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SuchtWoche 2007 Alkohol in der Arbeitswelt „VERANTWORTUNG SETZT DIE GRENZE“

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SuchtWoche 2007

Alkohol in der Arbeitswelt

„VERANTWORTUNG SETZT DIE GRENZE“

Diese Präsentation dauert knapp 10 Minuten.

Dass Sie sich Zeit dafür nehmen, freut uns.

Wir wollen Sie anregen und informieren.

© Dr. med. Petra ZöbeleinBetriebsärztliche Dienststelle der Friedrich-Alexander-Universitätemail: [email protected]

Bitte schätzen Sie selbst!

Wie viele Kolleginnen und Kollegen an der FAUsamt Klinikum sind alkoholabhängig,

nicht nur gefährdet ?

A 200 PersonenB 400 PersonenC 600 PersonenD 800 Personen

Sie lagen statistisch gesehen richtig...

... wenn Sie die Antwort „C“also 600 Personen gewählt haben !

Der Beleg dafür sind ernüchternde Studienergebnisse.

Nach bundesweiten Schätzungen sind 5% aller Mitarbeiter/innenin einem Unternehmen alkoholabhängig (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, DHS).

Für die FAU Erlangen-Nürnberg einschließlich Klinikum bedeutet das:

Von den mehr als 12.000 Beschäftigten sind ca. 600 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

alkoholabhängig.

Nicht mitgerechnet ist die große Zahl von Beschäftigten mit so genanntem riskantem Trinkverhalten (etwa 10%).

Alle Berufs- und Statusgruppen sind betroffen.

Deshalb sagen wir zum Thema

Alkohol in der Arbeitswelt

„VERANTWORTUNG SETZT DIE GRENZE“

und informieren Sie zum praktischen Umgang mit

alkoholgefährdeten und alkoholkranken

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Ist Ihnen das Thema völlig fremd ?

Oder kennen bzw. erahnen Sie

Betroffene in Ihrem Verantwortungsbereich ?

Haben Sie eine Person vor Augen,

wo Sie sich schon einmal gefragt haben :

Gibt es da ein Alkoholproblem ?

Wenn ja, wollen wir Sie motivieren und darin

unterstützen, nicht wegzusehen ...

... denn das Problem hat gravierende Folgen:

für die betroffene Person,

ihre Gesundheit

und ihre soziale Existenz.

... und für das Berufsleben mit Kolleginnen und Kollegen, dem Arbeitsgeber und Ihnen als

Führungskraft.

Konkrete Folgen: Alkoholkranke werden

- 2,5 mal so häufig krank geschrieben, - sind 3,5 mal häufiger in Betriebsunfälle verwickelt und - haben 16 mal häufigere Fehlzeiten.

Notwendig ist daher eine gemeinsame konsequente

Suchtprävention

- als sozialethische Aufgabe- zur Erhöhung der Arbeitssicherheit

- zur Förderung eines positiven Arbeitsklimas

Wissenschaftlich ist erwiesen:Je früher Prävention einsetzt, umso größer ist die Aussicht auf Erfolg!

Aber...

Das Thema Alkohol wird oft tabuisiert.

Es wird schnell emotional.

Es gibt Fehlinformationen und gutgemeinte Ratschläge.

Es fehlt das nötige Wissen, auch in Rechtsfragen.

Die Folge sind Überreaktionen oder Untätigkeit.

Beides wirkt kontraproduktiv.

Wir sprechen Sie hier

ausdrücklich in Ihrer Rolle

als Führungskraft an ...

...und bitten Sie, daran zu denken :

Alkoholismus ist eine Krankheit, kein Zeichen für Willensschwäche.

Sie tritt nicht plötzlich auf, sondern sie ist das Ergebnis

einer längeren Entwicklung.

Als Führungskraft tragen Sie in besonderer Weise Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Hierzu gehört, dass alkoholkranken Beschäftigten die Chance gegeben werden muss, diese Krankheit zu überwinden.

