace.net).

Der Traum vom online-

WelTraum

12 | RETRO GAMER 3/2013

Page 13: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

Jetzt im Handel erhältlich!

Oder bestellen Sie gleich unter:

www.emedia.de!

Erweitern Sie Ihren Horizont!

Page 14: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

gd

Jenseits der Konsolen-Prominenz und des PC-Mainstreams wurs-teln im Nach-Wende-Deutschland kreative Individualisten und Mini-Teams, die sich in keine Schublade und keine Vermarktungsschiene pressen lassen. Ein Unikat ist die Murmel-Rollerei Oxyd, die der Heidelberger Meinolf Schneider Ende der 80er Jahre auf dem Atari ST erfindet, siehe Bild unten. Mit der Maus löst man Memory- und Meditationsaufgaben: Oxyd ist grafisch ungewöhnlich (schwarz und weiß, damit alle ST-Besitzer ihre Freude daran haben), spielerisch ein „Casual Game“ (lange bevor es diesen Begriff gibt) und bleibt trotz Windows- und Mac-Ports über 15 Jahre fast unverändert. Erst 2002 gibt die Minifirma Dongleware das Spiel auf.

Was für Meinolf Schneider der Atari ST, ist für Rüdiger Rinscheid und seine „German Design Group“ der C64, dem GDG bis in die 90er Jahre die Treue hält. GDG ist der letzte Profi-Entwickler für den 8-Bit-Computer und mit stark von Brett- und Tabletop-Simu-lationen beeinflussten RPG-Strategie-Hybriden auch kreativ eine ei-genwillige Erscheinung. Die GDG-Geschichte endet mit dem erstem fremdvermarkteten Spiel, Magic of Endoria für Sunflowers. Ein CoSim-Liebhaber ist auch der langjährige Rainbow-Arts-Produzent Teut Weidemann, der 1998 das Studio Wings zur Realisierung von Software gründet, von der andere Deutsche die Finger lassen: Zusammen mit Ex-Amiga-Programmierer Heiko Schröder produziert der Sohn eines Bundeswehroffiziers militärische Simulationen, Kriegsspiele mit Anspruch an Authentizität und Realismus. Wings entwickelt Panzer Elite für Psygnosis, dann verscher-belt Weidemann die GmbH an Jowood und inszeniert mit dem verbuggten Söldner: Secret Wars 3D-Krieg zu Fuß.

Leben in der nische

Die 1990er Jahre

Teil

2: Die zweite Dekade Eutin

Software 20001987 – 2001

Albstadt

Attic1989 – 2001

Mannheim

Topware AG1995 – 2001

München

Ravensburger Interactive

1993 – 2005

Heusenstamm

Sunflowers1993 – 2007

Frankfurt

CDV1994 – 2010

Frankfurt

Neon Studios1993 – 205

Aachen

Ikarion1993 – 2001

Mülheim a.d.Ruhr

Blue Byte1988 (2001 übernommen)

Düsseldorf

Rainbow Arts1985 – 1995

Gütersloh

Magic Byte1987 – 1999

Gütersloh

Ascaron1989 – 2009

Hamburg

Köln

Frankfurt

München

14 | RETRO GAMER 3/2013

Page 15: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

Während Sega, Nintendo und Sony den Videospielmarkt reformie-ren, verdrängen DOS und Windows die Commodore-Computer. Für deutsche Produzenten wird der PC zur bevorzugten Plattform; den Sprung in die Konsolenzukunft schaffen dagegen nur wenige. Im 2. Teil der Retro Gamer-Serie berichtet Winnie Forster aus dem Jahrzehnt, in dem sich deutsche Hersteller auf den Welt-markt wagen – dem IPO folgt nicht selten ein Absturz.

Anfang der 90er Jahre haben 16-Bit-Computer und -Konsolen die 8-Bit-Generation abgelöst. Der PC

ist bei Computer-Spielern groß im Kommen, auf dem Konsolensektor gelten Mega Drive und Super NES als State of the Art. Als Speicherme-dium der Zukunft wird die CD-ROM gehandelt. Man munkelt vom bal-digen Markteintritt des Elektronik-Riesen Sony.

