Ad-hoc Arbeitsgruppe „TA Luft“ - tll.de · Ausgangslage - Nutztierhaltung im Spannungsfeld...

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Umwelt- und Tierschutzanforderungen – Konsequenzen für die Nutztierhaltung 18. Jahrestagung Thüringer Landwirtschaft, 19. Oktober 2017 in Erfurt Ewald Grimm

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Umwelt- und Tierschutzanforderungen –

Konsequenzen für die Nutztierhaltung

18. Jahrestagung Thüringer Landwirtschaft, 19. Oktober 2017 in Erfurt

Ewald Grimm

● Ausgangslage - Nutztierhaltung im Spannungsfeld

● Wesentliche Anforderungen an die Tierhaltung

Baurecht, Immissionsschutz, Tierschutz

● Mögliche Konsequenzen in Abhängigkeit

von der Größe einer Anlage

vom Standort eines Betriebes

● Fazit

Übersicht

Nutztierhaltung im Spannungsfeld

Gesellschaftliche Akzeptanz

Tierschutz (Verfassungsauftrag)

Wirtschaftlichkeit / Wettbewerbsfähigkeit

Bau-/Umweltrecht

● Ausgangslage - Nutztierhaltung im Spannungsfeld

● Wesentliche Anforderungen an die Tierhaltung

Baurecht, Immissionsschutz, Tierschutz

● Mögliche Konsequenzen in Abhängigkeit

von der Größe einer Anlage

vom Standort eines Betriebes

● Fazit

Übersicht

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Regionale Viehdichte pro ha LN

Schweine

Rinder

Rinder

Große Einzelanlagen

Vorbelastung in Intensiv-

veredelungsregionen

Einschränkung der kommunalen Planungshoheit /Entwicklung Immissionswerte überschritten

Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer Tierhaltungsanlage im Außenbereich

Landw. Betrieb (§ 201 BauGB): • 50% Futterfläche • Privilegiert § 35 Abs. 1 Nr. 1

( Pacht: 12-18 a)

Baugenehm.-pflichtig: < 1.500 MS < 560 Sauen

genehmigungsfähig (§ 201: unabhängig von der Anlagengröße)

Gewerbl. Betrieb i.S. BauGB: • ohne Futterfläche • Privilegiert § 35 Abs. 1 Nr. 4 (nachteilige Umweltwirkung)

Futterflächenbedarf (LF) • 1500 Mastschweine: ~ 60 ha • 560 Sauen: ~ 60 ha

UVP-Vorprüfung > 1500 MS > 560 Sauen

Realisierung nur noch mit B-Plan!

Baurechtliche Anforderung § 35 BauGB

(06/2013) - Bremse für den Zubau

Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer Tierhaltungsanlage im Außenbereich

Landw. Betrieb (§ 201 BauGB): • 50% Futterfläche • Privilegiert § 35 Abs. 1 Nr. 1

( Pacht: 12-18 a)

Baugenehm.-pflichtig: < 1.500 MS < 560 Sauen

genehmigungsfähig (§ 201: unabhängig von der Anlagengröße)

Gewerbl. Betrieb i.S. BauGB: • ohne Futterfläche • Privilegiert § 35 Abs. 1 Nr. 4 (nachteilige Umweltwirkung)

Futterflächenbedarf (LF) • 1500 Mastschweine: ~ 60 ha • 560 Sauen: ~ 60 ha

UVP-Vorprüfung > 1500 MS > 560 Sauen

Realisierung nur noch mit B-Plan!

Baurechtliche Anforderung § 35 BauGB

(06/2013) - Bremse für den Zubau

Problem der Bauleitplanung vor Ort: häufig Druck auf Gemeinde und Genehmigungsbehörden „Intensivtierhaltungsgesetz“: u.a. weitere Einschränkung der Privilegierung nur noch Baurechtsanlagen unabhängig Futtergrundlage?

Anforderungen des Immissionsschutzes

● Schutz – Immissionen begrenzen (Immissionswerte / Abstände)

Vorsorge – Emissionen mindern (Stand der Technik/BVT) - EU-Richtlinie über nationale Emissions- höchstmengen (NEC) - BVT-Schlussfolgerungen der EU

Ammoniakemissionsinventar • Überschreitung Ziele NEC: ca. 65 kt

(615 kt ohne Gärreste Energiepflanz.)

