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Viele Leser, die sich für das Funkwesen interessieren, haben schon einmal auf Kurz- welle gehört, dass Frauenstimmen Zahlen- gruppen sprechen, in deutsch, englisch oder auch in anderen Sprachen. So habe ich das als Kind bereits gehört, als ich am Radio ge- spielt habe. Ich fand das damals sehr ge- heimnisvoll, konnte mir aber die Zusam- menhänge nicht erklären. Um dieses Ver- fahren ranken sich immer noch manche Ge- rüchte. Mittlerweile habe ich einen Sprach- Morse-Generator in meiner Sammlung, der für die HVA (Hauptverwaltung Aufklärung, Auslandsspionage des MfS) diese Zahlen gesprochen hat. Agenten bekamen per Funk im Kurzwel- lenbereich verschlüsselt Informationen und Aufträge. Das wurde auch von Geheim- diensten anderer Staaten so gemacht, wie z.B. Anleitungen „Zum Empfang unserer Funk-Mitteilungen“ zeigen, die das MfS bei Agenten des BND gefunden hat. Das MfS verwendete bis Ende 1958 ein sowjetisches Chiffrierverfahren [1]. Jeder Agent erhielt einen Merksatz, z.B. „Welken muss die Blüte in der Zeiten Flucht, aber im Gemüte bleibt die reife Frucht“ und mehrere Agenten ein gemeinsames Merkwort. Mit Merksatz und Merkwort wurde der Text ver- bzw. entschlüsselt. [2] Durch den Einsatz amerikanischer Groß- rechner gelang es dem BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz), das Verfahren zu kna- cken, Merksätze und Merkwörter zu ermit- teln und somit Funksprüche zu entschlüs- seln. Günter Guillaume wurde angeblich ent- tarnt, weil alte Funksprüche an ihn ent- schlüsselt werden konnten, in denen man ihm zum Geburtstag und zur Geburt seines Sohnes gratulierte. Ab 1959 wurde vom MfS das sichere Blockschlüsselverfahren eingesetzt. Ein Rechner erzeugt mit Hilfe eines Rauschge- nerators Zufallszahlen, die zweimal ausge- druckt werden: einmal in Postkartengröße für die Zentrale (Bild 1 und 2) und zum an- deren als kleiner, 2,7 cm breiter Papierstrei- fen für den Agenten. Diese Zahlen werden nur einmal verwendet, deshalb heißt dieser Streifen auch One Time Pad (OTP). Mehr über dieses Verfahren findet man im Inter- net: http://scz.bplaced.net/index.html. Jeder Agent erhielt auch eine kleine Um- setzertabelle (Bild 3) und die individuellen Zahlenschlüssel in Form von hauchdünnen, vielfach gefalteten Papierstreifen zum Ver- und Entschlüsseln. Der Streifen zum Ver- schlüsseln ist an einer breiteren Lücke zwi- schen 2. und 3. Spalte erkennbar und befin- det sich in einer gelben Hülle (Bild 4). Die Texte wurden in den 60er Jahren ma- nuell verschlüsselt, später benutzte man das System T-307/3 dazu. Der Führungsoffizier des Agenten gab seine Nachrichten auf ei- nem Formular an die Chiffrierstelle. Dort wurde der Text mit Hilfe des Blockschlüs- selumsetzers in Zahlen umgewandelt, dann die Zahlen aus dem Verschlüsselungsheft ohne Zehnerübertrag addiert. Damit die Nachricht nur vollständige Fünfergruppen enthielt, wurde sie mit Punkten („90“) auf- gefüllt. Das Ergebnis, die zu sendenden Fünfergruppen, wurden nun im Funkbüro zusammengestellt und über eine gesicherte Fernschreibverbindung in das Objekt Kes- selberg (Wernsdorf bei Berlin) übertragen. In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahr- hunderts wurden die Zahlen in zwei Tonstu- 26 Radio-Kurier – weltweit hören ® 12/2011 Hintergrund Agentenfunk und die verwendeten Verschlüsselungsverfahren Bild 1 (oben): Versiegeltes Verschlüsse- lungsheft für die Zentrale mit OTPs (One Time Pads). Bild 2: OTP aus dem Verschlüsselungsheft in der Zentrale. Bild 3: Blockschlüsselumsetzer der HV A.

