Agnes Lamacz TU Dortmund Material f ur das Wintersemester ... · Bemerkung 1.1. Aufgrund der...

46
Homogenisierungstheorie Agnes Lamacz TU Dortmund Material f¨ ur das Wintersemester 2016/2017

Transcript of Agnes Lamacz TU Dortmund Material f ur das Wintersemester ... · Bemerkung 1.1. Aufgrund der...

Homogenisierungstheorie

Agnes Lamacz

TU Dortmund

Material fur das Wintersemester 2016/2017

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 6

1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.2 Funktionalanalytische Hilfsmittel I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.3 Periodisches Setting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Periodische Homogenisierung elliptischer Probleme 11

2.1 Funktionalanalytische Hilfsmittel II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2 Homogenisierungsresultat in 1-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.3 Schwacher Grenzwert oszillierender Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.4 Homogenisierungsresultat in n-D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2.5 Beweis mit oszillierenden Testfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2.6 Das Div-Curl-Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.7 Vergleich mit expliziter Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3 Zweiskalenkonvergenz 28

3.1 Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.2 Zweiskalenkonvergenz und Zweiskalenkompaktheit . . . . . . . . . . . . . . 30

3.3 Homogenisierung mittels Zweiskalenkonvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4 Homogenisierung in periodisch perforierten Gebieten 38

3

Literatur

D. Cioranescu, P. Donato An Introduction to Homgenization, Oxford Univ. Press.

B. Schweizer Homogenisierungstheorie (Kapitel einer Vorlesung zu Part. DGL).

G. Allaire Homogenization and two-scale convergence, SIAM Journal on MathematicalAnalysis, 1992.

A. Bensoussan, J.L. Lions, G. Papanicolaou Asymptotic analysis for periodicstructures, North-Holland Publishing.

Die zwei erstgenannten Refernezen bilden die Hauptvorlage zu dieser Vorlesung. Die Ar-tikel von G. Allaire liefert eine umfassende Einfuhrung in die Methode der Zweiskalen-konvergenz.

5

1 Einfuhrung

1.1 Motivation

Viele Modelle in der Physik und den Ingenieurwissenschaften beschreiben Verbundstoffe,also Materialien, die aus mehreren unterschiedlichen Komponenten zusammengesetzt sind.Oft variiert die Struktur solcher Materialien auf einer sehr kleinen Langenskala, was zusogenannten Mehrskalenproblemen fuhrt. Dabei unterscheiden wir zwischen einer Makro-skala und einer Mikroskala. Die Makroskala charakterisiert eine Großenordnung, auf derder betrachtete physikalische Prozess, z.B. die Temperaturausbreitung, modelliert wird,wahrend die Mikroskala der typischen Großenordnung der gegebenen Materialstrukturentspricht und oft durch einen kleinen Paramter ε > 0 charakterisiert ist.

Im uberwiegenden Teil der Vorlesung werden wir uns mit der folgenden elliptischen par-tiellen Differentialgleichung (PDE) auf einem Gebiet Ω ⊂ Rn befassen

−∇ · (a(x)∇u(x)) = f(x) in Ω. (1.1)

Dabei dient die obige Gleichung beispielsweise als Modell fur die Temperaturverteilung imGebiet Ω und die Losung u ordnet jedem Raumpunkt x ∈ Ω eine Temperatur zu. Die rech-te Seite f modelliert eine zusatzliche Warmequelle und der Koeffizient a charakteriesiertdie Leitfahigkeit des involvierten Materials.

Homogene Medien Ein Material wird als homogen bezeichnet, wenn seine physikalischenEigenschaften in jedem Raumpunkt gleich sind. Insbesondere ist die entsprechendeLeitfahigkeit eine konstante Funktion, a(x) ≡ a0.

Heterogene Medien Ein Material wird als heterogen bezeichnet, wenn es aus minde-stens zwei unterschiedlichen Materialkomponenten zusammengesetzt ist. Insbeson-dere hangt die Leitfahigkeit vom Raumpunkt ab und der Koeffizient a(x) ist eine(typischerweise unstetige) Funktion von x.

Materialien mit Mikrostruktur Materialien mit Mikrostruktur sind ein Spezialfall hete-rogener Medien. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Materialstruktur auf einersehr kleinen Skala ε 1 variiert. Die Leitfahigkeit a ist dann eine hochoszillativeFunktion, fur die typischerweise |a(x+ ε)− a(x)| = Θ(1) gilt. Um die Abhangigkeitdes Problems von der Mikrostrukturgroße ε zu betonen, versehen wir die partielleDifferentialgleichung mit einem Index ε. In diesem Fall betrachten wir eine Familieelliptischer PDEs

−∇ (aε(x)∇uε(x)) = f(x) in Ω, (1.2)

wobei die Warmequelle f als nicht-oszillativ angenommen wird.

6

Bemerkung 1.1. Aufgrund der starken Oszillation sind numerische Losungsverfahrenfur Gleichung (1.2) nur unter enorm hohem Rechenaufwand verfugbar, da die mikrosko-pische Skala rechnerisch aufgelost werden muß.

Bemerkung 1.2. Ist die Mikrostruktur genugend klein (ε 1) und genugend gleichmaßig,weisen Materialien mit Mikrostruktur ein effektives Verhalten auf, d.h. sie verhalten sichwie homogene Materialien mit effektiven physikalischen Eigenschaften. Das effektive Ver-halten ist dabei oft besser als das jeder einzelnen Materialkomponenten, weshalb Materia-lien mit Mikrostruktur vielfaltige Anwendungen in der Industrie finden. Beispiele dafursind faserverstrkte Verbunstoffe und optische Metamaterialien.

Das effektive Verhalten hangt auf eine komplexe Art und Weise von der Beschaffenheitder Mikrostruktur ab.

Ziel der Homogenisierungstheorie: Bestimmung des effektiven (makroskopischen)Verhaltens.

1.2 Funktionalanalytische Hilfsmittel I

Im Folgenden sei n ∈ N die Raumdimension und Ω ⊂ Rn ein Lipschitzgebiet. Wir be-trachten den Raum der Testfunktionen

D(Ω) := C∞c (Ω) := ϕ ∈ C∞(Ω) | supp(ϕ) ist kompakt in Ω.

Bemerkung. Fur ϕ ∈ D(Ω) und u ∈ L1loc(Ω) gilt

|ϕ(x)u(x) dx| ≤ ‖ϕ‖∞ˆ

supp(ϕ)

|u(x)| dx <∞.

Definition 1.3 (Schwache Ableitung und Sobolevraume). Seien α = (α1, . . . , αn) ∈ Nn0

ein Multiindex, k ∈ N und p ∈ [1,∞].

i) Eine Funktion u ∈ L1loc(Ω) besitzt die schwache α-Ableitung vα ∈ L1

loc(Ω), falls furalle ϕ ∈ D(Ω) gilt:

ˆΩ

vα(x)ϕ(x) dx = (−1)|α|ˆ

Ω

u(x)Dαϕ(x) dx.

Wir schreiben dann Dαu = ∂|α|u∂α1x1...∂αnxn

:= vα.

ii) Der Sobolevraum W k,p(Ω) ist definiert durch

W k,p(Ω) := u ∈ Lp(Ω) |Dαu existiert und Dαu ∈ Lp(Ω) ∀α ∈ Nn0 mit |α| ≤ k

mit der Norm ‖u‖pWk,p(Ω)

:=∑|α|≤k ‖Dαu‖pLp(Ω) fur p <∞ und

‖u‖Wk,∞(Ω) :=∑|α|≤k ‖Dαu‖L∞(Ω). Fur p = 2 schreiben wir auch Hk(Ω) := W k,2(Ω).

Der Raum Hk(Ω) ist ein Hilbertraum.

Die Sobolevraume W k,p(Ω) sind Banachraume. Fur p <∞ ist außerdem C∞(Ω)∩W k,p(Ω)dicht in W k,p(Ω).

7

Beispiel. Sei Ω := (−1, 1) und u(x) := |x|. Dann gilt fur die schwache Ableitung ∂xu(x) =sgn(x), denn fur ϕ ∈ D(Ω) beliebig ist

−ˆ 1

−1

u(x)ϕ(x) dx = −(ˆ 0

−1

(−x)∂xϕ(x) dx+

ˆ 1

0

xϕ(x) dx

)P.I.= −

ˆ 0

−1

ϕ(x) dx+

ˆ 1

0

ϕ(x) dx =

ˆ 1

−1

sgn(x)ϕ(x) dx.

Es gilt |x|, sgn(x) ∈ Lp((−1, 1)) fur alle p ∈ [1,∞] und damit |x| ∈ W 1,p((−1, 1)) fur allep ∈ [1,∞].

Achtung: Da sgn(x) keine schwache Ableitung in L1loc(Ω) besitzt, gilt |x| /∈ W 2,p((−1, 1)).

Wir werden im Folgenden das elliptische Problem (1.1) mit homogenen Dirichlet-Randwerten,d.h. Nullrandwerten, betrachten und es im Raum H1(Ω) losen. Dazu mussen wir zunachstdefinieren, in welchem Sinne eine Sobolevfunktion Nullrandwerte annehmen kann.

Definition 1.4 (Schwache Nullrandwerte und der Dualraum H−1). Seien 1 < p < ∞und k ∈ N.

i) Wir definieren Sobolevraume mit Nullrandwerten durch

W k,p0 (Ω) :=

u ∈ W k,p(Ω) | ∃ (fj)j∈N ⊂ D(Ω) mit ‖u− fj‖Wk,p(Ω)

j→∞→ 0

und Hk0 (Ω) := W k,2

0 (Ω).

ii) Wir bezeichnen mit H−1(Ω) den Dualraum von H10 (Ω), also H−1(Ω) := (H1

0 (Ω))′.

iii) Die Sobolevraume der mittelwertfreien Funktionen sind gegeben durch

W k,p(Ω) :=

u ∈ W k,p(Ω) |

ˆΩ

u = 0

und entsprechend Hk(Ω) := W k,2(Ω).

Beispiel. Seien g ∈ L2(Ω) und f ∈ L2(Ω;Rn). Dann ist

i) g ∈ H−1(Ω) im folgenden Sinne. Fur u ∈ H10 (Ω) setzen wir

(g)(u) := 〈g, u〉H−1,H10

:=

ˆΩ

g(x)u(x) dx.

ii) div f ∈ H−1(Ω) im folgenden Sinne. Fur u ∈ H10 (Ω) setzen wir

(div f)(u) := 〈div f, u〉H−1,H10

:=

ˆΩ

f(x) · ∇u(x) dx.

Wir werden im Folgenden die Poincare-Ungleichung benotigen.

Satz 1.5 (Poincare-Ungleichung). Sei Ω ⊂ Rn ein beschranktes Lipschitz-Gebiet undq ∈ [1,∞]. Dann existiert eine Konstante Cp = Cp(Ω, q) so dass

‖u‖Lq(Ω) ≤ Cp‖∇u‖Lq(Ω) ∀u ∈ W 1,q0 ∪ W 1,q(Ω).

8

Der folgende Satz ist das zentrale Werkzeug zur Losung des elliptischen Problems (1.1).

Satz 1.6 (Satz von Lax-Milgram). Sei H ein reeller Hilbertraum und B : H × H → Reine stetige Bilinearform, d.h. es existiere eine Konstante C0 > 0 mit

|B(u, v)| ≤ C0‖u‖H‖v‖H ∀u, v ∈ H.

Weiter sei B koerziv, d.h. es existiere eine Konstante C1 > 0, so dass fur alle u ∈ H gilt

B(u, u) ≥ C1‖u‖2H .

Dann gibt es zu jeder stetigen Linearform F ∈ H ′ genau ein Element u ∈ H mit

F (ϕ) = B(u, ϕ) ∀ϕ ∈ H.

Mit Hilfe des Satzes von Lax-Milgram konnen wir Gleichung (1.1) eindeutig im RaumH1

0 (Ω) losen.

Satz 1.7 (Wohlgestelltheit des elliptischen Dirichlet-Problems). Sei Ω ein beschranktesLipschitz-Gebiet und f ∈ H−1(Ω). Der Koeffizient a ∈ L∞(Ω;Rn×n) sei global elliptsch,d.h. es existiere λ > 0 mit ξ · a(x)ξ ≥ λ|ξ|2 fur alle ξ ∈ Rn und x ∈ Ω. Eine Funktionu ∈ H1(Ω) heißt schwache Losung von

−∇ · (a(x)∇u(x)) = f(x) in Ω

u = 0 auf ∂Ω,(1.3)

falls u ∈ H10 (Ω) (schwache Nullrandwerte) und

ˆΩ

∇ϕ(x) · a(x)∇u(x) dx = 〈f, ϕ〉H−1,H10

fur alle ϕ ∈ H10 (Ω). (1.4)

Unter obigen Voraussetzungen existiert genau eine schwache Losung u von (1.3).

Bemerkung. Nach dem Satz von Gauß ist jede klassische Losung von (1.3) auch eineschwache Losung.

Beweis. Anwendung des Satzes von Lax-Milgram, Ubung.

1.3 Periodisches Setting

In diesem Abschnitt wollen wir Materialien mit Mikrostruktur modellieren. Um spatersinnvoll vom effektiven Verhalten sprechen zu konnen, sollte die betrachtete Mikrostrukturuber eine gewisse Gleichmaßigkeit verfugen. Die einfachste Moglichkeit, diese Gleichmaßig-keit mathematisch auszudrucken, ist eine periodische Mikrostruktur mit einer kleinenPeriodenlange ε 1.

Periodisches ModellSei Y := [0, 1]n. Der Koeffizient a ∈ L∞(Rn;Rn×) sei global elliptisch, d.h. es gebe ein

9

λ > 0 mit ξ · a(y)ξ ≥ λ|ξ|2 fur alle ξ, y ∈ Rn. Weiterhin sei a periodisch bezuglich Y , d.h.es gelte a(y + k) = a(y) fur alle y ∈ Rn und k ∈ Zn. Wir setzen

aε(x) := a(xε

).

Fur ein beschranktes Lipschitz-Gebiet Ω ⊂ Rn und f ∈ H−1(Ω) betrachten wir die Familie(mit Index ε > 0) elliptischer PDEs

−∇ · (aε(x)∇uε(x)) = f in Ω

uε = 0 auf ∂Ω(1.5)

Bemerkung. Der Koeffizient aε ist εY -periodisch und daher hochoszillativ. Nach Satz1.7 existiert zu jedem ε > 0 eine eindeutige schwache Losung uε ∈ H1

0 (Ω) des Problems(1.5).

Der Parameter ε > 0 in Gleichung (1.5) charakterisiert die Große der Mikrostruktur. Furein periodisches aε = a

(xε

)wollen wir die folgenden zentralen Fragen beantworten.

F1) Existiert eine Grenzfunktion u0, so dass uεε→0→ u0 im geeigneten Sinne?

F2) Wie lasst sich die Grenzfunktion u0 charakterisieren? Lost sie ein effektives Problem?Falls ja, hat dieses die Form

−∇ · (A0∇u0) = f

fur ein (konstantes) A0? In diesem Fall heißt A0 der effektive bzw. homogenisierteKoeffizient.

F3) Wie gut ist die Approximationseigenschaft von u0?

10

2 Periodische Homogenisierungelliptischer Probleme

In diesem Kapitel wollen wir die Fragen F1)-F3) rigoros beantworten.

2.1 Funktionalanalytische Hilfsmittel II

Im Folgenden sei Ω ⊂ Rn immer ein beschranktes Lipschitzgebiet. Wir werden sehen, dassdie schwache H1-Konvergenz die richtige Konvergenz fur eine positive Antwort auf FrageF1) ist.

