Adorno: Was ist deutsch (GS.10.2)

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5/13/2018 Adorno:Wasistdeutsch(GS.10.2)-slidepdf.com http://slidepdf.com/reader/full/adorno-was-ist-deutsch-gs102 1/19 8.545 GS 10.2, 691 Auf die Frage: Was ist deutsch Auf die Frage: Was ist deutsch »Was ist deutsch?« – darauf vermag ich nicht unmit- telbar zu antworten. Zuvor ist über die Frage selbst zu reflektieren. Belastet wird sie von jenen selbstgefälli- gen Definitionen, die als das spezifisch Deutsche un- terstellen nicht, was es ist, sondern wie man es sich wünscht. Das Ideal muß zur Idealisierung herhalten. Bereits der puren Form nach frevelt die Frage an den unwiderruflichen Erfahrungen der letzten Dezennien. Sie verselbständigt die kollektive Wesenheit »deutsch«, von der dann ausgemacht werden soll, was sie charakterisiere. Die Bildung nationaler Kollektive  jedoch, üblich in dem abscheulichen Kriegsjargon, der von dem Russen, dem Amerikaner, sicherlich auch dem Deutschen redet, gehorcht einem verdingli- chenden, zur Erfahrung nicht recht fähigen Bewußt- sein. Sie hält sich innerhalb jener Stereotypen, die von Denken gerade aufzulösen wären. Ungewiß, ob es etwas wie den Deutschen, oder das Deutsche, oder ir- gendein Ähnliches in anderen Nationen, überhaupt gibt. Das Wahre und Bessere in jedem Volk ist wohl vielmehr, was dem Kollektivsubjekt nicht sich ein- fügt, womöglich ihm widersteht. Dagegen befördert die Stereotypenbildung den kollektiven Narzißmus. Das, womit man sich identifiziert, die Essenz der Ei- h eoder W. Adorno: Gesammelte Schriften

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8.545 GS 10.2, 691Auf die Frage: Was ist deutsch

Auf die Frage: Was ist deutsch

»Was ist deutsch?« – darauf vermag ich nicht unmit-telbar zu antworten. Zuvor ist über die Frage selbst zureflektieren. Belastet wird sie von jenen selbstgefälli-gen Definitionen, die als das spezifisch Deutsche un-

terstellen nicht, was es ist, sondern wie man es sichwünscht. Das Ideal muß zur Idealisierung herhalten.Bereits der puren Form nach frevelt die Frage an denunwiderruflichen Erfahrungen der letzten Dezennien.Sie verselbständigt die kollektive Wesenheit

»deutsch«, von der dann ausgemacht werden soll, wassie charakterisiere. Die Bildung nationaler Kollektive  jedoch, üblich in dem abscheulichen Kriegsjargon,der von dem Russen, dem Amerikaner, sicherlichauch dem Deutschen redet, gehorcht einem verdingli-chenden, zur Erfahrung nicht recht fähigen Bewußt-sein. Sie hält sich innerhalb jener Stereotypen, die vonDenken gerade aufzulösen wären. Ungewiß, ob esetwas wie den Deutschen, oder das Deutsche, oder ir-gendein Ähnliches in anderen Nationen, überhauptgibt. Das Wahre und Bessere in jedem Volk ist wohl

vielmehr, was dem Kollektivsubjekt nicht  sich ein-fügt, womöglich ihm widersteht. Dagegen befördertdie Stereotypenbildung den kollektiven Narzißmus.Das, womit man sich identifiziert, die Essenz der Ei-

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gengruppe, wird unversehens zum Guten; die Fremd-gruppe, die anderen, schlecht. Ebenso ergeht es dann,

umgekehrt, dem Bild des Deutschen bei den anderen.Nachdem jedoch unterm Nationalsozialismus dieIdeologie vom Vorrang des Kollektivsubjekts auf Ko-sten von jeglichem Individuellen das äußerste Unheilanrichtete, ist in Deutschland doppelt Grund, vorm