Nach rund 200 Originalspie­len bis Ende 1990 geht die deutsche Szene selbstbewusst ins neue Jahrzehnt und zeigt sich internatio­nal gut vernetzt: 3D­Profi Jürgen Friedrichs arbeitet für den englischen Atari­Partner Domark, Guido Henkel beliefert die kanadischen RPG­Profis Sir­Tech. Blue Byte hat mit Ubi­soft einen starken Partner für den Weltmarkt, Rainbow Arts finanziert Spiele aus Frankreich und England.

Erstmals investieren auch japanische Majors in die deutsche Development­Branche: Unter der Leitung der ehemaligen Sharp­Partner Axel Bialke und Andreas von

Gliszczynski eröffnet Traditionsher­steller Hudson eine Niederlassung in Hamburg, die nicht vermarkten, sondern lokal entwickeln soll. So entsteht 1992 ein Vier­Spieler­Bomberman für den Amiga, dem King soft – nach guter alter Sitte – einen Klon namens Bug Bomber

hinterherschickt, akustisch gepimpt von Chris Hülsbeck.

Kölner Könner im ExilAm erfolgreichsten bewegt sich ein kleines Team aus Köln auf dem internationalen Parkett – wir begegneten ihm bereits in der

Made in gerMany, Teil 2

Unsere nördlichste Spielefirma ist ein Kind der 80er Jahre und startet mit Puzzles und Adventures für C64-, Amiga- und ST-Heimcomputer (teils unter dem Label Magic Soft). In den 90ern wird Software 2000 zum reinen PC-Publisher, der sich auf Wirtschafts- und Sport-Simulationen spezialisiert und mit dem Bundesliga Manager eine lang laufende Serie etabliert. Zunehmende Konkurrenz auf dem Sim- und Manager-Sektor (den Software 2000 auch mit einem F1 Manager sowie der Pizza Connection bedient) und die vielen Bugs des Bundesliga Manager 97 bringen das Familienunternehmen ins Schlingern, schaden dem Ruf und vergraulen viele Fans.

Mit den Big-Budget-Produktionen der angloamerikanischen Industrie kann Software 2000 nie mithalten, sondern liefert 15 Jahre lang sparsame Kost. Dazu gehören ab 1998 Windows-Umsetzungen der TV-Serie GZSZ sowie das Denkspiel Swing, das – eine Ausnahme im Software-2000-Programm – auf Playstation und Game Boy portiert wird. Während die Mitarbeiter W. Krahe, J. Onnen und A. Niedermeier die Bundesliga-Serie zu anderen Firmen entführen, meldet Software 2000 Anfang 2002 Konkurs an – Game over in Eutin.

» Geschichte wird gemacht: Wiedervereinigung und Nachwende-Zeit feiern Hersteller mit nationaler Aufbaustrategie oder persiflieren den Politbetrieb: Rechts Ralph Stocks Wahlkampf-Manager Hurra Deutschland.

» Nach hochgelobten DSA-Rollen-spielen gibt Guido Henkel sein schwäbisches Studio auf und zieht nach Kalifornien. In Interplays RPG-Abteilung arbeitet er an Planescape: Torment mit.

Wien

Neo1993 – 2001

Rottenmann

Jowood1995 – 2011

Schladming

Max Design1991 – 2004

Berlin

Wien

» Peter Thierolf, Frank Matzke und Chris Hülsbeck starten optimistisch in die 90er Jahre. Auch wenn Kaiko rasch zerfällt, macht jeder der drei Karriere in der Spielebranche.

reTrO gaMer 3/2013 | 15

Page 16: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

ersten „Made in Germany“-Episode: Noch vor anderen deutschen Kollegen lässt Factor Five den Amiga-Computer fallen, um sich auf Sega- und Nintendo-Konsolen zu konzentrieren. Die Programmierer Holger Schmidt und Thomas Engel und ihr Produzent Julian Eggebrecht emanzipieren sich von Rainbow Arts mit Auftragsarbeiten für Hudson und – mit einer Contra-Umsetzung auf Game Boy – für Konami. 1996 siedeln sie, der besseren Arbeitsbe-dingungen wegen, nach Kalifornien über. Amiga-Maestro Hülsbeck folgt ihnen ein paar Jahre später.