Es ist Ihre Aufgabe, Ihre Fürsorgepflicht konsequent wahrzunehmen und gefährdete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

zu beobachten, um rechtzeitig die richtigen Schritte einleiten zu können.

Lesen Sie daher wichtige Hintergründezu den rechtlichen Grundlagen und Folgen

Rechtliche Grundlagen I

§ 618 BGB:

„Regelt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.“

Arbeitsschutzgesetz:

„Der Arbeitgeber muss bei seiner Aufgabenprüfung berücksichtigen,

ob die Beschäftigen befähigt sind, die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten.“

Wichtig ist :

Die Betroffenen müssen erkennen, dass sie

arbeitsrechtliche Probleme bekommen, wenn sie durch

ihr (Fehl-) Verhalten sich und andere Kollegen/innen

in Gefahr bringen oder schädigen und für das Unternehmen

ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Rechtliche Grundlagen II

BGV A1 - Grundsätze der Prävention:

„Versicherte dürfen sich durch Alkoholgenuss nicht in einen Zustand versetzen,

durch den sie sich selbst und andere gefährden können.“ (§ 38 Absatz 1)

Weiter heißt es konkret:

„Versicherte, die in Folge Alkoholgenusses oder anderer berauschender Mittel nicht mehr in der Lage sind, ihre Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, dürfen mit Arbeiten nicht beschäftigt werden.“ (§ 38 Absatz 2)

Es gilt in dieser Situation also ein absolutes Beschäftigungsverbot !

Rechtliche Grundlagen III

Gemäß dieser Unfallverhütungsvorschrift wird vom Vorgesetzten erwartet, dass er aufgrund seines Eindruckes einen „angetrunkenen“ Mitarbeiter vorsorglich vom Arbeitsplatz entfernt.

Wichtig ist hierbei, dass er nicht verpflichtet ist, den Nachweis zu erbringen.

Der Vorgesetzte hat das Recht und die Pflicht,

gemäß seines Eindruckes aus Vorsorgegründen zu handeln.

Eine Führungskraft stellt fest, dass ein/e Beschäftigte/r eine Fahne hat,

also alkoholisiert ist.

Da jedoch kein anderer für dessen/deren Aufgaben zur

Verfügung steht, lässt die Führungskraft ihn/sie weiterarbeiten.

Es kommt zu einem Unfall.

Wer haftet?

Beispiel ...

Frage ...

Beide !

Lösung ...

Im Falle eines rauschbedingten Arbeitsunfalls

können sowohl Verursachende,

als auch Vorgesetzte

regresspflichtig gemacht werden.

Mit den Folgen:

► Verlust des Versicherungsschutzes durch den

Unfallversicherungsträger

► Geld- oder Freiheitsstrafen

► Verpflichtung zum Schadensersatz

“Verantwortung setzt die Grenze“

“Verantwortung setzt die Grenze“

d.h. gemeinsame, frühzeitige Prävention

Wie erkennen Sie also gefährdete Personen?

Wie erkennen Sie Zeichen von Abhängigkeit?

Es sind vor allem diese vier Aspekte, auf die Sie achten sollten:

Fehlzeiten

Leistungsminderung

Verhaltensveränderung

Erscheinungsbild

Fehlzeiten

häufig einzelne FehltageEntschuldigung durch andere (Partner) Aufrechnung von Fehltagen gegen Urlaub unbegründete Abwesenheit während der Arbeitszeit verlängerte PausenUnpünktlichkeitNicht-Einhalten von Terminen

Leistungsminderung

Starke Leistungsschwankungen Qualität und Quantität der erbrachten Leistung sinkenUnzuverlässigkeitKonzentrationsschwäche

Verhaltensveränderung

StimmungsschwankungenÜbergroße NervositätReizbarkeitUnterwürfigkeitÜberangepasstheitMeidung von Vorgesetzten

