AK-Studie: Nachhilfe 2012 - Arbeiterkammer · 2018-11-29 · tern von Kindern, die die Neue...

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Diese Studie wurde erstellt für die: AK-Wien, Abteilung Bildungspolitik Wien, im Mai 2012 Archivnummer: 21917045 AK-Studie: Nachhilfe 2012 Elternbefragung in Wien Studienbericht

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Diese Studie wurde erstellt für die: AK-Wien, Abteilung Bildungspolitik

Wien, im Mai 2012 Archivnummer: 21917045

AK-Studie:

Nachhilfe 2012

Elternbefragung in Wien

Studienbericht

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ................................................................................ 3

Daten zur Untersuchung ...................................................................... 4

Vorwort ................................................................................................ 5

I. Hauptergebnisse in Kurzform............................................................ 6

II. Die Ergebnisse im Einzelnen ............................................................ 9

1. Externe Nachmittagsbetreuung........................................................ 9

2. Hilfe beim Lernen und Aufgaben machen...................................... 11

3. Nachhilfe ........................................................................................ 15

3.1. Benötigte externe Nachhilfe .................................................... 15

3.2. Nachhilfefächer ....................................................................... 17

3.3. Wer gibt die Nachhilfe?............................................................ 19

3.4. Wie oft ist die externe Nachhilfe nötig?................................... 21

3.5. Gründe für die externe Nachhilfe ............................................ 23

3.6. Wurde das Ziel der Nachhilfe erreicht? .................................... 24

3.7. Keine externe Nachhilfe, obwohl sie nötig wäre...................... 25

3.8. Kosten für die Nachhilfe .......................................................... 27

4. Finanzielle Belastung durch die Nachhilfe ..................................... 30

5. Maßnahmen zur Reduzierung der Nachhilfe ................................. 33

6. Wie realistisch ist eine Schule ohne externen Nachhilfebedarf?.... 36

7. Fazit ................................................................................................ 37

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Daten zur Untersuchung

Themen: • Nachhilfe im laufenden Schuljahr • Nachhilfe im letzten Sommer • Gründe für die Nachhilfe • Kosten der Nachhilfe • Maßnahmen zur Reduzierung der

Nachhilfe

Auftraggeber: Kammer für Arbeiter und Angestellte inWien; Abteilung Bildungspolitik

Grundgesamtheit: Haushalte mit Schulkind/ern (ausge-nommen Berufsschule)

Erhebungsgebiet: Wien und Österreich

Stichprobenumfang: 400 Haushalte in Wien 2.851 Haushalte bundesweit

Gewichtung: Aufhebung der regionalen Disproportio-nalität; damit für Wien repräsentativ

Zielpersonenauswahl: Zufallsauswahl nach Telefonscreening

Art der Befragung: Telefonische Erhebung (CATI)

Befragungszeitraum: April 2012

Projektleiter: Dr. Gert Feistritzer

Projektassistentin: Mag. Christine Schuster Mag. Teresa Schaup

Auswertung: Anna Sophie Schiff

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Vorwort

Das IFES führte im Auftrag der AK Wien (Abteilung Bildungspolitik) im April 2012 eine bundesweit repräsentative Befragung bei Eltern von Schulkindern zum Thema „Nachhilfe“ durch. Die Erhebung erfolgte in Form von Telefoninterviews. Bundesweit wurden inklusive aller Bundesländer-Aufstockungen 2.851 Eltern befragt (betrifft: 4.933 Schulkinder). Auf Wien entfallen 400 Eltern bzw. 620 Schulkinder.

Im Zuge der Auswertung erfolgte eine regionale Gewichtung der Er-

gebnisse, so dass diese wieder für ganz Österreich repräsentativ sind. Einbezogen wurden alle Schulformen mit Ausnahme der Berufsschu-len. Bei der Erhebung wurden Eltern mit Kindern, die die Neue Mittel-schule besuchen, etwas überrepräsentiert, um auch über diese Schul-form Aussagen treffen zu können (in Wien wurden 60 Haushalte mit einem NMS-Schulkind befragt; das ist eine Anteil von 15 %). Diese Überquotierung wurde bei der Auswertung durch eine entsprechende Gewichtung ebenfalls wieder aufgehoben, um die Repräsentativität der Gesamtergebnisse zu gewährleisten.

Sinn und Zweck dieser Studie war es so wie bei den Vorgängerstu-

dien, aktualisierte empirische Grundlagendaten zur Nachhilfe-Thema-tik zu beschaffen, die das Ausmaß der Problematik und der jährlichen Gesamtkosten für die Eltern aufzeigen, um daraus mögliche Maßnah-men zur nachhaltigen Verringerung der Belastungen abzuleiten.

Der vorliegende Band enthält die Hauptergebnisse für Wien im Zeit-verlauf sowie die bundesweiten Vergleichsergebnisse in Form eines grafisch aufbereiteten Berichtes.

Wien, im Mai 2012 Institut für empirische Sozialforschung

Dr. Gert Feistritzer

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I. Hauptergebnisse in Kurzform

• Ein Drittel der Wiener Eltern von Schulkindern hat für ihr Kind eine externe Nachmittagsbetreuung. Dieser Anteil liegt deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt (21 %).

• Drei Viertel der Wiener Eltern lernen zumindest gelegentlich mit ih-ren Kindern und kontrollieren die Hausaufgaben. 26 Prozent sind damit so gut wie täglich beschäftigt; ebenso viele kümmern sich darum zumindest mehrmals in der Woche.

• 31 Prozent der befragten Eltern haben für zumindest eines ihrer Kin-der im Lauf des letzten Jahres eine externe Nachhilfe engagiert. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eine bezahlte Nachhilfe (24 %). An der Verbreitung der Nachhilfe hat sich gegenüber dem letzten Jahr zwar in Summe nichts verändert; zurückgegangen ist aber der Anteil der bezahlten Nachhilfe (um 4 Prozentpunkte).

• Nach wie vor gilt: Außerschulische Nachhilfe ist weitgehend unab-hängig davon, wie viel Zeit die Eltern in die Beaufsichtigung der Aufgaben und des Lernens investieren (können). Bei jenen Kindern, die eine Nachhilfe während des gesamten Schuljahres benötigen, ist das Engagement der Eltern sogar besonders hoch.

