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66 Univ.-Lektor OSR ELFR Dr. Otto Widetschek, Graz Präsident des Brandschutzforums Austria E-mail: [email protected] Alles um die Zigarette! Brandgefahr „Rauchen und offenes Feuer“ Der im Februar 2008 durch Zigarettenreste ausgelöste Brand im Seniorenheim in Egg in Vorarlberg forderte, trotz vorbildlichem Einsatz der Feuerwehren, 12 Todesopfer.

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Univ.-Lektor OSR ELFR Dr. Otto Widetschek, Graz

Präsident des Brandschutzforums Austria

E-mail: [email protected]

Alles um die Zigarette!Brandgefahr „Rauchen und offenes Feuer“

Der im Februar 2008 durch Zigarettenreste ausgelöste Brand im Seniorenheim inEgg in Vorarlberg forderte, trotz vorbildlichem Einsatz der Feuerwehren, 12 Todesopfer.

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Alkoholeinfluss verbunden, wodurch der Raucher oder die Raucherin bald sanft entschlummert. Die Zigarette fällt dann auf das Bettzeug und kann je nach vorhande-nem Brennstoff und einem möglichen Wärmestau mehr oder weniger rasch einen Schwelbrand entfachen. Auf diese Weise werden in Österreich mindestens ein bis zwei Dutzend Personen pro Jahr getötet. Sie sterben in erster Linie an den dabei gebildeten giftigen Rauchgasen und verbrennen, bei entsprechender Brandausbreitung, erst viel später.

Das Rauchen im Bett ist immer zu vermeiden. Zitat: „Die Asche, welche herunter fällt, könnte ihre eigene sein!“

EIN WEISER SPRUCHEin warnendes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, wel-che im Jahre 1973 in einem Hotelzimmer in Rom durch das Rauchen im Bett ums Leben gekommen ist. Von ihr stammt auch das Zitat: „Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler!“. So hat sie im übertragenen Sinn ihren eigenen Tod vorausgesagt, denn sie hielt sich keineswegs an ihren eigenen, weisen Ausspruch.

Brandopfer Ingeborg Bachmann.

Die Unachtsamkeit beim Rauchen – und im Besonderen das Wegwerfen von brennenden Streichhölzern und glühenden Zigaretten-, Zigarren- und Pfeifentabaks-resten – ist eine der häufigsten Brandursachen. Sie wird auch mit dem von der EU angestrebten generellen Rauchverbot in der Öffentlichkeit nicht wesentlich kleiner werden, sondern sich eher verlagern. In Zu-kunft wird es vielleicht weniger Brände in Gasthäusern, Restaurants, Hotels, Krankenhäusern und Veranstal-tungsstätten geben. Der Ort künftiger Brände wird sich jedoch vermutlich weitgehend in den Privatbereich und ins Freie verlagern, wo ja das Rauchen nach wie vor erlaubt sein wird.

GROSSBRÄNDE DURCH DASRAUCHEN

In der Vergangenheit gab es immer wieder Brandkatastro-phen, welche durch das Rauchen ausgelöst wurden. Gra-vierende Beispiele dafür sind: Der Brand im Wiener Hotel „Am Augarten“ im Jahre 1979, bei welchem 25 Menschen ums Leben kamen. Im selben Jahr brannte die Wiener Nationalbank – ebenfalls durch einen weggeworfenen Zigarettenrest – vollständig ab. Der Großbrand in den Wiener Redoutensälen in der Hofburg war im Jahre 1992 mit einem Sachschaden von über 1 Milliarde Schilling ein negativer Höhepunkt in der Österreichischen Brandscha-denstatistik und mit ziemlicher Sicherheit auf Glutreste in einem Müllsack zurückzuführen. Und schließlich ist in diesem Zusammenhang auch der Brand im Seniorenheim von Egg, Vorarlberg, im Jahre 2008 zu nennen, welcher 12 Todesopfer forderte.

Durch Raucherwaren wurden die historischen Redoutensäle in der Wiener

Hofburg im Jahre 1992 restlos zerstört.