Erscheinungsbild

Vernachlässigung bei Körperpflege und KleidungHändezittern und SchweißausbrücheAusdrucksschwierigkeitenVersuche, die Alkoholfahne zu tarnenAlkoholgeruch

- durch Verspätungen und Unzuverlässigkeiten

- durch Mehrarbeit und Überstunden für die Kollegen/Innen

- durch höhere Belastungen für Kollegen/innen und Vorgesetzte

- durch geringere Belastbarkeit der Betroffenen durch

Überforderung

Alkoholmissbrauch stört den Betriebsablauf

dass die übrigen Beschäftigen dies durch Mehrarbeit auffangen

und sich das Alkoholproblem eines Einzelnen damit auf den

gesamten Arbeitsbereich auswirkt.

Mit der Folge

Wussten Sie eigentlich...

... was es mit dem sogenannten „Co-Alkoholismus“auf sich hat?

Was ist ein „Co-Alkoholiker“?

A Langjähriger Alkoholiker/inB Geselligkeitstrinker/inC Quartalssäufer/inD Suchtunterstützer/in, Dulder/in

Sie lagen richtig...

... wenn Sie die Antwort „D“also den „ Suchtunterstützer, Dulder“ gewählt haben!

Definition:„Co-Alkoholismus“ bezeichnet das „Helfen“ eines Alkoholkranken durch (oft jahrelanges) Wegsehen, Decken, Verharmlosen oder „Übersehen“, was zu einer Verlängerung des Suchtverlaufes führt, den Abhängigenungewollt unterstützt und dadurch die Krankheit fördert.

Lassen Sie sich nicht zu Co-Alkoholikern machen

Erst wenn Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzte sich nicht co-alkoholisch verhalten,

lässt sich der Teufelskreis durchbrechen.

Betroffene gehen häufig davon aus,

dass Sie ihr Alkoholproblem vor

Kollegen und Vorgesetzen verbergen

können,

obwohl es meist bereits lange Zeit von

allen wahrgenommen wird

Deshalb:

Sehen Sie bitte nicht weg !

Leichter gesagt als getan

Lesen Sie ein paar einfache Tipps für den praktischen Berufsalltag

und notieren Sie wichtige

Ansprechpartner

Erstens.Führen Sie ein vertrauliches, einfühlsames, aber deutliches Erstgespräch,

das Sie gut vorbereiten. Ziel ist es, der betroffenen Person frühzeitig zu

signalisieren, dass sie Unterstützung von Ihnen als Führungskraft erwarten kann.

Da Betroffene sich nicht selten „herausreden“

oder den Alkoholkonsum bagatellisieren,

ist es hilfreich, Fakten anführen zu können über

Häufigkeit, Schwere, Zeitpunkt und Auswirkungen des Alkoholmissbrauchs.

Zweitens.Bestärken Sie Betroffene darin,

dass Alkoholismus eine Krankheit ist

und sie sich deshalb nicht zu schämen brauchen.

Das kann das Eingeständnis der Sucht erleichtern.

Drittens.So banal es auch klingen mag:

Führen Sie das Gespräch nur dann,

wenn der oder die Betroffene nüchtern ist.

und jetzt in Kurzform:

- vorbereiten- führen- nachbereiten

So bereiten Sie das Gespräch vor

► Sie notieren sich Fehlleistungen/Auffälligkeiten der letzten Wochen.

► Sie überlegen sich, welche Fakten Sie ansprechen wollen.

► Sie legen ein Gesprächsziel fest.

► Sie planen ausreichend Zeit ein.

► Sie lassen sich in dieser Zeit nicht stören.

So führen Sie das Gespräch

► Sie sorgen für eine angenehme und ruhige Atmosphäre.

► Sie beginnen mit positiven Erfahrungen mit dem Mitarbeiter.

► Sie halten sich an Ihre zuvor notierten Fakten.

► Sie lassen sich nicht in Diskussionen verwickeln.

