„Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen...

95
„Das neue FamFG“ Änderungen im Nachlassverfahren aufgrund des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Christoph Strauß Notarvertreter beim Notariat Brackenheim Seminar für Notariatsmitarbeiter / innen am 06.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart am 07.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart am 13.07.2009 beim Landgericht Ulm am 14.07.2009 beim Landgericht Rottweil am 15.07.2009 beim Landgericht Heilbronn am 16.07.2009 beim Landgericht Ellwangen am 20.07.2009 beim Landgericht Tübingen am 21.07.2009 beim Landgericht Hechingen am 22.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart am 23.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart am 27.07.2009 beim Landgericht Ravensburg am 28.07.2009 beim Landgericht Heilbronn

Transcript of „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen...

Page 1: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

„Das neue FamFG“

Änderungen im Nachlassverfahren aufgrund des Gesetzes zur Reformdes Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der

freiwilligen Gerichtsbarkeit

von

Christoph StraußNotarvertreter beim Notariat Brackenheim

Seminar für Notariatsmitarbeiter / innen

am 06.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart

am 07.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart

am 13.07.2009 beim Landgericht Ulm

am 14.07.2009 beim Landgericht Rottweil

am 15.07.2009 beim Landgericht Heilbronn

am 16.07.2009 beim Landgericht Ellwangen

am 20.07.2009 beim Landgericht Tübingen

am 21.07.2009 beim Landgericht Hechingen

am 22.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart

am 23.07.2009 beim Amtsgericht Stuttgart

am 27.07.2009 beim Landgericht Ravensburg

am 28.07.2009 beim Landgericht Heilbronn

Page 2: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

2

Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung 4

II. Änderungen im Nachlassverfahren 4

III. Begriff der Nachlass- und Teilungssachen 5

IV. Neuerungen bei der Zuständigkeit 6

1. Sachliche Zuständigkeit 62. Allgemeine örtliche Zuständigkeit 73. Besondere örtliche Zuständigkeit 123.1 Verwahrungszuständigkeit 123.2 Sicherungszuständigkeit 123.3 Eröffnungszuständigkeit 123.4 Zuständigkeit zur Entgegennahme

von Ausschlagungen 12

V. Beteiligte im Nachlassverfahren 14

1. Beteiligtenbegriff 142. Muster Benachrichtigung Verfahrenseinleitung 243. Muster Anrag auf Hinzuziehung als Beteiligter 25

VI. Verwahrung von letztwilligen Verfügungen 26

1. Verfahren bei besonderer amtlicher Verwahrung 262. Muster Hinterlegungsschein 293. Mitteilung über die Verwahrung 304. Inhalt der Verwahrungsnachricht 365 Muster Mitteilung Geburtsstandesamt 38

VII. Eröffnungsverfahren 39

1. Eröffnung durch das Nachlassgericht 392. Eröffnung durch ein anderes Gericht 453. Besonderheiten bei der Eröffnung von

gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen 484. Neuregelung der Eröffnungs- / Überprüfungsfristen 54

Page 3: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

3

VIII. Neuerungen im Erbscheinsverfahren 56

1. Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins 561.1 Zuständigkeit 561.2 Antragsverfahren 561.3 Beteiligte 571.4 Ermittlungen des Nachlassgerichts 582. Entscheidung des Nachlassgerichts,

Beschlussgrundsatz 583. Unstreitiges Verfahren 613.1 Muster Erbscheinsantrag 653.2 Muster Schreiben Beteiligte wegen Einwendungen 673.3 Muster Erbscheinserteilungsbeschluss, unstreitig 684. Streitiges Verfahren 704.1 Beschluss 704.2 Rechtsmittel 725. Muster Erbscheinserteilungsbeschluss, streitig 756. Vorbescheid 777. Rechtsmittel nach Erbscheinserteilung 778. Entziehung / Kraftloserklärung von Erbscheinen 778.1 Muster Einziehungsbeschluss 799. Sonstige Zeugnisse 81

IX. Ausschlagung einer Erbschaft 81

1. Musterprotokoll gemäß § 344 Abs. 7 FamFG 862. Muster Entgegennahmebeschluss 88

X. Akteneinsichtsrecht 89

1. Einsicht in eröffnete Verfügungen von Todes wegen /Nachlassakten 90

2. Erteilung von Ausfertigung 92

XI. Übergangsregelungen 93

Page 4: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

4

I. Einleitung

Am 01.09.2009 wird mit dem Gesetz über das Verfahren inFamiliensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligenGerichtsbarkeit ein gänzlich neu gestaltetes Verfahrensrecht inNachlass- und Teilungssachen in Kraft gesetzt, das die übergangsweisenoch das FGG ändernden Regelungen desPersonenstandsrechtsreformgesetz vom 19.02.2007 übernimmt, die am01.01.2009 in Kraft getreten sind1.

Das FGG-Reformgesetz führt neben dem FGG zu einer weitreichendenÄnderung zahlreicher anderer Gesetze. Insgesamt sind 115 weitereGesetze und Verordnungen unmittelbar betroffen2.

Buch 1 des FamFG beinhaltet mit den §§ 1 bis 110 FamFG einenumfangreichen Allgemeinen Teil. Das Verfahren in Nachlass- undTeilungssachen ist in Buch 4 in den §§ 342 bis 373 FamFG geregelt.

II. Änderungen im Nachlassverfahren

Die wesentlichsten Änderungen im Nachlassverfahren:

� Einführung eines einheitlichen Begriffs der Nachlasssachen;

� Einführung eines Beteiligtenbegriffs für Nachlasssachen,Einschränkung der Anhörungspflichten im Erbscheins- undsonstigen Antragsverfahren;

� Übernahme der Eröffnungsvorschriften für Verfügungen von Todeswegen aus dem BGB in §§ 350, 351 FamFG; die Eröffnung ohneLadung der Beteiligten wird zum Regelfall;

� Änderungen der Wiederverwahrung bei gemeinschaftlichenTestamenten und in besonderer amtlicher Verwahrung befindlicherErbverträge, Übernahme in das Verfahrensrecht;

� Regelung der Mitteilungspflichten des Nachlassgerichts bei derVerwahrung von letztwilligen Verfügungen in § 347 FamFG;

1 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg am 09.02.2009;2 Fröhler, BWNotZ 2008, 183;

Page 5: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

5

� Befristung der einfachen Beschwerde auf 1 Monat;

� Einführung der Verpflichtung des Gerichts eine Begründung undeine Rechtsbehelfsbelehrung in jeden Beschluss aufzunehmen;

� Abschaffung des Erbscheinsvorbescheids und Einführung einesErbscheinserteilungsbeschlusses;

� Zusätzliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts für dieErbschaftsausschlagung am Wohnsitz des Ausschlagenden;

� Abschaffung der weiteren Beschwerde zum OLG, Einführung derzulassungsabhängigen weiteren Beschwerde zum BGH;

� Neuregelung der Kostenauferlegungsvorschriften;

� Aufgabe des bisher geltenden Gleichlaufgrundsatzes iminternationalen Nachlassverfahrensrecht. Erweiterte Zuständigkeitdes Nachlassgerichts bei Ausländern auf den gesamten Nachlass.

III. Begriff der Nachlass- und Teilungssachen

§ 342 FamFG:

Begriffsbestimmung:

(1) Nachlasssachen sind Verfahren, die

1. die besondere amtliche Verwahrung von Verfügungen vonTodes wegen;

2. die Sicherung des Nachlasses einschließlichNachlasspflegschaften;

3. die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen;4. die Ermittlung der Erben;5. die Entgegennahme von Erklärungen, die nach gesetzlicher

Vorschrift dem Nachlassgericht gegenüber abzugeben sind;6. Erbschein, Testamentsvollstreckerzeugnisse und sonstige

vom Nachlassgericht zu erteilende Zeugnisse;7. die Testamentsvollstreckung;8. die Nachlassverwaltung sowie9. sonstige den Nachlassgerichten durch Gesetz zugewiesenen

Aufgaben betreffen.

Page 6: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

6

(2) Teilungssachen sind

1. die Aufgaben, die Gerichte nach diesem Buch bei derAuseinandersetzung eines Nachlasses und des Gesamtguts zuerledigen haben, nachdem eine ehelich,lebenspartnerschaftliche oder fortgesetzte Gütergemeinschaftbeendet wurde, und

2. Verfahren betreffend Zeugnisse über die Auseinandersetzungdes Gesamtguts einer ehelichen, lebenspartnerschaftlichen oderfortgesetzten Gütergemeinschaft nach den §§ 36 und 37 derGrundbuchordnung sowie nach den §§ 42 und 74 derSchiffsregisterordnung.

Erstmals wird mit § 342 FamFG eine zentrale Definition der Nachlass-und Teilungssachen eingeführt3.

Die Tätigkeiten des Nachlassgerichts lassen sich in 3 Gruppen einteilen:

� Angelegenheiten, die von Amts wegen zu erledigen sind;

� Angelegenheiten, in denen das Gericht auf Antrag tätig wird;

� Angelegenheiten, in denen Erklärungen der Beteiligtenentgegenzunehmen sind4.

IV. Neuerungen bei der Zuständigkeit in Nachlass- undTeilungssachen

1. Sachliche Zuständigkeit:

Die FamFG-Verfahren werden nunmehr zum 01.09.2009 in denAnwendungsbereich des Gerichtsverfassungsgesetzes einbezogen5.Somit sind gemäß § 2 EGGVG, § 12 GVG die Vorschriften des GVG aufFamiliensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeitunmittelbar anwendbar, so dass bspw. für die Geschäftsverteilung, die

3 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.2009;4 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 610;5 Fröhler, BWNotZ 2008, 184;

Page 7: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

7

Rechtshilfe, die Gerichtssprache, die Öffentlichkeit und dieSitzungspolizei unmittelbar das GVG gilt6.

Die sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte in den Angelegenheitender freiwilligen Gerichtsbarkeit werden künftig zentral in § 23a Abs. 2 Nr.2 GVG geregelt. Die bisherige Regelung des § 72 FGG wird damithinfällig und aufgehoben.

Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind gemäß § 23 a Abs.2 GVG neben den Nachlass- und Teilungssachen u.a. nochBetreuungssachen , Unterbringungssachen, betreuungsrechtlicheZuweisungssachen, Registersachen, Aufgebotsverfahren undGrundbuchsachen .

In Baden-Württemberg sind nach wie vor gemäß Art. 147 EGBGB i.V.m.§§ 1 Abs. 1 und 2, 38 LFGG die Notariate für Nachlasssachenzuständig7.

2. Allgemeine örtliche Zuständigkeit:

Eine Regelung über die örtliche Zuständigkeit im allgemeinen Teil desFamFG (§§ 1 bis 110 FamFG) wurde nicht geschaffen, statt dessen wirddie örtliche Zuständigkeit für jedes Verfahren gesondert inSpezialregelungen definiert, wie bspw. die örtliche Zuständigkeit inNachlasssachen gemäß § 343 FamFG.

Die allgemeine örtliche Zuständigkeit in allen Nachlassverfahrenbestimmt sich nach § 343 FamFG, soweit in § 344 FamFG keinespezielleren Regelungen enthalten sind8.

§ 343 FamFG:

Örtliche Zuständigkeit:

(1) Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz, dender Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte; fehlt ein inländischerWohnsitz, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasserzur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte.

6 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 4;7 Siehe auch Fröhler, BWNotZ 2008, 184;8 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.09;

Page 8: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

8

(2) Ist der Erblasser Deutscher und hatte er zur Zeit des Erbfalls imInland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist das AmtsgerichtSchöneberg in Berlin zuständig. Es kann die Sache aus wichtigenGründen an ein anderes Gericht verweisen.

(3) Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zur Zeit des Erbfalls imInland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist jedes Gericht, indessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden, für alleNachlassgegenstände zuständig.

§ 343 Abs. 1 FamFG entspricht dem bisher geltenden § 73 Abs. 1 FGG,danach besimmt sich auch nach Inkraftreten des FamFG die örtlicheZuständigkeit des Nachlassgerichts in erster Linie nach dem Wohnsitzdes Erblassers. Maßgebend ist der Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeitdes Erbfalls (also zur Zeit seines Todes) hatte; der Wohnsitz des Erbenund dessen Staatsangehörigkeit sind dagegen bei der Bestimmung derZuständigkeit belanglos9.

Der Wohnsitz des Erblassers bestimmt sich nach den §§ 7 – 11 BGB.Eine polizeiliche Meldung genügt allein nicht zur Begründung einesWohnsitzes10. Wohnsitz ist der örtliche Schwerpunkt derLebensbeziehung eines Menschen, der Wohnsitz wird durch dieständige Niederlassung an einem Ort begründet, er kann gleichzeitig anmehreren Orten bestehen11.

Bei mehreren Wohnsitzen gebührt nach § 2 Abs. 1 FamFG dem Gerichtder Vorzug, das als erstes mit der Angelegenheit befasst ist. Bisherwar gemäß § 4 FGG dem Gericht der Vorzug zu gewähren, das zuerst inder Angelegenheit tätig geworden ist. „Mit der Angelegenheit befasst“ist zeitlich vor dem „tätig geworden sein“ einzustufen. BeiAntragsverfahren ist das Gericht mit Antragseingang „befasst“, beiAmtsverfahren mit Kenntnisnahme von den verfahrenseinleitendenUmständen.

Hatte der deutsche Erblasser keinen inländischen Wohnsitz, so istgemäß § 343 Abs. 1 2. HS FamFG das Gericht zuständig, in dessenBezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte.Aufenthalt ist das tatsächliche Sein eines Menschen in Raum und Zeit12.

9 Siehe auch Zimmermann, Das neue FamFG,RdNr. 615;10 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.09;11 Köbler, Juristisches Wörterbuch, 10.Auflage;12 Köbler, Juristisches Wörterbuch, 10.Auflage;

Page 9: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

9

Gleichgültig ist hierbei, ob sich Nachlassgegenstände im Inland befindenoder nicht13.

Bei fehlendem Wohnsitz und Aufenthalt im Inland ist bei einemdeutschen Erblasser gemäß § 343 Abs. 2 FamFG das AmtsgerichtBerlin-Schönberg zuständig, das das Verfahren an ein anderes Gerichtverweisen kann. Die Vorschrift entspricht somit dem bisher geltenden§ 73 Abs. 2 FGG.

War der Erblasser Ausländer bestimmt sich die Zuständigkeit in ersterLinie ebenfalls nach dem Wohnsitz, hilfsweise nach dem Aufenthalt.Hatte der ausländische Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes wederWohnsitz noch Aufenthalt im Inland, so ist gemäß § 343 Abs. 3 FamFGjedes Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenständebefinden.

Im Gegensatz zum bisher geltenden § 73 Abs. 3 FGG, ist in § 343 Abs. 3FamFG die Zuständigkeit nun nicht mehr nur auf die im Inlandbelegenen Nachlassgegenstände beschränkt. Aus § 343 Abs. 3 FamFGkann sich auch eine Zuständigkeit für im Ausland belegeneNachlassgegenstände ergeben14.

Die örtliche Zuständigkeit gemäß § 343 Abs. 3 FamFG kann zu einerZuständigkeitskonkurrenz mehrerer Gerichte führen. Hier gilt wie obenbereits ausgeführt der Grundsatz, dass nach § 2 Abs. 1 FamFG demGericht, das zuerst mit der Angelegenheit befasst ist, der Vorzuggebührt.

Hinweis für die Praxis:

Es besteht die Gefahr, dass im Erbscheinsverfahren mehrereErbscheine von verschiedenen Gerichten erteilt werden, wenn sichNachlassgegenstände eines Ausländers in verschiedenenGerichtsbezirken befinden. Hier sollte jedes Nachlassgericht vorErteilung eines Erbscheins durch Anfrage bei denNachlassgerichten, in deren Bezirk sich ebenfallsNachlassgegenstände befinden, sicherstellen, dass auch eineörtliche Zuständigkeit im Hinblick auf § 2 FamFG besteht. Istbereits ein anderes Gericht mit der Angelegenheit befasst, ist nach§ 3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gerichtzu verweisen15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss.

13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;14 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.09;15 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.09;

Page 10: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

10

Fälle:

a) Erblasser Edmund E. mit letztem Wohnsitz in Brackenheim stirbt am04.10.2009 im Krankenhaus Brackenheim.

b) Erblasser Edmund E. mit letztem Wohnsitz in Brackenheim wird am04.10.2009 tot unter der Autobahnbrücke Widdern aufgefunden.

c) Der wohnsitzlose Edmund E. wird am 04.10.2009 Tod am Hafen inHeilbronn aufgefunden.

d) Der ursprünglich aus Stuttgart stammende Aussteiger Edmund E.stirbt am 04.10.2009 in seiner Finka auf Mallorca.

e) Der türkisch stämmige Ersin O. stirbt am 04.10.2009 mit letztemWohnsitz in Ulm.

f) Der Iraner Muhammed I. stirbt am 04.10.2009 bei einem längerenBesuch seiner Verwandten in Frankfurt am Main.

g) Der Russe Viktor K. stirbt am 04.10.2009 in St. Petersburg mit letztemWohnsitz in St. Petersburg. Viktor K. ist Eigentümer eines Hotels inBaden-Baden.

Frage:

Welches Nachlassgericht ist zuständig?

a) Gemäß § 343 Abs. 1 FamFG bestimmt sich die örtliche Zuständigkeitnach dem Wohnsitz den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte. Imvorliegenden Fall wäre das Notariat Brackenheim als Nachlassgerichtzuständig.

b) Auch hier ist das Notariat Brackenheim örtlich zuständig, maßgeblichist nur der letzte Wohnsitz, wo die Person verstorben ist, spielt keineRolle.

c) Der wohnsitzlose E hatte hatte zum Zeitpunkt seines Todes keineninländischen Wohnsitz. Gemäß § 343 Abs. 1 FamFG ist beim Fehleneines inländischen Wohnsitzes das Gericht zuständig, in dessen

Page 11: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

11

Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte, sodass hier das Notariat Heilbronn –Nachlassgericht- zuständig ist.

d) Im vorliegenden Fall ist gemäß § 343 Abs. 2 FamFG das AmtsgerichtSchöneberg in Berlin für die Nachlasssache zuständig, da derErblasser Deutscher ist, aber zur Zeit des Erbfalls im Inland wederWohnsitz noch Aufenthalt hatte. Das Amtsgericht Schöneberg kannjedoch die Nachlasssache an das Notariat Stuttgart verweisen.

e) Gemäß § 343 Abs. 1 und 3 FamFG ist auch hier zunächst dasNachlassgericht des Wohnsitzes des Ausländers für dieNachlasssache zuständig, insoweit gilt nichts anderes wie beim Todeines deutschen Erblassers. Zuständig ist das Notariat Ulm.

f) Der Erblasser hatte zur Zeit des Erbfalls keinen inländischenWohnsitz. Gemäß § 343 Abs. 1 und 3 FamFG ist auch hier dasGericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfallsseinen Aufenthalt hatte. Im vorliegenden Fall ist dies das AmtsgerichtFrankfurt am Main.

g) Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zur Zeit des Erbfalls imInland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist gemäß § 343 Abs. 3FamFG jedes Gericht, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenständebefinden, für alle Nachlassgegenstände zuständig. Die Zuständigkeitgemäß § 343 Abs. 3 FamFG wird nur dadurch begründet, dass sichim Gerichtsbezirk Nachlassgegenstände befinden. Im übrigen ist esnicht erforderlich, dass der ausländische Erblasser irgendwelcheBeziehungen zum Inland aufweist. Das deutsche Nachlassgericht istauch zuständig, wenn der Erblasser noch nie in Deutschlandgewesen ist.

Wichtig:

Die Zuständigkeit des Notariats Baden-Baden beschrä nkt sichnicht nur auf die im Bezirk oder auf die in Deutsch landbefindlichen Nachlassgegenstände, sondern auf den g esamtenNachlass, also auch auf den in Russland hinterlasse nenNachlass.

Page 12: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

12

3. Besondere örtliche Zuständigkeit:

3.1 Verwahrungszuständigkeit § 344 Abs. 1 bis 3 FamF G:

Die Vorschrift des § 344 Abs. 1 FamFG entspricht den bisherigen §73 Abs. 4 und 5 FGG, bis 31.12.2008 geregelt in § 2258 a BGB.Demnach ändert sich an der örtlichen Zuständigkeit für dieTestamentsverwahrung grundsätzlich nichts Wesentliches16.Vgl. hierzu auch Abschnitt VI Ziffer 2.

3.2 Sicherungszuständigkeit § 344 Abs. 4 FamFG:

Hierzu gehören die eigenen Sicherungsmaßnahmen desNachlassgerichts (Versiegelung der Wohnung), hauptsächlich aberdie Bestellung eines Nachlasspflegers. Die Zuständigkeit zurNachlassicherung in § 344 Abs. 4 FamFG entspricht der bisherigenRegelung des § 74 FGG, zuständig ist jedes Gericht, in dessenBezirk ein Fürsorgebedürfnis besteht.