• Das Erfordernis einer privaten Nachhilfe ist somit nicht etwa Folge einer schulischen Vernachlässigung der Kinder durch die Eltern, sondern resultiert vor allem daraus, dass der Lehrstoff in der Schule nicht nachhaltig bewältigt und vertieft wird.

• Nachhilfe ist fast ausschließlich in den ‚Hauptgegenständen’ Ma-thematik, Fremdsprachen und Deutsch nötig.

• Nachhilfe wird vor allem vor Schularbeiten und Tests nachgefragt (53 %). Unverändert hoch ist aber auch der Anteil derer, die für ihr Kind eine Nachhilfe während des ganzen Schuljahres bezahlen (46 %). Diese Prozentwerte basieren auf der Gruppe der Haushalte, die für ihre Kinder eine externe Nachhilfe benötigen.

• Die beiden Hauptgründe für die Nachhilfe sind: Eine Note zu ver-bessern (38 %) und eine Nachprüfung bzw. eine negative Note im Zeugnis zu verhindern (35 %). Wien liegt hier im bundesweiten Schnitt.

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• Die bezahlte Nachhilfe erteilten in Wien zu überdurchschnittlichen Anteilen Nachhilfe-Institute (zu 38 %). Jeweils drei von zehn Hau-halten engagieren dafür Lehrkräfte oder Studierende. Gegenüber dem letzten Jahr ist in Wien die Nachhilfe durch Lehrer/innen et-was zurückgegangen (Verschiebung in Richtung Nachhilfe-Institut).

• Nach wie vor profitieren auch in Wien viele Lehrerinnen und Lehrer vom privat finanzierten Unterstützungssystem.

• Die Nachhilfe hat im Regelfall auch den gewünschten Erfolg. In 83 Prozent der Fälle wurde damit das angestrebte Ziel tatsächlich er-reicht. Bei 8 Prozent traf dies nicht zu. Weitere 12 Prozent sagten, dass sich Erfolg oder Misserfolg erst bis zum Ende des Schuljahres herausstellen wird (hier gibt es bei mehr als einem Kind im Haus-halt Mehrfachnennungen).

• Die durchschnittliche Gesamtbelastung für Nachhilfe beläuft sich für die davon betroffenen Haushalte in Wien auf rund 870 Euro pro Jahr (Mittelwert). Bundesweit bezahlen die betroffenen Haushalte für Nachhilfe mit im Schnitt 670 Euro deutlich weniger. Im Vorjahr lag der mittlere Betrag in Wien mit rund 1.000 Euro noch deutlich über dem aktuellen Wert.

• Differenziert nach den Schulformen zeigt sich bundesweit, dass El-tern von Kindern, die die Neue Mittelschule besuchen, deutlich we-niger für Nachhilfe ausgeben, als dies bei Eltern von Kindern in der AHS-Unterstufe der Fall ist (564 Euro versus 788 Euro bei den von Nachhilfe betroffenen Haushalten). Dies trifft tendenziell auch auf Wien zu (für eine exakte Bezifferung sind hier aber die Fallzahlen zu gering).

• Hochgerechnet gaben die Eltern in Österreich in diesem Schuljahr und im Sommer davor rund 107 Millionen Euro für die Nachhilfe aus. Im Jahr zuvor waren es rund 127 Millionen. Die Gesamtausga-ben der Eltern für Nachhilfe haben sich somit um ein Fünftel redu-ziert.

• In Wien ist sind die Gesamtausgaben für Nachhilfe gegenüber dem Vorjahr ebenfalls signifikant zurückgegangen. Sie belaufen sich auf rund 33 Millionen Euro und machen damit fast ein Drittel der öster-reichweiten Nachhilfekosten aus. Im Vorjahr lagen die Gesamtaus-gaben noch bei rund 41 Millionen.

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• Dieser deutliche Rückgang der Nachhilfekosten ist durch die Neue Mittelschule alleine natürlich nicht zu erklären. Er resultiert vor al-lem daraus, dass die Eltern angesichts der zunehmend angespann-ten finanziellen Haushaltslage auch bei der Nachhilfe sparen müs-sen. Der Gesamtanteil derer, die eine bezahlte Nachhilfe engagieren, ist zwar gleich geblieben – offenkundig wurden die Nachhilfekräfte aber für weniger Stunden als in den Vorjahren engagiert. Stark ver-ringert hat sich zudem sowohl in Wien als auch bundesweit die An-zahl der Eltern, die in den letzten Sommerferien für ihre Kinder eine Nachhilfe bezahlt oder ihnen Sprachferien oder Lerncamps finan-ziert haben.

• Fast die Hälfte (45 %) der befragten Wiener Eltern, die für ihr Kind eine bezahlte Nachhilfe engagieren, sind dadurch finanziell stark bzw. spürbar belastet. Weitere 29 Prozent empfinden die Nachhilfe-kosten als eine zumindest gewisse Belastung. Die finanzielle Lage vieler Haushalte ist infolge der starken Preisanstiege vor allem bei Gütern des täglichen Bedarfs und bei Energieprodukten bereits oh-ne Nachhilfeausgaben sehr angespannt – eine bezahlte Nachhilfe können sich insbesondere die unteren und mittleren Einkommens-bezieher somit zunehmend nicht mehr leisten. Dass dies negative Effekte auf die Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit hat, liegt auf der Hand.

• Bei den Eltern besteht unverändert ein breiter Konsens darüber, dass es nötig wäre, im Bereich der privaten Nachhilfe gegenzusteuern. Ein Eindämmen derselben verspricht man sich vor allem durch den Ausbau der schulischen Nachmittagsbetreuung bzw. der Ganztags-schulen mit individueller Förderung sowie generell durch noch mehr Förderunterricht an unseren Schulen. Man wünscht sich ins-besondere, dass der Unterricht so gestaltet wird (auch durch Arbeit in Kleingruppen), dass die Kinder den Lehrstoff auch wirklich ver-stehen.

• Mehr als die Hälfte der Wiener Eltern (57 %) halten es bei entspre-chendem Engagement aller Beteiligten für machbar, dass durch eine umfassende Weiterführung der Reformen letztlich eine Schule ent-steht, bei der die Eltern möglichst gar keine Nachhilfe für ihre Kin-der mehr zahlen müssen. Auch am Erreichen dieses Ziels wäre der Erfolg von Schulreformen zu evaluieren.

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II. Die Ergebnisse im Einzelnen

1. Externe Nachmittagsbetreuung

Ein Drittel der befragten Haushalte in Wien hat für ihr Schulkind bzw. für zumindest eines ihrer Schulkinder eine externe Nachmittagsbe-treuung.