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Page 1: Agentenfunk und die verwendeten Verschlüsselungsverfahren Bild … · 2011. 11. 28. · Viele Leser, die sich für das Funkwesen interessieren, haben schon einmal auf Kurz-welle

Viele Leser, die sich für das Funkweseninteressieren, haben schon einmal auf Kurz-welle gehört, dass Frauenstimmen Zahlen-gruppen sprechen, in deutsch, englisch oderauch in anderen Sprachen. So habe ich dasals Kind bereits gehört, als ich am Radio ge-spielt habe. Ich fand das damals sehr ge-heimnisvoll, konnte mir aber die Zusam-menhänge nicht erklären. Um dieses Ver-fahren ranken sich immer noch manche Ge-rüchte. Mittlerweile habe ich einen Sprach-Morse-Generator in meiner Sammlung, derfür die HVA (Hauptverwaltung Aufklärung,Auslandsspionage des MfS) diese Zahlengesprochen hat.

Agenten bekamen per Funk im Kurzwel-lenbereich verschlüsselt Informationen undAufträge. Das wurde auch von Geheim-diensten anderer Staaten so gemacht, wiez.B. Anleitungen „Zum Empfang unsererFunk-Mitteilungen“ zeigen, die das MfSbei Agenten des BND gefunden hat.

Das MfS verwendete bis Ende 1958 einsowjetisches Chiffrierverfahren [1]. JederAgent erhielt einen Merksatz, z.B. „Welkenmuss die Blüte in der Zeiten Flucht, aber imGemüte bleibt die reife Frucht“ und mehrereAgenten ein gemeinsames Merkwort. MitMerksatz und Merkwort wurde der Textver- bzw. entschlüsselt. [2]

Durch den Einsatz amerikanischer Groß-rechner gelang es dem BfV (Bundesamt fürVerfassungsschutz), das Verfahren zu kna-cken, Merksätze und Merkwörter zu ermit-

teln und somit Funksprüche zu entschlüs-seln.

Günter Guillaume wurde angeblich ent-tarnt, weil alte Funksprüche an ihn ent-schlüsselt werden konnten, in denen manihm zum Geburtstag und zur Geburt seinesSohnes gratulierte.

Ab 1959 wurde vom MfS das sichereBlockschlüsselverfahren eingesetzt. EinRechner erzeugt mit Hilfe eines Rauschge-nerators Zufallszahlen, die zweimal ausge-druckt werden: einmal in Postkartengrößefür die Zentrale (Bild 1 und 2) und zum an-deren als kleiner, 2,7 cm breiter Papierstrei-fen für den Agenten. Diese Zahlen werdennur einmal verwendet, deshalb heißt dieserStreifen auch One Time Pad (OTP). Mehr

über dieses Verfahren findet man im Inter-net: http://scz.bplaced.net/index.html.

Jeder Agent erhielt auch eine kleine Um-setzertabelle (Bild 3) und die individuellenZahlenschlüssel in Form von hauchdünnen,vielfach gefalteten Papierstreifen zum Ver-und Entschlüsseln. Der Streifen zum Ver-schlüsseln ist an einer breiteren Lücke zwi-schen 2. und 3. Spalte erkennbar und befin-det sich in einer gelben Hülle (Bild 4).

Die Texte wurden in den 60er Jahren ma-nuell verschlüsselt, später benutzte man dasSystem T-307/3 dazu. Der Führungsoffizierdes Agenten gab seine Nachrichten auf ei-nem Formular an die Chiffrierstelle. Dortwurde der Text mit Hilfe des Blockschlüs-selumsetzers in Zahlen umgewandelt, danndie Zahlen aus dem Verschlüsselungsheftohne Zehnerübertrag addiert. Damit dieNachricht nur vollständige Fünfergruppenenthielt, wurde sie mit Punkten („90“) auf-gefüllt. Das Ergebnis, die zu sendendenFünfergruppen, wurden nun im Funkbürozusammengestellt und über eine gesicherteFernschreibverbindung in das Objekt Kes-selberg (Wernsdorf bei Berlin) übertragen.In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahr-hunderts wurden die Zahlen in zwei Tonstu-

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Hintergrund

Agentenfunk und die verwendetenVerschlüsselungsverfahren

Bild 1 (oben): Versiegeltes Verschlüsse-lungsheft für die Zentrale mit OTPs (OneTime Pads). Bild 2: OTP aus dem Verschlüsselungsheft in der Zentrale.

Bild 3: Blockschlüsselumsetzer der HV A.