3.3 Eröffnungszuständigkeit § 344 Abs. 6 FamFG:

Vgl. hierzu Abschnitt VII Ziffer 2.

3.4 Besondere örtliche Zuständigkeit zur Entgegennah me einerAusschlagungserklärung:

Vgl. hierzu Abschnitt IX.

16 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.2009;

Page 13: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

13

DeutscherErblasser

???????Inländischer

Wohnsitzzum

Todeszeitpunkt?

InländischerWohnsitz

vorhanden.

Kein inländischerWohnsitz

vorhanden.

???????Aufenthalt zum

Todeszeitpunkt imInland?

Aufenthalt zumTodeszeitpunkt war

im Inland.

Kein Aufenthalt imInland zum

Todeszeitpunkt

Zuständig:Nachlassgericht am

Wohnsitz.

Zuständig:Nachlassgericht am

letztenAufenthaltsort.

Zuständig:Amtsgericht Berlin-

Schöneberg

Page 14: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

14

V. Beteiligte am Nachlassverfahren §§ 7, 345 FamFG:

1. Beteiligtenbegriff:

Das FamFG regelt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstmalsausdrücklich die Beteiligteneigenschaft und schließt damit die wohlbekannteste Lücke im System rechtstaatlicher Verfahrensgarantien desbisherigen FGG17. Die Einführung eines Beteiligtenbegriffs ist eine der

17 Fröhler, BWNotZ 2008, 187;

AusländischerErblasser

???????Inländischer

Wohnsitzzum

Todeszeitpunkt?

InländischerWohnsitz

vorhanden.

Kein inländischerWohnsitz

vorhanden.

???????Aufenthalt zum

Todeszeitpunkt imInland?

Aufenthalt zumTodeszeitpunkt war

im Inland.

Kein Aufenthalt imInland zum

Todeszeitpunkt

Zuständig:Nachlassgericht am

Wohnsitz.

Zuständig:Nachlassgericht am

letztenAufenthaltsort.

Zuständig:Jedes Gericht indessen Bezirk

Nachlassvorhanden ist.

Page 15: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

15

großen Neuerungen des FamFG. Der Beteiligtenbegriff ist unteranderem von erheblicher Bedeutung für die Frage, wemVerfahrensrechte, bspw. der Anspruch auf rechtliches Gehör, zustehenund wer ein Beschwerderecht hat18.

Bei der Frage wer Beteiligter eines Verfahrens sein soll, geht es darumaus den Personen, die an einem Verfahren teilnehmen könnten,diejenigen herauszufiltern, denen eine Mitwirkungsfunktion amVerfahren zustehen soll. Der Gesetzgeber möchte durch die Regelungendes FamFG die Anzahl der Beteiligten an einem Verfahren ausKostengründen möglichst gering halten.

Die maßgeblichen Vorschriften des FamFG, in denen geregelt ist wer alsBeteiligter im Nachlassverfahren hinzuziehen ist oder hinzugezogenwerden kann sind § 7 FamFG und § 345 FamFG. Da § 345 FamFG lexspecialis zu § 7 FamFG ist, muss zunächst geprüft werden, ob auf dasjeweils vorliegende Verfahren zunächst § 345 FamFG Anwendungfindet. Erst wenn festgestellt wird, dass das jeweils vorliegendeVerfahren nicht in § 345 FamFG geregelt ist, findet als lex generalis § 7FamFG Anwendung.

Als Beispiel sei hier das Verfahren zur Eröffnung von Verfügungen vonTodes wegen genannt. Sollen die Beteiligten im Eröffnungsverfahrenermittelt werden, so ist zunächst zu prüfen, ob dieTatbestandsvoraussetzungen des § 345 FamFG beimEröffnungsverfahren erfüllt ist. § 345 Abs. 1 FamFG bestimmt lediglichdie Beteiligten im Erbscheinsverfahren, § 345 Abs. 2 FamFG giltausschließlich für die Erteilung von Zeugnissen gemäß § 1507 BGBsowie für §§ 36 und 37 Grundbuchordnung und §§ 42 und 74 derSchiffsregisterordnung. § 345 Abs. 3 FamFG findet nur für das Verfahrenzur Ernennung eines Testamentsvollstreckers, bzw. für die Erteilungeines Testamentsvollstreckerzeugnisses und gemäß § 345 Abs. 4FamFG für sonstige auf Antrag durchzuführende NachlassverfahrenAnwendung.

Gemäß § 348 Abs. 1 S. 1 FamFG hat das Gericht eine in seinerVerwahrung befindliche Verfügung von Todes wegen zu eröffnen, sobaldes vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangt. Die Eröffnung ist somitgemäß § 348 Abs. 1 S. 1 FamFG von Amts wegen durchzuführen. BeimEröffnungsverfahren handelt es sich also nicht um ein Antragsverfahren,so dass § 345 FamFG keine Anwendung findet.

18 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.2009;

Page 16: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

16

Merke:

§ 345 FamFG ist nur zur Ermittlung der Beteiligten inAntragsverfahren anzuwenden. Für von Amts wegendurchzuführende Verfahren, wie zum Beispiel dasEröffnungsverfahren, findet § 345 FamFG keine Anwen dung.

Mangels vorliegen eines Antragsverfahrens können die Beteiligten amEröffnungsverfahren gemäß § 345 FamFG nicht ermittelt werden, sodass auf den allgemeinen Teil des FamFG (Buch 1 §§ 1 bis 110 FamFG)zurückgegriffen werden muss. Sind die Tatbestandsvoraussetzungeneiner Spezialnorm, wie zum Beispiel § 345 FamFG, hinsichtlich derBeteiligteneigenschaft nicht erfüllt, wird die Beteiligteneigenschaft stetsdurch § 7 FamFG definiert. Wer als Beteiligter im Eröffnungsverfahrenvom Nachlassgericht hinzugezogen werden muss oder kann richtet sichsomit ausschließlich nach § 7 FamFG.

Merke:

Für alle von Amts wegen durchzuführenden Verfahren und die in §345 FamFG nicht ausdrücklich geregelten sonstigenNachlassverfahren sind die Beteiligten nur nach § 7 FamFG zuermitteln.

Antragsverfahren: § 345 FamFG

Amtsverfahren: § 7 FamFG

§ 345 FamFG definiert den Beteiligtenbegriff jedoch nicht abschließend.§ 7 FamFG wird nur insoweit von § 345 FamFG verdrängt, als er diesemwiderspricht19. Findet sich in § 345 FamFG keine Regelung die für odergegen die Beteiligteneigenschaft spricht, so ist wiederum § 7 FamFGanzuwenden. Nach § 345 Abs. 3 FamFG ist bspw. derTestamentsvollstrecker Beteiligter in einem Verfahren auf Erteilung einesTestamentsvollstreckerzeugnisses. Stellt aber bspw. einNachlassgläubiger Antrag auf Erteilung eines solchen Zeugnisses,hierzu berechtigt ist er aufgrund §§ 792, 896 ZPO, ergibt sich dieBeteiligtenstellung des Gläubigers unmittelbar aus § 7 Abs. 1 FamFG20.

19 Fröhler, BWNotZ 2008, 188;20 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.2009;

Page 17: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

17

Beteiligtenbegriff im bisherigen FGG:

Im bisher geltenden FGG fand sich keine Regelung, wer Beteiligter aneinem Verfahren ist. Wer Beteiligter ist / sein kann wurde daraufhindurch die Rechtssprechung und die Literatur mittels zweiBeteiligtenbegriffe entwickelt:

Formell Beteiligte: Personen, die am Verfahren teilnehmen, weil sieAnträge gestellt haben oder vom Gerichthinzugezogen worden sind.

Materiell Beteiligte: Personen, deren materielle Rechtsstellung durchdie zu erlassende Entscheidung unmittelbarbetroffen wird.

Das FamFG übernimmt diese sehr weitgehenden Beteiligtenbegriffenicht. Stattdessen definiert es den Beteiligtenbegriff völlig neu undunterscheidet künftig nur noch zwischen Beteiligten kraft Gesetz undkraft Hinzuziehung.

Sowohl § 7 FamFG wie auch § 345 FamFG unterscheiden zwischeneiner Beteiligteneigenschaft kraft Gesetz und kraft Hinzuziehung .

a) Beteiligte kraft Gesetz:

Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 und § 345 Abs. 1 S. 1 FamFG derAntragsteller.

b) Beteiligte kraft Hinzuziehung:

Die Beteiligteneigenschaft kraft Hinzuziehung untergliedert sichwiederum in die nachfolgenden Personengruppen,

aa) Personen, die aufgrund zwingender gesetzlicherAnordnung zum Verfahren hinzuzuziehen sind,beispielsweise die in § 345 Abs. 4 S. 1 FamFGgenannten Personen.

Page 18: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

18

bb) Diejenigen, die aufgrund gerichtlicherErmessensentscheidung zu beteiligen sind („könnenhinzugezogen werden“). Es wird also in das Ermessendes Nachlassgerichts gestellt, ob es diese Personenam Verfahren beteiligt21. Sie können somit Beteiligtesein, ohne dass es hierzu eines Antrags bedarf.

cc) Personen, die aufgrund ihres Antrags als Beteiligtehinzuzuziehen sind. Erfolgt ein Antrag dahingehend, soist die Person zwingend als Beteiligter hinzuzuziehen,ein Ermessenspielraum des Gerichts entfällt in diesemFall22. Gemäß § 7 Abs. 4 FamFG sind diese Personen,soweit sie dem Gericht bekannt sind, von der Einleitungdes Verfahrens zu benachrichtigen und über ihrAntragsrecht zu belehren.

Erläuterung des Beteiligtenbegriffs anhand des Erbscheinsverfahrens:

Fall:

Der Erblasser Edmund E. verstirbt am 15.09.2009. Er hinterlässt seineEhefrau und drei volljährige Kinder. Mit seiner Ehefrau hat er einprivatschriftliches gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet, dasbereits vom Nachlassgericht eröffnet wurde. In diesem Testament habensich die Ehegatten gegenseitig zu unbeschränkten Alleinerbeneingesetzt. Zusätzlich hat er seinen Stammtischfreunden P einVermächtnis in Höhe von € 500,-- für den nächsten Jahresausflugzugewendet.

Die Ehefrau möchte nun die Erteilung eines Erbscheins beimNachlassgericht beantragen.

Frage:

Welche Personen sind im Erbscheinsverfahren als Beteiligtehinzuzuziehen?

21 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.2009;22 Fröhler, BWNotZ 2008, 188;

Page 19: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

19

Da es sich beim Erbscheinsverfahren um ein Antragsverfahren handelt,richtet sich die Beteiligteneigenschaft zunächst nach § 345 FamFG undnicht nach der allgemeinen Vorschrift des § 7 FamFG.

Beteiligter kraft Gesetz ( „Ist oder Muss Beteiligter“ ) ist gemäß § 345Abs. 1 S. 1 FamFG die Ehefrau als Antragsteller .

Beteiligter aufgrund gerichtlicher Ermessensentsche idung ( „KannBeteiligter“ ) sind,

• gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 FamFG die gesetzlichen Erben .Dies sind im vorliegenden Fall die Ehefrau, sowie die 3 volljährigenKinder des Erblassers.

• gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FamFG, diejenigen, die nach demInhalt einer vorliegenden Verfügung von Todes wegen alsErben in Betracht kommen . Nach dem privatschriftlichengemeinschaftlichen Ehegattentestament kommt als Alleinerbe dieEhefrau in Betracht.

• gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 FamFG, die Gegner desAntragstellers, wenn ein Rechtsstreit über das Erbr echtanhängig ist .

• gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 FamFG, diejenigen, die im Fallder Unwirksamkeit der Verfügung von Todes wegen Erb e seinwürden . Im vorliegenden Fall würde nach Unwirksamkeit desTestaments die gesetzliche Erbfolge eintreten, so dass die Ehefrauund die 3 volljährigen Kinder zu Erben berufen wären.

• gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 FamFG, alle übrigen, deren Rechtam Nachlass durch das Verfahren unmittelbar betroff en wird .Fraglich ist ob die Stammtischfreunde P Beteiligte i.S.v. § 345 Abs.1 S. 2 Nr. 5 FamFG darstellen. M.E. wohl nicht, da die Wirksamkeitder Anordnung von Vermächtnissen nicht dadurch berührt wird,wer im Erbscheinsverfahren als Erbe festgestellt wird.

Page 20: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

20

Beteiligter aufgrund Antrag ( „Antragsbeteiligter“ ) sind gemäß § 345Abs. 1 S. 3 FamFG diesselben Personen wie die obengenanntenBeteiligten aufgrund gerichtlicher Ermessensentscheidung ( „KannBeteiligter“ ). Im vorliegenden Fall sind dies neben dem Ehegatten ( derals Antragsteller jedoch bereits gemäß § 345 Abs. 1 S. 1 FamFG als Istoder Muss Beteiligter zwingend Verfahrensbeteiligter ist ) und dieKinder. Die Stammtischfreunde P sind wohl auch hier nicht Beteiligte.

Es steht somit im Ermessen des Nachlassgerichts ob es die Kinder als(Kann) Beteiligte von Amts wegen zum Erbscheinsverfahren hinzuzieht.Stellt einer der genannten Personen jedoch Antrag auf Hinzuziehungzum Verfahren, so ist er zwingend vom Nachlassgericht amErbscheinsverfahren zu beteiligen, ein gerichtlicher Ermessenspielraumentfällt dann.

Vor Erlass des Erbscheinserteilungsbeschlusses und des Erbscheinsmuss das Nachlassgericht gemäß § 7 Abs. 4 FamFG die in § 345 Abs. 1S. 2 und 3 FamFG genannten „Antragsbeteiligten“ von der Einleitung desVerfahrens in Kenntnis setzen und sie über ihr Antragsrecht belehren. Esempfiehlt sich hier ein entsprechendes Formschreiben vor Aufnahmedes Erbscheinsantrags an den betroffenen Personenkreis zu versenden.Ein Antrag auf Hinzuziehung kann meiner Einschätzung noch bis zurRechtskraft des Erbscheinserteilungsbeschlusses beim Nachlassgerichtgestellt werden.

Merke:

„Ist oder Muss Beteiligter“: Erbscheinsverfahren, de rAntragsteller.

Ernennung TV oder Erteilung TV-zeugnis, derTestamentsvollstrecker.

„Kann Beteiligter“: Erbscheinsverfahren, die in § 34 5 Abs. 1 Satz 2 FamFG genannten Personen.

Ernennung TV oder Erteilung TV-zeugnis, die in § 345 Abs. 3 Satz 2FamFG genannten Personen.

Page 21: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

21

„Antragsbeteiligte“: Gleicher Personenkreis wie die „Kann-Beteiligten“. Wichtig sie müssen mittels Formschreiben benachrichtigt werden.

Exkurs:

§ 345 FamFG → Einschränkung von § 7 FamFG:

Gemäß § 7 Abs. 2 Ziffer 1 FamFG sind diejenigen als Beteiligte zumVerfahren hinzuziehen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbarbetroffen wird.

Unmittelbarkeit:

Diese besteht nur, wenn subjektive Rechte des Einzelnen betroffen sind;eine direkte Auswirkung auf eigene materielle nach öffentlichem oderprivatem Recht geschützte Positionen wird verlangt; es soll nichtgenügen, dass lediglich ideelle, soziale oder gar wirtschaftlicheInteressen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden23.

Ist der Tatbestand des § 7 Abs. 2 FamFG erfüllt muss der hiervonbetroffene Personenkreis zum Verfahren hinzugezogen werden, esbesteht seitens des Gerichts kein Ermessensspielraum mehr.

Im Gegensatz hierzu schränkt § 345 Abs. 1 Satz 2 FamFG den Umfangder Beteiligten dahingehend ein, dass es dem Gericht grundsätzlicheinmal einen Ermessensspielraum einräumt den Kreis der unmittelbardurch das Verfahren Betroffenen zu beteiligen, d.h. eine zwingendeBeteiligung wie bei § 7 Abs. 2 FamFG ist zunächst nicht vorgesehen.

Beispiel:

Im Erbscheinsverfahren sind der gesetzliche Erbe und derTestamentserbe gemäß § 345 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 und 2 FamFG nurauf Antrag zu beteiligen, obwohl sie zweifelsfrei unmittelbar betroffensind und gemäß § 7 Abs. 2 FamFG zwingend hinzuzuziehen wären.

23 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 24;

Page 22: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

22

Fall:

Selber Sachverhalt wie oben, der Erblasser Edmund E. verstirbt am15.09.2009. Er hinterlässt seine Ehefrau und drei volljährige Kinder. Mitseiner Ehefrau hat er ein privatschriftliches gemeinschaftlichesEhegattentestament errichtet. Das Testaments soll nun vomNachlassgericht eröffnet werden. In diesem Testament haben sich dieEhegatten gegenseitig zu unbeschränkten Alleinerben eingesetzt.Zusätzlich hat er seinen Stammtischfreunden P ein Vermächtnis in Höhevon € 500,-- für den nächsten Jahresausflug zugewendet.

Frage:

Welche Personen sind im Eröffnungsverfahren als Beteiligtehinzuzuziehen?

Da das Eröffnungsverfahren kein Verfahren gemäß § 345 FamFGdarstellt, ist für die Ermittlung der Verfahrensbeteiligten ausschließlich§ 7 FamFG maßgebend.

§ 7 Abs. 1 FamFG ist hier nicht einschlägig, da es sich beimEröffnungsverfahren um ein von Amts wegen durchzuführendesVerfahren handelt, so dass ein Antragsteller nicht vorhanden ist.

Gemäß § 7 Abs. 2 FamFG sind als Beteiligte hinzuziehen:

a) diejenigen deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffenwird,

b) diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes vonAmts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.

Im vorliegenden Fall sind vom Nachlassgericht im Eröffnungsverfahrendie Ehefrau als Testamentserbe, die Kinder als gesetzliche Erben, sowiedie Vermächtnisnehmer als unmittelbar Betroffene zu beteiligen. EinErmessensspielraum wie im Erbscheinsverfahren wird demNachlassgericht hier nicht gewährt, das Nachlassgericht muss beimEröffnungsverfahren diesen Personenkreis beteiligen.

Page 23: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

23

Das Nachlassgericht muss bei jedem Verfahren den Kreis der Beteiligtenneu ermitteln. Bspw. sind die Vermächtnisnehmer imEröffnungsverfahren unmittelbar betroffen und somit zu beteiligen,wogegen im Erbscheinsverfahren eine unmittelbare Betroffenheit zuverneinen ist.

Page 24: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

24

2. Muster Benachrichtigung von der Verfahrenseinlei tung gemäß §7 Abs. 4 FamFG:

Notar ia t Brackenheim- Nachlassgericht -

Notariat Brackenheim * Georg-Kohl-Straße 1 * 74336 Brackenheim

FrauBerta AltNeipperger Straße 574336 Brackenheim

Georg-Kohl-Straße 174336 Brackenheim

Tel.: 07135/9747111Fax: 07135/9747120

18.09.2009

Unser AZ: NG 7 2 / 2009/Ihr AZ:

Nachlasssache Emil Müller, zuletzt wohnhaft Knipfeles weg 5, 74336Brackenheim, verstorben am 15.09.2009 in Brackenhei m, geboren am09.09.1930

Sehr geehrte Frau Alt,

#in obengenannter Nachlasssache sind Sie nach den bisherigen Ermittlungen desNachlassgerichts aufgrund gesetzlicher Erbfolge / Verfügung von Todes wegen Erbe nachvorgenanntem Erblasser geworden.

# in obengenannter Nachlasssache ist Ihnen nach den bisherigen Ermittlungen desNachlassgerichts aufgrund Verfügung von Todes wegen ein Vermächtnis zugewendetworden.

#beim Nachlassgericht wurde die Erteilung eines Erbscheins beantragt. Zu diesemErbscheinsverfahren können Sie gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 FamFG als Beteiligtehinzugezogen werden.

Wenn Sie zu dem Nachlassverfahren als Beteiligte hinzugezogen werden wollen, bitte ichSie den beigefügten Antrag auf Hinzuziehung als Beteiligter auszufüllen und unterschriebendem Nachlassgericht zu übersenden.

Die allgemeinen Hinweise in Nachlasssachen sind diesem Schreiben zu Ihrer Informationangeschlossen.

Mit freundlichen Grüßen

Notar X

Page 25: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

25

3. Muster Anrag auf Hinzuziehung als Beteiligter:

zurück an:

Notariat Brackenheim-Nachlassgericht-Georg-Kohl-Straße 1

74336 Brackenheim

Nachlasssache Emil Müller, zuletzt wohnhaft Knipfeles weg 5, 74336Brackenheim, verstorben am 15.09.2009 in Brackenhei m, geboren am09.09.1930

Antrag auf Hinzuziehung als Beteiligte/r

In der o.g. Nachlasssache beantrage ich hiermit meine Hinzuziehung als Beteiligte/r undmache hierzu weitere Angaben:

Name: ......................................................

