Aloys Schulte: Der Deutsche Staat (1933)
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Aloys Schulte Der deutsche Staat Verfassung, Macht und Grenzen 919-1914 Deutsche Verla gs-Ans talt Stuttgart Berlin 1933
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Alle Rechte vorbehalten . Printed in Geimany Copyright 1922 by
Deutsche Verlagz-Anftalt ln Stuttgart
Druckder Deutschen Verlags-Anstalt !n Swttgart Papier von der Papierfabrik Salach in Salach, W€rttemberg
Die Dynamik der Organisation des deutschen Staates ist zwar
f€r einzelne Perioden und f€r Sachgebiete oft untersucht worden.
F€r den Gesamtzusammenhang ist es nicht geschehen. Nach Karl
Friedrich Eichhorn (Teutsche Staats- und Nechtsgeschichte I.Aufl.
1808‚32) gingen die Wege der Juristen und der Historiker zu weit
auseinander. Jene haben ihrem engeren Berufe folgend die Geschichte
der Verfassung mit der des Privatrechtes, Strafrechtes usw. ver„
bunden. Vei der Losl…sung von der Staatsgeschichte haben sie
naturgem†‡ zumeist den juridischen Gehalt der Einrichtungen bevor„
zugt, wobei deren politische Auswirkungen in den Hintergrund
traten. Nur wenige, wie Andreas Heusler, verschmolzen die Ent„
wicklung der Verfassung mit der Politik. Den Schweizern war das
ein Bed€rfnis, auch den ˆsterreichern; denn ohne diese beiden Kompo„
nenten war die Wesensart ihrer Staatsbildung ganz unverst†ndlich.
Auf der Seite der Historiker haben manche unserer Meister K. W.
Nitzsch folgend auch f€r gr…‡ere Perioden erf€llt, was ich erstrebe ‚
f€r die deutsche Gesamtgeschichte Dietrich Sch†fer. Doch lag auch
ihnen die Erz†hlung der politischen Ereignisse am allern†chsten. Nur
Fritz Kartung verfolgte mit seiner mit dem 15. Jahrhundert an„
hebenden Deutschen Verfassungsgeschichte dasselbe Ziel wie dieses
Buch.
Mein Lebensweg hat mich durch die verschiedensten deutschen
Landschaften gef€hrt, dabei lernte ich die vier Vesitzarten von Hoheits„
rechten (Neichsgut, Hausgut, Neichskirchengut und Gut der welt„
lichen F€rsten und Herren) beobachten und fand damit zu der
horizontalen Periodeneinteilung die vertikale Zerspaltung, die sich
als wertvolle Erkenntnis quelle erwies.
Da ich meinem Lehrauftrage gem†‡ seit 1893 Mittelalter und
Neuzeit zu vertreten hatte und €ber deutsche Verfassungsgeschichte
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immer mehr im Sinne der Dynamik ausgestaltet wurde. Die erste
Frucht f€r die weitere ˆffentlichkeit war die am 50. Ged†chtnistage
der Kaiserproklamation in dem von Franzosen besetzten Vonn
gehaltene ilniversit†tsrede ‰F€rstentum und Einheitsstaat in der
deutschen Geschichte" (1921). Seitdem habe ich systematisch daran
weitergearbeitet, in den letzten sechs Jahren fast ununterbrochen.
Meine wissenschaftliche Lebensarbeit bewegte sich zumeist auf
Grenzgebieten. Das war nutzbringend nur dadurch m…glich, da‡ ich
stets bereitwilligsten Nat und Hilfe von Fachgelehrten erhielt. Das
gilt auch von diesem Buche. Ihnen allen statte ich hier den w†rmsten Tank ab.
Was entstand, ist notwendigerweise ein herbes Vuch. Es fehlen
ihm die leuchtenden Farben politischer Gro‡taten, der geistigen und
wirtschaftlichen Kultur. Auch die wechselnden Theorien der Lehren
vom Staate treten zur€ck. Die Betrachtung mu‡te realistisch sein.
Ich glaube, da‡ eine ungeschminkteDarstellung der durch die Ver„
gangenheit gegebenen Bedingungen gerade unserer Generation von
Nutzen sein kann, die sich mehr als irgendeine vergangene bewu‡t
vor die Aufgabe der Zukunftsgestaltung gestellt sieht.
Vonn, den 4. Januar 1933. Aloys Schulte.
Das Erscheinen des Buches ist durch die g€tigst dem Verleger
gew†hrte Unterst€tzung der Notgemeinschaft der deutschen Wissen„
schaft erm…glicht worden. Ihr auch den Dank des Verfassers aus„
zusprechen ist mir ein tiefes Bed€rfnis. Was sie unter der Leitung
des Herrn Staatsministers a.T. Schmidt-Ott in einem Jahrzehnt
zum Besten ernster Wissenschaft geleistet hat, werden auch sp†tere
Zeiten in hohem Ma‡e anerkennen.
2. Der deutsche Naum ............................... 4
3. Die Vorstufen .................................... 9
II. Das deutsche Reich in der Zeit des vorwiegenden Erb„
rechts der k…niglichen Familie 919^1250
4. Das Werk Heinrichs 1 ............................. 18
5. Die Thronfolge ................................... 20
6. K…nigreich Italien. Die Kaiserkrone .................. 25
7. Angliederung des K…nigreiches Burgund. Seine Auf„ l…sung ........................................... 36
8. Abh†ngigkeitanderer Neiche vom Deutschen .......... 40
9. Die …rtlichen Gewalten ............................. 41
10. Der K…nig und seine Zentralbeamten ................ 51
1 1 . Finanzwesen ...................................... 55
13. Nechtsleben. Schw†chendes Staates ................ 62
14. R€ckblick auf die Ver†nderung im Staatsgef€ge ...... 66
III. Die Zeit des vorwiegenden Einflusses der Kurf€rsten
1250^1519
16. Kein Erbrecht mehr, nur Wahlrecht .................. 71
17. Entwicklungder vier Arten des Besitzes von Hoheits„ rechten ........................................... 75
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22. Die Territorien................................... 88
23. Gro‡e und mittlere Territorien innerhalb des Reiches - 92
24. Fremde F€rsten am Reiche beteiligt ................. 99
25. Genossenschaften als politische Kr†fte ................ 103
26. Die Umbildung des Heereswesens ................... 110
27. Die Entwicklung der Macht der Kurf€rsten ........... 113
28. Reformschriften ................................... 114
30. Die Grenzen des Reiches im Westen ................ 120
31. Die Grenzen des Reiches im Osten 1 ................ 125
32. Grenzen des Reiches. Im Osten II .................. 131
IV. Die Zeit der vorwaltenden religi…sen Gegens†tze i) iy bis
1648 und
V. Die Zeit des vollen Verfalles des Reiches 1648‚1789
33. Charakteristikader ersten Periode .................... 139
34. Entwicklungdes Neligionsrechtes.................... 142
35. Konfessionelle Politik bis zum Drei‡igj†hrigen Kriege . 148
*36. Die Kaiserw€rde verbleibt den Habsburger• .......... 151
*37. Wahlkapitulationen ................................. 154
*4I. Die Rechte des Kaisers im Reiche .................. 167
*42. Die Beh…rden des Kaisers 1 ........................ 170
*44. Der Reichstag .................................... 176
45. Die T†tigkeit der Neichsorgane bis zum Westf†lischen Frieden ..............................----........ 181
46. Der Westf†lische Friede und seine Bestimmungen f€r das innere Neichslehen ................................ 182
47. AllgemeineZ€ge der Zeit von 1648 bis 1789 ......... 185 48. Die Auswirkungen der gesteigerten Macht des Reichstages 187
*49. Das Neichsfinanzwesen............................ 189
*50. Das Heereswesendes Reiches und seiner St†nde I. ... 192
*51. Das Keereswesendes Reiches und seiner St†nde II. .. 195
52. Das Heereswesendes Reiches und seiner St†nde III. . 206
*53. Das Reich und die Wirtschaft ...................... 212
54. Die Beteiligungdes Auslandes am Reiche ......... 216 55. Die Territorien ................................... 220
56. TerritorialeVerwaltung ........................... 222
58. Die Zeit Friedrichs des Gro‡en .................... 237
59. Der Ausgang des friderizianischen Zeitalters ....' ..... 243
VI. Der Zusammenbruch des Reiches
60. Die Franz…sische Revolution ........................ 252
61. ˆsterreich und Preu‡en getrennt in Politik und Krieg- f€hrung .......................................... 258
62. Folgen der Umgestaltung der Neichsverfassung....... 262
63. Der Krieg von 1805, Ende des alten Reichs ......... 266
64. Zusammenfassungdes Wesens des Deutschen Reiches in seinem Niedergange ............................... 271
VII. Tiefste Erniedrigung Deutschlands und seine Befreiung
65. Zusammenbruchder deutschen Gro‡m†chte ............ 275
66. Die Šnderungen der politischen Organisation .......... 281
68. Der Volksgeist.................................... 290
69. Napoleons Zug nach Nu‡land (1812). Erhebung Preu‡ens ........................................ 293
70. Der gro‡e Befreiungskrieg 1813/14 ................. 296
71. Die beiden Pariser Friedensschl€sse .................. 302
VIII. Die Zeit des Deutschen Bundes 1815-1866
72. Der Wiener Kongre‡ .............................. 308
73. Die deutsche Verfassungsfrage und ihre L…sung auf dem Wiener Kongre‡ .................................. 315
74. Die Verfassung des Teutschen Bundes .............. 318
75. Die Verfassungen der Mittel- und Kleinstaaten ....... 325
76. Die Verfassungsfrage in Preu‡en und ˆsterreich ..... 327
77. Freiheitliche Bewegung und Neaktion ................ 331
78. Der Zollverein ................................... 333
81. Der Absolutismus in Preu‡en und ˆsterreich ........ 343
82. Ausw†rtige Fragen ............................... 345
83. Der nationale Gedanke ............................. 349
84. Die Nevolution im Februar und M†rz 1848......... 351
85. Die Nationalversammlung in Frankfurt .............. 356
86. Der Ausgang der Nevolution...................... 363
87. Die Zeit der Neaktion ............................. 373
88. Preu‡en und der Bund in den f€nfziger Jahren ...... 375
89. Entwicklung der europ†ischen Lage in den f€nfziger Jahren 378
90. Die neue Šra in Preu‡en und die Berufung Vismarcks 380
91. Die deutsche Frage bis 1864 ....................... 385
92. Die schleswig'holsteinsche Frage von 1844‚1866 ...... 391
93. Vor dem Kriege von 1866 ......................... 398
95. Das ausgeschiedene ˆsterreich ....................... 415
96. Die Gr€ndung des Norddeutschen Bundes. Seine Ver„
fassung .......................................... 418
98. Der Krieg von 1870/71 ............................ 439
X. Die Zeit des Deutschen Kaiserreiches bis 1914
99. Die Vertr†ge mit den S€dstaaten. Die Kaiserproklamation 445
100. Die Neichsverfassung.............................. 453
102. Die Ausgestaltung des Reiches ..................... 464
103. Die Zeit Kaiser Wilhelms II ....................... 475
104. Die Entwicklung des Heeres und der Marine ......... 479
105. Šu‡ere Politik bis 1914........................... 485
Schlu‡wort ...................................... 491
Literatur€bersicht ................................. 493
Nicht Geschichte der politischen Ereignisse,nicht des Kaisertums. Dynamik des deutschen Staates. Wechselnder Staatsbegriff.
Einheitund Vielheit
Dieses Buch stellt sich eine €beraus schwierige Aufgabe, die das
ernsteste Nachdenken vom Verst†nde fordert und das ruhigste Urteil.
Zugleich bewegt das Thema aufs tiefste unser Gem€t. Wer sich
daran wagt, die Dynamik der Geschichte unseres Staates durch ein
Jahrtausend zu verfolgen, mu‡ die Ursachen unserer St†rke wie
unserer Schw†che, unseres Gl€ckes wie unseres Ungl€ckes aufsuchen.
Er darf sich nicht den Sinn durch romantische Vorstellungen ver„
zaubern, sondern mu‡ den Verstand vorwalten lassen. Die Nanken
des Heldentums, der Poesie, des Idealismus d€rfen den Grundbau
der realen Tatsachen nicht zur€ckdr†ngen. Je schwieriger sich diese
erweisen, um so mehr wird der Verlauf unserer Entwicklung sich als
etwas Gro‡es, als etwas Tragisches dartun. Unserem Volke,
unserem Staate fiel es zu, das Allergr…‡te zu erstreben, das doch
nicht zu erreichen war. Keinem der europ†ischen Staaten boten sich
so hehre Aufgaben, wie es dem deutschen vom mittelalterlichen
Kaisertum aus geschah. Bedingungen, Mittel und Gegenkr†fte sind
zu untersuchen, wie die R€ckschl†ge.
Der Hauptkern wird aber nicht die Geschichte des Kaisertums
sein, sondern die Geschichte des engeren Staates, des deutschen
Reiches. Es liegt mir besonders am Herzen, die Kr†fte zu
verfolgen, die noch heute direkt oder indirekt unsere Geister beein„
flussen. Einheit und Vielheit war von den Tagen des Arminius
bis heute das Kernproblem der Geschichte unseres geliebten Volkes.
Ich ma‡e mir es nicht an, der Zukunft die Wege zu weisen, mein
Vlick ist auf die Vergangenheit gerichtet.
Keine Volksgeschichte ist so verwickelt wie die unserige. Wenn
sie schon uns selbst so €beraus schwierig ist, so ist sie den Ausl†ndern
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erst recht kaum verst†ndlich. Wenn wir die heutige Staatenwelt
€berschauen, so haben wir im Westen und in Skandinavien Einheits„
staaten mit meist wenig getr€bter nationaler Gleichheit. Die Neu„
bildungen im Osten fassen zumeist mehrere V…lker zusammen
(vorab Jugoslawien, Tschechoslowakei, auch Polen), Nu‡lands
Einheitsstaat wurde durch einen stark zentralisierten Bund von
Sowjetrepubliken ersetzt. In dem Bereiche des einstigen alten
deutschen Neiches ist aber noch heute die Doppelung staatlicher
Organisation, der Aufbau in zwei Stockwerken erhalten: in der
Schweiz blieben der Vundesstaat und die Kantone ‚ nur die
Niederlande haben diese Konstruktion 1814 definitiv verlassen‚,in
Osterreich stehen Vundesstaat und L†nder nebeneinander und ebenso
im Deutschen Neiche nach der Weimarer Verfassung. Das vielgeteilte
untere Stockwerk hat €berall an Bedeutung verloren, aber die Ver„
gangenheit lebt doch noch fort, ohne verha‡t zu sein. Erw†gungen
des Verstandes, realpolitische Gedanken, die Erkenntnis, da‡ in
unserer Lage die Sammlung der Kr†fte lebensnotwendig sei, haben
gerade eben dem oberen Stockwerke, dem Neiche, gr…‡ere Macht
gegen€ber dem unteren, den L†ndern, zugewiesen. Diese sind macht„
loser geworden. Eine neue Epoche unserer Staatsgeschichte ist an„
gebrochen.
teten Gro‡maschinerie zu behandeln sich anschickt, kann nicht ihre
ganze Wirksamkeit durch das Jahrtausend verfolgen, er mu‡ sich
auf die Beschreibung ihrer urspr€nglichen Gestalt und der um„
bauten einschr†nken, der erfolgten und vers†umten, und damit sich
besonders den Krisen zuwenden. Damit verzichtet dieses Vuch fast
ganz auf die h…chsten Neize unserer Vergangenheit. Sie liegen in
den heldenhaften Taten gro‡er Kaiser und K…nige und in dem,
. was das deutsche Volk in geistiger Kultur und in m€hseliger wirt„
schaftlicher Arbeit schuf. Auch den politischen Theorien, denen des
Mittelalters, die in hohen Negionen schwebend sich nur selten mit
praktischen Problemen besch†ftigten, denen der Neuzeit, die eine
internationale Geltung erstrebten oder erreichten, habe ich keinen
breiteren Naum gew†hrt. Durch diese Einschr†nkungen wird herbei„
stets bewu‡t zu bleiben.
Wer politische Lehren aus der Vergangenheit ziehen will, wird
sie noch mehr aus den €blen Entwicklungen ableiten als aus den
gl€ckhaften. Das tritt auch in der neuesten Entwicklung hervor.
Wenn ich in dem Titel des Buches f€r ein ganzes Jahrtausend
von einem deutschen Staate rede, so ist der Begriff Staat in sehr
weitem Sinne zu fassen, denn er hatte nicht zu allen Zeiten den gleichen
Umkreis von Aufgaben. Als mit der K…nigswahl Heinrichs I. sich
das deutsche Neich klar aus den Nachfolgestaaten des Neiches
Karls des Gro‡en absonderte, war der T†tigkeitsbereich der Herr„
scher, wie in allen Neichen der ‰Tiadochen", gegen€ber den Zeiten
jenes Herrschers, der €ber fast den gesamten abendl†ndischen Kultur„
kreis gebot, zur€ckgegangen. Das war in Frankreich noch st†rker
der Fall als bei uns. Wir werden sehen, wie jenes Neich relativ
fr€h die Gewalt des Staates machtvollst ausdehnte, w†hrend im
deutschen Neiche der Oberstaat das nicht mehr erreichen konnte,
sondern das den unteren Gewalten €berlie‡. So wechselt der Inhalt
des Wortes Staat in Teutschland st†rker als in den Einheitsstaaten.