Definition 2.1 (Schwache Konvergenz im Sobolevraum). Sei p ∈ [1,∞) und q ∈ (1,∞]der duale Exponent mit 1

p+ 1

q= 1.

i) Eine Folge (uk)k∈N ⊂ Lp(Ω) heißt schwach konvergent gegen ein u ∈ Lp(Ω), fallsˆΩ

ukvk→∞→

ˆΩ

uv fur alle v ∈ Lq(Ω).

Wir schreiben dann uk u in Lp(Ω).

ii) Eine Folge (uk)k∈N ⊂ L∞(Ω) heißt schwach* konvergent gegen ein u ∈ L∞(Ω), fallsˆΩ

ukvk→∞→

ˆΩ

uv fur alle v ∈ L1(Ω).

Wir schreiben dann uk∗ u in L∞(Ω).

iii) Eine Folge (uk)k∈N ⊂ W 1,p(Ω) konvergiert schwach gegen ein u ∈ W 1,p(Ω), falls furjedes stetige lineare Funktinal F ∈ (W 1,p(Ω))′ gilt

F (uk)→ F (u) fur k →∞.

Bemerkung. Die schwache Konvergenz in W 1,p(Ω) ist aquivalent dazu, dassuk u in Lp(Ω) und ∇uk ∇u in Lp(Ω,Rn). (Ubung)

Der schwache (bzw. schwach*) Konvergenzbegriff hat den Vorteil, dass Kompaktheitsaus-sagen bereits unter geringen Voraussetzungen moglich sind.

Satz 2.2 (Schwache Kompaktheit und Sobolev-Einbettung). .

i) (Schwache Kompaktheit) Sei p ∈ (1,∞). Fur (uk)k∈N ⊂ Lp(Ω)existiere ein C > 0mit ‖uk‖Lp(Ω) ≤ C fur alle k ∈ N. Dann gibt es ein u ∈ Lp(Ω) und eine Teilfolge(ukl)l∈N von (uk)k∈N mit

ukl u in Lp(Ω) fur l→∞.

11

Entsprechend gilt: ‖uk‖W 1,p(Ω) ≤ C ⇒ ∃u ∈ W 1,p(Ω) und eine Teilfolge (ukl)l∈N mitukl u in W 1,p(Ω) fur l→∞.

ii) (Schwach* Kompaktheit) Fur (uk)k∈N ⊂ L∞(Ω)existiere ein C > 0 mit ‖uk‖L∞(Ω) ≤C fur alle k ∈ N. Dann gibt es ein u ∈ L∞(Ω) und eine Teilfolge (ukl)l∈N von(uk)k∈N mit

ukl∗ u in L∞(Ω) fur l→∞.

iii) (Soboleveinbettung) Seien p, q ∈ [1,∞) mit 1 − pn> − q

n. Dann existiert eine kom-

pakte Einbettung

W 1,p(Ω) → Lq(Ω).

Korollar 2.3. Seien p, q mit p ∈ (1,∞) wie in Satz 2.2 iii) oben. Fur (uk)k∈N ⊂ W 1,p(Ω)existiere ein C > 0 mit ‖uk‖W 1,p(Ω) ≤ C fur alle k ∈ N. Dann gibt es ein u ∈ W 1,p(Ω) ∩Lq(Ω) und eine Teilfolge (ukl)l∈N von (uk)k∈N mit

ukl u in W 1,p(Ω) und ukl → u in Lq(Ω).

Zur Bestimmung schwacher (bzw. schwach*) Grenzwerte ist das folgende Lemma enormhilfreich. Er besagt, dass bereits das Testen mit glatten Testfunktionen den schwachenGrenzwert identifiziert.

Lemma 2.4 (Fundamentallemma der Variationsrechnung). Sei Ω ⊂ Rn offen und u ∈L1loc(Ω). Es gelte ˆ

Ω

u(x)ϕ(x) dx = 0 fur alle ϕ ∈ D(Ω).

Dann ist u(x) = 0 fur fast alle x ∈ Ω.

Beispiel 2.5 (Prototyp fur schwache Konvergenz). Seien Ω := (0, 1) und p ∈ (1,∞). Wirbetrachten die Folge uε(x) := sin (x

ε). Dann gilt

uε 0 in Lp(Ω) fur ε→ 0.

Die Folge uε konvergiert jedoch nicht stark in Lp(Ω).

Beweis. Ubung

Warnung: Produkte schwach konvergenter Folgen konvergieren im Allgemeinen nichtgegen das Produkt der Grenzwerte!

Gegenbeispiel: uε(x) = vε(x) = sin(xε

). Dann gilt uε, vε 0 in Lp((0, 1)),

aber fur (uεvε)(x) = sin2(xε

)gilt (uεvε) 1

2in Lp(Ω), vgl Lemma 2.6.

Im Folgenden betrachten wir zu ε > 0 die (eindeutige) schwache Losung uε ∈ H10 (Ω) des

periodischen Modells (1.5),

−∇ · (aε(x)∇uε(x)) = f in Ω. (2.1)

12

Bemerkung (Kompaktheit der Folge uε). Die Folge (uε)ε>0 ⊂ H10 (Ω) ist im Raum H1(Ω)

gleichmassig beschrankt. Tatsachlich ergibt sich durch Testen der Gleichung mit uε, alsoEinsetzen von uε in die schwache Form von (2.1),

C‖uε‖2H1(Ω) ≤ λ

ˆΩ

|∇uε|2 ≤ˆ

Ω

∇uε(x) · (aε∇uε(x)) dx

= 〈f, uε〉H−1,H10≤ ‖f‖H−1(Ω)‖uε‖H1(Ω),

wobei wir in der ersten Ungleichung die Poincare-Ungleichung und in der zweiten dieElliptizitat von a verwendet haben. Die Konstante C > 0 hangt nur von der Poincare-Konstante und der Elliptizitatskonstante λ, aber nicht von ε ab. Insbesondedre ist uε imRaum H1(Ω) beschrankt,

‖uε‖H1(Ω) ≤1

C‖f‖H−1(Ω) <∞.

Folgerung: Nach Korollar 2.3 gibt es ein u0 ∈ H1(Ω) und eine Teilfolge uε′, so dass

uε′ u0 in H1(Ω) und uε

′ → u0 in L2(Ω).

Wegen der schwachen Abgeschlossenheit des Raumes H10 (Ω), siehe Ubung, gilt sogar u0 ∈

H10 (Ω), d.h. der Grenzwert u0 hat ebenfalls schwache Nullrandwerte.

Bis auf das “Problem“ mit der Teilfolgenauswahl ist Frage F1) aus der Einfuhrung alsomit JA zu beantworten.

Frage: Wie lasst sich der Grenzwert u0 charakterisieren?

2.2 Homogenisierungsresultat in 1-D

Wir wollen zunachst den 1-dimensionalen Fall, n = 1, untersuchen. In diesem Fall be-trachten wir auf Ω := (b, c) die Gleichung

−∂x(a(xε

)∂xu

ε(x))

= f.

Fur die nachfolgende Rechnung wollen wir annehmen, dass die Koeffizientenfunktion a :R → [λ,Λ] mit 0 < λ < Λ < ∞ stetig und 1-periodisch ist. Fur die rechte Seite geltef ∈ C(Ω). In dieser Situation lasst sich das effektive Modell fur den schwachen Limes u0

(einer geeigneten Teilfolge uε′) leicht explizit bestimmen.

Es gelte also uε′ u0 und ∇uε′ ∇u0 in L2. Mit einer Stammfunktion F von f und

einer geeigneten Konstanten c ∈ R gilt

− a( xε′

)∂xu

ε′(x) = F (x) + c

⇒− ∂xuε′(x) =

1

a (x/ε′)[F (x) + c].

13

Nun integrieren wir uber (b, x) und nutzen die Nullrandwerte von uε′,

−uε′(x) =

ˆ x

b

1

a (ξ/ε′)[F (ξ) + c] dξ

Lemma 2.6 unten liefert, dass ε′-periodische Funktionen gegen ihren Mittelwert konver-gieren, also

1

a (·/ε′)

1

a0

in L2(Ω) mit a0 :=

[ˆ 1

0

1

a(y)dy

]−1

.

Da F (·) + c eine feste L2-Funktion ist, schließen wir fur x ∈ Ω

−uε′(x) =

ˆ x

b

1

a (ξ/ε′)[F (ξ) + c] dξ

ε′→0→ˆ x

b

1

a0

(F (ξ) + c) dξ = −u0(x),

wobei wir ausgenutzt haben, dass der punktweise Limes von uε′mit dem schwachen Limes

u0 ubereinstimmt. Tatsachlich gilt dank der Soboleveinbettung, dass uε′ → u0 stark in

L2((b, c)) konvergiert und damit auch punktweise fast uberall. Wir bilden die schwacheAbleitung und multiplizieren mit a0 und erhalten somit

−a0∂xu0(x) = F (x) + c.

Nochmaliges Differenzieren fuhrt zu der folgenden effektiven Gleichung fur u0:

−∂x (a0∂xu0(x)) = f(x) (2.2)

mit dem effektiven Koeffizienten a0 =[´ 1

01

a(y)dy]−1

, dem harmonischen Mittelwert von

a. Wegen des Lemmas ohne Namen, siehe Ubung, konvergiert die ganze Folge uε schwachgegen u0 ∈ H1

0 (Ω), die eindeutige schwache Losung des effektiven Problems (2.2).

2.3 Schwacher Grenzwert oszillierender Funktionen

Wir wollen nun das oben verwendete Lemma uber periodisch oszillierende Funktionenbeweisen.

Notation: Im Folgenden werden wir die folgende Notation verwenden:

• Fur k ∈ Zn und Y := [0, 1]n seien

xk := εk, Y εk := ε(k + Y ) = xk + [0, ε]n.

• Iε := k ∈ Zn |Y εk ⊂ Ω Periodizitatszellen, die ganz in Ω liegen.

• I∗ε :=k ∈ Zn |Y ε

k ∩ Ω 6= ∅

Periodizitatszellen, die Ω schneiden.

Fur das Lebesgue-Maß gilt dann∣∣∣⋃k∈I∗ε \Iε

Y εk

∣∣∣ ε→0→ , da die Vereinigung in einer ε√n-

Umgebung von ∂Ω liegt.

14

Lemma 2.6 (Schwacher Grenzwert oszillierender Funktionen). Sei 1 < p ≤ ∞ FurΨ ∈ Lp(Y ) (periodisch auf ganz Rn fortgesetzt) bilden wir die oszillierende Funktion

Ψε : Ω→ R, Ψε(x) := Ψ(xε

).

Dann ist Ψε in Lp(Ω) beschrankt und es gilt

Ψε Ψ :=

ˆY

Ψ(y) dy ∈ R in Lp(Ω) fur p <∞,

Ψε ∗ Ψ :=

ˆY

Ψ(y) dy ∈ R in L∞(Ω).

Beweis. Wir fuhren den Beweis nur fur 1 < p <∞. Der Fall p =∞ ist analog.

Schritt 1: Beschranktheit der Folge Ψε in Lp(Ω). Es gilt

ˆΩ

|Ψε(x)|p dx ≤∑k∈I∗ε

ˆY εk

|Ψε(x)|p dxTrafo

y=(x−εk) 1ε=∑k∈I∗ε

|Y εk |ˆY

|Ψε(ε(y + k))|p dy

=∑k∈I∗ε

|Y εk |ˆY

|Ψ(y)|p dy =

(ˆY

|Ψ(y)|p dy)∑

k∈I∗ε

|Y εk |

<∞,

wobei wir in der ersten Zeile die n-dimensionale Transformationsformel mit εn = |Y εk |

und in der zweiten Zeile die ε-Periodizitat von Ψε verwendet haben. Der letzte Term istbeschrankt, da

∑k∈I∗ε|Y εk | → |Ω| <∞. Aus Satz 2.2 folgt die Existenz einer Teilfolge, die

wir wieder als Ψε bezeichnen, und einer Grenzfunktion u ∈ Lp(Ω) mit Ψε u in Lp(Ω).

Schritt 2: Identifikation der Grenzfunktion. Wir zeigen nun, dass u(x) ≡ Ψ gilt. Sei dazuϕ ∈ D(Ω) eine beliebige Testfunktion. Fur ε > 0 genugend klein gilt supp(ϕ) ⊂

⋃k∈Iε Y

εk

und damitˆ

Ω

u(x)ϕ(x) dx←ˆ

Ω

Ψε(x)ϕ(x) dx =∑k∈Iε

ˆY εk

Ψε(x)ϕ(x) dx

=∑k∈Iε

ˆY εk

Ψε(x)ϕ(xk) dx+O(ε)

Trafoy=(x−εk) 1ε=

∑k∈Iε

|Y εk |ϕ(xk)

ˆY

Ψ(y) dy +O(ε)

→(ˆ

Ω

ϕ(x) dx

)(ˆY

Ψ(y) dy

)=

(ˆΩ

ϕ(x) dx

)Ψ.

In den letzten beiden Zeilen haben wir die Lipschitzstetigkeit von ϕ verwendet und damitdie Existenz einer Konstanten C > 0, so daß supx∈Y εk |ϕ(xk)−ϕ(x)| ≤ Cε fur alle k ∈ Iε.Es folgt

ˆΩ

u(x)ϕ(x) dx =

ˆΩ

Ψϕ(x) dx fur alle ϕ ∈ D(Ω)

und damit nach dem Hauptsatz der Variationsrechnung u(x) ≡ Ψ fur fast alle x ∈ Ω.

15

2.4 Homogenisierungsresultat in n-D

Wir wollen zunachst eine formale Rechnung angeben, mit der wir viel uber das qualita-tive Verhalten von Losungen uε des periodischen Homogenisierungsproblems (1.5) lernenkonnen.

BILDER

Sei also uε die Losung des periodischen Problems (1.5). Fur uε machen wir den folgendenZweiskalenansatz. Dazu nehmen wir an, dass sich uε schreiben lasst als Summe einernichtoszillativen Funktion u0, die das makroskopische Verhalten von uε charakterisiert,und einer kleinen Korrektur, die das mikroskopische oszillative Verhalten von uε (bedingtdurch den schnell oszillierenden Koeffizienten a

(xε

)) beschreibt

uε(x) = u0(x) + εu1

(x,x

ε

). (2.3)

Dabei nehmen wir an, dass u1 = u1(x, y) in der zweiten Variablen Y -periodisch ist. Die Va-riable y wird oft als die mikroskopische bzw. schnelle und x als die makroskopische Variablebezeichnet. Mit dieser Notation gilt insbesondere fur den Koeffizienten a = a(x, y) = a(y).Fur den obigen Ansatz berechnen wir

∇uε(x) = ∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

)+ ε∇xu1

(x,x

ε

),

a(xε

)∇uε(x) = a

(xε

)(∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

))+ εa

(xε

)∇xu1

(x,x

ε

).

und damit

∇ ·(a(xε

)∇uε(x)

)=

1

ε[∇y · (a(∇xu0 +∇yu1))]

(x,x

ε

)+ [∇x · (a(∇xu0 +∇yu1))]

(x,x

ε

)+ [∇y · (a∇xu1)]

(x,x

ε

)+ ε [∇x · (a∇xu1)]

(x,x

ε

).

Wir erwarten, dass die Θ(1ε)-Terme verschwinden. Dies ist der Fall, wenn fur jedes feste

x gilt, dass

∇y · (a(y)(∇xu0(x) +∇yu1(x, y))) = 0 in Y.