Vorname: ......................................................

Anschrift: ......................................................

Ich bin

( ) gesetzlicher Erbe; Verwandtschaftsverhältnis: ____________________

( ) Erbe aufgrund eines vorliegenden Testaments / Erbvertrags;Bezeichnung: ____________________

( ) Prozessgegner (nur bei einem Rechtsstreit über das Erbrecht)

( ) Sonstiger unmittelbar Betroffener;Erläuterung: ________________________________________

____________________, den ____________________

........................................(Unterschrift)

Page 26: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

26

VI. Verwahrung von letztwilligen Verfügungen

1. Verfahren bei besonderer amtlicher Verwahrung:

Das Verfahren zur besonderen amtlichen Verwahrung von Verfügungenvon Todes wegen war bisher in den §§ 2258 a, b BGB (für Testamente)und in § 2300 BGB (für Erbverträge) geregelt.

Mit Inkrafttreten des Personenstandsrechtsreformgesetz zum 01.01.2009sind die §§ 2258 a und b BGB weggefallen, § 2300 BGB wurdeentsprechend geändert. Das Verfahren zur besonderen amtlichenVerwahrung von Verfügungen von Todes wegen bestimmt sich seit dem01.01.2009 nach den §§ 82 a Abs. 1 bis 3 und 82 b Abs. 1 Satz 1 FGG.

§ 346 FamFG übernimmt dann zum 01.09.2009 die durch dasPersonenstandsrechtsreformgesetz geschaffenen Regelungen des § 82a Abs. 1 bis 3 FGG und des § 82 b Abs. 1 Satz 1 FGG24.

§ 346 FamFG:

Verfahren bei besonderer amtlicher Verwahrung:

(1) Die Annahme einer Verfügung von Todes wegen in besondereamtliche Verwahrung sowie deren Herausgabe ist von dem Richteranzuordnen und von ihm und dem Urkundsbeamten derGeschäftsstelle gemeinschaftlich zu bewirken.

(2) Die Verwahrung erfolgt unter gemeinschaftlichem Verschluss desRichters und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.

(3) Dem Erblasser soll über die in Verwahrung genommene Verfügungvon Todes wegen ein Hinterlegungsschein erteilt werden; beieinem gemeinschaftlichen Testament erhält jeder Erblasser eineneigenen Hinterlegungsschein, bei einem Erbvertrag jederVertragschließende.

24 Fröhler, BWNotZ 2008, 189; Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakamdie Baden-Württembergzum FamFG am 09.02.2009;

Page 27: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

27

Wesentliche Änderungen gegenüber dem bisher geltenden Recht enthält§ 346 Abs. 1 und 2 FamFG nicht. Erstmals ist in § 346 Abs. 3 FamFGjedoch geregelt, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament jedemTestierenden ein Hinterlegungsschein auszustellen ist. Bei einembesonders amtlich verwahrten Erbvertrag ist jedemVertragsschließenden ein Hinterlegungsschein auszustellen. Es wirdausdrücklich festgestellt, dass bei einem Erbvertrag jederVertragsschließende einen Hinterlegungsschein erhält, gleich ob er alsErblasser verfügt oder nur als Vertragspartner beteiligt ist.

Beispiel:

Vater A möchte mit Tochter B einen Erbvertrag beurkunden, in welchemer seiner Tochter im Wege des Vermächtnisses ein Mehrfamilienhauserbvertraglich bindend zuwendet. Beantragen die Vertragsschließendennun die besondere amtliche Verwahrung des Erbvertrags so ist sowohldem Vater A als auch der Tochter B einen Hinterlegungsschein über dieVerwahrung vom Verwahrgericht zu erteilen.

Merke:

Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist jedem Te stierendenein Hinterlegungsschein zu erteilen. Bei einem Erbv ertrag jedemVertragsschließenden, nur wenn der Erbvertrag in di e besondereamtliche Verwahrung genommen werden soll.

Die Rücknahme einer besonders amtlich verwahrten Verfügung vonTodes wegen bestimmt sich nach Inkrafttreten des FamFG am01.09.2009 nach § 346 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 2256 BGB. DieRücknahme einer besonders amtlich verwahrten Verfügung von Todeswegen hat weiterhin den Widerruf des Testaments oder Erbvertrags zurFolge. Das Testament oder der Erbvertrag kann weiterhin auch ohneVorlage des Hinterlegungsscheins aus der besonderen amtlichenVerwahrung zurückgegeben werden25. Das Testament darf gemäß §2256 Abs. 2 BGB nur an den Erblasser persönlich zurückgegebenwerden. Ein besonders amtlich verwahrter Erbvertrag darf gemäß § 2300Abs. 2 BGB nur an alle Vertragsschließenden gemeinschaftlichzurückgegeben werden.

25 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 677;

Page 28: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

28

Kostenrechtlich sind nach Inkrafttreten des FamFG in Bezug auf diebesondere amtliche Verwahrung keine Änderungen zu verzeichnen. DieKosten der besonderen amtlichen Verwahrung bestimmen sich nach §101 KostO, hiernach wird für die Verwahrung einer Verfügung von Todeswegen ein Viertel der vollen Gebühr erhoben. Die Rücknahme aus derbesonderen amtlichen Verwahrung erfolgt gebührenfrei. Deranzusetzende Wert bestimmt sich gemäß §§ 103 Abs. 1, 46 Abs. 4KostO nach dem Reinvermögen bzw. nach dem Bruchteil desReinvermögens über den verfügt wird.

Gemäß § 342 Abs. 1 Ziffer 1 FamFG sind Verfahren, die die besondereamtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen betreffenNachlasssachen, so dass ab dem 01.09.2009 für die Verwahrung dieNachlassgerichte zuständig sind. Das bisherige Verwahrgericht, alseigenständiges Gericht, wird somit abgeschafft.

Page 29: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

29

2. Muster Hinterlegungsschein:

Notar ia t Brackenheim I-Nachlassgericht -

Notariat Brackenheim I * Georg-Kohl-Straße 1 * 74336 Brackenheim

HerrnEmil Müller

Knipfelesweg 5

74336 Brackenheim

Georg-Kohl-Straße 174336 Brackenheim

Tel.: 07135/9747115Fax: 07135/9747120

16.09.2009

Unser AZ: I VW 134 / 2009/

Verwahrungsbuch-Nr. 100538

Sehr geehrter Herr Müller,

Hinterlegungsscheinüber eine Verfügung von Todes wegen

Verwahrungsbuch Nr. 100538

Hinterleger:

Emil Müller, Knipfelesweg 5, 74336 BrackenheimBerta Alt, Neipperger Straße 5, 74336 Brackenheim

Ein mit dem Siegel des Notariat Brackenheim I verschlossener Umschlag, der nach derAufschrift einen notariell beurkundeten Erbvertrag (567 / 2009 des Notars X beim NotariatBrackenheim vom 15.09.2009) enthält, wurde am 16.09.2009 unter Verwahrungsbuch-Nr.100538 in die besondere amtliche Verwahrung genommen.

Diesen Hinterlegungsschein bitte sorgfältig aufbewahren,er ist bei Eröffnung oder Rücknahme zurückzugeben!

Ein Hinterlegungsschein ist jedem Testierenden / Vertragschließenden erteilt.

#Eine Rücknahme kann nur erfolgen, wenn alle Testierenden / Vertragschließenden dieRückahme beantragen.

Notar X

Page 30: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

30

3. Mitteilung über die Verwahrung:

Die Mitteilungspflichten der Nachlassgerichte für Verfügungen von Todeswegen, die in die besondere amtliche Verwahrung gegeben wurden,bzw. der jeweils beurkundenden Stelle für Erbverträge waren bishergesetzlich nicht geregelt.

Durch § 347 FamFG wird erstmals eine gesetzliche Grundlage für einRegistrierungs- und Mitteilungssystem geschaffen, das das Auffindenvon Testamenten und Erbverträgen, die vom Erblasser in besondereamtliche Verwahrung gegeben wurden, nach dessen Tod sicherstellensoll26. Das bisherige Registrierungs- und Meldesystem war in der„Allgemeinen Verfügung (AV) der Länder über Benachrichtigungen inNachlasssachen“ geregelt, die lediglich einer zwischen denBundesländern vereinbarten Verwaltungsvorschrift entsprach27.

§ 347 FamFG:

Mitteilung über die Verwahrung:

(1) Über jede in besondere amtliche Verwahrung genommeneVerfügung von Todes wegen ist das für den Geburtsort desErblassers zuständige Standesamt schriftlich zuunterrichten. Hat der Erblasser keinen inländischenGeburtsort , ist die Mitteilung an das Amtsgericht Schönebergin Berlin zu richten. Bei den Standesämtern und beimAmtsgericht Schöneberg in Berlin werden Verzeichnisse überdie in amtlicher Verwahrung befindlichen Verfügungen vonTodes wegen geführt. Erhält die das Testamentsverzeichnisführende Stelle Nachricht vom Tod des Erblassers , teilt siedies dem Gericht schriftlich mit, von dem die Mitte ilungnach Satz 1 stammt . Die Mitteilungspflichten der Standesämterbestimmen sich nach dem Personenstandsgesetz.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für ein gemeinschaftlichesTestament , das nicht in besondere amtliche Verwahrunggenommen worden ist, wenn es nach dem Tod desErstverstorbenen eröffnet worden ist und nichtausschließlich Anordnungen enthält, die sich auf den mit demTod des verstorbenen Ehegatten oder des verstorbenenLebenspartners eingetretenen Erbfall beziehen.

26 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 678;27 Fröhler, BWNotZ 2008, 189;

Page 31: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

31

(3) Für Erbverträge , die nicht in besondere amtlicheVerwahrung genommen worden sind, sowie für gerichtlicheoder notariell beurkundete Erklärungen , nach denen dieErbfolge geändert worden ist, gilt Absatz 1 entsprechend; indiesen Fällen obliegt die Mitteilungspflicht der Stelle, die dieErklärungen beurkundet hat .

(4) Die Landesregierungen erlassen durch RechtsverordnungVorschriften über Art und Umfang der Mitteilungen nach denAbsätzen 1 bis 3 sowie § 34a des Beurkundungsgesetzes, überden Inhalt der Testamentsverzeichnisse sowie die Löschung derin den Testamentsverzeichnissen gespeicherten Daten. DieErhebung und Verwendung der Daten ist auf das für dieWiederauffindung der Verfügung von Todes wegenunumgänglich Notwendige zu beschränken . Der dasTestamentsverzeichnis führenden Stelle dürfen nur dieIdentifizierungsdaten des Erblassers , die Art der Verfügungvon Todes wegen sowie das Datum der Inverwahrnahmemitgeteilt werden. Die Fristen für die Löschung der Daten dürfendie Dauer von 5 Jahren seit dem Tod des Erblassers nichtüberschreiten; ist der Erblasser für tot erklärt oder derTodeszeitpunkt gerichtlich festgelegt worden, sind die Datenspätestens nach 30 Jahren zu löschen.

(5) Die Mitteilungen nach den Absätzen 1 bis 3 sowie § 34a desBeurkundungsgesetzes können elektronisch erfolgen. DieLandesregierungen bestimmen durch Rechtsverordnung denZeitpunkt, von dem an Mitteilungen in ihrem Bereichelektronisch erteilt und eingereicht werden können, sowie die fürdie Bearbeitung der Dokumente geeignete Form.

(6) Die Landesregierungen können die Ermächtigungen nachAbsatz 4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 2 durch Rechtsverordnungauf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

§ 347 FamFG übernimmt die zum 01.01.2009 über dasPersonenstandsrechtsreformgesetz neu eingeführten Regelungen ausden §§ 82a Abs. 4 bis 7, 82b Abs. 2 FGG über die Mitteilungspflichtender Nachlassgerichte für Verfügungen von Todes wegen, die in diebesondere amtliche Verwahrung gegeben wurden, bzw. der jeweilsbeurkundenden Stellen, für Erbverträge die nicht in die besondereamtliche Verwahrung gegeben wurden, sowie für gerichtliche oder

Page 32: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

32

notariell beurkundete Erklärungen, nach denen die gesetzliche Erbfolgegeändert worden ist.

Fall:

Erblasser Edmund E geboren in Heilbronn errichtet am 15.09.2009 vordem Notar X beim Notariat Brackenheim ein einseitiges notariellesTestament. Notar X nimmt das Testament in seiner Eigenschaft alsverwahrendes Nachlassgericht unverzüglich nach Beurkundung in diebesondere amtliche Verwahrung.

Frage:

Was muss Notar X ab dem 01.09.2009 noch tun?

Gemäß § 347 Abs. 1 S. 1 FamFG ist das verwahrende Nachlassgerichtverpflichtet über jede in besondere amtliche Verwahrung genommeneVerfügung von Todes wegen das für den Geburtsort des Erblasserszuständige Standesamt schriftlich zu unterrichten.

Im vorliegenden Fall ist von Notar X in seiner Eigenschaft alsverwahrendes Nachlassgericht das Standesamt Heilbronn über dieVerwahrung zu unterrichten. Die Mitteilung muss schriftlich erfolgen undkann somit wie nach bisher geltendem Recht mittels gelberMitteilungsnachricht erfolgen.

Gleiches gilt wenn der Erblasser keinen inländischen Geburtsort hat, indiesem Fall ist unverändert das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuunterrichten.

Abwandlung:

Der öffentliche (freiberuflich tätige) Notar N in Heilbronn hat dasvorgenannte Testament von Erblasser Edmund E. beurkundet. Da Ederzeit in Brackenheim seinen Wohnsitz hat, hält er es für sinnvoll, dasssein Testament auch dort verwahrt wird! Unverzüglich nachBeurkundung reicht Notar N das Testament auf Wunsch des E beimNotariat Brackenheim zur besonderen amtlichen Verwahrung ein.

Page 33: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

33

Frage:

Kann Notar X das Testament zur besonderen amtlichen Verwahrungannehmen? Wer muss das Geburtsstandesamt des Edmund E.benachrichtigen?

Gemäß § 344 Abs. 1 Ziffer 1 FamFG ist, wenn das Testament vor einemNotar errichtet ist, das Gericht für die besondere amtliche Verwahrungzuständig, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat.

Somit wäre im vorliegenden Fall grundsätzlich das Notariat Heilbronn fürdie Verwahrung des Testaments zuständig.

Gemäß § 344 Abs. 1 Satz 2 FamFG kann der Erblasser jederzeit dieVerwahrung bei einem nach § 344 Abs. 1 S. 1 Ziffer 1 bis 3 FamFGörtlich nicht zuständigen Gericht verlangen.

Wenn E die Verwahrung in Brackenheim für sinnvoller hält, kann er dieVerwahrung beim Notariat Brackenheim (als örtlich nicht zuständigesverwahrendes Nachlassgericht) verlangen. Notar X beim NotariatBrackenheim ist somit auf Verlangen des E für die besondere amtlicheVerwahrung zuständig.

Ihm obliegt es auch das Geburtsstandesamt des E von der Verwahrungzu benachrichtigen, denn gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 FamFG muss überjede in besondere amtliche Verwahrung genommene Verfügung vonTodes wegen das Geburtsstandesamt unterrichtet werden. Gleichgültigist hierbei, ob die Verfügung von Todes wegen von einem öffentlichenNotar oder von einem Bezirksnotar stammt.

Abwandlung:

Das Standesamt Heilbronn, als Geburtsstandesamt des Edmund E.,erhält nun Nachricht, dass E mit letztem Wohnsitz in Münchenverstorben ist. Aus der beim Standesamt Heilbronn gemäß § 347 Abs. 1Satz 3 FamFG geführten Testamentskartei, ergibt sich nun, dass eineVerfügung von Todes wegen des E in Brackenheim verwahrt ist.

Gemäß § 347 Abs. 1 Satz 4 FamFG wird das Standesamt Heilbronn dasNotariat Brackenheim schriftlich über den Tod und die Verwahrung inKenntnis setzen, welches daraufhin die Eröffnung des Testaments des Ebewirkt.

Page 34: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

34

Gemäß § 347 Abs. 2 FamFG ist dem Geburtsstandesamt auch über eingemeinschaftliches Testament, das nicht in besondere amtlicheVerwahrung genommen worden ist, Mitteilung zu machen, wenn es nachdem Tod des Erstverstorbenen eröffnet worden ist und nichtausschließlich Anordnungen enthält, die sich auf den Tod des zuerstverstorbenen Ehegatten beziehen.

Betroffen hiervon sind ausschließlich privatschriftliche gemeinschaftlicheEhegattentestamente, die nach der Eröffnung auf den Tod deserstverstorbenen Ehegatten in dessen Nachlassakten verwahrt werden.Eine Mitteilung an das Geburtsstandesamt des überlebenden Ehegattenhat aber nur dann zu erfolgen, wenn das Testament auch Anordnungenauf den Tod des überlebenden Ehegatten enthält.

Für gemeinschaftliche notarielle Ehegattentestamente gilt § 347 Abs. 2FamFG nicht, da diese nach Eröffnung auf den Tod desErstverstorbenen gemäß § 349 Abs. 2 FamFG erneut in die besondereamtliche Verwahrung zurückzubringen sind, soweit sie auchAnordnungen auf den Tod des Überlebenden enthalten.

Gemäß § 347 Abs. 3 FamFG gilt die Mitteilungspflicht an dieGeburtsstandesämter nach Abs. 1 auch für Erbverträge, die nicht in diebesondere amtliche Verwahrung genommen worden sind und fürgerichtliche oder notariell beurkundete Erklärungen, nach denen dieErbfolge geändert worden ist. Bei solchen Erklärungen handelt es sichvor allem um Eheverträge, Scheidungsfolgenvereinbarungen oderErbverzichtsverträge.

Bei Erbverträgen, die nicht in die besondere amtliche Verwahrunggenommen werden, hat die Mitteilung gemäß § 34a Abs. 1 BeurkGdurch den Notar zu erfolgen, der den Erbvertrag beurkundet hat undsomit auch für die Verwahrung bis zum Tod des Erblassers zuständig ist,gleichgültig ob es sich hierbei um einen öffentlichen (freiberuflichen)Notar oder um einen Bezirksnotar handelt.

Besonderheiten im Bereich des Bezirksnotariats:

Ein Erbvertrag, der von einem Notar beurkundet worden ist und nicht indie besondere amtliche Verwahrung genommen wurde, wird gemäߧ 34a Abs. 1 BeurkG bis zum Tode des Erblassers in der Urkundenrolledes beurkundenden Notars verwahrt. Der verwahrende Notar führthierzu eine entsprechende Erbvertragskartei.

Page 35: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

35

Gleiches, d.h. Verwahrung in der Urkundenrolle und Führung einerErbvertragskartei, gilt grundsätzlich auch wenn der Erbvertrag von einemBezirksnotar beurkundet worden ist.

Wohl aus technischen Gründen wird über das Programm Noah imBereich Verwahrgericht ein Verwahrvorgang für einen im Bezirksnotariatbeurkundeten Erbvertrag angelegt und eine entsprechendeVerwahrungsbuchnummer vergeben, obwohl sich der Erbvertragweiterhin in der notariellen Verwahrung und nicht in der Verwahrung desNachlassgerichts (Verwahrgericht) befindet.

Hintergrund war wohl die Einsparung eines Verzeichnisses. Es werdensomit sowohl die beim Nachlassgericht (Verwahrgericht) besondersamtlich verwahrten Verfügungen von Todes wegen wie auch die notariellverwahrten Erbverträge unter fortlaufenden Nummern imVerwahrungsbuch registriert. Fraglich ist nur, ob hierdurch keineVerwirrung entsteht, insbesondere auch im Hinblick auf eine spätereÜberleitung in ein freiberufliches Notariat.

Abzulehnen ist jedoch die Ansicht, dass der Erbvertrag nur durch denEintrag in das Verwahrungsbuch automatisch von der notariellen in dieamtliche Verwahrung des Nachlassgerichts (Verwahrgericht) gelangt.Denn in diesem Fall würde sich dann die Frage stellen, ob für dieVerbringung des Erbvertrags nach Beurkundung durch den Bezirksnotarin die amtliche Verwahrung des Nachlassgerichts (Verwahrgericht, imgleichen Bezirksnotariat) eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist undwenn ja, ob hierfür zusätzlich eine Verwahrgebühr zu erheben wäre.

Für die Mitteilungen an die Geburtsstandesämter nach Beurkundung undVerwahrung eines Erbvertrags werden bisher bei den Bezirksnotariatenkeine Auslagen berechnet. Die notarielle Verwahrung von Erbverträgenwird kostenrechtlich behandelt wie die Verwahrung durch dasverwahrende Nachlassgericht (Verwahrgericht), mit dem Unterschied,dass keine Verwahrgebühr anfällt. Richtigerweise müßten dieMitteilungen an die Geburtsstandesämter nach Beurkundung undVerwahrung eines Erbvertrags durch den Bezirksnotar kostenrechtlichals notarielle und nicht als gerichtliche Tätigkeit behandelt werden, sodass Auslagen und Porto für die Mitteilungen berechnet werden können.