Zun†chst war es nicht eine Sonderheit des deutschen Staats-
raumes, da‡ die Herzen der Untertanen mehr in den Negionen der
unteren, zum Teil privatrechtlichen Verb†nde grundherrlicher,
kommunaler und territorialer Art lebten. Die Seele des gemeinen
Mannes war durch das seinem Gem€te zusagende Treueverh†ltnis
im engeren Nahmen gebunden. Daneben hingen sich die Herzen ‚
vor allem in Deutschland ‚ an die tief erfa‡te und erlebte Gemein„
schaft der christlichen V…lker, wenn auch weder das Papsttum noch
das Kaisertum eine klar umrissene, dauernd geltende politischeGewalt
€ber die anderen christlichenStaaten erreichten. In schroffem Gegen„
satze zu anderen V…lkern war bei unseren Vorfahren neben diesen
Gef€hlsrichtungen die mittlere Nichtung, die der Zuneigung zum
Volksganzen und seiner staatlichen Zusammenfassung gering. Anderen
Neichen blieb diese Dreiteilung fern.
Um rechtlich v…llig klar zu bleiben, Nechte des deutschen Neiches
und des Kaisertums nicht zu vermischen, werde ich, wo es sich nicht
um kaiserlicheBefugnisse handelt, stets vom deutschen K…nige reden.
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gleichg€ltig, ob er zum Kaiser gekr…nt war oder nicht. Mit der An„ nahme des Titels: ‰Erw†hlter r…mischer Kaiser" im Jahre 1507 wird diese Unterscheidung aufzugebensein, obwohl von kaiserlichen
Nechten nur ein sehr kleiner Nest €brig geblieben war.
2. Der deutsche Raum
lands und Frankreichs
Der Naum des deutschen Staates erlebte au‡erordentliche
Schwankungen.Das Neich Heinrich I. umschlo‡ nach der Einver„ leibung Lotharingiens alle deutsch redenden St†mme mit zwei Ausnahmen. An der K€ste des Kanals verbliebendie s€dwestlichen Vlaemen bei Frankreich,in Nordburgund andere Gaue noch €ber
zwei Jahrhunderte bei der Krone Burgund, die inzwischen mit der deutschen verbunden worden war. Wie in Frankreich eine ein„
heitliche Kochsprache die Dialekte auf den einfachen Hausgebrauch einschr†nkte, so hat die oberdeutsche Kochsprachedasselbe erreicht. Jedoch haben die Vlaemen und st†rker noch die Niederl†nder sich
eigene Kochsprachen entwickelt, vor allem seit dem Aufkommendes Buchdrucks.
Der Erwerb Lotharingiens f€gte aber auch weite Strecken roma„ nischer Sprache dem Neiche hinzu, die sich der franz…sischen Koch„ sprache anschl…ssen. Schon vorher geh…rten zum Neiche Gebiete
romanischer Zunge (in Graub€nden und Tirol). An dem Laufe der Elbe gab es auch slawisch Nedende. F€r alle Zungen war noch die
lateinische Sprache die Sprache der h…chsten Kultur, der Urkunden der Autorit†ten in Staat und Kirche, gerade so wie in allen anderen
katholischen Neichen. Das Neich Heinrichs hatte an den Alpen und an der Nordk€ste
nat€rliche Grenzen. War schon die Westgrenze ziemlich k€nstlich,
die aber zun†chst von dem Vruderreichekarolingischer Erbschaft, von
der Nordsee in den Kontinent vorgeschobener Sack dar. Die Gebiete
des Nheins und der oberen Donau bis Wien stellten den †lteren, die
Kultur tragenden Kern dar, doch hatten die Sachsen, so hartn†ckig
sie ihre Freiheit verteidigt hatten, sich schnell in den Christenglauben,
seine Kultur und in den fr†nkischen Staat eingelebt. Ein seltener Vor„
gang.
Es ist das Verdienst der Deutschen, ein weltgeschichtliches, da‡
sie den abendl†ndischen Kulturkreis nach dem Norden und nach dem
Osten hin ausdehnten. Zun†chst haben sie ihn gegen die benachbarten
kleinen slawischen V…lkerschaften verteidigt, K…nig Heinrich auch
gegen die letzte gro‡e Volkswanderung von weither, die der heid„
nischen Ungarn. Des K…nigs Sohn, Otto der Gro‡e, bereitete ihren
Z€gen ein Ende. Ein Lebensalter sp†ter traten auch sie in den abend„
l†ndischenKulturkreis ein. Angarn blieb, kurze Perioden abgerechnet,
selbst†ndig. Dagegen wurde B…hmen ein Glied des Neiches, Polen
in lockerer Form angegliedert. Sie empfingen ihr Christentum ganz
wesentlich von Deutschland her. Die zwischen der Elbe-Saale und
Oder liegenden kleinen Gebiete der Slawen wurden unterworfen
oder schloffen sich freiwillig dem deutschen Neiche an. Sie alle ver„
loren im Laufe der Zeiten unter dem Einflu‡ der einwandernden
Deutschen bis auf wendischeNeste ihre Muttersprache.
Die Nationalstaaten des Westens haben, abgesehen von der Aus„
dehnung der christlichen Neiche auf der pyren†ischen Kalbinsel, nie„
mals auf dem Landwege Kolonien angelegt. Sie fuhren €ber See.
Handelsgeist trieb die Italiener der Seest†dte zum West- und S€d„
rande der Valkanhalbinsel und zu den K€sten Asiens und Afrikas,
w†hrend sich die Energien des franz…sischen Volkes vorwiegend in den
Kreuzz€gen, deren Haupttr†ger es war, in und um das Keilige Land
entluden. Es ist eine ruhmvolle Geschichte, die sich auf dem Boden
des byzantinischen Neiches und am Nande muhammedanischer Herr„
schaften abspielte. Doch konnten nur wenige Positionen dauernd
gehalten werden. Dar€ber hinaus bekunden neben einigen Kirchen
vor allem Burgruinen die Zeiten des lateinischen Orientes. Dann
zogen die Schiffe der Westeurop†er €ber die Wasserstra‡en des
Atlantischen und des Indischen Ozeans in die Weiten der Welt.
Die von dem deutschen Neiche inzwischen abgezweigten Nieder-
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l†nder nahmen daran Anteil. Auch sie begr€ndeten Kolonien.
Die €brige deutsche K€ste gewann nur zeitweise eigene St€tzpunkte.
Deutsche Auswanderer zogen in Kolonien fremder Nationen. Die
deutschen Staaten gewannen bei der beginnenden Teilung der Welt
keine €berseeischen Besitzungen.
Der Ruhmestitel des deutschen Volkes beruht auf der Landkoloni„
sation und der Seefahrt in der Ostsee. Sie sind auch die Haupttat f€r
die Verbreitung der europ†ischen abendl†ndischen Kultur. Das nicht
genug zu preisende Ergebnis der Wanderung deutscher Kolonisten nach
dem Osten hat unter Mitwirkung der Polen die Grenze des abendl†n„
dischen Kulturkreises bis dorthin vorgetragen, wo sie noch heute
liegt. Der byzantinisch-griechisch-orthodoxe Kulturkreis hatte den
†u‡ersten Osten Europas dem Christentume gewonnen. Welch ein
unterschied zwischen dem erstarrten Geiste dieser Kultur und dem
der unserigen mit seiner weitgehenden geistigen Freiheit! Der Indi„
vidualismus, das Wesen der Pers…nlichkeit und das Gef€hl von
Menschenwert kamen in den Volkschaften des Ostens in der Form
der Despotie fast nur deren Tr†gern zugute, asiatische Einfl€sse
und Herdengesinnung blieben bestehen.
Es wird sp†ter zu behandeln sein, wie sich die Kolonisation voll„
zog, wie weit sie politische Rechte des deutschen Reiches ausdehnte
oder doch deutsche Staatsbildungen erm…glichte, wie weit geschlosse„
ner deutscher Volksboden entstand, oder doch die herrschenden
deutschen Schichten €ber fremdsprachige Urbev…lkerungen geboten.
Dar€ber hinaus L€cken der deutschen Herrschaften ausf€llend reicht
der deutsche Kultureinflu‡: bis vor Leningrad und zu den Pripet-
s€mpfen, mit isolierten Kolonien in St†dten, auf Adelssitzen und in
sp†rlichen Vauernsiedlungen. Vei der Ausbreitung der altr…mischen
Kultur waren Zivilisten den Legionen gefolgt, bei der deutschen
Ausdehnung gingen vielfach die Kolonisten f€r sich in die weite
Ferne. Die deutsche Staatsgewalt hat dort nur einzelne Kriegsz€ge
gef€hrt. Milit†rische Deckung wurde durch Ritterorden gew†hrt,
aber auch die Junggesellen unter den deutschen Kaufleuten traten
zu Genossenschaften, wie die Schwarzh†upter in Riga, zusammen,
um mit der Waffe ihrem zeitweiligen Aufenthaltsorte zu dienen.
Diese Kulturmission nach Osten wurde durch die enge Verbindung
mit der abendl†ndischen Kirche m…glich. Es gab starke Ans†tze dazu,
da‡ die nordische und …stliche katholische Kirche dauernd an das
Mission†re entsendende Deutschland gebunden wurden. Die gallische
Kirche hat schon an der Missionierung Deutschlands einen geringen
Anteil. Die deutsche ward weit mehr tatenfroh. Ansgars Nachruhm
erweckte bei Erzbischof Adalbert den Plan eines Patriarchates der
Kamburger Kirche f€r den ganzen germanischen Norden. Otto I.
errichtete das Erzbistum Magdeburg f€r die Bekehrung der Slawen,
das von Mainz band B…hmen-M†hren bis ins 14. Jahrhundert
an sich. Am 1200 entstand f€r die baltischen Lande das deutsche
Erzbistum von Niga, mit seinen Suffraganaten von der Weichsel
bis nach Ingermanland reichend. Nach den Untersuchungen Vrack-
manns darf man auch annehmen, da‡ Otto III. bei der Gr€ndung des
Erzbistums Gnesen und des ungarischen in Gran die Absicht hatte,
diese Kirchensysteme eng an die deutsche Kirche zu kn€pfen. Doch
konnte und wollte das Papsttum nicht dauernd von der Leitung
der Christianisierung zur€cktreten. Die Herrscher Polens und
Ungarns €bergaben ihre Lande dem heiligen Petrus und damit
dem P†pstlichen Stuhle, Polen kurz vor 990, und K…nig Stephan
von Ungarn erhielt vom Papste eine K…nigskrone, mit der er 1001
gekr…nt wurde. Diese Sprengel zusammen bildeten den Ostfl€gel
des abendl†ndischen Kulturkreises.
Teutschland empfing entscheidende Kultureinfl€sse von Italien
und Frankreich und gab sie ganz wesentlich um eigene verst†rkt dem
Osten, auch Skandinavien, weiter.
Auch im S€dosten wurde die abendl†ndisch-deutsche Kultur €ber
Ungarn hinausgetragen. Auch da drang man auf Boden griechischƒ
orthodoxer Kultur vor. Als dann die T€rken die byzantinische
Herrschaft niederwarfen, auch Ungarn, traten deutsche Kr†fte in den
Kampf gegen den dritten Kulturkreis ein, den muhammedanisch-ara-
bischen, und trugen das Wesentlichste zur Abwehr und Vesiegung
der T€rken bei. Auch das war eine gro‡e weltgeschichtlicheKultur„
tat. Wenige wissen, da‡ der Gebrauch, zur Mittagszeit in den
Kirchen Glocken zu l†uten, urspr€nglich zum Gebete gegen die
T€rkengefahr aufforderte, wie es Papst Calixtus III. 1456 an„
geordnet hatte.
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Die politisch aktivste Front war f€r die deutschen K…nige die S€d- front. In einzelnenT†lern der Alpen kam auch deutscher Volks„ boden durch den Erwerb des K…nigreichs Italien hinzu. Weit er„ heblicher war der Gewinn, den der Erwerb des K…nigreiches Bur„ gund im Gebiete der Aare und um Basel hinzuf€gte.
Die Kolonisation, der Erwerb der beiden K…nigreiche und das Kaisertum bl†hten den Naum ganz au‡erordentlichauf, in dem der deutsche K…nig seiner Nechte zu walten und Pflichten auszu€ben
hatte. Aber auch dar€ber hinaus wohnten Deutsche. Kein anderes
europ†isches Staatswesen hatte seit dem Verfalle des Weltreiches Karls des Gro‡en einen so weitl†ufigen Aktionsraum, wie ihn die
deutschen K…nige des Mittelalters zu betreuen hatten. Die R€ck„
wirkung dieser ‹berlast auf das Leben innerhalb des deutschen Volks„ raumes wird uns oft entgegentreten.Einst ein fast uferloser Macht„ bereich. Heute wachen und schlafen auch die Grenzw†chter und Z…llner
der Nachbarstaaten fast €berall auf altem deutschem Volksboden. Mit Necht ist das Neich als das der Mitte bezeichnet worden,
f€r sich allein und vollends, solange der allergr…‡te Teil Italiens
mit ihnƒ verbunden war. Aber dieser Staatenverband besa‡ keine staatlichen Flotten. Nicht im Mittelmeere; denn die Kriegsschiffe geh…rten entweder untert†nigen St†dten oder dem reichsfreien Venedig. Nur die letzten Staufer hatten in ihrem Privatreiche Sizilien einen Admiral und eine Kriegsflotte. Kaiser Heinrich VI. gr€ndete darauf gro‡e Pl†ne. Wenn die lateinischenSegel nicht kaiserlich waren, so auch nicht die Koggen der beiden nordischen Meere. Wenn sie auch wohl die rot-wei‡en Wimpel des Reiches f€hrten, so verf€gten die St†dte €ber sie als Eigent€mer. Das
deutsche Neich hatte als solches auf den Meereswogen keine Kraft. Die Landgrenze war nur stellenweise durch die Natur gesichert.
Solange zwischen den vielen Nachbarreichen keine dauernden diplo„
matischen Beziehungen bestanden, blieben die Kriege je auf eine der beiden Fronten beschr†nkt. Seit I5W aber †nderte sich das. Seitdem schwebte das Neich in der Gefahr eines Zweifrontenkrieges.
Zun†chst die Kombination zwischen den T€rken und dem allerchrisi- lichsten K…nige von Frankreich.Diese Gefahr w†chst sich aus zu der einer vollen Einkreisung.
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Noch ist die Vodenformung Deutschlands in ihrem dauernden Einfl€sse auf seine staatliche Entwicklung zu er…rtern. Der Vergleich mit Frankreich dr†ngt sich auf. Dieses hat einen nat€rlichen Mittel„
punkt im Pariser Vecken. Deutschland hatte und hat nichts Šhn„ liches; denn die deutschen Str…me entw†sserndie Lande nach drei Meeren hin, und die deutschen Mittelgebirge bilden dazwischen
betr†chtliche Sperren. Der Nhein ist das st†rkste nat€rliche Band zwischen Nord und S€den. Am 900 gab es in Deutschland im Gegensatze zu Frankreich noch gewaltige Waldungen, die den
Naum zerfaserten. Diese Sperren wurden in den n†chsten Jahr„ hunderten wesentlich gelichtet. Es kamen aber durch die Kolonisation immer neue N†ume hinzu, die nicht dem K…nigshause zufielen,
sondern landesherrlichen Gewalten. Die franz…sischeEntwicklung geht von der Isle de France aus, dem Kauptsitze der k…niglichen
Familie, die den sp†rlichen Besitz zu mehren versteht und durch Lehensrecht auch andere Landschaften meistert. Es liegt in der Vodengesialtungbegr€ndet,da‡ Paris zum Schmelztiegel der S…hne der franz…sischen Landschaften wurde, w†hrend Teutschland einen solchen nicht erzeugte. Die Entwicklung f€hrt in Frankreich zum
Einheitsstaate, in Deutschland beg€nstigte der Voden eine gelockerte Neichsverfassung.
). Die Vorstufen
Chlodovech und das Frankenreich. Religion und Kultur, Verfassung. K…nigtum und Papsttum, ihre Verbindung. DieKaisertr…nung. Verwaltung des Reiches. Beamtentum und Lehenswesen. Teilungen und Abstieg. Bildung der
Stammesherzogt€mer
schen, aber auch mit fremdem Vlute durchsetzten Wanderscharen in
den Tagen des Sturzes des westr…mischen Kaisertums begr€ndet hat„ ten, war, seitdem Karl der Gro‡e auch das Langobardenreich in
seine Gewalt gebracht hatte, nur das der Franken €brig ge„ blieben. Die anderen Neiche waren zu schnellem Unterg†nge ver„ urteilt, weil ihre Begr€nder, die alle den Christenglaubenannahmen,
sich der arianischenGlaubensform angeschlossen hatten, die in der
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romanischen Grundbev…lkerung bald v…llig zur€ckgedr†ngt wurde.
So kam zu dem harten Gegensatze des Blutes noch der sich heftig
befehdender Glaubensbekenntnisse. Erst sp†t beseitigten einige der
Neiche den Konfessionsstreit, indem sie die katholische Lehre an„
nahmen. Nur einer, der erfolgreichste, aber auch skrupelloseste der
Germanenk…nige, der Franke Chlodovech, hatte im katholischen
Gallien sich sofort dem Glauben der dortigen N…mer angeschlossen.
Aus dem Taufbecken nahm er die Kraft mit, nicht nur seine Unter„
tanen verschiedenenStammes miteinander zu verbinden, sondern auch
dar€ber hinaus die Augen der r…misch-katholischen Elemente auf
sich zu ziehen, was langsam zur Geltung kam. Dem neuen schnell
wachsenden Staate war die konfessionelle Einheit gegeben. Die Ger„
manen ergriffen das Christentum verh†ltnism†‡ig schnell, zun†chst
vielfach nur †u‡erlich, und bald auch all das Kulturgut, das die
Nomanen aus der christlich gewordenen Antike gerettet hatten.
