AFTER YEAR ZERO Geografien der Kollaboration seit 1945 | Programmflyer

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Geografien der Kollaboration seit 1945 Ausstellung & Konferenz 19.9. 24.11.

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| Haus der Kulturen der Welt | 19.9.-24.10.2013 Die Neuordnung der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg wird hier nicht mit Blick auf die Konfrontation der Blöcke erzählt, sondern mit Fokus auf die Verschränkung europäischer und afrikanischer Geschichte im Prozess der Dekolonisierung. Künstler wie John Akomfrah oder Jihan El-Tahri setzen sich in Installationen, Videos und Filmen mit den Versuchen auseinander, die Rahmenbedingungen einer westlich dominierten Moderne zu transformieren. Eine Konferenz beschäftigt sich mit Blick auf die erste Afro-Asiatische Konferenz 1955 im indonesischen Bandung – aus der die Bewegung der Blockfreien hervorging – mit „Geografien der Kollaboration“. Kuratiert von Anselm Franke und Annett Busch in Zusammenarbeit mit den Künstlern der Ausstellung

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Geografien der Kollaboration

seit 1945

Ausstellung & Konferenz19.9.— 24.11.

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Die Neuordnung der Welt nach 1945, nach der »Stunde Null« Deutschlands und Europas, wird hier nicht als Geschichte der ideologischen Blöcke des Kalten Kriegs erzählt. Stattdessen richtet sich der Fokus auf die Verflechtung europäischer und afrikanischer Geschich-te im Prozess der Dekolonisierung sowie den damit verbundenen Versuch, die Rahmenbedingungen der kolonialen Moderne grundlegend zu transformieren. Ausstellung und Konferenz loten exemplarisch die Politik der Geschichtsschreibung und der Artikulation von historischem Bewusstsein aus. Zentraler Bezugs-punkt ist dabei die erste Afro-Asiatische Konferenz 1955 im indonesischen Bandung, auf der 600 Abgesandte von 29 Staaten und Befreiungsbewegungen ein Modell der Kollaboration des globalen Südens im Zeichen einer antikolonialen Moderne entwarfen – ein Meilenstein in der Geschichte der Dekolonisierung, aus der die Block-freie Bewegung hervorging. Die Installationen und Filme der Ausstellung – darunter vier Neuproduktionen – werfen Schlaglichter auf historische Fallbeispiele sowie die ihnen eingeschriebenen, bis heute konkurrierenden Narrative. Die Gespräche, Vorträge und Filme der Konferenzen im Oktober und November vermessen die Geografien der Kollaboration und durchleuchten die begriffshistorische Grauzone dieses Terminus.

Mit Arbeiten von John Akomfrah, Kader Attia, Yervant Gianikian & Angela Ricci Lucchi, The Otolith Group, Jihan El-Tahri u. a. Kuratiert von Anselm Franke und Annett Busch in Zusammenarbeit mit den Künstlern der Ausstellung

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The year 1945 – the “year zero” of Germany and Europe – brought a reordering of global relationships. This political realignment is not recounted here as a history of the Cold War ideological blocs. Rather, the project focuses on the intertwining of European and African history over the course of decolonization, and on the attempt by actors during this period to funda-mentally transform the framework conditions of the colonial modern era. Probing deeply into specific exemplary questions, the exhibition and conference explore the politics of historiography and of the articulation of historical consciousness. The central point of reference is the first Asian-African conference in 1955 in Bandung, Indonesia, at which 600 delegates from 29 nations and liberation movements drafted a model for collaboration by the global South under the banner of an anti-colo-nial modernity – a milestone in the history of decoloni-zation that launched the Non-Aligned Movement. The installations and films in the exhibition – including four new productions – highlight historical case studies along with their inscribed, and still competing, narra-tives. The talks, lectures, and films of the conference in October and November survey “geographies of collaboration,” illuminating the gray areas in the way this term has been used over time. With works by John Akomfrah, Kader Attia, Yervant Gianikian & Angela Ricci Lucchi, The Otolith Group, Jihan El-Tahri, and others.

Curated by Anselm Franke and Annett Busch in collaboration with the artists in the exhibition.