Rückfall in die Stereotypie der Selbstbeweihräuche-rung sich zu hüten.Während der letzten Jahre zeichnen Tendenzen

eben dieser Art sich ab. Sie werden heraufbeschworenvon den politischen Fragen der Wiedervereinigung,

der Oder-Neiße-Linie, auch mancher Ansprüche derVertriebenen; einen weiteren Vorwand bietet die nurin der Einbildung vorhandene internationale Ächtungdes Deutschen, oder ein nicht minder fiktiver Mangelan jenem nationalen Selbstgefühl, das manche so gernwieder aufstacheln möchten. Unmerklich langsam for-

miert sich ein Klima, das verpönt, was am notwendig-sten wäre: kritische Selbstbesinnung. Wieder bereitskann man das unselige Sprichwort vom Vogel zitierthören, der das eigene Nest beschmutzt, während die,welche über jenen Vogel krächzen, die Krähen zu sein

pflegen, die keiner anderen das Auge aushacken.Nicht wenige Fragen gibt es, über die ihre wahre An-sicht zu sagen fast alle mit Rücksicht auf die Folgensich selbst verbieten. Rasch verselbständigt sich sol-

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che Rücksicht zu einer inneren Zensurinstanz, dieschließlich nicht nur die Äußerung unbequemer Ge-

danken, sondern diese selbst verhindert. Weil diedeutsche Einigung geschichtlich zu spät, prekär undunstabil nur gelang, neigt man dazu, um überhauptals Nation sich zu fühlen, das Nationalbewußtsein zuüberspielen und jede Abweichung gereizt zu ahnden.

Dabei wird dann leicht regrediert auf archaische Zu-stände vorindividuellen Wesens, ein Stammesbewußt-sein, an das psychologisch um so wirksamer appel-liert werden kann, je weniger es mehr aktuell existiert.Jenen Regressionstendenzen sich zu entziehen, mün-

dig zu werden, der eigenen geschichtlichen und ge-sellschaftlichen Situation und der internationalen insAuge zu sehen, wäre gerade an denen, die auf deut-sche Tradition sich berufen, die Kants. Sein Denkenhat sein Zentrum im Begriff der Autonomie, derSelbstverantwortung des vernünftigen Individuums

anstelle jener blinden Abhängigkeiten, deren eine dieunreflektierte Vormacht des Nationalen ist. Nur imEinzelnen verwirklicht sich, Kant zufolge, das Allge-meine der Vernunft. Wollte man Kant als Kronzeugendeutscher Tradition sein Recht verschaffen, so bedeu-

tete das die Verpflichtung, der kollektiven Hörigkeitund der Selbstvergötzung abzusagen. Freilich sinddie, welche am lautesten Kant, Goethe oder Beetho-ven als deutsches Gut reklamieren, regelmäßig die,

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welche mit dem Gehalt von deren Werken am wenig-sten zu schaffen haben. Sie verbuchen sie als Besitz,

während, was sie lehrten und hervorbrachten, die Ver-wandlung in ein Besessenes verwehrt. Die deutscheTradition wird verletzt von jenen, die sie zum gleich-zeitig bewunderten und unverbindlichen Kulturgutneutralisieren. Wer indessen von der Verpflichtung

 jener Ideen nichts weiß, wird prompt von Empörungergriffen, wo auch nur ein kritisches Wort fällt übereinen großen Namen, den man als deutschen Marken-artikel beschlagnahmen und verwerten möchte.

Damit ist nicht gesagt, daß die Stereotypen jegli-

cher Wahrheit entbehrten. Erinnert sei an die berühm-teste Formel des deutschen kollektiven Narzißmus,die Wagnersche: deutsch sein heißt, eine Sache umihrer selbst willen tun. Unleugbar die Selbstgerechtig-keit des Satzes, auch der imperialistische Oberton, derden reinen Willen der Deutschen dem vorgeblichen

Krämergeist zumal der Angelsachsen kontrastiert.Richtig jedoch bleibt, daß das Tauschverhältnis, dieAusbreitung des Warencharakters über alle Sphären,auch die des Geistes – das, was man populär mitKommerzialisierung bezeichnet –, im späteren acht-

zehnten und im neunzehnten Jahrhundert in Deutsch-land nicht so weit gediehen war wie in den kapitali-stisch fortgeschritteneren Ländern. Das verlieh zumin-dest der geistigen Produktion einige Resistenzkraft.