(Die Betroffenen müssen merken, dass Sie nicht mit sich handeln lassen.)

► Sie machen keine Vorwürfe und stellen keine Diagnose.

► Sie bieten den Kontakt zu Fachpersonen an (interne Hilfe, externe Möglichkeiten).

► Sie beenden das Gespräch mit einer Vereinbarung über Maßnahmen

und Konsequenzen und benennen einen nächsten Gesprächstermin.

- Warum spreche „ich“ den/die Kollegen/in an - Wie war „meine“ Wahrnehmung in der letzten Zeit - Was ist „mein“ Problem durch den Alkoholmissbrauch- Wie wirkt es sich auf „meinen“ Arbeitsbereich aus

Zum Beispiel so :„Mir ist aufgefallen, dass folgende Probleme aufgetreten sind…“

„Ich komme durch ihr Verhalten in Schwierigkeiten, weil … „

Formulieren Sie „Ich“-Botschaften!

Wie könnenSie

Betroffeneansprechen?

und lassen Sie sich nicht entmutigen

denn die Betroffenen sehen Sie nicht selten

als Gegner

und reagieren ablehnend

mit...

...typischen Reaktionen

Aggression: „Das ist Verleumdung, dass lass ich mir nicht bieten … „

Mitleid erwecken: „Ich habe gerade private Probleme… „

Gleichgültigkeit: „Das ist mir egal, wenn Sie meinen … „

Erpressung: „ Ich kann Ihnen auch einiges sagen, das Sie interessieren wird … „

Einsicht, ohne Hilfe annehmen zu wollen:„Sie haben ja Recht, aber eine Suchtberatung brauche ich nicht … „

Bereiten Sie sich innerlich auf diese

Reaktionen vor und versuchen Sie,

das Gespräch dennoch fortzusetzen!

So bereiten Sie das Gespräch nach

► Sie machen schriftliche Notizen über das Gespräch.

(Kritikpunkte, vereinbarte Abmachungen, Ort, Datum)

► Sie planen die nächsten Schritte.

(siehe auch Dienstvereinbarung zur Gesundheitsvorsorge und – fürsorge für

suchtgefährdete Beschäftigte (DV-Sucht) der FAU: der „ 4-Stufen-Plan „

unter:

www.uni-erlangen.de/universität/organisation/

verwaltung/zuv/verwaltungshandbuch/dienstvereinbarung/Sucht-DV.pdf.)

Insgesamt ist wichtig:

Fühlen Sie sich nicht in der Rolle des „Suchtberaters“.

Hierzu gibt es Fachleute.

Hier finden Sie Fachleute und Hilfe!

Betriebsärztliche Dienststelle der Universität Erlangen-Nürnberg (BÄD)Harfenstraße 18, 91054 Erlangen, Tel. 09131 85 2 3666

Personalrat am KlinikumÖstl. Stadtmauerstraße 18/20, 91054 Erlangen, Tel. 09131 85 3 4176

Gesamtpersonalrat der FAU

Universitätsstraße 22, 1. OG, 91054 Erlangen, Tel. 09131 85 2 9261

Extern: einschlägige Beratungsstellen, Arzt/Ärztin

Psychosoziale Beratung für Mitarbeiter/innen des Klinikums:Frau Isolde Ackermann, Tel.: 0171 92 31 747

Psychosoziale Beratung für die Mitarbeiter/innen der Universität :Herr Georg Grob, Tel.: 09126 7747 /email: [email protected]

…gehen Sie ihn…

... denn Prävention lohnt sich vor allem für die

betroffenen Menschen!

Der erste Schritt ist der

schwierigste…

Alkohol in der Arbeitswelt

„VERANTWORTUNG SETZT DIE GRENZE“

Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und Ihre Zeit!

© Dr. med. Petra Zöbelein

Betriebsärztliche Dienststelle der Friedrich-Alexander-Universität

email: [email protected]