Nicht nur die Vibel in der lateinischen ‹bersetzung des heiligen
Hieronymus, die Schriften der Kirchenv†ter und ihre Theologie
wurden €berliefert, sondern auch ein guter Teil der Lateiner der
klassischen, der heidnischen Zeit und ihres Verfalles. Von den Ahn•
Herren der Geistesbildung, den Griechen, €berkamen nur wenige dem
fr€hen abendl†ndischen Mittelalter. Aber auch so war es ein Schatz,
der einen Ausstieg der Kultur erm…glichte. Gewi‡ brauchte es Zeit,
da‡ die christliche Lehre die wilden Herzen der Franken und der
anderen deutschen St†mme b†ndigte. Die Taufe Chlodovechs f€hrte
zu dem Glauben der Franken an eine christliche Mission, an die Ver„
pflichtung ihrer K…nige zum Schutze der Kirche, zur Bekehrung der
Heiden im eigenen Staate wie in der Nachbarschaft. Die christliche
Neligion ward zu einer Zwangsreligion des Staates. Die Juden
machten eine Ausnahme von diesem Neligionsbanne. Als Volks„
fremde geduldet, hatten sie keine politischen Nechte. Die Kirche
bediente sich der lateinischen Sprache, sie wurde auch die des fr†nki„
schen Staates. Auch sie ward ein einigendes Band. Die entwickeltere
wirtschaftliche Kultur ward auch den Germanen zuteil. Es gab keine
zu tiefe Z†sur in der Kultur.
In der Theorie war von Chlodovech bis zum Anfang des 10. Jahr„
hunderts der Staat eine Einheit, fast ein Eigentum des K…nigs, in
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der Praxis aber teilten sich die S…hne in die Verwaltung von Einzel„ r†umen, als wenn es sich um Privatgut handelte. Verwandten- k†mpfe und Abnahme der k…niglichen Macht waren notwendige Folgen. Dauernde Teilungen bildeten sich vor. So nahe das Necht der Teilhaber sich dem Eigentumsrechte am Staate gen†hert hatte, eine absolutistischeGewalt erreichten sie nicht. Das Neich war auch ein Volksstaat. Ein Gegengewicht war schon in der Zeit
der Merowinger die Aristokratie. Der Gro‡grundbesitzer,ob Laie ob Kleriker, hatte in seinem Besitze, auch wenn er Lehen war, eine solide Grundlage seiner Macht. Dieser Gegensatz wirkte in
seiner letzten Fortsetzung, den L†ndern der Weimarer Verfassung bis heute nach. Aristokraten wurden oft F€hrer provinzialer Inter„ essen. Diese hatten auch eine andere St€tze. Die V…lkerschaften
und St†mme des unter Karl dem Gro‡en zu einem Niesenreiche gewordenen Staates lebten in ihrem alten Nechte weiter, die N…mer
nach r…mischen Rechten, die Germanen nach ihren jeweiligen Stammesrechten. Ihre Niederschrift wurde unter Karl im Grunde zu Ende gef€hrt. Da ihr Inhalt vor allem Privatrecht, Strafrecht
und Proze‡verfahren betraf, sicherten sie noch lange mindestens ein„
zelne Besonderheiten.Mit anderen Worten: es gab kein einheitliches deutsches Necht, wenn auch Grundz€ge durch alle hindurchgehen,
so der Aufbau auf Treue und Ehre gegen€ber dem Atilitarismus des r…mischen Nechts, dort Sinnf†lligkeit und Offenheit, hier N€ch„ ternheit, dort genossenschaftlicher Geist, hier Individualismus, dort
das Necht eines wesentlich agrarischen Volkes, hier im Grunde
das Necht einer Stadt ‚ Nom. ^ . Karl der Gro‡e vollzog die Synthese dieser germanischen Volks„
verfassung mit dem von den Merowingern von Nom entlehnten Veamtentume. Aber in Gallien wirkte die r…mische ‹berlieferung st†rker nach als selbst in dem einst r…mischen Teile Deutschlands. Die Franken erstrebten durch die Einrichtung der Grafschaften eine
ann†hernd gleiche Gerichts- und auch Verwaltungsorganisation. Da„ mit wurden die Stammeszusammenh†nge nicht zerst…rt, wohl aber vernichteten die Karlingen fast restlos deren politische Leitung, die Her„
zogt€mer. Es blieb also auch durch das Verordnungsrecht des K…nigs und sein Kofgerichtein Gegensatz von Neichsrechtund Stammesrecht
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bestehen, neben denen sich langsam auch die Nechte der Immunit†ts„ herren mit ihren Gerichten entwickelten. Das allerschwierigste war im Mittelalter die Kontrolle der Verwaltung. Karl schufMissatsprengel,
wo dieK…nigsbotenauch durch VersammlungenunddelegierteK…nigs- gerichte die Kontrolle durchf€hrten.Wurde das System peinlich auf„ rechterhalten, so hatte das Niesenreich eine vortreffliche Organisation.
Doch sie zerfiel bald. Der Zwiespalt zwischen der Einheit des staat„ lichen Verbandes und den partikularen Gewalten trat damit wieder stark hervor, er blieb ein Charakteristikum unserer Staatsverfassung.
Die Kirche des Frankenreiches,eine Landeskirche, mit deren Feh„ lern und Vorz€gen, ward durch eine innere Neformbewegung, an
der Vonifatius einen erheblichen Anteil hatte, und durch die politische Lage zum engen Anschl€sse an das Papsttum gedr†ngt, wie dieses
die St€tze des Frankenreiches brauchte. Schon die Nachrichten €ber ldie vorbereitenden Ereignisse bieten Anla‡ zu vielen Streitfragen.
)/ Wie es zu der Kaiserkr…nungKarls des Gro‡en (800) kam, ist bei der D€rftigkeit und Unklarheit der Quellen, der verwickelten poli„ tischen Lage und der F€lle von M…glichkeiten, die Einzelheitenund
die Gesamtheit zu deuten, ein †u‡erst schwieriges Problem. Nom barg in sich die hehrsten Erinnerungen. Es war die alte Kaiserstadt, die Deutung von Prophezeiungen Daniels durch Hieronymus stellte
das r…mische Neich als das letzte der vier Weltreiche hin, gab ihm
eine eschatologische B€rgschaft. In Nom ruhten die Gebeine der beiden Apostelf€rsten,vor allem wuchs die Verehrung des heiligen Petrus, dessen Nachfolger der Papst war, der erste unter allen kirchlichen W€rdentr†gern, Nom war der Mittelpunkt des Glaubens und christlicher Sehnsucht. And doch lag es am S€drande des latei„
nischen Kulturkreises. Noch geh…rte es zum ostr…mischen Neiche, aber es lockerten sich die geistigen Beziehungen der zu Griechen
gewordenen Nomiier zum lateinischen Abendlande. Von dort her war keine Hilfe zu erwarten, nahmen doch die langobardischen K…nige
den Byzantinern selbst einen ihrer festesten Sitze, Navenna, weg, wo der Exarch, dem auch Nom unterstand, residiert hatte.
Die P†pste dieser schicksalsschweren Tage hatten eine Deckung n…tig, gegen die Langobarden, gegen Vyzanz und gegen die un„ ruhigen Elemente in und um Nom. Es liegt im Wesen kirchlicher
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Gewalten, da‡ sie des Schutzes durch einen waffengewaltigenLaien, auch eines Vlutrichters nach den Anschauungen jener Tage nicht ent„
behren konnten. Noolssia, non sitit 83,n^niQsm. Die deutschen Vi- sch…fe erhielten V…gte. Neben den P†psten stehen weltliche Organe
zu Schutz und Aufsicht, der byzantinischeOberbeamte f€r den Nestbesitz in Italien (der Exarch), unter ihm der r…mische Dux, €ber allen der Kaiser. Eine p†pstliche Gerichtsbarkeitgab es noch nicht.
Da die Oberhoheit von Vyzanz verschwindet ‚ in den Papstur„ kunden wird zuletzt 772 nach dem ostr…mischen Kaiser datiert ‚ kommt es zu dem engen B€ndnisse der P†pste mit den Franken„
k…nigen, den m†chtigsten F€rsten des Abendlandes.
Es hebt an, als der Kausmeier des fr†nkischen Neiches, Pippin, sich entschlo‡, die Schattengewalt der merowingischen K…nige zu be„ seitigen. Dieser Staatsstreich bed€rfte einer Legitimierung. Pippin und die fr†nkische Neichsversammlung legten sie in die H†nde des Papstes, des Griechen Zacharias, der den Schritt billigte (751). Pippin erhielt als erster Frankenk…nig durch bisch…fliche Salbung eine religi…se Weihe. Es kam zu einem Schutzversprechen des K…nigs f€r den Papst und auch (wann?) zu einem Schenkungsversprechen.
Papst Stephan II., ein Stadtr…mer, salbte Pippin noch einmal in St.Denis und gab ihm und seinen S…hnen die W€rde eines Mtriows
lioiNŠnoinui. In zwei Kriegen besiegte Pippin die Langobarden (754 und 756). Der von ihnen eroberte byzantinische Exarchat wurde vom Sieger Pippin nicht etwa an Vyzanz zur€ckgegeben,
sondern dem Papste zur Verwaltung unter fr†nkischem Schutze €berwiesen. Es entstand der Kirchenstaat aus der Vereinigung des Exarchates und der Pentapolis mit dem Gebiete um Nom und einem Verbindungsst€ckein Umbrien. So war von der Adria, zwi„ schen dem unteren Po und Ancona bis zur tyrrhenischen K€ste, von
Civitavecchiabis Terracina, quer durch die langgestreckte Kalbinsel
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einer Oberherrschaft €ber den Kirchenstaat f€hren? Der Weg von
der Schutzherrschaft zur Oberherrschaft ist nicht weit.
Die noch heute jeden tief ergreifende Karfreitagsliturgie, die in
hochheiliger Stunde Gebete f€r alle Aufgaben des Christentums
singt, nahm in ihrer r…mischen Fassung schon 774, neben dem Gebete
f€r den r…mischen Kaiser, den fr†nkischen K…nig Karl auf, wie in
das ‰Nxnltst" vom Karsamstag die Franken. Das war noch kein
Vruch mit Vyzanz. Die gef†lschte Arkunde, nach der Kaiser Kon-
stantin dem Papste Silvester neben anderm die Herrschaft €ber
Nom, Italien und das Abendland schenkte, ist in diesen Jahrzehnten
entstanden. Sie richtete sich gegen Vyzanz oder wandte sich an die
Franken, vielleicht war sie an beide gerichtet. Diese konstantinische
Schenkung erkl†rt sich aus Zust†nden rechtlicher Unklarheit.
Papst Leo III. (795-^816) hatte die Schutzherrschaft Karls deut,
lich dadurch anerkannt, da‡ er nach seiner Wahl dem Frankenk…nige
au‡er dem Wahlprotokoll das Vanner der Stadt Nom sandte.
In Rom leidenschaftlich angefochten, ja mi‡handelt, fluchtete er zu
Karl nach Paderborn. Dieser erschien Ende 809 selbst in Nom,
nahm dort den Neinigungseid des Papstes an. Zwei Tage nachher
setzte ihm der Papst die Kaiserkrone auf. Mindestens die Ausf€hrung
kam Karl €berraschend. Die Initiative des weltgeschichtlich bedeut„
samen Schrittes lag sicher beim Papste. Er war gegen Vyzanz
gerichtet, wie gegen unzuverl†ssige R…mer, bedeutete jedoch auch eine
Kl†rung gegen€ber dem Frankenk…nig. Wie aber dachte Karl? Ein
Zwang, auf Vyzanz R€cksicht zu nehmen, lag im Augenblicke nicht
vor; denn eine Frau sa‡ auf dem Kaiserthrone. Sp†ter hat Karl in
Vyzanz verhandelt. Es bleiben allerhand M…glichkeiten offen, der
Streit der Meinungen wird auch wohl kaum je beendet werden. Aber
war nicht schlie‡lich die Gedankenrichtung Karls, wenn auch von der
des Papstes verschieden, doch mit ihr vereinbar? Schwerlich hat eine
starke Erinnerung des antiken Kaisertums auf ihn eingewirkt, als er
die Krone annahm. Seine Beweggr€nde sind auf dem religi…sen
und fr†nkischen Voden zu suchen. Ihn bewegte der Missionseifer, er
erschien ihm wohl im Vunde mit dem Papste noch fruchtreicher
als ohne ihn. Er griff in die Kirche seines Reiches weit ein, selbst
ins dogmatische Gebiet. Ein j€ngst gefundener Vrief an den Papst
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stellt es klar, da‡ er auch in kirchlichenDingen im eigenen Willen
den Gottes erkannte. Als Frankenk…nig hatte er die Sorge f€r den
Schutz der Kirche und die Mission ererbt, in seinen Taten sie bew†hrt.
Er kannte recht gut das Buch des heiligen Augustin ‰vom Gottes„
staate", er wollte das Neich der Welt im Sinne des Neiches Gottes
f€hren. Das alles mag eingewirkt haben, um ihn zu bestimmen, die
Kaiserkrone hinzunehmen. Sie erh…hte seine Schutzpflicht, aber auch
sein Schutzrecht. An die Stelle des Kaisers von Vyzanz trat nun
offen der Kaiser von Nom, in dem Titel wurde der des Mtrioins
in den Urkunden in pathetischer Form nach byzantinischem Vorbilde
durch den Kaisertitel ersetzt: ‰Der von Gott gekr…nte, gro‡e, frieden„
bringende Kaiser, der das r…mische Neich verwaltet, durch die G€te
Gottes auch K…nig der Franken und Langobarden!" Karl war durch
die Kaiserkr…nung Souver†n €ber Nom und den Kirchenstaat unbe-
schadet der p†pstlichen Nechte geworden.
Die Kaiserkr…nung verband die beiden m†chtigsten Gewalten der
Christenheit zu einer Schicksalsgemeinschaft. Aber beiden thronte die
Aberwelt des Geistigen, der Neligion. In dem Bunde des ver-
kirchlichtenStaates und der in das Weltliche reichenden Kirche lagen
Widerspr€che und ausein†ndergehende Tendenzen, die s†uberliche
Trennung der Befugnisse war von vornherein unm…glich.
Die P†pste waren zun†chst fast machtlos. Karl setzte seinem Sohne
selbst die Kaiserkrone auf, ebenso dieser seinem Sohne. Ludwig
der Fromme war auch im Kirchenregimente schw†chlicher, als
sein Vater es gewesen. Als sein Saus niederging, wurden die
P†pste die Herren der Kaiserauswahl. Die Kaiserkrone kam an
italienische Gro‡e und versank v…llig. Auf Nom und das Neich
blieben die Gedanken von vier Kr†ften gerichtet. Vyzanz hielt an
den alten Anspr€chen fest, der in sich gespaltene r…mische Stadt-
adel f€hrte endlose Wirren herbei, die P†pste blieben einer St€tze
bed€rftig, ein deutscher K…nig wird den Gedanken des Kaisertums
wieder aufnehmen.
Wenn Karl der Gro‡e den Niesenraum seines Neiches wirklich
leiten konnte, so liegt das zun†chst an seiner Kerrscherbegabung, an
seiner Klugheit, Tatkraft und Selbstvertrauen. Von der weiteren
Voraussetzung, guten Verwaltungseinrichtungen, den Grafschaften
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und der Kontrolle durch die K…nigsboten, ist schon gesprochen, Kar -
hatte alle Sonderbildungen aufgel…st. Die h…chsten Befugnisse
standen den zum Schutze der Grenzen aufgestellten Markgrafen zu.
Es kamen eine fruchtbare Gesetzgebung, eine t†tige Kanzlei und noch
ein Nest von Geldeinnahmen hinzu. Das Neich ward von absetzbaren Beamten verwaltet.
Von den Nachkommen des Geistesriesen waren die wenigsten seiner
w€rdig, einige geradezu degeneriert. Wie einst die Merowinger das
Neich geteilt hatten, und auch Karl selbst es zu tun beabsichtigt
hatte, geschah es auch jetzt. St€cke kamen wohl wieder zusammen,
einmal auch das ganze Neich. Es zerbr…ckelte und sank auch in seiner
Gesamtheit.
durch …rtlich angewiesene Naturaleintunfte den Lebensunterhalt zu
sichern, deren Verwaltung bald in deren H†nde kommen wird. Es ist
ein nat€rlicher Vorgang, der zur Feudalit†t, zur Lehensverfassung,
zur Erblichkeit auch der Amtslehen f€hren wird und schlie‡lich die
Nechte des Staates zu einem erheblichen Teile in Sonderrechte der
ehemaligen Beamten umwandelt, die die Staatsleitung nicht mehr
einziehen oder umgestalten kann. Gest€tzt wurde das alte Verh†ltnis
durch die germanische Pflicht der gegenseitigen Treue, diese Pflicht
war auch durch den Glauben an das G…ttliche im Nechte verst†rkt.
Kugelmann sieht mit Necht in dieser Treuepflicht den tiefsten und
letzten Gedanken deutschen Rechtes. Treue gegen€ber dem F€hrer,
dem K…nige! Die altdeutsche Dichtung hat die Treue der Gefolg„
schaft noch lange gefeiert! Doch wird nicht das Interesse an der
Wahrung des €berwiesenen …rtlichen Besitzes dem Diensteifer
Eintrag tun? Werden die vom K…nige her kommenden Befehle
stets auch dann willige Folge finden, wenn ihr Sinn nicht erkannt
oder gar verurteilt wird? Am Ende wird wohl gar das pers…nliche
Treueband gegen€ber einer dinglichen Last auf dem Lehenbesitze
zur€cktreten. Die Landeshoheit der F€rsten wird sich entwickeln und
das Lehensband mit seinen Pflichten erst verdunkeln, dann g†nzlich
abstreifen. Doch stand die Veamtenverfassung und daneben die alt„
germanische Selbstverwaltung im wesentlichen noch aufrecht, als
das Neich definitiv auseinanderbrach.
Von den Teilungen hatte die von Verdun (843) die st†rkste Nachƒ
Wirkung. In dem bald umgesto‡enen Teilungsplane von 817 hatte
Ludwig der Fromme die Oberherrlichkeit des †ltesten, zum Kaiser„
tum bestimmten Sohnes €ber die anderen Teile ausdr€cklich gewahrt.