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Sie verstand sich als ein An sich, nicht nur als ein Füranderes und Für andere Sein, nicht als Tauschobjekt.

Ihr Modell war nicht der nach den Marktgesetzenhandelnde Unternehmer, sondern eher der seinePflicht gegenüber der Obrigkeit erfüllende Beamte; anKant ist das häufig hervorgehoben worden. In derLehre Fichtes von der Tathandlung als Selbstzweck

hat es seinen konsequentesten theoretischen Ausdruckgefunden. Was an jenem Stereotyp seine Wahrheithat, wäre vielleicht am Fall Houston Stewart Cham-berlain zu studieren, dessen Name und Entwicklungmit den verhängnisvollsten Aspekten der neueren

deutschen Geschichte, dem völkischen und antisemiti-schen, verknüpft ist. Fruchtbar wäre, zu verstehen,wie es zur finsteren politischen Funktion des einge-deutschten Engländers kam. Sein Briefwechsel mitseiner Schwiegermutter Cosima Wagner bietet dafürdas reichste Material. Chamberlain war ursprünglich

ein differenzierter, zarter, gegen das Abgefeimte kom-merzialisierter Kultur überaus empfindlicher Mensch.An Deutschland insgesamt, zumal an Bayreuth, zogihn die dort verkündete Absage ans kommerzielleWesen an. Schuld daran, daß er zum Rassedemago-

gen wurde, trägt weniger natürliche Bosheit nochselbst Schwäche gegenüber der paranoisch-herrsch-süchtigen Cosima, sondern Naivetät. Chamberlainnahm, was er an der deutschen Kultur im Vergleich

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zum total entfalteten Kapitalismus seiner Heimat lieb-te, absolut. Er sah darin eine unveränderlich-natürli-

che Beschaffenheit, nicht das Ergebnis ungleichzeiti-ger gesellschaftlicher Entwicklungen. Das führte ihnsprunglos zu jenen völkischen Vorstellungen, diedann unvergleichlich viel barbarischere Konsequen-zen hatten als das amusische Wesen, dem Chamber-

lain entfliehen wollte.Ist es schon wahr, daß ohne jenes »um seiner selbstwillen« zumindest die große deutsche Philosophieund die große deutsche Musik nicht hätten sein kön-nen – bedeutende Dichter der westlichen Länder

haben der durchs Tauschprinzip verschandelten Weltnicht weniger widerstanden –, so ist das doch nichtdie ganze Wahrheit. Auch die deutsche Gesellschaftwar, und ist, eine Tauschgesellschaft, und das Etwasum seiner selbst willen Tun nicht so rein, wie es sichstilisiert. Vielmehr versteckte sich dahinter auch ein

Für anderes, auch ein Interesse, das in der Sacheselbst keineswegs sich erschöpft. Nur war es wenigerdas individuelle als die Unterordnung von Gedankenund Handlungen unter den Staat, dessen Expansionerst dem einstweilen gezügelten Egoismus der Einzel-

nen Befriedigung verschaffen sollte. Die großen deut-schen Konzeptionen, in denen die Autonomie, dasreine Um seiner selbst willen, so überschwenglichverherrlicht wird, waren durchweg auch zur Vergot-