Page 36: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

36

Zusammenfassung:

Die Mitteilung an das Geburtsstandesamt muss in folgenden Fällenerfolgen:

� Bei jeder in besondere amtliche Verwahrung genommeneVerfügung von Todes wegen,

� privatschriftliche gemeinschaftliche Ehegattentestamente, die inden Nachlassakten des Erstverstorbenen verwahrt sind, wenn sieAnordnungen auf den Tod des Überlebenden enthalten,

� Erbverträge, die nicht besonders amtliche verwahrt werden, also inder Urkundensammlung des beurkundenden Notars aufbewahrtwerden,

� sonstige gerichtliche oder notariell beurkundete Erklärungen, diedie Erbfolge ändern.

Hinweis:

Wird eine Verfügung von Todes wegen gemäß § 2256 BG B durchRücknahme aus der amtlichen Verwahrung widerrufen, so erfolgtgemäß § 347 FamFG keine Mitteilung an das Geburtsst andesamt.

4. Inhalt der Verwahrungsnachricht:

Gemäß § 347 Abs. 4 FamFG erlassen die Landesregierungen durchRechtsverordnung Vorschriften über Art und Umfang derMitteilungen an die Geburtsstandesämter, über den Inhalt derTestamentsverzeichnisse sowie die Löschung der in denTestamentsverzeichnissen gespeicherten Daten.

In § 347 Abs. 4 FamFG gibt der Bundesgesetzgeber lediglich denRahmen für die Art und den Umfang der Mitteilungspflichten vor. DieLänder sind verpflichtet diesen gesetzlichen Rahmen durch Erlass vonRechtsverordnungen entsprechend auszugestalten.

Page 37: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

37

Der gesetzliche Rahmen des § 347 Abs. 4 FamFG beschränkt jedochdie Ausgestaltungsmöglichkeit der Länder dahingehend, dass dieÜbermittlung der Daten des Erblassers auf das für die Wiederauffindungder Verfügung von Todes wegen unumgängliche zu beschränken ist.

An das Geburtsstandesamt dürfen gemäß § 347 Abs. 4 FamFG nur nochfolgende Daten mitgeteilt werden:

� Identifizierungsdaten des Erblassers

� Art der Verfügung von Todes wegen

� Datum der Inverwahrnahme

Page 38: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

38

5. Muster einer Mitteilung an das Geburtsstandesamt gemäß § 347Abs. 4 FamFG:

Personalien des Erblassers des Ehemannes/Mannes, desLPartners/der LPartnerin

Geburtsname soweit vorhanden

Familienname ggf. Familien -(Ehe-/Lebenspartnerschafts)namen ausfüheren Ehen oder Lebenspartnerschaften)

Müller

Vornamen Max

Geburtstag 09.09.1934

Geburtsort, Gemeinde, Kreis Lauffen

Standesamt und Nr. soweit vorhanden

Wohnort

(mit Straße undHausnummer)

74336 BrackenheimKnipfelesweg 6

Vor- und Familien-, ggf.Geburtsname des Vaters

Vor- und Familien-, ggf.Geburtsname der Mutter

Einseitiges notariell beurkundetes Testament vom 15.10.2009 (UR678/1988 Notars X in Brackenheim), Verwahrungsbuch Nr. 100435.

Notariat Brackenheim IGeorg-Kohl-Straße 1 74336 Brackenheim

Tel.: 07135/9747115 Fax: 07135/9747120

Notariat Georg-Kohl-Straße 1 74336 Brackenheim

Stadt Lauffen am Neckar-Standesamt-Rathausstr. 1074348 Lauffen am Neckar

Die nebenstehend bezeichnete Urkundeist am 15.10.2009 unterVerwahrungsbuch Nummer 100435 indie besondere amtliche Verwahrunggenommen worden.

Diese Mitteilung ist maschinell erstellt und nichtunterschrieben.

(Vom Standesamt auszufüllen:

Nachricht über Sterbefall abgesandt anam

Page 39: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

39

VII. Eröffnungsverfahren

1. Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen durch d asNachlassgericht:

Maßgebliche Vorschrift ist § 348 FamFG, er tritt an die Stelle derbisherigen §§ 2260 und 2262 BGB.

§ 348 FamFG:

Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen

(1) Sobald das Gericht vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangthat, hat es eine in seiner Verwahrung befindliche Verfügung vonTodes wegen zu eröffnen. Über die Eröffnung ist eineNiederschrift aufzunehmen. War die Verfügung von Todes wegenverschlossen , ist in der Niederschrift festzustellen, ob derVerschluss unversehrt war.

(2) Das Gericht kann zur Eröffnung der Verfügung von Todes wegeneinen Termin bestimmen und die gesetzlichen Erben sowie diesonstigen Beteiligten zum Termin laden . Den Erschienenen istder Inhalt der Verfügung von Todes wegen mündlich bekannt zugeben. Sie kann den Erschienenen auch vorgelegt werden; aufVerlangen ist sie ihnen vorzulegen.

(3) Das Gericht hat den Beteiligten den sie betreffenden Inhalt derVerfügung von Todes wegen schriftlich bekannt zu geben . Diesgilt nicht für Beteiligte, die in einem Termin nach Abs. 2anwesend waren.

§ 348 FamFG regelt zunächst nur die Eröffnung von Testamenten undErbverträgen, die bei dem Nachlassgericht verwahrt werden, das für dieNachlasssache zuständig ist. Das sind zum einen Testamente, die sichin besonderer amtlicher Verwahrung des Verwahrgerichts befinden, undzum anderen Erbverträge, die sich in der amtlichen Verwahrung in derUrkundensammlung des Notariats befinden.

Page 40: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

40

Fall:

Erblasser Edmund E. verstirbt am 03.10.2009 mit letztem Wohnsitz inBrackenheim. Beim alltäglichen durchblättern der Zeitung liest Notar Xam 05.10.2009 die Traueranzeige und nimmt Kenntnis vom Tode des E.Umgehend weist er seine Mitarbeiterin Frau Z an zu prüfen, ob imNotariat Testamente oder Erbverträge von E verwahrt werden. Frau Zlegt Notar X ein notarielles Testament und einen Erbvertrag des E vor.Notar X beschließt die Verfügungen von Todes wegen noch am gleichenTag zu eröffnen. Die Sterbfallmitteilung vom Standesamt geht beimNotariat Brackenheim erst am 11.10.2009 ein.

Frage:

Durfte Notar X die Verfügungen von Todes wegen bereits vor Eingangder Sterbfallmitteilung des Standesamtes eröffnen?

Der letzte Wohnsitz des E war Brackenheim, somit ist das NotariatBrackenheim gemäß § 343 Abs. 1 FamFG als Nachlassgericht in dieserNachlasssache und schlussendlich auch zur Eröffnung der Verfügungvon Todes wegen zuständig. Gemäß § 348 Abs. 1 FamFG ist einTestament oder ein Erbvertrag vom Nachlassgericht zu eröffnen, sobaldes Kenntnis vom Tode des Erblassers hat. Konnte Notar X sicher sein,dass es sich bei dem in der Traueranzeige genannten E auch um diegleiche Person handelt, die beim Notariat Brackenheim das Testamentund den Erbvertrag errichtet hat, so muss er das Testament und denErbvertrag als Nachlassgericht unabhängig von einer Sterbemitteilungdes Standesamtes eröffnen. Die sofortige Eröffnung des Testaments undErbertrags durch Notar X war somit richtig.

Um sicher zu gehen empfiehlt es sich jedoch dennoch dieSterbemitteilung des Standesamtes abzuwarten. Inhaltliche Änderungender Eröffnungsniederschrift ergeben sich durch das Inkrafttreten desFamFG nicht, es kann mit den derzeitigen Noahmustern weitergearbeitetwerden.

Page 41: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

41

Merke:

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Eröffnung ist die po sitive Kenntnisvom Tod des Erblassers.

Bei allen besonders amtlich verwahrten Verfügungen von Todeswegen (Testamente und gemeinschaftlichen Ehegattent estamente)muss in der Eröffnungsniederschrift festgestellt we rden, dassVerschluss und Siegel unversehrt waren, bei Erbvert rägen, dieregelmäßig in der Urkundenrolle des Notariats verwa hrt werden(einfache amtliche Verwahrung) ist dies nicht erfor derlich.

Abwandlung:

Notar X hat das Testament und den Erbvertrag ohne Bestimmung einesTermins und Ladung der Erben eröffnet.

Frage:

Durfte er dies auch nach Inkrafttreten des FamFG?

Nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut des § 2260 Abs. 1 BGB war zurEröffnung der Verfügung von Todes wegen ein Termin zu bestimmen. Zudiesem Termin sollten die gesetzlichen Erben und die sonstigenBeteiligten geladen werden.

Die bisherige Rechtslage sah also die Eröffnung von Verfügungen vonTodes wegen mit Ladung der Beteiligten als Regelfall vor und dieEröffnung ohne Ladung als Ausnahme.

Nach dem Wortlaut des § 348 Abs. 2 FamFG kann das Nachlassgerichtzur Eröffnung einen Termin bestimmen und die Beteiligten laden.Abweichend zum bisherigen Gesetzeswortlaut des § 2260 Abs. 1 BGBsind die gesetzlichen Erben und sonstigen Beteiligten nicht mehrgrundsätzlich zum Termin zu laden. Die Eröffnung von Verfügungen vonTodes wegen ohne Ladung der Beteiligung ist nach dem FamFGnunmehr der Regelfall. Eine Ladung der Beteiligten obliegt dempflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts28.

28 Schaal, Sonderveranstaltung der Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.09

Page 42: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

42

Notar X hat auch nach Inkrafttreten des FamFG keinen Verfahrensfehlerbegangen, als er das Testament und den Erbvertrag ohne Ladung derBeteiligten eröffnete.

Merke:

Regelfall nach dem FamFG ist die Eröffnung von Verf ügungen vonTodes wegen ohne Ladung der gesetzlichen Erben und sonstigenBeteiligten.

Abwandlung:

Erblasser E hinterlässt seine Ehefrau F und seine beiden volljährigenKinder A und B. In dem einseitig notariell beurkundeten Testament hat Eseine beiden Kinder als Erben je zur Hälfte eingesetzt. Seiner Ehefrauhat er im Wege des Vermächtnisses seine Miteigentumshälfte amgemeinschaftlichen Familienwohnheim zugewendet. Weiterhin hat Eeinen Erbvertrag mit seiner langjährigen Affäre M geschlossen. Indiesem Erbvertrag hat E ihr vertraglich bindend ein Geldvermächtnis inHöhe von 5000,-- EUR zugewendet.

Frage:

Wen muss Notar X von der Eröffnung benachrichtigen?

Gemäß § 348 Abs. 3 FamFG hat das Nachlassgericht die Beteiligtenvon dem sie betreffenden Inhalt der eröffneten Verfügung zubenachrichtigen. Die Vorschrift übernimmt die Regelungen im bisherigen§ 2262 BGB, insoweit ergeben sich durch das FamFG keineNeuerungen oder Änderungen zur bisherigen Rechtspraxis.

Die Bekanntgabe hat an die Beteiligten zu erfolgen. Zu prüfen ist somitwer Beteiligter im vorgenannten Eröffnungsverfahren ist. Wer Beteiligterim Nachlassverfahren sein kann ergibt sich aus den §§ 345, 7 FamFG.Da es sich bei der Eröffnung von Verfügungen von Todes um ein vonAmts wegen durchzuführendes Verfahren handelt, richtet sich dieBeteiligtenfähigkeit ausschließlich nach § 7 FamFG, da § 345 FamFGnur für Antragsverfahren anwendbar ist.

Page 43: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

43

Gemäß § 7 Abs. 2 Ziffer 1 FamFG sind als Beteiligte diejenigenPersonen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroff enwird , zum Verfahren hinzuzuziehen. Im vorliegenden Nachlassfall desErblassers E sind unmittelbar von der Eröffnung der Verfügungen vonTodes wegen betroffen:

a) die gesetzlichen Erben, im vorliegenden Fall die Ehefrau F unddie beiden Kinder A und B.

b) diejenigen, die nach dem Inhalt der eröffneten Verfügung vonTodes wegen als Erben in Betracht kommen, hier die beidenKinder A und B

c) die Vermächtnisnehmer, im vorliegenden Fall die Ehefrau F unddie Affäre M.

Notar X muss also die Ehefrau F als gesetzliche Erbin, bzw.Vermächtnisnehmerin, die Kinder als gesetzliche Erben und imTestament eingesetzte Erben und die Affäre M als Vermächtnisnehmerinbenachrichtigen.

Merke:

Im Eröffnungsverfahren unmittelbar betroffen und da mit zubenachrichtigen sind immer die gesetzlichen Erben, die durch dieVerfügung von Todes wegen eingesetzten Erben, sowie etwaigeVermächtnisnehmer und Testamentsvollstrecker.

Definition „Unmittelbarkeit“ vgl. Abschnitt V Exkurs Seite 21 des Skripts.

Abwandlung:

Um seinen Mitarbeitern möglichst Arbeit und Zeit zu ersparen, möchteNotar X allen Beteiligten eine vollständige beglaubigte Abschrift derEröffnungsniederschrift, des Testaments und des Erbvertrags zusenden.

Frage:

Darf er dies?

Gemäß § 348 Abs. 3 FamFG hat das Gericht den Beteiligten nur densie betreffenden Inhalt der Verfügung von Todes wegen bekannt zugeben .

Page 44: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

44

Bei der Benachrichtigung der Beteiligten hat Notar X wie folgtvorzugehen:

- Den gesetzlichen Erben: das vollständige Testament und den vollständigen Erbvertrag.

- Den eingesetzten Erben: das vollständige Testament und den vollständigen Erbvertrag.

- Den Vermächtnisnehmern: nur die sie betreffende Passage der Vermächtniszuwendung im Testament, bzw. im Erbvertrag.

Merke:

Bei der Benachrichtigung nach erfolgter Eröffnung i st genau daraufzu achten, dass der jeweilige Beteiligte nur von de m ihnbetreffenden Inhalt Kenntnis erlangt, der restliche Inhalt ist beiFertigung der Kopien entsprechend abzudecken. Im Zw eifel beimNotar / vertreter nachfragen.

Gemäß § 348 Abs. 3 FamFG hat die schriftliche Bekanntgabe nur andiejenigen Beteiligten zu erfolgen, die nicht bei einem Eröffnungsterminanwesend waren. Die Benachrichtigung der Beteiligten erfolgt in derForm des § 15 FamFG.

§ 15 Abs. 2 FamFG gibt dem Nachlassgericht zwei mögliche Alternativender Bekanntgabe zur Hand:

a) Die Bekanntgabe kann durch Zustellung nach den §§ 166 bis 195der ZPO erfolgen (also auch durch Ersatzzustellung, Niederlegungd. Schriftstücks, usw…).

b) Die Bekanntgabe kann dadurch bewirkt werden, dass dasSchriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegebenwird. Soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt dasSchriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als be kanntgegeben .

Page 45: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

45

Die meisten nachlassgerichtlichen Benachrichtigungen werden auchnach Inkrafttreten des FamFG durch Aufgabe zur Post an die Beteiligtenbekannt gegeben. Der Nachweis der Bekanntgabe wird dadurcherleichtert, dass kraft Gesetz vermutet wird, dass das Schriftstück dreiTage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt. Somit istzunächst immer von einer wirksamen Bekanntgabe auszugehen,zumindest solange diese gesetzliche Vermutung nicht dadurch widerlegtwird, dass der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nichtoder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Regelfall: Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post

Ausnahme: Zustellung gemäß §§ 166 bis 195 ZPO (insbesonderedann erforderlich, wenn an die Bekanntgabe eine Fristgeknüpft ist, bspw. Erbscheinserteilungsbeschluss, dermit der befristeten, 4-wöchigen Beschwerde anfechtbarist).

2. Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen durch e inanderes Gericht:

Maßgebliche Vorschrift ist § 350 i.V.m. § 344 Abs. 6 FamFG. DasFamFG übernimmt damit ohne wesentliche Änderungen den bisher fürdie Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen durch ein anderesGericht geltenden § 2261 BGB.

§ 344 FamFG:

Besondere örtliche Zuständigkeit:

(6)Hat ein anderes Gericht als das nach § 343 zuständige Gerichteine Verfügung von Todes wegen in amtlicher Verwahrung, istdieses Gericht für die Eröffnung der Verfügung zuständig.

Page 46: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

46

§ 350 FamFG:

Eröffnung der Verfügung von Todes wegen durch ein anderesGericht:

Hat ein nach § 344 Abs. 6 zuständiges Gericht die Verfügungvon Todes wegen eröffnet, hat es diese und eine beglaubigteAbschrift der Eröffnungsniederschrift dem Nachlassgericht zuübersenden; eine beglaubigte Abschrift der Verfügung vonTodes wegen ist zurückzubehalten.

Die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen durch ein anderesGericht als das Nachlassgericht ist nicht bei den Eröffnungsvorschriften(§§ 348 bis 351 FamFG) geregelt, sondern bei den Vorschriften über diebesondere örtliche Zuständigkeit ( § 344 FamFG).

Fall:

Erblasser E verstirbt am 30.09.2009 mit letztem Wohnsitz in Stuttgart. ImJahre 1997 hat E beim Notariat Lauffen a.N. ein einseitiges notariellesTestament errichtet, dieses wurde sofort nach Beurkundung in diebesondere amtliche Verwahrung verbracht und dem Geburtsstandesamtdes E, nämlich Würzburg, Mitteilung über die Verwahrung gemacht. Am15.10.2009 erhält das Notariat Lauffen Mitteilung vom StandesamtWürzburg, dass E in Stuttgart verstorben ist und beim Notariat Lauffeneine Verfügung von Todes wegen verwahrt wird.

Frage:

Was hat das Notariat Lauffen nun zu tun?

Gemäß § 343 Abs. 1 FamFG ist das Gericht, in dessen Bezirk derErblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, das für die Nachlasssachezuständige Nachlassgericht. Der letzte Wohnsitz des E war zumZeitpunkt seines Todes Stuttgart. Zuständiges Nachlassgericht ist somitdas Notariat Stuttgart.

Da das Testament des E nicht beim Notariat Stuttgart verwahrt ist,sondern beim Notariat Lauffen a.N. ist das Notariat Lauffen a.N. als„anderes Gericht“ im Sinne von § 344 Abs. 6 FamFG für die Eröffnungzuständig.

Page 47: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

47

Wichtig: Das Notariat Lauffen a.N. wird hier nicht als Nachlassgerichttätig, sondern lediglich als verwahrendes Nachlassgericht imSinne von § 344 Abs. 6 FamFG. Dies muss zur Konsequenzhaben, dass vom verwahrenden Nachlassgerichtausschließlich die Regelungen des § 348 Abs. 1 FamFG,nämlich Zeitpunkt und Form/Inhalt der Eröffnung, zubeachten sind.

§ 348 Abs. 2 und 3 FamFG, nämlich Bekanntgabe derVerfügung von Todes wegen an die Beteiligten, kann auf dieEröffnung der Verfügung von Todes wegen durch einanderes Gericht gemäß § 344 Abs. 6 FamFG keineAnwendung finden. Denn dem verwahrendenNachlassgericht ist es nicht möglich die Beteiligten amNachlassverfahren gemäß § 7 FamFG zu ermitteln(insbesondere die gesetzlichen Erben).

Die Mitarbeiterin beim Notariat Lauffen muss sich im Noah-Programmals Verwahrgericht oder künftig verwahrendes Nachlassgerichtanmelden. Im nächsten Schritt hat dann die Herausnahme derVerfügung von Todes wegen aus der besonderen amtlichen Verwahrungzu erfolgen. Schließlich fertigt die Mitarbeiterin noch dieEröffnungsniederschrift, die dann durch den Notar bei der Eröffnung desTestaments zu unterzeichnen ist.

Inhaltliche Änderungen der Eröffnungsniederschrift ergeben sich durchdas Inkrafttreten des FamFG nicht, insoweit können die bisherigenNoah-Muster zur Eröffnungsniederschrift durch das Verwahrgericht oderkünftig verwahrendes Nachlassgericht verwendet werden.

Ergebnis:

Das Testament des E ist aus der besonderen amtlichen Verwahrungherauszunehmen und durch das Notariat Lauffen –verwahrendesNachlassgericht- zu eröffnen.

Gemäß § 350 FamFG hat das verwahrende Nachlassgericht (NotariatLauffen) nach erfolgter Eröffnung die Urschrift des Testaments und einebeglaubigte Abschrift der Eröffnungsniederschrift dem in derNachlasssache zuständigen Nachlassgericht (Notariat Stuttgart) zuübersenden, eine beglaubigte Abschrift des Testaments ist zusammenmit der Urschrift der Eröffnungsniederschrift zurückzubehalten.