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dios auf Tonband aufgenommen und zurSendezeit abgespielt. In der Nähe war einTruppenübungsplatz der NVA, dessen Stör-geräusche trotz Schalldämmung in dieTonstudios eindrangen, was störte. Ab1965 etwa benutzte man eine Sprechma-schine „Schnatterinchen“, bei der die Zah-len und Wörter als kurze Tonbandstücke aufeiner Walze aufgebracht waren, die mittelseiner Steuerung abgefragt wurden. Die Zah-len wurden damals nur in deutscher Sprachein einem Tonstudio im Funkobjekt Kessel-berg aufgenommen, später auch in spanischin einem Studio des Rundfunks der DDR inder Nalepastraße in Berlin. Bild 5 zeigt dieSprecherin, um der Stimme, die so viele ge-hört haben, ein Gesicht zu geben, Anfangder 80er Jahre wurden programmierbareSprach-Morse-Generatoren entwickelt(Bild 6), die Mikroprozessor gesteuert wa-ren (Z80), ein Blockschaltbild zeigt Bild 7.

Für die Entwicklung dieser Geräte gab esvielerlei Gründe: Entlastung der Spreche-rinnen, Rationalisierung der Arbeitsprozes-se im Funkbetrieb und Ablösung von West-technik der Fa. Hell für den A1- (TonloseTelegrafie) und den A2-Betrieb (TönendeTelegrafie). Außerdem wollte man eine bes-sere Sprachqualität erreichen als die synthe-tische Sprache des BND. Diese neu entwi-ckelten Sprach-Morse-Generatoren gabenfür Empfänger im europäischen Raum diezu übermittelnden Zahlen als Frauenstimmeaus, für Empfänger im außereuropäischen

Raum als Morsezeichen. Deshalb der NameSprach-Morse-Generator. Sie konnten übereine Tastatur, einen Lochstreifenleser odereine Computerschnittstelle programmiertwerden. Die auf Tonband früher aufge-zeichneten Zahlen sind dazu digitalisiertworden (Pulscodemodulation PCM mit 8Bit Auflösung und einer Abtastrate von 8kHz). Das wurde dann in EPROMs abge-speichert. Bekannt ist heute neben der deut-schen eine spanische Aufzeichnung für denkubanischen Geheimdienst.

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Hintergrund

Bild 4: Schlüsselunterlagen eines Agenten bestehend aus Blockschlüsselumsetzer,Tabelle der Codewörter, Verschlüsselungs- und Entschlüsselungsstreifen.

Bild 5: Die Sprecherin der Zahlen.

Bild 6: Blockschaltbild desSprach-Morse-Generators.

Bild 7: Sprach-Morse-Generator zum Modulieren eines KW-Senders. Er wirdüber Tastatur, Lochstreifen oder Computerschnittstelle programmiert. Er ist

in Englisch beschriftet, weil er an viele 'Bruderorgane' geliefert wurde.

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Die Übertragung von der Zentrale zumObjekt Kesselberg erfolgte anfangs überFernschreibkanäle, später in den 80er Jah-ren über eine gesicherte Datenübertra-gungsleitung. Die Daten wurden dort zwi-schengespeichert. Die Lochstreifen wurdenim Objekt Kesselberg hergestellt und vorder Sendung noch einmal auf Richtigkeitüberprüft.

Die erste Sendestelle in den 50er Jahrenwar in Berlin-Schöneiche in der KurzeStraße 11. Später wurden die Sendungenaus der Sendestelle Zeesen südöstlich vonBerlin (Bild 8) ausgestrahlt. Dort standenSender mit 1, 5 und 20 kW aus dem Funk-werk Köpenick zur Verfügung sowie 5 und25 kW Sender aus der Sowjetunion, wieBild 9 zeigt. Ein Teil der Antennenanlage istin Bild 10 zu sehen. Im Buch „100 JahreFunktechnik in Deutschland Band 1 - Funk-sendestellen rund um Berlin“, HerausgeberGerd Klawitter, ist die Sendestelle Zeesenausführlich beschrieben.