Wie sich aus der folgenden Vergleichsgrafik ersehen lässt, ist der An-

teil der Wiener Haushalte mit einer externen Nachmittagsbetreuung ihrer Schulkinder deutlich höher als in den anderen Bundesländern bzw. im bundesweiten Schnitt. Dies trifft auch auf die anderen Varian-ten der Nachmittagsbetreuung zu.

Österreich gesamt - WienFrage: Hat Ihr Kind/Haben Ihre Kinder eine externe Nachmittagsbetreuung? (in Prozent)

21

8

7

4

4

79

32

11

14

7

2

68

0 20 40 60 80 100

ja, gesamt

schulischeNachmittagsbetreuung

Hortbetreuung

Ganztagsschule

anderes

nein

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Im Vergleich zu den Vorjahren ist die ausgewiesene Quote der ex-ternen Nachmittagsbetreuungen in Summe annähernd gleich geblie-ben.

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Hat Ihr Kind/Haben Ihre Kinder eine externe Nachmittagsbetreuung? (in Prozent)

32

11

14

7

2

68

33

14

10

8

2

67

32

15

13

4

2

68

0 20 40 60 80 100

ja, gesamt

schulischeNachmittagsbetreuung

Hortbetreuung

Ganztagsschule

anderes

nein

2012 2011 2010

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2. Hilfe beim Lernen und Aufgaben machen

Die Frage, ob bzw. wie oft man den eigenen Kindern beim Lernen und bei den Hausaufgaben helfen muss, wurde für alle Schulkinder innerhalb der einbezogenen Haushalte gestellt.

Drei Viertel der Wiener Eltern bestätigten, dass dies bei ihren Kin-

dern zumindest gelegentlich der Fall ist. 26 Prozent der Befragten gaben an, dass sie so gut wie täglich mit

den Kindern lernen oder bei den Aufgaben helfen. Ebenso viele sagten, damit zwei oder drei Mal in der Woche beschäftigt zu sein. Insgesamt sind es also rund die Hälfte der Eltern, die sich darum zumindest bei einem ihrer Kinder relativ intensiv und regelmäßig kümmern (müs-sen).

Die folgende Grafik bildet die entsprechenden Nennungsanteile für Österreich insgesamt und für Wien ab. Dabei zeigt sich, dass die Wie-ner Eltern in Bezug auf ihre Lernhilfen leicht unter dem bundesweiten Gesamtschnitt liegen.

Bei den ausgewiesenen Prozentangaben ist zu berücksichtigen, dass

es hier zum Teil Mehrfachnennungen gibt (mit dem einen Kind lernt man z.B. täglich, mit dem zweiten zwei bis drei Mal pro Woche inner-halb desselben Haushaltes).

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Österreich gesamt - WienFrage: Wie oft müssen Sie bzw. andere Erwachsene in Ihrem Haushalt mit Ihrem Kind/Ihren Kindern lernen bzw. die Aufgaben beaufsichtigen? (in Prozent)

77

32

25

17

20

23

75

26

25

17

18

25

0 20 40 60 80 100

gesamt

so gut wie täglich

2-3 Mal pro Woche

mind. 1 Mal proWoche

seltener

nein

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Die folgende Grafik illustriert die Unterstützungsaktivitäten der Wiener Eltern im Zeitverlauf. Gegenüber dem Jahr zuvor hat sich die Häufigkeit derselben leicht verringert – ein Trend lässt sich daraus aber noch nicht ablesen.

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Wie oft müssen Sie bzw. andere Erwachsene in Ihrem Haushalt mit Ihrem Kind/Ihren Kindern lernen bzw. die Aufgaben beaufsichtigen? (in Prozent)

75

26

25

17

18

25

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31

28

17

17

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75

29

24

19

15

25

0 20 40 60 80 100

gesamt

so gut wie täglich

2-3 Mal pro Woche

mind. 1 Mal proWoche

seltener

nein

2012 2011 2010

Die Häufigkeit der Beschäftigung der Eltern mit den schulischen Be-

langen der Kinder ist weitgehend unabhängig davon, ob die Kinder eine externe bzw. bezahlte Nachhilfe bekommen oder nicht. Den Kin-dern, die eine Nachhilfe erhalten, nehmen sich deren Eltern also zu-mindest gleichermaßen an wie jene Eltern, die ohne bezahlte Nachhil-fe auskommen. Nachhilfe ist im Regelfall also nicht deshalb nötig, weil sich die eigenen Eltern nicht ausreichend um die schulischen Aufgaben ihrer Kinder kümmern (können), sei es aus einem Zeitman-gel oder aus einer fachlichen Überforderung heraus. Mit Kindern, für die während des ganzen Jahres über eine Nachhilfe nötig ist, lernen auch die Eltern in einem überdurchschnittlichem Maße (zumindest 2 bis 3 Mal in der Woche: so wie im Vorjahr 70 %).

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Eine externe Nachhilfe ist somit nicht die Folge davon, dass die El-tern mit ihren Kindern zu wenig üben und lernen; vielmehr wird dar-auf zurückgegriffen, weil sich viele Schülerinnen und Schüler den Lehrstoff während des Unterrichts nicht anzueignen vermögen bzw. diesen schon in der Schule durch Üben so vertiefen, dass eine private Lernhilfe weitgehend überflüssig wird.

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3. Nachhilfe

3.1. Benötigte externe Nachhilfe

31 Prozent der Wiener Eltern gaben an, dass zumindest eines ihrer Kinder im laufenden Schuljahr oder in den letzten Sommerferien eine externe Nachhilfe benötigt hat. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eine bezahlte Nachhilfe (24 %).

Wien liegt in Bezug auf eine Nachhilfe der Kinder somit nach wie vor etwas über dem Bundesdurchschnitt. Dies ist auch darin begrün-det, dass in Wien ein deutlich höherer Anteil an Schulkindern im Gymnasium ist, als dies in den anderen Bundesländern der Fall ist.

Österreich gesamt - WienFrage: Wenn Sie an das ganze laufende Schuljahr und an den letzten Sommer denken – hat Ihr Kind oder eines Ihrer Kinder einmal eine Nachhilfe durch andere Personen erhalten bzw. erhält es derzeit Nachhilfe? (in Prozent)

27

20

8

73

31

24

8

69

0 20 40 60 80 100

Nachhilfe gesamt

bezahlte Nachhilfe

unbezahlteNachhilfe

keine Nachhilfe

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich in Wien der Anteil an bezahl-ter Nachhilfe um 4 Prozentpunkte verringert.