Page 48: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

48

Empfehlungen für die Praxis:

Die Urschrift der durch das verwahrende Nachlassgericht eröffnetenVerfügung von Todes wegen sollte immer per Einschreiben an das in derNachlasssache zuständige Nachlassgericht übersendet werden.

Eine Benachrichtigung der Beteiligten und eine Kostenerhebung erfolgtdurch das verwahrende Nachlassgericht auch nach Inkrafttreten desFamFG nicht.

Bei der Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen durch dasverwahrende Nachlassgericht können auch nach dem Inkrafttreten desFamFG die bisherigen Muster zur Eröffnungsniederschrift und zuBegleitschreiben verwendet werden.

3. Besonderheiten bei der Eröffnung von gemeinschaft lichenTestamenten und Erbverträgen:

§ 349 FamFG:

Besonderheiten bei der Eröffnung von gemeinschaftlichenTestamenten und Erbverträgen:

(1) Bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments sind dieVerfügungen des überlebenden Ehegatten oderLebenspartners, soweit sie sich trennen lassen, den Beteiligtennicht bekannt zu geben.

(2) Hat sich ein gemeinschaftliches Testament in besondereramtlicher Verwahrung befunden, ist von den Verfügungen desverstorbenen Ehegatten oder Lebenspartners eine beglaubigteAbschrift anzufertigen. Das Testament ist wieder zuverschließen und bei dem nach § 344 Abs. 2 zuständigenGericht erneut in besondere amtliche Verwahrungzurückzubringen.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn das Testament nur Anordnungenenthält, die sich auf den Erbfall des erstversterbendenEhegatten oder Lebenspartners beziehen, insbesondere wenndas Testament sich auf die Erklärung beschränkt, dass dieEhegatten oder Lebenspartner sich gegenseitig zu Erbeneinsetzen.

Page 49: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

49

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind auf Erbverträge entsprechendanzuwenden.

§ 349 Abs. 1 FamFG übernimmt nahezu unverändert die bisher in§ 2273 Abs. 1 BGB geregelten Besonderheiten bei der Eröffnunggemeinschaftlicher Ehegattentestamente. Wesentliche Änderungen sindmit der Regelung nicht verbunden.

Fall:

Die Ehegatten A und B haben ein gemeinschaftliches notariellbeurkundetes Ehegattentestament errichtet. A ist am 05.09.2009verstorben und hinterlässt B und die gemeinschaftlichen Kinder K1 undK2. Notar X als zuständiger Nachlassrichter möchte nun dasgemeinschaftliche Ehegattentestament eröffnen.

Frage:

Was muss Notar X bei der Eröffnung des gemeinschaftlichenEhegattentestaments beachten?

Gemäß § 349 Abs. 1 FamFG sind die Verfügungen des überlebendenEhegatten oder Lebenspartners, soweit sie sich trennen lassen, denBeteiligten nicht bekannt zu geben. Notar X muss bei der Eröffnungzunächst prüfen ob sich die Verfügungen des Erblassers A von denendes überlebenden Ehegatten B trennen lassen oder nicht, ist dies derFall sind nur seine Verfügungen dem Ehegatten B und den Kindern K1und K2 als Beteiligte gemäß § 7 FamFG bekannt zu geben. In derEröffnungsniederschrift ist festzustellen ob sich die Eröffnung auf dasgesamte Ehegattentestament oder nur auf die Verfügungen desverstorbenen Ehegatten beziehen.

Wichtig: Soweit sich die Verfügungen der Ehegatten imgemeinschaftlichen Testament trennen lassen, sind bei derEröffnung des Testaments auf den Tod des zuerstversterbenden Ehegatten nur dessen Verfügungen bekanntzu geben. Es sind auszugsweise beglaubigte Abschriften zufertigen, die Verfügungen des Überlebenden sind beiAnfertigung der Abschriften für die Beteiligten entsprechendabzudecken.

Page 50: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

50

Abwandlung:

Notar X hat das gemeinschaftliche Ehegattentestament auf den Tod desErblassers A eröffnet. Da sich die Verfügungen des A von denen seinesEhegatten B trennen ließen hat Notar X nur diese den Beteiligten B, K1und K2 bekannt gegeben.

Frage:

Was geschieht mit dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament nachder Eröffnung?

§ 349 Abs. 2 FamFG regelt die besondere amtliche Wiederverwahrungvon gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten nach der Eröffnung aufden Tod des erstversterbenden Ehegatten. Von dem eröffnetenTestament ist eine beglaubigte Abschrift zu fertigen, welche in denNachlassakten des erstversterbenden Ehegatten aufbewahrt wird. DieUrschrift des Testaments ist wieder zu verschließen und bei dem nach §344 Abs. 2 FamFG zuständigen Gericht erneut in besondere amtlicheVerwahrung zurückzubringen. Die beglaubigte Abschrift, die in denNachlassakten des erstversterbenden Ehegatten aufbewahrt wird, darfnur diese Verfügungen beinhalten, die den Beteiligten bekannt gegebenwurden, d.h. ließen sich die Verfügungen des überlebenden Ehegattenvon denen des erststerbenden bei der Eröffnung trennen, so darf die inden Nachlassakten aufbewahrte beglaubigte Abschrift auch nur dieVerfügungen des Erststerbenden enthalten.

Notar X hat die Urschrift des gemeinschaftlichen Testaments derEhegatten A und B wieder in die besondere amtliche Verwahrungzurückzubringen. Eine auszugsweise beglaubigte Abschrift verbleibt inden Nachlassakten des A.

Merke:

Wird nicht der gesamte Inhalt des Testaments den Be teiligtenbekannt gegeben, so darf die beglaubigte Abschrift in denNachlassakten auch nur eine auszugsweise sein.

Page 51: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

51

Abwandlung:

Das gemeinschaftliche Ehegattentestament der Ehegatten A und Bbefand sich beim Notariat Y in besonderer amtlicher Verwahrung. NachKenntnisnahme vom Tod des A hat das Notariat Y als verwahrendesNachlassgericht das Testament gemäß § 350 FamFG eröffnet und dieUrschrift des Testaments sowie eine beglaubigte Abschrift derEröffnungsniederschrift dem Notar X beim Notariat X als zuständigemNachlassgericht übersendet.

Frage:

Notar X fragt sich nun ob das gemeinschaftliche Ehegattentestament beiihm als Nachlassgericht des erststerbenden Ehegatten wiederverwahrtwerden kann oder ob er es zur Wiederverwahrung an das bisherigeverwahrendes Nachlassgericht zurück zu geben hat?

Das bisher geltende Recht des § 2273 Abs. 2 BGB enthielt hierzu keineRegelung, weshalb es in der Vergangenheit zu einemZuständigkeitsstreit zwischen dem Verwahrgericht, das die Verfügungbis zum Tod des erststerbenden verwahrte, und dem auf den Tod deserststerbenden zuständigen Nachlassgericht kam.

Mit § 349 Abs. 2 in Verbindung mit § 344 Abs. 2 FamFG beendet das am01.09.2009 in Kraft tretende FamFG diesen Zuständigkeitsstreit. Dieerneute besondere amtliche Verwahrung eines gemeinschaftlichenTestaments erfolgt bei dem für den Nachlass des Erstverstorbenenzuständigen Gericht , es sei denn, dass der überlebende Ehegatte oderLebenspartner die Verwahrung bei einem anderen Amtsgericht verlangt.

Wie bei der Eröffnung von Verfügungen von Todes durch ein anderesGericht ist die Wiederverwahrung von gemeinschaftlichen Testamentennicht in den Vorschriften zur Eröffnung (§§ 348 bis 351 FamFG) oder zurVerwahrung (§§ 346, 347 FamFG) sondern auch bei der besonderenörtlichen Zuständigkeit gemäß § 344 FamFG geregelt.

Merke:

Das auf den Tod des erststerbenden Ehegatten zustän digeNachlassgericht ist auch für die Wiederverwahrung b is zum Toddes überlebenden Ehegatten zuständig.

Page 52: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

52

Abwandlung:

In dem auf den Tod des Ehegatten A eröffneten Testament haben sichdie Ehegatten A und B lediglich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt.Verfügungen auf den Tod des überlebenden Ehegatten wurden nichtgetroffen.

Frage:

Muss Notar X das Testament trotzdem in die besondere amtlicheWiederverwahrung verbringen?

Gemäß § 349 Abs. 3 FamFG ist das gemeinschaftlicheEhegattentestament nach dem Tod des erststerbenden Ehegatten nichtin die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen, wenn dasTestament nur Anordnungen enthält, die sich auf den Erbfall deserststerbenden Ehegatten oder Lebenspartners beziehen, insbesonderewenn das Testament sich auf die Erklärung beschränkt, dass dieEhegatten oder Lebenspartner sich gegenseitig zu Erben einsetzen.

Enthält das gemeinschaftliche Testament nur Verfügungen auf den Toddes erststerbenden Ehegatten, so verbleibt die Urschrift des Testamentsin den Nachlassakten des erststerbenden Ehegatten, eine erneuteEröffnung auf den Tod des überlebenden Ehegatten erfolgt nicht mehr.Eine Benachrichtigung des Geburtsstandesamtes des überlebendenEhegatten gemäß § 347 Abs. 1 und 2 FamFG, dass dasgemeinschaftliche Ehegattentestament nunmehr in den Nachlassaktendes erststerbenden Ehegatten verwahrt wird hat ebenfalls nicht mehr zuerfolgen.

Notar X muss das Testament nicht in die besondere amtlicheWiederverwahrung verbringen, die Urschrift kann in den Nachlassaktendes verstorbenen Ehegatten A verbleiben, eine Benachrichtigung desGeburtsstandesamts des Ehegatten B über die Verwahrung desTestaments in den Nachlassakten des A erfolgt nicht.

Page 53: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

53

Wichtig: Enthält ein besonders amtlich verwahrtes gemeinschaftlichesTestament außer der gegenseitigen Alleinerbeinsetzung nocheinen Widerruf früherer Verfügungen von Todes wegen auchdes Überlebenden (in notariell beurkundeten Testamentengehört ein solcher Widerruf zu den Standardformulierungenin der Vorbemerkung des Testaments), muss es auch nachneuem Recht wieder verwahrt werden, da der Widerruf aucheine Verfügung von Todes wegen darstellt29.

Abwandlung:

Bei dem von Notar X eröffneten gemeinschaftlichen Ehegattentestamenthandelt es sich nicht um ein notariell beurkundetes, sondern lediglich umein privatschriftliches gemeinschaftliches Ehegattentestament, das vomüberlebenden Ehegatten B abgegeben wurde.

Frage:

Notar X fragt sich nun ob er nach der Eröffnung auf den Tod deserststerbenden Ehegatten A das Testament auch in die besondereamtliche Wiederverwahrung bringen muss?

§ 349 Abs. 2 FamFG stellt klar, dass eine besondere amtlicheWiederverwahrung nur zu erfolgen hat, wenn sich das gemeinschaftlicheTestament bereits vor dem ersten Erbfall dort befunden hat. Befand sichdas privatschriftliche Testament vor dem ersten Erbfall nicht inbesonderer amtlicher Verwahrung, so ist es auch nach dem erstenErbfall nicht in die besondere amtliche Verwahrung zu verbringen, es seidenn der längstlebende Verfügende beantragt die besondere amtlicheVerwahrung30.

Notar X muss das von dem Ehegatten B abgegebene und auf den Toddes Erblassers A eröffnete privatschriftliche Ehegattentestament nicht indie besondere amtliche Verwahrung verbringen, es sei denn derEhegatte B beantragt die besondere amtliche Verwahrung. Beantragt Bnicht die besondere amtliche Verwahrung, so verbleibt dasprivatschriftliche Ehegattentestament bis zum Tod des überlebendenEhegatten B in den Nachlassakten des erststerbenden Ehegatten A.

29 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 09.02.2009;30 Fröhler, BWNotZ 2008, 189.

Page 54: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

54

Merke:

Ein privatschriftliches Ehegattentestament wird nac h dem Tod deserststerbenden Ehegatten in dessen Nachlassakten ve rwahrt. EineRückgabe des privatschriftlichen Testaments erfolgt in keinem Fall.

Obwohl das privatschriftliche Ehegattentestament nicht in die besondereamtliche Verwahrung verbracht wird, sondern in den Nachlassakten desErststerbenden verbleibt, muss gemäß § 347 Abs. 1 und 2 FamFG dasGeburtsstandesamt des überlebenden Ehegatten von der Verwahrungdes Testaments in den Nachlassakten des erststerbenden Ehegattenbenachrichtigt werden. Dies gilt natürlich nur sofern das Testament auchVerfügungen auf den Tod des überlebenden Ehegatten enthält.

Merke:

Enthält ein privatschriftliches Ehegattentestament auchVerfügungen auf den Tod des überlebenden Ehegatten, so mussdas Geburtsstandesamt des überlebenden Ehegatten vo n derVerwahrung des Testaments in den Nachlassakten deserststerbenden Ehegatten vom Nachlassgericht benach richtigtwerden.

Die vorstehende Abhandlung zum gemeinschaftlichen Testament giltgemäß § 349 Abs. 4 FamFG entsprechend auch für Erbverträge.Gemeinschaftliche Testamente und besonders amtliche verwahrteErbverträge sind somit völlig identisch zu behandeln.

4. Neuregelung der Eröffnungsfristen / Überprüfungsf risten vonVerfügungen von Todes wegen:

Gemäß § 2263a BGB war die verwahrende Stelle (Nachlassgericht,Verwahrgericht) nach altem Recht verpflichtet von Amts wegen zuüberprüfen, ob der Erblasser noch lebt, wenn sich ein Testament längerals 30 Jahren in seiner amtlichen Verwahrung befindet. Gemäß § 2300 aBGB galt dies auch für Erbverträge, mit der Ausnahme, dass dieÜberprüfung erst nach 50 Jahren zu erfolgen hatte.

Page 55: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

55

Stellte die verwahrende Stelle fest, dass der Erblasser bereits verstorbenwar, so hatte es die Verfügung von Todes wegen zu eröffnen. Dasgleiche galt, wenn die Ermittlungen der verwahrenden Stelle nicht zu derFeststellung des Fortlebens des Erblassers führten.

Nach Inkraftteten des FamFG gilt für die Eröffnungsfrist für Verfügungenvon Todes wegen nur noch § 351 FamFG.

§ 351 FamFG:

Eröffnungsfrist für Verfügungen von Todes wegen:

Befindet sich ein Testament, ein gemeinschaftliches Testamentoder ein Erbvertrag seit mehr als 30 Jahren in amtlicherVerwahrung , soll die verwahrende Stelle von Amts wegenermitteln, ob der Erblasser noch lebt. Kann die verwahrende Stellenicht ermitteln, dass der Erblasser noch lebt, ist die Verfügung vonTodes wegen zu eröffnen. Die §§ 348 bis 350 gelten entsprechend.

Die Eröffnungsfrist für Erbverträge wurde vom Gesetzgeber von bisher50 auf 30 Jahre herabgesetzt. Erstmals wird in § 351 FamFG auch dasgemeinschaftliche Testament benannt, damit bestehen ab dem01.09.2009 für alle Arten von Verfügungen von Todes wegen identischeEröffnungsfristen.

Wie bisher auch spricht das Gesetz in § 351 FamFG von amtlicherVerwahrung und nicht von besonderer amtlicher Verwahrung. Damit istauch klargestellt, dass die in der Verwahrung der Notare befindlichenErbverträge (im Notariat in der Urkundenrolle) entsprechend zuüberprüfen sind31.

Die Überprüfung hat wie bisher auch von Amts wegen, also ohne Antrag,zu erfolgen. Die Art und Weise der Überprüfung mittels jährlichemTestaments- / Erbvertragsdurchgang wird sich nicht ändern. Stellt dieverwahrende Stelle fest, dass der Erblasser bereits verstorben ist, so istdie letztwillige Verfügung gemäß § 348 FamFG zu eröffnen. Kann dieverwahrende Stelle nicht ermitteln, dass der Erblasser noch lebt, wirdvon seinem Tod ausgegangen und eröffnet32.

31 Vgl. Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 9.2.2009;32 Zimmermann; Das neue FamFG, RdNr. 697;

Page 56: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

56

VIII. Neuerungen im Erbscheinsverfahren

Die die Erteilung eines Erbscheins betreffenden einschlägigenRegelungen sind ab 01.09.2009 in §§ 352, 353 FamFG geregelt.

1. Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbschei ns:

1.1 Zuständigkeit:

Für die Erteilung des Erbscheins ist gemäß § 2353 BGB dasNachlassgericht zuständig. Sachlich ist gemäß §§ 23a Abs. 2 Nr. 2GVG, 486 FamFG, Art. 147 EGBGB, §§ 1 Abs. 2, 38 LFGG das Notariatzuständig, außerhalb von Baden-Württemberg gemäß § 23a Abs. 2 Nr. 2GVG die Amtsgerichte.

Örtlich ist gemäß § 343 Abs. 1 FamFG das Nachlassgericht für dieErteilung des Erbscheins zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zurZeit des Erbfalls seinen Wohnsitz hatte.

1.2 Antragsverfahren:

Das Nachlassgericht erteilt gemäß § 2353 BGB einen Erbschein nur aufAntrag, nicht von Amts wegen.

Der Erbscheinsantrag als solcher unterliegt gemäß § 23 FamFG keinenbesonderen Formvorschriften, es genügt die Einreichung in Schriftform.Gemäß § 23 FamFG soll der Antrag begründet werden, er soll vomAntragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden; diezur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollenangegeben sowie die Personen benannt werden, die als Beteiligte inBetracht kommen.

Inhaltliche Besonderheiten ergeben sich beim Erbscheinsantrag aus§ 2354 BGB bis § 2356 BGB. Aufgrund der im Erbscheinsantragenthaltenen eidesstattlichen Versicherung kann er gemäß § 2356 Abs.2 BGB nur gegenüber dem Nachlassgericht abgegeben oder zurNiederschrift eines Notars erklärt werden, sprich notariell beurkundetwerden.

Page 57: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

57

Antragsberechtigt ist der Erbe ab Annahme der Erbschaft33. Beimehreren Erben kann jeder Miterbe die Erteilung einesgemeinschaftlichen Erbscheins beantragen. Das Antragsrecht istvererblich. Ein Testamentsvollstrecker hat ein eigenes Antragsrecht34.Der Vermächtnisnehmer und der Pflichtteilsberechtigte habengrundsätzlich kein eigenes Antragsrecht35.

Abweichend von § 73 FGG beschränkt sich die Zuständigkeit derdeutschen Nachlassgerichte nun nicht mehr nur auf im Inland belegeneNachlassgegenstände, eine Zuständigkeit der deutschenNachlassgerichte kann sich künftig aus § 343 Abs. 3 FamFG auch für imAusland belegene Nachlassgegenstände ergeben.Um das Erbscheinsverfahren zu erleichtern sollte künftig imErbscheinsantrag festgestellt werden, dass sich im Ausland keineNachlassgegenstände befinden, bzw. wenn sich Nachlassgegenständeim Ausland befinden, der Antrag dahingehend gestellt wird, dass sich derErbschein auf den im Inland befindlichen Nachlass gemäß § 2369 Abs. 1BGB beschränken soll36.

1.3 Beteiligte im Erbscheinsverfahren:

Da es sich beim Erbscheinsverfahren um ein Antragsverfahren und nichtum ein von Amts wegen durchzuführendes Verfahren handelt, gilt derbesondere Beteiligtenbegriff gemäß § 345 FamFG.

Der Antragsteller ist gemäß § 345 Abs. 1 FamFG zwingend Beteiligter imErbscheinsverfahren, die in § 345 Abs. 1 Ziffer 1 bis 5 FamFGgenannten Personen können vom Nachlassgericht als Beteiligtehinzugezogen werden. Stellen diese Personen Antrag auf Hinzuziehung,so sind sie vom Nachlassgericht zwingend als Beteiligte hinzuzuziehen,das Nachlassgericht hat dann keinen Ermessensspielraum mehr.

Vor Erlass des Erbscheinserteilungsbeschlusses und des Erbscheinsmuss das Nachlassgericht somit gemäß § 7 Abs. 4 FamFG die in § 345Abs. 1 Ziffer 1 bis 5 FamFG genannten „Antragsbeteiligten“ von derEinleitung des Verfahrens in Kenntnis setzen und sie über ihrAntragsrecht belehren.

33 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 701;34 MünchKomm BGB §2353 RdNr. 88 f;35 BayObLG, FamRZ 2000, 1231;36 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 702;

Page 58: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

58

Die Benachrichtigung dieser Personen erfolgt formlos durch dasNachlassgericht. Eine Benachrichtigungspflicht besteht gemäß § 7 Abs.4 FamFG nur insoweit als die Personen dem Nachlassgericht bekanntsind, eine aufwendige Ermittlung durch das Gericht hat nicht zuerfolgen37.