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John Akomfrah, Filmemacher und Mitbegründer des Black Audio Film Collectives, untersucht in einer neuen Arbeit das Verhältnis zwischen der Sprache der Befrei-ungsbewegungen Afrikas und den politischen Realitäten in den Ex-Kolonien. »The Unfinished Con-versation« (2012) widmet sich dem Kulturtheoretiker Stuart Hall und dessen Vision einer post-rassisti-schen Gesellschaft sowie seinen Anschauungen zu den globalen Entwicklungen und Verwerfungen der 1950er-Jahre.

Der Künstler Kader Attia untersucht kulturelle Praktiken gegenseitiger Aneignung und Repräsentation Afrikas und Europas. Mit seiner Neuproduktion unternimmt er eine Tiefenbohrung in die afrikanische Kolonialgeschichte und deren Verschränkung mit der christlichen Mission am Beispiel der überaus umfangreichen, aber vor der Öffentlichkeit unter Verschluss ge-haltenen Sammlung afrikanischer

Kunst- und Kultobjekte des Vatikans.

Yervant Gianikian & Angela Ricci Lucchi bearbeiten in ihren Filmen die Themen Krieg, Imperialismus und Kolonialismus. Ihre Vier-Ka-nal-Installation »Imperium«, die auf jahrelangen Recherchen fußt und im HKW uraufgeführt wird, visuali-siert die Direttissima zum Faschis-mus nach dem Ersten Weltkrieg. Zeitdokumente durchleuchten den imperialen Krieg des faschisti-schen Italiens in Äthiopien und Eritrea und die Psychologie des »faschistischen Menschen« am Beispiel von Mussolinis Soldaten.

Das von der Sozialanthropologin Anjalika Sagar und dem Theoretiker und Autor Kodwo Eshun ins Leben gerufene Londoner Künstlerkol-lektiv The Otolith Group reflektiert in seiner Neuproduktion fürs HKW den panafrikanischen Erwartungs-horizont der Dekolonisierung am Beispiel von Kwame Nkrumah. Als

John Akomfrah, »The Unfinished Conversation«, 2012 (Installationsansicht Liverpool Biennial 2012) Courtesy the artist und Carroll / Fletcher.

Foto: Nicholas Mirzoeff

Mi–Mo und feiertags 11–19h

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einer der wichtigsten Verfechter der Einheit Afrikas und Kämpfer gegen den Neokolonialismus führte er Ghana 1957 in die Unabhängigkeit.

Die Frage nach Macht und ihrer Wirkung auf die Menschen, die über sie verfügen, durchzieht die Arbeiten der Autorin und Filmema-cherin Jihan El-Tahri. Für die Aus-stellung stellt sie Archivmaterialien und ausführliche Interviews aus der Ära der Dekolonisierung zusammen und wirft dabei ein Schlaglicht auf die historische und gegenwärtige Rolle Ägyptens.

Exhibition Sep 19 – Nov 24 In his new work, John Akomfrah traces the relation between the African liberation movements' language and current political realities of the former colonies. “The Unfinished Conversation” (2012) is devoted to the cultural theorist Stuart Hall and his vision of a post-racial society.

Kader Attia investigates cultural practices of mutual appropria-tion and representation between Africa and Europe. He researches African colonial history and its

interconnection with the Christian mission, taking on the topic of the Vatican’s vast collection of African art and cult objects.

Yervant Gianikian & Angela Ricci Lucchi’s new installation, based on years of research, gives visual expression to the rapid rise of fascism after World War I. Docu-ments from the period shed light on Fascist Italy’s imperial war in Ethiopia and Eritrea, as well as the psychology of “fascist man.”

The Otolith Group reflects on the Pan-African aspirations in the course of decolonization, zooming in on Ghana's first president Kwame Nkrumah who struggled against neocolonialism and led Ghana to independence in 1957.

The question of power and its in-fluence on the people who possess it runs throughout the films of Jihan El-Tahri. She has compiled archive material and in-depth interviews from the era of decolonization that highlight the historical and contem-porary role of Egypt.

Yervant Gianikian & Angela Ricci Lucchi,

»Imperium«, 2013 (Detail), courtesy the artists

Wed–Mon and on holidays 11am–7pm

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MITTWoCH 18.9. Ab 18h Eröffnung Eintritt freiKünstlergespräche mit John Akomfrah, Kader Attia, The otolith Group und Jihan El-Tahriopening with artists talks

DoNNERSTAG 19.9.