Mit ξ := ∇xu0(x) erhalten wir also das folgende Problem fur die Funktion u1(y) :=u1(x, y),

∇y · (a(y)(ξ +∇yu1(y))) = 0 in Y

u1 ist Y -periodisch.(2.4)

Dies ist die erste Form des Zellproblems.

Bemerkung 2.7.

i) Wir werden sehen, dass zu gegebenem ξ ∈ Rn die Gleichung (2.4) eindeutig (bis aufeine additive Konstante) mit einer periodischen Funktion u1 ∈ H1(Y ) gelost werdenkann.

16

ii) Die Losung u1 hangt linear von ξ ab.

Wegen ii) oben ist es sinnvoll, den Vektor ξ in seine Komponenten zu zerlegen. Mitk = 1, . . . , n und den Einheitsvektoren e1, . . . , ek losen wir also die Gleichung

∇y · (a(y)(ek +∇yχk(y))) = 0 in Y

χk ist Y -periodisch.(2.5)

Mit den Elementarlosungen χk lasst sich u1(x, y) fur ξ =∑n

k=1 ∂xku0(x) ek zusammenset-zen als

u1(x, y) =n∑k=1

∂xku0(x)χk(y).

Insbesondere gilt

uε(x) = u0(x) + εn∑k=1

∂xku0(x)χk

(xε

)und damit

a(xε

)∇uε(x) =

n∑k=1

∂xku0(x)[a(xε

)(ek +∇yχk

(xε

))]+O(ε). (2.6)

Wir wollen nun auf der rechten Seite von (2.6) zum schwachen Grenzwert ubergehen. Daalle Funktionen, die von ε abhangen, periodisch sind, erwarten wir im Grenzwert ε → 0eine Mittelung uber die schnellen Oszillationen, vgl. Lemma 2.6,

a(xε

)∇uε(x)

n∑k=1

∂xku0(x)(A0).k = A0∇u0.

Dabei ist (A0).,k ∈ Rn ein Vektor, der den gemittelten Fluß in richtung ek charakterisiert,wenn der gemittelte Gradient der Losung ∇u0(x) ∈ Rn ist. Die Vektoren (A0).,k bildeneine Matrix A0 ∈ Rn×n mit

(A0)lk =

ˆY

[a(y) (ek +∇yχk(y))] · el dy, (2.7)

wobei χk die Elementarlosung des Zellproblems (2.5) ist. Damit lasst sich die effektiveGleichung fur u0 angeben. Wegen −∇ · (aε∇uε) = f gilt fur u0 die Gleichung

−∇ · (A0∇u0) = f in Ω (2.8)

in schwacher Form.

Gleichung (2.8) heißt effektive bzw. homogenisierte Gleichung und A0 ∈ Rn×n ist dereffektive Koeffizient.

Bemerkung 2.8. Die obige Zweiskalenentwicklung fur uε ist rein formal und entsprichtim Allgemeinen nicht der tatsachlichen Losung des elliptischen Homogenisierungsproblems(1.5). Im Verlauf des Kapitels werden wir sehen, dass diese formale Rechnung dennochdas richtige effektive Problem liefert.

17

Wir wollen nun Sobolevraume periodischer Funktionen einfuhren, um das Zellproblem(2.5) in schwacher Form zu losen.

Definition 2.9 (Periodische Funktionenraume). Sei Y := [0, 1]n die n-dimensionale Ein-heitszelle. Wir definieren

i) fur 0 ≤ k ≤ ∞ den Raum der Y -periodischen, k-glatten Funktionen durch

Ck] (Y ) :=

Φ ∈ Ck(Rn) |Φ ist Y -periodisch

,

wobei C0(Rn) := C(Rn) den Raum der stetigen Funktionen bezeichne.

ii) den Raum der schwach differenzierbaren periodischen Funktionen als

H1] (Y ) :=

Φ : Rn → R | ∃ (fj)j∈N ⊂ C∞] (Y ) mit ‖Φ− fj‖H1(Y ) → 0

mit Norm ‖ · ‖H1(Y ).

iii) den Raum der periodischen, mittelwertfreien Funktionen als

H1] (Y ) :=

Φ ∈ H1

] (Y ) |ˆY

Φ(y) dy = 0

.

iv) den Raum der periodischen L∞-Funktionen durch

L∞] (Y ) := Φ ∈ L∞(Rn) | Φ(y + ek) = Φ(y) fur fast alle y ∈ Rn und alle 1 ≤ k ≤ n .

Mit Hilfe des Satzes von Lax Milgram konnen wir das periodische Zellproblem (2.5) ein-deutig im Raum H1

] (Y ) losen.

Satz 2.10 (Wohlgestelltheit des periodischen Zellproblems). Sei a ∈ L∞] (Y ;Rn×n) globalelliptisch, d.h. es gebe ein λ > 0 mit ξ · a(y)ξ ≥ λ|ξ|2 fur alle ξ, y ∈ Rn. Eine Funktion χkheißt schwache Losung von

∇y · (a(y)(ek +∇yχk(y))) = 0 in Y,

χk ist Y -periodisch,(2.9)

falls χk ∈ H1] (Y ) (periodische Randwerte) und

ˆY

∇yϕ(y) · a(y)∇yχk(y) dy = −ˆY

∇yϕ(y) · a(y) ek dy ∀ϕ ∈ H1] (Y ). (2.10)

Unter obigen Voraussetzungen existiert genau eine schwache mittelwertfreie Losung χk ∈H1] (Y ) von (2.9). Insbesondere sind schwache Losungen von (2.9) bis auf eine additive

Konstante eindeutig bestimmt.

Beweis. Anwendung des Satzes von Lax-Milgram im Raum H1] (Y ), Ubung.

Bemerkung 2.11.

i) Fur χ ∈ H1] (Y ) gilt auch χ ∈ H1

loc(Rn), d.h. fur jede beschrankte Menge U ⊂ Rn giltχ ∈ H1(U). Die Funktion ξ ist insbesondere uber den Rand von Y hinweg schwachdifferenzierbar.

18

ii) Durch Addition einer Konstanten c ∈ R zu χk andert sich die Formel (2.7) fur deneffektiven Koeffizienten A0 nicht.

Das folgende Theorem ist das Hauptresultat der klassischen periodischen Homogenisie-rungstheorie. Es besagt, dass die formal hergeleitete Gleichung (2.8) tatsachlich das ef-fektive Problem fur das periodische Modell ist. Im Verlauf der Vorlesung werden wirvier verschiedene Beweise dieses Theorems kennenlernen, anhand derer die verschiedenenHomogenisierungsmethoden illustriert werden.

Theorem 2.12 (Klassisches Homogenisierungsresultat). Sei Ω ⊂ Rn ein beschranktesLipschitzgebiet. Sei f ∈ H−1(Ω) und a ∈ L∞] (Y ;Rn×n) global elliptisch mit Elliptizitats-konstante λ > 0. Wir betrachten die schwachen Losungen (uε)ε>0 ⊂ H1

0 (Ω) des periodi-schen Dirichletproblems

−∇ ·(a(xε

)∇uε(x)

)= f in Ω. (2.11)

Dann gilt uε u0 in H1(Ω), wobei u0 ∈ H10 (Ω) das effektive Problem

−∇ · (A0∇u0(x)) = f in Ω (2.12)

lost. Dabei ist der effektive Koeffizient A0 ∈ Rn×n durch (2.7) mit den Zelllosungen χkaus (2.9) gegeben. Weiterhin konvergiert die Energie von uε gegen die Energie von u0,also

Eε(uε) :=

ˆΩ

∇uε(x) · a(xε

)∇uε(x) dx

ε→0→ˆ

Ω

∇u0(x) · A0∇u0(x) dx =: E0(u0) (2.13)

Das obige Theorem gibt eine positive Antwort auf Frage F2) aus Kapitel 1.3. Statt desteuren Originalproblems (2.11) konnen wir das effektive Problem (2.12) losen, um eineApproximation fur uε zu erhalten.

Bemerkung 2.13.

i) Im 1-dimensionalen Fall, n = 1, stimmt der effektive Koeffizient A0 ∈ R aus (2.7)

mit dem harmonischen Mittelwert(´ 1

01/a(y) dy

)−1

uberein (Ubung).

ii) Der effektive Koeffizient A0 ist elliptisch. Insbesondere ist die effektive Gleichung(2.12) eindeutig im Raum H1

0 (Ω) losbar, siehe Satz ?.

iii) Fur isotrope, d.h. skalarwertige Koeffizienten a ∈ L∞] (Y ;R) ist der effektive Ko-effizient im Allgemeinen nicht isotrop, d.h. die effektive Leitfahigkeit ist richtungs-abhangig.

Die Zelllosungen χk aus (2.9) werden auch Korrektoren genannt. Das hat im Wesentlichenzwei Grunde.

1) Der effektive Koeffizient A0 ist durch den Mittelwert von a(·) plus eine”Korrektur“

durch ∇χk gegeben.

2) Die periodische Funktion χk ”korrigiert“ die lineare Funktion y 7→ y · ek zu einer

a(·)-harmonischen Funktion, d.h.

−∇y · (a(y)∇y(y · ek + χk(y))) = −∇y · (a(y)(ek +∇yχk(y))) = 0.

19

2.5 Beweis mit oszillierenden Testfunktionen

In diesem Kapitel wollen wir Theorem 2.12 mit der Methode der oszillierenden Testfunk-tionen beweisen. Das Grundprinzip dieser Methode ist das folgende.

Problem: Wurden wir die Ausgangsgleichung (2.11) mit einer glatten Testfunktion ϕ ∈D(Ω) testen, so entstunde der Term

ˆΩ

∇ϕ(x) · a(xε

)∇uε(x) dx. (2.14)

Da a(xε

)∇uε(x) ein Produkt schwach konvergenter Folgen ist, konnen wir nicht zum

Grenzwert ubergehen.

Idee: Da wegen der Soboleveinbettung uε stark in L2(Ω) konvergiert (bis auf Teilfolgen-auswahl), ist es sinnvoll, in (2.14) partiell zu intergrieren und die starke Konvergenz von

uε auszunutzen. Dabei entsteht ein Term der Form ∇ ·((a(xε

))T ∇ϕ(x))

, welcher Bei-

trage der Ordnung 1ε

liefert.

Oszillierende Testfunktionen: Verwende statt ϕ modifizierte Testfunktionen ϕε, furdie Terme der Ordnung 1

εnicht auftreten.

Zur Konstruktion geeigneter Testfunktionen werden im Folgenden das duale Zellproblemverwenden. Sei dazu aT (y) := (a(y))T ∈ Rn×n der transponierte Koeffizient und χTk ∈H1] (Y ) eine schwache Losung von

∇y ·(aT (y)(ek +∇yχ

Tk (y))

)= 0 in Y. (2.15)

Mit den dualen Zelllosungen χTk definieren wir A0 ∈ Rn×n als

(A0)lk :=

ˆY

[aT (y)

(ek +∇yχ

Tk (y)

)]· el dy. (2.16)

Dann gilt A0 = AT0 . Beweis: Ubung.

1. Beweis von Theorem 2.12 mittels oszillierender Testfunktionen. Wegen der Beschrankt-heit der Folge (uε)ε>0 im Raum H1(Ω) existiert eine Teilfolge (wieder als uε bezeichnet)und eine Grenzfunktion u0 ∈ H1

0 (Ω) mit

uε u0 in H1(Ω) und uε → u0 in L2(Ω). (2.17)

Zu ϕ ∈ D(Ω) beliebig konstruieren wir oszillierende Testfunktionen ϕε : Ω→ R als

ϕε(x) := ϕ(x) + εϕ1

(x,x

ε

)mit ϕ1(x, y) :=

n∑k=1

∂xkϕ(x)χTk (y). (2.18)

20

und testen Gleichung (2.11) mit ϕε,

〈f, ϕε〉H−1,H10

=

ˆΩ

a(xε

)∇uε(x) · ∇ϕε(x) dx

=

ˆΩ

a(xε

)∇uε(x) ·

n∑k=1

[∂xkϕ(x)ek + ∂xkϕ(x)∇yχ

Tk

(xε

)]dx+ δ1(ε)

P.I.= −

ˆΩ

uε(x)n∑k=1

∇ ·(∂xkϕ(x)aT

(xε

) [ek +∇yχ

Tk

(xε

)])dx+ δ1(ε).

Dabei gilt fur den Fehlerterm δ1(ε)

δ1(ε) = ε

ˆΩ

a(xε

)∇uε(x) ·

n∑k=1

(∇∂xkϕ(x))χTk

(xε

)dx

ε→0→ 0,

da ∇uε und χTk( ·ε

)beschrankt sind im Raum L2(Ω). Wir konnen nun in der getesteten

Gleichung zum Grenzwert ubergehen. Dabei verwenden wir, dass wegen εϕ1

(x, x

ε

)→ 0

in L2(Ω) auch ϕε → ϕ in L2(Ω) gilt. Wegen der Beschranktheit von ϕε in H1(Ω) erhaltenwir zudem die schwache Konvergenz ϕε ϕ in H1(Ω). Insgesamt folgt also

〈f, ϕ〉H−1,H10

ϕεϕ= lim

ε→0〈f, ϕε〉H−1,H1

0

1)= lim

ε→0−ˆ

Ω

uε(x)n∑k=1

(∇∂xkϕ(x)) · aT(xε

) [ek +∇yχ

Tk

(xε

)]dx

2)= −

ˆΩ

u0(x)n∑

k,l=1

(A0)lk∂xl∂xkϕ(x) dx = −ˆ

Ω

u0(x)∇ · (A0∇ϕ(x)) dx

3)=

ˆΩ

∇ϕ(x) · A0∇u0(x) dx.

Dabei haben wir in 1) verwendet, dass wegen des dualen Zellproblems (2.15) der Term∇ ·(aT(xε

)[ek +∇yχ

Tk

(xε

)])

verschwindet. Die Gleichheit 2) gilt, da uε → u0 stark in L2

und die periodischen Terme schwach gegen ihren Mittelwert, also (A0)·k, konvergieren. In3) nutzen wir aus, dass A0 = (A0)T gilt.

Insgesamt erhalten wir alsoˆΩ

∇ϕ(x) · A0∇u0(x) dx = 〈f, ϕ〉H−1,H10

fur alle ϕ ∈ D(Ω) und wegen der Dichtheit von D(Ω) in H10 (Ω) auch fur alle ϕ ∈ H1

0 (Ω).Dies ist die schwache Form der effektiven Gleichung (2.12).

Zur Konvergenz der Energie: Es gilt

Eε(uε) =

ˆΩ

∇uε(x) · a(xε

)∇uε(x) dx = 〈f, uε〉H−1,H1

0

uεu0 in H1

→ 〈f, u0〉H−1,H10

=

ˆΩ

u0(x) · A0∇u0(x) dx = E0(u0).

21

Fur die Wohlgestelltheit des effektiven Problems (2.12) mussen wir noch zeigen, dass dereffektive Koeffizient A0 elliptisch ist.

Satz 2.14 (Elliptizitat des effektiven Koeffizienten). Sei A0 ∈ Rn×n der effektive Koeffi-zient aus Theorem 2.12 zu a ∈ L∞] (Y ;Rn×n) global elliptisch. Dann gilt

i) A0 ist elliptisch, d.h. es existiert ein λ0 > 0, so dass ξ ·A0 ξ ≥ λ0|ξ|2 fur alle ξ ∈ Rn.

ii) Ist der Koeffizient a symmetrisch, d.h. a(y) = (a(y))T fur alle y ∈ Rn, so ist auchA0 symmetrisch.

