Alltag im Mittel alter Thema 3: Zeit. Alltag im Mittel alter Fragen zur Zeit im Mittelalter: 1.Wie...
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Alltagim Mittelalter
Thema 3:Zeit
Alltagim Mittelalter
Fragen zur Zeit im Mittelalter:
1. Wie konnte man sich treffen (ohne Uhr)?
2. Umgang mit Zeit.3. Wie sah der Tagesablauf in
verschiedenen gesellschaftlichen Schichten aus? (Bauer/Bürger)
4. Urlaub im Mittelalter?
Alltagim Mittelalter
Gliederung
1 Philosophische Überlegungen zum Wesen
der Zeit
2 verschiedene Zeiten (Bauern, Kloster,
Händler)
2.1 bäuerliche/agrarische Zeit
2.2 Zeit im Kloster/Zeit der Kirche
2.3 Zeit in der Stadt/Zeit der Händler
Alltagim Mittelalter
Philosophische Überlegungen zum Thema Zeit
• Aristoteles (+ 322 v. Chr.) – Sein und Bewegung
• Augustinus (+ 430, Kirchenvater)
Alltagim Mittelalter
Augustinus
„Es gibt drei Zeiten, die Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft, genau würde man vielleicht sagen müssen: Es gibt
drei Zeiten, eine Gegenwart in der Hinsicht auf die Gegen-
wart, eine Gegenwart in Hinsicht auf die Vergangenheit und
eine Gegenwart in Hinsicht auf die Zukunft. In unserem
Geiste sind sie wohl in dieser Dreizahl vorhanden,
anderswo aber nehme ich sie nicht wahr. Gegenwärtig ist
hinsichtlich des Vergangenen die Erinnerung, gegenwärtig
hinsichtlich der Gegenwart die Anschauung und
gegenwärtig hinsichtlich der Zukunft die Erwartung.“
(Confessiones, Buch 11. Kapitel 20)
Alltagim Mittelalter
Augustinus
„Wo immer also etwas [aus der Zukunft oder der
Vergangenheit] ist, so ist es nie in der Gegenwart
vorhanden. Wem wir demgemäß Vergangenes der
Wahrheit gemäß erzählen, so schöpfen wir zwar nicht die
Dinge selbst, die vergangen sind, aus dem Gedächtnis,
sondern nur Worte, die den Vorstellungen von Dingen
entsprungen sind, die in der Seele gleichsam beim
Vorüberziehen dem Geiste Spuren einprägte.“
(Confessiones, Buch 11. Kapitel 18)
Alltagim Mittelalter
Philosophische Überlegungen zum Wesen der Zeit
•Karolingische Renaissance
•Alkuin (+ 804, angelsächsischer Gelehrter, Leiter der Hofschule)
Alltagim Mittelalter
Alkuin
„Legimus enim tria tempora
esse, id est, praeteritum,
praesens, et futurum; sed ita
ut pene nihil nobis praesens sit,
sed omnia praeterita et futura.
Verbum enim dum dico, priorem
dum dixi syllabam, posterior
futura fuit: et dum posteriorem
dico, praeteriit prior.
„Wir lesen nämlich, dass es drei
Zeiten gäbe, nämlich
Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft; aber es ist so, dass es für
uns beinahe keine Gegenwart gibt,
sondern alles nur Vergangenheit
und Zukunft ist.
Während ich nämlich ein Wort
ausspreche: Während ich die erste
Silbe gesprochen habe, ist die
zweite Zukunft gewesen; und
während ich die zweite sage, ist
die erste (schon) vergangen.
Alltagim Mittelalter
Deo vero nihil praeteritum et
futurum, sed omnia praesentia
sunt, qui servo suo Moysi ait:
‚Ego sum qui sum.‘ Et: ‚Dices
filiis Israel: qui est, misit me ad
vos.’ (Exod. III, 14.)“
Gott aber ist nicht Vergangenes
oder Zukünftiges, sondern alles
Gegenwärtige; er sagte seinem
Diener Moses: ‚Ich bin, der ich
bin.‘ und ‚Sage den Söhnen Israel:
derjenige, der ist, schickt mich zu
Euch.‘“
(Ep. 162; MPL 100, Sp. 419 b-422C)
Alltagim Mittelalter
Udo Reinhold Jeck
„Alkuin zeigte: Wenn ich die frühere Silbe (S1) eines Wortes
gesagt habe, ist die spätere (S2) Zukunft gewesen. Beim
Sprechen der Silbe S1 verharrt S2 in der Zukunft: S2 ist ja noch
unausgesprochen. Ist nun der Sprechakt der Silbe S1 abge-
schlossen und der Sprechakt der Silbe S2 vollzieht sich, geht S1
in die Vergangenheit über. Die beiden Sprechakte für S1 und S2
erscheinen hinsichtlich ihrer Existenz dann beinah als nichts.“
(Jeck, Udo Reinhold, Zeitkonzeptionen im frühen Mittelalter: Von der lateinischen Spätantike zur karolingischen Renaissance, in: Trude Ehlert (Hg.), Zeitkonzeption, Zeiterfahrung, Zeitmessung: Stationen ihres Wandels vom Mittelalter zur Moderne, Paderborn u.a. 1997, S. 179-202, hier S. 195)
Alltagim Mittelalter
Gliederung
1 Philosophische Überlegungen zum Wesen
der Zeit
2 verschiedene Zeiten (Bauern, Kloster,
Händler)
2.1 bäuerliche/agrarische Zeit
2.2 Zeit im Kloster/Zeit der Kirche
2.3 Zeit in der Stadt/Zeit der Händler
Aufbau der Vorlesungsstunde:
Alltagim Mittelalter
Verschiedene Zeiten (Bauern, Kloster, Händler)
• Zeit als soziales Konstrukt• „Wichtig ist der Zusammenhang zwi-
schen gesellschaftlicher Verflechtung, Notwendigkeit zur Koordination und Entwicklung des Zeitbewußtseins.“
(Hans-Ulrich Grimm, ‚Zeit‘ als ‚Beziehungssymbol‘: Die soziale Genese des bürgerlichen Zeitbewußtseins im Mittelalter, in GWU 1986/4, S. 199-221.)