18h Dal Polo all’Equatore / From the Pole to the EquatorR: Yervant Gianikian und Angela Ricci Lucchi, Italien 1986, 101 min, anschließend Gespräch mit den Filmemachern

Ein experimentelles Essay aus dem filmischen Nachlass Luca Comerios, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Mythos vom heldenhaften europäischen Kolo- nialismus schuf. An experimental essay based on the films by Luca Comerio who in the early twentieth century created the myth of heroic European colonialism.

Followed by a talk with the filmmakers

20.30hGrußworte von Bernd M. Scherer (Intendant HKW), Berthold Franke (Goethe-Institut Brüssel) und den Kuratoren, Musik und Bar Welcome, music and bar

20.30h Cuba, une odyssée africaine / Cuba, An African odyssey R: Jihan El-Tahri, Frankreich 2007, 118 min, omE, mit einer Einfüh-rung durch die Filmemacherin

Eindrucksvolle Archivaufnahmen dokumentieren die Unterstützung zahlreicher afrikanischer Befrei-ungsbewegungen durch Kuba. Impressive archival footage docu-ments Cuba’s support of numerous African liberation movements.

With an introduction by the filmmaker

19.9. Ausstellung geöffnet bis 22h

Gespräche in englischEintritt: Tagesticket Ausstellung und Filme 6€/4€

Gespräche in englischEintritt frei

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11h FilmMoses und AronR: Jean-Marie Straub & Danièle Huillet, Ö/F/D/IT 1975, 107 min, deutsche oF

13h FilmCeddo R: ousmane Sembène, Senegal 1977, 116 min, omU (Französisch/Wolof)

Ab 16hGespräche mit Adekeye Adebajo (Geschäftsführer Centre for Con-flict Resolution, Kapstadt), Hannes Heer (Historiker/Publizist/Ausstel-lungsmacher, Hamburg) Rastko Močnik (Soziologe/ Literaturtheo-retiker/Aktivist, Ljubljana), Fred Moten (Kulturkritiker/Dichter, Los Angeles), Charles Tonderai Mudede (Autor/Filmemacher/Kul-turkritiker, Seattle), den Künstlern der Ausstellung u. a.

DoNNERSTAG 3.10.

Writing History Die Gespräche und Filme thematisieren die grund- legende Rolle Afrikas sowie Einschlüsse und Auslassungen in der Konstruktion europäischer Universalgeschichte wie auch Kontinuitäten am Nexus von Kolonialherrschaft und Faschismus.

Sonderbriefmarke zur Bandung-Konferenz 1955

The talks and films address the fundamental role of Africa as well as inclusions and omissions in the European construction of world history, and continuities at the nexus of colonial rule and fascism.

3.—5.10. Ausstellung geöffnet bis 22h

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12h FilmeArchie Shepp à AlgerR: Théo Robichet, F/Algerien 1971, 17 min

The Nine MusesR: John Akomfrah, Ghana/UK 2010, 90 min, englische oF

Ab 15hGespräche mit Garnette Cadogan (Autor, New York), Rangoato Hlasane (Künstler/Autor/Pädagoge, Johan-nesburg), Keyti (Hip-Hop-Künstler/Aktivist, Dakar), Bongani Madondo (Essayist/Kunstkritiker/Forscher, Johannesburg), Charles Tonderai Mudede (Autor/Filmemacher/ Kulturkritiker, Seattle), den Künst-lern der Ausstellung u. a.

SAMSTAG 5.10. The Bandung Moment – Alignments and Re-alignments Die Bandung-Konferenz 1955 bildete eine markante Zäsur in der Endphase des Kolonialismus. Wie ver- änderte Bandung die ideologischen und macht- politischen Rahmenbedingungen und was wurde aus der Vision einer Kollaboration des globalen Südens?

FREITAG 4.10. Universal Resources in the Space Age – Trajectories in Pop Culture Afrikanische Musik hat die europäische Popkultur nach 1945 grundlegend revolutioniert. Die spezifi-schen Verbindungslinien und Einflüsse liegen aber oft im Dunkeln. Die imaginäre, biografische und theoretische Quellenlage diverser Popgenres wird hier neu aufgerollt.