Beweis. Zu i): Wir stellen zunachst fest, dass sich die Formel (2.7) fur den effektivenKoeffizienten A0 wie folgt umschreiben lasst

(A0)lk(2.7)=

ˆY

[a(y) (ek +∇yχk(y))] · el dy

=

ˆY

[a(y) (ek +∇yχk(y))] · [el +∇yχl(y)] dy,

(2.19)

wobei wir in der zweiten Zeile das Zellproblem (2.9) ausgenutzt haben. Tatsachlich ist χleine zulassige Testfunktion und die schwache Form des Zellproblems liefert´Y

[a(y) (ek +∇yχk(y))] · ∇χl(y) dy = 0.

Sei nun ξ ∈ Rn beliebig. Dann gilt

ξ · A0 ξ =n∑

k,l=1

(A0)lk ξk ξl =n∑

k,l=1

ˆY

[a(y) (ek +∇yχk(y))] · [el +∇yχl(y)]ξk ξl dy

=

ˆY

n∑k,l=1

a(y)ξk∇y(yk + χk(y)) · ξl∇y(yl + ξl) dy

=

ˆY

a(y)∇y

(n∑k=1

ξk(yk + χk(y))

)· ∇y

(n∑l=1

ξl(yl + ξl(y))

)dy

Mit ζ(y) :=∑n

k=1 ξk(yk + χk(y)) folgt also

ξ · A0 ξ =

ˆY

∇ζ(y) · a(y)∇ζ(y)a elliptisch

≥ λ

ˆY

|∇ζ(y)|2 dy.

Wir zeigen nun, dass daraus ξ · A0 ξ > 0 fur jedes ξ ∈ Rn mit ξ 6= 0 folgt. Angenommen,es gabe ein ξ 6= 0 mit ξ ·A0 ξ = 0. Dann ware auch ∇yζ ≡ 0 und damit gabe es ein c ∈ Rmit ζ(y) = c fur alle y ∈ Y . Folglich ware

ζ(y) =n∑k=1

ξk(yk + χk(y)) = c

⇒n∑k=1

ξk yk = c−n∑k=1

ξk χk(y).

Dies ist aber ein Widerspruch, da die rechte Seite periodisch ist, die linke Seite jedochnicht. Es gilt also tatsachlich h(ξ) := ξ ·A0 ξ > 0 fur ξ 6= 0. Die Funktion h(·) ist stetig und

22

nimmt daher auf der Einheitssphare ihr Minimum an. Laut obiger Rechnung ist diesespositiv, d.h. ∃λ0 > 0 mit

h(ξ) = ξ · A0 ξ ≥ λ0 ∀ξ ∈ Rn mit |ξ| = 1

und somit

ξ · A0 ξ = |ξ|2(ξ

|ξ|· A0

ξ

|ξ|

)≥ λ0|ξ|2.

Zu ii): Wegen der Symmetrie von a gilt χTk = χk und damit A0 = A0, wobei χTk die dualeZelllosung aus (2.15) und A0 den dualen Koeffizienten aus (2.16) bezeichnet. Insbesonderegilt (A0)T = A0 = A0 und somit die Symmetrie von A0.

2.6 Das Div-Curl-Lemma

Wir wollen im Folgenden die partielle Integration aus dem Beweis von Theorem 2.12 ineinem allgemeineren Rahmen betrachten.

Beobachtung: Seien qε, uε Folgen mit

1) qε q0 in L2(Ω;Rn)

2) uε → u0 in L2(Ω) und ∇uε ∇u0 in L2(Ω;Rn)

Problem: Uber das Produkt∇uε ·qε kann im Allgemeinen keine Aussage getroffen werden(beide Faktoren konvergieren schwach).

Ausnahme: Zusatzliche Information uber ∇ · qε verfugbar, z.B.

∇ · qε := f ε → f stark in H−1(Ω) = (H10 (Ω))′.

Dann gilt fur ϕ ∈ D(Ω) beliebigˆΩ

∇uε(x) · qε(x)ϕ(x) dx =

ˆΩ

qε(x) · ∇(uε ϕ)(x) dx−ˆ

Ω

qε(x)uε(x) · ∇ϕ(x) dx

=− 〈f ε, uε ϕ〉H−1,H10−ˆ

Ω

qε(x)uε(x) · ∇ϕ(x) dx

1)→− 〈f, u0 ϕ〉H−1,H10−ˆ

Ω

q0(x)u0(x) · ∇ϕ(x) dx

2)=− 〈∇ · q0, u0 ϕ〉H−1,H1

0−ˆ

Ω

q0(x)u0(x) · ∇ϕ(x) dx =

ˆΩ

∇u0(x) · q0(x)ϕ(x) dx

Dabei haben wir in 1) fur die duale Paarung ausgenutzt, dass f ε stark in H−1 und uε

schwach in H10 konvergiert. Das Integral konvergiert, da uε → u0 und qε q0, also wieder

”starke mal schwache Konvergenz“ gilt. In 2) verwenden wir die Identitat f = ∇·q0. Diese

gilt, da fur v ∈ H10 (Ω) beliebig

〈f, v〉H−1,H10

fε→f← 〈∇ · qε, v〉H−1,H10

= −ˆ

Ω

qε(x) · ∇v(x) dx

qεq0→ −ˆ

Ω

q0(x) · ∇v(x) dx = 〈∇ · q0, v〉H−1,H10.

23

Insgesamt erhalten wirˆ

Ω

∇uε(x) · qε(x)ϕ(x) dx→ˆ

Ω

∇u0(x) · q0(x)ϕ(x) dx fur alle ϕ ∈ D(Ω),

also qε · ∇uε → q0 · ∇u0 im Distributionssinne.

Das obige Resultat ist ein Spezialfall eines allgemeineren Prinzips, der sogenannten kom-pensierten Kompaktheit.

Lemma 2.15 (Div-Curl-Lemma/kompensierte Kompaktheit). Sei Ω ⊂ Rn ein Lipschitz-gebiet. Seien (qε)ε>0, (v

ε)ε>0 ⊂ L2(Ω;Rn) und q0, v0 ∈ L2(Ω;Rn) mit

qε q0 und vε v0 in L2(Ω;Rn).

Zusatzlich gelte curl vε = 0 in Ω und ∇ · qε sei kompakt in H−1(Ω). Dann gilt

qε · vε ε→0→ q0 · v0 im Distributionssinne.

Dabei ist der n-dimensionale curl wie folgt definiert:

(curl vε)ij := ∂xjvεi − ∂xivεj im schwachen Sinne fur i, j ∈ 1, . . . , n.

Beweis. Sei also ϕ ∈ D(Ω) eine beliebige Testfunktion. Durch eine Teilung der Einsgenugt es, Testfunktionen mit kompaktem Trager in offenen Kugeln B = BR(x0) ⊂ Ω zubetrachten.

Da curl vε = 0 und die Kugel B einfach zusammenhangend ist, existiert ein PotentialΦε ∈ H1(B) mit vε = ∇Φε, welches wir mittelwertfrei wahlen konnen,

´B

Φε(x) dx = 0.Fur die Folge Φε gilt nun (nach Anwendung der Poincare-Ungleichung fur mittelwertfreieFunktionen), dass ‖Φε‖H1(B) ≤ C. Wegen der schwachen Kompaktheit in H1 und derSoboleveinbettung finden wir eine Teilfolge (wieder als Φε bezeichnet) und eine Grenz-funktion Φ ∈ H1(B) mit Φε Φ0 in H1(B) und Φε → Φ0 in L2(B). Laut Voraussetzunggilt außerdem∇·qε → ∇·q0 stark in H−1(Ω) (wieder bis auf Teilfolgenauswahl). Insgesamterhalten wir also ˆ

Ω

qε(x) · vε(x)ϕ(x) dx =

ˆB

qε(x) · ∇Φε(x)ϕ(x) dx

=

ˆB

qε(x) · ∇(Φεϕ)(x) dx−ˆB

qε(x) · ∇ϕ(x)Φε(x) dx

=− 〈∇ · qε,Φεϕ〉H−1,H10−ˆB

qε(x) · ∇ϕ(x)Φε(x) dx

→− 〈∇ · q0,Φ0ϕ〉H−1,H10−ˆB

q0(x) · ∇ϕ(x)Φ0(x) dx

=

ˆB

q0(x) · ∇Φ0(x)ϕ(x) dx =

ˆΩ

q0(x) · v0(x)ϕ(x) dx

und damit die gewunschte Aussage.

Wir wollen nun das Div-Curl-Lemma verwenden, um Theorem 2.12 zu beweisen.

24

2. Beweis von Theorem 2.12 (mit dem Div-Curl-Lemma).Schritt 1. Wir verwenden wieder die Losungen χTk des dualen Zellproblems (2.15) undkonstruieren daraus die oszillierende Testfunktion

ϕεk(x) := x · ek + εχTk

(xε

).

Die GradientenΨεk(x) := ∇ϕεk(x) = ek +∇yχ

Tk

(xε

)erfullen

curlΨεk = 0, ∇ ·

(aT( ·ε

)Ψεk

)= 0, Ψε

k ek in L2(Ω),

wobei die letzte Konvergenz wegen Lemma 2.6 und´Y∇yχ

Tk (y) dy = 0 gilt. Unter erneuter

Verwendeung von Lemma 2.6 und wegen (2.16) folgern wir, dass die transponierte effektiveKoeffizientenmatrix A0 = AT0 durch den schwachen Grenzwert

aT( ·ε

)Ψεk A0 ek = AT0 ek in L2(Ω;Rn)

gegeben ist.Schritt 2. Zu uε ∈ H1

0 (Ω) mit ∇ · (aε(x)∇uε(x)) = f in Ω betrachten wir neben demGrenzwert uε u0 in H1

0 (Ω) (und uε → u0 in L2(Ω)) auch noch den schwachen Limesder Hilfsfunktion

pε(x) := aε∇uε p0 in L2(Ω;Rn).

Dieser existiert (bis auf Teilfolgenauswahl), da pε in L2(Ω) beschrankt ist. Wir stellenfest, dass wegen ∇ · pε = f auch

∇ · p0 = f in Ω

folgt. Der Beweis ist also abgeschlossen, wenn wir zeigen konnen , dass

p0 = A0∇u0 (2.20)

gilt. Dazu verwenden wir die Testfunktionen Ψεk aus Schritt 1. und das Div-Curl-Lemma.

Es gilt

pε ·Ψεk =

(a( ·ε

)∇uε

)·Ψε

k = ∇uε ·(aT( ·ε

)Ψεk

)(2.21)

Wir wenden nun das Div-Curl-Lemma auf die obige Gleichung an.

Linke Seite von (2.21): Wir haben pε p0 und Ψεk ek in L2(Ω;Rn). Außerdem gilt

curlΨεk = 0 und ∇ · pε = f , also insbesondere stark konvergent in H−1(Ω). Anwendung

des Div-Curl-Lemmas 2.15 liefert pε ·Ψεk → p0 · ek im Distributionssinne.

Rechte Seite von (2.21): Wir haben ∇uε ∇u0 und aT( ·ε

)Ψεk AT0 ek in L2(Ω;Rn).

Außerdem gilt curl∇uε = 0 und ∇ ·(aT( ·ε

)Ψεk

)= 0. Anwendung des Div-Curl-Lemmas

2.15 liefert ∇uε ·(aT( ·ε

)Ψεk

)→ ∇u0 · AT0 ek im Distributionssinne.

Insgesamt folgt alsop0 · ek = ∇u0 · (AT0 ek) = (A0∇u0) · ek.

Da 1 ≤ k ≤ n beliebig war, erhalten wir die gewunschte Relation (2.20).

25

2.7 Vergleich mit expliziter Konstruktion

Wir wollen im Folgenden einen direkten Beweis von Theorem 2.12 angeben, in dem wiruε mit einer expliziten Konstruktion, ahnlich der formalen Zweiskalenentwicklung ausKapitel 2.4, vergleichen.

3. Beweis von Theorem 2.12 mittels expliziter Approximation.Sei u0 ∈ H1

0 (Ω) die Losung des effektiven Problems −∇· (A0∇u0) = f . Sei u ∈ H10 (Ω) der

schwache Limes der uε. Es gelte also (bis auf Teilfolgenauswahl) uε u in H10 (Ω) und

uε → u in L2(Ω).

Ziel: Zeige, dass u0 = u gilt.

Idee: Vergleiche die Losung uε mit einer Funktion, die makroskopisch wie u0 aussieht,mikroskopisch aber schnell oszilliert.

Sei also u0 ∈ H10 (Ω) die Losung des effektiven Problems. Um Probleme am Rand zu ver-

meiden, approximieren wir u0 mit D(Ω)-Funktionen. Wir wahlen also eine Folge (uh)h>0 ⊂D(Ω) mit uh → u0 in H1(Ω) fur h→ 0 und setzen

vε(x) := uh(x) + ε

n∑k=1

∂xkuh(x)χk

(xε

). (2.22)

Wegen uh → u0 in H1(Ω) lost uh naherungsweise die effektive Gleichung,

∇ · (A0∇uh) := fh → f in H−1(Ω). (2.23)

Tatsachlich gilt fur beliebige Testfunktionen ϕ ∈ H10 (Ω)∣∣∣〈fh − f, ϕ〉H−1,H1

0

∣∣∣ =∣∣∣〈∇ · (A0∇(uh − u0)) , ϕ〉H−1,H1

0

∣∣∣=

∣∣∣∣ˆΩ

A0∇(uh − u0)(x) · ∇ϕ(x) dx

∣∣∣∣ ≤ C‖∇uh −∇u0‖L2(Ω)‖∇ϕ‖L2(Ω) =: C(h)‖∇ϕ‖L2(Ω)

mit C(h)→ 0 und somit ‖fh − f‖H−1(Ω) → 0 fur h→ 0. Wir wollen nun Relation (2.23)mit vε − uε = uh + ε

∑nk=1 ∂xkuh(x)χk

(xε

)− uε(x) testen. Durch Einschieben von aε∇vε

entsteht

〈fh − f, vε − uε〉H−1,H10

=

ˆΩ

[A0∇uh − aε∇vε + aε∇vε − aε∇uε] · ∇(vε − uε)

=

ˆΩ

aε∇(vε − uε) · ∇(vε − uε) +

ˆΩ

[A0∇uh − aε

n∑k=1

∂xkuh

(ek +∇yχk

( ·ε

))]· ∇(vε − uε)

− εˆ

Ω

aεn∑k=1

(∇∂xkuh)χk( ·ε

)· ∇(vε − uε) =: Iε + IIε + IIIε

Das erste Integral Iε kontrolliert den Fehler zwischen uε und vε. Wegen der Elliptizitatvon aε mit Konstante λ > 0 erhalten wir

Iε =

ˆΩ

aε∇(vε − uε) · ∇(vε − uε) ≥ λ‖∇(vε − uε)‖2L2(Ω).

26

Fur das zweite Integral IIε stellen wir zunachst fest, dass (fur festes h > 0)[A0∇uh − aε

n∑k=1

∂xkuh

(ek +∇yχk

( ·ε

))] 0 in L2(Ω) fur ε→ 0.

Außerdem hat der Ausdruck nach Konstruktion der χk eine beschrankte Divergenz inL2(Ω). Insbesondere ist die Divergenz kompakt in H−1(Ω) (siehe Ubung). Der Gradient∇(vε−uε) ist beschrankt in L2(Ω) und konvergiert daher bis auf Teilfolgenauswahl schwachin L2(Ω). Desweiteren gilt curl∇(vε − uε) = 0. Wir konnen somit das Div-Curl-Lemmaverwenden und erhalten

limε→0

IIε = 0.