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tung des Staates bereit; die Kritik der westlichen Län-der hat darauf, ebenso einseitig, immer wieder insi-

stiert. Der Vorrang des Kollektivinteresses über denindividuellen Eigennutz war verkoppelt mit dem ag-gressiven politischen Potential des Angriffskriegs.Drang zu unendlicher Herrschaft begleitete die Un-endlichkeit der Idee, das eine war nicht ohne das an-

dere. Geschichte erweist sich daran, bis heute, alsSchuldzusammenhang, daß die höchsten Produktiv-kräfte, die obersten Manifestationen des Geistes ver-schworen sind mit dem Schlimmsten. Noch dem Umseiner selbst willen ist, im unerbittlich integern Man-

gel an Rücksicht auf den anderen, auch Inhumanitätnicht fremd. Sie offenbart sich in einer gewissen auf-trumpfenden, nichts auslassenden Gewalttätigkeit ge-rade der größten geistigen Gebilde, ihrem Willen zurHerrschaft. Ausnahmslos fast bestätigen sie das Be-stehende, weil es besteht. Wenn man etwas als spezi-

fisch deutsch vermuten darf, dann ist es dies Ineinan-der des Großartigen, in keiner konventionell gesetztenGrenze sich Bescheidenden, mit dem Monströsen.Indem es die Grenzen überschreitet, möchte es zu-gleich unterjochen, so wie die idealistischen Philoso-

phien und Kunstwerke nichts tolerierten, was nicht indem gebietenden Bannkreis ihrer Identität aufging.Auch die Spannung dieser Momente ist keine Urgege-benheit, kein sogenannter Nationalcharakter. Die

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Wendung nach innen, das Hölderlinsche Tatenarmdoch gedankenvoll, wie es in den authentischen Ge-

bilden um die Wende des achtzehnten und neunzehn-ten Jahrhunderts vorwaltet, hat die Kräfte gestaut undbis zur Explosion überhitzt, die dann zu spät sich rea-lisieren wollten. Das Absolute schlug um ins absoluteEntsetzen. Waren tatsächlich über lange Zeiträume

der früheren bürgerlichen Geschichte hinweg die Ma-schen des zivilisatorischen Netzes – der Verbürgerli-chung – in Deutschland nicht so eng gesponnen wiein den westlichen Ländern, so erhielt sich ein Vorratunerfaßt naturhafter Kräfte. Er erzeugte ebenso den

unbeirrten Radikalismus des Geistes wie die perma-nente Möglichkeit des Rückfalls. So wenig darumHitler als Schicksal dem deutschen Nationalcharakterzuzuschreiben ist, so wenig zufällig war doch, daß erin Deutschland hinaufgelangte. Allein schon ohne dendeutschen Ernst, der vom Pathos des Absoluten her-

rührt und ohne den das Beste nicht wäre, hätte Hitlernicht gedeihen können. In den westlichen Ländern,wo die Spielregeln der Gesellschaft den Massen tiefereingesenkt sind, wäre er dem Lachen verfallen. Derheilige Ernst kann übergehen in den tierischen, der

mit Hybris sich buchstäblich als Absolutes aufwirftund gegen alles wütet, was seinem Anspruch nichtsich fügt.

Solche Komplexität: jene Einsicht, daß an dem,heoder W. Adorno: Gesammelte Schriften

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was deutsch ist, das eine nicht ohne das andere sichhaben läßt, entmutigt jede eindeutige Antwort auf die

Frage. Die Forderung solcher Eindeutigkeit geht auf Kosten dessen, was der Eindeutigkeit sich entzieht.Mit Vorliebe macht man dann das allzu komplizierteDenken des Intellektuellen verantwortlich für Sach-verhalte, die ihm, will er nicht lügen, einfache Be-

stimmungen nach dem Schema Entweder-Oder ver-wehren. Darum ist es vielleicht besser, wenn ich dieFrage nach dem, was deutsch sei, ein wenig reduziereund bescheidener fasse: was mich bewog, als Emi-grant, als mit Schimpf und Schande Vertriebener, und

nach dem, was von Deutschen an Millionen Unschul-diger verübt worden war, doch zurückzukommen.Indem ich versuche, einiges mitzuteilen, was ich anmir selbst erfahren und beobachtet habe, glaube ichder Bildung von Stereotypen am ehesten entgegenzu-arbeiten. Daß solche, die von einer Tyrannis willkür-

lich, blind aus ihrer Heimat vertrieben wurden, nachderen Sturz zurückkehren, ist eine antike Tradition.Ihr wird einer, der den Gedanken, ein neues Leben an-zufangen, haßt, fast selbstverständlich folgen, ohnelang zu fragen. Zudem ist dem gesellschaftlich Den-

kenden, der auch den Faschismus sozial-ökonomischbegreift, die These, es läge an den Deutschen alsVolk, recht fremd. Keinen Augenblick habe ich in derEmigration die Hoffnung auf Rückkunft aufgegeben.