RAUCHEN IM BETT!Nach wie vor werden jedoch Brände im Wohnbereich, welche auf das Rauchen zurückzuführen sind, zu den bedeutendsten Brandgefahren zählen. Vor allem das Rauchen im Bett muss hier an erster Stelle genannt werden. Es ist vielfach auch mit einem verhängnisvollen

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BRANDBEDINGUNGEN

Die allgemeinen Brandbedingungen können auch für den vorliegenden Fall durch das bekannte Feuerdreieck beschrieben werden.

Sauerstoff •Der für die Verbrennung erforderliche Sauerstoff ist in der Luft mit 21 % in ausreichendem Ausmaße vorhan-den. Brennstoff• Als Brennstoff kommen in der Praxis neben Papier, Abfällen, Textilien auch brennbare Gase und Flüssig-keiten in Frage.Zündquelle• Die Zündquelle in Form von Zigaretten-, Zigarren- und Tabaksglut kann dabei Temperaturen bis zu 500° C besitzen.

Die Brandbedingungen gemäß Feuerdreieck.

EIN KLEINER VERSUCH!Bei diesen relativ hohen Zündtemperaturen könnte man annehmen, dass nahezu alle brennbaren festen Stoffe,

Auf den Wärmestau kommt es an!

Dämpfe und Gase schlagartig entzündet werden. Ma-chen wir in diesem Zusammenhang einen kleinen Ver-such! Legen Sie eine brennende Zigarette einmal auf eine Papierserviette und das andere Mal in einen Abfalleimer, der mit Papier und anderen brennbaren Materialien auf-gefüllt wurde. Was passiert? Während es im Papierkorb mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Schwel- und später Entstehungsbrand kommt, wird die Papierser-viette höchstens etwas angesengt. Im schlechtesten Fall bildet sich ein kleines Brandloch, zu einem fortlaufenden Brandgeschehen kommt es jedoch nicht!

BRANDLÖCHERDas oben beschriebene Phänomen kommt auch bei anderen brennbaren Materialien zum Tragen. So findet man die besagten Brandlöcher immer wieder in Teppi-chen, Decken, Leintüchern und Sitzmöbeln, welche beim sorglosen Umgang mit Raucherwaren entstehen. Hier war zwar immer die Initialzündung für einen kleinen Glimmbrand gegeben, aber dieser konnte sich aufgrund der spezifischen Situation zwischen Brennstoff und Sau-erstoff bzw. der zu starken Energieabführung nicht weiter entwickeln.

WARUM ES NICHT SO OFT BRENNT!Ein weiterer Aspekt: An der glühenden Zigarettenspit-ze bildet sich rasch ein Aschenmantel, der als relativ schlechter Wärmeleiter wirkt. Es bildet sich eine Art Ener-gieabkapselung, durch welche eine Brandausbreitung gehemmt wird. Dazu kommt, dass viele Materialien bei punktueller thermischer Belastung nur wenig ausgasen, das heißt sie werden nur angesengt oder sie verkohlen durch Bildung einer schlecht Wärme leitenden Kruste. Dadurch wird verständlich, warum auch bei einer großen Zahl gerauchter und unsachgemäß entsorgter Zigaretten nicht mehr Brände entstehen.

DAS „PAPIERKORB-DILEMMA“

Was wir aus diesen Überlegungen erkennen sollten? Es ist immer ein spezifisches Klima für die Ausbreitung eines Brandes durch glimmende Raucherwaren notwendig. Dieses kann man so beschreiben: Einerseits muss der Brennstoff und Sauerstoff in einem optimalen Mischungs-verhältnis vorliegen, andererseits ist ein entsprechender Wärmestau notwendig, um die thermische Aufbereitung des Brennstoffes zu ermöglichen. Dass diese Vorausset-zungen gerade in Papierkörben und Abfalleimern gege-ben sind, ist einleuchtend. Deswegen nenne ich dieses Phänomen das „Papierkorb-Dilemma“.