Der dritte Term IIIε verschwindet ebenfalls im Limes ε → 0, da uε, vε in H1(Ω) be-schrankt sind und χk

( ·ε

)∈ L2(Ω) gilt. Insgesamt erhalten wir

limε→0

λ‖∇(vε − uε)‖2L2(Ω) ≤ lim

ε→0〈fh − f, vε − uε〉H−1,H1

0.

Wegen uε u und vε uh in H1(Ω) und der schwachen Unterhaltbstetigkeit der Normfolgern wir

λ‖∇(uh − u)‖2L2(Ω) ≤ lim

ε→0λ‖∇(vε − uε)‖2

L2(Ω)

≤ 〈fh − f, uh − u〉H−1,H10≤ ‖fh − f‖H−1(Ω)‖uh − u‖H1((Ω).

Eine Anwendung der Cauchy-Schwarz-Ungleichung und der Poincare-Ungleichung liefert

‖uh − u‖H1(Ω) ≤ C‖fh − f‖H−1(Ω)h→0→ 0.

Da h > 0 beliebig war und uh → u0 in H1(Ω) folgt u0 = u, also das gewunschte Resultat.

Bemerkung 2.16. Die schwache Konvergenz uε u0 in H1(Ω) aus Theorem 2.12 kannim Allgemeinen nicht verbessert werden. Ware die Konvergenz stark, also ∇uε → ∇u0 inL2(Ω;Rn), wurde auch

a( ·ε

)∇uε

(ˆY

a(y) dy

)∇u0 in L2(Ω;Rn)

gelten. Das ist im Allgemeinen falsch.

Mochte man neben uε auch den Gradienten von uε stark in L2 approximieren, so muß derschwache Limes u0 durch eine kleine ε-Storung korrigiert werden, welche die mikroskopi-schen Oszillationen von uε charakterisiert. Dies fuhrt zu sogenannten Korrektorresultaten.

Proposition 2.17 (Ein Korrektorresultat). Seien uε, u0 wie in Theorem 2.12. Sei 1 ≤r, s < ∞ mit 1

r+ 1

s= 1

2. Fur die Korrektoren χk gelte ∇yχk ∈ Lr(Y ;Rn) fur alle k =

1, . . . , n und ∇u0 habe die Regularitat ∇u0 ∈ Ls(Ω;Rn). Dann gilt

∇uε −

[∇u0 +

n∑k=1

∂xku0∇yχk

( ·ε

)]→ 0 in L2(Ω;Rn).

Beweis. Spater, im Kapitel uber Zweiskalenkonvergenz.

27

3 Zweiskalenkonvergenz

Die Zweiskalenkonvergenz ist eine elegante Methode zur Behandlung periodischer Homo-genisierungsprobleme. Sie wurde von Nguetseng (’89) und Allaire (’92) entwickelt undliefert eine rigorose Rechtfertigung der formalen Zweiskalenentwicklung aus Kapitel 2.4.

3.1 Einfuhrung

Als Vorbereitung fuhren wir die sogenannten Bochner-Raume ein.

Definition 3.1 (Bochner-Raume). Sei 1 ≤ p ≤ ∞. Sei Ω ⊂ Rn ein beschranktes Lip-schitzgebiet und sei (X, ‖·‖X) ein Banachraum. Der Bochner-Raum Lp(Ω;X) ist wie folgtdefiniert:

Lp(Ω;X) := Φ : Ω→ X |Φ ist messbar und ‖Φ(·)‖X ∈ Lp(Ω).

Mit der Norm ‖Φ‖Lp(Ω;X) :=(´

Ω‖Φ(x)‖X dx

)1/pfur p <∞ und ‖Φ‖L∞(Ω;X) := ess supx∈Ω ‖Φ(x)‖X

ist Lp(Ω;X) ein Banachraum.

Die in der obigen Definition geforderte Messbarkeit ist im folgenden starken Sinne zu ver-stehen: φ : Ω→ X heißt (Bochner-)messbar, falls Φ fast uberall der Grenzwert einfacherFunktionen ist.

Beispiel. Sei Y := [0, 1]n die Einheitszelle. Fur X := L2(Y ) gilt L2(Ω;X) = L2(Ω× Y ).

Fur geeignete Exponenten 1 ≤ p ≤ ∞ lassen sich Separabilitat und Reflexivitat desRaumes X auf den Bochner-Raum Lp(Ω;X) ubertragen.

Bemerkung 3.2. Seien X, Y Banachraume mit X ⊂ Y und 1 ≤ p ≤ ∞. Dann gilt:

i) Ist X reflexiv und 1 < p <∞, so ist auch Lp(Ω;X) reflexiv.

ii) Ist X separabel und 1 ≤ p <∞, so ist auch Lp(Ω;X) separabel.

iii) Ist die Einbettung X ⊂ Y stetig, es existiere also ein C > 0 mit ‖u‖Y ≤ C‖u‖X furalle u ∈ X, so ist auch die Einbettung Lp(Ω;X) ⊂ Lp(Ω;Y ) stetig.

iv) Ist X ein Hilbertraum und 1 ≤ p < ∞, dann gilt (Lp(Ω;X))′ = Lq(Ω;X ′), wobei qden dualen Exponenten mit 1

q+ 1

p= 1 bezeichnet.

Achtung: Aus X ⊂ Y kompakt folgt nicht Lp(Ω;X) ⊂ Lp(Ω;Y ) kompakt. Gegenbeispiel:X = Y = R.

Im Folgenden werden wir noch weitere Raume benotigen, die analog zu den Bochner-Raumen definiert sind.

28

Definition 3.3. Sei Ω ⊂ Rn offen. Wir definieren

i) C0(Ω;C0] (Y )) :=

ϕ ∈ C(Ω× Rn) |ϕ(x, ·) ∈ C0

] (Y ) fur alle x ∈ Ω

ii) D(Ω;C∞] (Y )) := ϕ ∈ C∞(Ω× Rn) |ϕ(x, ·) ∈ C∞] (Y ) fur alle x ∈ Ω und

x 7→ u(x, ·) hat kompakten Trager in Ω

Bemerkung 3.4. Der Raum C0(Ω;C0] (Y )) ist separabel und liegt dicht in L2(Ω;L2(Y )) =

L2(Ω× Y ).

Wir wollen uns im Folgenden mit Mittelungsprozessen von Funktionen beschaftigen, dieauf zwei Skalen variieren.

Lemma 3.5 (Schwacher Grenzwert oszillierender Funktionen II). Sei Ω ⊂ Rn offen undbeschrankt und sei ϕ ∈ C0(Ω, C0

] (Y )). Wir bilden die oszillierende Funktion

ϕε : Ω→ R, ϕε(x) := ϕ(x,x

ε

).

Dann gilt fur 1 < p <∞

ϕε(·) = ϕ(·, ·ε

)

ˆY

ϕ(·, y) dy in Lp(Ω).

Warnung: Es ist wichtig, dass die Funktion ϕ gute Regularitatseigenschaften hat. Fallsdie Funktion stetig in y ist, so gilt die Aussage des obigen Lemmas auch noch, falls ϕ inx nur Lp-integrierbar ist. Fehlt jedoch die Stetigkeitsvoraussetzung auch in y, so ist sogardie Wohldefiniertheit der Funktion ϕε nicht gewahrleistet, da

(x, x

ε) |x ∈ Ω

⊂ R2 eine

Nullmenge in R2 ist.

Beweis von Lemma 3.5. Wir erinnern zunachst an die Notation aus Kapitel 2.3. Fur k ∈Zn und Y := [0, 1]n setzen wir

xk := εk, Y εk := ε(k + Y ) = xk + [0, ε]n

undIε := k ∈ Zn |Y ε

k ⊂ Ω , I∗ε :=k ∈ Zn |Y ε

k ∩ Ω 6= ∅.

Wir fuhren den Beweis nur fur p = 2.

Schritt 1: Beschranktheit von ϕε in L2(Ω). Wegen |ϕε(x)| = |ϕ(x, x

ε

)| ≤ ‖ϕ‖C0(Ω;C0

] (Y ))

fur alle x ∈ Ω und der Beschranktheit von Ω gilt auch ‖ϕε‖L2(Ω) ≤ C unabhangig vonε. Aufgrund der schwachen Kompaktheit in L2(Ω) finden wir ein ϕ0 ∈ L2(Ω) und eineTeilfolge (wieder als ϕε bezeichnet) mit ϕε ϕ0 in L2(Ω).

Schritt 2: Identifikation der Grenzfunktion. Wir zeigen nun, dass ϕ0 =´Yϕ(·, y) dy gilt.

Sei dazu Ψ ∈ D(Ω) eine beliebige Testfunktion. Fur ε > 0 genugend klein gilt supp(Ψ) ⊂⋃k∈Iε Y

εk . Wir konstruieren zwei Hilfsfunktionen:

ϕ(x, y) := ϕ(xk, y) fur y ∈ Y und x ∈ Y εk ,

Ψ(x) := Ψ(xk) fur x ∈ Y εk .

29

Da ϕ gleichmaßig stetig ist, gilt ‖ϕ − ϕ‖L∞(Ω×Y ) ≤ ρ(ε)ε→0→ 0 und da Ψ Lipschitz-stetig

ist, gilt ‖Ψ−Ψ‖L∞(Ω) ≤ Cε. Damit folgt insbesondere, fur ε→ 0,

ˆΩ

ϕ(x,x

ε

)Ψ(x) dx =

ˆΩ

ϕ(x,x

ε

)Ψ(x) dx+ o(1) =

ˆΩ

ϕ(x,x

ε

)Ψ(x) dx+ o(1)

=∑k∈Iε

ˆY εk

ϕ(xk,

x

ε

)Ψ(xk) dx+ o(1)

y:=(x−xk)1ε=∑k∈Iε

εnΨ(xk)

ˆY

ϕ(x, y) dy + o(1)

=

ˆΩ

(ˆY

ϕ(x, y) dy

)Ψ(x) dx+ o(1) =

ˆΩ

(ˆY

ϕ(x, y) dy

)Ψ(x) dx+ o(1).

Insgesamt erhalten wir also

limε→0

ˆΩ

ϕ(x,x

ε

)Ψ(x) dx =

ˆΩ

(ˆY

ϕ(x, y) dy

)Ψ(x) dx

und damit die gewunschte Aussage, da Ψ ∈ D(Ω) beliebig war.

3.2 Zweiskalenkonvergenz und Zweiskalenkompaktheit

In diesem Kapitel wollen wir die Zweiskalenkonvergenz einfuhren und elementare Eigen-schaften dieses Konvergenzbegriffs herleiten. Insbesondere werden wir sehen, dass jedeL2-beschrankte Folge eine Teilfolge besitzt, die in zwei Skalen konvergiert.

Definition 3.6 (Zweiskalenkonvergenz). Eine Folge (uε)ε>0 ⊂ L2(Ω) konvergiert in zweiSkalen gegen eine Grenzfunktion u0 ∈ L2(Ω× Y ), falls

1) ‖uε‖L2(Ω) ≤ C fur eine ε-unabhangige Konstante C > 0.

2) Fur jede Zweiskalentestfunktion ϕ ∈ D(Ω;C∞] (Y )) gilt

limε→0

ˆΩ

uε(x)ϕ(x,x

ε

)dx =

ˆΩ

ˆY

u0(x, y)ϕ(x, y) dy dx. (3.1)

Wir schreiben dann uε2s u0.

Interpretation: Die x-Abhangigkeit im Zweiskalenlimes beschreibt das effektive makro-skopische Verhalten der Funktionenfolge uε, wahrend die y-Abhangigkeit die mikroskopi-schen Oszillationen charakterisiert.

Das folgende Lemma liefert einen Vergleich zwischen Zweiskalenkonvergenz und starkerbzw. schwacher L2-Konvergenz.

Lemma 3.7. Sei (uε)ε>0 ⊂ L2(Ω). Dann gilt

i) uε → u in L2(Ω) impliziert uε2s u0 fur u0(x, y) = u(x).

ii) uε2s u0 impliziert uε u in L2(Ω) fur u(x) =

´Yu0(x, y) dy.

iii) Besitzt uε eine Entwicklung der Form uε(x) =∑M

i=0 εiui(x,

xε) fur ein M ∈ N0 mit

ui ∈ C0(Ω;C0] (Y )), dann gilt uε

2s u0.

30

Der Zweiskalenlimes enthalt mehr Informationen als der schwache L2-Limes, welcher le-diglich den Mittelwert der mikroskopischen Oszillationen berucksichtigt, siehe Teil ii) desobigen Lemmas. Teil i) besagt, dass bei starker L2-Konvergenz keine mikroskopischenOszillationen auftreten konnen.

Beweis von Lemma 3.7.Zu i) Aus uε → u in L2(Ω) folgt auch ‖uε‖L2(Ω) ≤ C. Außerdem wissen wir aus Lemma3.5, dass fur ϕ ∈ D(Ω;C∞] (Y )) beliebig gilt

ϕε(·) := ϕ(·, ·ε

)

ˆY

ϕ (·, y) dy in L2(Ω).

Somit erhalten wirˆΩ

uε(x)ϕ(x,x

ε

)dx =

ˆΩ

uε(x)ϕε(x) dxε→0→ˆ

Ω

u(x)

(ˆY

ϕ(x, y) dy

)dx

=

ˆΩ

ˆY

u(x)ϕ(x, y) dy dx,

da uε stark und ϕε schwach in L2(Ω) konvergiert.

Zu ii) Wir betrachten Zweiskalentestfunktionen, die nur von x abhangen, also ϕ(x, y) :=ϕ(x) mit ϕ ∈ D(Ω), und rechnen

ˆΩ

uε(x)ϕ(x) dx =

ˆΩ

uε(x)ϕ(x,x

ε

)uε

2su0→ˆ

Ω

ˆY

u0(x, y)ϕ(x, y) =

ˆΩ

ϕ(x)

(ˆY

u0(x, y) dy

)dx.

Damit haben wir den schwachen L2-Limes als´Yu0(x, y) dy identifiziert.

Zu iii) Da alle ui ∈ C0(Ω;C0] (Y )) gilt auch

∥∥ui (·, ·ε)∥∥L2(Ω)≤ C fur 0 ≤ i ≤ M . Folglich

ist uε in L2(Ω) beschrankt und es gilt εi ui(·, ·ε

)→ 0 in L2(Ω) fur 1 ≤ i ≤M . Mit Teil i)

folgt εi ui(·, ·ε

) 2s 0 fur 1 ≤ i ≤M .

Wir mussen also nur noch den Zweiskalen-Limes von u0

(·, ·ε

)bestimmen. Sei dazu ϕ ∈

D(Ω;C∞] (Y )) beliebig. Dann gilt u0 ϕ ∈ C0(Ω;C0] (Y )) und somit nach Lemma 3.5

u0

(·, ·ε

)ϕ(·, ·ε

)

ˆY

u0(·, y)ϕ(·, y) dy in L2(Ω),

also ˆΩ

u0

(x,x

ε

)ϕ(x,x

ε

)dx

(∗)→ˆ

Ω

ˆY

u0(x, y)ϕ(x, y) dy dx,

wobei wir in (∗) die schwache Konvergenz von u0

(·, ·ε

)ϕ(·, ·ε

)angewendet auf die L2-

Testfunktion 1suppxϕ ausgenutzt haben.

Wir wollen nun die folgende Frage beantworten: Unter welchen Voraussetzungen ist eineFolge bezuglich Zweiskalenkonvergenz kompakt?