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Die Identifikation mit dem Vertrauten in dieser Hoff-nung ist nicht zu verleugnen; nur darf sie nicht zur

theoretischen Rechtfertigung für etwas mißbrauchtwerden, was wahrscheinlich nur solange legitim ist,wie es dem Impuls gehorcht, ohne sich auf umständli-che Hilfstheorien zu berufen. Daß ich bei meinemfreiwilligen Entschluß das Gefühl hegte, in Deutsch-

land auch einiges Gute tun, der Verhärtung, der Wie-derholung des Unheils entgegenarbeiten zu können,ist nur ein anderer Aspekt jener spontanen Identifika-tion.

Ich habe eine eigentümliche Erfahrung gemacht.

Menschen, die konformieren, die sich mit der gegebe-nen Umwelt und ihren Herrschaftsverhältnissen gene-rell eins fühlen, passen jeweils im neuen Lande vielleichter sich an. Hier Nationalist, dort Nationalist.Wer prinzipiell nicht ungebrochen mit den Verhält-nissen einig, wer nicht vorweg gesonnen ist mitzu-

spielen, der bleibt oppositionell auch im neuen Land.Sinn für Kontinuität und Treue zur eigenen Vergan-genheit ist nicht dasselbe wie Hochmut und Ver-stocktheit bei dem, was man nun einmal ist, so leichtsie auch dazu ausartet. Solche Treue verlangt, daß

man lieber dort etwas zu ändern trachtet, wo die eige-ne Erfahrung sich zuständig weiß, wo man zu unter-scheiden, vor allem die Menschen wirklich zu begrei-fen vermag, als daß man der Anpassung ans andere

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Milieu zuliebe sich aufgibt. Ich wollte einfach dorthinzurück, wo ich meine Kindheit verbracht hatte, wo-

durch mein Spezifisches bis ins Innerste vermitteltwar. Spüren mochte ich, daß, was man im Leben rea-lisiert, wenig anderes ist als der Versuch, die Kindheiteinzuholen. Darum fühle ich mich berechtigt, von derStärke der Motive zu sprechen, die mich heimzogen,

ohne in den Verdacht von Schwäche oder Sentimenta-lität zu geraten, oder gar dem Mißverständnis michauszusetzen, ich unterschriebe die fatale Antithesevon Kultur und Culture. Nach einer zivilisationsfeind-lichen Tradition, die älter ist als Spengler, glaubt man

sich dem anderen Kontinent überlegen, weil er nichtsals Eisschränke und Autos hervorgebracht hätte undDeutschland die Geisteskultur. Indem jedoch diese fi-xiert, sich zum Selbstzweck wird, hat sie auch dieTendenz, von realer Humanität sich zu entbinden undsich selbst zu genügen. In Amerika aber gedeiht in

dem allgegenwärtigen Für anderes, bis ins keep smi-ling hinein, auch Sympathie, Mitgefühl, Anteilnahmeam Los des Schwächeren. Der energische Wille, einefreie Gesellschaft einzurichten, anstatt Freiheit ängst-lich nur zu denken und selbst im Gedanken zu freiwil-

liger Unterordnung zu erniedrigen, büßt sein Gutesnicht darum ein, weil seiner Realisierung durchs ge-sellschaftliche System Schranken gesetzt sind. Hoch-mut gegen Amerika in Deutschland ist unbillig. Er

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nutzt nur, unter Mißbrauch eines Höheren, den muf-figsten Instinkten. Man braucht den Unterschied zwi-

schen einer sogenannten Geisteskultur und einer tech-nologischen nicht zu leugnen, um gleichwohl über diesture Entgegensetzung sich zu erheben. So verblendetdas nützlichkeitsgebundene Lebensgefühl sein mag,das, verschlossen gegen die unablässig anwachsenden