Mitte der 90er Jahre sind die Factor-Five-Profis das einzige deut-sche Team mit Konsolen-Erfahrung und japanischen Referenzen, und sie erfüllen sich ihren Traum einer engen Partnerschaft mit dem wohl besten US-Entwickler: Für Lucas-arts bringt Factor Five 1994 Indiana Jones aufs SNES, konvertiert dann Rebel Assault 2 auf die Ur-Playsta-tion und darf 1997 den Atari-Klassi-ker Ballblazer für die Sony-Hardware renovieren. Dank Lucasarts kommt das Exil-Team (das weitere Code-Genies aus Europa nachzieht sowie US-Kreative rekrutiert) schließlich mit der wichtigsten aller Game-Firmen ins Geschäft: Nintendo.

Das N64-Star Wars: Rogue Squadron (1998), dem Nintendo in den USA eine millionenschwere

TV-Kampagne spendiert, und der Gamecube-Starttitel Rogue Leader (2001) katapultieren Factor Five auf den Höhepunkt ihrer weltwei-ten Bekanntheit. Dabei erregt das Team weniger durch ausgefeiltes Gamedesign als vielmehr durch Hardware-Tricks und brillante Technik den Beifall von Spielern und Insidern. Factor Five entwickelt neue Kompressionsverfahren und liefert Nintendo die MuSyx-Raumklang-Technik. Die enge Kooperation mit Nintendo endet erst 2005, als Factor Five zum Sony-Partner wird – das gehört bereits in den abschließen-den dritten Teil dieser Artikelserie.

Die Factor-Five-EpigonenJenseits von Factor Five lassen sich deutsche Nintendo- und Playstation-Spiele an einer Hand aufzählen. Einen frühen Versuch macht Kaiko, bestehend aus Hülsbeck, Program-mierer Peter Thierolf und Grafiker Frank Matzke. Nach dem Amiga-Ballerspiel Apydia für Blue Byte arbeitet das Trio für Factor Five an späten Turrican-Abenteuern wie dem FX-Feuerwerk Mega Turrican (alias Turrican III), das 1993 das erste Sega-Modul aus Deutschland ist. Da Hülsbeck zum Partner wechselt und Matzke die Pixel aufgibt (um als Sierra-Manager Karriere zu machen), gründet Thierolf 1994 die Nachfolge-firma Neon.

» Neon im Jahr 1994: Programmierer Thierolf (langhaarig/Mitte) ist mittlerweile Technikchef bei Keen, sein damaliger Kollege Michael Büttner (mit erhobener Rechten) codet heute für IO in Dänemark.

» Manfred Trenz liefert mit einem Super Turrican-Medley das einzige deutsche NES-Spiel und 1995 eine SNES-Rarität: Rendering Ranger wird nur in Japan ausgeliefert.

» Die Speerspitze deutscher Konsolenentwicklung bleibt Factor Five: Rogue Squa-dron nutzt als erstes Spiel die RAM-Erweiterung des N64, die Fortsetzung Rogue Leader ist der erste N64-Titel, der rundum in 5.1.-Kanal-ProLogic-II tönt.

Die 1990er Jahre

Teil

2: Die zweite Dekade

Der Computerspielverlag wird 1991 von Thalion-Veteran Holger Flöttmann als Ascon gegründet und spezialisiert sich – wie fast alle deutschen Publisher der 90er – auf Handels-simulationen (Der Patrizier, Elisabeth). As-caron ist mit dem Anstoss-Fußballmanager erfolgreich und übernimmt 2001 die Reste des Aachener Entwicklers Ikarion, um in die Produktion von Fantasy-RPGs einzusteigen: Sacred erscheint 2004, begründet eine der erfolgreichsten deutschen Marken und wird sogar international gelobt und ausgezeich-net. Die PS3- und Xbox-360-Versionen des verspäteten Sacred-Sequels sind Ascarons erste Konsolenspiele, gleichzeitig auch das Letzte, was die fast 100 Mitarbeiter starke Firma hervorbringt: Nach erster Insolvenz 2001 geht Ascaron im April 2009 endgültig die Luft aus. Das Unter-nehmen wird zerschlagen, die Sacred-Reihe wandert zu Deep Silver, andere Rechte schluckt die Medienfirma Kalypso, die auch die Gründung der Gaming Minds Studios durch Ex-Ascaron-Kreative finanziert – die Entwicklungstradition in Gütersloh lebt fort.