Satz 3.8 (Zweiskalenkompaktheit). Sei Ω ⊂ Rn ein beschranktes Gebiet. Zu jeder be-schrankten Folge (uε)ε>0 ⊂ L2(Ω) gibt es einen Limes u0 ∈ L2(Ω × Y ), so dass eineTeilfolge von (uε)ε>0 in zwei Skalen gegen u0 konvergiert.

31

Beweisidee: Der Beweis beruht auf der Beobachtung, dass die Funktionen uε beschrankteFunktionale auf dem separablen Raum C0(Ω;C0

] (Y )) definieren. Dann besitzt (uε)ε>0 eineschwach*-konvergente Teilfolge. Diese erfullt das Gewunschte.

Beweis. Schritt 1: Der Raum der Testfunktionen. Wir setzen

B := C0(Ω;C0] (Y )).

Nach Bemerkung 3.4 ist B ein separabler Banachraum, der dicht in L2(Ω× Y ) liegt. Furϕ ∈ B gilt ˆ

Ω

∣∣∣ϕ(x, xε

)∣∣∣2 dx ≤ C‖ϕ‖2B, (3.2)

limε→0

ˆΩ

∣∣∣ϕ(x, xε

)∣∣∣2 dx =

ˆΩ

ˆY

|ϕ(x, y)|2 dy dx. (3.3)

Dabei folgt (3.2) mit C = |Ω|, indem manˆΩ

∣∣∣ϕ(x, xε

)∣∣∣2 dx ≤ ‖ϕ‖C0(Ω;C0] (Y ))

ˆΩ

1 dx = ‖ϕ‖2B |Ω|

abschatzt. Die Konvergenz (3.3) folgt durch Anwendung von Lemma 3.5 auf die FunktionΨ ∈ C0(Ω, C0

] (Y )) mit Ψ(x, y) := |ϕ(x, y)|2.

Schritt 2: Schwach*-Limes. Wir interpretieren die Funktionen uε als Elemente des Dual-raums von B durch

〈uε, ϕ〉B′,B :=

ˆΩ

uε(x)ϕ(x,x

ε

)dx.

Wir stellen zunachst die Beschranktheit von uε im Dualraum B′ fest,∣∣∣∣ˆΩ

uε(x)ϕ(x,x

ε

)dx

∣∣∣∣ ≤ ‖uε‖L2(Ω)

(ˆΩ

∣∣∣ϕ(x, xε

)∣∣∣2 dx) 12 (3.2)

≤ C‖ϕ‖B, (3.4)

wobei C unabhangig von ε ist. Dabei haben wir ausgenutzt, dass (uε)ε>0 in L2(Ω) be-schrankt ist. Da der Raum B separabel ist, existiert eine Teilfolge (wieder als uε bezeich-net), die schwach* in B′ konvergiert. Wir finden daher ein µ ∈ B′ mit

〈uε, ϕ〉B′,B =

ˆΩ

uε(x)ϕ(x,x

ε

)dx

ε→0→ 〈µ, ϕ〉B′,B ∀ϕ ∈ B.

Es bleibt nur noch zu zeigen, dass sich µ durch eine Funktion u0 ∈ L2(Ω× Y ) darstellenlasst. Tatsachlich gilt wegen der Beschranktheit von uε in L2(Ω) auch

|〈µ, ϕ〉B′,B| ←∣∣∣∣ˆ

Ω

uε(x)ϕ(x,x

ε

)dx

∣∣∣∣ ≤ C

(ˆΩ

∣∣∣ϕ(x, xε

)∣∣∣2 dx) 12 (3.3)→ C‖ϕ‖L2(Ω×Y ),

d.h. µ ist bezuglich der L2(Ω × Y )-Norm stetig. Da B ⊂ L2(Ω × Y ) dicht ist, kannµ stetig zu einem Funktional auf L2(Ω × Y ) fortgesetzt und daher durch ein Elementu0 ∈ L2(Ω× Y ) dargestellt werden,

〈µ, ϕ〉B′,B =

ˆΩ

ˆY

u0(x, y)ϕ(x, y) dy dx ∀ϕ ∈ B.

32

Bemerkung. Jede Funktion u0 ∈ L2(Ω×Y ) ist Zweiskalen-Limes einer geeigneten Funk-tionenfolge. Beweis: siehe Allaire.

Wir wollen im Folgenden ein starkeres Kompaktheitsresultat fur Funktionenfolgen her-leiten, die nicht nur in L2(Ω) sondern in H1(Ω) beschrankt sind. Dazu benotigen wirzunachst die folgende Weyl (bzw. Helmholtz)-Zerlegung mit periodischen Funktionen.

Lemma 3.9 (Weyl-Zerlegung mit periodischen Funktionen). Sei Y = [0, 1]n. Dann lasstsich jede Funktion u ∈ L2(Y,Rn) zerlegen in einen Gradienten und einen divergenzfreienAnteil, d.h. u = v + w mit

v = ∇Φ mit Φ ∈ H1] (Y ),

∇ · w = 0 in Y.

Steht eine Funktion u ∈ L2(Y ) senkrecht auf allen divergenzfreien Funktionen, also´Yuϕ =

0 fur alle ϕ ∈ L2(Y ) mit ∇·ϕ = 0, so lasst sie sich als Gradient einer periodischen Funk-tion schreiben.

Beweis. Ubung

Satz 3.10 (Zweiskalenkompaktheit in H1). Sei (uε)ε>0 ⊂ H1(Ω) beschrankt. Dann gibt eseine Teilfolge (wieder als uε bezeichnet) und Limiten u ∈ H1(Ω) und u1 ∈ L2(Ω;H1

] (Y )),so dass

uε u in H1(Ω),

uε2s u0 mit u0(x, y) = u(x),

∇uε 2s ∇xu0 +∇yu1.

Beweis. Wegen der Beschranktheit der Funktionenfolge uε in H1(Ω) finden wir ein u ∈H1(Ω) und eine Teilfolge (wieder als uε bezeichnet), so dass

uε u in H1(Ω), uε → u in L2(Ω).

Wegen Lemma 3.7, Teil i) gilt auch uε2s u0 mit u0(x, y) = u(x).

Zur Zweiskalen-Konvergenz der Gradienten: Da ∇uε in L2(Ω;Rn) beschrankt ist, liefertSatz 3.8 die Existenz einer Zweiskalen-Grenzfunktion v0 ∈ L2(Ω×Y ;Rn) und einer Teilfol-

ge, so dass ∇uε 2s v0 (komponentenweise Konvergenz). Es bleibt nur noch nachzuweisen,

dassv0(x, y) = ∇xu(x) +∇yu1(x, y)

fur ein u1 ∈ L2(Ω;H1] (Y )) gilt. Dazu wahlen wir als Zweiskalen-Testfunktion ϕ(x, y) :=

ρ(x)Ψ(y) mit ρ ∈ D(Ω) und Ψ ∈ C∞] (Y,Rn) divergenzfrei, also ∇y · Ψ = 0. Fur dieseTestfunktion gilt dannˆ

Ω

ˆY

v0(x, y)ρ(x)Ψ(y) dy dx = limε→0

ˆΩ

∇uε(x) ·Ψ(xε

)ρ(x) dx

∇y ·Ψ=0= − lim

ε→0

ˆΩ

uε(x)∇xρ(x) ·Ψ(xε

)dx = −

ˆΩ

u(x)∇xρ(x) ·(ˆ

Y

Ψ(y) dy

)dx

=

ˆΩ

∇u(x) · ρ(x)

(ˆY

Ψ(y) dy

)dx,

33

wobei wir in der zweiten Zeile ausgenutzt haben, dass uε → u stark in L2(Ω) und Ψ( ·ε

)schwach gegen seinen Mittelwert konvergiert. Wir schreiben die obige Gleichung aquivalentals ˆ

Ω

ˆY

[v0(x, y)−∇xu(x)] Ψ(y)ρ(x) dy dx = 0.

Da ρ ∈ D(Ω) beliebig war, gilt die Identitat

ˆY

[v0(x, y)−∇xu(x)] Ψ(y) dy = 0

fur fast alle x ∈ Ω nach dem Fundamentallemma der Variationsrechnung. Fur festes x ∈ Ωsteht also die L2(Y )-Funktion [v0(x, ·)−∇xu(x)] senkrecht auf allen divergenzfreien Funk-tionen Ψ. Die Weyl-Zerlegung, Lemma 3.9, besagt nun, dass das orthogonale Komplementdivergenzfreier Funktionen gerade die Gradienten sind, also v0(x, y)−∇xu(x) = ∇yu1(x, y)mit u1(x, ·) ∈ H1

] (Y ) fur fast alle x ∈ Ω. Ohne Einschrankung kann u1(x, ·) mittelwertfreigewahlt werden.Es bleibt zu zeigen, dass u1 ∈ L2(Ω;H1

] (Y )). Tatsachlich lasst sich die L2(Ω × Y ;Rn)-Norm von ∇yu1 durch die L2-Normen von v0 und ∇xu abschatzen. Eine Abschatzung dervollen L2(Ω;H1

] (Y ))-Norm erhalten wir durch Anwendung der Poincare-Ungleichung furmittelwertfreie Funktionen.

3.3 Homogenisierung mittels Zweiskalenkonvergenz

Wir wollen nun die Methode der Zweiskalenkonvergenz auf das elliptische Homogenisie-rungsproblem anwenden.

4. Beweis von Theorem 2.12 mittels Zweiskalenkonvergenz. Im folgenden nehmen wir ein-fachheitshalber an, dass die periodische Koeffizientenfunktion a ∈ C∞] (Y ;Rn×n), alsounendlich of differenzierbar ist. Im allgemeinen Fall muß ein Approximationsargumenteingefugt werden.Wir betrchten wieder Losungen uε ∈ H1

0 (Ω) des Homogenisierungproblems (2.11),

−∇ ·(a(xε

)∇uε(x)

)= f in Ω.

Dann ist (uε)ε>0 in H1(Ω) beschrankt. Nach Satz 3.10 finden wir Grenzfunktionen u ∈H1(Ω) und u1 ∈ L2(Ω;H1

] (Y )) und eine Teilfolfge (wieder als uε bezeichnet), so dass

uε u in H1(Ω), uε2s u, ∇uε 2s

∇xu+∇yu1.

Wir betrachten nun spezielle Zweiskalen-Testfunktionen. Zu ϕ0 ∈ D(Ω) und ϕ1 ∈ D(Ω;C∞] (Y ))bilden wir

ϕ(x, y) := ϕ0(x) + εϕ1(x, y)

und damit die oszillierende Testfunktion

ϕε(x) := ϕ(x,x

ε

)= ϕ0(x) + εϕ1

(x,x

ε

).

34

Wir stellen fest, dass ϕε → ϕ0 stark in L2(Ω) und schwach in H1(Ω) gilt. Durch Testender Ausgangsgleichung fur uε mit ϕε erhalten wir

〈f, ϕ0〉H−1,H10

= limε→0〈f, ϕε〉H−1,H1

0= lim

ε→0

ˆΩ

a(xε

)∇uε(x) · ∇ϕε(x) dx

= limε→0

ˆΩ

∇uε(x) · aT(xε

) [∇xϕ0(x) +∇yϕ1

(x,x

ε

)+ ε∇xϕ1

(x,x

ε

)]dx

=

ˆΩ

ˆY

(∇xu(x) +∇yu1(x, y)) · aT (y)[∇xϕ0(x) +∇yϕ1(x, y)] dy dx

=

ˆΩ

ˆY

a(y)(∇xu(x) +∇yu1(x, y)) · [∇xϕ0(x) +∇yϕ1(x, y)] dy dx,

(3.5)

wobei wir in der ersten Gleichheit die schwache Konvergenz ϕε ϕ0 in H1(Ω) ausgenutzthaben. In der letzten Gleichheit haben wir die Zweiskalenkonvergenz von ∇uε auf dieZweiskalen-Testfunktion Ψ(x, y) := a(y)[∇xϕ0(x) +∇yϕ1(x, y)] angewendet.Aus der obigen Relation konnen nun die Gleichungen fur u und u1 abgelesen werden.Dazu wahlen wir zunachst ϕ0 = 0 und ϕ1(x, y) = ρ(x)Ψ(y) mit glatten Testfunktionenρ,Ψ und erhalten

0 =

ˆΩ

ˆY

a(y)(∇xu(x) +∇yu1(x, y)) · ∇yΨ(y)ρ(x) dy dx

Da ρ ∈ D(Ω) beliebig war, folgt fur fast alle x ∈ Ω

0 =

ˆY

a(y)(∇xu(x) +∇yu1(x, y)) · ∇yΨ(y) dy.

Da Ψ ∈ C∞] (Y ) beliebig ist, ist u1(x, ·) ∈ H1] (Y ) eine schwache Losung des Zellproblems

(2.4) mit ξ = ∇u(x). Daher gilt, mit den Zelllosungen χk ∈ H1] (Y ) aus (2.9), die Darstel-

lung

u1(x, y) =n∑k=1

∂xku(x)χk(y) + u1(x). (3.6)

Die Funktion u1(x) taucht auf, da die Elementarlosungen χk nur bis auf eine additiveKonstante eindeutig bestimmt sind. Nun treffen wir die Wahl ϕ1 = 0 und ϕ0 ∈ D(Ω).Unter Verwendung der Darstellungsformel (3.6) erhalten wir

〈f, ϕ0〉H−1,H10

=

ˆΩ

ˆY

a(y)(∇xu(x) +∇yu1(x, y)) · ∇xϕ0(x) dy dx

=

ˆΩ

ˆY

n∑k=1

∂xku(x)a(y)(ek +∇yχk(y)) · ∇xϕ0(x) dy dx,

=

ˆΩ

A0∇u(x) · ∇xϕ0(x) dx

wobei wir in der letzten Zeile die Definition des effektiven Koeffizienten A0 ausgenutzthaben. Da ϕ0 ∈ D(Ω) beliebig war, lost u wie gefordert die effektive Gleichung.

35

Wir wollen nun das Korrektorresultat, Proposition 2.17, aus Kapitel 2.7 mittels Zweiska-lenkonvergenz beweisen.

Beweis.Wiederholung: Es ist zu zeigen, dass fur 1 ≤ r, s < ∞ mit 1

r+ 1

s= 1

2und ∇yχk ∈

Lr(Y ;Rn) sowie ∇u0 ∈ Ls(Ω;Rn) gilt:

∇uε −

[∇xu0 +

n∑k=1

∂xku0∇yχk

( ·ε

)]→ 0 in L2(Ω;Rn).

Dabei bezeichnet u0 die Losung der effektiven Gleichung, uε die Losung der heterogenenGleichung und χk sind die Korrektoren.

Wir stellen zunachst fest, dass sich wegen der Elliptizitat von a (mit Konstante λ) dieL2-Norm der Gradienten wie folgt abschatzen lasst. Mit u1(x, y) :=

∑nk=1 ∂xku0(x)χk(y)

erhalten wir

λ

∥∥∥∥∥∇uε −∇xu0 −n∑k=1

∂xku0∇yχk

( ·ε

)∥∥∥∥∥2

L2(Ω)

= λ∥∥∥∇uε −∇xu0 −∇yu1

(·, ·ε

)∥∥∥2

L2(Ω)

≤ˆ

Ω

a(xε

) [∇uε(x)−∇xu0(x)−∇yu1

(x,x

ε

)]·[∇uε(x)−∇xu0(x)−∇yu1

(x,x

ε

)]dx

=〈f, uε〉H−1,H10−ˆ

Ω

[a(xε

)+ aT

(xε

)] [∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

)]· ∇uε(x) dx

+

ˆΩ

a(xε

) [∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

)]·[∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

)]dx =: Rε.