In Verdun schufen die Vr€der drei von Norden nach S€den sich
erstreckende Teilreiche. Dem †ltesten von ihnen, dem Kaiser Lothar I.
verblieben die Hauptst†dte des Neiches, Aachen und Nom. Der €ber„
lange Streifen von der Weserm€ndung bis s€dlich Nom war im
Breitengrade von Basel am st†rksten eingeengt. Vielleicht hatten
die anderen siegreichen Vr€der sich das milit†rischer Vorteile halber
ausbedungen. Jedenfalls zerbrach das Teilreich schon bald an dieser
Stelle. Das n…rdliche Gebiet: Lotharingien, Burgund und Italien
gingen drei gesonderte Wege. Im Westreiche €berwogen ebenso
die Nomanen, die zuk€nftigen Franzosen, wie im Ostreiche die
Teutschen. Es wurde auch das Ostreich noch einmal geteilt.
Die Westgrenze war eine durch alte Verwaltungsbezirke scharf
gebildete Vinnengrenze. Die Ostgrenze ein breiter Grenzraum auf
erobertem Voden, zu innerst das von Karl begr€ndete, im Westen
fehlende Markensystem, dann sich nach au‡en hin abschattende Nechte,
die sich endlich verlieren.
In diesem, Neiche lebten die alten Stammesgewalten wieder auf,
weil das K…nigtum erlahmt war. Die Not erzeugte eine neue boden„
st†ndige F€hrerschicht in den Herz…gen, die alte Stammeserinnerungen
aufnahmen. So popul†r sie waren, versuchten sie jedoch nicht geradezu
den Staatsverband zu sprengen. Noch hielt der hohe Klerus an
dessen zentralistischem Wesen fest. K…nig Konrad I. (911‚918), der
nach dem Aussterben des deutschen Zweiges der Karlingen mit N€ck-
sicht auf seine Verwandtschaft mit ihnen erw†hlt worden war,
st€tzte sich in seinem Gegensatze zu den neuen Gewalthabern auf die
Bisch…fe. In der Erkenntnis, da‡ dieses System nicht mehr durch„
gef€hrt werden k…nne, designierte er den Sachsenherzog zu seinem
Nachfolger.
Die Herrschaft der Karlingen hatte im Ostreich ihr Ende gefunden.
Schult•, Veutschei Stllllt 2 17
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II. Das deutsche Reich in der Zeit des vorwiegenden Erbrechts der k…niglichen Familie 919-1250
4. Das Werk Heinrichs I.
Wahl Heinrichs I. Anerkennung der Stammesherzogt€mer. Verbreiterung des Reiches: Lothringen und B…hmen. Die deutsche Wespentaille. Die wechselnde Schwerpunktslage
der deutschen Geschichte
Manche sehen schon in dem karolingischen Ostreiche den Anfang des deutschen Reiches, aber dessen Aufbau wurde wesentlich erst durch die Wahl Heinrichs I. festgelegt: Zusammenschlu‡ der Stam„
mesherzogt€merund die nunmehr festbegr€ndete K…nigswahl bilden den Markstein. Das deutsche Neich wurde gebildet aus den St†m„ men, die trotz der karolingischen Grafschaftsverfassungam meisten vom altgermanischenWesen enthielten,und gerade der urspr€ng„
lichste, der der Sachsen, stellte den K…nig. Wie €berhaupt die nor„ dischen Kreise sich als Staatenbildner erwiesen, vorab Normannen, so war auch innerhalb des deutschen Reiches der Norden der F€hrer.
ilnter den Karlingen war nur in zweifelhaften F†llen eine K…nigs„ wahl vorgenommen worden. Die W†hler von 919 dachten nicht
legitimistisch an den karlingischen K…nig des werdenden Frankreichs, sondern an die Herz…ge. Der k…nigliche Stamm der Franken folgte dem Willen des verstorbenen K…nigs und w†hlte mit den Sachsen
deren Herzog Heinrich von Sachsen, die Bayern aber an anderem
Orte ihren Herzog Arnulf. Der Sachse mu‡te mit den Herz…gen von Bayern und Schwaben paktieren und dabei ihre Machtstellung anerkennen, in Bayern sogar die Besetzung der Bist€mer durch den
Herzog. Des K…nigs Neich war ein Konglomerat von St†mmen, volle Gewalt hatte er nur in Sachsen, doch der nat€rliche Egoismus der St†mme war zun†chst €berwunden. Die Herzogt€mer waren
trieb und eine starke, immer und €berall vom Hofe geleitete Ver„
waltung und Politik damals unm…glich machte. Immerhin hat
H einrich I. erreicht , da‡ die urspr€nglich ziemlich freien Herz…ge ihre
Herzogt€mer vom K…nige zu Lehen nahmen. In Frankreich wuchsen
aus eigener Wurzel solche Herzogt€mer kaum hervor. Dort wirkte
die r…mische Staatstradition nach. So waren die beiden Neiche,
die entstanden, von vornherein wesensverschieden. Dualismus in
Deutschland, Monismus in Frankreich.
Die Anerkennung der Herzogt€mer war eine schwere, auch nie
v…llig abgetragene Hypothek auf das Neich. Aber im Gegensatze
zu diesem Partikularismus war der Sieg des Wahlrechtes ein Ge„
winn; denn glattes Erbrecht und Teilung, Wahlrecht und Einheit
des Staates stehen in der deutschen Entwicklung lange Jahrhunderte
hindurch zusammen.
Richtung. Vei dem Erwerbe des n…rdlichen Teiles des Mittel„
reiches, dem Lotharingiens, kamen drei g€nstige ilmst†nde zusammen.
1. Die Gefangenschaft des karlingischenK…nigs von Frankreich, Herrn
in Lotharingien, in H†nden franz…sischer Gro‡er. 2. Die Berechnung
des in Lotharingien m†chtigsten F€rsten Giselher, da‡ er wohl im
Verb†nde des deutschen Reiches, nicht aber in dem Frankreichs
eine Herzogsgewalt €ber Lotharingien gewinnen k…nne. 3. Die Stel„
lung der drei rheinischen Erzbisch…fe, besonders der von K…ln und
Trier, deren Metropolitanbezirke sich bis dahin auf zwei Neiche er„
streckt hatten. Sie geh…rten fortan nur einem Neiche an. Zwar blieb
das Vistum Cambrai dem Neimser Erzbisch…fe unterstellt, dessen
engerer Sprengel €brigens auch ins deutsche Neich €bergriff, doch
im wesentlichen waren die Neichskirchenverb†nde des franz…sischen
und deutschen Neiches sorgf†ltig getrennt.
Im Osten begann sich B…hmen an das Neich anzugliedern. Es
war, wenn auch Neste der alten germanischenBewohner €brig geblieben
sein mochten, damals ein slawisches zersplittertes Staatengebilde.
Durch diese beiden Erwerbungen wurde die €ble Wespentaille des
Neiches zwischen den westlich von Mainz-Worms liegenden Bergen
und Eger wesentlich verbreitert. Die Gefahr einer Trennung von
Nord- und S€ddeutschland wurde gemildert, der Nhein wurde zur
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Kauptader des politischen Lebens wie des wirtschaftlichen. Dem Abend zu wuchs das Neich in alte Stammlande christlich-lateinischer
Kultur, nach dem Morgen in Gebiete, wo sie erst eben tiefe Wurzeln schlug. Nach jener Nichtung gewann das Neich auch Landschaften romanischer Sprache, gr…‡er war die Zahl der Gebiete deutscher Dialekte, nach Osten kamen slawische Gebiete hinzu. Das deutsche Neich hatte also wieder in die Spuren des Neiches Chlodovechs eingelenkt. Es hatte keine rein deutsche Bev…lkerung. Doch machte sich langsam ein nationales Gef€hl geltend. Die Aufgabe, jene Kultur weiter nach Osten zu tragen, erhielt durch Heinrich I. einen breiteren Fruchtboden f€r das Saatgut und eine weitere Fl†che f€r dessen sp†tere Aussaat.
Die Zeit der s†chsischen Kaiser zeigt namentlich zu Anfang den €berragenden Einflu‡ von Norddeutschland auf das Neichsleben, die der Salier den des Maingebietes und des Mittelrheins, die der
Staufer schiebt den Schwerpunkt weiter nach Mittag, die der Luxem„ burgernach dem mittlerenOsten,diederH>absburgernachdemS€dosten.
Niemals wird das zur unbedingten Vorherrschaft. Freilich ward von den Staufern ab der Norden zu wenig vom Neichslebendurchblutet.
Kein europ†ischer Staat hat solche Schwankungen des politischen Schwerpunktes erlebt wie der deutsche. Am wenigstenFrankreich.
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5. Die Thronfolge
Wahl des K…nigs und Erbrecht. Wiedrei Dynastien. Ge genk…nige und Wahlrecht. Stellung der P†pste. Designa„ tion des Nachfolgers. Ursachen des Aussterbens der Dy„ nastien. Versuche, das Erbrecht als Gesetz einzuf€hren. Wahlberechtigte. K…nigskr…nung. Ihre religi…se Bedeu„
tung. Vormundschaftliche Negierung
In dem also begr€ndetendeutschen Neiche herrschte bis zu seinem Ende (1806) ein gew†hlterK…nig. Doch gab es in der ersten bis 1250
reichenden Periode auch Erbanspr€che, die beachtet wurden. Von der Wahl Ottos I. sagt eine dem Hofe nahestehende Quelle: ‰Er wird nach dem Erbrecht gew†hlt." Es galt nicht ein Erbrecht des
†ltesten Sohnes, aber man hielt sich an das Gebl€tsrecht. Anter Amgehung der n†chsten Erben fiel die Wahl auf einen Bruder
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(Heinrich VI.) oder auf einen Neffen (Friedrich I.) oder auf einen Oheim (Philipp). Es folgten sich drei Tynastieen. Die s†chsischen Liudolsinger starben aus, weil von den wenigen S…hnen zu viele
Bisch…fe geworden waren. Das Haus der Salier, das Geschlecht der ungetreuen S…hne, endete mit einem Kaiser ohne m†nnlichen Erben. Mit Konradin, einem ungekr…ntenPrinzen, sank das Mu„
sische Haus auf dem Schafotte dahin. Auf aus weiblicher Erbfolge gefolgerte Erbanspr€che sich st€tzend, wollten die Staufer die Krone des Saliers erben, eine Doppelwahl folgte, die der Staufer nicht durchhielt. Tann machten die Welsen nach dem Tode Kaiser Lothars ebensolche Nechte geltend, doch die Wahl entschied f€r die Staufer. Tiefe Negierung Lothars von Supplinburg galt als ein Vruch des
Erbrechtes, wenigstens trat aus der salischen Kanzlei fast niemand in seine €ber, wie sich das nach seinem Tode wiederholte.
Tie zahlreichen Wahlen von Gegenk…nigen sprechen f€r das Wahl„ recht. Schon bei der Wahl Nudolfs von Nheinfelden (1077) wurde das Erbrecht unter dem Einfl€sse eines p†pstlichen Legaten ausdr€ck„
lich bestritten. Die W†hler wollten ihre Macht mehren und auf den
kommenden Tr†ger Einflu‡ gewinnen,die P†pste ihr Eingreifen er„ leichtern. Sie hatten wegen der von ihnen zu vollziehenden Kaiser„
kr…nung ein starkes Interesse an der Alleing€ltigkeit des Wahlrechtes. Lothar hat als erster die Best†tigung der Wahl durch den Papst nachgesucht. Sehr €bel war die erste v…llig durchgek†mpfte Toppel- wahl, die von 1198 (Philipp der Staufer und der Welfe Otto IV.). Papst Innozenz III. nahm die Entscheidung in Anspruch, was beide K…nige zugestanden. Tie Erbfolge verb€rgte die Kraft des K…nig„ tums, das freie Wahlrecht raubte ihm die Stetigkeit, und Toppel-
wahlen zehrten gewaltig an dem Neichsbesitze. Im Sinne der Erblichkeit trafen viele K…nige Vorsorge, indem
sie bei ihren Lebzeiten den Nachfolger designierten oder w†hlen oder gar zum K…nige, selbst zum Kaiser (Otto II., bei Heinrich VI. blieb es bei dem Plane) kr…nen lie‡en. Toch konnte ein K…nig die
Wahlhandlungen im allgemeinen nur herbeif€hren, wenn er die Kaiserkrone trug. Tiefe Schranke fehlte in dem Wahlreiche Frank„ reich, Dort wurde fast regelm†‡ig bei Lebzeiten gew†hlt, zuletzt 1197. Das Kronprinzentum war so fest, da‡ die Wal/ fortfiel und Frank-
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reich zu einer Erbmonarchie wurde. Im Hause der Kapetingerstarben wohl Linien aus, nicht das Haus selbst. Der erste Fall 1328 f€hrte dann zu einem Erbfolgekriege.
Die Negierungszeit der franz…sischen K…nige bis 1328 betrug im
Durchschnitte 28,4 Jahre, die der deutschen ohne die Gegenk…nige und nach Abzug der Vormundschaften nur 19,3. Das Lebensalter, das die deutschen Herrscher bis zum Ende des Reiches erreichten,
ist €berraschend gering. Zwei K…nige wurden ermordet, Barbarossa ertrank. Das Klima Italiens raffte vier vorzeitig (im Alter von 23-45 Jahren) dahin (Otto II. u.III., Heinrich VI. u. VII.). Nur Friedrich III. erreichte das 78. Lebensjahr, Nudolf I. das 73., Sigismund das 69., Friedrich I. das 68. und Leopold I. das 65.
Diese Ursachen f€hrten in den Zeiten vorwiegenden Erbrechts zweimal zu Vormundschaften (Otto III. u. Heinrich IV., die f€r
Friedrich II. wurde nicht durchzuhalten gewagt). Beide schlugen zum Schaden des Neiches aus. Nach fr†nkischem Nechte wurde der
K^nig^mit 15 IaHren m€ndig. Der ebenso kluge wie energische Staufer Heinrich VI. hat den
Versuch gemacht, das Wahlrecht der F€rsten zu beseitigen. Man darf
wohl sagen, da‡ es stets ein gro‡es Wagnis war, wenn ein deutscher K…nig an der Spitze von Kreuzfahrern ins Heilige Land zog. Bar„ barossa tat es, nachdem er seinen Sohn schon zum Kaiser wenig„ stens ernannt hatte. Als Heinrich VI. denselben Plan erwog, war sein Erbe, ein kleines Kind, keineswegsder Erbschaft des deutschen Neiches sicher. Die Wurzel dieser Schwierigkeit lag im Wahl„
charakter des Neiches. Daraus ist wohl der Versuch erwachsen, die Krone erblich zu machen. Nach anf†nglichem Erfolge bei den F€rsten scheiterte die Verhandlung Heinrichs VI. an dem Wider„ st†nde des zur K…nigskr…nung berechtigten Erzbischofs von K…ln
(Adolf v. Berg); ebenso erging es der Verhandlung mit der P†pst„ lichen Kurie. H†tte dieser willensstarke Staufer das in seinem K…nig„
reiche Sizilien geltende strenge Erbrecht auf die deutsche und damit auch auf die Kaiserkronedurchsetzenk…nnen, so w€rde die deutsche wie italienische Geschichte einen anderen Verlauf genommenhaben.
Es w†re damals wohl noch m…glich gewesen, auch in Teutschland wieder eine starke einheitliche Neichsverwaltung einzuf€hren. Um-
22
sonst hatte Heinrich die Schl€sselstellung der deutschen F€rsten an„
gegriffen. Ob K…nig Albrecht I. wirklich ernsthaft gegen€ber den
Kurf€rsten denselben Versuch gemacht hat, ist sehr zweifelhaft.
W†hrend Deutschland ein reines Wahlreich wurde, hatte Philipp II,
August (1180‚1223) in Frankreich K…nigsmacht und Staatsge„
danken zur Herrschaft gebracht. Hier Steigerung der Kraft des
Staates, in Teutschland ihr Niedergang.
Das theoretische Wahlrecht aller Freien beschr†nkte sich tats†chlich
bald auf die Gro‡en der verschiedenen Landschaften. Die K…nigs„
wahl wurde, schon weil der Gemeinfreie nicht die Mittel hatte, von
weit her am Orte der Wahl zu erscheinen, aristokratifiert. Doch ruhte
der Wahlspruch eines jeden der Gro‡en auf seiner heimatlichen
F€hrerstellung, auf dem Vertrauen seiner Heimat, auf einer ideellen
Verbundenheit der F€hrer mit der Gefolgschaft ihrer Landsleute.
Die K…nigswahl blieb auf diese Weise die Rechtshandlung des ge„
samten Volkes. Es ist fast sicher, da‡ der hohe Klerus erst bei der
Wahl Heinrichs II. Anteil an dem Wahlakte erhielt. In recht kurzer
Zeit gewann der Erzbischof von Mainz die Leitung der Wahl und
damit den gr…‡ten Einflu‡ auf sie. Da das Reich als eine Fort„
setzung des fr†nkischen galt, fand die K…nigswahl zu allermeist auf
fr†nkischem Boden statt, vorwiegend in dem allen St†mmen am
n†chsten liegenden fr†nkischen Raume zwischen Frankfurt‚Mainz‚
Worms. Die Reichsstadt ArmrAnt ^^h^ h^^ h^ regelm†‡ige, durch die Goldene Vulle (1356) der gesetzm†‡ige Wahlort.
Heinrich I. hat die Salbung und Kr…nung durch einen Erzbischof
abgelehnt, sein Sohn Otto der Gro‡e kehrte zu der von den Karlingen
ge€bten geistlichenWeihe zur€ck. Die ottonische Form der deutschen
K…nigskr…nung zu Aachen am Grabe Karls des Gro‡en blieb das
Vorbild der sp†teren. Von diesem Vorzuge Aachens wurde selten
abgewichen. Nach 1531 wurde die Kr…nung der Wahl unmittelbar
angeschlossen,erfolgte also zumeist in Frankfurt. Doch wurde Aachen
jeweils das Recht verbrieft. Diese religi…se Handlung, die den K…nig
fast in den Klerus einbezog, fast zum rsx 8g,<;‡r<1o8 machte, bekundete
deutlich das Gottesgnadentum und hatte bei dem religi…sen Sinne
des Mittelalters auf die Untertanen einen sehr starken Einflu‡.