» Mit historischen Handelssimulationen setzt Ascaron die Segel; hier Port Royale 2 von 2004

16 | RETRO GAMER 3/2013

Page 17: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

Das Start-up versammelt im Raum Frankfurt viele junge Talente, ist dabei aber weit weniger straff und zielstrebig geleitet als Factor Five oder Blue Byte. Neons Debüt ist das Amiga-Jump’n’Run Mr. Nutz, das die englische Firma Ocean internati-onal vermarktet. Technisches Know-how blitzt 1996 im Playstation-Shoo-ter Tunnel B1 auf und wird auch in England bejubelt, doch dann zerfällt das ehrgeizige Team schon wieder. Ein zweites Playstation-Spiel, Viper, beendet Neon-Deserteur Michael Büttner bereits im Exil in Manchester und gerät dabei vom Regen in die Traufe, denn Ocean bricht just zu dieser Zeit auseinander.

Büttner wird vom neuen Ocean-Inhaber Infogrames mit der Playstation-Umsetzung des Agenten-Thrillers Mission Impossible beauftragt, während der deutsche Neon-Stamm – Thierolf, Designer Boris Triebel, Produzent Jan Joeckel

Big Business mit dem PCIn den vorangegangenen Absätzen war nur von Studios und Teams die Rede, die sich in den Nintendo- und Playstation-Zirkus wagten, nicht je-doch von deutschen Publishern. Das hat einen triftigen Grund: Während verstreute Grüppchen begabter und ehrgeiziger Techniker auf Konsolen setzen (und internationalen Partnern zuarbeiten), konzentrieren sich die hiesigen Herstellerfirmen ganz auf den PC. Im Gegensatz zu ihren eng-lischen und französischen Mitbewer-bern wollen die deutschen Verlage nach dem Ende von C64, Atari ST und Amiga nicht in teure Konsolen-Technik und -Lizenzen investieren, sondern auf dem offenen, freien und sparsamen DOS- sowie Windows-Markt agieren.

Mit zivilen Simulationen machten sich deutsche Publishing-Firmen Ende 80er Jahren einen Namen und schufen eine Nische, die sie über die 90er Jahre erweiterten, professionalisierten und für den internationalen Erfolg flott machten.

Anfang der 90er Jahre ist die Handelsfirma Bomico der wichtigste Distributor internationaler Spiele in Deutschland. Der Vertriebsmacht stellt Firmenchef Adi Boiko 1993 eine eigene Inhouse-Entwicklung zur Seite: Sunflowers soll PC-Spiele speziell für deutschen Geschmack und mit nationalen Themen produzieren. Das Label debütiert 1994, vier Jahre nach der Wiedervereinigung, mit der Wirtschaftssimulation Aufschwung Ost und wächst mit weiteren zivilen Strategiespielen auf 50 Mitarbeiter. Sunflowers bleibt unabhängig, als Bomico von Infogrames übernommen wird, setzt 1996 das 80er-Jahre-Spiel Die Fugger

fort und feiert mit Holiday Island den ersten internationalen Titel. Sunflowers’ größter Erfolg ist die Anno-Serie, eine Koproduktion mit dem österreichischen Studio Max Design. Der Auftakt Anno 1602 verkauft sich über zwei Millionen Mal, bis heute folgen Fort- und Umsetzungen. 2003 setzt Sunflowers mit Related De-signs ein neues Team auf die Serie an, deren Anno 1701 erst 2006 fertiggestellt und – als letzte Sunflowers-Produktion – geliefert wird. Sunflowers investiert in Max, Related und SEK Berlin und ist damit ein Major Player der deutschen Szene, bis Ubisoft die Firma Anfang 2007 schluckt.