• Fortschreibung (NERC): bis 2030 (-29%/2005): - 235 kt / 2014

Anforderungen des Immissionsschutzes

● Schutz – Immissionen begrenzen (Immissionswerte / Abstände)

Vorsorge – Emissionen mindern (Stand der Technik/BVT) - EU-Richtlinie über nationale Emissions- höchstmengen (NEC) - BVT-Schlussfolgerungen der EU

Ammoniakemissionsinventar • Überschreitung Ziele NEC: ca. 65 kt

(615 kt ohne Gärreste Energiepflanz.)

• Fortschreibung (NERC): bis 2030 (-29%/2005): - 235 kt / 2014

Geplante Neufassung der TA Luft zum BImSchG:

• Bundesweit einheitliche, z.T. strengere Anforderungen zum Immissionsschutz

(Umsetzung Leitfäden der Länder)

• Umsetzung Filtererlasse der Länder (NI, NW, SH, TH)

• Umsetzung BVT-Schlussfolgerungen der EU

Tierschutzlabel, Kastenstandurteil,

Gutachten wiss. Beirat für Agrarpolitik (2015)

„Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“

● Zugang zu verschiedenen

Klimazonen / Außenklima

(= freie Lüftung/Auslauf, Weidegang)

● unterschiedliche Funktionsbereiche,

Bodenbeläge (= Buchtenstrukturierung,

Mehrflächenbuchten, Einstreu)

● Beschäftigungsmaterial

● ausreichend Platz

(+ 30%, +60%, +100% mehr Fläche….)

● Verbot Kastration, Schwänze kupieren

Anforderungen des Tierwohls

3 4

Anbindehaltung

Fest- oder Flüssigmistverfahren

Liegeboxenlaufstall

Fest- oder Flüssigmistverfahren

Foto: Reinhardt-Hanisch, 2015

Ammoniak-Emissionsfaktoren in kg NH3 pro Tierplatz und Jahr

Foto: Reinhardt-Hanisch, 2014

4,86 14,57

Umstellung von 1-1,3 Mio. Kühe vom Anbindestall in Laufställe:

+10 – 13 kt NH3

Tierwohl - Immissionsschutz

(Jungbluth, 2016)

geschlossener Stall

Fest- oder Flüssigmistverfahren

Offenstall / Ausläufe

Fest- oder Flüssigmistverfahren

Ammoniak-Emissionsfaktoren in kg NH3 pro Tierplatz und Jahr

3,64 2,6–12,4 ??

Tierwohl - Immissionsschutz

(Jungbluth, 2016)

24 %

220 m

Immissionsprognose Geruch

(Austal2000, 1.450 Mastplätze)

Ergebnis: Außenklimastall führt im gesamten Rechengebiet

(1.000 m x 1.000 m) zu den höchsten Geruchsimmissionen

freie Lüftung Zwangslüftung

10 %

220 m

IMA (2015)

• Außenklimaställe/tiergerechte mit Auslauf haben größere Anforderungen an den Standort als konventionelle Ställe größere Abstände Kaltluft zu beachten

• Emissionsminderung begrenzt; Abluftreinigung nicht einsetzbar

1. Abluftreinigung bei „G-Anlagen“

(u.a. 2.000 Mastschweine, 750 Sauen,….)

Filtererlasse in NI (2013), NW (2013),

SH (2015), TH (2016) (- aber: VG GERA)

insb. Nachrüstung kritisch

bundesweit geplant

(Neufassung TA Luft; 70% Minderung)

Stand der Technik zur

Emissionsminderung Schweine/Geflügel

1. Abluftreinigung bei „G-Anlagen“

(u.a. 2.000 Mastschweine, 750 Sauen,….)

Filtererlasse in NI (2013), NW (2013),

SH (2015), TH (2016) (- aber: VG GERA)

insb. Nachrüstung kritisch

bundesweit geplant

(Neufassung TA Luft; 70% Minderung)

2. Verfahrensintegrierte Maßnahmen

(europäische BVT-Schlussfolgerungen)

bundesweit geplant (Neufassung TA Luft)

für „V-Anlagen“ (u.a. 1.500 - 2.000

Mastschweine, 560 – 750 Sauen,…)

abweichend EU: 40% Minderung,

(ggf. Teilabluftreinigung)

Stand der Technik zur

Emissionsminderung Schweine/Geflügel

(JOVAS, NL) (R&R Systems, NL)

1. Abluftreinigung bei „G-Anlagen“

(u.a. 2.000 Mastschweine, 750 Sauen,….)