Ab 15hGespräche mit Adekeye Adebajo (Geschäftsführer Centre for Conflict Resolution, Kapstadt), Shirin Rai (Politikwissenschaftlerin, War-wick), Nabil Ahmed (Künstler/Forscher, London), James T. Hong

(Filmemacher, Taipeh), Project Travelling Communiqué (Zoran Erić, Kodwo Eshun/The otolith Group, Armin Linke, Doreen Mende, Branimir Stojanović, Milica Tomić, Stevan Vuković), den Künstlern der Ausstellung u. a.

African music revolutionized European popular culture after 1945, although the specific lines of connection and influence are often obscure. The films and talks will take a fresh look at the imaginary, biographical and theoretical body of source material for diverse pop genres.

The 1955 Bandung Conference marked a clear break in the final phase of colonialism. How did Bandung change the ideological and power- political parameters and what has become of the vision of collaboration of the global South?

Die Konferenz findet in englischer Sprache statt. The conference will be conducted in English.

Eintritt: Tagesticket Filme, Gespräche und Ausstellung 6€/4 €

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Ausstellungsführungen

Immer sonntags 15h29.9. & 3.11. in EnglischKuratorenführungen mit Anselm Franke: 27.10. (deutsch) & 17.11. (englisch)Guided exhibition tours All Sundays 3pm, In English: Sep 29 & Nov 3,With Anselm Franke: oct 27 (German) & Nov 17 (English)

HKW Wissensclub #4 Weltordnung und Horizonte nach 1945Freitag 1.11., 17hAnselm Franke im Gespräch mit Silvia Fehrmann

Students’ DayDonnerstag 7.11., ab 13hPräsentationen und Ausstellungsführungen von Studierenden für StudierendeNov 7, from 1 pmPresentations and exhibition tours by and for university students

kids&teens@hkwWorkshops parallel zu den Sonntagsführungen um 15hAnmeldungen unter [email protected] parallel to the Sunday tours at 3 pmRegistration at [email protected]

22.9.Mixtapes, Music, MemoriesMit Aaron Snyder, für Kinder ab 10 Jahren

6.10.Welt in Sicht – Fantastische Geografien Mit Jan von Holleben, für Kinder ab 6 Jahren

13.10.Diakarussell – Kunst aus Licht und FarbenMit VJ Chrs Smthng, für Kinder ab 8 Jahren

Geografien der Kollaboration II Konferenz 23.–24.11. Zu universellen Horizonten und den Kategorien der Kunst

Mit Bassam El Baroni, David Barton, Ntone Edjabe, Kien Ket Lim, Erhard Schüttpelz u. a.on universal horizons and the categories of art Programmdetails unter hkw.de/afteryearzeroFor detailed program please check hkw.de/en/afteryearzero

OnlinepublikationZum Projekt erscheint eine onlinepublikation mit Beiträgen der Konferenzteilnehmer.

An online publication with con- tributions by the participants of the conference will be published.

Die Konferenz findet in englischer Sprache statt. The conference will be conducted in English.

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→ Ausstellung, Mi–Mo und feiertags 11–19h 6€/4€, Mo + U16 frei→ Ausstellungsführungen 3€ zzgl. Ausstellungsticket Führungen für oberstufen kostenlos, Anmeldung: [email protected]→ kids@hkw-Workshops 5€, Anmeldung: [email protected]→ Students’ Day Eintritt frei für Studierende→ HKW Wissensclub Eintritt frei Einzelne Werke der Ausstellung sind für Kinder und Jugendliche nicht geeignet.

Programmhinweis: A Journey of Ideas Across. Im Dialog mit Edward Said 31.10. – 2.11. Vorträge, Gespräche, Performances, Filme

offizieller Partner der Gefördert von

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after year zero ist eine Produktion von Haus der Kulturen der Welt. Das Projekt basiert auf einer Reihe von Workshops, die 2012 in Algier, Dakar, Paris und Johannesburg unter dem Titel »Matters of Collaboration« stattfanden, in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Brüssel und gefördert durch das Exzellenzprogramm des Goethe-Instituts.

»Quellenlage im Space Age – Zeitreise durch die Popkultur« in Zusammenarbeit mit The Space Between Us

Ausstellungsarchitektur und -design von Zak Group

Das Haus der Kulturen der Welt ist ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH. Intendant: Bernd M. Scherer (V.i.S.d.P.), Kaufmännische Geschäftsführerin: Charlotte Sieben