Vgl. hierzu auch Formschreiben zu Anhörung über AntragsrechtAbschnitt V.

Hat das Nachlassgericht die Beteiligten des Erbscheinsverfahrensfestgestellt (Beteiligte, die von Amts wegen oder auf eigenen Antraghinzugezogen wurden), so soll es den Erbscheinsantrag an die übrigenBeteiligten gemäß § 23 Abs. 2 FamFG zur Wahrung des rechtlichenGehörs übermitteln.

1.4 Ermittlungen des Nachlassgerichts

Gemäß § 2358 BGB und § 26 FamFG hat das Nachlassgericht denSachverhalt und die zur Feststellung der entscheidungserheblichenTatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. DasNachlassgericht ist jedoch nur soweit zur Amtsermittlung verpflichtet bisgeklärt werden kann, ob dem Erbscheinsantrag des Antragstellers zufolgen ist38.

Als Beweismittel stehen dem Nachlassgericht der Freibeweis gemäߧ 29 FamFG und der Strengbeweis gemäß § 30 FamFG zur Verfügung.

Im Gegensatz zum Strengbeweis besteht beim Freibeweis keineBindung an die fünf Beweismittel der ZPO ( Zeugen, Sachverständige,Urkunden, Augenschein, Parteivernehmung). Es muss auch keinBeweisbeschluss ergehen.

2. Entscheidung des Nachlassgerichts, Beschlussgrun dsatz:

Die Entscheidung des Nachlassgerichts, ob es den beantragtenErbschein erteilt, muss nach Inkrafttreten des FamFG durch einenFeststellungsbeschluss erfolgen. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist§ 352 FamFG.

37 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 633;38 Zimmemann, Das neue FamFG, RdNr. 704;

Page 59: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

59

§ 352 FamFG:

Entscheidung über Erbscheinsanträge:

(1) Die Entscheidung, dass die zur Erteilung eines Erbscheinserforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden, ergehtdurch Beschluss. Der Beschluss wird mit Erlass wirksam. EinerBekanntgabe des Beschlusses bedarf es nicht.

(2) Widerspricht der Beschluss dem erklärten Willen eines Beteiligten,ist der Beschluss den Beteiligten bekanntzugeben. Das Gericht hatin diesem Fall die sofortige Wirksamkeit des Beschlussesauszusetzen und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraftdes Beschlusses zurückzustellen.

(3) Ist der Erbschein bereits erteilt, ist die Beschwerde gegen denBeschluss nur noch insoweit zulässig, als die Einziehung desErbscheins beantragt wird.

Gemäß § 2359 BGB darf das Nachlassgericht einen Erbschein nurerteilen, wenn es die zur Begründung des Antrags erforderlichenTatsachen für festgestellt erachtet. Diese Feststellung durch dasNachlassgericht hat ab dem 01.09.2009 in jedem Erbscheinsverfahren,gleichgültig ob es sich um ein streitiges oder um ein unstreitigesVerfahren handelt, durch Erlass eines Feststellungsbeschlusses gemäߧ 352 FamFG zu erfolgen.

Merke:

Vor Erteilung des Erbscheins muss immer einFeststellungsbeschluss gemäß § 352 FamFG erlassen w erden, egalob es sich um ein streitiges oder unstreitiges Verf ahren handelt.

Der Feststellungsbeschluss oder Erbscheinserteilungsbeschluss mussstreng vom eigentlichen Erbschein unterschieden werden. Er stellt nurdie Entscheidung des Nachlassgerichts dar, die der eigentlichenErbscheinserteilung zeitlich vorauszugehen hat, derErbscheinserteilungsbeschluss weist das Erbrecht nicht nach, dies istausschließlich dem Erbschein vorbehalten.

Page 60: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

60

Der Inhalt des Erbscheinserteilungsbeschlusses ergibt sich zunächst aus§ 352 FamFG und im übrigen aus den Vorschriften des allgemeinenTeils gemäß §§ 38 Abs. 2, 39 FamFG, hiernach muss der Beschlussbestimmte Angaben, eine Begründung und eine Rechtsbehelfsbelehrungenthalten39.

Inhaltliche Angaben des Beschlusses gemäß § 38 Abs. 2 FamFG:

� Bezeichnung der Beteiligten, bzw. deren Vertreter;

� Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen;

� Beschlussformel (im Urteil entsprechend „Urteilstenor“);

� Grundsätzlich bedarf der Beschluss einer Begründung ;

Eine Begründung ist nicht erforderlich

o wenn die Entscheidung aufgrund eines Anerkenntnisses oderVerzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht undentsprechend bezeichnet ist;

o gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wirdoder der Beschluss nicht dem erklärten Willen einesBeteiligten widerspricht ( vgl. hierzu Fall „unstreitigesErbscheinsverfahren“),

o der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlichbekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittelverzichtet haben.

� Der Beschluss ist von der Gerichtsperson zu unterschreiben;

� Das Datum der Übergabe des Beschlusses an dieGeschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen derBeschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

Gemäß § 39 FamFG hat jeder Beschluss eine Belehrung über dasstatthafte Rechtsmittel zu enthalten.

39 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 9.2.09;

Page 61: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

61

Der Inhalt des Erbscheinserteilungsbeschlusses bestimmt sich nach §352 FamFG. Er schließt als lex specialis die allgemeinen Regelungender §§ 38, 39 FamFG aus. § 352 FamFG gilt jedoch nur insoweit als ereigene Regelungen zum Inhalt des Erbscheinserteilungsbeschlussestrifft, im übrigen finden wieder die §§ 38, 39 FamFG Anwendung.

§ 352 FamFG unterscheidet zwischen einemErbscheinserteilungsbeschluss in einem unstreitigenErbscheinsverfahren und einem streitigen Erbscheinsverfahren.

3. Unstreitiges Verfahren: Feststellungsbeschluss, Erteilung desErbscheins:

Fall:

Erblasser E ist am 15.09.2009 mit letztem Wohnsitz in Heilbronnverstorben. Er hinterlässt seine 3 Kinder A, B und C. Eine Verfügung vonTodes wegen ist nicht vorhanden. Alle 3 Kinder erscheinen vor demNachlassgericht und beantragen die Erteilung eines Erbscheins, wonachA, B und C als gesetzliche Erben je zu einem Drittel in Betracht kommen.

Frage:

Kann Notar X als zuständiger Nachlassrichter sofort den Erbscheinerteilen und die Ausfertigungen den Beteiligten aushändigen?

Hat kein Beteiligter dem beantragten Erbschein widersprochen und hältdas Nachlassgericht die im Erbscheinsantrag behaupteten Tatsachen fürerwiesen ist der Erbscheinserteilungsbeschluss gemäß §§ 352 Abs. 1,38 FamFG zu erlassen.

Gemäß § 352 Abs. 1 FamFG wird der Beschluss mit Erlass wirksam .Erlass ist in § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG legaldefiniert. Erlass ist dieÜbergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder dieBekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel .

Grundsätzlich wird nach der allgemeinen Regelung des § 40 Abs. 1FamFG ein Beschluss erst mit der Bekanntgabe an die Beteiligtenwirksam. § 352 Abs. 1 FamFG bestimmt jedoch als lex specialis zu § 40Abs. 1 FamFG (diesen insoweit verdrängend), dass es einerBekanntgabe des Erbscheinserteilungsbeschlusses an die Beteiligten imunstreitigen Erbscheinsverfahren nicht bedarf. Der Beschluss bleibtsomit in den Nachlassakten und wird weder dem Antragsteller noch densonstigen Beteiligten zugesendet.

Page 62: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

62

Folgerichtig wird das Wirksamwerden desErbscheinserteilungsbeschlusses gemäß § 352 Abs. 1 S. 2 FamFG aufden Zeitpunkt seines Erlasses vorgezogen , da es einer Bekanntgabe andie Beteiligten nicht bedarf.

Da im unstreitigen Erbscheinserteilungsverfahren kein andererBeteiligter dem Antrag widersprochen hat, muss derErbscheinserteilungsbeschluss gemäß § 38 Abs. 4 Nr. 2 FamFG nichtbegründet werden .

Ergebnis:

Im vorliegenden Fall sind lediglich die Kinder A, B und C gemäß § 345Abs. 1 FamFG Beteiligte des Erbscheinsverfahrens. Sämtliche Kinderhaben die Erteilung des Erbscheins vor dem Nachlassgericht beantragt,keiner hat der Erteilung des Erbscheins widersprochen. Somit kann invorliegendem Fall von einem unstreitigen Erbscheinsverfahrenausgegangen werden.

Notar X kann somit umgehend nach der Protokollierung desErbscheinsantrags den Erbscheinserteilungsbeschluss erlassen. DenErlass kann er dadurch bewirken, indem er den Beschluss derGeschäftsstelle zur Ausfertigung übergibt oder die Beschlussformel denAnwesenden verliest.

Notar X sollte auf dem Beschluss vermerken, dass der Beschluss mitErlass wirksam wird und dass eine Bekanntgabe an die Beteiligten nichterfolgt. Da kein Beteiligter widersprochen hat muss derErbscheinserteilungsbeschluss von Notar X nicht begründet werden.

Notar X kann also den anwesenden Antragstellern den Erbschein sofortmitgeben. Personen, die sich am Verfahren nicht beteiligt haben, werdenvom Ausgang des Verfahrens formlos verständigt40. Diesen Personenkönnte bspw. eine Kopie des Erbscheins übersandt werden.

Merke:

Unstreitiges Verfahren: Der zu erlassendeErbscheinserteilungsbeschlusswiderspricht nicht dem erklärten Willeneines Beteiligten.

40 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 710;

Page 63: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

63

Unproblematisch ist dies, wenn alle am Erbscheinsve rfahrenBeteiligten bei Stellung des Erbscheinsantrags anwe send sind undmitwirken. Dann kann der Erbscheinerteilungsbeschlu ss soforterlassen und der Erbschein erteilt werden.

Problematischer stellt sich das Verfahren dar, sobald nicht sämtlicheBeteiligte bei der Stellung des Erbscheinsantrags anwesend sind, bzw.mitwirken. Der Erbscheinserteilungsbeschluss kann nicht sofort erlassenwerden, da das Nachlassgericht nicht sicher davon ausgehen kann, obder auf Grundlage des Antrags zu erlassendeErbscheinserteilungsbeschluss dem erklärten Willen eines Beteiligtenentspricht.

Aus diesem Grund muss den Beteiligten, die bei der Antragstellung nichtmitwirken, durch Übersendung des Erbscheinsantrags rechtliches Gehörgewährt werden, mit der Aufforderung etwaige Einwendungen gegenden Erbscheinsantrag gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären. Umein zügiges Verfahren zu gewährleisten, sollte den Beteiligten eine Fristvon 2 Wochen zur Erklärung von Einwendungen gegen denErbscheinsantrag aufgegeben werden. Wobei anzumerken ist, dass dieskeine Ausschlussfrist ist, Beteiligte können Einwendungen, bzw. „ihrenwidersprechenden Willen“, bis zum Erlass des Beschlusses erklären.

Hat kein Beteiligter Einwendungen gegen den beantragten Erbscheinerhoben, kann seitens des Nachlassgericht davon ausgegangen werden,dass der Erbscheinserteilungsbeschluss nicht dem erklärten Willen einesBeteiligten widerspricht. Es handelt sich somit um ein unstreitigesVerfahren, der Beschluss kann erlassen und der Erbschein sofort erteiltwerden.

Reihenfolge der Arbeitsschritte im Erbscheinsverfah ren:

a) Ermittlung der Beteiligten im Erbscheinsverfahren gemäß § 345Abs. 1 FamFG;

b) Benachrichtigung der Beteiligten und Belehrung über ihr Rechtauf Antrag als Beteiligte hinzugezogen zu werden, §§ 345, 7Abs. 4 FamFG;

c) Erbscheinsantrag;

Page 64: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

64

d) Übersendung des Erbscheinsantrags an die nicht mitwirkendenBeteiligten mit der Aufforderungen Einwendung gegen denAntrag zu erklären;

e) Erbscheinserteilungsbeschluss;

f) Erbschein.

Empfehlungen für die Praxis:

Aus Gründen der Verfahrensökonomie würde es sich empfehlen dieSchritte b) und d) zusammenzufassen.

a) Ermittlung der Beteiligten im Erbscheinsverfahren gemäß § 345Abs. 1 FamFG;

b) Erbscheinsantrag;

c) Übersendung des Erbscheinsantrags an alle gemäß § 345 Abs.1 FamFG nicht mitwirkenden Beteiligten, soweit diese demGericht gemäß § 7 Abs. 4 FamFG bekannt sind, mit derAufforderung Einwendungen gegen den Antrag zu erklären.Streng genommen Hinzuziehung aller Beteiligten von Amtswegen gem. § 7 Abs. 3 FamFG;

d) Erbscheinserteilungsbeschluss;

e) Erbschein.

Page 65: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

65

3.1 Muster Erbscheinsantrag:

NG 7 2 / 2009

Notariat Brackenheim I- Nachlassgericht -

Georg-Kohl-Straße 1 � 74336 BrackenheimTel.: 07135/9747111 � Fax: 07135/9747120

Niederschrift vom 30.09.2009

Nachlasssache

Emil Müller, geboren am 09.09.1930, verstorben am 1 5.09.2009 in Brackenheim,zuletzt wohnhaft Knipfelesweg 5, 74336 Brackenheim

Anwesend: Notar X beim Notariat Brackenheim

Es erscheint

Herr Albert Neu,geboren am 24.09.1971,wohnhaft in 74336 Brackenheim, Stockheimer Straße 19,

- ausgewiesen durch Personalausweis -

und erklärt folgendes:

Erbscheinsantrag:

Es wird die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach folgende Personen zur Erbfolgegelangt sind:

1. Herr Albert Neu, geboren am 24.09.1971,wohnhaft in 74336 Brackenheim, Stockheimer Straße 19, mit Erbteil 1/3

2. Frau Berta Alt, geboren am 15.10.1972,wohnhaft in 74336 Brackenheim, Neipperger Straße 5, mit Erbteil 1/3

Page 66: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

66

3. Frau Cornelia Abend geb. Müller, geboren am 25.12.1970,wohnhaft in 74389 Cleebronn, Rotes Knie 5, mit Erbteil 1/3

Zur Begründung des Antrags wird auf die Nachlassakten Bezug genommen und folgendeweitere Angaben gemacht:

Der Erblasser besaß die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Erblasser verstarb verwitwet.

Durch Tod vor dem Erbfall ist weggefallen:

Die Ehefrau des Erblassers Frau Edith Müller, geb. Frisch, verstorben am 02.01.1995,zuletzt wohnhaft in 74336 Brackenheim, Knipfelesweg 5. Auf die Nachlassakten beimNotariat Brackenheim I NG 9/95 wird Bezug genommen.

Weitere Personen, durch welche die vorstehend genannten Erben von der Erbfolgeausgeschlossen oder ihr Erbteil gemindert würde, oder deren Recht am Nachlass durch dasVerfahren unmittelbar betroffen wird sind und waren nicht vorhanden.

Als weitere Beteiligte kommen in Betracht:

a) Frau Berta Alt, geboren am 15.10.1972, wohnhaft in 74336 Brackenheim, NeippergerStraße 5 als gesetzlicher Erbe

b) Frau Cornelia Abend geb. Müller, geboren am 25.12.1970, wohnhaft in 74389Cleebronn, Rotes Knie 5, als gesetzlicher Erbe.

Es ist gesetzliche Erbfolge eingetreten. Von einer Verfügung von Todes wegen ist nichtsbekannt.

Die Erbschaft wurde von allen Erben angenommen. Ein Rechtsstreit über das Erbrecht istnicht anhängig. Einwendungen gegen die Erteilung des beantragten Erbscheins werden vonden Erschienenen nicht erhoben.

#Nachlassgegenstände außerhalb der Bundesrepublik Deutschland sind nicht vorhanden.#Der Erbschein soll sich auf die im Inland befindlichen Nachlassgegenstände beschränken.

Nach Hinweis auf die Bedeutung einer eidesstattlichen Versicherung und dem Hinweis aufdie strafrechtlichen Folgen der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung wirdhiermit

an Eides statt

versichert, dass nichts bekannt ist, was der Richtigkeit und Vollständigkeit der vorstehendgemachten Angaben entgegensteht.

Grundeigentum ist nicht vorhanden.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:

Page 67: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

67

3.2 Schreiben an Beteiligte: Einwendungen müssen gegenüber demNachlassgericht erklärt werden.

Notar ia t Brackenheim- Nachlassgericht -

Notariat Brackenheim * Georg-Kohl-Straße 1 * 74336 Brackenheim

FrauBerta AltNeipperger Straße 574336 Brackenheim

Georg-Kohl-Straße 174336 Brackenheim

Tel.: 07135/9747111Fax: 07135/9747120

04.10.2009

Unser AZ: NG 7 2 / 2009/Ihr AZ:

Nachlasssache Emil Müller, zuletzt wohnhaft Knipfeles weg 5, 74336Brackenheim, verstorben am 15.09.2009 in Brackenhei m, geboren am09.09.1930

Sehr geehrter Frau Alt,

in vorgenannter Nachlasssache sind Sie gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 FamFG Beteiligter. Sieund die weiteren am Erbscheinsverfahren Beteiligten erhalten eine Kopie des Antrags aufErteilung eines Erbscheins zur Kenntnisnahme.

Sollten Sie innerhalb von vier Wochen nach Zugang dieses Schreibens keine Einwendungenerheben, gehe ich davon aus, dass die im Erbscheinsantrag gemachten Angaben richtig undvollständig sind und dass Sie der Erteilung des beantragten Erbscheins zustimmen. EtwaigeEinwendungen können Sie schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Nachlassgerichtserklären.

Das Erbscheinsverfahren kann beschleunigt werden, wenn Sie uns umgehendschriftlich mitteilen, dass Sie mit der Erteilung des beantragten Erbscheinseinverstanden sind.

Die allgemeinen Hinweise in Nachlasssachen sind diesem Schreiben zu Ihrer Informationangeschlossen.

Mit freundlichen Grüßen

Notar X

Page 68: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

68

3.3 Erbscheinserteilungsbeschluss, unstreitiges Verfahren:

NG 7 2 / 2009

Notariat Brackenheim- Nachlassgericht -

Georg-Kohl-Straße 1 � 74336 BrackenheimTel.: 07135/9747111 � Fax: 07135/9747120

Beschluss vom 04.11.2009

Nachlasssache

Emil Müller, geboren am 09.09.1930, verstorben am 1 5.09.2009 in Brackenheim zuletztwohnhaft Knipfelesweg 5, 74336 Brackenheim

Beteiligte:

Herr Albert Neu, geboren am 24.09.1971, Stockheimer Straße 19, 74336 Brackenheim

Frau Berta Alt, geboren am 15.10.1972, Neipperger Straße 5, 74336 Brackenheim

Frau Cornelia Abend geb. Müller, geboren am 25.12.1970, Rotes Knie 5, 74389 Cleebronn

1. In der Nachlasssache werden die erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtetund ein Erbschein über das Erbrecht folgender Personen erteilt:

a) Albert Neu, geboren am 24.09.1971, Stockheimer Straße 19, 74336 Brackenheim, mit Erbteil 1/3

b) Berta Alt, geboren am 15.10.1972, Neipperger Straße 5, 74336 Brackenheim, Dürrenzimmern, mit Erbteil 1/3

c) Cornelia Abend, geboren am 25.12.1970, Rotes Knie 5, 74389 Cleebronn, mit Erbteil 1/3

#Der Erbschein beschränkt sich auf die im Inland befindlichen Nachlassgegenstände.

Page 69: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

69

2. Ohne Begründung.

3. #Der Beschluss wird sogleich der Geschäftsstelle übergeben. #Die Beschlussformelwird den Anwesenden verlesen. Der Beschluss gilt damit als erlassen, er ist gemäߧ 352 Abs. 1 Satz 2 FamFG sofort wirksam.

4. Bekanntgabe an die Beteiligten unterbleibt.

5. Kosten: Erbscheinserteilung § 107 KostO

Notar X

Page 70: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

70

4. Streitiges Verfahren:

4.1 Feststellungsbeschluss mit Aussetzung der sofortige nWirksamkeit

§ 352 Abs. 2 FamFG:

Widerspricht der Beschluss dem erklärten Willen einesBeteiligten, ist der Beschluss den Beteiligten bekannt zu geben .Das Gericht hat in diesem Fall die sofortige Wirksamkeit desBeschlusses auszusetzen und die Erteilung des Erbscheins biszur Rechtskraft des Beschlusses zurückzustellen.

Fall:

Erblasser E ist am 15.09.2009 mit letztem Wohnsitz in Heilbronnverstorben. Er hinterlässt seine 3 Kinder A, B und C. DieLebensgefährtin W legt dem Nachlassgericht ein privatschriftlichesTestament des E vor und beantragt einen Erbschein dahingehend zuerteilen, dass sie aufgrund des Testaments Alleinerbin des E gewordenist. Das Kind A widerspricht dem Erbscheinsantrag.