Wir zeigen nun, dass die rechten Seite Rε in der obigen Ungleichung im Grenzwert ε→ 0verschwindet. Dazu betrachten wir jeden Term einzeln.

1) Es gilt 〈f, uε〉H−1,H10→ 〈f, u0〉H−1,H1

0, da uε u0 in H1(Ω).

2) Wir verenden das folgende Lemma (Beweis in Cioranescu, Donato):

Seien 1 ≤ r, s, p < ∞ mit 1r

+ 1s

= 1p

und ϕ1 ∈ Ls(Ω) sowie ϕ2 ∈ Lr](Y ). Dann gilt fur

ϕ(x, y) = ϕ1(x)ϕ2(y)

• ϕ(·, ·ε

)∈ Lp(Ω)

• ϕ(·, ·ε

) ϕ1(x)

´Yϕ2(y) dy in Lp(Ω)

• ϕ kann als Testfunktionen in der Zweiskalenkonvergenz verwendet werden.

Damit erfullt (a(y) + aT (y))(∇xu0(x) +∇yu1(x, y)) die Voraussetzungen des obigen Lem-

mas und kann als Testfunktion in der Zweiskalenkonvergenz ∇uε 2s ∇xu0 +∇yu1 verwen-

det werden,ˆΩ

[a(xε

)+ aT

(xε

)] [∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

)]· ∇uε(x) dx

ε→0→ˆ

Ω

ˆY

[a(y) + aT (y)

][∇xu0(x) +∇yu1 (x, y)] · [∇xu0(x) +∇yu1(x, y)] dy dx

= 2

ˆΩ

ˆY

a(y) [∇xu0(x) +∇yu1 (x, y)] · [∇xu0(x) +∇yu1(x, y)] dy dx.

36

3) Wir wenden das obige Lemma (fur p = 1) auf

Φ(x, y) :=a(y) [∇xu0(x) +∇yu1 (x, y)] · [∇xu0(x) +∇yu1 (x, y)]

=a(y)∇xu0(x) · ∇xu0(x)−∇xu0(x) · (a(y) + aT (y))

[n∑k=1

∂xku0(x)∇yχk(y)

]

+ a(y)

(n∑k=1

∂xku0(x)∇yχk(y)

(n∑k=1

∂xku0(x)∇yχk(y)

)

an und erhalten die schwache Konvergenz von Φ(·, ·ε

)in L1(Ω). Diese wenden wir auf die

L∞(Ω)-Testfunktion ϕ(x) ≡ 1 an

ˆΩ

a(xε

) [∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

)]·[∇xu0(x) +∇yu1

(x,x

ε

)]1 dx

ε→0→ˆ

Ω

ˆY

a(y)[∇xu0(x) +∇yu1(x, y)] · [∇xu0(x) +∇yu1(x, y)] dy dx.

Insgesamt folgt also

limε→0

= 〈f, u0〉H−1,H10−ˆ

Ω

ˆY

a(y) [∇xu0(x) +∇yu1 (x, y)] · [∇xu0(x) +∇yu1(x, y)] dy dx

(3.5)= 0,

wobei wir in der letzten Zeile die Zweiskalengleichung (3.5) mit ϕ0 = u0 und ϕ1 = u1

(bzw. geglattete Versionen davon) verwendet haben. Damit folgt die Behauptung.

37

4 Homogenisierung in periodischperforierten Gebieten

Wir wollen im Folgenden ein Homogenisierungsresultat fur periodisch perforierte Gebieteherleiten. Dazu betrachten wir die folgende Situation:

Sei Y = [0, 1]n die Einheitszelle. Wir betrachten

• T ⊂ Y offen mit ∂T ∩ ∂Y = ∅. T ist der Perforationsanteil.

• Y ∗ := Y \ T . Y ∗ ist der Materialanteil BILD

• E∗ :=⋃k∈Zn(k + Y ∗). E∗ ist die periodische Fortsetzung des Materialanteils auf

ganz Rn und χ(·) die charakteristische Funktion von E∗, also χ(y) = 1 fur y ∈ E∗und χ(y) = 0 fur y ∈ Rn \ E∗.• Ω ⊂ Rn ein beschranktes Gebiet mit Lipschitzrand und

Ωε := εE∗ =x ∈ Ω |χ

(xε

)= 1

das periodisch perforierte Gebiet. BILD

Wir wollen das folgende elliptische Problem auf dem perforierten Gebiet Ωε losen:

−∇ ·(a( ·ε

)∇uε

)+ uε = f in Ωε,

uε = 0 auf ∂Ω ∩ ∂Ωε (Dirichlet),

a( ·ε

)∇uε · n = 0 auf ∂Ωε \ ∂Ω (Neumann).

(4.1)

Definition 4.1 (Schwache Losung des elliptischen Problems (4.1)). Sei a ∈ L∞] (Y ;Rn×n)global elliptisch mit Elliptizitatskonstante λ > 0 und f ∈ L2(Ω). Eine Funktion uε ∈H1(Ωε) heißt schwache Losung des Problems (4.1), falls

1) uε ∈ Vε := v ∈ H1(Ωε) | v = 0 auf ∂Ω ∩ ∂Ωε im Spursinne2) Es gilt

ˆΩε

a(xε

)∇uε(x) · ∇v(x) dx+

ˆΩε

uε(x)v(x) dx =

ˆΩε

f(x)v(x) dx (4.2)

fur alle v ∈ Vε.

Bemerkung 4.2.

i) Wahrend die Dirichlet-Bedingung im Losungsraum Vε kodiert ist, ist die Neumann-

38

Randbedingung in der schwachen Form (4.2) enthalten. Formal(!) gilt fur v ∈ Vε

−ˆ

Ωε

∇ ·(a( ·ε

)∇uε

)v

P.I.=

ˆΩε

a( ·ε

)∇uε · ∇v −

ˆ∂Ωε∩∂Ω

v[a( ·ε

)∇uε

]· n−

ˆ∂Ωε\∂Ω

v[a( ·ε

)∇uε

]· n

=

ˆΩε

a( ·ε

)∇uε · ∇v,

wobei das erste Randintegral wegen der Dirichlet-Bedingung fur v und das zweiteRandintegral wegen der Neumann-Bedingung fur uε verschwindet.

ii) Es existiert genau eine schwache Losung von (4.1).Beweis: Lax-Milgram im Raum H := Vε mit Bilinearform

B(u, v) :=

ˆΩε

a( ·ε

)∇u · ∇v +

ˆΩε

u v

.

iii) Durch Testen der Gleichung mit uε, also Einsetzen von uε in die schwache Formu-lierung (4.2), erhalten wir die Beschranktheit von uε in H1(Ωε),‖uε‖L2(Ωε) + ‖∇uε‖L2(Ωε;Rn) ≤ C fur eine ε-unabhangige Konstante C.

Wir wollen nun zum Grenzwert ε→ 0 ubergehen.

Warnung: Anders als im klassischen Homogenisierungsproblem aus Kapitel 2 konnenwir nicht zum schwachen Grenzwert ubergehen, da jedes uε auf einem anderen Gebiet Ωε

(abhangig von ε!) definiert ist.

• Dieses Problem wurde zuerst durch H1-Fortsetzungen von uε auf ganz Ω gelost.Wegen der Neumann-Randbedingung sind solche Fortsetzungen jedoch kompliziert(triviale Fortsetzung durch 0 nicht moglich, da das Result im Allgemeinen nicht inH1(Ω) liegt).

• Die Methode der Zweiskalenkonvergenz kommt ohne komplizierte Fortsetzungen aus,nur die triviale Fortsetzung durch 0 wird benotigt.

Notation: Fur Funktionen u : Ωε → R bezeichnen wir mit u : Ω → R die trivialeFortsetzung von u auf ganz Ω,

u(x) :=

u(x) x ∈ Ωε

0 x ∈ Ω \ Ωε.

Fur u ∈ H1(Ωε) gilt im Allgemeinen nicht u ∈ H1(Ω). Insbesondere ist ∇u nicht derschwache Gradient von u.

Theorem 4.3 (Homogenisierung in perforierten Gebieten). Seien Ω,Ωε und χ wie oben.Sei a ∈ L∞(Y ;Rn×n) global elliptisch und f ∈ L2(Ω). Weiterhin sei uε ∈ H1(Ωε) dieschwache Losung des elliptischen Problems

−∇ ·(a( ·ε

)∇uε

)+ uε = f in Ωε,

uε = 0 auf ∂Ω ∩ ∂Ωε (Dirichlet),

a( ·ε

)∇uε · n = 0 auf ∂Ωε \ ∂Ω (Neumann).

(4.3)

39

Dann gilt uε2s u(x)χ(y), wobei u ∈ H1

0 (Ω) das effektive Problem

−∇ · (A0∇u) + λu = λf in Ω

lost. Dabei ist λ :=´Yχ(y) dy = |Y ∗| der Volumenanteil des Materials in einer Periodi-

zitatszelle und der effektive Koeffizient A0 ∈ Rn×n ist gegeben durch

(A0)lk :=

ˆY ∗

[a(y)(ek +∇yχk(y))] · el dy. (4.4)

Die Korrektoren χk losen das Zellproblem

−∇y · (a(y)(∇yχk + ek)) = 0 in Y ∗

a(y)(∇yχk + ek) · n = 0 auf ∂Y ∗ \ ∂Y = ∂T

χk ist Y -periodisch

(4.5)

Definition (Schwache Losung des Zellproblems (4.5)). Eine Funktion χk heißt schwacheLosung des Zellproblems (4.5), falls

1) χk ∈ H1] (Y ∗), wobei der Raum H1

] (Y ∗) analog zu Definition 2.9 als

H1] (Y ∗) :=

Φ : E∗ → R | ∃ (fj)j∈N ⊂ C∞] (Y ∗) mit ‖Φ− fj‖H1(Y ∗) → 0

(4.6)

definiert ist. C∞] (Y ∗) bezeichnet den Raum aller C∞(E∗)-Funktionen, die Y -periodischsind.

2) Es gilt die schwache FormˆY ∗∇yϕ · a(y)∇yχk(y) dy = −

ˆY ∗∇yϕ(y) · a(y)ek dy fur alle ϕ ∈ H1

] (Y ∗).

Mit dem Satz von Lax-Milgram lassen sich Existenz und Eindeutigkeit mittelwertfreierschwacher Losungen des Zellproblems (4.5) nachweisen. Wir wollen nun Theorem 4.3beweisen.

Beweis von Theorem 4.3. Wir nehmen ohne Einschrankung an, dass a(·) glatt ist (sonst

muß ein Approximationsargument verwendet werden). Da ‖uε‖L2(Ω) +‖∇uε‖L2(Ω;Rn) ≤ C,existieren nach Satz 3.8 Zweiskalenlimiten u0 ∈ L2(Ω × Y ) und ξ0 ∈ L2(Ω × Y ;Rn) undeine Teilfolge (wieder als uε bezeichnet) mit

uε2s u0 und ∇uε 2s

ξ0.

Achtung: Wir konnen nicht Satz 3.10 zur Charakterisierung von ξ0 verwenden!

Schritt 1: Trager von u0, ξ0. Wir zeigen, dass u0(x, y), ξ0(x, y) = 0 fur fast alle x ∈ Ω

und y ∈ T . Tatsachlich gilt nach Konstruktion uε, ∇uε = 0 in Ω \ Ωε. Fur eine beliebigeZweiskalentestfunktion der Form ϕ(x, y) = Ψ(x)θ(y) mit Ψ ∈ C∞c (Ω) und θ ∈ C∞c (T )folgt daher

0 =

ˆΩ

uε(x)Ψ(x)θ(xε

)dx→

ˆΩ

ˆY

u0(x, y)Ψ(x)θ(y) dy dx =

ˆΩ

Ψ(x)

ˆT

u0(x, y)θ(y) dy dx,

40

wobei wir in der ersten Gleichheit verwendet haben, dass der Trager von θ( ·ε

)in Ω \ Ωε

liegt. Da Ψ beliebig war, folgt mit dem Fundamentallemma der Variationsrechnung´Tu0(x, y)θ(y) dy = 0 fur fast alle x ∈ Ω. Da θ ∈ C∞c (T ) beliebig war, folgt u0(x, y) = 0

fur fast alle x ∈ Ω und y ∈ T . Der Beweis fur ξ0 ist analog.

Schritt 2: Erste Charakterisierung von u0. Wir zeigen nun, dass u0(x, y) = u(x)χ(y)fur ein u ∈ L2(Ω). Dazu stellen wir zunachst fest, dass fur Zweiskalentestfunktionenϕ ∈ D(Ω;C∞] (Y ∗)) die oszillierende Funktion ϕ

(·, ·ε

)auf Ωε wohldefiniert ist und dass

ˆΩε

uε(x)ϕ(x,x

ε

)dx→

ˆΩ

ˆY ∗u0(x, y)ϕ(x, y) dy dx. (4.7)

Analog erhalten wir fur ϕ ∈ D(Ω;C∞] (Y ∗;Rn))ˆ

Ωε

∇uε(x) · ϕ(x,x

ε

)dx→

ˆΩ

ˆY ∗ξ0(x, y) · ϕ(x, y) dy dx. (4.8)

Wir betrachten nun Zweiskalentestfunktionen ϕ(x, y) := Ψ(x)θ(y) mit Ψ ∈ C∞c (Ω) undθ ∈ C∞c (Y ∗;Rn) und erhalten

0(4.8)= lim

ε→0ε

ˆΩε

∇uε(x) · θ(xε

)Ψ(x) dx

P.I.= − lim

ε→0

ˆΩε

uε(x)[(∇y · θ)

(xε

)Ψ(x) + ε∇xΨ(x) · θ

(xε

)]dx

(4.7)= −

ˆΩ

Ψ(x)

ˆY ∗u0(x, y)∇y · θ(y) dy dx

Bei der partiellen Integration entstehen keine Randintegrale, da θ(xε

)Ψ(x) = 0 auf ∂Ωε.

Da Ψ und θ beliebig waren, folgt ∇yu0(x, y) = 0 fur fast alle x ∈ Ω und y ∈ Y ∗. Somit giltu0(x, y) = u(x) fur y ∈ Y ∗ und ein u ∈ L2(Ω). Zusammen mit dem Resultat aus Schritt1 erhalten wir die gewunschte Charakterisierung, u0(x, y) = u(x)χ(y).

Schritt 3: Regularitat von u. Wir zeigen, dass u ∈ H10 (Ω). Dazu weisen wir nach, dass eine

Funktion U ∈ L2(Ω,Rn) existiert mit

−ˆ

Ω

u(x)∇ · θ(x) dx =

ˆΩ

U(x) · θ(x) dx ∀θ ∈ H1(Ω;Rn). (4.9)

Tatsachlich ist dann U der schwache Gradient von u und es gilt u ∈ H1(Ω). Die Null-randwerte sind erfullt, da die Testfunktionen in (4.9) beliebige Werte am Rand von Ωannehmen konnen.