MÜLLEIMER: „NISTPLATZ FÜR BRÄNDE“Diese Voraussetzungen sind also vor allem dann gege-ben, wenn der brennende Zigarettenstummel in einen Abfalleimer geworfen wird und danach brennbarer Müll

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darauf zu liegen kommt. In dieser Atmosphäre fühlt sich der „Feuerteufel“ pudelwohl! Es sind nämlich in diesem „Nistplatz für Brände“ alle Bedingungen für einen Ent-stehungsbrand gegeben: Sauerstoff, Brennstoff und eben die glimmende Zigarette als Zündquelle. Dazu kommt der Wärmestau, mit dem unweigerlich ein Anstieg der Verbrennungsgeschwindigkeit (Van´t Hoffsche Regel) verbunden ist.

DER „UNBRENNBARE PAPIERKORB“Herkömmliche Papierkörbe und Abfalleimer aus orga-nischen Substanzen haben einen großen Nachteil: Sie sind brennbar und können den einmal aufgetretenen

Entstehungsbrand fortleiten. Auf diese Weise kommt es in der Regel zu ausgewachsenen Zimmerbränden. Die Lösung der Wahl stellt in diesem Zusammenhang der so genannte „unbrennbare Papierkorb“ dar. Er ist einerseits unbrennbar (Metallkörper) und andererseits verhindert er eine Brandausbreitung durch einen spezifischen, konisch geformten Aufsatz.

DIE WIRKUNGSWEISEDieser kann bei einer Brandentwicklung die Rauchgase großteils in den Behälter zurück leiten und dadurch einen Sauerstoffmangel produzieren. Die Folge ist, dass das Brandgeschehen eingeschränkt wird und sich ein gewis-ser Sauerstoffmangel im Behälter einstellt. Durch die nun folgende geringere Brand- und Rauchentwicklung kann wieder in zunehmendem Maße Sauerstoff von außen zu-treten und der früher beschriebene Verbrennungsvorgang läuft wieder an. Der Abbrand des Papierkorb-Inhalts erfolgt also quasi in Raten über einen größeren Zeitraum, ohne eine Brandweiterleitung!

OFFENES FEUER

In Ergänzung zum Problemkreis Rauchen soll hier auch das offene Feuer als Zündquelle erwähnt werden. Wer sich eine Zigarette anzündet, benötigt eine adäquate Zündquelle. Es wird in der Regel ein Streichholz oder

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Die Mülltonne ist ein idealer Nistplatz für den Feuerteufel.

Der typische Beginn eines Entstehungsbrandes durch Raucherwaren.

Die richtige Entsorgung von Rauchwaren schematisch dargestellt.

Funktionsweise eines unbrennbaren Papierkorbs.

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Feuerzeug sein, womit man eine offene Flamme erzeugen kann. Die Flammentemperatur liegt dabei in der Regel um 650 °C und mehr.

KERZENLICHTHier her gehören auch Gedenkkerzen, Advent- und Christbaumkerzen, welche ein eigenes Kapitel darstellen. Bei allen brennenden Kerzen gilt der Grundsatz, dass sie nur unter ständiger Aufsicht abgebrannt werden dürfen. Außerdem ist auf das Abschmelzen des Paraffins zu ach-ten (Verwendung von unbrennbaren Auffangtassen und Unterlagen).

CHRISTBAUMBRÄNDERegelmäßig ereignen sich zur Weihnachtszeit Zimmer- und Wohnungsbrände, die von Christbäumen und Ad-ventkränzen ausgehen. Rund 300 bis 400 Mal rücken die österreichischen Feuerwehren alle Jahre wieder zwischen Weihnachten und dem Heiligen-Drei-Königs-Tag am 6. Jänner zu derartigen Brandereignissen aus. Ein besonde-res Gefahrenmoment ist jedoch bei öffentlichen Weih-nachtsfeiern, bei Weihnachtsspielen auf Kleinbühnen, in Altersheimen und Kindergärten gegeben. Bei derartigen Brandfällen stellen ausgetrocknete Nadeln von Tannen und Fichten ein großes Risiko dar. Sie brennen, wenn sie entzündet werden, schlagartig mit Stichflammen ab – vor allem durch den geringen Feuchtigkeitsgehalt und den nicht unwesentlichen Harzanteil. Binnen weniger Minu-ten kann auf diese Weise der ganze Christbaum oder die Saaldekoration in Flammen stehen. Leicht brennbarer Christbaumschmuck trägt das Seine dazu bei.