» Als Originalspiel-Erfinder bleiben Factor Five und Neon Ausnahme-Erscheinungen in Deutschland. «

» Friedlicher als Die Siedler sind die Handwerker und Händ-ler in Anno 1602. Auch aus dieser deutsch-österreichi-schen Koproduktion wird eine erfolgreiche Aufbauserie.

» Knapp 200.000 verkaufte Einheiten sind zu wenig: Nach der Fertigstellung von Tech-nomage für Windows und Playstation löst Sunflowers sein Entwicklungs-Team auf.

» Code-Talente fürs nächste Jahrtausend: Während sich die kommenden Nintendo-Profis Shin'en noch auf Amiga-Partys tummeln (1997, oben), startet Florian Knappe (FEB/VCC, unten) in Hamburg die Playstation-Entwicklung.

» Ab 1993 verkauft Blue Byte zig Millio-nen PC-Spiele der Die Siedler-Reihe. Ersonnen wird die Wuselstrategie von Kingsoft-Veteran Volker Wertich auf dem Amiga.

» Der japanische Major Hudson lässt Umsetzun-gen von deutschen Profis programmieren und pro-duziert mit Sunflowers 1995 das DOS-Nectaris.

Made in gerMany, Teil 2

und Art Director Antony Christou-lakis – die nächsten Jahre mit Auf-tragsarbeiten für Infogrames und Acclaim überleben oder mit dem bayrischen Pumuckl und den Tieren von Janosch lokale Größen auf den Game Boy bringen. Den technisch genügsamen Handheld nutzen Ende der 90er Jahre auch andere deutsche Unternehmen für den Nintendo-Einstieg und setzen beispielsweise ihre Puzzles Spherical und Logical (Rainbow Arts) sowie Swing (Soft-ware 2000) auf Game Boy um.

Als Originalspiel-Erfinder bleiben Factor Five und die Neon-Clique Ausnahmeerscheinungen in Deutschland. Erst ganz am Ende des Jahrtausends schafft es ein drittes Team, schnell zoomende Action auf die Playstation zu zaubern: Hinter den Start-ups FEB und VCC in Hamburg stehen Techniker, die teilweise Neon zuarbeiteten, vor allem aber viel Talent einer neuen Generation. 2000 kommt FEBs Killer Loop als Mag Force Racing auf Dreamcast, als einziges deutsches Spiel für die letzte Sega-Konsole.

reTrO gaMer 3/2013 | 17

Page 18: 9,90 klassiker für rundentaktik-spiele 10,90 Schweiz sfr ...€¦ · Arcade-Klassiker Gradius erreichte unter dem (passend zum Schwierigkeitsgrad) feindseligeren Namen Nemesis meinen

… ist keine deutsche Firma, sondern wird 1995 in Wien gegründet und steht hier stellvertretend für die Development-Stärke unserer südlichen Nachbarn und deren Verknüpfung mit der hiesige Szene. Wie auch die österreichischen Studios Max und Neo spezialisiert sich Jowood auf das Lieblingsthema deutscher Entwickler – Handel und Wirtschaft. Mit Titeln wie Industriegigant und Verkehrsgigant wird sie eine europaweite Macht. Mit Gothic (ab 2002) und Spellforce (ab 2003) nimmt Jowood die neben Ascarons Sacred stärksten deutschen RPG-Marken ins Programm.

Die internationale Belegschaft steigt sprunghaft: In schneller Folge werden die deutschen Studios Massive (Aquanox), Neon und Wings übernommen. 2002 arbeiten fast 300 Frauen und Männer für das börsen-notierte Unternehmen. Danach schrumpft Jowood schnell, schließt sich mit der kanadischen Firma Dreamcatcher zusammen, zerstreitet sich mit dem deutschen Gothic-Entwickler Piranha Bytes und verwandelt sich schließlich in die Wien-Niederlassung von Nordic Games – ab 2011 haben die Schweden das Sagen.