Wahl und Salbung begr€ndeten einen Vertrag zwischen K…nig
2I
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•WW
und Volk, die Kr…nung gab der Antertanenpfiicht eine religi…se
Weihe. Die K…nigskr…nung und -salbung und der Kr…nungseid
bekunden am deutlichsten die religi…se, christliche, r…misch-katho„
lische Stellung des K…nigtums. Auch das Neich hatte denselben
Grundzug. Untertanen- und Christenpflicht waren eins. Wer nicht
zu dieser Weltanschauung sich bekannte, sollte auch nicht B€rger des
Staates sein. Die Juden galten daher, wie schon gesagt, als Reichs„
fremde. Die Kreuzz€ge verschlechterten ihre Stellung. Sie wurden
k…nigliche Kammerknechte. Es galt eben ein Neligionsbann.
Diese Weltanschauung zu haben, in felsenfestem Glauben an die
Lehre der Kirche, die das Heil auf Erden und im Jenseits verb€rge,
zu leben, war eine staatliche Pflicht. Wie tief sie die Gesinnungen
der Menschen durchs†uerte, wie sehr sie ihre Ziele, ihre Handlungen
von der Wiege bis zum Sarge bestimmte, wie der Christenglaube
die Lebensgemeinschaft f€r alle, vom K…nige bis zum Bettler wurde,
geh…rt mehr in die Kulturgeschichte. Hier ist nur noch klar und deut„
lich zu betonen, da‡ das Religi…se, Christliche, Katholische auch in
die innere und †u‡ere Politik eingriff, sie oft entscheidend bestimmte.
Das abendl†ndische Mittelalter war die Zeit einer weltanschaulichen,
religi…sen Einheit; einer Kulturharmonie. Das Geschick gab dem
deutschen Staate die engste Ber€hrung mit dem Haupte der abend„
l†ndischen Kirche, mit dem Papste. Vorteile ergaben sich daraus
und Nachteile.
Das Necht, die Kr…nung zu vollziehen, fiel an den Metropoliten
des Kr…nungH ortes, f€r Aachen also an den Erzbischof von K…ln,
f€r Frankfurt an den von Mainz. Durch Anteil an Wahl und
Kr…nung wurden diese Kirchenf€rsten an die Spitze des deutschen
F€rstenstandes erhoben.
F€r vormundschaftliche Negierungen gab es keine Negel. Wieder„
holt €bernahmen sie die M€tter. Unter dem Einfl€sse der byzan„
tinischen Šbung kam das auf und erregte auch Bedenken, mit gro‡em
Geschick f€hrte Theophanu, die Griechin, f€r Otto III. die Ne„
gierung. Eine Verschw…rung entzog der ungeeigneten Agnes von
Poitou den jungen Heinrich IV. Von den beiden Negenten Anno
von K…ln und Adalbert von Bremen, den Erzbisch…fen, war keiner
seiner Aufgabe voll gewachsen.
Vei langer Abwesenheit von K…nigen au‡erhalb des Reiches wurden die deutschen Gesch†fte f€rstlichen Personen anvertraut,
doch wohl stets ack nutum des Herrschers. Mehr formiert war die Neichsverweserschaft w†hrend des langen Aufenthaltes Friedrichs II. in Italien (1220‚1235), zun†chst die Engelberts, Erzbischofsvon K…ln, dann die Herzog Ludwigs von Bayern. Ihnen standen Vor„ mundschaftsr†te zur Seite. Fester war dieser Nat 1228, er bestand aus sechs bis zehn Mitgliedern, Geistlichen und Neichsdienstmannen.
So gro‡ sein Einflu‡ war, die eigentliche Verantwortlichkeit trug
zunehmend der jugendliche K…nig Heinrich VII., wie sp†ter von 1237 an sein Vruder Konrad IV., die beide zun†chst viel zu jung waren, um pers…nlich die Gesch†fte zu f€hren. In beiden F†llen wird man an das ‰Vizek…nigtum" Ferdinands I. neben seinem Vruder Karl V. erinnert.
Das deutsche Reich hatte das Gl€ck, da‡ die drei Dynastien ihm keinen ganz unbedeutenden, wohl aber viele ganz hervorragende Herrscher schenkten. An F€hrernaturen war dieses Zeitalter zum Gl€cke des schwerf†lligen Staates reich.
6. K…nigreich Italien. Die Kaiserkrone
Italien. Erneuerung der Kaiserw€rde. Kritik. Beweg, gr€nde. Folgen. Kaisertum und Papsttum. Entwicklung
Neichsitaliens
Den deutschen K…nigen fielen auch au‡erhalb des deutschen Neiches Kronen zu, deren rechtliche Einordnung aber nie zu dauernder staats„ rechtlicher Klarheit f€hrte. Gerade das macht das Verst†ndnis der Neichsgeschichte so €beraus schwer. Im K…nigreiche Italien gewann Otto 1. 951 ein zweites K…nigreich,das er als Erbe der Karolinger in Anspruch nahm. Eine Wahl fand ganz selten statt. So wiederholte
sich die von Karl dem Gro‡en vollzogene Vereinigung des Lango„ bardenreiches mit dem fr†nkischen, ohne da‡ Otto jedoch, wie die
Errichtung einer Kanzlei f€r Italien beweist, die Einheit auf die Ver„ waltung ausdehnte, wie es damals Karl getan hatte. Italien wurde
durch Otto zwar im Nordosten verkleinert, behielt aber seine Staats„ pers…nlichkeit. Otto III. war allerdings vielleicht auf dem Wege, die
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MW
•
beiden Neiche diesseits und jenseits der Alpen zu einer Einheit zu ver„
einigen. Der Versuch mi‡lang. Dem Kampfe einer rebellischen
Aristokratie wurde so Italien durch Otto I. entzogen, der Adelheid,
die Erbin des Neiches, befreit hatte und dann sie heiratete.
Otto erneuerte 962 auch das Kaisertum. Ist schon jener Erwerb
Gegenstand ernster Erw†gungen, so der zweite erst recht ein Zank„
apfel auch f€r die urteilsf†higsten Historiker. Meines Erachtens mu‡
man aufs sorgf†ltigste die Gesichtspunkte, die die Zeit der Hand„
lung hatte oder doch haben konnte, von der Betrachtung der sp†teren
Folgen unterscheiden. Der wird hochmittelalterlichen Herrschern am
besten nahe kommen, der die Macht idealer, ja €beridealer Ziele sich
vor Augen h†lt. Aber dieser irdischen Welt thronte die religi…se
Šberwelt, die geistige Macht des Lebens im Jenseits, f€r das das
Erdenleben nur eine Vorbereitung und Probe ist. Der Gedanke des
Kaisertums war nicht untergegangen. Ohne dieses weltliche Vand
aller abendl†ndischen Christenmenschen erschien die Welt nicht voll„
kommen. Die Harmonie zwischen dem ersten unter den Christenf€rsten
und dem Haupte ihrer Kirche war f€r viele Seelen ein Postulat, ein
Dogma. Karl hatte es erf€llt und Karl war f€r Otto das eigentliche
Vorbild, nicht Konstantin der Gro‡e. Alle K…nige f€hlten sich als
von Gott bestellt. Die religi…se Auffassung vom Berufe eines jeden
Herrschers war im Gedanken des Kaisertums zu h…chst gesteigert. Tante
nannte ihn den Pfleger der Erdenrunde. Die Zeit lebte in festem
Glauben an diesen religi…sen Untergrund.
Zwischen der Lage von 800 und der von 962 sind die Šhnlichkeiten
€berraschend. Das Papsttum war in seinen Tr†gern tiefer gesunken als
damals, in beiden F†llen beriefen P†pste den K…nig nach Nom.
Auch jetzt gab es in Nom keine Nuhe und Sicherheit, auch jetzt konnte
die ewige Stadt sich selbst nicht l†utern und erheben. Im Nahmen
der stadtr…mischen politischen ‹berlieferung, wo der Stadtadel das
Papsttum als sein Eigentum in Anspruch nahm, schien es unent„
rinnbar dem sichtlichen Niedergange verfallen und damit dem
abendl†ndischen Kulturkreise ein moralischer Mittelpunkt geraubt
zu werden. Otto gebot zwar nicht €ber fast das ganze Abendland,
wie einst Karl, aber sein Neich war der Zentralstaat des Kultur„
kreises, er war der r†umlich ausgedehnteste, der innerlich am meisten
26 '
gefestigte. Sein K…nig stand auch den tief zerr€tteten Neichen Frankreich und Burgund fast als Vormund gegen€ber. Italien hatte er in seine Hand gebracht, wie Karl einst das Neich der Langobarden. Beide standen unmittelbar vor Nom, dem gro‡en Magneten ihres Kulturkreises. Wenn Karl die heidnischen Sachsen und Avaren nieder„
geworfenhatte, so trug Otto d i e LorbeeA†nxe seiner Siege €b er Ungarn und Slawen. Auf dem Lechfelde hatte der Sieger sich &n
Druckder Deutschen Verlags-Anstalt !n Swttgart Papier von der Papierfabrik Salach in Salach, W€rttemberg
Die Dynamik der Organisation des deutschen Staates ist zwar
f€r einzelne Perioden und f€r Sachgebiete oft untersucht worden.
F€r den Gesamtzusammenhang ist es nicht geschehen. Nach Karl
Friedrich Eichhorn (Teutsche Staats- und Nechtsgeschichte I.Aufl.
1808‚32) gingen die Wege der Juristen und der Historiker zu weit
auseinander. Jene haben ihrem engeren Berufe folgend die Geschichte
der Verfassung mit der des Privatrechtes, Strafrechtes usw. ver„
bunden. Vei der Losl…sung von der Staatsgeschichte haben sie
naturgem†‡ zumeist den juridischen Gehalt der Einrichtungen bevor„
zugt, wobei deren politische Auswirkungen in den Hintergrund
traten. Nur wenige, wie Andreas Heusler, verschmolzen die Ent„
wicklung der Verfassung mit der Politik. Den Schweizern war das
ein Bed€rfnis, auch den ˆsterreichern; denn ohne diese beiden Kompo„
nenten war die Wesensart ihrer Staatsbildung ganz unverst†ndlich.
Auf der Seite der Historiker haben manche unserer Meister K. W.
Nitzsch folgend auch f€r gr…‡ere Perioden erf€llt, was ich erstrebe ‚
f€r die deutsche Gesamtgeschichte Dietrich Sch†fer. Doch lag auch
ihnen die Erz†hlung der politischen Ereignisse am allern†chsten. Nur
Fritz Kartung verfolgte mit seiner mit dem 15. Jahrhundert an„
hebenden Deutschen Verfassungsgeschichte dasselbe Ziel wie dieses
Buch.
Mein Lebensweg hat mich durch die verschiedensten deutschen
Landschaften gef€hrt, dabei lernte ich die vier Vesitzarten von Hoheits„
rechten (Neichsgut, Hausgut, Neichskirchengut und Gut der welt„
lichen F€rsten und Herren) beobachten und fand damit zu der
horizontalen Periodeneinteilung die vertikale Zerspaltung, die sich
als wertvolle Erkenntnis quelle erwies.
Da ich meinem Lehrauftrage gem†‡ seit 1893 Mittelalter und
Neuzeit zu vertreten hatte und €ber deutsche Verfassungsgeschichte
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immer mehr im Sinne der Dynamik ausgestaltet wurde. Die erste
Frucht f€r die weitere ˆffentlichkeit war die am 50. Ged†chtnistage
der Kaiserproklamation in dem von Franzosen besetzten Vonn
gehaltene ilniversit†tsrede ‰F€rstentum und Einheitsstaat in der
deutschen Geschichte" (1921). Seitdem habe ich systematisch daran
weitergearbeitet, in den letzten sechs Jahren fast ununterbrochen.
Meine wissenschaftliche Lebensarbeit bewegte sich zumeist auf
Grenzgebieten. Das war nutzbringend nur dadurch m…glich, da‡ ich
stets bereitwilligsten Nat und Hilfe von Fachgelehrten erhielt. Das
gilt auch von diesem Buche. Ihnen allen statte ich hier den w†rmsten Tank ab.
Was entstand, ist notwendigerweise ein herbes Vuch. Es fehlen
ihm die leuchtenden Farben politischer Gro‡taten, der geistigen und
wirtschaftlichen Kultur. Auch die wechselnden Theorien der Lehren
vom Staate treten zur€ck. Die Betrachtung mu‡te realistisch sein.
Ich glaube, da‡ eine ungeschminkteDarstellung der durch die Ver„
gangenheit gegebenen Bedingungen gerade unserer Generation von
Nutzen sein kann, die sich mehr als irgendeine vergangene bewu‡t
vor die Aufgabe der Zukunftsgestaltung gestellt sieht.
Vonn, den 4. Januar 1933. Aloys Schulte.
Das Erscheinen des Buches ist durch die g€tigst dem Verleger
gew†hrte Unterst€tzung der Notgemeinschaft der deutschen Wissen„
schaft erm…glicht worden. Ihr auch den Dank des Verfassers aus„
zusprechen ist mir ein tiefes Bed€rfnis. Was sie unter der Leitung
des Herrn Staatsministers a.T. Schmidt-Ott in einem Jahrzehnt
zum Besten ernster Wissenschaft geleistet hat, werden auch sp†tere
Zeiten in hohem Ma‡e anerkennen.
2. Der deutsche Naum ............................... 4
3. Die Vorstufen .................................... 9
II. Das deutsche Reich in der Zeit des vorwiegenden Erb„
rechts der k…niglichen Familie 919^1250
4. Das Werk Heinrichs 1 ............................. 18
5. Die Thronfolge ................................... 20
6. K…nigreich Italien. Die Kaiserkrone .................. 25
7. Angliederung des K…nigreiches Burgund. Seine Auf„ l…sung ........................................... 36
8. Abh†ngigkeitanderer Neiche vom Deutschen .......... 40
9. Die …rtlichen Gewalten ............................. 41
10. Der K…nig und seine Zentralbeamten ................ 51
1 1 . Finanzwesen ...................................... 55
13. Nechtsleben. Schw†chendes Staates ................ 62
14. R€ckblick auf die Ver†nderung im Staatsgef€ge ...... 66
III. Die Zeit des vorwiegenden Einflusses der Kurf€rsten
1250^1519
16. Kein Erbrecht mehr, nur Wahlrecht .................. 71
17. Entwicklungder vier Arten des Besitzes von Hoheits„ rechten ........................................... 75
ƒ
•MZ
22. Die Territorien................................... 88
23. Gro‡e und mittlere Territorien innerhalb des Reiches - 92
24. Fremde F€rsten am Reiche beteiligt ................. 99
25. Genossenschaften als politische Kr†fte ................ 103
26. Die Umbildung des Heereswesens ................... 110
27. Die Entwicklung der Macht der Kurf€rsten ........... 113
28. Reformschriften ................................... 114
30. Die Grenzen des Reiches im Westen ................ 120
31. Die Grenzen des Reiches im Osten 1 ................ 125
32. Grenzen des Reiches. Im Osten II .................. 131
IV. Die Zeit der vorwaltenden religi…sen Gegens†tze i) iy bis
1648 und
V. Die Zeit des vollen Verfalles des Reiches 1648‚1789
33. Charakteristikader ersten Periode .................... 139
34. Entwicklungdes Neligionsrechtes.................... 142
35. Konfessionelle Politik bis zum Drei‡igj†hrigen Kriege . 148
*36. Die Kaiserw€rde verbleibt den Habsburger• .......... 151
*37. Wahlkapitulationen ................................. 154
*4I. Die Rechte des Kaisers im Reiche .................. 167
*42. Die Beh…rden des Kaisers 1 ........................ 170
*44. Der Reichstag .................................... 176
45. Die T†tigkeit der Neichsorgane bis zum Westf†lischen Frieden ..............................----........ 181
46. Der Westf†lische Friede und seine Bestimmungen f€r das innere Neichslehen ................................ 182
47. AllgemeineZ€ge der Zeit von 1648 bis 1789 ......... 185 48. Die Auswirkungen der gesteigerten Macht des Reichstages 187
*49. Das Neichsfinanzwesen............................ 189
*50. Das Heereswesendes Reiches und seiner St†nde I. ... 192
*51. Das Keereswesendes Reiches und seiner St†nde II. .. 195
52. Das Heereswesendes Reiches und seiner St†nde III. . 206
*53. Das Reich und die Wirtschaft ...................... 212
54. Die Beteiligungdes Auslandes am Reiche ......... 216 55. Die Territorien ................................... 220
56. TerritorialeVerwaltung ........................... 222
58. Die Zeit Friedrichs des Gro‡en .................... 237
59. Der Ausgang des friderizianischen Zeitalters ....' ..... 243
VI. Der Zusammenbruch des Reiches
60. Die Franz…sische Revolution ........................ 252
61. ˆsterreich und Preu‡en getrennt in Politik und Krieg- f€hrung .......................................... 258
62. Folgen der Umgestaltung der Neichsverfassung....... 262
63. Der Krieg von 1805, Ende des alten Reichs ......... 266
64. Zusammenfassungdes Wesens des Deutschen Reiches in seinem Niedergange ............................... 271
VII. Tiefste Erniedrigung Deutschlands und seine Befreiung
65. Zusammenbruchder deutschen Gro‡m†chte ............ 275
66. Die Šnderungen der politischen Organisation .......... 281
68. Der Volksgeist.................................... 290
69. Napoleons Zug nach Nu‡land (1812). Erhebung Preu‡ens ........................................ 293
70. Der gro‡e Befreiungskrieg 1813/14 ................. 296
71. Die beiden Pariser Friedensschl€sse .................. 302
VIII. Die Zeit des Deutschen Bundes 1815-1866
72. Der Wiener Kongre‡ .............................. 308
73. Die deutsche Verfassungsfrage und ihre L…sung auf dem Wiener Kongre‡ .................................. 315
74. Die Verfassung des Teutschen Bundes .............. 318
75. Die Verfassungen der Mittel- und Kleinstaaten ....... 325
76. Die Verfassungsfrage in Preu‡en und ˆsterreich ..... 327
77. Freiheitliche Bewegung und Neaktion ................ 331
78. Der Zollverein ................................... 333
81. Der Absolutismus in Preu‡en und ˆsterreich ........ 343
82. Ausw†rtige Fragen ............................... 345
83. Der nationale Gedanke ............................. 349
84. Die Nevolution im Februar und M†rz 1848......... 351
85. Die Nationalversammlung in Frankfurt .............. 356
86. Der Ausgang der Nevolution...................... 363
87. Die Zeit der Neaktion ............................. 373
88. Preu‡en und der Bund in den f€nfziger Jahren ...... 375
89. Entwicklung der europ†ischen Lage in den f€nfziger Jahren 378
90. Die neue Šra in Preu‡en und die Berufung Vismarcks 380
91. Die deutsche Frage bis 1864 ....................... 385
92. Die schleswig'holsteinsche Frage von 1844‚1866 ...... 391
93. Vor dem Kriege von 1866 ......................... 398
95. Das ausgeschiedene ˆsterreich ....................... 415
96. Die Gr€ndung des Norddeutschen Bundes. Seine Ver„
fassung .......................................... 418
98. Der Krieg von 1870/71 ............................ 439
X. Die Zeit des Deutschen Kaiserreiches bis 1914
99. Die Vertr†ge mit den S€dstaaten. Die Kaiserproklamation 445
100. Die Neichsverfassung.............................. 453
102. Die Ausgestaltung des Reiches ..................... 464
103. Die Zeit Kaiser Wilhelms II ....................... 475
104. Die Entwicklung des Heeres und der Marine ......... 479
105. Šu‡ere Politik bis 1914........................... 485
Schlu‡wort ...................................... 491
Literatur€bersicht ................................. 493
Nicht Geschichte der politischen Ereignisse,nicht des Kaisertums. Dynamik des deutschen Staates. Wechselnder Staatsbegriff.