Frage:

Vorgehensweise von Notar X

Wie im unstreitigen Erbscheinsverfahren müssen vom Nachlassgerichtzunächst gemäß §§ 345, 7 FamFG die Beteiligten desErbscheinsverfahrens ermittelt werden. Ebenso wie beim unstreitigenVerfahren braucht kein separates Schreiben verfasst werden, in dem dieBeteiligten darauf hingewiesen werden, dass sie auf ihren Antrag hin alsBeteiligte zum Verfahren hinzuziehen sind, wenn sämtliche Beteiligtendurch das Nachlassgericht von Amts wegen hinzugezogen werden. DieBeteiligten erhalten dann wie beim unstreitigen Verfahren denErbscheinsantrag zugesendet, mit der Aufforderung etwaigeEinwendungen gegen den Antrag gegenüber dem Nachlassgericht zuerklären.

Page 71: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

71

Im vorliegenden Fall widerspricht das Kind A dem Erbscheinsantrag derW. Gemäß § 352 Abs. 2 FamFG muss derErbscheinserteilungsbeschluss dem erklärten Willen eines Beteiligtenwidersprechen.

Somit ist es notwendig, dass A seinen widersprechenden Willengegenüber dem Nachlassgericht erklärt, dies kann sowohl schriftlich, wieauch mündlich geschehen, eine bestimmte Form für den Widerspruch istnicht vorgesehen. Der Beteiligte kann auch ohne Grund dembeantragten Erbschein widersprechen, er muss seinen Widerspruchsomit auch nicht begründen41.

Liegt dem Nachlassgericht ein Widerspruch gegen den beantragtenErbschein vor, so ergibt sich die hieraus resultierende Rechtsfolge aus§ 352 Abs. 2 FamFG. Im streitigen Erbscheinsverfahren ergeben sich fürden Erbscheinserteilungsbeschluss folgende inhaltliche Besonderheiten:

� Die sofortige Wirksamkeit des Erbscheinserteilungsbeschlusses istauszusetzen;

� Der Beschluss ist den Beteiligten bekannt zu geben;

� Der Beschluss ist zu begründen und mit einerRechtsmittelbelehrung zu versehen;

� Die Erteilung des Erbscheins ist bis zur Rechtskraft desBeschlusses zurückzustellen.

Im Gegensatz zum unstreitigen Verfahren liegt hier keine der in § 38Abs. 4 FamFG genannten Ausnahmen vor, so dass derErbscheinserteilungsbeschluss im streitigen Verfahren immer begründetwerden muss.

Der Erbscheinserteilungsbeschluss wird somit nicht mit Erlass wirksam,sondern gemäß § 40 Abs. 1 FamFG erst mit Bekanntgabe an dieBeteiligten. Die Bekanntgabe des Beschlusses bestimmt sich nach § 41FamFG.

Demjenigen der widersprochen hat muss der Beschluss gemäß § 41Abs. 1 S. 2 FamFG zugestellt werden.

41 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 711;

Page 72: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

72

Anwesenden kann der Beschluss gemäß § 41 Abs. 2 FamFG durchVerlesen der Beschlussformel bekannt gegeben werden.

Beteiligten, die nicht anwesend sind, kann der Beschluss nach denallgemeinen Vorschriften des § 15 Abs. 2 FamFG bekannt gegebenwerden. Gemäß § 15 Abs. 2 FamFG kann die Bekanntgabe durchZustellung gemäß §§ 166 bis 195 ZPO erfolgen, oder dadurch dass dasSchriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegeben wird.

Erfolgt die Bekanntgabe durch Postversand, so gilt das Schriftstück dreiTage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, sofern die Anschriftdes Adressaten eine inländische ist und der Beteiligte nicht glaubhaftmacht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späterenZeitpunkt zugegangen ist.

Da im vorliegenden Fall A der Erbscheinserteilung widersprochen hat,muss Notar X ihm den Erbscheinserteilungsbeschluss zustellen. DerLebensgefährtin W und den beiden anderen Kindern B und C kann derBeschluss auf dem normalen Postweg zugesendet werden.

Merke:

Zustellung: a) nur im streitigen Erbscheinsverfahren

b) nur an denjenigen der widersprochen hat

Bekanntgabe an die anderen Beteiligten durch Verlesen desBeschlusses bei Anwesenheit oder normalen Postversand.

4.2 Rechtsmittel

Jeder Beschluss ist gemäß § 39 FamFG mit einer Rechtsmittelbelehrungzu versehen. Die Rechtsmittelbelehrung hat das statthafte Rechtsmittel,sowie das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, dessen Sitzund die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten.

Der Erbscheinserteilungsbeschluss ist mit der befristeten Beschwerdegemäß § 58 ff FamFG anfechtbar. Die Beschwerdefrist beträgt gemäߧ 63 FamFG einen Monat und beginnt mit Bekanntgabe an dieBeteiligten. Um den Beginn der Beschwerdefrist nachweisen zu könnenist die Zustellung des Beschlusses an denjenigen erforderlich, derwidersprochen hat.

Page 73: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

73

Wird keine Beschwerde gegen den Erbscheinserteilungsbeschlusseingelegt, wird der Beschluss nach Ablauf der Beschwerdefrist gemäߧ 45 FamFG formell rechtskräftig. Nach Eintritt der Rechtskraft kann derErbscheinserteilungsbeschluss nicht mehr angefochten werden.

Der Eintritt der Rechtskraft sollte auf dem Beschluss vermerkt werden.Der Erbschein kann nun erteilt werden.

Im vorliegenden Fall kann das Kind A innerhalb von einem Monat nachZustellung des Erbscheinserteilungsbeschlusses Beschwerde gegen denBeschluss einlegen. Notar X bestimmt einen Wiedervorlagetermin nachAblauf der Beschwerdefrist, bis zu diesem Termin wird die Akte imGeschäftszimmer überwacht. Legt A innerhalb der Frist keineBeschwerde ein, so vermerkt Notar X die Rechtskraft auf dem Beschlussund erteilt der Lebensgefährtin W den Erbschein.

a) Beschwerdeberechtigung:

Bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung wird im FamFG künftigzwischen Amtsverfahren und Antragsverfahren unterschieden.

Amtsverfahren:

In Amtsverfahren steht die Beschwerde nicht jedermann zu,sondern gemäß § 59 Abs. 1 FamFG nur demjenigen, der durchden Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Es kommt hierauf die Beeinträchtigung eigener Rechte an. Auf dieBeteiligtenstellung kommt es dagegen grundsätzlich nicht an, sodass es unerheblich ist, ob der Beschwerdeberechtigte tatsächlichVerfahrensbeteiligter war oder aufgrund seiner Rechtsbetroffenheitgemäß § 7 Abs. 2 Ziffer 1 FamFG zum Verfahren hättehinzugezogen werden müssen.

Antragsverfahren:

Wird ein Beschluss nur auf Antrag erlassen und ist der Antragzurückgewiesen worden, so steht gemäß § 59 Abs. 2 FamFG dieBeschwerde nur dem Antragsteller zu, nicht aber den sonstigenBeeinträchtigten. Wer antragsberechtigt gewesen wäre, aber vonseinem Antragsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, ist demAntragsteller gleichgestellt und ebenfalls beschwerdeberechtigt.

Page 74: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

74

b) Beschwerdefrist:

Die bisher im FGG geregelte unbefristete Beschwerde wird durch dasFamFG abgeschafft. Die Beschwerde ist nunmehr gemäß § 58 ff FamFGbefristet. Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Fristbestimmt ist, gemäß § 63 Abs. 1 FamFG binnen einer Frist von einemMonat einzulegen.

Die Beschwerdefrist beginnt gemäß § 63 Abs. 3 FamFG jeweils mit derschriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an den jeweiligenBeteiligten, d.h. für jeden Beteiligten gesondert. Kann die Bekanntgabean einen Beteiligten nicht erfolgen, so beginnt die Frist spätestens nachAblauf von 5 Monaten nach Erlass des Beschlusses.

c) Beschwerdegericht:

In Nachlasssachen ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVGBeschwerdegericht das Oberlandesgericht, nicht mehr wie bisher dasLandgericht.

d) Form, Inhalt und Einlegung der Beschwerde:

� Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschlussangefochten wird, § 64 Abs. 1 FamFG, (die bisherige Möglichkeitder Einreichung beim Beschwerdegericht ist abgeschafft).

� Einlegung der Beschwerde gemäß § 64 Abs. 2 FamFG durchEinreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift derGeschäftsstelle.

� Die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses und dieErklärung, dass Beschwerde eingelegt wird muss in derBeschwerdeschrift enthalten sein.

� Die Beschwerde ist vom Beschwerdeführer / Bevollmächtigten zuunterzeichnen.

� Gemäß § 65 Abs. 1 FamFG soll die Beschwerde begründetwerden.

Page 75: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

75

5. Muster Feststellungsbeschluss streitiges Verfahren:

NG 7 2 / 2009

Notariat Brackenheim- Nachlassgericht -

Georg-Kohl-Straße 1 � 74336 BrackenheimTel.: 07135/9747111 � Fax: 07135/9747120

Beschluss vom 04.11.2009

Nachlasssache

Emil Müller, geboren am 09.09.1930, verstorben am 1 5.09.2009 in Brackenheim, zuletztwohnhaft Knipfelesweg 5, 74336 Brackenheim

Beteiligte:

Herr Albert Neu, geboren am 24.09.1971, Stockheimer Straße 19, 74336 Brackenheim

Frau Berta Alt, geboren am 15.10.1972, Neipperger Straße 5, 74336 Brackenheim

Frau Cornelia Abend geb. Müller, geboren am 25.12.1970, Rotes Knie 5, 74389 Cleebronn

1. In der Nachlasssache werden die erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet,wonach über das Erbrecht folgender Personen ein Erbschein erteilt werden soll:

a) Albert Neu, geboren am 24.09.1971, Stockheimer Straße 19, 74336 Brackenheim, mit Erbteil 1/3

b) Berta Alt, geboren am 15.10.1972, Neipperger Straße 5, 74336 Brackenheim, Dürrenzimmern, mit Erbteil 1/3

c) Cornelia Abend, geboren am 25.12.1970, Rotes Knie 5, 74389 Cleebronn, mit Erbteil 1/3

2. Begründung: ……………………………………………….

Page 76: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

76

3. #Der Beschluss wird sogleich der Geschäftsstelle übergeben. #Die Beschlussformelwird den Anwesenden verlesen. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wirdausgesetzt. Die Erteilung des Erbscheins wird bis zur Rechtskraft des Beschlusseszurückgestellt.

4. Rechtsmittel:

Gegen diesen Beschluss findet das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde statt.Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. Die Frist beginntmit der schriftlichen Bekanntgabe an die Beteiligten. Die Beschwerde ist beimNotariat Brackenheim, Georg-Kohl-Straße 1, 74336 Brackenheim einzulegen. DieBeschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschriftder Geschäftsstelle eingelegt. Die Beschwerde muss die Bezeichnung desangefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegendiesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinemBevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde soll begründet werden.

5. Bekanntgabe erfolgt an die Beteiligten.

6. Kosten: Erbscheinserteilung § 107 KostO

Notar X

Nach fruchtlosem Ablauf der Beschwerdefrist wird die Rechtskraft aufdem Feststellungsbeschluss vermerkt. Der Erbschein kann erteiltwerden.

„Der Beschluss ist rechtskräftig. Brackenheim, den #. Unterschrift Notar“

Page 77: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

77

6. Vorbescheid:

Das oben erläuterte Verfahren nach § 352 Abs. 2 FamFG in streitiggeführten Erbscheinsverfahren tritt an die Stelle des bisherigenVorbescheidverfahrens. Der Vorbescheid wird damit bedeutungslos42.Voraussetzung für das bisherige Vorbescheidverfahren war dasVorliegen sich widersprechender Erbscheinsanträge, bzw. wenn dieStellung eines widersprechenden Erbscheinsantrags zu erwarten war.

Nach neuem Recht genügt bereits der demErbscheinserteilungsbeschluss entgegenstehende Wille einesBeteiligten. Dieser Wille muss allerdings „erklärt“ sein, der Beteiligtemuss daher notwendig zum Verfahren zugezogen sein und im Verfahrenzum Ausdruck gebracht haben, dass er mit der Erbscheinserteilung nichteinverstanden ist, eine mündliche Äußerung wird ausreichend sein43.

7. Rechtsmittel nach Erteilung des Erbscheins:

Nach § 352 Abs. 3 FamFG ist nach Erteilung des Erbscheins eineBeschwerde nur noch mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheinsmöglich44. § 2361 BGB bleibt hiervon unberührt.

8. Einziehung und Kraftloserklärung von Erbscheinen

Das Erbscheinseinziehungsverfahren und Kraftloserklärungsverfahren istin § 353 FamFG geregelt.

§ 353 FamFG:

Einziehung oder Kraftloserklärung:

(1) In Verfahren über die Einziehung oder Kraftloserklärung einesErbscheins hat das Gericht über die Kosten des Verfahrens zuentscheiden. Die Kostenentscheidung soll zugleich mit derEndentscheidung ergehen.

(2) Ist der Erbschein bereits eingezogen, ist die Beschwerde gegenden Einziehungsbeschluss nur insoweit zulässig, als die Erteilungeines neuen gleichlautenden Erbscheins beantragt wird. Die

42 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 9.2.09;43 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 9.2.09;44 Fröhler, BWNotZ 2008, 190;

Page 78: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

78

Beschwerde gilt im Zweifel als Antrag auf Erteilung eines neuengleichlautenden Erbscheins.

(3) Ein Beschluss, durch den ein Erbschein für kraftlos erklärt wird, istnicht mehr anfechtbar, nachdem der Beschluss öffentlich bekanntist (§ 2361 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches).

Das Einziehungsverfahren ist wie bisher auch ein von Amts wegendurchzuführendes Verfahren. Anträge auf Einziehung eines Erbscheinshaben somit nur die Bedeutung einer Anregung45.

Eine Neuerung zum geltenden Recht ergibt sich insoweit, als nach § 353Abs. 1 FamFG im Einziehungsbeschluss zwingend festzustellen ist, werdie Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Damit verweist § 353 Abs. 1FamFG auf die Regelungen der §§ 80 ff FamFG46.

Nach bisher geltendem Recht kann das Gericht die aussergerichtlichenKosten nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 a FGG einemBeteiligten auferlegen. Nach §§ 80 ff FamFG kann das Gericht nunmehrnicht nur die aussergerichtlichen Kosten (Rechtsanwaltskosten derBeteiligten), sondern auch die Gerichtskosten einem Beteiligten, sogareinem Dritten unter bestimmten Voraussetzungen auferlegen47.

45 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 719;46 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 9.2.09;47 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 9.2.09;

Page 79: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

79

8.1 Muster Einziehungsbeschluss:

NG 7 2 / 2009

Notariat Brackenheim- Nachlassgericht -

Georg-Kohl-Straße 1 � 74336 BrackenheimTel.: 07135/9747111 � Fax: 07135/9747120

Beschluss vom 05.01.2010

Nachlasssache

Emil Müller, geboren am 09.09.1930, verstorben am 1 5.09.2009 in Brackenheim, zuletztwohnhaft Knipfelesweg 5, 74336 Brackenheim

Beteiligte:

Herr Albert Neu, geboren am 24.09.1971, Stockheimer Straße 19, 74336 Brackenheim

Frau Berta Alt, geboren am 15.10.1972, Neipperger Straße 5, 74336 Brackenheim

Frau Cornelia Abend geb. Müller, geboren am 25.12.1970, Rotes Knie 5, 74389 Cleebronn

1. Der Erbschein des Nachlassgerichts Brackenheim vom 04.11.2009 wird eingezogen.Die Beteiligten haben die ihnen erteilten Ausfertigungen des Erbscheins binnen einerFrist von einer Woche dem Nachlassgericht zurückzugeben; die gewaltsameWegnahme der Erbscheinsausfertigung wird hiermit angedroht.

Kann der Erbschein nicht erlangt werden, wird der Erbschein für kraftlos erklärtwerden.

2. Begründung:…………………………………………………….

Page 80: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

80

3. Rechtsmittel:

Gegen diesen Beschluss findet das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde statt.Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. Die Frist beginntmit der schriftlichen Bekanntgabe an die Beteiligten. Die Beschwerde ist beimNotariat Brackenheim, Georg-Kohl-Straße 1, 74336 Brackenheim einzulegen. DieBeschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschriftder Geschäftsstelle eingelegt. Die Beschwerde muss die Bezeichnung desangefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegendiesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinemBevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde soll begründet werden.

4. Bekanntgabe erfolgt an die Beteiligten, Zustellung an Erbscheinsinhaber.

Notar X

Page 81: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

81

9. Sonstige Zeugnisse:

§ 354 FamFG erklärt die Regelungen der § 352, 353 FamFG aufbestimmte andere Zeugnisse, insbesondere dasTestamentsvollstreckerzeugnis, für entsprechend anwendbar, so dassauch vor der Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zunächstentsprechend § 352 FamFG ein Feststellungsbeschluss zu fertigen ist.

IX. Ausschlagung einer Erbschaft

Fall:

Der in Würzburg wohnhafte Max Müller bekommt vom NachlassgerichtStuttgart Nachricht, dass er zur Erbfolge nach einer entferntenVerwandten berufen ist. Sämtliche ihn ausschließenden Erben haben dieErbschaft bereits vor dem Nachlassgericht Stuttgart ausgeschlagen. MaxMüller möchte die Erbschaft nun auch ausschlagen, da er befürchtet nurSchulden zu erben und dafür zu haften. Max Müller sieht es jedoch nichtein nur wegen einer Erbschaftsausschlagung zum zuständigenNachlassgericht nach Stuttgart zu reisen. Um Zeit und Geld zu sparenwendet er sich an einen Notar in Würzburg und erklärt dort dieAusschlagung am 31.10.2009 in notariell beglaubigter Form. Der Notarreicht die Ausschlagungserklärung beim Amtsgericht Würzburg –Nachlassgericht- am letzten Tag der Ausschlagungsfrist ein.

Frage:

Hat Max Müller fristgerecht und wirksam die Ausschlagung der Erbschafterklärt?

Grundsätzliches:

Gemäß § 1944 BGB kann die Ausschlagung einer Erbschaft nur binnensechs Wochen erklärt werden. Grundsätzlich beginnt die Frist mit demZeitpunkt in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde derBerufung Kenntnis erlangt. Der Lauf der Frist kann jedochausnahmsweise bereits mit Kenntnis vom Tode des Erblassersbeginnen. Ist der Erbe durch eine Verfügung von Todes wegen(Testament, Erbvertrag) zur Erbfolge berufen, so beginnt der Lauf derFrist nicht vor Verkündung der Verfügung durch das Nachlassgericht.

Page 82: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

82

Die Ausschlagung hat gemäß § 1945 Abs. 1 BGB durch Erklärung zurNiederschrift des Nachlassgerichts oder durch Abgabe in öffentlichbeglaubigter Form zu erfolgen. Somit ist ebenfalls die durch einen Notarin öffentlich beglaubigter Form (Unterschriftsbeglaubigung) protokollierteAusschlagungserklärung gemäß § 1945 BGB formwirksam.

Rechtslage vor dem 01.09.2009 (vor Inkrafttreten des FamFG):

Nach dem noch bis zum 01.09.2009 geltenden Recht bestimmt sich dieZuständigkeit zur Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung nach §73 FGG. Gemäß § 73 Abs. 1 FGG bestimmt sich die örtlicheZuständigkeit des Nachlassgerichts nach dem Wohnsitz den derErblasser zur Zeit des Erbfalls hatte. Somit ist zur Entgegennahme derAusschlagungserklärung das Nachlassgericht zuständig, das auch fürden Erbfall gemäß § 73 FGG örtlich zuständig ist. Im vorliegenden Fallist dies das Nachlassgericht Stuttgart. Um wirksam zu werden musstedie Ausschlagungserklärung innerhalb der Ausschlagungsfrist vongrundsätzlich 6 Wochen dem zuständigen Nachlassgericht zugehen.

Als nicht zuständiges Nachlassgericht gemäß § 73 FGG bestand in derbisherigen Praxis die Wahlmöglichkeit die Ausschlagungserklärungentweder als Notar in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 39 ff BeurkGoder als (nicht zuständiges) Nachlassgericht zu Protokoll gemäß § 1945Abs. 2 BGB i.V.m. § 39 ff BeurkG aufzunehmen. DieAusschlagungserklärung wurde dann regelmäßig in Urschrift bzw.Ausfertigung den Beteiligten übergeben, damit diese die Erklärung ineigener Verantwortung beim gemäß § 73 FGG örtlich zuständigenNachlassgericht einreichen konnten. Das Einreichen der Erklärung beimNachlassgericht wurde üblicherweise nicht von dem Notar / dem nichtzuständigen Nachlassgericht übernommen, um keine Haftunggegenüber den Beteiligten für einen verspäteten Zugang beimNachlassgericht und der damit verbundenen Erbschaftsannahme zubegründen.