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Wenn Sie an das ganze laufende Schuljahr und an den letzten Sommer denken – hat Ihr Kind oder eines Ihrer Kinder einmal eine Nachhilfe durch andere Personen erhalten bzw. erhält es derzeit Nachhilfe? (in Prozent)

24

8

69

32

28

5

68

32

26

8

68

31

0 20 40 60 80 100

Nachhilfe gesamt

bezahlte Nachhilfe

unbezahlteNachhilfe

keine Nachhilfe

2012 2011 2010

Auf Basis der Schulkinder haben in Wien 25 Prozent innerhalb des

letzten Jahres eine externe Nachhilfe eingesetzt. Knapp jedes fünfte Kind hat eine bezahlte Nachhilfe bekommen (19 %).

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3.2. Nachhilfefächer

Diesmal wurde zusätzlich erhoben, in welchen Fächern die Kinder im laufenden Schuljahr oder in den vorangegangenen Sommerferien eine Nachhilfe benötigt haben.

Die mit Abstand höchten Nennungsanteile entfallen dabei auf Mat-

hematik (55 %) und auf Fremdsprechen (51 %). Mit schon deutlichem Abstand folgt das Unterrichtsfach ‚Deutsch’ (20 %). Andere Fächer spielen von der Verbreitung her eine nur untergeordnete Rolle. Dies-bezüglich liegt Wien zumindest tendenziell im bundesweiten Schnitt.

Österreich gesamt - WienFrage: Und in welchen Fächern? (Basis: Haushalte mit bezahlter/unbezahlter Nachhilfe, Österreich: n=775, Wien: n= 122; in Prozent)

57

46

20

4

2

5

55

51

20

3

3

7

0 20 40 60 80 100

Mathematik

andere Sprache

Deutsch

kaufmännischesFach

technisches Fach

anderes Fach

Österreich Wien

Jene, die das eine oder andere Nachhilfefach angaben, wurden ge-fragt, ob sie für ihr Kind bzw. ihre Kinder auch in anderen Fächern eine Nachhilfe benötigt hätten. Diese Frage bejahten in Wien 23 Pro-zent der Eltern, wobei sich auch hier der Bedarf auf die Fächer Mathe-matik, Fremdsprachen und Deutsch fokussiert. Auch dieses Ergebnis deckt sich weitgehend mit der bundesweiten Verteilung.

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Österreich gesamt - WienFrage: Hätten Sie für Ihr Kind auch in anderen Fächern eine Nachhilfe benötigt? Falls ja, in welchen Fächern? (Basis: Haushalte mit bezahlter/unbezahlter Nachhilfe, Österreich: n=775, Wien: n= 122; in Prozent)

22

8

7

5

1

1

4

78

27

9

12

4

2

2

3

73

0 20 40 60 80 100

ja, gesamt

andere Sprache

Mathematik

Deutsch

technisches Fach

kaufmännischesFach

anderes Fach

in keinem Fach

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

3.3. Wer gibt die Nachhilfe?

Für die bezahlte Nachhilfe wurde in Wien von 38 Prozent der betrof-fenen Haushalte ein Nachhilfe-Institut eingesetzt. Drei von zehn El-tern engagierten für die Nachhilfe eine Lehrkraft; ebenso viele eine Studentin bzw. einen Studenten. In Wien wendet man sich bei der Nachhilfe in überdurchschnittlichem Ausmaß an ein Nachhilfe-Insti-tut und an Studierende - dafür gibt es in der Bundeshauptstadt natür-lich auch ein viel höheres Angebot.

Österreich gesamt - WienFrage: Wer hat die bezahlte Nachhilfe gegeben? (Basis: Haushalte mit bezahlter Nachhilfe, Österreich: n=574, Wien: n=97; in Prozent)

33

32

23

4

19

38

30

29

3

14

0 20 40 60 80 100

Nachhilfe-Institut

Lehrer/in

Student/in

Mitschüler/in

andere Person

Österreich Wien

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In Wien bildet sich bei der Frage, wer für die bezahlte Nachhilfe en-gagiert wird, kein klarer Trend ab. Gegenüber zuletzt entfallen wieder mehr Nennungsanteile auf die Nachhilfe-Institute, während bei den Lehrkräften ein leichter Rückgang ausgewiesen ist. Nur die bezahlte Nachhilfe durch (Mit-)Schüler/innen ist klar rückläufig.

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Wer hat die bezahlte Nachhilfe gegeben? (Basis: Haushalte mit bezahlter Nachhilfe, in Prozent)

38

30

29

3

14

34

33

32

10

6

40

19

26

21

6

0 20 40 60 80 100

Nachhilfe-Institut

Lehrer/in

Student/in

Mitschüler/in

andere Person

Reihe1 Reihe2 Reihe3

21

21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

3.4. Wie oft ist die externe Nachhilfe nötig?

In mehr als der Hälfte der Fälle einer externen Nachhilfe wurde die-se sowohl bundesweit als auch in Wien vor Schularbeiten oder Tests benötigt.

Überaus hoch ist mit 46 Prozent aber nach wie vor auch der Anteil

der Haushalte mit Schulkindern, die eine Nachhilfe regelmäßig wäh-rend des ganzen Jahres brauchen.

Die folgende Grafik bildet die entsprechenden Nennungsanteile in Wien und im Bundesdurchschnitt ab:

Österreich gesamt - WienFrage: Wie oft bzw. wann war die bezahlte/unbezahlte Nachhilfe nötig? (Basis: Haushalte mit bezahlter/unbezahlter Nachhilfe, Österreich: n=775, Wien: n= 122; in Prozent)

57

41

5

5

4

3

53

46

3

4

3

3

0 20 40 60 80 100

vor Schularbeiten oderTests

regelmäßig während d.Schuljahres

vorEntscheidungsprüfungen

in den Ferien, ohneNachprüfung

vor Nachprüfungen inden Ferien

anderes

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Gegenüber dem Vorjahr hat sich in Wien in diesem Bereich insge-samt gesehen nicht allzu viel verändert. Rückläufig ist die Nachhilfe vor Entscheidungsprüfungen (bzw. vermutlich diese selbst).