Widersprüche, wähnt, alles sei zum besten bestellt,sofern es nur funktioniert, so verblendet ist auch derGlaube an eine Geisteskultur, die vermöge ihres Ide-als selbstgenügsamer Reinheit auf die Verwirklichungihres Gehalts verzichtet und die Realität der Macht

und ihrer Blindheit preisgibt.Dies vorausgeschickt, riskiere ich, von dem zureden, was mir den Entschluß zur Rückkehr erleich-terte. Ein Verleger, übrigens ein eingewanderter Euro-päer, äußerte den Wunsch, den Hauptteil der ›Philo-sophie der neuen Musik‹, dessen deutsches Manu-

skript er kannte, auf englisch zu publizieren. Er batmich um einen Rohentwurf der Übersetzung. Als erihn las, fand er, das ihm bereits bekannte Buch sei»badly organized«, schlecht organisiert. Ich sagte mir,in Deutschland würde mir das wenigstens, trotz alles

Geschehenen, erspart bleiben. Einige Jahre danachwiederholte sich das gleiche, grotesk gesteigert. Ichhatte in der Psychoanalytischen Gesellschaft in SanFrancisco einen Vortrag gehalten und der zuständigen

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Fachzeitschrift zur Publikation gegeben. In den Kor-rekturfahnen entdeckte ich, daß man sich nicht mit der

Verbesserung stilistischer Mängel begnügt hatte, diedem Einwanderer unterlaufen waren. Der gesamteText war bis zur Unkenntlichkeit entstellt, die Grund-intention nicht wiederzuentdecken. Auf meinen höfli-chen Protest empfing ich die nicht minder höfliche,

bedauernde Erklärung, die Zeitschrift verdanke ihrenRuf eben ihrer Praxis, alle Beiträge einem solchenediting, einer solchen Redaktion, zu unterwerfen. Sieverschaffe ihr die Einheitlichkeit; ich sei mir nurselbst im Wege, wenn ich auf ihre Vorzüge verzichte-

te. Ich verzichtete dennoch; heute steht der Aufsatz indem Band ›Sociologica II‹, unter dem Titel ›Die revi-dierte Psychoanalyse‹, in einer recht getreuen deut-schen Übersetzung. An ihr mag man überprüfen, obder Text durch eine Maschine hätte filtriert werdenmüssen, gehorsam jener fast universalen Technik der

Adaptation, der Bearbeitung, des Arrangements, diein Amerika ohnmächtige Autoren über sich ergehenlassen müssen. Ich nenne die Beispiele nicht, ummich über das Land zu beklagen, wo ich gerettetward, sondern um zu verdeutlichen, warum ich nicht

blieb. Verglichen mit dem Grauen des Nationalsozia-lismus waren meine literarischen Erlebnisse läppischeBagatellen. Aber nachdem ich einmal weiterlebte, wares wohl entschuldbar, daß ich mir Bedingungen der

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Arbeit aussuchte, welche diese möglichst wenig be-einträchtigten. Bewußt war mir, daß die Autonomie,

die ich als unbedingtes Recht des Autors auf die inte-grale Gestalt seiner Produktion verfocht, gegenüberder hochrationalisierten wirtschaftlichen Verwertungauch geistiger Gebilde zugleich etwas Rückschrittli-ches hatte. Was man von mir verlangte, war nichts

anderes als die folgerechte Anwendung der Gesetzehochgesteigerter ökonomischer Konzentration auf wissenschaftliche und schriftstellerische Produkte.Aber dies nach dem Maß von Anpassung Fortge-schrittenere bedeutete unweigerlich nach dem Maß

der Sache den Rückschritt. Anpassung schneidet ab,wodurch geistige Gebilde über das selbst bereits ge-steuerte Konsumentenbedürfnis sich erheben, ihr,vielleicht, Neues und Produktives. Hierzulande ist dieForderung, auch den Geist anzupassen, noch nichttotal. Noch wird, sei's auch oft genug mit problemati-