Ein Zimmerbrand, der durch einen brennenden Christbaum zu einem Riesenschaden geführt hat.

Reisig trocknet innerhalb von 14 Tagen total aus.

DAS TEMPERATURFELD EINER CHRISTBAUM-KERZEDas Temperaturfeld einer Kerzenflamme wurde von Branddirektor Ausobsky, Graz, bereits im Jahre 1969 experimentell ermittelt (siehe folgende Abbildung). Da-raus folgt: Über einer Kerzenflamme kommt es dabei zu relativ hohen Temperaturen, neben der Kerzenflamme ist bereits in etwa zwei Zentimeter Abstand keine unmittel-bare Gefahr mehr gegeben.

Temperaturfeld von entzündeten Christbaumkerzen.

Die erste Kerze ist der „Täter“ (Bild: Sicherheitsinstitut, Zürich).

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Temperaturfeld bei Schweißbrennerflammen.

Temperaturfeld bei Lötlampenflammen.

GEFÄHRDUNGSBEREICHEDie bei Schweiß- und auch bei Schneidearbeiten entste-henden Metallperlen und Funken besitzen Temperaturen von weit über 1.000 °C. Sie können bis zu 10 m vom Ar-beitsplatz weg springen. Es ergeben sich daher – je nach Tätigkeit – Gefährdungsbereiche zwischen 2 und 10 m (siehe Abbildung). Deren Ausbreitung ist nicht nur in der Horizontalen zu beachten, sondern in allen Richtungen.

Gefährdungsbereiche in Abhängigkeit von jeweiligen Verfahren (nach Otte).

Bei Wunderkerzen liegt die Temperatur direkt an der Oberfläche weit höher (bis zu 1.000 °C), welche jedoch seitlich sehr stark abnimmt. Das direkte Berühren von brennbaren Materialien ist also in diesem Fall unbedingt zu unterlassen!

WAS SIND HEISSARBEITEN?Als Feuerarbeiten gelten beispielsweise Arbeiten mit Schweißgeräten, Lötlampen, Flämmgeräten und Winkel-schleifern. In Firmen und öffentlichen Gebäuden müssen diese Arbeiten gemäß der Brandschutzordnung angemel-det und überwacht werden. Diese Überwachungstätigkei-ten übernehmen üblicherweise entweder die Feuerwehr oder Kräfte des betrieblichen Brandschutzes.

TEMPERATURENWir haben schon festgestellt, dass bei Feuerarbeiten hohe Temperaturen auftreten können. Diese liegen weit über der Entzündungstemperatur brennbarer Stoffe. Die Zünd-punkte der wichtigsten Substanzen, welche bei derartigen betrieblichen Tätigkeiten in Brand gesetzt werden kön-nen, können mit einigen hundert Grad Celsius angegeben werden. Die Temperaturen bei derartigen feuergefährli-chen Arbeiten variieren jedoch zwischen etwa 1.000 °C bei Schweiß-. Schneid- und Schleiffunken und über 3.200 °C beim autogenen Schweißen. Damit ist klar, dass eine eminente Brandgefahr besteht.

Die wichtigsten Temperaturen bei Heißarbeiten.