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Wie oft bzw. wann war die bezahlte/unbezahlte Nachhilfe nötig? (Basis: Haushalte mit bezahlter/unbezahlter Nachhilfe; in Prozent)

53

46

3

4

3

3

56

44

6

5

6

2

52

44

10

5

7

2

0 20 40 60 80 100

vor Schularbeiten oderTests

regelmäßig während d.Schuljahres

vorEntscheidungsprüfungen

in den Ferien, ohneNachprüfung

vor Nachprüfungen inden Ferien

anderes

2012 2011 2010

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

3.5. Gründe für die externe Nachhilfe

Knapp vier von zehn Wiener Eltern, die für ihr Kind eine externe Nachhilfe engagiert haben, wollten diesem damit helfen, die eine oder andere Note zu verbessern. Bei gut einem Drittel war der Hauptgrund für die Nachhilfe, eine Nachprüfung bzw. eine negative Note im Zeug-nis zu vermeiden. Dazu gibt es keine Vergleichsergebnisse, da die Ant-wortvorgaben diesmal etwas verändert wurden.

Dazu wieder die Gegenüberstellung der annähernd gleichförmigen Nennungsanteile in Wien mit den bundesweiten Ergebnissen:

Österreich gesamt - WienFrage: Und warum hat das Kind Nachhilfe gebraucht? (Basis: Haushalte mit bezahlter/unbezahlter Nachhilfe, Österreich: n=775, Wien: n= 122; in Prozent)

41

33

3

35

38

35

3

33

0 20 40 60 80 100

Um eine Note zuverbessern

Um eineNachprüfung bzw.eine negative Note

im Zeugnis zuverhindern

um die Aufnahmein die

AHS/BMS/BHS zuermöglichen

andere Gründe

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

3.6. Wurde das Ziel der Nachhilfe erreicht?

Im Rahmen der diesjährigen Studie wurden die Eltern erstmals auch gefragt, ob die Nachhilfe den gewünschten Erfolg gehabt hat. In den meisten Fällen wird damit das angestrebte Ziel tatsächlich erreicht. 83 Prozent der befragten Wiener Eltern, die für ihr Kind eine Nachhilfe engagiert haben, bestätigten, dass diese hilfreich gewesen ist. In 8 Pro-zent der Fälle traf dies nicht zu. Weitere 12 Prozent sagten, dass sich das erst bis zum Ende des Schuljahres herausstellen wird (hier gibt es bei mehreren Kindern im Haushalt Mehrfachnennungen). Auch diese Verteilung liegt in etwa im Bundesschnitt.

Österreich gesamt - WienFrage: Und ist dieses Ziel mit der Nachhilfe erreicht worden? (Basis: Haushalte mit bezahlter/unbezahlter Nachhilfe, Österreich: n=775, Wien: n= 122; in Prozent)

80

10

14

83

8

12

0 20 40 60 80 100

ja

nein

weiß noch nicht,steht noch nicht

fest

Österreich Wien

Etwas unter dem Schnitt ist die Erfolgsquote auch in Wien bei je-

nen, die während des ganzen Jahres eine Nachhilfe bekommen (Ziel erreicht: 76 %), leicht darüber bei den Schülerinnen und Schülern, die vor Prüfungen oder Tests Nachhilfe erhalten (87 %).

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3.7. Keine externe Nachhilfe, obwohl sie nötig wäre

So wie im Vorjahr gaben 6 Prozent der Wiener Eltern von Schulkin-dern an, dass sie für ihr Kind im letzten Jahr zwar keine externe Nach-hilfe engagiert haben, sie eine solche aber benötigt bzw. gerne gehabt hätten. Der Großteil davon betraf das laufende Schuljahr selbst; nur vereinzelt war dies in den letzten Sommerferien der Fall.

Diesbezüglich liegt Wien leicht unter dem Bundesdurchschnitt:

Österreich gesamt - WienFrage: Hätten Sie für Ihr Kind/Ihre Kinder in diesem Schuljahr oder im Sommer zuvor gerne eine bezahlte Nachhilfe gehabt? (Basis: Haushalte mit keiner/unbezahlter Nachhilfe, Österreich: n=2.558, Wien: n=344; in Prozent)

8

7

2

92

6

5

2

94

0 20 40 60 80 100

ja, gesamt

während desSchuljahres

in den letztenSommerferien

nein

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich hier in Wien nur wenig ver-ändert.

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Hätten Sie für Ihr Kind/Ihre Kinder in diesem Schuljahr oder im Sommer zuvor gerne eine bezahlte Nachhilfe gehabt? (Basis: Haushalte mit keiner/unbezahlter Nachhilfe; in Prozent)

6

5

2

94

6

6

1

94

8

5

3

92

0 20 40 60 80 100

ja, gesamt

während desSchuljahres

in den letztenSommerferien

nein

2012 2011 2010

Von den Eltern, die gerne eine Nachhilfe für ihr Kind gehabt hätten,

gaben zwei Drittel an, dass sie sich eine solche nicht leisten konnten. Österreichweit bestätigten dies nur vier von zehn Befragten.

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3.8. Kosten für die Nachhilfe

Die Wiener Eltern, die für ihre Kinder im laufenden Schuljahr Nach-hilfeausgaben hatten, gaben dafür bis jetzt im Schnitt 713 Euro aus (Mittelwert). Im Vorjahr lag der mittlere Betrag mit 734 Euro leicht da-rüber.

Jene, die im letzten Sommer eine bezahlte Nachhilfe engagierten,

zahlten dafür in Wien im Mittel 590 Euro. Dieser Durchschnittsbetrag deckt sich weitgehend mit jenem des Vorjahres.

Die durchschnittlichen Gesamtkosten für externe Nachhilfe im laufenden Schuljahr und im Sommer zuvor beliefen sich bei den be-troffenen Haushalten in diesem Jahr auf rund 870 Euro. Im Vorjahr lag der Betrag noch bei rund 1.000 Euro. Dieser Rückgang erklärt sich vor allem daraus, dass der Anteil derer, die in im letzten Sommer für Nachhilfe bezahlt haben, deutlich zurückgegangen ist.

Bei einem Teil der Haushalte muss für mehr als ein Kind eine Nach-hilfe bezahlt werden. Pro Kind sind die Nachhilfekosten somit etwas geringer. Sie machen im Schnitt 780 Euro aus.

Die mittleren Ausgaben der Wiener Eltern, die Nachhilfekosten ha-

ben, liegen auch heuer wieder deutlich über dem Bundesdurchschnitt. In so gut wie allen Bundesländern bildet sich ein Rückgang der Nach-hilfekosten ab.