schem Recht, zwischen seinen autonomen Erzeugnis-sen unterschieden und solchen für den Markt. Derleiökonomische Rückschrittlichkeit, von der ungewißist, wie lange sie noch geduldet wird, ist der Schlupf-winkel von all dem Fortschrittlichen, das in den gel-

tenden gesellschaftlichen Spielregeln nicht alle Wahr-heit sieht. Wird einmal der Geist, wie freilich Unzäh-lige es möchten, auf Touren gebracht, auf den Kundenzugeschnitten, den das Geschäft beherrscht, indem es

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seine Inferiorität zum Vorwand der eigenen Ideologieerkürt, so ist es mit dem Geist so gründlich aus wie

unter den faschistischen Knüppeln. Intentionen, diesich beim Bestehenden nicht bescheiden: ich würdesagen qualitativ moderne Intentionen, leben vonRückständigkeit im ökonomischen Verwertungspro-zeß. Auch sie ist keine nationale deutsche Eigentüm-

lichkeit, sondern bezeugt gesamtgesellschaftliche Wi-dersprüche. Bisher kennt Geschichte keinen geradlini-gen Fortschritt. Solange er einsträhnig verläuft, in derBahn bloßer Naturbeherrschung, verkörpert sich, wasgeistig darüber hinausreicht, eher in dem mit der

Haupttendenz nicht ganz Mitgekommenen als in dem,was up to date ist. Das mag noch in einer politischenPhase, die Deutschland als Nation in weitem Maß zurFunktion der Weltpolitik relegiert – mit allen Gefah-ren eines wiedererwachenden Nationalismus, die dasmit sich bringt –, die Chance des deutschen Geistes

sein.Der Entschluß zur Rückkehr nach Deutschland war

kaum einfach vom subjektiven Bedürfnis, vom Heim-weh, motiviert, so wenig ich es verleugne. Auch einObjektives machte sich geltend. Das ist die Sprache.

Nicht nur, weil man in der neuerworbenen niemals,mit allen Nuancen und mit dem Rhythmus der Gedan-kenführung, das Gemeinte so genau treffen kann wiein der eigenen. Vielmehr hat die deutsche Sprache of-

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fenbar eine besondere Wahlverwandtschaft zur Philo-sophie, und zwar zu deren spekulativem Moment, das

im Westen so leicht als gefährlich unklar – keines-wegs ohne allen Grund – beargwöhnt wird. Ge-schichtlich ist die deutsche Sprache, in einem Prozeß,der erst einmal wirklich zu analysieren wäre, fähigdazu geworden, etwas an den Phänomenen auszudrük-

ken, was in ihrem bloßen Sosein, ihrer Positivität undGegebenheit nicht sich erschöpft. Man kann diesespezifische Eigenschaft der deutschen Sprache amdrastischsten sich vergegenwärtigen an der fast prohi-bitiven Schwierigkeit, philosophische Texte obersten

Anspruchs wie Hegels Phänomenologie des Geistesoder seine Wissenschaft der Logik in eine andere zuübersetzen. Das Deutsche ist nicht bloß Signifikationfixierter Bedeutungen, sondern hat von der Kraft zumAusdruck mehr festgehalten jedenfalls, als an denwestlichen Sprachen der gewahrt, welcher nicht in

ihnen aufwuchs, dem sie nicht zweite Natur sind. Weraber dessen versichert sich hält, daß der Philosophie,im Gegensatz zu den Einzelwissenschaften, die Dar-stellung wesentlich sei – jüngst hat Ulrich Sonne-mann sehr prägnant formuliert, keinen großen Philo-

sophen hätte es gegeben, der nicht auch ein großerSchriftsteller gewesen wäre –, der wird auf das Deut-sche verwiesen. Zumindest der geborene Deutschewird fühlen, daß er das essentielle Moment der Dar-