Einheitund Vielheit
Dieses Buch stellt sich eine €beraus schwierige Aufgabe, die das
ernsteste Nachdenken vom Verst†nde fordert und das ruhigste Urteil.
Zugleich bewegt das Thema aufs tiefste unser Gem€t. Wer sich
daran wagt, die Dynamik der Geschichte unseres Staates durch ein
Jahrtausend zu verfolgen, mu‡ die Ursachen unserer St†rke wie
unserer Schw†che, unseres Gl€ckes wie unseres Ungl€ckes aufsuchen.
Er darf sich nicht den Sinn durch romantische Vorstellungen ver„
zaubern, sondern mu‡ den Verstand vorwalten lassen. Die Nanken
des Heldentums, der Poesie, des Idealismus d€rfen den Grundbau
der realen Tatsachen nicht zur€ckdr†ngen. Je schwieriger sich diese
erweisen, um so mehr wird der Verlauf unserer Entwicklung sich als
etwas Gro‡es, als etwas Tragisches dartun. Unserem Volke,
unserem Staate fiel es zu, das Allergr…‡te zu erstreben, das doch
nicht zu erreichen war. Keinem der europ†ischen Staaten boten sich
so hehre Aufgaben, wie es dem deutschen vom mittelalterlichen
Kaisertum aus geschah. Bedingungen, Mittel und Gegenkr†fte sind
zu untersuchen, wie die R€ckschl†ge.
Der Hauptkern wird aber nicht die Geschichte des Kaisertums
sein, sondern die Geschichte des engeren Staates, des deutschen
Reiches. Es liegt mir besonders am Herzen, die Kr†fte zu
verfolgen, die noch heute direkt oder indirekt unsere Geister beein„
flussen. Einheit und Vielheit war von den Tagen des Arminius
bis heute das Kernproblem der Geschichte unseres geliebten Volkes.
Ich ma‡e mir es nicht an, der Zukunft die Wege zu weisen, mein
Vlick ist auf die Vergangenheit gerichtet.
Keine Volksgeschichte ist so verwickelt wie die unserige. Wenn
sie schon uns selbst so €beraus schwierig ist, so ist sie den Ausl†ndern
M
erst recht kaum verst†ndlich. Wenn wir die heutige Staatenwelt
€berschauen, so haben wir im Westen und in Skandinavien Einheits„
staaten mit meist wenig getr€bter nationaler Gleichheit. Die Neu„
bildungen im Osten fassen zumeist mehrere V…lker zusammen
(vorab Jugoslawien, Tschechoslowakei, auch Polen), Nu‡lands
Einheitsstaat wurde durch einen stark zentralisierten Bund von
Sowjetrepubliken ersetzt. In dem Bereiche des einstigen alten
deutschen Neiches ist aber noch heute die Doppelung staatlicher
Organisation, der Aufbau in zwei Stockwerken erhalten: in der
Schweiz blieben der Vundesstaat und die Kantone ‚ nur die
Niederlande haben diese Konstruktion 1814 definitiv verlassen‚,in
Osterreich stehen Vundesstaat und L†nder nebeneinander und ebenso
im Deutschen Neiche nach der Weimarer Verfassung. Das vielgeteilte
untere Stockwerk hat €berall an Bedeutung verloren, aber die Ver„
gangenheit lebt doch noch fort, ohne verha‡t zu sein. Erw†gungen
des Verstandes, realpolitische Gedanken, die Erkenntnis, da‡ in
unserer Lage die Sammlung der Kr†fte lebensnotwendig sei, haben
gerade eben dem oberen Stockwerke, dem Neiche, gr…‡ere Macht
gegen€ber dem unteren, den L†ndern, zugewiesen. Diese sind macht„
loser geworden. Eine neue Epoche unserer Staatsgeschichte ist an„
gebrochen.
teten Gro‡maschinerie zu behandeln sich anschickt, kann nicht ihre
ganze Wirksamkeit durch das Jahrtausend verfolgen, er mu‡ sich
auf die Beschreibung ihrer urspr€nglichen Gestalt und der um„
bauten einschr†nken, der erfolgten und vers†umten, und damit sich
besonders den Krisen zuwenden. Damit verzichtet dieses Vuch fast
ganz auf die h…chsten Neize unserer Vergangenheit. Sie liegen in
den heldenhaften Taten gro‡er Kaiser und K…nige und in dem,
. was das deutsche Volk in geistiger Kultur und in m€hseliger wirt„
schaftlicher Arbeit schuf. Auch den politischen Theorien, denen des
Mittelalters, die in hohen Negionen schwebend sich nur selten mit
praktischen Problemen besch†ftigten, denen der Neuzeit, die eine
internationale Geltung erstrebten oder erreichten, habe ich keinen
breiteren Naum gew†hrt. Durch diese Einschr†nkungen wird herbei„
stets bewu‡t zu bleiben.
Wer politische Lehren aus der Vergangenheit ziehen will, wird
sie noch mehr aus den €blen Entwicklungen ableiten als aus den
gl€ckhaften. Das tritt auch in der neuesten Entwicklung hervor.
Wenn ich in dem Titel des Buches f€r ein ganzes Jahrtausend
von einem deutschen Staate rede, so ist der Begriff Staat in sehr
weitem Sinne zu fassen, denn er hatte nicht zu allen Zeiten den gleichen
Umkreis von Aufgaben. Als mit der K…nigswahl Heinrichs I. sich
das deutsche Neich klar aus den Nachfolgestaaten des Neiches
Karls des Gro‡en absonderte, war der T†tigkeitsbereich der Herr„
scher, wie in allen Neichen der ‰Tiadochen", gegen€ber den Zeiten
jenes Herrschers, der €ber fast den gesamten abendl†ndischen Kultur„
kreis gebot, zur€ckgegangen. Das war in Frankreich noch st†rker
der Fall als bei uns. Wir werden sehen, wie jenes Neich relativ
fr€h die Gewalt des Staates machtvollst ausdehnte, w†hrend im
deutschen Neiche der Oberstaat das nicht mehr erreichen konnte,
sondern das den unteren Gewalten €berlie‡. So wechselt der Inhalt
des Wortes Staat in Teutschland st†rker als in den Einheitsstaaten.
Zun†chst war es nicht eine Sonderheit des deutschen Staats-
raumes, da‡ die Herzen der Untertanen mehr in den Negionen der
unteren, zum Teil privatrechtlichen Verb†nde grundherrlicher,
kommunaler und territorialer Art lebten. Die Seele des gemeinen
Mannes war durch das seinem Gem€te zusagende Treueverh†ltnis
im engeren Nahmen gebunden. Daneben hingen sich die Herzen ‚
vor allem in Deutschland ‚ an die tief erfa‡te und erlebte Gemein„
schaft der christlichen V…lker, wenn auch weder das Papsttum noch
das Kaisertum eine klar umrissene, dauernd geltende politischeGewalt
€ber die anderen christlichenStaaten erreichten. In schroffem Gegen„
satze zu anderen V…lkern war bei unseren Vorfahren neben diesen
Gef€hlsrichtungen die mittlere Nichtung, die der Zuneigung zum
Volksganzen und seiner staatlichen Zusammenfassung gering. Anderen
Neichen blieb diese Dreiteilung fern.
Um rechtlich v…llig klar zu bleiben, Nechte des deutschen Neiches
und des Kaisertums nicht zu vermischen, werde ich, wo es sich nicht
um kaiserlicheBefugnisse handelt, stets vom deutschen K…nige reden.
WM
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gleichg€ltig, ob er zum Kaiser gekr…nt war oder nicht. Mit der An„ nahme des Titels: ‰Erw†hlter r…mischer Kaiser" im Jahre 1507 wird diese Unterscheidung aufzugebensein, obwohl von kaiserlichen
Nechten nur ein sehr kleiner Nest €brig geblieben war.
2. Der deutsche Raum
lands und Frankreichs
Der Naum des deutschen Staates erlebte au‡erordentliche
Schwankungen.Das Neich Heinrich I. umschlo‡ nach der Einver„ leibung Lotharingiens alle deutsch redenden St†mme mit zwei Ausnahmen. An der K€ste des Kanals verbliebendie s€dwestlichen Vlaemen bei Frankreich,in Nordburgund andere Gaue noch €ber
zwei Jahrhunderte bei der Krone Burgund, die inzwischen mit der deutschen verbunden worden war. Wie in Frankreich eine ein„
heitliche Kochsprache die Dialekte auf den einfachen Hausgebrauch einschr†nkte, so hat die oberdeutsche Kochsprachedasselbe erreicht. Jedoch haben die Vlaemen und st†rker noch die Niederl†nder sich
eigene Kochsprachen entwickelt, vor allem seit dem Aufkommendes Buchdrucks.
Der Erwerb Lotharingiens f€gte aber auch weite Strecken roma„ nischer Sprache dem Neiche hinzu, die sich der franz…sischen Koch„ sprache anschl…ssen. Schon vorher geh…rten zum Neiche Gebiete
romanischer Zunge (in Graub€nden und Tirol). An dem Laufe der Elbe gab es auch slawisch Nedende. F€r alle Zungen war noch die
lateinische Sprache die Sprache der h…chsten Kultur, der Urkunden der Autorit†ten in Staat und Kirche, gerade so wie in allen anderen
katholischen Neichen. Das Neich Heinrichs hatte an den Alpen und an der Nordk€ste
nat€rliche Grenzen. War schon die Westgrenze ziemlich k€nstlich,
die aber zun†chst von dem Vruderreichekarolingischer Erbschaft, von
der Nordsee in den Kontinent vorgeschobener Sack dar. Die Gebiete
des Nheins und der oberen Donau bis Wien stellten den †lteren, die
Kultur tragenden Kern dar, doch hatten die Sachsen, so hartn†ckig
sie ihre Freiheit verteidigt hatten, sich schnell in den Christenglauben,
seine Kultur und in den fr†nkischen Staat eingelebt. Ein seltener Vor„
gang.
Es ist das Verdienst der Deutschen, ein weltgeschichtliches, da‡
sie den abendl†ndischen Kulturkreis nach dem Norden und nach dem
Osten hin ausdehnten. Zun†chst haben sie ihn gegen die benachbarten
kleinen slawischen V…lkerschaften verteidigt, K…nig Heinrich auch
gegen die letzte gro‡e Volkswanderung von weither, die der heid„
nischen Ungarn. Des K…nigs Sohn, Otto der Gro‡e, bereitete ihren
Z€gen ein Ende. Ein Lebensalter sp†ter traten auch sie in den abend„
l†ndischenKulturkreis ein. Angarn blieb, kurze Perioden abgerechnet,
selbst†ndig. Dagegen wurde B…hmen ein Glied des Neiches, Polen
in lockerer Form angegliedert. Sie empfingen ihr Christentum ganz
wesentlich von Deutschland her. Die zwischen der Elbe-Saale und
Oder liegenden kleinen Gebiete der Slawen wurden unterworfen
oder schloffen sich freiwillig dem deutschen Neiche an. Sie alle ver„
loren im Laufe der Zeiten unter dem Einflu‡ der einwandernden
Deutschen bis auf wendischeNeste ihre Muttersprache.
Die Nationalstaaten des Westens haben, abgesehen von der Aus„
dehnung der christlichen Neiche auf der pyren†ischen Kalbinsel, nie„
mals auf dem Landwege Kolonien angelegt. Sie fuhren €ber See.
Handelsgeist trieb die Italiener der Seest†dte zum West- und S€d„
rande der Valkanhalbinsel und zu den K€sten Asiens und Afrikas,
w†hrend sich die Energien des franz…sischen Volkes vorwiegend in den
Kreuzz€gen, deren Haupttr†ger es war, in und um das Keilige Land
entluden. Es ist eine ruhmvolle Geschichte, die sich auf dem Boden
des byzantinischen Neiches und am Nande muhammedanischer Herr„
schaften abspielte. Doch konnten nur wenige Positionen dauernd
gehalten werden. Dar€ber hinaus bekunden neben einigen Kirchen
vor allem Burgruinen die Zeiten des lateinischen Orientes. Dann
zogen die Schiffe der Westeurop†er €ber die Wasserstra‡en des
Atlantischen und des Indischen Ozeans in die Weiten der Welt.
Die von dem deutschen Neiche inzwischen abgezweigten Nieder-
.' ,
l†nder nahmen daran Anteil. Auch sie begr€ndeten Kolonien.
Die €brige deutsche K€ste gewann nur zeitweise eigene St€tzpunkte.
Deutsche Auswanderer zogen in Kolonien fremder Nationen. Die
deutschen Staaten gewannen bei der beginnenden Teilung der Welt
keine €berseeischen Besitzungen.
Der Ruhmestitel des deutschen Volkes beruht auf der Landkoloni„
sation und der Seefahrt in der Ostsee. Sie sind auch die Haupttat f€r
die Verbreitung der europ†ischen abendl†ndischen Kultur. Das nicht
genug zu preisende Ergebnis der Wanderung deutscher Kolonisten nach
dem Osten hat unter Mitwirkung der Polen die Grenze des abendl†n„
dischen Kulturkreises bis dorthin vorgetragen, wo sie noch heute
liegt. Der byzantinisch-griechisch-orthodoxe Kulturkreis hatte den
†u‡ersten Osten Europas dem Christentume gewonnen. Welch ein
unterschied zwischen dem erstarrten Geiste dieser Kultur und dem
der unserigen mit seiner weitgehenden geistigen Freiheit! Der Indi„
vidualismus, das Wesen der Pers…nlichkeit und das Gef€hl von
Menschenwert kamen in den Volkschaften des Ostens in der Form
der Despotie fast nur deren Tr†gern zugute, asiatische Einfl€sse
und Herdengesinnung blieben bestehen.
Es wird sp†ter zu behandeln sein, wie sich die Kolonisation voll„
zog, wie weit sie politische Rechte des deutschen Reiches ausdehnte
oder doch deutsche Staatsbildungen erm…glichte, wie weit geschlosse„
ner deutscher Volksboden entstand, oder doch die herrschenden
deutschen Schichten €ber fremdsprachige Urbev…lkerungen geboten.
Dar€ber hinaus L€cken der deutschen Herrschaften ausf€llend reicht
der deutsche Kultureinflu‡: bis vor Leningrad und zu den Pripet-
s€mpfen, mit isolierten Kolonien in St†dten, auf Adelssitzen und in
sp†rlichen Vauernsiedlungen. Vei der Ausbreitung der altr…mischen
Kultur waren Zivilisten den Legionen gefolgt, bei der deutschen
Ausdehnung gingen vielfach die Kolonisten f€r sich in die weite
Ferne. Die deutsche Staatsgewalt hat dort nur einzelne Kriegsz€ge
gef€hrt. Milit†rische Deckung wurde durch Ritterorden gew†hrt,
aber auch die Junggesellen unter den deutschen Kaufleuten traten
zu Genossenschaften, wie die Schwarzh†upter in Riga, zusammen,
um mit der Waffe ihrem zeitweiligen Aufenthaltsorte zu dienen.