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Frage: Wie viel Euro geben Sie insgesamt durchschnittlich für Nachhilfe aus? (Basis: Haus-halte mit bezahlter Nachhilfe, n=574) Mittelwerte in Euro*

Basis: Haushalte Basis: Kinder

2010 2011 2012 2010 2011 2012

GESAMT 764 775 670 694 678 606 BUNDESLAND Wien 1.010 1.004 869 911 866 780 Niederösterreich 718 712 662 617 611 599 Steiermark 642 691 637 610 630 596 Kärnten 706 706 648 669 635 570 Oberösterreich 598 692 565 564 615 502 Salzburg 608 665 503 577 566 483 Tirol 727 654 557 676 584 490 Vorarlberg 868 718 735 742 637 647

* Das Burgenland ist nicht separat ausgewiesen, da die Fallzahlen zu gering sind. Rechnet man die durchschnittlichen Kosten (Mittelwert: 670 Euro)

auf die Gesamtzahl der Eltern in Österreich hoch, die innerhalb des letzten Jahres für eine externe Nachhilfe Geld ausgeben mussten (ca. 20 % der Haushalte mit einem Schulkind, das sind rund 160.000 Haus-halte), ergeben sich jährliche bundesweite Gesamtausgaben für die Nachhilfe in der Höhe von rund 107 Millionen Euro pro Jahr. Im Jahr zuvor waren es noch rund 127 Millionen Euro - dies bedeutet ei-nen Rückgang der Kosten um rund ein Fünftel.

In Wien zahlten die Eltern innerhalb des letzten Jahres (also im lau-fenden Schuljahr und im Sommer zuvor) ca. 33 Millionen Euro für Nachhilfe. Im Vorjahr war der entsprechende Gesamtbetrag noch deutlich höher (ca. 41 Millionen).

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Nachhilfekosten Gesamt in Millionen Euro 2010 2011 2012 GESAMT 126 127 107 BUNDESLAND Wien 40 41 33 Niederösterreich 24 24 22 Burgenland 4 4 3 Steiermark 13 13 11 Kärnten 8 6-7 7 Oberösterreich 16 17 13 Salzburg 5 5-6 5 Tirol 9 9 8 Vorarlberg 7 5-6 5

Tatsächlich lässt sich aus den bundesweiten Daten ablesen, dass die Nachhilfeausgaben für Schülerinnen und Schüler in der Neuen Mittel-schule geringer als in den anderen vergleichbaren Schulformen sind. Alleine daraus lässt sich der rezente Rückgang der Nachhilfekosten aber nicht hinreichend erklären.

Es deutet viel darauf hin, dass sich die die Ausgaben für private

Nachhilfe vor allem deshalb verringert haben, weil die finanziellen Ressourcen auch vieler Wiener Haushalte zunehmend begrenzt sind. Die Anzahl derer, die für ihre Kinder während des Schuljahres eine be-zahlte Nachhilfe engagieren, ist im Vergleich zu den Vorjahren zwar annähernd gleich geblieben, gespart hat man aber offenbar bei der Anzahl der Nachhilfestunden bzw. beim Ausmaß der Nachhilfe. Deut-lich verringert hat sich nur die Anzahl derer, die für ihre Kinder in den Sommerferien eine Nachhilfe bezahlt haben.

Trotz dieses signifikanten Rückgangs sind auch die derzeitigen Nachhilfeausgaben immer noch viel zu hoch. Nach wie vor sind viele Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern darauf angewiesen, für einen positiven Schulerfolg außerschulische Hilfen in Anspruch zu nehmen und zu bezahlen. Damit wird natürlich auch die Chancen- und Bildungsgerechtigkeit der Kinder unterminiert, da die sozial Schwächeren sich die hohen Kosten einer externen Nachhilfe für ihre Kinder entweder gar nicht oder in einem viel geringerem Ausmaß leis-ten können, als dies bei Eltern mit einem höheren Einkommen der Fall ist.

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

4. Finanzielle Belastung durch die Nachhilfe

Von den Wiener Eltern, die für ihr Kind innerhalb des letzten Jahres eine externe Nachhilfe bezahlen mussten, gaben in diesem Jahr 45 Prozent an, dass sie dadurch sehr stark oder spürbar belastet sind. Für weitere 29 Prozent der betroffenen Eltern bedeuten diese Kosten zu-mindest eine gewisse Belastung. Nur ein Viertel der Eltern, die ent-sprechende Geldausgaben hatten, konnten sich diese problemlos leis-ten. Im Bundesdurchschnitt ist dieser Anteil noch geringer.

Österreich gesamt - WienFrage: Und wie sehr sind Sie durch die bezahlte Nachhilfe finanziell belastet? (Basis: Haushalte mit bezahlter Nachhilfe, Österreich: n=574, Wien: n= 97; in Prozent)

13 32

14 30 36

29 26

19

0 20 40 60 80 100

Österreich

Wien

sehr stark belastet spürbar belastet

ein wenig belastet so gut wie gar nicht belastet

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Gegenüber dem Vorjahr hat die „sehr starke Belastung“ der Wiener Eltern bezüglich der Nachhilfekosten etwas abgenommen, da auch weniger dafür ausgegeben wurde bzw. weil sich vor allem die unteren Einkommensgruppen eine bezahlte Nachhilfe gar nicht mehr leisten können und sich diese Belastung demnach gar nicht mehr zu Buche schlägt.

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Und wie sehr sind Sie durch die bezahlte Nachhilfe finanziell belastet? (Basis: Haushalte mit bezahlter Nachhilfe; in Prozent)

20 28

39

13

8

32

29

29

27 23

26

24

0 20 40 60 80 100

2012

2011

2010

sehr stark belastet spürbar belastet

ein wenig belastet so gut wie gar nicht belastet

Für eine differenzierte Darstellung der Belastungen nach einzelnen

Elternsegmenten, die Nachhilfe zahlen müssen, ist die Stichprobe in den einzelnen Bundesländern zu gering. Man kann aber davon ausge-hen, dass sich diesbezüglich Wien von der österreichischen Gesamtsi-tuation nicht allzu stark unterscheidet.