Damit der Agent den richtigen Sendereinstellen konnte, wurden den SendungenErkennungsmelodien, Tonfolgen oder Sta-tionskennzeichnungen vorangestellt. DerAgent empfing im Führungsweg (Welle1)mit einem Kurzwellenempfänger die für ihnbestimmten Fünfergruppen, schrieb dieFünfergruppen aus seinem Entschlüsse-lungsstreifen darunter und zog sie ohne Be-rücksichtigung des Zehnerübertrags ab. DasErgebnis wurde mit der Umsetzertabelle inText verwandelt. Es gab eine Tabelle mit100 Codewörtern, um häufig benutzte Be-griffe mit nur drei Ziffern übertragen zukönnen. Die Blockschlüsselumsetzer wur-den im Laufe der Jahre dreimal geändertund um Codewörter erweitert. Bild 11 zeigtein Beispiel einer Entschlüsselung. AlsKlartext heißt es da: „Erwarte Nachrichtüber TBK Peter“. Ein TBK ist ein ToterBriefkasten, der der unpersönlichen Materi-alübergabe dient.

Die verbrauchten Fünfergruppen wurdenals komplette Zeilen abgeschnitten und ver-nichtet. Die erste Fünfergruppe auf der nunersten Zeile war die neue Agentennummer,unter der der Agent seine Nachrichten emp-fing. Das hatte den Vorteil, dass von der Ge-genseite keine Statistik erstellt werdenkonnte, welcher Agent wie häufig Anwei-sungen bekam. Es konnten auch Frequenzenund Sendezeiten nicht einer Agentennum-mer zugeordnet werden. Die HVA nanntedie KW-Übertragungsverfahren „Welle1“(Führungsweg) und „Welle2“ (Meldeweg).[3]

Die Übertragung erfolgte für Europa inSprache (A3 = Amplitudenmoduliert ohneTrägerunterdrückung wie ein normaler

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Hintergrund

Bild 8: Die Karte zeigt Wernsdorf und Zeesen südöstlich von Berlin.

Bild 9: Die Westwand der Sendehalle der Funkstelle Zeesen.

Bild 10: Ein Teil der Antennenanlage der Funkstelle Zeesen.

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Rundfunksender, daher mit normalen Emp-fängern hörbar) und für außereuropäischeLänder in Telegrafie.

Bei „Welle1“ wurden zur vollen Stundedie Agentennummer und der Zeitversatzzum Sendebeginn angesagt, z.B. 71719Trennung 04, das hieß für den Agenten mitder Nummer 71719 begann die Übermitt-lung 4 min nach der vollen Stunde.

Zum Beginn der Übermittlung wurdedann die Agentennummer und die Anzahlder zu übermittelnden Fünfergruppen ge-nannt, z. B. 71719 Trennung 06, also folgtensechs Fünfergruppen.

Im Normalfall hat der Agent seine Infor-mationen per Post, TBK (Toter Briefkas-ten), Kurier oder Telefon übermittelt. InKrisenzeiten, wenn das nicht mehr gegan-gen wäre, hätte er seinen vergrabenen Kurz-wellensender holen und funken müssen. ImVerfahren „Welle2“ übermittelte der Agentdie verschlüsselten Fünfergruppen über ei-nen KW-Sender mit Schnellgeber (geloch-tes Tonband, bespieltes Tonband oder elek-tronischer Schnellgeber). Er konnte aberauch seine Nachrichten per Telefon mittelseines Akustikkopplers aus einer Telefonzel-le übertragen (HD-Verfahren). Später wur-den handelsübliche modifizierte MFV-Dia-ler (=Mehrfrequenzverfahren-Wähler) ver-wendet. Natürlich konnte er seine Nachrichtauch per UKW (Horizont) oder GSM (Ge-heimschreibmittel) übertragen. Da dasBlockschlüsselverfahren ein sicheres Über-tragungsverfahren ist, wird es auch heutenoch verwendet.

Zum Schluss noch einige Bemerkungenzur eingesetzten Technik. Als Kurzwellen-empfänger wurden handelsübliche Gerätevon Sony, Grundig usw. benutzt. Es gababer auch einen speziellen störstrahlungsar-men Empfänger (Bild 12) für Einsatzgebie-te, wo solche bei uns handelsüblichen Gerä-te nicht verfügbar waren.

Die ersten Sender (Bild 13) waren mitRöhren bestückt, darunter auch das SE 25(Deckname Ems/Elbe, Bild 14), dessenÄhnlichkeit zum SP15 des BND verblüf-fend ist (Bild 15). Später wurde das transis-torisierte WSA 1 (Weitverkehrs Sende An-lage) (Bild 16) den Agenten übergeben.1988 wurde dann das WSA 6 fertiggestellt,das wohl aber nicht mehr zum Einsatz kam.Es handelt sich hierbei um ein Gerät für denFrequenzbereich 4 bis 18 MHz mit 20 WSendeleistung, das erstmalig keinen Morse-code verwendete, sondern einen gleichge-wichtigen 5 Bit-Code. Die Sendeart ist FSKmit +-300 Hz und 900 Bd. Das bedeutet, beidiesem Modulationsverfahren FrequencyShift Keying (FSK) wird die Sendefrequenz

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Hintergrund

Bild 11: Entschlüsselungs-Beispiel.