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stellung, oder des Ausdrucks, in der fremden Sprachenicht voll sich erwerben kann. Schreibt man in einer

ernsthaft fremden Sprache, so gerät man, eingestan-den oder nicht, unter den Bann, sich mitzuteilen, es sozu sagen, daß die anderen es auch verstehen. In der ei-genen Sprache jedoch darf man, wenn man nur dieSache so genau und kompromißlos sagt wie möglich,

auch darauf hoffen, durch solche unnachgiebige An-strengung verständlich zu werden. Für die Mitmen-schen steht im Bereich der eigenen Sprache dieseselbst ein. Ob der Tatbestand fürs Deutsche spezi-fisch ist, oder viel allgemeiner das Verhältnis zwi-

schen jeweils eigener und fremder Sprache betrifft,wage ich nicht zu entscheiden. Doch spricht die Un-möglichkeit, nicht nur hoch ausgreifende spekulativeGedanken, sondern sogar einzelne recht genaue Be-griffe wie den des Geistes, des Moments, der Erfah-rung, mit all dem, was in ihnen auf deutsch mit-

schwingt, ohne Gewaltsamkeit in eine andere Sprachezu transponieren, für eine spezifische, objektive Ei-genschaft der deutschen Sprache. Fraglos hat sie dafürauch ihren Preis zu zahlen in der immerwährendenVersuchung, daß der Schriftsteller wähnt, der imma-

nente Hang ihrer Worte, mehr zu sagen, als sie sagen,mache es leichter und entbinde davon, dies Mehr zudenken und womöglich kritisch einzuschränken, an-statt mit ihm zu plätschern. Der Zurückkehrende, der

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die Naivetät zum Eigenen verloren hat, muß die in-nigste Beziehung zur eigenen Sprache vereinen mit

unermüdlicher Wachsamkeit gegen allen Schwindel,den sie befördert; gegen den Glauben, das, was ichden metaphysischen Überschuß der deutschen Spra-che nennen möchte, garantiere bereits die Wahrheitder von ihr nahegelegten Metaphysik, oder von Meta-

physik überhaupt. Vielleicht darf ich in diesem Zu-sammenhang gestehen, daß ich den ›Jargon der Ei-gentlichkeit‹ auch darum geschrieben habe. Weil ichder Sprache als einem Konstituens des Gedanken so-viel Gewicht beilege wie in der deutschen Tradition

Wilhelm von Humboldt, dränge ich sprachlich, auchim eigenen Denken, auf eine Disziplin, der die einge-schliffene Rede nur allzugern entläuft. Der metaphysi-sche Sprachcharakter ist kein Privileg. Nicht ist vonihm die Idee einer Tiefe zu erborgen, die in dem Au-genblick verdächtig wird, in dem sie sich ihrer selbst

rühmt. Ähnlich etwa ward, was immer am Begriff deutsche Seele einmal daran war, tödlich beschädigt,als ein ultrakonservativer Komponist sein romantisch-retrospektives Werk danach betitelte. Der Begriff derTiefe selbst ist nicht unreflektiert zu bejahen, nicht,

wie die Philosophie es nennt, zu hypostasieren. Kei-ner, der deutsch schreibt und seine Gedanken von derdeutschen Sprache durchtränkt weiß, dürfte die KritikNietzsches an jener Sphäre vergessen. In der Traditi-

heoder W. Adorno: Gesammelte Schriften

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on war selbstgerechte deutsche Tiefe ominös einig mitdem Leiden und mit dessen Rechtfertigung. Darum

hat man die Aufklärung als flach verketzert. Ist etwasnoch tief, nämlich unzufrieden mit blind eingeschliffe-nen Vorstellungen, dann die Aufkündigung von jegli-chem verdeckenden Einverständnis mit der Unabding-barkeit des Leidens. Solidarität verwehrt seine Recht-

fertigung. In der Treue zur Idee, daß, wie es ist, nichtdas letzte sein solle – nicht in hoffnungslosen Versu-chen, festzustellen, was das Deutsche nun einmal sei,ist der Sinn zu vermuten, den dieser Begriff noch be-haupten mag: im Übergang zur Menschheit.