Die folgende Grafik weist somit die österreichweiten Verteilungen

in Bezug auf die Belastungen nach der Berufstätigkeit, dem Herkunfts-land, dem HH-Einkommen und nach Bundesländern aus. Vor allem die unteren Einkommensgruppen - sofern sich diese überhaupt eine bezahlte Nachhilfe leisten konnten - sind durch die Nachhilfekosten finanziell stark belastet. Jede zusätzlich nötige bzw. privat finanzierte Nachhilfe bedeutet jedenfalls eine Benachteiligung der sozial schwä-cheren Familien bzw. Eltern.

Zugleich lässt sich allerdings ersehen, dass von den mittleren Ein-

kommensgruppen (bis zu einem monatlichen HH-Einkommen von rund 2.500 Euro netto) ebenfalls viele von den Nachhilfekosten spür-

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

bar belastet sind. Besonders betroffen sind davon natürlich die nicht Berufstätigen sowie die Gruppe der Alleinerziehenden (starke bzw. spürbare Belastung: 62 %) sowie Haushalte mit einem Migrationshin-tergrund (starke bzw. spürbare Belastung: 67 %)

Österreich gesamtFrage: Und wie sehr sind Sie durch die bezahlte Nachhilfe finanziell belastet? (Basis: Haushalte mit bezahlter Nachhilfe, n=574; in Prozent)

12

33

13

9

33

15

24

11

10

21

10

61

34

12

13

5

7

31

27

34

32

24

10

30

40

33

31

31

38

5

35

38

42

33

21

37

27

53

26

38

20

39

37

30

27

32

18

37

34

42

39

17

14

30

22

17

24

1

13

13

11

19

34

13

11

14

12

27

30

27

36

30

36

36

43

37

25

29

17

16

15

26

8

20

10

20

19

25

0 20 40 60 80 100

GESAMT

BERUFSTÄTIGKEIT

Angestellte/r, Arbeiter/in

im Öffentlichen Dienst, Beamte/r

andere Berufstätigkeit

nicht berufstätig

GEBURTSORT

Österreich

anderes Land

BUNDESLAND

Wien

Niederösterreich

Burgenland

Steiermark

Kärnten

Oberösterreich

Salzburg

Tirol

Vorarlberg

HAUSHALTSEINKOMMEN

bis 1.300 Euro

bis 1.600 Euro

bis 2.000 Euro

bis 2.500 Euro

bis 3.000 Euro

über 3.000 Euro

sehr stark belastet spürbar belastet ein wenig belastet so gut wie gar nicht belastet

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

5. Maßnahmen zur Reduzierung der Nachhilfe

Auch diesmal wurden die Eltern gefragt, was aus ihrer Sicht wirklich helfen würde, um die finanziellen Belastungen für die Nachhilfe zu re-duzieren. Dazu wurden einige mögliche Maßnahmen vorgelesen, die fast durchwegs auf hohe Zustimmung stoßen.

Knapp neun von zehn Wiener Eltern halten es für ganz wichtig, dass die Lehrerinnen und Lehrer den Unterricht so gestalten, dass die Kin-der den Lehrstoff auch wirklich verstehen. Dabei geht es auch um den Einsatz moderner und effizienter Unterrichtsmethoden.

Ebenso viele meinen, dass es hilfreich wäre, in einzelnen Fächern

die Klassen aufzuteilen, so dass in kleineren Unterrichtsgruppen gear-beitet wird, in welchen man auch auf die einzelnen Kinder stärker ein-gehen kann.

Der Großteil der Befragten ist der Auffassung, dass eine Ausweitung

des Förderunterrichts an unseren Schulen den Bedarf an einer kosten-intensiven privaten Lernhilfe deutlich reduzieren würde. Davon ge-hen 72 Prozent der Wiener Eltern aus.

Drei Viertel der Wiener Eltern sind auch davon überzeugt, dass

durch einen weiteren Ausbau der schulischen Nachmittagsbetreuung mit individueller Förderung der Bedarf an einer privaten Nachhilfe zu-rückgehen würde.

Rund die Hälfte der Befragten glaubt, dass sich der verbreitete Nach-

hilfebedarf auch reduzieren ließe, wenn die Lehrerinnen und Lehrer die Eltern und Schulkinder besser bezüglich des jeweils passenden Schultyps beraten würden.

Für 55 Prozent der Eltern wäre auch ein Ausbau der Ganztagsschu-len mit verpflichtender Anwesenheit am Nachmittag und individuel-ler Förderung geeignet, die Nachhilfen einzudämmen.

Etwas geringer ist die Zustimmungsquote in Bezug auf eine Hort-

betreuung mit individueller Förderung – dies wohl auch deshalb, weil davon nur die jüngeren Kinder profitieren würden. Jede/r Zweite hält aber auch diese Maßnahme für hilfreich.

34

21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

Sechs von zehn Eltern meinen zugleich, dass sich eine bezahlte Nachhilfe vielfach vermeiden ließe, wenn die Eltern selbst mehr mit ihren Kindern lernen und üben würden.

Wie die folgende Vergleichsgrafik zeigt, decken sich die Forderun-gen der Wiener Eltern weitgehend mit den bundesweiten Elternwün-schen.

Österreich gesamt - WienFrage: Was davon würde aus Ihrer Sicht wirklich helfen, um die finanziellen Nachhilfe-Belastungen für die Eltern zu senken? (in Prozent)

89

84

75

74

60

54

52

45

87

87

72

75

61

51

55

49

0 20 40 60 80 100

Unterricht sogestalten, dass Kinder

Lehrstoff wirklichverstehen

Klassenteilungen ineinzelnen Fächern

generell mehrFörderunterricht an

den Schulen

eine schulischeNachmittagsbetreuung

mit individuellerFörderung

dass die Eltern selbstmit ihren Kindern

mehr üben und lernen

bessere Beratungseitens der Lehrkräfte

über passendenSchultyp

Ganztagsschulen mitverpflichtender

Anwesenheit undindividueller Förderung

eine Hortbetreuung mitindividueller Förderung

Österreich Wien

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

In Wien hat sich bei diesen Präferenzverteilungen gegenüber den Vorjahren ebenfalls nicht allzu viel verändert.