SCHWEISSBRENNERFLAMMENImmer wieder werden Brände dadurch verursacht, dass Schweißer die Temperaturen der Brennerflamme und deren unsichtbare Verbrennungsgase unterschätzen. Im Folgenden zeigen wir die Temperaturverteilung einer Schweißbrennerflamme in Abhängigkeit von der Bren-nerstellung (Quelle: BAM – Berliner Material Prüfanstalt). Dabei zeigt sich, dass 80 cm oberhalb, 60 cm waagrecht und 40 cm unter dem Brennermundstück noch eine Tem-peratur von 200 °C auftritt. Ähnliche Verhältnisse zeigen Lötlampenflammen, welche noch in waagrechtem und senkrechtem Abstand von der Brennermündung Tempe-raturen von 200 °C zeigen.

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Schweißperlen können bis zu 10 m weit wegspringen.

SCHWEISSEN UND SCHNEIDEN AN BEHÄLTERNEin großes Gefahrenmoment kann auch beim Schweißen und Schneiden an Behältern erfolgen, welche entzünd-bare Substanzen enthalten. Dies können Fässer, Rohr-leitungen und Behälter sein, in welchen sich aus unter-

schiedlichen Gründen ein zündfähiges Gemisch gebildet hat. Leider gibt es immer wieder tödliche Ereignisse bei

derartigen Behälterexplosionen. Wie ein tragischer Unfall aus dem Jahre 2006 in Linz zeigt, können auch Stahlbe-hälter, welche lediglich mit Wasser gefüllt sind, unter

bestimmten Umständen zerknallen. Es bildet sich durch eine chemische Reaktion dabei nämlich Wasserstoffgas. Beim Schweißen und Schneiden müssen daher Behälter stets vollständig mit Wasser oder einem Schutzgas gefüllt werden.

DIE „SICHERHEITSZIGARETTE“

Seit November 2011 werden in der EU nur mehr so ge-nannte Sicherheitszigaretten vertrieben. Der Verbraucher bemerkt rein äußerlich davon nichts. Erst wenn er einmal die Zigarette am Aschebecher ablegt, kann es vorkom-men, dass es bereits nach kurzer Zeit zum Auslöschen des Glimmstängels kommt. Dadurch möchte man die Todesfallrate durch das Rauchen wesentlich senken. Was steckt nun hinter dieser „Geheimwaffe“?

ÜBER 1.000 TOTEUnbeaufsichtigte, glimmende Zigaretten gehören laut einer Presseinformation der EU-Kommission in Europa zu den Hauptursachen für Brände mit Todesfolgen. Nach Angaben der Mitgliedstaaten für die Jahre 2003 bis 2008 ereigneten sich in der EU jährlich über 30.000 Brände, die durch Zigaretten verursacht wurden. Dabei starben über 1.000 Menschen, mehr als 4.000 wurden verletzt.

BEDINGUNGEN FÜR EINE ENTZÜNDUNGLegt man eine herkömmliche Zigarette nach dem An-zünden beiseite, brennt sie in der Regel bis zum Ende ab. Als Wärmequelle kann sie das Material, auf dem sie liegt, entzünden und einen Brand auslösen. Dabei spielt die Geometrie, also die Lage des Brennstoffes zur glimmen-den Zigarette eine wichtige Rolle. Eine Ausbreitung des Entstehungsbrandes erfolgt vor allem dann, wenn sich das Feuer nach oben ausbreiten kann und ein lokaler

Wärmestau vorhanden ist.Die „Geometrie“ zwischen Zündquelle und Brennstoff spielt eine wichtige Rolle (schematisch anhand eines Streichholzes).

MODIFIZIERTES ZIGARETTENPAPIERDie neu eingeführten „Sicherheitszigaretten“ besitzen gegenüber den herkömmlichen Glimmstängeln nun eine

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Behälterzerknall im Jahre 2006 in Linz (2 Tote, 1 Verletzter).

Sicherheitsmaßnahmen durch Verwendung eines Schutzgases (Kohlendi-oxid).