Bild 12: Störstrahlungsarme KW-Empfänger für Agenten.

Bild 13: Alter KW-Sender mit Schnellgeber (Abtastung eines gelochten Tonbandes).

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900 mal in der Sekunde um + oder - 300 Hzverschoben, um die Informationen zu über-tragen. Bd (Baud) ist die Maßeinheit derSchrittgeschwindigkeit, 1 Bd ist 1 Schritt/s,also 900 Bd 900 Schritte/s.

Dieses Gerät gab es in einer Kompakt-(Bild 17) und einer Modulversion (Bild 18),um es z.B. versteckt in einer Tarnung einzu-bauen.

Um die Entdeckungsgefahr der Senderzu minimieren, wurden Schnellgeber be-nutzt. Zuerst wurde ein Tonband mit den zuübertragenden Informationen in Morsezei-chen gelocht und dann beim Senden mecha-nisch abgetastet, später benutzte man dannein Tonband in einer Endlosschleife, elek-tronische Schnellgeber oder programmier-bare Taschenrechner mit serieller Schnitt-stelle.

Als Antennen waren Dipol- und Staban-tennen, aber auch eine Regenschirmantenne(Bild 19 und 20) zum Aufbau im Hotelzim-mer und eine Erdantenne vorgesehen.

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Hintergrund

Bild 15: SE 25 (HVA) links nebenSP 15 (BND) rechts.

Bild 14: KW-Sender SE 25 mit Schnellgeber (Wiedergabeeines bespielten Tonbandes).

Bild 17: WSA 6 Kompaktversion mit elek-tronischem Schnellgeber.

Bild 18: WSA 6 Modulversion zum versteckten Einbau, z.B. im PKW.

Bild 19: Teil einer Regenschirmantenne.

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Es gab ein weiteres Übertragungsverfah-ren, das in der OTM-Ordnung beschriebenwird. Das ist das Verfahren „Horizont“, beidem im UHF-Bereich Sendungen aus einemPKW oder einem tragbaren Behältnis bis150 km weit (je nach Landschaft) zur DDR-Grenze gesendet werden konnten. Emp-fangsstationen standen z.B. auf dem Bro-cken (Bild 21). Ende der 80er Jahre solltedie in die Jahre gekommene Technik durchein neues System TSS-2/TSE-2 (Bild 22)abgelöst werden, das folgende Eigenschaf-ten aufwies: Frequenzssprungverfahren imBereich 440 bis 465 MHz, Kanalverweilzeit4,5 bis 28 ms, 38,4 kBd DPSK. TSS stehthier für Terrestrische Sendestelle, TSE be-deutet Terrestrische Empfangsstelle. Beider Differenzphasenmodulation DPSKsteckt die Information in der Differenz auf-einanderfolgender Schritte: kein Phasenun-terschied = 1, Phasenunterschied = 0.

Detlev VreislebenAbdruck mit freundlicher Genehmigung

des Autors und der „Funkgeschichte“ der„Gesellschaft der Freunde der Geschichte

des Funkwesens“ (GFGF).

Kontakt zum Autor per E-Mail:[email protected]

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Hintergrund

Bild 16: WSA 1 mit Netzgerät, Antennenanpassgerätund elektronischem Schnellgeber.

Bild 20: Im Hotelzimmer aufgebauteRegenschirmantenne.

Verweise

⇒ [1] Wolf, Markus: Spionagechef imgeheimen Krieg. 1999. ISBN 3-612-26482-6

⇒ [2] Wagner, Klaus: Spionageprozes-se. 2000. ISBN 3-930732-58-0

⇒ [3] Ordnung Nr. HVA 1/86 für dieArbeit mit operativ-technischen Mit-teln - OTM-Ordnung

Bild 22: TSS-2 (Sender) rechts und TSE-2 (Empfänger) links.

Bild 21: Hochgewinn-Empfangsantennefür das System 'Horizont' auf dem

Brocken im Harz.

Zeitgenössische Darstellungzum geheimen Hörenvon Untergrundstationen.