Im vorliegenden Fall hat der Notar zwar die Ausschlagungserklärungnoch fristgerecht beim Amtsgericht Würzburg eingereicht. Maßgeblich fürdie Wahrung der Ausschlagungsfrist ist der Zugang beim örtlichzuständigen Nachlassgericht gemäß § 73 FGG, hier das NotariatStuttgart, so dass die Ausschlagung verspätet erfolgt ist und dieErbschaft somit von Max Müller gemäß § 1943 BGB aufgrund Fristablaufangenommen wurde.

Page 83: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

83

Rechtslage nach dem 01.09.2009 ( Inkrafttreten des FamFG):

§ 344 FamFG:

(7) Für die Entgegennahme einer Erklärung, mit der dieErbschaft ausgeschlagen (§ 1945 Abs. 1 BGB) oder dieAusschlagung angefochten ( § 1955 BGB) wird, ist auch dasNachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk derAusschlagende oder Anfechtende seinen Wohnsitz hat. DieNiederschrift über die Erklärung ist von diesem Gericht andas zuständige Nachlassgericht zu übersenden.

Die Regelung des § 344 Abs. 7 FamFG bestimmt, dass für dieEntgegennahme einer Erklärung, mit der die Erbschaft ausgeschlagenoder die Ausschlagung angefochten wird, nun auch das jeweiligeNachlassgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk derAusschlagende seinen Wohnsitz hat. Der Wohnsitz desAusschlagenden bestimmt sich nach §§ 7-11 BGB. Wer sich an einemOrt ständig niederlässt, begründet an diesem Ort gemäß § 7 Abs. 1 BGBseinen Wohnsitz. Der Wohnsitz kann gemäß § 7 Abs. 2 BGB gleichzeitigan mehreren Orten bestehen.

Die neue Zuständigkeit nach § 344 FamFG erstreckt sich sowohl auf dieProtokollierung der Ausschlagungserklärung, als auch auf dieEntgegenahme derselben. Die Zuständigkeit ist nicht ausschließlich, sodass neben dem nach § 344 Abs. 7 FamFG ergänzend48 zuständigenNachlassgericht das nach § 343 FamFG allgemein zuständigeNachlassgericht ebenfalls für die Protokollierung und Entgegennahmeder Ausschlagung zuständig ist. Es handelt sich um eineAlternativzuständigkeit, die Erklärung wird wirksam und wahrt dieAusschlagungsfrist, wenn sie einem der zuständigen Gerichte zugeht49.

Im vorliegenden Fall wurde die Ausschlagung am letzten Tag derAusschlagungsfrist beim Nachlassgericht Würzburg eingereicht. Da MaxMüller seinen Wohnsitz in Würzburg hat konnte die Ausschlagungwirksam bei dem gemäß § 344 Abs. 7 FamFG örtlich zuständigenNachlassgericht Würzburg eingereicht werden. Im Gegensatz zurRechtslage vor dem 01.09.2009 ist die Ausschlagungserklärung von MaxMüller fristgerecht beim örtlich zuständigen Nachlassgerichteingegangen, so dass die Erbschaft wirksam ausgeschlagen wurde.

48 Fröhler, BWNotZ 2008, 18649 Schaal, Sonderveranstaltung der Notarakademie Baden-Württemberg zum FamFG am 9.2.09;

Page 84: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

84

Da es sich bei § 344 Abs. 7 FamFG um eine Alternativzuständigkeithandelt hat Max Müller im vorliegenden Fall sogar die Wahl ob er dieAusschlagung gegenüber dem gem. § 343 Abs. 1 FamFG für dieNachlasssache zuständigen Notariat Stuttgart oder gegenüber dem gem.§ 344 Abs. 7 FamFG für die Ausschlagung zuständigen (Wohnsitz)-Nachlassgericht Würzburg erklärt.

Hat das Wohnsitzgericht wie im vorliegenden Fall dieAusschlagungserklärung entgegengenommen, so ist es gemäß § 344Abs. 7 Satz 2 FamFG verpflichtet die Erklärung an das für dieNachlasssache selbst gemäß § 343 FamFG zuständige Nachlassgerichtweiterzuleiten. Es ist sowohl die selbst protokollierte als auch dieentgegenommene, von einem Notar beglaubigteAusschlagungserklärung weiterzuleiten. Eine verzögerte, d.h. nachAblauf der Ausschlagungsfrist weitergeleitete Ausschlagungserklärunghat keine Rechtsnachteile für den Ausschlagenden zur Folge, dieErklärung ist mit Eingang beim dem nach § 344 Abs 7 zuständigenGericht wirksam geworden.

Für die Notariatspraxis:

Sobald der Ausschlagende seinen bzw. einen Wohnsitz imNotariatsbezirk hat, ist das Notariat gemäß § 344 Abs. 7 FamFG alsörtlich zuständiges Nachlassgericht verpflichtet dieAusschlagungserklärung zu protokollieren, entgegenzunehmen und andas in der Nachlasssache zuständige Gericht weiterzuleiten, bzw. einevon einem Notar beglaubigte Ausschlagungserklärungentgegenzunehmen und weiterzuleiten. Von der bisher üblichenVorgehensweise, dass die Ausschlagungserklärung beim zuständigenGericht durch die Beteiligten selbst eingereicht wurde, muss beigegebener örtlicher Zuständigkeit gem. § 344 Abs. 7 FamFG künftigAbstand genommen werden.

Meines Erachtens erschöpft sich die Zuständigkeit des gemäß § 344Abs. 7 FamFG ergänzend zuständigen Nachlassgerichts in derProtokollierung, Entgegennahme und Weiterleitung derAusschlagungserklärung. Die Benachrichtigung der Beteiligten,insbesondere der Nächstberufenen von der Ausschlagung hat durch dasin der Nachlasssache selbst zuständige Gericht gem. § 343 FamFG zuerfolgen.

Page 85: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

85

Die Kosten der Protokollierung gemäß § 112 Abs. 3, § 38 Abs. 3 KostOund der Entgegennahme der Ausschlagungserklärung gemäß § 112Abs. 1 Ziffer 2 KostO werden meines Erachtens durch das gemäß § 344Abs. 7 FamFG ergänzend zuständige Nachlassgericht erhoben.

Page 86: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

86

1. Musterprotokoll bei Zuständigkeit gemäß § 344 Abs. 7 FamFG:

NG 7 1 / 2009

Notariat Brackenheim- Nachlassgericht -

Georg-Kohl-Straße 1 � 74336 BrackenheimTel.: 07135/9747111 � Fax: 07135/9747120

Niederschrift vom 23.09.2009

Nachlasssache

Emil Müller, geboren am 09.09.1930, verstorben am 1 5.09.2009 in Heilbronn,zuletzt wohnhaft in Hafenstraße 45, 74072 Heilbronn

Az.: II NG 243/2009 des Notariats Heilbronn

Anwesend: Notar X beim Notariat Brackenheim

Es erscheint

Frau Annemarie Müllergeboren am 30.09.1947,wohnhaft in 74336 Brackenheim, Botenheimer Weg 9,

- ausgewiesen durch Personalausweis -

und erklärt folgendes:

Der vorgenannte Erblasser hat -soweit bekannt- keine Verfügung von Todes wegenhinterlassen.

Die angefallene Erbschaft wird von

Frau Annemarie Müller, geboren am 30.09.1947, Botenheimer Weg 9, 74336 Brackenheim

hiermit aus jedem Berufungsgrunde ausgeschlagen, einerlei ob der Anfall aufgrundgesetzlicher Erbfolge oder einer Verfügung von Todes wegen beruht. Ich habe meinen

Page 87: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

87

Wohnsitz gemäß §§ 7 ff BGB in Brackenheim, das Notariat Brackenheim –Nachlassgericht-ist deshalb für die Entgegennahme gemäß § 344 Abs. 7 FamFG örtlich zuständig.

Über die Unwiderruflichkeit der Ausschlagung der Erbschaft und die Folgen derAusschlagung wurde belehrt.

Nach dieser Ausschlagung kommen nunmehr als Erben in Betracht:

1. Herr Adolf Müller, geboren am 28.11.1929, wohnhaft Rotbühlstraße 25, 74389Cleebronn

2. Frau Andrea Müller, geboren am 12.09.1951, wohnhaft Finkenweg 1, 74336Brackenheim

Ein verwertbarer Nachlaß ist praktisch nicht vorhanden. Über Nachlaßverbindlichkeiten istnichts bekannt.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:

Page 88: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

88

2. Muster Entgegennahmebeschluss bei Zuständigkeit gemäß § 344Abs. 7 FamFG:

NG 7 1 / 2009

Notariat Brackenheim- Nachlassgericht -

Georg-Kohl-Straße 1 � 74336 BrackenheimTel.: 07135/9747111 � Fax: 07135/9747120

Beschluss vom 23.09.2009

Nachlasssache

Emil Müller, geboren am 09.09.1930, verstorben am 1 5.09.2009 in Heilbronn,zuletzt wohnhaft in Hafenstraße 45, 74072 Heilbronn

Die Ausschlagungserklärung vom 23.09.2009, abgegeben von

Frau Annemarie Müller, geboren am 30.09.1947, mit Wohnsitz in Botenheimer Weg 9, 74336Brackenheim

wird hiermit entgegengenommen.

Da sich der Wohnsitz des Ausschlagenden im Gerichtsbezirk befindet, ist dasNachlassgericht gemäß § 344 Abs. 7 FamFG für die Entgegennahme derAusschlagungserklärung örtlich zuständig.

Die Ausschlagungserklärung wird an das gemäß § 343 FamFG in der Nachlasssachezuständige Nachlassgericht Heilbronn weitergeleitet.

Die Benachrichtigung der Nächstberufenen hat durch das in der Nachlasssache zuständigeGericht zu erfolgen. Keine weitere Tätigkeit durch das hiesige Gericht.

Die Kosten der Ausschlagung und der Entgegennahme trägt der Ausschlagende.

Notar X

Page 89: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

89

X. Akteneinsichtsrecht

Das Recht auf Akteneinsicht ist in § 13 FamFG und für dasNachlassrecht speziell in § 357 FamFG geregelt.

§ 13 FamFG:

Akteneinsicht:

(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakten auf der Geschäftsstelleeinsehen, soweit nicht schwerwiegende Interessen einesBeteiligten oder eines Dritten entgegenstehen.

(2) Personen, die an dem Verfahren nicht beteiligt sind, kann Einsichtnur gestattet werden, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaftmachen und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder einesDritten nicht entgegenstehen. Die Einsicht ist zu versagen, wennein Fall des § 1758 BGB vorliegt.

(3) Soweit Akteneinsicht gewährt wird, können die Berechtigten sichauf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszügeund Abschriften erteilen lassen. Die Abschrift ist auf Verlangen zubeglaubigen.

(4) Einem Rechtsanwalt, einem Notar oder einer beteiligten Behördekann das Gericht die Akten in die Amts- oder Geschäftsräumeüberlassen. Ein Recht auf Überlassung von Beweisstücken in dieAmts- oder Geschäftsräume besteht nicht. Die Entscheidung nachSatz 1 ist nicht anfechtbar.

(5) Werden die Gerichtsakten elektronisch geführt, gilt § 299 Abs. 3ZPO entsprechend. Der elektronische Zugriff nach § 299 Abs. 3Satz 2 und 3 ZPO kann auch dem Notar oder der beteiligtenBehörde gestattet werden.

(6) Die Entwürfe zu Beschlüssen und Verfügungen, die zu ihrerVorbereitung gelieferten Arbeiten sowie die Dokumente, dieAbstimmungen betreffen, werden weder vorgelegt nochabschriftlich mitgeteilt.

(7) Über die Akteneinsicht entscheidet das Gericht, beiKollegialgerichten der Vorsitzende.

Page 90: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

90

§ 357 FamFG:

Einsicht in eine eröffnete Verfügung von Todes wegen; Ausfertigungeines Erbscheins oder anderen Zeugnisses:

(1) Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, eineeröffnete Verfügung von Todes wegen einzusehen.

(2) Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann verlangen,dass ihm von dem Gericht eine Ausfertigung des Erbscheinserteilt wird. Das Gleiche gilt für die nach § 354 erteiltengerichtlichen Zeugnisse sowie für die Beschlüsse, die sich auf dieErnennung oder die Entlassung eines Testamentsvollstreckersbeziehen.

1. Einsicht in eröffnete Verfügungen von Todes wegen /Nachlassakten:

Gemäß § 357 Abs. 1 FamFG ist nur derjenige, der rechtliches Interessegeltend macht, berechtigt eine eröffnete Verfügung von Todes wegeneinzusehen. Dies gilt nicht für noch nicht eröffnete Verfügungen vonTodes wegen, diese dürfen somit nicht eingesehen werden.

Ergänzend zu § 357 FamFG gilt die allgemeine Regelung des § 13FamFG.

Gemäß § 357 Abs. 1 FamFG hat jede Person, gleichgültig ob Beteiligteroder nicht, ein Einsichtsrecht, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaftgemacht wird.

Dagegen regelt § 13 Abs. 1 FamFG, dass nur die Beteiligten dieGerichtsakten einsehen dürfen, sofern nicht schwerwiegende Interesseneines Beteiligten oder eines Dritten entgegenstehen. Diese Regelung istenger wie in § 357 Abs. 1 FamFG da nur Beteiligte i.S.v. §§ 7, 345FamFG die Akten einsehen dürfen50.

50 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 739;

Page 91: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

91

Gemäß § 13 Abs. 1 FamFG kann der einsichtsberechtigte Beteiligte diegesamte Akte einsehen, gemäß § 357 Abs. 1 FamFG dagegen nur dieeröffnete Verfügung von Todes wegen. Der Umfang des Einsichtsrechtsist in § 13 Abs. 1 FamFG somit weiter gefasst wie in § 357 Abs. 1FamFG.

Es muss ein rechtliches Interesse der Person vorliegen, damit gemäß §357 FamFG in die eröffnete Verfügung von Todes wegen Einsichtgewährt werden kann.

Ein rechtliches Interesse kann bejaht werden, wenn die eröffneteVerfügung von Todes wegen auf die rechtlichen Beziehungen desEinsichtnehmers einwirkt51.

Ein solches Interesse haben bspw.:

� Enterbte gesetzliche Erben;

� Durch Verfügung von Todes wegen gewillkürte Erben;

� Betreuer der Erben;

� Im Einzelfall auch Nachlassgläubiger.

Achtung:

Wird ein rechtliches Interesse bejaht, so darf dem Berechtigtenjedoch nicht automatisch die gesamte Verfügung von Todes wegenzur Einsicht vorgelegt werden.

Die Befugnis zur Einsichtnahme in das Testament / Erbvertrag bestehtnur in dem Umfang und an den Teilen der eröffneten Verfügung, andenen der Einsichtnehmer ein rechtliches Interesse haben kann.

Beispiele:

� Ein Vermächtnisnehmer darf die Teile eines Testaments nichteinsehen, die die Vermächtnisse anderer Personen betreffen.

� Wurde auf den Tod des erststerbenden Ehegatten nur dessenVerfügungen im Testament / Erbvertrag eröffnet und die des

51 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 741;

Page 92: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

92

überlebenden Ehegatten nicht, so unterliegt der nicht eröffnete Teildes Testaments / Erbvertrags nicht der Einsichtnahme.

Abschriften:

Der Einsichtnehmer kann eine Abschrift des Testaments verlangen.Dieses Recht gewährt ihm § 13 Abs. 3 FamFG.

Kosten:

Die Kosten für Abschriften richten sich nach § 136 Abs. 1 S. 1 Nr. 1KostO. Danach sind für die ersten 50 Seiten 0,50 € je Seite und für jedeweitere Seite je 0,15 € zu entrichten. Für die Beglaubigung derAbschriften wird eine Gebühr gemäß §§ 132, 55 KostO erhoben.

Die Einsichtnahme an sich, ohne Abschriftenerteilung, ist jedochkostenfrei.

2. Erteilung von Ausfertigung:

Wer ein rechtliches Interesse an einer Ausfertigung glaubhaft macht,kann gemäß § 357 Abs. 2 FamFG verlangen, dass ihm von dem Gerichteine Ausfertigung des Erbscheins oder sonstigen Zeugnisses erteilt wird.

Beispiele:

� Ein Erbe;

� Der Testamentsvollstrecker;

� Ein Gläubiger, der einen Anspruch gegen den Erben geltendmachen will und im Besitz eines Titels ist;

� Ein Notar, der den Erbschein zur Abwicklung einesBeurkundungsauftrags benötigt.

Kosten:

Die Kosten für Abschriften richten sich nach § 136 Abs. 1 S. 1 Nr. 1KostO. Danach sind für die ersten 50 Seiten 0,50 € je Seite und für jedeweitere Seite je 0,15 € zu entrichten. Für die Beglaubigung derAbschriften wird eine Gebühr gemäß §§ 132, 55 KostO erhoben.

Page 93: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

93

XI. Übergangsregelungen

Die Übergangsregelungen vom bisher geltenden Recht zum neuenFamFG sind in Art. 111 FGG-RefG enthalten.

Artikel 111:

Übergangsvorschrift:

Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reformdes Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten derfreiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder derenEinleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform desVerfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten derfreiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vorInkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens inFamiliensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligenGerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. AufAbänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren findendie vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens inFamiliensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligenGerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn dieAbänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zumInkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens inFamiliensachen und den Angelegenheiten der freiwilligenGerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung biszum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens inFamiliensachen und den Angelegenheiten der freiwilligenGerichtsbarkeit beantragt wurde.

Danach gilt die einfache Regel, dass Nachlassverfahren, die bis zum31.08.2009 beantragt oder von Amts wegen eingeleitet wurden, nachden alten Verfahrensvorschriften abzuhandeln sind und Verfahren, dienach dem 01.09.2009 beantragt oder eingeleitet wurden, nach den -Vorschriften des FGG-RefG52.

52 Schaal, Sonderveranstaltung d. Notarakademie Baden-Württemberg am 09.02.09;

Page 94: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

94

Dies gilt auch für die Einlegung von Rechtsmitteln gegen ergangeneBeschlüsse. Ist das Verfahren noch nach dem bisherigen Rechteingeleitet worden und auch der Beschluss nach dem bisherigen Rechtgefasst worden, so erfolgt auch die Durchführung desRechtsmittelverfahrens, also die Beschwerde gegen den Beschluss,nach dem bisher geltenden Recht.

Dies betrifft auch den nach dem bisherigen Recht geltendenInstanzenzug; so dass es auch nach dem 01.09.2009 noch Verfahrengibt, die mit der unbefristeten Beschwerde zum LG bzw. mit derzulassungsfreien weiteren Beschwerde zum OLG angreifbar sind53.

Fall:

Der Erblasser Edmund E. verstirbt am 05.06.2009. Seinprivatschriftliches Testament wird am 12.08.2009 vom NotariatBrackenheim –Nachlassgericht- eröffnet. Am 03.09.2009 beantragt derErbe A die Erteilung eines Erbscheins.

Frage:

Welches Verfahrensrecht ist anzuwenden?

a) Das Nachlassverfahren richtet sich nach Kenntnisnahme desNachlassgerichts vom Tod des Erblassers, insbesondere bezüglichder Erbenermittlung, noch nach dem vor dem 01.09.2009geltenden Recht.

b) Das Eröffnungsverfahren des privatschriftlichen Testaments am12.08.2009 richtet sich ebenfalls nach dem vor dem 01.09.2009geltenden Recht. Würde die Eröffnung des Testaments erst nachdem 01.09.2009 erfolgen, so würden auf das Eröffnungsverfahrenbereits die Regeln des FamFG Anwendung finden.

53 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 824;

Page 95: „Das neue FamFG“...3 FamFG zu verfahren und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen 15. Die Verweisung erfolgt durch Beschluss. 13 Zimmermann, Das neue FamFG, RdNr. 615;

95

Wichtig:

Maßgeblich für das anzuwendende Recht ist der Zeitp unkt, indem das Verfahren entweder von Amts wegen oder auf Antrageingeleitet worden ist. Dies ist für jedes Verfahre n, obEröffnungsverfahren oder Erbscheinsverfahren separa t zuprüfen. Es kommt somit nicht auf den Zeitpunkt des Erbfallsan, bzw. des Eingangs der Nachlasssache beimNachlassgericht.

c) Das Erbscheinsverfahren wird mit Stellung einesErbscheinsantrags beim Nachlassgericht am 03.09.2009eingeleitet. Somit richtet sich das Erbscheinsverfahren nach denRegeln des FamFG. Unberücksichtigt bleibt hier, dass der Erbfallvor dem 01.09.2009 erfolgte und die Nachlassache bereits vor dem01.09.2009 beim Nachlassgericht anhängig war.