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Im Institut für Schadensverhütung und Schadensfor-schung (IFS) in Düsseldorf hat man in diesem Zusam-menhang nach den gültigen Sicherheitsnormen (EN ISO 12863 und EN 16156) Versuche durchgeführt und festge-stellt, dass zwar die Zündfähigkeit bei den neuen Ziga-retten reduziert wird, man jedoch auch in Zukunft mit Bränden durch Raucherwaren rechnen muss. Vor allem wenn die Zigaretten nicht waagrecht zu liegen kommen, können sie vollständig abbrennen. Eine wirklich sichere Zigarette gibt es also nicht.

verminderte Zündneigung, welche durch eine Verände-rung des Zigarettenpapiers erreicht wird. Dazu wird das Zigarettenpapier an zwei bis drei Stellen durch ringför-mige Bänder (siehe Abbildung) modifiziert, welche mit bloßem Auge nicht erkannt werden können. Der Effekt ist jedoch: Im Bereich dieser Bänder ist das Papier der Zigarette dichter und die Luftzufuhr zum Glutkegel bzw. zum Tabak geringer.

KLEINERES ENTZÜNDUNGSRISIKO!Wie kommt es nun zum geringeren Brandrisiko bei der „Sicherheitszigarette“? Ganz einfach: Wenn die Glut ein derartiges Band erreicht, steht weniger Sauerstoff zur Verfügung und der Verbrennungsprozess wird reduziert.

„Geheimwaffe“ Sicherheitszigarette?

Die Zigarette kann dann von selbst erlöschen. Durch die verminderte Abbrenndauer der neuartigen Zigaretten sinkt damit das Risiko, dass diese beim unbeaufsichtigten Abbrennen beispielsweise Polstermöbel, Bettzeug oder andere entzündbare Materialien in Brand setzen.

ERFAHRUNGEN IM AUSLANDSicherheitszigaretten werden bereits seit Jahren in den Vereinigten Staaten, in Kanada und Australien verwen-det. Der Erfolg? Die Zahl der Todesopfer durch Raucher-waren ist etwa um 50 % zurückgegangen. Umgerechnet auf die ganze EU würde diese bedeuten, dass jedes Jahr etwa 500 Menschenleben vor dem Brandtod gerettet wer-den könnten. Anmerkung: Relativiert wird diese hoch-gerechnete Zahl jedoch durch die Tatsache, dass alleine in Europa etwa 500.000 Menschen jährlich infolge der gesundheitlichen Folgen des Tabakkonsums sterben.

SICHERHEITSNORMENSeit November 2011 vertreibt die Tabakindustrie – wie bereits dargestellt – in der gesamten EU ausschließlich Zigaretten mit verminderter Zündneigung. Dadurch erhofft man sich eine Reduktion von Bränden durch Rau-cherwaren und eine Verminderung der Rauchgastoten bei derartigen Ereignissen.

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Sicherheitstipps beim Rauchen

Das beste Mittel, um Brände durch Zigaretten und ähnliches zu verhüten, ist eine Aufklärungskampa-gne für den richtigen Umgang beim Rauchen sowie gegen das achtlose Wegwerfen von Zigarettenresten. Diese Sicherheitsinformation kann durch die Orts-feuerwehren für die Bevölkerung oder die zuständi-gen Brandschutzbeauftragten für Betriebsangehörige erfolgen.

ABSOLUTES RAUCHVERBOT?

Rauchen ist gefährlich! Deswegen plant die EU, in Zukunft alle Zigarettenschachteln mit Schockbildern zu versehen. Es sollen dabei u. a. grausliche Raucher-lungen und verfaulte Raucherbeine gezeigt werden. Es wird trotz alledem aber auch in Zukunft Raucher geben und damit auch das ewige Problem mit dem Brandschutz. Dass ein striktes Rauchverbot nicht immer zielführend ist, hat die Brandkatastrophe im Jahre 2008 in Egg gezeigt. Im örtlichen Altenheim hat nämlich – trotz totalen Rauchverbots! – ein „Nikotin-abhängiger“ geheim geraucht und bei einer Kontrol-le den Tschick unbemerkt in einen Abfallbehälter geworfen. Die Folge war ein Großbrand mit 12 Toten. Kontraproduktiver geht es nicht mehr!