Alltagim Mittelalter
Zwei Phasen mittelalterlicher Zeiterfahrung
• sakral - profan• Kloster - Stadt • Land - Stadt • elitär - allgemein • ungenau - genau• theologisch - technologisch• kostenlos - wertvoll
Alltagim Mittelalter
Gliederung
1 Philosophische Überlegungen zum Thema
Zeit
2 verschiedene Zeiten (Bauern, Kloster,
Händler)
2.1 bäuerliche/agrarische Zeit
2.2 Zeit im Kloster/Zeit der Kirche
2.3 Zeit in der Stadt/Zeit der Händler
Aufbau der Vorlesungsstunde:
Alltagim Mittelalter
Bäuerliche/agrarische Zeit
• Siedlungsinseln • „Ein Bedürfnis nach weiträumiger
Synchronisierung von komplexen verschachtelten Tätigkeiten liegt nicht vor.“
(Grimm, Zeit, S. 202)
• Grundherrschaft – Abgabetermine – Martinstag (11.11.)
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Aufbau der Vorlesungsstunde:
„Wie konnte man sich treffen (ohne Uhr)?“
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Verabredung zum ZweikampfChronik des Giselbert von Mons (+ 1224, Chronist) über das Duell des Gerhard von St. Aubert gegen Robert von Beaurain vor dem Grafen von Hennegau in Mons:
„[...] Als aber der angesetzte Tag herangekommen war, kamen sie in Mons
zum Duell zusammen. Der Graf aber saß auf dem Platz vor dem Kloster
der seligen Waldetrudis, zusammen mit vielen Adligen und Männern
seines Standes, dem Bischof Roger von Cambrai und vielen Äbten seines
Ordens, die sich bemühten, Frieden zu stiften. Um die erste Stunde des
Tages erschien Gerhard von St. Aubert in Waffen, und im Angesicht des
Herrn Grafen sagte er, er sei bereit, sich gegen Robert von Beaurain zu
erproben, wie der es vorgeschlagen hatte; so stand er da in Erwartung
Roberts.
Alltagim Mittelalter
Während Robert, der in jener Stadt Mons weilte, sich verspätete -
worüber die Anwesenden sich wunderten -, schlug die neunte Stunde.
Als das Gerhard von St. Aubert vernahm, erklärte er für sich und durch
seinen Fürsprecher Hugo von Croix, daß er bis zur [festgelegten] Stunde
und über die Stunde hinaus seinen Gegner erwartet hätte; daher sei er
vom Duell befreit; er habe seine Klage vorgebracht, und in seiner
Angelegenheit müsse die Geltung haben; und darüber forderte er einen
Urteilsspruch. Darauf wurden die Männer des Grafen streng angehalten,
und sie betrachteten die Sonne, und - von den anwesenden Klerikern
instruiert – erklärten sie, die neunte Stunde sei vorüber. Schließlich
entschieden sie, daß Gerhard vom Duell befreit sei und das, worüber er
gegen Robert Klage erhoben habe, ihm rechtmäßig zustehe.“
Alltagim Mittelalter
Gliederung
1 Philosophische Überlegungen zum Wesen
der Zeit
2 verschiedene Zeiten (Bauern, Kloster,
Händler)
2.1 bäuerliche/agrarische Zeit
2.2 Zeit im Kloster/Zeit der Kirche
2.3 Zeit in der Stadt/Zeit der Händler
Aufbau der Vorlesungsstunde:
Alltagim Mittelalter
Zeit im Kloster/Zeit der Kirche
• 1582 gregorianische Kalenderreform (Papst Gregor XIII.)