Wir betrachten zunachst Zweiskalentestfunktionen ϕ ∈ D(Ω;C∞] (Y ∗;Rn)) mit der zusatz-lichen Eigenschaft, dass ∇y ·ϕ = 0 und ϕ ·n = 0 (Normalkomponente) auf ∂Y ∗ \∂Y . Wirerhalten ˆ

Ω

ˆY ∗ξ0(x, y) · ϕ(x, y) dy dx

(4.8)= lim

ε→0

ˆΩε

∇uε(x) · ϕ(x,x

ε

)dx

P.I.,∇y ·ϕ=0= − lim

ε→0

ˆΩε

uε(x)∇x · ϕ(x,x

ε

)dx

(4.7)= −

ˆΩ

ˆY ∗u0(x, y)∇x · ϕ(x, y) dy dx

=−ˆ

Ω

ˆY ∗u(x)∇x · ϕ(x, y) dy dx.

41

Die partielle Integration in der zweiten Zeile erzeugt keine Randintegrale, da uε = 0 auf∂Ωε ∩ ∂Ω und ϕ

(x, x

ε

)· n = 0 auf ∂Ωε \ ∂Ω. In der letzten Zeile haben wir ausgenutzt,

dass u0(x, y) = u(x) fur y ∈ Y ∗. Insgesamt erhalten wirˆΩ

ˆY ∗ξ0(x, y) · ϕ(x, y) dy dx = −

ˆΩ

u(x)∇x ·(ˆ

Y ∗ϕ(x, y) dy

)dx. (4.10)

Relation (4.9) folgt aus (4.10) und dem folgenden Lemma, das wir am Ende des Kapitelsbeweisen.

Lemma 4.4. Sei θ ∈ L2(Ω;Rn). Dann existiert ein ϕ ∈ L2(Ω;H1] (Y ∗;Rn)) mit

∇y · ϕ(x, y) = 0 fur y ∈ Y ∗

ϕ(x, y) · n = 0 fur y ∈ ∂Y ∗ \ ∂YˆY ∗ϕ(x, y) dy = θ(x)

und‖ϕ‖L2(Ω;H1

] (Y ∗;Rn)) ≤ C‖θ‖L2(Ω;Rn).

fur eine Konstante C > 0 (unabhangig von θ).

Tatsachlich lasst sich nach Lemma 4.4 jedes θ ∈ H1(Ω;Rn) schreiben als θ(x) =´Y ∗ϕ(x, y) dy

fur ein entsprechendes ϕ. Mit einem Dichtheitsargument gilt Relation (4.10) auch furFunktionen ϕ wie in Lemma 4.4 und somitˆ

Ω

ˆY ∗ξ0(x, y) · ϕ(x, y) dy dx = −

ˆΩ

u(x)∇x · θ(x) dx. (4.11)

Außerdem ist nach Lemma 4.4 die linke Seite von (4.11) eine stetige Linearform (alsFunktion von θ) im Raum L2(Ω;Rn), denn∣∣∣∣ˆ

Ω

ˆY ∗ξ0(x, y) · ϕ(x, y) dy dx

∣∣∣∣ ≤‖ξ0‖L2(Ω×Y ;Rn)‖ϕ‖L2(Ω×Y ;Rn)

Lemma 4.4

≤ C‖ξ0‖L2(Ω×Y ;Rn)‖θ‖L2(Ω;Rn).

Da sich der Dualraum von L2(Ω;Rn) mit L2(Ω;Rn)-Funktionen identifizieren lasst, folgtdie Existenz einer Funktion U ∈ L2(Ω;Rn) mitˆ

Ω

ˆY ∗ξ0(x, y) · ϕ(x, y) dy dx =

ˆΩ

U(x) · θ(x) dx

und damit die geforderte Relation (4.9).

Schritt 4: Erste Charakterisierung von ξ0. Wir zeigen, dass ξ0 = χ(y)[∇xu(x)+∇yu1(x, y)]fur ein u1 ∈ L2(Ω, H1

] (Y ∗)). Dazu betrachten wir Zweiskalentestfunktionen ϕ(x, y) :=Ψ(x)θ(y) mit Ψ ∈ D(Ω) und θ ∈ C∞] (Y ∗;Rn) mit der Eigenschaft, dass ∇y · θ = 0 undθ · n = 0 auf ∂Y ∗ \ ∂Y . Mit Formel (4.10) aus Schritt 3 erhalten wirˆ

Ω

ˆY ∗ξ0(x, y) · θ(y)Ψ(x) dy dx

(4.10)= −

ˆΩ

ˆY ∗u(x)∇xΨ(x) · θ(y) dy dx

P.I.= −

ˆΩ

ˆY ∗∇xu(x) · θ(y)Ψ(x) dy dx.

42

Bei der partiellen Integration haben wir ausgenutzt, dass u ∈ H10 (Ω). Es folgtˆ

Ω

ˆY ∗

[ξ0(x, y)−∇xu(x)] · θ(y)Ψ(x) dy dx = 0.

Fur fast alle x ∈ Ω steht somit ξ0(x, ·)−∇xu(x) senkrecht auf divergenzfreien Funktionenθ ∈ C∞] (Y ∗) mit θ·n = 0 auf ∂Y ∗\∂Y . Eine Variante der Weyl-Zerlegung mit periodischenFunktionen, vgl. Lemma 4.5 unten, liefert die Existenz einer Funktion u1(x, ·) ∈ H1

] (Y ∗)mit

ξ0(x, y) = χ(y)[∇u(x) +∇yu1(x, y)].

Wegen der L2-Integrierbarkeit von ∇u und ξ0 gilt auch u1 ∈ L2(Ω;H1] (Y ∗)), also die

Behauptung.

Schritt 5: Effektive Gleichung. Wir betrachten oszillierende Testfunktionen. Zu ϕ0 ∈ D(Ω)und ϕ1 ∈ D(Ω;C∞] (Y )) bilden wir

ϕε(x) := ϕ0(x) + εϕ1

(x,x

ε

)und verwenden ϕε als Testfunktion in der schwachen Form von (4.3):ˆ

Ωε

∇ϕε(x) · a(xε

)∇uε(x) dx+

ˆΩε

uε(x)ϕε(x) dx =

ˆΩε

f(x)ϕε(x) dx

Wir bilden nun den Grenzwert ε→ 0 in jedem Term einzeln.

limε→0

ˆΩε

f(x)ϕε(x) dx = limε→0

ˆΩε

f(x)[ϕ0(x) + εϕ1

(x,x

ε

)]dx

= limε→0

ˆΩ

f(x)ϕ0(x)1Ωε(x) dx = limε→0

ˆΩ

f(x)ϕ0(x)χ(xε

)dx

=

ˆΩ

f(x)ϕ0(x)

(ˆY

χ(y) dy

)dx|Y ∗|=λ

= λ

ˆΩ

f(x)ϕ0(x) dx

In der letzten Zeile haben wir verwendet, dass der schwache Grenzwert von χ( ·ε

)durch

den Mittelwert´Yχ(y) dy = |Y ∗| gegeben ist.

limε→0

ˆΩε

∇ϕε(x) · a(xε

)∇uε(x) dx

= limε→0

ˆΩε

[∇xϕ0(x) +∇yϕ1

(x,x

ε

)+ ε∇xϕ1

(x,x

ε

)]· a(xε

)∇uε(x) dx

limε→0

ˆΩε

[∇xϕ0(x) +∇yϕ1

(x,x

ε

)]· a(xε

)∇uε(x) dx

=

ˆΩ

ˆY ∗

[∇xϕ0(x) +∇yϕ1(x, y)] · a(y)[∇xu(x) +∇yu1(x, y)] dy dx,

wobei wir fur die letzte Gleichheit aT (y)[∇xϕ0(x) +∇yϕ1(x, y)] als Testfunktion fur dieZweiskalenkonvergenz von ∇uε verwendet haben (a(·) ist nach Voraussetzung glatt).

limε→0

ˆΩε

uε(x)ϕε(x) dx = limε→0

ˆΩε

uε(x)[ϕ0(x) + εϕ1

(x,x

ε

)]dx = lim

ε→0

ˆΩε

uε(x)ϕ0(x) dx

uε2sχ(y)u(x)

=

ˆΩ

ˆY ∗u(x)ϕ0(x) dy dx

|Y ∗|=λ= λ

ˆΩ

u(x)ϕ0(x) dx.

43

Insgesamt folgt also

λ

ˆΩ

f(x)ϕ0(x) dx

=

ˆΩ

ˆY ∗

[∇xϕ0(x) +∇yϕ1(x, y)] · a(y)[∇xu(x) +∇yu1(x, y)] dy dx+ λ

ˆΩ

u(x)ϕ0(x) dx.

(4.12)

Aus dieser Relationen konnen nun die Gleichungen fur u und u1 abgeleitet werden. Wirwahlen zunachst ϕ0 = 0 und ϕ1(x, y) = Ψ(x)θ(y) mit Ψ ∈ D(Ω) und θ ∈ C∞] (Y ). Danngilt nach (4.12)

0 =

ˆΩ

ˆY ∗∇yθ(y) · a(y)[∇xu(x) +∇yu1(x, y)]Ψ(x) dy dx.

Da Ψ ∈ D(Ω) beliebig war, folgt fur fast alle x ∈ Ω

0 =

ˆY ∗∇yθ(y) · a(y)[∇xu(x) +∇yu1(x, y)] dy.

Da θ ∈ C∞] (Y ) beliebig war und der obige Ausdruck linear in∇u(x) ist, lasst sich u1(x, ·) ∈H1] (Y ∗) als Linearkombination der Korrektoren χk aus (4.5) schreiben,

u1(x, y) =n∑k=1

∂xku(x)χk(y) + u1(x). (4.13)

Wie schon in (3.6) taucht die Funktion u1(x) auf, da die Elementarlosungen χk nur bis aufeine additive Konstante eindeutig bestimmt sind. Außerdem erfullt u1(x, ·) tatsachlich diegeforderte Neumann-Randbedingung auf ∂Y ∗ \ ∂Y , da die Testfunktion θ auf ∂Y ∗ \ ∂Ynicht verschwindet.Nun treffen wir die Wahl ϕ1 = 0 und setzen Charakterisierung (4.13) in Relation (4.12)ein,

λ

ˆΩ

f(x)ϕ0(x) dx

=

ˆΩ

ˆY ∗∇xϕ0(x) · a(y)

n∑k=1

∂xku(x)(ek +∇yχk(y)) dy dx+ λ

ˆΩ

u(x)ϕ0(x) dx

=

ˆΩ

∇xϕ0(x) · A0∇xu(x) dx+ λ

ˆΩ

u(x)ϕ0(x) dx.

In der letzen Zeile haben wir die Definition (4.4) des effektiven Koeffizienten A0 verwendet.Damit lost u wie gefordert die effektive Gleichung.

Wir beweisen nun Lemma 4.4.

Beweis von Lemma 4.4. Fur 1 ≤ i ≤ n betrachten wir das folgende Stokes-Problem:

∇pi −∆vi = ei in Y ∗,

∇y · vi = 0 in Y ∗,

vi = 0 auf ∂Y ∗ \ ∂Y.(4.14)

44

Dann hat (4.14) genau eine schwache Losung (pi, v1) ∈ L2(Y ∗)×H1] (Y ∗;Rn) mit

´Y ∗pi(y) dy =

0. Entscheidend dabei ist, dass die Menge E∗ :=⋃k∈Zn(k + Y ∗) nach Voraussetzung zu-

sammenhangend ist.Weiterhin sei A ∈ Rn×n definiert durch

Aij :=

ˆY ∗∇vi(y) · ∇vj(y) dy,

wobei ∇vi ·∇vj :=∑n

k=1 ∂ykvi · ∂ykvj =∑n

l=1∇(vj)l ·∇(vi)l. Dann ist A symmetrisch undpositiv definit, da fur 0 6= ξ ∈ Rn beliebig

n∑i,j=1

ξiξjAij =n∑

i,j=1

ˆY ∗ξi∇vi(y) · ξj∇vj(y) dy =

ˆY ∗

(n∑i=1

ξi∇vi(y)

(n∑j=1

ξj∇vj(y)

)dy > 0.

Insbesondere ist A invertierbar. Fur ein gegebenes θ ∈ L2(Ω;Rn) setzen wir

ϕ(x, y) :=n∑i=1

〈A−1θ(x), ei〉vi(y).

Dann hat ϕ die geforderten Eigenschaften, denn

1) ∇y · ϕ(x, y) =∑n

i=1〈A−1θ(x), ei〉∇y · vi(y) = 0 in Y ∗, da vi divergenzfrei ist.

2) ϕ(x, y) = 0 fur y ∈ ∂Y ∗ \ ∂Y , da vi = 0 fur y ∈ ∂Y ∗ \ ∂Y .

3) Durch Testen des Stokes-Problems (4.14) mit vj erhalten wir eine alternative Formelfur Aij,

Aij =

ˆY ∗∇vi(y) · ∇vj(y) =

ˆY ∗ei · vj(y) dy.

Fur den Mittelwert von ϕ uber y ergibt sich

ˆY ∗ϕ(x, y) dy =

n∑i=1

〈A−1θ(x), ei〉ˆY ∗vi(y) dy =

n∑i,j=1

〈A−1θ(x), ei〉(ˆ

Y ∗vi(y) · ej dy

)ej

=n∑

i,j,k=1

(A−1)ikθk(x)Ajiej =n∑k=1

θk(x)ek = θ(x)

und damit das gewunschte Resultat.

Zum Abschluss dieses Kapitels wollen wir die oben verwendete Variante der Weyl-Zerlegungmit periodischen Funktionen angeben und beweisen.

Lemma 4.5 (Weyl-Zerlegung mit periodischen Funktionen in perforierten Gebieten). SeiY ∗ ⊂ Y = [0, 1]n wie oben. Dann lasst sich jede Funktion u ∈ L2(Y ∗;Rn) zerlegen in einenGradienten und einen divergenzfreien Anteil, d.h. u = v + w mit

v = ∇Φ mit Φ ∈ H1] (Y ∗),

∇ · w = 0 in Y ∗ und w · n = 0 auf ∂Y ∗ \ ∂Y,

wobei n die außere auf ∂Y ∗ \ ∂Y bezeichnet.

45

Beweis. Sei also u ∈ L2(Y ∗;Rn) gegeben. Wir setzen v := ∇Φ, wobei Φ ∈ H1] (Y ∗) das

folgende Problem lost

ˆY ∗∇Φ(y) · ∇θ(y) dy =

ˆY ∗u(y) · ∇θ(y) dy fur alle θ ∈ H1

] (Y ∗). (4.15)

Der Satz von Lax-Milgram sichert Existenz und Eindeutigkeit einer mittelwertfreienLosung Φ ∈ H1

] (Y ∗). Inbesondere gilt ∇ · (∇Φ) = ∇ · u im Distributionssinne.Wir setzen w := u − ∇Φ und zeigen, dass dieses w die geforderten Eigenschaften hat.Tatsachlich gilt

∇ · w = ∇ · u−∇ · (∇Φ) = ∇ · u−∇ · u = 0.

Um zu zeigen, dass die Normalenkomponente von w auf ∂Y ∗ \ ∂Y verschwindet, weisenwir nach, dass

ˆ∂Y ∗\∂Y

w(y) · n(y)θ(y) dHn−1(y) = 0 fur alle θ ∈ C∞c (Y ).

Tatsachlich folgt mit dem Satz Gauß

ˆ∂Y ∗\∂Y

w(y) · n(y)θ(y) dHn−1(y) =

ˆY ∗∇ · (wθ)(y) dy

∇·w=0=

ˆY ∗w(y) · ∇θ(y) dy

w=u−∇Φ=

ˆY ∗u(y) · ∇θ(y) dy −

ˆY ∗∇Φ(y) · ∇θ(y) dy

(4.15)= 0,

wobei wir inder ersten Gleichheit verwendet haben, dass die Testfunktion θ auf ∂Y ver-schwindet.

46