Künftig sollen Schockbilder das Rauchen einschränken!

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DIE LÖSUNG: RAUCHERINSELN!

Die aus der Sicht des Brandschutzes einzige Lösung, ist die Errichtung von Raucherinseln. Diese sollten nicht als Raucherglocken und Glaskäfige ausge-bildet werden, sondern als eigene, rauchtechnisch abgeschlossene Kommunikationsbereiche. Denn eines muss festgestellt werden: Raucher sind in der Regel ungemein kommunikativ und sind bei einer Zigarette und einem kleinen Braunen auch positiv für den Betrieb unterwegs. Natürlich müssen die hier vorhandenen Abfallbehälter und Aschenbecher die Kriterien des Brandschutzes erfüllen.

Raucherglocken stellen keine echte Lösung dar!

EMPFEHLUNGEN FÜR RAUCHER

Folgende Tipps sollten unbedingt eingehalten werden:

Rauchen Sie Ihre „Betthupferl-Zigarette“ nicht im •bequemen Lehnstuhl oder gar im Bett, insbeson-dere nicht nach reichlichem Alkoholgenuss.Drücken Sie Ihre Zigarette im Aschenbecher •sorgfältig aus. Denken Sie daran, dass eine heiße Zigarettenglut im Mülleimer nichts zu suchen hat. Entleeren Sie niemals Reste aus dem Aschen-becher in den Papierkorb.Schaffen Sie Sicherheitsaschenbecher und •unbrennbare Abfalleimer für Ihren Betrieb oder Ihre Wohnung an.Trennen Sie brennbare Abfälle von Raucherwa-•ren bei der Entsorgung.Rauchen Sie keinesfalls beim Umgang mit leicht •entzündlichen Flüssigkeiten (Lösungsmittel, Farben, Lacke und Fleckputzmittel).Halten sie sich stets an gültige Rauchverbote, wie •zum Beispiel an Tankstellen, Theater- und Kino-sälen, brandgefährlichen Arbeits- und Lagerbe-reichen oder Seilbahnen.

Denken Sie auch an das Rauchverbot in Waldge-•bieten, werden doch Waldbrände insbesondere in Trockenperioden vielfach durch achtlos weg geworfene Zigarettenreste verursacht.Verzichten Sie unbedingt auf die Zigarette beim •Autofahren.Rauchen Sie nur an Stellen, wo keine unmittelba-•re Brandgefahr herrscht bzw. im Bereich definier-ter Raucherinseln.

Raucherwaren separat entsorgen (Quelle: Sicherheitsinstitut Zürich).

Eine sinnvoll ausgestaltete Raucherinsel in einer Grazer Fachfirma.

LITERATURHINWEISE

AUSOBSKy S.: Brandgefahren zur Weihnachtszeit; Steirisches Feuerwehr-blatt Nummer 12/1969.

BRANDVERHÜTUNGSSTELLE VORARLBERG: Die schlummernden Brandgefahren in Zigaretten, Homepage.

BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES: Brandschutzratgeber, Abteilung für Zivilschutz; letzte aktuelle Ausgabe.

LEINE D.: EU-weit eingeführt – was bringt die „Sicherheitszigarette“?; Institut für Schadensverhütung und Schadensforschung der öffentlichen Versicherer, Schadenprisma Nr. 1/2012, Düsseldorf.

Norm EN ISO 12863: Normprüfverfahren zur Beurteilung der Zündnei-gung von Zigaretten, 2010.

Norm EN 16156: Zigaretten – Beurteilung der Zündneigung – Sicherheits-anforderung.

SCHNEIDER D.: Brandursachenermittlung; Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart-Berlin-Köln, letzte Ausgabe.

WIDETSCHEK O.: Was bringt die Sicherheitszigarette; BLAULICHT Heft 7/2012.

WIDETSCHEK O.: Phänomen Feuer – warum, wann und wo es brennt!; BLAULICHT-Serie, Heft 12/2008 bis 6/2009.