Filtererlasse in NI (2013), NW (2013),

SH (2015), TH (2016) (- aber: VG GERA)

insb. Nachrüstung kritisch

bundesweit geplant

(Neufassung TA Luft; 70% Minderung)

2. Verfahrensintegrierte Maßnahmen

(europäische BVT-Schlussfolgerungen)

bundesweit geplant (Neufassung TA Luft)

für „V-Anlagen“ (u.a. 1.500 - 2.000

Mastschweine, 560 – 750 Sauen,…)

abweichend EU: 40% Minderung,

(ggf. Teilabluftreinigung)

Stand der Technik zur

Emissionsminderung Schweine/Geflügel

(JOVAS, NL) (R&R Systems, NL)

Keine Anforderungen Rinderhaltung Ausnahmeregelungen für tiergerechte Ställe geplant,

Umsetzung?, da diese Systeme höhere Emissionen verursachen

Ansatzpunkte zur Emissionsminderung

in der Nutztierhaltung

Stall (30 % Emissionsanteil)

● Stoffeintrag reduzieren Fütterungsstrategie

● Freisetzung reduzieren Haltung Entmistung Lüftung/Stallklimatisierung

● Stoffaustrag reduzieren Abluftreinigung

Lagerung (12 %)

● Behälterabdeckung

Ausbringung (33 %)

● Emissionsarme Ausbringung, auch Festmist (bodennah, direkte Einarbeitung <1h etc.)

Verfa

hren

skett

e

Kosten [€/kg NH3]

2-15

0-0,2

-0,7-4

● Ausgangslage - Nutztierhaltung im Spannungsfeld

● Wesentliche Anforderungen an die Tierhaltung

Baurecht, Immissionsschutz, Tierschutz

● Konsequenzen in Abhängigkeit

von der Größe einer Anlage

vom Standort eines Betriebes

● Fazit

Übersicht

Anforderungen und relevante Faktoren

für die Konsequenzen

BauGB - Privilegierung

Emissionsminderung - Filtererlasse - TA Luft (Entwurf)

Immissionsschutz - GIRL, N-Deposition, FFH-Verträgl., Bioaerosole - TA Luft (Entwurf)

Tierwohl - Ferkelkastration - Kastenstandurteil - Tierschutzlabel

Düngerecht - DüV

UVPG

…………?

bau- und immissionsschutzrechtliche Einstufung: • Art/Größe Betrieb • Flächenausstattung Privilegierung, Emissionsminderung, Kosten

Standort des Betriebes: • Schutzgüter (Art, Empfindlichkeit) • Meteorologie, Abstände • Vorbelastung Eignung und Entwicklungsfähigkeit

● im Außenbereich privilegiert – keine Änderung zu erwarten

● keine besonderen Anforderungen zur Emissionsminderung

indirekt: durch Anforderungen zum Schutz vor schädlichen

Umwelteinwirkungen (Geruch, Stickstoffdeposition, Bioaerosole)

hier: Novellierung TA Luft: Verschärfungen geplant

● bauliche Maßnahmen (z.B. Tierwohl, Kastenstandurteil, DüV)

Umsetzbarkeit

Kosten

können Genehmigungsfrage aufwerfen (Immissionsschutz)

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Konsequenzen sog. „Baurechtsanlagen“

Schweine und Geflügel

● bauplanungsrechtliche Privilegierung nur bei ausreichender

Futtergrundlage

Problem: zunehmend nur kurzfristige Pachtverträge (< 12 Jahre)

● i. S. BauGB gewerbliche Tierhaltungen

Dilemma: bauliche Maßnahmen (Umweltschutz, Tierwohl) können

Privilegierungs- und Genehmigungsfrage aufwerfen (UVP-Vorprüfung)

klarstellende Regelungen im BauGB notwendig

● Anforderungen zur Emissionsminderung

(Entwurf Nr. 5.4.7.1 TA Luft: 40 % NH3-Minderung – Einsatz BVT,

Teilabluftreinigung, Altanlagensanierung nach 5 Jahren)

Kosten, Verhältnismäßigkeit (keine Kostendegression) beachten

Ausnahmeregelung für „qualitätsgesicherte oder zertifizierte

Verfahren, die nachweislich dem Tierwohl dienen“, Umsetzung?

Verschärfungen vermeiden, EU-Recht 1:1 umsetzen

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Konsequenzen „V-Anlagen“

Rinder

● keine besonderen Anforderungen zur Emissionsminderung

auch hier langfristig Beitrag zur Einhaltung NEC/NERC zu erwarten?

indirekt durch (verschärfte) Anforderungen zum Schutz vor

schädlichen Umweltauswirkungen (insb. „Stickstoffdeposition“)

hier: Novellierung TA Luft: Verschärfungen geplant

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Konsequenzen „V-Anlagen“

Schweine und Geflügel

● bauplanungsrechtliche Privilegierung

● Anforderungen zur Emissionsminderung Schweine und Geflügel

Umsetzung der EU-BVT-Schlussfolgerungen

(Nr. 5.4.7.1 TA Luft-Entwurf: 70 % Emissions-Minderung – Einsatz

Abluftreinigung, Altanlagensanierung - hier 4 Jahre)

Kosten, Verhältnismäßigkeit durchschn. erfolgreiche Betriebe?