• Julianischer Kalender (Julius Caesar)• Konzil von Nikäa (325): Festlegung
des Ostertermins• Äquinoctium: Frühjahrsanfang• Ostertafeln
Aufbau der Vorlesungsstunde:
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Roger Bacon an Papst Clemens IV. (1267)
(Roger Bacon: +1292, engl. Franziskaner und Gelehrter)
„Man muß jetzt eine Korrektur der Zeit vornehmen wegen
der offenkundigen und handfesten Irrtümer und wegen des
damit verbundenen vielfachen Ärgernisses in der Kirche.
Denn alle Kenner des Kalenders und alle Astronomen wissen
dies und verspotten die Ignoranz der höheren Geistlichen,
die dieses Ärgernis weiterhin praktizieren, und die
heidnischen Philosophen, die Araber, Hebräer und Griechen,
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die unter den Christen leben, wie z.B. in Spanien und Ägypten,
in Teilen des Orients und in vielen anderen Regionen der Erde,
verachten die Unkenntnis, die sie in der Anordnung der Zeiten
erblicken, welche die Christen bei ihren Festen benutzen.
[…] So wurde denn [im Jahr 1267] die ganze wahre Karwoche
hindurch Fleisch gegessen und die dem Jubel gewidmete
Osterwoche gefastet.“
(zitiert nach Peter Aufgebauer, Ein vielfaches Ärgernis in der Kirche – Probleme der christlichen Zeitrechnung im Mittelalter, in: Herrschaftspraxis und soziale Ordnung im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, hg. v. Peter Aufgebauer u.a., Hannover 2006, S. 73-85.)
Alltagim Mittelalter
Regel des Hl. Benedikt (um 530)
„Müßiggang ist der Feind der Seele. Deshalb sollen sich die
Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeiten, zu bestimmten
Zeiten dagegen mit heiliger Lesung beschäftigen. Wir glauben
also, dass durch folgende Ordnung die Zeit für beides geregelt
werden kann: Von Ostern bis zum ersten Oktober verrichten die
Brüder in der Frühe nach der Prim bis etwa zur vierten Stunde
die notwendigen Arbeiten. Von der vierten Stunde bis zu der
Zeit, wo sie die Sext halten, sind sie frei für Lesung. Wenn sie
nach der Sext vom Tisch aufstehen, ruhen sie unter
Stillschweigen auf ihren Betten.“
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Zeit im Kloster/Zeit der Kirche
• Stundengebete: Prim, Terz, Sext, Non,
Vesper, Complet
• St. Gallener Klosterplan (9. Jh.)
• significator horarum (Anzeiger der
Gebetsstunden)
Alltagim Mittelalter
Petrus Damiani
(Petrus Damiani: + 1072, OSB, Eremit, Kirchenlehrer,
Heiliger)
„Der Anzeiger der Gebetsstunden soll wissen, dass kein anderer
im Kloster sich mehr vor Vergesslichkeit hüten muss als er;
wenn nämlich die Stunde des jeweiligen Gottesdienstes – sei es
verfrüht, sei es verzögert – nicht den richtigen Zeitpunkt einhält,
so stört das ohne Zweifel die Ordnung der nachfolgenden Horen
[Stundengebete]. [...] er aber soll ständig den Lauf der Gestirne
und den Verlauf der entfliehenden Zeit bedenken.
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Wenn er die alltägliche Kenntnis erwerben will, die Stunden
zu unterscheiden, soll er es sich zur Gewohnheit machen,
Psalmen zu beten, damit er – wann immer die Helligkeit der
Sonne oder die Verschiedenheit der Sterne durch dichte
Wolken nicht wahrgenommen werden kann – anhand der
Länge des von ihm gehaltenen Psalmengesangs wie eine Uhr
die Zeit messen kann.“
(zitiert nach Nonn, Quellen zur Alltagsgeschichte 1, S. 25ff.)
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Anweisungen zur Zeitbestimmung in einem Kloster (11. Jh.)
„An Weihnachten: Wenn du die Zwillinge ungefähr über
dem Dormitorium liegen siehst und das Zeichen des
Orion über der Allerheiligenkapelle, dann bereite dich
auf die Weckzeichen vor.“
(zitiert nach Nonn, Quellen zur Alltagsgeschichte 1, S.
29.)
Alltagim Mittelalter
Gliederung
1 Philosophische Überlegungen zum Wesen
der Zeit
2 verschiedene Zeiten (Bauern, Kloster,
Händler)
2.1 bäuerliche/agrarische Zeit
2.2 Zeit im Kloster/Zeit der Kirche
2.3 Zeit in der Stadt/Zeit der Händler
Aufbau der Vorlesungsstunde:
Alltagim Mittelalter
Zeit in der Stadt/Zeit der Händler
• Mechanische Uhr• Termingeschäfte• Verlagswesen• Manufakturen
Aufbau der Vorlesungsstunde:
Alltagim Mittelalter
Zeit als Analysekategorie
• sakral - profan• Kloster - Stadt • Land - Stadt • elitär - allgemein • ungenau - genau• theologisch - technologisch• kostenlos - wertvoll