Wien: Ergebnisse im ZeitverlaufFrage: Was davon würde aus Ihrer Sicht wirklich helfen, um die finanziellen Nachhilfe-Belastungen für die Eltern zu senken? (in Prozent)

87

87

72

75

61

51

55

49

80

72

62

55

42

77

75

54

60

46

0 20 40 60 80 100

Unterricht sogestalten, dass Kinder

Lehrstoff wirklichverstehen

Klassenteilungen ineinzelnen Fächern

generell mehrFörderunterricht an

den Schulen

eine schulischeNachmittagsbetreuung

mit individuellerFörderung

dass die Eltern selbstmit ihren Kindern

mehr üben und lernen

bessere Beratungseitens der Lehrkräfte

über passendenSchultyp

Ganztagsschulen mitverpflichtender

Anwesenheit undindividueller Förderung

eine Hortbetreuung mitindividueller Förderung

2012 2011 2010

So wie schon in den Jahren zuvor spricht sich die Mehrzahl der El-

tern somit für jene Maßnahmen aus, die auch von vielen Bildungsex-pertinnen und Bildungsexperten gefordert werden: den Ausbau der schulischen Nachmittagsbetreuung bzw. der Ganztagsschulen und da-mit auch die Verstärkung der individuellen Förderung der Kinder an den Schulen. Einvernehmen besteht bei den Eltern vor allem auch da-rüber, dass der Unterricht so gestaltet sein sollte, dass die Schülerinnen und Schüler den Lehrstoff schon in der Schule verstehen und es nicht sein sollte, dass dafür eine externe Nachhilfe benötigt wird.

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

6. Wie realistisch ist eine Schule ohne externen Nachhilfebedarf?

In der aktuellen Erhebung wurden die Eltern auch gefragt, ob sie es grundsätzlich für realistisch halten, dass sich die Schule in eine Rich-tung hin entwickelt, die eine private Nachhilfe für die Kinder weitge-hend unnötig macht, weil der Lehrstoff bereits in der Schule in einem zureichenden Maße bewältigt wird.

Mehrheitlich können sich die Wiener Eltern durchaus vorstellen,

dass dieses Ziel bei entsprechenden weiteren Schulreformen erreichbar ist. 57 Prozent von ihnen halten es grundsätzlich für machbar, dies an den Schulen umzusetzen. 43 Prozent sind da mehr oder weniger skep-tisch, sei es, weil sie das grundsätzlich für illusorisch halten oder weil sie nicht bei allen Beteiligten einen hinreichenden Willen zur Umset-zung der dafür nötigen Reformen an unseren Schulen zu erkennen vermögen. Diese Verteilung deckt sich völlig mit jener in ganz Öster-reich.

Österreich gesamt - WienFrage: Und halten Sie es grundsätzlich für machbar, dass sich die Schule in eine Richtung hin entwickelt, in der die Eltern möglichst gar keine Nachhilfe mehr zahlen müssen? (in Prozent)

25 32

25 32 29

29 14

15

0 20 40 60 80 100

Österreich

Wien

ja, sicher eher schon eher nicht nein, gar nicht

Zwischen den einzelnen Elterngruppen, etwa jenen mit und ohne

Nachhilfekosten, weichen die Einschätzungen nur geringfügig von-einander ab. Mehrheitlich bildet sich bei fast allen Befragten eine zu-mindest tendenziell optimistische Erwartungshaltung ab. Als wün-schenswert erachten dieses Szenario vermutlich so gut wie alle.

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21917045 Nachhilfestudie Wien 2012

7. Fazit

Sowohl für Österreich insgesamt als auch für Wien lässt sich das fol-gende Resümee aus dieser Studie ziehen:

Gegenüber den Vorjahren haben sich die Ausgaben der Eltern für Nachhilfe signifikant reduziert. Dieses Ergebnis wäre überaus erfreu-lich, wenn sich darin ein positiver Trend infolge umgesetzter Schulre-formen, die den Bedarf an privater Nachhilfe nachhaltig reduziert, ab-zeichnen würde. Davon kann man bislang nicht ausgehen, auch wenn die vorliegende Studie zeigt, dass die Eltern von Kindern, die die Neu-en Mittelschule besuchen, für ihre Kinder weniger für Nachhilfe aus-geben (müssen), als dies in den meisten anderen Schulformen der Fall ist. Der deutliche Rückgang erklärt sich vielmehr daraus, dass ange-sichts der zunehmend schwierigen finanziellen Situation vieler Haus-halte auch bei den Nachhilfeausgaben gespart werden muss (Nachhil-fe ja, aber weniger Stunden).

Da der Anteil derer, die für ihre Kinder im laufenden Schuljahr eine

externe Nachhilfe engagiert haben, nicht zurückgegangen ist, muss man unverändert konstatieren, dass die Notwendigkeit, auf eine priva-te Nachhilfe zurückzugreifen, um den Schulerfolg der Kinder zu ge-währleisten, unser Schule systemimmanent ist.

Nachhilfe gehört bei vielen Schülerinnen und Schülern sozusagen

zur ‘Schulkarriere’, die den Eltern immer noch teuer zu stehen kommt. Die derzeitige Schule produziert nach wie vor einen Nachhilfemarkt (an dem auch Lehrkräfte als Anbieter auftreten), in den zunehmend nur noch jene Eltern investieren, die sich das finanziell leisten kön-nen. Dies fördert und reproduziert soziale Ungleichheit, da Kinder aus weniger bemittelten Familien benachteiligt werden.

Ein wesentliches Ziel der Schulreformen muss sein, die Notwen-

digkeit der Nachhilfe für Schülerinnen und Schüler möglichst einzu-dämmen und damit auch die Chancengerechtigkeit zu fördern. Daran werden die Reformen letztlich auch zu messen sein. Voraussetzung da-für ist, dass die individuelle Förderung der Kinder viel mehr als bisher an den Schulen selbst erfolgt, so wie das im Konzept der Neuen Mittel-schule vorgesehen ist.

Es ist auch der klare Wunsch der Eltern, dass der Lehrstoff an den Schulen selbst möglichst allen Kindern durch moderne Unterrichts-

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methoden, Arbeiten in Kleingruppen und vertiefenden Förderunter-richt schon in einer Art und Weise vermittelt wird, die die Erreichung des Klassenziels der Kinder gewährleistet, ohne dass die Eltern dafür eine teuere Nachhilfe bezahlen müssen.

Die Ereichung dieses Zieles ist wohl nur bei ganztägigen Schulange-

boten mit speziellen Übungs- und Lerngruppen sowie einer Auswei-tung von Fördergruppen möglich, wofür auch ein neues Dienstrecht mit einer längeren Anwesenheit der Lehrkräfte an den Schulen sowie allfällige damit verbundene budgetäre Zusatzressourcen erforderlich wären.