» Mit dem Bundes-liga Manager feiert Software 2000 bis 2001 viele Erfolge

» Fast so schnell wie eine Verkehrsgigant-Stadt wächst ab 2000 die Jowood AG, die Strategie- und Aufbauspiele aus Österreich und Deutschland vermarktet.

Die 1990er Jahre

Teil

2: Die zweite Dekade

» Die letzten Atari-Genies sind Michael Bittner und Marc Rosocha, die mit der Mech-Schlacht Iron Soldier 1995 ein 3D-Meisterwerk für die Jaguar-Konsole liefern.

Ost-Macher drei Jahre später auf die Holiday Island, einem Manager-Spielplatz in der Südsee.

Einen grenzüberschreitenden Hit landet Sunflowers schließlich 1998 mit Anno 1602, das Max Design in Österreich erfindet. Die Welt der Renaissance in bis zu 1024 x 768 Pixeln macht Max Design und Sunflowers zu Abonnenten der 1998 eingeführten Verkaufs-Auszeichnungen des „Ver-bands der Unterhaltungssoftware Deutschland“. Auch die Fortsetzung Anno 1503 (2002) verkauft sich in Deutschland, Schweiz und Öster-reich bis Ende 2004 über eine halbe Million mal und ist damit das einzige deutsche Spiel, das einen „Spezial-Award“ des VUD einheimen kann.

Anno zeigt das Compu-terspiel-Talent unserer Nachbarn jenseits der Alpen: Wer von den spezifischen Stärken und Schwächen der deutschen Game-Entwicklung spricht, darf von der Szene in Österreich nicht schweigen. Auch die Max-Design-Deserteure um Hans Schilcher starten mit einer isometrischen Wirtschaftssimulation – jedoch modern, nicht historisch, und mit starkem Anklang an SimCity und das japanische A-Train. Mit Industriegigant (1997) und Verkehrs-gigant (2000) bringen Schilcher & Co. ihr Unternehmen Jowood an die Wiener Börse. Der Shooting Star der Branche nimmt mit dem wuseligen Die Völker 1999 auch einen direkten Konkurrenten zu Blue Bytes Siedler (1993) ins Programm; Letzteres die – da bis heute fort- und umgesetzt – langlebigste und erfolgreichste deut-sche Echtzeit-Aufbau-Serie.

Interessant und lukrativ erscheint deutschen Machern die Mischung aus Finanz-Management und dem Lieblingskind der hiesigen TV-Zuschauer, dem Fußball. Nachdem Software 2000 mit ihrem Bundesliga Manager in die 90er startet, bauen Ascaron und die Ariolasoft-Vetera-nen von Independent Arts ab 1993 mit Anstoss eine Konkurrenz-Liga auf. Beide Serien werden erst für Amiga, später europaweit für den PC vermarktet, haben aber vor allem in Deutschland eine treue Fan-Basis. 1996 simuliert Independent Arts mit Greenwood (Macher der Logistik-Simulation Der Planer) und Sat.1 die Ökonomie der Bundesliga ebenso wie die Taktik auf dem Spielfeld: Im ran Trainer 2 kommentieren Johan-nes B. Kerner und Werner Hansch die Pixel-Partien.

Der Aufbau-Aufschwung Während in den USA das neue Genre der Echtzeitschlachten (RTS genannt) nach und nach alle ande-ren Strategiespiele zurückdrängt, bleiben deutsche Hersteller ihren historischen und zeitgenössischen Simulationen treu und mehr Handel und Erwerb als Zerstörung und Eroberung verpflichtet. So kümmert sich 1993 Aufschwung Ost, das erste Spiel von Sunflowers, um die Folgen der Wiedervereinigung, behandelt Finanz-, Umwelt- und Infrastruktur-probleme. Auch wenn das Debüt kein Superhit wird, hat Sunflower die Zeichen der Zeit und die Vorlieben der deutschen PC-User gut erkannt. Unter der Leitung von Ex-Intel-Mann Arne Peters laden die Aufschwung

18 | RETRO GAMER 3/2013