allwetterkind: Schwimmen und Vortrieb

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Voller Schub Das Kraulschwimmen ist die schnellste und effektivste Schwimmart. Um diesen Vorteil optimal nutzen zu können, sollten Sie die entscheidenden Bewegungsmuster beherrschen und immer weiter perfektionieren. von Holger Lüning Gestreckter Arm in Schulterverlängerung Der Handeinsatz erfolgt mit Daumen und Fingerspitzen in fast gestreckter Armhal- tung. Unter Wasser wird der Arm in die vol- le Streckung gebracht. Somit verhindert man das Mitführen von Luftblasen und er- leichtert den Moment des Wasserfassens. Das Einsetzen des Arms erfolgt in Schulter- breite, um eine gestreckte, strömungsgüns- tige Wasserlage zu gewährleisten. Fallenlassen des Arms oder Wasserfassen Nach dem Einsetzen des Arms erfolgt die Phase des Wasserfassens. Fortgeschrittene Schwimmer setzen schon früh den Ellenbo- gen an. Dies erfordert ein hohes Maß an spezifischer Muskulatur. Für Einsteiger empfiehlt es sich, den Arm leicht gestreckt nach unten zu führen, um die folgende Po- sition (3a/3b) einnehmen zu können. Druckphase mit 90-Grad-Position Die zentrale Position überhaupt! Sie ist viel wichtiger als ein frühes Wasserfassen, weil hier die Krafthebel effektiv einsetzbar sind. Bei einem rechten Winkel im Ellenbogen- gelenk befinden sich die Fingerspitzen etwa unter der Körpermitte (keinesfalls weiter hinten!). Die Antriebsflächen (Hand, Unter- arm) und das Schultergelenk liegen auf einer Höhe. In diesem Übergang aus der Zug- in die Druckphase findet der Schwimmer den größten Widerstand. Die Bewegungsge- schwindigkeit ist progressiv, die Bewegung der Hand beschleunigt sich nach hinten. 1 3 2 14 triathlon special schwimmen kraultechnik

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Das Kraulschwimmen ist die schnellste und effektivste Schwimmart. Um diesen Vorteil optimal nutzen zu können, sollten Sie die entscheidenden Bewegungsmuster beherrschen und immer weiter perfektionieren. Von Holger Lüning

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Voller SchubDas Kraulschwimmen ist die schnellste und effektivste Schwimmart. Um diesen Vorteil optimal nutzen zu können, sollten Sie die entscheidenden Bewegungsmuster beherrschen und immer weiter perfektionieren. von Holger Lüning

Gestreckter Arm in SchulterverlängerungDer Handeinsatz erfolgt mit Daumen und Fingerspitzen in fast gestreckter Armhal­tung. Unter Wasser wird der Arm in die vol­le Streckung gebracht. Somit verhindert man das Mitführen von Luftblasen und er­leichtert den Moment des Wasserfassens. Das Einsetzen des Arms erfolgt in Schulter­breite, um eine gestreckte, strömungsgüns­tige Wasserlage zu gewährleisten.

Fallenlassen des Arms oder WasserfassenNach dem Einsetzen des Arms erfolgt die Phase des Wasserfassens. Fortgeschrittene Schwimmer setzen schon früh den Ellenbo­gen an. Dies erfordert ein hohes Maß an spezifischer Muskulatur. Für Einsteiger empfiehlt es sich, den Arm leicht gestreckt nach unten zu führen, um die folgende Po­sition (3a/3b) einnehmen zu können.

Druckphase mit 90-Grad-PositionDie zentrale Position überhaupt! Sie ist viel wichtiger als ein frühes Wasserfassen, weil hier die Krafthebel effektiv einsetzbar sind. Bei einem rechten Winkel im Ellenbogen­gelenk befinden sich die Fingerspitzen etwa unter der Körpermitte (keinesfalls weiter hinten!). Die Antriebsflächen (Hand, Unter­arm) und das Schultergelenk liegen auf einer Höhe. In diesem Übergang aus der Zug­ in die Druckphase findet der Schwimmer den größten Widerstand. Die Bewegungsge­schwin digkeit ist progressiv, die Bewegung der Hand beschleunigt sich nach hinten.

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Schubphase & EllenbogenDieser letzte Moment der Druckphase (Schubphase) bedeutet den effektivsten Krafteinsatz und folglich das Maximum an Beschleunigung. Die Hand wird mit Druck in Richtung Hüftvorderseite geführt und dann neben dem Oberschenkel aus dem Wasser gehoben. Das Ellenbogengelenk durchbricht dabei mit einem kräftigen Ab­druck als erstes die Wasseroberfläche. Dies ist der Moment der Höchstgeschwindigkeit!