Diese Kulturmission nach Osten wurde durch die enge Verbindung
mit der abendl†ndischen Kirche m…glich. Es gab starke Ans†tze dazu,
da‡ die nordische und …stliche katholische Kirche dauernd an das
Mission†re entsendende Deutschland gebunden wurden. Die gallische
Kirche hat schon an der Missionierung Deutschlands einen geringen
Anteil. Die deutsche ward weit mehr tatenfroh. Ansgars Nachruhm
erweckte bei Erzbischof Adalbert den Plan eines Patriarchates der
Kamburger Kirche f€r den ganzen germanischen Norden. Otto I.
errichtete das Erzbistum Magdeburg f€r die Bekehrung der Slawen,
das von Mainz band B…hmen-M†hren bis ins 14. Jahrhundert
an sich. Am 1200 entstand f€r die baltischen Lande das deutsche
Erzbistum von Niga, mit seinen Suffraganaten von der Weichsel
bis nach Ingermanland reichend. Nach den Untersuchungen Vrack-
manns darf man auch annehmen, da‡ Otto III. bei der Gr€ndung des
Erzbistums Gnesen und des ungarischen in Gran die Absicht hatte,
diese Kirchensysteme eng an die deutsche Kirche zu kn€pfen. Doch
konnte und wollte das Papsttum nicht dauernd von der Leitung
der Christianisierung zur€cktreten. Die Herrscher Polens und
Ungarns €bergaben ihre Lande dem heiligen Petrus und damit
dem P†pstlichen Stuhle, Polen kurz vor 990, und K…nig Stephan
von Ungarn erhielt vom Papste eine K…nigskrone, mit der er 1001
gekr…nt wurde. Diese Sprengel zusammen bildeten den Ostfl€gel
des abendl†ndischen Kulturkreises.
Teutschland empfing entscheidende Kultureinfl€sse von Italien
und Frankreich und gab sie ganz wesentlich um eigene verst†rkt dem
Osten, auch Skandinavien, weiter.
Auch im S€dosten wurde die abendl†ndisch-deutsche Kultur €ber
Ungarn hinausgetragen. Auch da drang man auf Boden griechischƒ
orthodoxer Kultur vor. Als dann die T€rken die byzantinische
Herrschaft niederwarfen, auch Ungarn, traten deutsche Kr†fte in den
Kampf gegen den dritten Kulturkreis ein, den muhammedanisch-ara-
bischen, und trugen das Wesentlichste zur Abwehr und Vesiegung
der T€rken bei. Auch das war eine gro‡e weltgeschichtlicheKultur„
tat. Wenige wissen, da‡ der Gebrauch, zur Mittagszeit in den
Kirchen Glocken zu l†uten, urspr€nglich zum Gebete gegen die
T€rkengefahr aufforderte, wie es Papst Calixtus III. 1456 an„
geordnet hatte.
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Die politisch aktivste Front war f€r die deutschen K…nige die S€d- front. In einzelnenT†lern der Alpen kam auch deutscher Volks„ boden durch den Erwerb des K…nigreichs Italien hinzu. Weit er„ heblicher war der Gewinn, den der Erwerb des K…nigreiches Bur„ gund im Gebiete der Aare und um Basel hinzuf€gte.
Die Kolonisation, der Erwerb der beiden K…nigreiche und das Kaisertum bl†hten den Naum ganz au‡erordentlichauf, in dem der deutsche K…nig seiner Nechte zu walten und Pflichten auszu€ben
hatte. Aber auch dar€ber hinaus wohnten Deutsche. Kein anderes
europ†isches Staatswesen hatte seit dem Verfalle des Weltreiches Karls des Gro‡en einen so weitl†ufigen Aktionsraum, wie ihn die
deutschen K…nige des Mittelalters zu betreuen hatten. Die R€ck„
wirkung dieser ‹berlast auf das Leben innerhalb des deutschen Volks„ raumes wird uns oft entgegentreten.Einst ein fast uferloser Macht„ bereich. Heute wachen und schlafen auch die Grenzw†chter und Z…llner
der Nachbarstaaten fast €berall auf altem deutschem Volksboden. Mit Necht ist das Neich als das der Mitte bezeichnet worden,
f€r sich allein und vollends, solange der allergr…‡te Teil Italiens
mit ihnƒ verbunden war. Aber dieser Staatenverband besa‡ keine staatlichen Flotten. Nicht im Mittelmeere; denn die Kriegsschiffe geh…rten entweder untert†nigen St†dten oder dem reichsfreien Venedig. Nur die letzten Staufer hatten in ihrem Privatreiche Sizilien einen Admiral und eine Kriegsflotte. Kaiser Heinrich VI. gr€ndete darauf gro‡e Pl†ne. Wenn die lateinischenSegel nicht kaiserlich waren, so auch nicht die Koggen der beiden nordischen Meere. Wenn sie auch wohl die rot-wei‡en Wimpel des Reiches f€hrten, so verf€gten die St†dte €ber sie als Eigent€mer. Das
deutsche Neich hatte als solches auf den Meereswogen keine Kraft. Die Landgrenze war nur stellenweise durch die Natur gesichert.
Solange zwischen den vielen Nachbarreichen keine dauernden diplo„
matischen Beziehungen bestanden, blieben die Kriege je auf eine der beiden Fronten beschr†nkt. Seit I5W aber †nderte sich das. Seitdem schwebte das Neich in der Gefahr eines Zweifrontenkrieges.
Zun†chst die Kombination zwischen den T€rken und dem allerchrisi- lichsten K…nige von Frankreich.Diese Gefahr w†chst sich aus zu der einer vollen Einkreisung.
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Noch ist die Vodenformung Deutschlands in ihrem dauernden Einfl€sse auf seine staatliche Entwicklung zu er…rtern. Der Vergleich mit Frankreich dr†ngt sich auf. Dieses hat einen nat€rlichen Mittel„
punkt im Pariser Vecken. Deutschland hatte und hat nichts Šhn„ liches; denn die deutschen Str…me entw†sserndie Lande nach drei Meeren hin, und die deutschen Mittelgebirge bilden dazwischen
betr†chtliche Sperren. Der Nhein ist das st†rkste nat€rliche Band zwischen Nord und S€den. Am 900 gab es in Deutschland im Gegensatze zu Frankreich noch gewaltige Waldungen, die den
Naum zerfaserten. Diese Sperren wurden in den n†chsten Jahr„ hunderten wesentlich gelichtet. Es kamen aber durch die Kolonisation immer neue N†ume hinzu, die nicht dem K…nigshause zufielen,
sondern landesherrlichen Gewalten. Die franz…sischeEntwicklung geht von der Isle de France aus, dem Kauptsitze der k…niglichen
Familie, die den sp†rlichen Besitz zu mehren versteht und durch Lehensrecht auch andere Landschaften meistert. Es liegt in der Vodengesialtungbegr€ndet,da‡ Paris zum Schmelztiegel der S…hne der franz…sischen Landschaften wurde, w†hrend Teutschland einen solchen nicht erzeugte. Die Entwicklung f€hrt in Frankreich zum
Einheitsstaate, in Deutschland beg€nstigte der Voden eine gelockerte Neichsverfassung.
). Die Vorstufen
Chlodovech und das Frankenreich. Religion und Kultur, Verfassung. K…nigtum und Papsttum, ihre Verbindung. DieKaisertr…nung. Verwaltung des Reiches. Beamtentum und Lehenswesen. Teilungen und Abstieg. Bildung der
Stammesherzogt€mer
schen, aber auch mit fremdem Vlute durchsetzten Wanderscharen in
den Tagen des Sturzes des westr…mischen Kaisertums begr€ndet hat„ ten, war, seitdem Karl der Gro‡e auch das Langobardenreich in
seine Gewalt gebracht hatte, nur das der Franken €brig ge„ blieben. Die anderen Neiche waren zu schnellem Unterg†nge ver„ urteilt, weil ihre Begr€nder, die alle den Christenglaubenannahmen,
sich der arianischenGlaubensform angeschlossen hatten, die in der
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romanischen Grundbev…lkerung bald v…llig zur€ckgedr†ngt wurde.
So kam zu dem harten Gegensatze des Blutes noch der sich heftig
befehdender Glaubensbekenntnisse. Erst sp†t beseitigten einige der
Neiche den Konfessionsstreit, indem sie die katholische Lehre an„
nahmen. Nur einer, der erfolgreichste, aber auch skrupelloseste der
Germanenk…nige, der Franke Chlodovech, hatte im katholischen
Gallien sich sofort dem Glauben der dortigen N…mer angeschlossen.
Aus dem Taufbecken nahm er die Kraft mit, nicht nur seine Unter„
tanen verschiedenenStammes miteinander zu verbinden, sondern auch
dar€ber hinaus die Augen der r…misch-katholischen Elemente auf
sich zu ziehen, was langsam zur Geltung kam. Dem neuen schnell
wachsenden Staate war die konfessionelle Einheit gegeben. Die Ger„
manen ergriffen das Christentum verh†ltnism†‡ig schnell, zun†chst
vielfach nur †u‡erlich, und bald auch all das Kulturgut, das die
Nomanen aus der christlich gewordenen Antike gerettet hatten.
Nicht nur die Vibel in der lateinischen ‹bersetzung des heiligen
Hieronymus, die Schriften der Kirchenv†ter und ihre Theologie
wurden €berliefert, sondern auch ein guter Teil der Lateiner der
klassischen, der heidnischen Zeit und ihres Verfalles. Von den Ahn•
Herren der Geistesbildung, den Griechen, €berkamen nur wenige dem
fr€hen abendl†ndischen Mittelalter. Aber auch so war es ein Schatz,
der einen Ausstieg der Kultur erm…glichte. Gewi‡ brauchte es Zeit,
da‡ die christliche Lehre die wilden Herzen der Franken und der
anderen deutschen St†mme b†ndigte. Die Taufe Chlodovechs f€hrte
zu dem Glauben der Franken an eine christliche Mission, an die Ver„
pflichtung ihrer K…nige zum Schutze der Kirche, zur Bekehrung der
Heiden im eigenen Staate wie in der Nachbarschaft. Die christliche
Neligion ward zu einer Zwangsreligion des Staates. Die Juden
machten eine Ausnahme von diesem Neligionsbanne. Als Volks„
fremde geduldet, hatten sie keine politischen Nechte. Die Kirche
bediente sich der lateinischen Sprache, sie wurde auch die des fr†nki„
schen Staates. Auch sie ward ein einigendes Band. Die entwickeltere
wirtschaftliche Kultur ward auch den Germanen zuteil. Es gab keine
zu tiefe Z†sur in der Kultur.
In der Theorie war von Chlodovech bis zum Anfang des 10. Jahr„
hunderts der Staat eine Einheit, fast ein Eigentum des K…nigs, in
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der Praxis aber teilten sich die S…hne in die Verwaltung von Einzel„ r†umen, als wenn es sich um Privatgut handelte. Verwandten- k†mpfe und Abnahme der k…niglichen Macht waren notwendige Folgen. Dauernde Teilungen bildeten sich vor. So nahe das Necht der Teilhaber sich dem Eigentumsrechte am Staate gen†hert hatte, eine absolutistischeGewalt erreichten sie nicht. Das Neich war auch ein Volksstaat. Ein Gegengewicht war schon in der Zeit
der Merowinger die Aristokratie. Der Gro‡grundbesitzer,ob Laie ob Kleriker, hatte in seinem Besitze, auch wenn er Lehen war, eine solide Grundlage seiner Macht. Dieser Gegensatz wirkte in
seiner letzten Fortsetzung, den L†ndern der Weimarer Verfassung bis heute nach. Aristokraten wurden oft F€hrer provinzialer Inter„ essen. Diese hatten auch eine andere St€tze. Die V…lkerschaften
und St†mme des unter Karl dem Gro‡en zu einem Niesenreiche gewordenen Staates lebten in ihrem alten Nechte weiter, die N…mer
nach r…mischen Rechten, die Germanen nach ihren jeweiligen Stammesrechten. Ihre Niederschrift wurde unter Karl im Grunde zu Ende gef€hrt. Da ihr Inhalt vor allem Privatrecht, Strafrecht
und Proze‡verfahren betraf, sicherten sie noch lange mindestens ein„
zelne Besonderheiten.Mit anderen Worten: es gab kein einheitliches deutsches Necht, wenn auch Grundz€ge durch alle hindurchgehen,
so der Aufbau auf Treue und Ehre gegen€ber dem Atilitarismus des r…mischen Nechts, dort Sinnf†lligkeit und Offenheit, hier N€ch„ ternheit, dort genossenschaftlicher Geist, hier Individualismus, dort
das Necht eines wesentlich agrarischen Volkes, hier im Grunde
das Necht einer Stadt ‚ Nom. ^ . Karl der Gro‡e vollzog die Synthese dieser germanischen Volks„
verfassung mit dem von den Merowingern von Nom entlehnten Veamtentume. Aber in Gallien wirkte die r…mische ‹berlieferung st†rker nach als selbst in dem einst r…mischen Teile Deutschlands. Die Franken erstrebten durch die Einrichtung der Grafschaften eine
ann†hernd gleiche Gerichts- und auch Verwaltungsorganisation. Da„ mit wurden die Stammeszusammenh†nge nicht zerst…rt, wohl aber vernichteten die Karlingen fast restlos deren politische Leitung, die Her„
zogt€mer. Es blieb also auch durch das Verordnungsrecht des K…nigs und sein Kofgerichtein Gegensatz von Neichsrechtund Stammesrecht
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bestehen, neben denen sich langsam auch die Nechte der Immunit†ts„ herren mit ihren Gerichten entwickelten. Das allerschwierigste war im Mittelalter die Kontrolle der Verwaltung. Karl schufMissatsprengel,
wo dieK…nigsbotenauch durch VersammlungenunddelegierteK…nigs- gerichte die Kontrolle durchf€hrten.Wurde das System peinlich auf„ rechterhalten, so hatte das Niesenreich eine vortreffliche Organisation.
Doch sie zerfiel bald. Der Zwiespalt zwischen der Einheit des staat„ lichen Verbandes und den partikularen Gewalten trat damit wieder stark hervor, er blieb ein Charakteristikum unserer Staatsverfassung.
Die Kirche des Frankenreiches,eine Landeskirche, mit deren Feh„ lern und Vorz€gen, ward durch eine innere Neformbewegung, an
der Vonifatius einen erheblichen Anteil hatte, und durch die politische Lage zum engen Anschl€sse an das Papsttum gedr†ngt, wie dieses
die St€tze des Frankenreiches brauchte. Schon die Nachrichten €ber ldie vorbereitenden Ereignisse bieten Anla‡ zu vielen Streitfragen.
)/ Wie es zu der Kaiserkr…nungKarls des Gro‡en (800) kam, ist bei der D€rftigkeit und Unklarheit der Quellen, der verwickelten poli„ tischen Lage und der F€lle von M…glichkeiten, die Einzelheitenund
die Gesamtheit zu deuten, ein †u‡erst schwieriges Problem. Nom barg in sich die hehrsten Erinnerungen. Es war die alte Kaiserstadt, die Deutung von Prophezeiungen Daniels durch Hieronymus stellte
das r…mische Neich als das letzte der vier Weltreiche hin, gab ihm
eine eschatologische B€rgschaft. In Nom ruhten die Gebeine der beiden Apostelf€rsten,vor allem wuchs die Verehrung des heiligen Petrus, dessen Nachfolger der Papst war, der erste unter allen kirchlichen W€rdentr†gern, Nom war der Mittelpunkt des Glaubens und christlicher Sehnsucht. And doch lag es am S€drande des latei„
nischen Kulturkreises. Noch geh…rte es zum ostr…mischen Neiche, aber es lockerten sich die geistigen Beziehungen der zu Griechen
gewordenen Nomiier zum lateinischen Abendlande. Von dort her war keine Hilfe zu erwarten, nahmen doch die langobardischen K…nige
den Byzantinern selbst einen ihrer festesten Sitze, Navenna, weg, wo der Exarch, dem auch Nom unterstand, residiert hatte.
Die P†pste dieser schicksalsschweren Tage hatten eine Deckung n…tig, gegen die Langobarden, gegen Vyzanz und gegen die un„ ruhigen Elemente in und um Nom. Es liegt im Wesen kirchlicher
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Gewalten, da‡ sie des Schutzes durch einen waffengewaltigenLaien, auch eines Vlutrichters nach den Anschauungen jener Tage nicht ent„
behren konnten. Noolssia, non sitit 83,n^niQsm. Die deutschen Vi- sch…fe erhielten V…gte. Neben den P†psten stehen weltliche Organe
zu Schutz und Aufsicht, der byzantinischeOberbeamte f€r den Nestbesitz in Italien (der Exarch), unter ihm der r…mische Dux, €ber allen der Kaiser. Eine p†pstliche Gerichtsbarkeitgab es noch nicht.
Da die Oberhoheit von Vyzanz verschwindet ‚ in den Papstur„ kunden wird zuletzt 772 nach dem ostr…mischen Kaiser datiert ‚ kommt es zu dem engen B€ndnisse der P†pste mit den Franken„
k…nigen, den m†chtigsten F€rsten des Abendlandes.
Es hebt an, als der Kausmeier des fr†nkischen Neiches, Pippin, sich entschlo‡, die Schattengewalt der merowingischen K…nige zu be„ seitigen. Dieser Staatsstreich bed€rfte einer Legitimierung. Pippin und die fr†nkische Neichsversammlung legten sie in die H†nde des Papstes, des Griechen Zacharias, der den Schritt billigte (751). Pippin erhielt als erster Frankenk…nig durch bisch…fliche Salbung eine religi…se Weihe. Es kam zu einem Schutzversprechen des K…nigs f€r den Papst und auch (wann?) zu einem Schenkungsversprechen.
Papst Stephan II., ein Stadtr…mer, salbte Pippin noch einmal in St.Denis und gab ihm und seinen S…hnen die W€rde eines Mtriows
lioiNŠnoinui. In zwei Kriegen besiegte Pippin die Langobarden (754 und 756). Der von ihnen eroberte byzantinische Exarchat wurde vom Sieger Pippin nicht etwa an Vyzanz zur€ckgegeben,
sondern dem Papste zur Verwaltung unter fr†nkischem Schutze €berwiesen. Es entstand der Kirchenstaat aus der Vereinigung des Exarchates und der Pentapolis mit dem Gebiete um Nom und einem Verbindungsst€ckein Umbrien. So war von der Adria, zwi„ schen dem unteren Po und Ancona bis zur tyrrhenischen K€ste, von
Civitavecchiabis Terracina, quer durch die langgestreckte Kalbinsel
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einer Oberherrschaft €ber den Kirchenstaat f€hren? Der Weg von
der Schutzherrschaft zur Oberherrschaft ist nicht weit.