Ausnahmeregelung für „qualitätsgesicherte oder zertifizierte

Verfahren, die nachweislich dem Tierwohl dienen“, Umsetzung?

EU-Recht 1:1 umsetzen

Rinder

● keine besonderen Anforderungen zur Emissionsminderung

auch hier langfristig Beitrag zur Einhaltung NEC/NERC zu erwarten?

indirekt durch (verschärfte) Anforderungen zum Schutz vor

schädlichen Umweltauswirkungen (insb. „Stickstoffdeposition“)

hier: Novellierung TA Luft: Verschärfungen geplant

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Konsequenzen „G-Anlagen“

● Relevant für alle Tierhaltungsanlagen:

Schweine, Rinder und Geflügel

unabhängig von der Größe und Genehmigungsbedürftigkeit

konventionell und ökologisch, besonders tiergerecht oder nicht

Neuerrichtung, aber auch Änderung/Erweiterung, z.B. infolge

tierschutzrechtlicher Bestimmungen

● Tierwohlställe (Außenklima und Auslauf) besonders betroffen

ungünstige Ableit- und Ausbreitungsbedingungen der Emissionen

keine effektiven Minderungsmaßnahmen verfügbar

Erhöhte Anforderungen an den Standort:

Abstände, Meteorologie, Kaltluft

Verfügbarkeit?

Konsequenzen standortspezifische

Anforderungen zum Immissionsschutz

● Rückgang Neubau mittlerer, immissionsschutzrechtlich

genehmigungsbedürftiger Tierhaltungsanlagen:

Entprivilegierung

Auflagen z. B. zur Emissionsminderung (wirtschaftliche Tragbarkeit für

durchschnittlich erfolgreiche Betriebe?)

● immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Bestandsanlagen:

Altanlagensanierung – aufwändige Maßnahmen Fristen (4/5 a) sehr

kurz (Abschreibung: 10-20 a)

Nachrüsten, abstocken oder Aufgabe?

● Vorteile sehr große Anlagen:

Standortunabhängigkeit, Kapitalausstattung und Kostendegression

● Entwicklung kleinerer Betriebe:

eingeschränkt, wenn z.B. genehmigungspflichtige Tierschutz-

maßnahme wegen Immissionsschutz nicht umsetzbar ist oder

auslaufen, da z.B. infolge Tier- oder Umweltschutzauflagen eine

größere Investition und/oder ein Generationswechsel ansteht 29

Mögliche Konsequenzen

● Ausgangslage - Nutztierhaltung im Spannungsfeld

● Wesentliche Anforderungen an die Tierhaltung

Baurecht, Immissionsschutz, Tierschutz

● Konsequenzen in Abhängigkeit

von der Größe einer Anlage

vom Standort eines Betriebes

● Fazit

Übersicht

● Komplexes Zusammenspiel der Anforderungen allein im Baurecht,

Immissions- und Tierschutz, aber darüber hinaus auch Düngerecht,

UVP,…

● Zielkonflikte

Tierwohl – Immissionsschutz - Baurecht/Privilegierung

● Umsetzung

große Herausforderung für Betriebe

(Genehmigung, Kosten - Finanzierung)

Brisanz vieler neu geplanter Anforderungen im Detail begründet

Beurteilungsspielräume immer enger

● Kompensation durch höhere Erzeugerpreise?, Förderung? (nicht bei

rechtlicher Vorgabe!)

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Fazit

● mittelfristig auch Anforderungen für Rinderbetriebe zu erwarten

● langfristig Rückgang der Tierhaltung zu erwarten

Minderung der deutschen Ammoniakemissionen (Einhaltung NERC-

Richtlinie) allein durch techn. Maßnahmen erscheint nicht realistisch

Wo? Insb. auch in tierarmen Regionen (≠ Problemregionen)?

● Förderung des Anteils an Tierwohlställen

tendenziell höhere Ammoniakemissionen

Verfügbarkeit von Standorten?

● „Nationale Nutztierstrategie“ notwendig

Unterschiedliche Anforderungen im Zusammenwirken analysieren

Folgen abschätzen

nach Lösungen suchen und

Kommunikation in die Gesellschaft zu ermöglichen

Planspiele könnten diesen Prozess unterstützen.

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Fazit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Fragen? [email protected]