Übergang zur Atmung – Ellenbogen über WasserSchon während der Schubphase des Arms der Atemseite wurde der Kopf zur Seite ge­dreht und zeitgleich der Arm der Gegensei­te ins Wasser geführt. Dieser Moment ist für eine entspannte Atmung sehr wichtig, weil der Körper durch den gestreckten Arm einerseits eine wichtige Stütze bekommt und andererseits durch den Schubarm Vor­trieb gewährleistet ist. Nach dem Atemzug dreht sich der Kopf wieder ins Wasser zu­rück, wenn der Arm über Wasser ins Blick­feld kommt.

RückholbewegungDer Ellenbogen führt nach dem Ausheben der Hand die Bewegung. Wie bei einer Ma­rionette, bei der die Schnur am Ellenbogen befestigt ist, folgt der Unterarm und schwingt locker nach vorn. Je beweglicher der Schwimmer im Schulterbereich ist, des­to leichter fällt ihm auch die Armstreckung nach vorn. Zudem werden durch den ho­hen Ellenbogen seitliche Bewegungsmo­mente reduziert.

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Stil-BeratungIn keiner Disziplin des Triathlons ist die technische Selbstkontrolle so kompliziert wie im Schwimmen. Mit diesen Übungen können Sie Ihr Gespür für die korrekte Bewegungs ­ aus führung verbessern. von Holger Lüning

Kraul-AbschlagDiese Übung eignet sich hervorragend zur Schulung Ihrer Gleit­ und Technikfähig­keiten. Stoßen Sie sich in gestreckter Hal­tung ab und beginnen Sie mit dem Armzug auf einer Seite, während der andere Arm vorn liegen bleibt. Beginnen Sie den Zug mit diesem erst, wenn er vom aktiven Arm durch „Abschlagen“ abgelöst wird. Variie­ren Sie diese Übung, indem Sie das Tempo verändern! Sie werden von der Wirkung überrascht sein.

Kraul-Abschlag mit ReißverschlussMit dieser Variante des Kraul­Abschlag­schwimmens schulen Sie Ihre Beweglichkeit. Spreizen Sie am Ende des Armzugs den Dau­men ab und versuchen Sie, ihn vom Ober­schenkel am Körper entlang bis zur Achsel zu ziehen, als wenn Sie einen Reißverschluss aufziehen wollten. Beweglichkeit und Lo­ckerheit sind die Voraussetzungen für ent­spanntes und effizientes Schwimmen.

Kraul-Abschlag mit WasserwerfenDiese Kombination des Kraul­Abschlag­schwimmens dient der bewussten Durchfüh­rung der letzten Druckphase (Schub phase). Durch kraftvolles Strecken im Ellenbogenge­lenk und aus dem Handgelenk werfen Sie ganz bewusst Wasser in Richtung Ihrer Füße. So bekommen Sie einen guten Eindruck, wie Sie in dieser Posi tion noch einmal die Bewe­gung beschleunigen können.

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HandvariationenZur Verbesserung des Wassergefühls können Sie im einleitenden Teil Ihres Trainingspro­gramms Übungen mit verschiedenen Hand­ und Fingerstellungen einfügen. Spreizen Sie die Finger einmal bewusst auf (5a) oder for­men Sie die Hand zur Faust (5b). Damit ver­bessert sich Ihr Gefühl für das Wasser und Sie können die Bedeutung der Unterarmhal­tung für den Vortrieb besser spüren.

HundepaddelnHaben Sie schon einmal einem Hund beim Schwimmen zugesehen? Machen Sie es ihm nach! Die Hände bleiben unter der Wasser­oberfläche und sorgen durch Ruderbewe­gungen für den Vortrieb. Achten Sie darauf, dass die Hände immer vor der Schulterlinie bleiben. Sie werden dabei ein gutes Emp­finden für das Wasserfassen bekommen und schulen zudem die schwimmspezifi­sche Muskulatur.

Hilfsmittel: MiniflossenGerade für Schwimmer im Anfangsstadium und mit Problemen bei Wasserlage und/oder Atmung sind die Miniflossen (bitte be­nutzen Sie keine langen Taucherflossen!) ein ideales Hilfsmittel, um den Körper zu stabilisieren. Schwimmen Sie pro Trainings­einheit maximal die Hälfte der Strecke mit Flossen. Später reduzieren Sie diesen Anteil immer weiter.Fo

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Einarmiges KraulschwimmenBeim einarmigen Schwimmen bleibt der pas­sive Arm vorn gestreckt, während der aktive Arm ganz bewusst und kontrolliert arbeitet. Sie können auf diese Weise auch gut das At­men zu Ihrer „schlechteren“ Seite üben. Fort­geschrittene können den passiven Arm auch in Strecklage nach hinten an den Körper an­legen. So spüren Sie, wie wichtig die Stabili­sierung durch den nach vorn gestreckten Arm für die gesamte Schwimmbewegung ist.

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