Die noch heute jeden tief ergreifende Karfreitagsliturgie, die in
hochheiliger Stunde Gebete f€r alle Aufgaben des Christentums
singt, nahm in ihrer r…mischen Fassung schon 774, neben dem Gebete
f€r den r…mischen Kaiser, den fr†nkischen K…nig Karl auf, wie in
das ‰Nxnltst" vom Karsamstag die Franken. Das war noch kein
Vruch mit Vyzanz. Die gef†lschte Arkunde, nach der Kaiser Kon-
stantin dem Papste Silvester neben anderm die Herrschaft €ber
Nom, Italien und das Abendland schenkte, ist in diesen Jahrzehnten
entstanden. Sie richtete sich gegen Vyzanz oder wandte sich an die
Franken, vielleicht war sie an beide gerichtet. Diese konstantinische
Schenkung erkl†rt sich aus Zust†nden rechtlicher Unklarheit.
Papst Leo III. (795-^816) hatte die Schutzherrschaft Karls deut,
lich dadurch anerkannt, da‡ er nach seiner Wahl dem Frankenk…nige
au‡er dem Wahlprotokoll das Vanner der Stadt Nom sandte.
In Rom leidenschaftlich angefochten, ja mi‡handelt, fluchtete er zu
Karl nach Paderborn. Dieser erschien Ende 809 selbst in Nom,
nahm dort den Neinigungseid des Papstes an. Zwei Tage nachher
setzte ihm der Papst die Kaiserkrone auf. Mindestens die Ausf€hrung
kam Karl €berraschend. Die Initiative des weltgeschichtlich bedeut„
samen Schrittes lag sicher beim Papste. Er war gegen Vyzanz
gerichtet, wie gegen unzuverl†ssige R…mer, bedeutete jedoch auch eine
Kl†rung gegen€ber dem Frankenk…nig. Wie aber dachte Karl? Ein
Zwang, auf Vyzanz R€cksicht zu nehmen, lag im Augenblicke nicht
vor; denn eine Frau sa‡ auf dem Kaiserthrone. Sp†ter hat Karl in
Vyzanz verhandelt. Es bleiben allerhand M…glichkeiten offen, der
Streit der Meinungen wird auch wohl kaum je beendet werden. Aber
war nicht schlie‡lich die Gedankenrichtung Karls, wenn auch von der
des Papstes verschieden, doch mit ihr vereinbar? Schwerlich hat eine
starke Erinnerung des antiken Kaisertums auf ihn eingewirkt, als er
die Krone annahm. Seine Beweggr€nde sind auf dem religi…sen
und fr†nkischen Voden zu suchen. Ihn bewegte der Missionseifer, er
erschien ihm wohl im Vunde mit dem Papste noch fruchtreicher
als ohne ihn. Er griff in die Kirche seines Reiches weit ein, selbst
ins dogmatische Gebiet. Ein j€ngst gefundener Vrief an den Papst
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stellt es klar, da‡ er auch in kirchlichenDingen im eigenen Willen
den Gottes erkannte. Als Frankenk…nig hatte er die Sorge f€r den
Schutz der Kirche und die Mission ererbt, in seinen Taten sie bew†hrt.
Er kannte recht gut das Buch des heiligen Augustin ‰vom Gottes„
staate", er wollte das Neich der Welt im Sinne des Neiches Gottes
f€hren. Das alles mag eingewirkt haben, um ihn zu bestimmen, die
Kaiserkrone hinzunehmen. Sie erh…hte seine Schutzpflicht, aber auch
sein Schutzrecht. An die Stelle des Kaisers von Vyzanz trat nun
offen der Kaiser von Nom, in dem Titel wurde der des Mtrioins
in den Urkunden in pathetischer Form nach byzantinischem Vorbilde
durch den Kaisertitel ersetzt: ‰Der von Gott gekr…nte, gro‡e, frieden„
bringende Kaiser, der das r…mische Neich verwaltet, durch die G€te
Gottes auch K…nig der Franken und Langobarden!" Karl war durch
die Kaiserkr…nung Souver†n €ber Nom und den Kirchenstaat unbe-
schadet der p†pstlichen Nechte geworden.
Die Kaiserkr…nung verband die beiden m†chtigsten Gewalten der
Christenheit zu einer Schicksalsgemeinschaft. Aber beiden thronte die
Aberwelt des Geistigen, der Neligion. In dem Bunde des ver-
kirchlichtenStaates und der in das Weltliche reichenden Kirche lagen
Widerspr€che und ausein†ndergehende Tendenzen, die s†uberliche
Trennung der Befugnisse war von vornherein unm…glich.
Die P†pste waren zun†chst fast machtlos. Karl setzte seinem Sohne
selbst die Kaiserkrone auf, ebenso dieser seinem Sohne. Ludwig
der Fromme war auch im Kirchenregimente schw†chlicher, als
sein Vater es gewesen. Als sein Saus niederging, wurden die
P†pste die Herren der Kaiserauswahl. Die Kaiserkrone kam an
italienische Gro‡e und versank v…llig. Auf Nom und das Neich
blieben die Gedanken von vier Kr†ften gerichtet. Vyzanz hielt an
den alten Anspr€chen fest, der in sich gespaltene r…mische Stadt-
adel f€hrte endlose Wirren herbei, die P†pste blieben einer St€tze
bed€rftig, ein deutscher K…nig wird den Gedanken des Kaisertums
wieder aufnehmen.
Wenn Karl der Gro‡e den Niesenraum seines Neiches wirklich
leiten konnte, so liegt das zun†chst an seiner Kerrscherbegabung, an
seiner Klugheit, Tatkraft und Selbstvertrauen. Von der weiteren
Voraussetzung, guten Verwaltungseinrichtungen, den Grafschaften
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und der Kontrolle durch die K…nigsboten, ist schon gesprochen, Kar -
hatte alle Sonderbildungen aufgel…st. Die h…chsten Befugnisse
standen den zum Schutze der Grenzen aufgestellten Markgrafen zu.
Es kamen eine fruchtbare Gesetzgebung, eine t†tige Kanzlei und noch
ein Nest von Geldeinnahmen hinzu. Das Neich ward von absetzbaren Beamten verwaltet.
Von den Nachkommen des Geistesriesen waren die wenigsten seiner
w€rdig, einige geradezu degeneriert. Wie einst die Merowinger das
Neich geteilt hatten, und auch Karl selbst es zu tun beabsichtigt
hatte, geschah es auch jetzt. St€cke kamen wohl wieder zusammen,
einmal auch das ganze Neich. Es zerbr…ckelte und sank auch in seiner
Gesamtheit.
durch …rtlich angewiesene Naturaleintunfte den Lebensunterhalt zu
sichern, deren Verwaltung bald in deren H†nde kommen wird. Es ist
ein nat€rlicher Vorgang, der zur Feudalit†t, zur Lehensverfassung,
zur Erblichkeit auch der Amtslehen f€hren wird und schlie‡lich die
Nechte des Staates zu einem erheblichen Teile in Sonderrechte der
ehemaligen Beamten umwandelt, die die Staatsleitung nicht mehr
einziehen oder umgestalten kann. Gest€tzt wurde das alte Verh†ltnis
durch die germanische Pflicht der gegenseitigen Treue, diese Pflicht
war auch durch den Glauben an das G…ttliche im Nechte verst†rkt.
Kugelmann sieht mit Necht in dieser Treuepflicht den tiefsten und
letzten Gedanken deutschen Rechtes. Treue gegen€ber dem F€hrer,
dem K…nige! Die altdeutsche Dichtung hat die Treue der Gefolg„
schaft noch lange gefeiert! Doch wird nicht das Interesse an der
Wahrung des €berwiesenen …rtlichen Besitzes dem Diensteifer
Eintrag tun? Werden die vom K…nige her kommenden Befehle
stets auch dann willige Folge finden, wenn ihr Sinn nicht erkannt
oder gar verurteilt wird? Am Ende wird wohl gar das pers…nliche
Treueband gegen€ber einer dinglichen Last auf dem Lehenbesitze
zur€cktreten. Die Landeshoheit der F€rsten wird sich entwickeln und
das Lehensband mit seinen Pflichten erst verdunkeln, dann g†nzlich
abstreifen. Doch stand die Veamtenverfassung und daneben die alt„
germanische Selbstverwaltung im wesentlichen noch aufrecht, als
das Neich definitiv auseinanderbrach.
Von den Teilungen hatte die von Verdun (843) die st†rkste Nachƒ
Wirkung. In dem bald umgesto‡enen Teilungsplane von 817 hatte
Ludwig der Fromme die Oberherrlichkeit des †ltesten, zum Kaiser„
tum bestimmten Sohnes €ber die anderen Teile ausdr€cklich gewahrt.
In Verdun schufen die Vr€der drei von Norden nach S€den sich
erstreckende Teilreiche. Dem †ltesten von ihnen, dem Kaiser Lothar I.
verblieben die Hauptst†dte des Neiches, Aachen und Nom. Der €ber„
lange Streifen von der Weserm€ndung bis s€dlich Nom war im
Breitengrade von Basel am st†rksten eingeengt. Vielleicht hatten
die anderen siegreichen Vr€der sich das milit†rischer Vorteile halber
ausbedungen. Jedenfalls zerbrach das Teilreich schon bald an dieser
Stelle. Das n…rdliche Gebiet: Lotharingien, Burgund und Italien
gingen drei gesonderte Wege. Im Westreiche €berwogen ebenso
die Nomanen, die zuk€nftigen Franzosen, wie im Ostreiche die
Teutschen. Es wurde auch das Ostreich noch einmal geteilt.
Die Westgrenze war eine durch alte Verwaltungsbezirke scharf
gebildete Vinnengrenze. Die Ostgrenze ein breiter Grenzraum auf
erobertem Voden, zu innerst das von Karl begr€ndete, im Westen
fehlende Markensystem, dann sich nach au‡en hin abschattende Nechte,
die sich endlich verlieren.
In diesem, Neiche lebten die alten Stammesgewalten wieder auf,
weil das K…nigtum erlahmt war. Die Not erzeugte eine neue boden„
st†ndige F€hrerschicht in den Herz…gen, die alte Stammeserinnerungen
aufnahmen. So popul†r sie waren, versuchten sie jedoch nicht geradezu
den Staatsverband zu sprengen. Noch hielt der hohe Klerus an
dessen zentralistischem Wesen fest. K…nig Konrad I. (911‚918), der
nach dem Aussterben des deutschen Zweiges der Karlingen mit N€ck-
sicht auf seine Verwandtschaft mit ihnen erw†hlt worden war,
st€tzte sich in seinem Gegensatze zu den neuen Gewalthabern auf die
Bisch…fe. In der Erkenntnis, da‡ dieses System nicht mehr durch„
gef€hrt werden k…nne, designierte er den Sachsenherzog zu seinem
Nachfolger.
Die Herrschaft der Karlingen hatte im Ostreich ihr Ende gefunden.
Schult•, Veutschei Stllllt 2 17
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II. Das deutsche Reich in der Zeit des vorwiegenden Erbrechts der k…niglichen Familie 919-1250
4. Das Werk Heinrichs I.
Wahl Heinrichs I. Anerkennung der Stammesherzogt€mer. Verbreiterung des Reiches: Lothringen und B…hmen. Die deutsche Wespentaille. Die wechselnde Schwerpunktslage
der deutschen Geschichte
Manche sehen schon in dem karolingischen Ostreiche den Anfang des deutschen Reiches, aber dessen Aufbau wurde wesentlich erst durch die Wahl Heinrichs I. festgelegt: Zusammenschlu‡ der Stam„
mesherzogt€merund die nunmehr festbegr€ndete K…nigswahl bilden den Markstein. Das deutsche Neich wurde gebildet aus den St†m„ men, die trotz der karolingischen Grafschaftsverfassungam meisten vom altgermanischenWesen enthielten,und gerade der urspr€ng„
lichste, der der Sachsen, stellte den K…nig. Wie €berhaupt die nor„ dischen Kreise sich als Staatenbildner erwiesen, vorab Normannen, so war auch innerhalb des deutschen Reiches der Norden der F€hrer.
ilnter den Karlingen war nur in zweifelhaften F†llen eine K…nigs„ wahl vorgenommen worden. Die W†hler von 919 dachten nicht
legitimistisch an den karlingischen K…nig des werdenden Frankreichs, sondern an die Herz…ge. Der k…nigliche Stamm der Franken folgte dem Willen des verstorbenen K…nigs und w†hlte mit den Sachsen
deren Herzog Heinrich von Sachsen, die Bayern aber an anderem
Orte ihren Herzog Arnulf. Der Sachse mu‡te mit den Herz…gen von Bayern und Schwaben paktieren und dabei ihre Machtstellung anerkennen, in Bayern sogar die Besetzung der Bist€mer durch den
Herzog. Des K…nigs Neich war ein Konglomerat von St†mmen, volle Gewalt hatte er nur in Sachsen, doch der nat€rliche Egoismus der St†mme war zun†chst €berwunden. Die Herzogt€mer waren
trieb und eine starke, immer und €berall vom Hofe geleitete Ver„
waltung und Politik damals unm…glich machte. Immerhin hat
H einrich I. erreicht , da‡ die urspr€nglich ziemlich freien Herz…ge ihre
Herzogt€mer vom K…nige zu Lehen nahmen. In Frankreich wuchsen
aus eigener Wurzel solche Herzogt€mer kaum hervor. Dort wirkte
die r…mische Staatstradition nach. So waren die beiden Neiche,
die entstanden, von vornherein wesensverschieden. Dualismus in
Deutschland, Monismus in Frankreich.
Die Anerkennung der Herzogt€mer war eine schwere, auch nie
v…llig abgetragene Hypothek auf das Neich. Aber im Gegensatze
zu diesem Partikularismus war der Sieg des Wahlrechtes ein Ge„
winn; denn glattes Erbrecht und Teilung, Wahlrecht und Einheit
des Staates stehen in der deutschen Entwicklung lange Jahrhunderte
hindurch zusammen.
Richtung. Vei dem Erwerbe des n…rdlichen Teiles des Mittel„
reiches, dem Lotharingiens, kamen drei g€nstige ilmst†nde zusammen.
1. Die Gefangenschaft des karlingischenK…nigs von Frankreich, Herrn
in Lotharingien, in H†nden franz…sischer Gro‡er. 2. Die Berechnung
des in Lotharingien m†chtigsten F€rsten Giselher, da‡ er wohl im
Verb†nde des deutschen Reiches, nicht aber in dem Frankreichs
eine Herzogsgewalt €ber Lotharingien gewinnen k…nne. 3. Die Stel„
lung der drei rheinischen Erzbisch…fe, besonders der von K…ln und
Trier, deren Metropolitanbezirke sich bis dahin auf zwei Neiche er„
streckt hatten. Sie geh…rten fortan nur einem Neiche an. Zwar blieb
das Vistum Cambrai dem Neimser Erzbisch…fe unterstellt, dessen
engerer Sprengel €brigens auch ins deutsche Neich €bergriff, doch
im wesentlichen waren die Neichskirchenverb†nde des franz…sischen
und deutschen Neiches sorgf†ltig getrennt.
Im Osten begann sich B…hmen an das Neich anzugliedern. Es
war, wenn auch Neste der alten germanischenBewohner €brig geblieben
sein mochten, damals ein slawisches zersplittertes Staatengebilde.
Durch diese beiden Erwerbungen wurde die €ble Wespentaille des
Neiches zwischen den westlich von Mainz-Worms liegenden Bergen
und Eger wesentlich verbreitert. Die Gefahr einer Trennung von
Nord- und S€ddeutschland wurde gemildert, der Nhein wurde zur
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Kauptader des politischen Lebens wie des wirtschaftlichen. Dem Abend zu wuchs das Neich in alte Stammlande christlich-lateinischer
Kultur, nach dem Morgen in Gebiete, wo sie erst eben tiefe Wurzeln schlug. Nach jener Nichtung gewann das Neich auch Landschaften romanischer Sprache, gr…‡er war die Zahl der Gebiete deutscher Dialekte, nach Osten kamen slawische Gebiete hinzu. Das deutsche Neich hatte also wieder in die Spuren des Neiches Chlodovechs eingelenkt. Es hatte keine rein deutsche Bev…lkerung. Doch machte sich langsam ein nationales Gef€hl geltend. Die Aufgabe, jene Kultur weiter nach Osten zu tragen, erhielt durch Heinrich I. einen breiteren Fruchtboden f€r das Saatgut und eine weitere Fl†che f€r dessen sp†tere Aussaat.
Die Zeit der s†chsischen Kaiser zeigt namentlich zu Anfang den €berragenden Einflu‡ von Norddeutschland auf das Neichsleben, die der Salier den des Maingebietes und des Mittelrheins, die der
Staufer schiebt den Schwerpunkt weiter nach Mittag, die der Luxem„ burgernach dem mittlerenOsten,diederH>absburgernachdemS€dosten.
Niemals wird das zur unbedingten Vorherrschaft. Freilich ward von den Staufern ab der Norden zu wenig vom Neichslebendurchblutet.
Kein europ†ischer Staat hat solche Schwankungen des politischen Schwerpunktes erlebt wie der deutsche. Am wenigstenFrankreich.
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5. Die Thronfolge
Wahl des K…nigs und Erbrecht. Wiedrei Dynastien. Ge genk…nige und Wahlrecht. Stellung der P†pste. Designa„ tion des Nachfolgers. Ursachen des Aussterbens der Dy„ nastien. Versuche, das Erbrecht als Gesetz einzuf€hren. Wahlberechtigte. K…nigskr…nung. Ihre religi…se Bedeu„
tung. Vormundschaftliche Negierung
In dem also begr€ndetendeutschen Neiche herrschte bis zu seinem Ende (1806) ein gew†hlterK…nig. Doch gab es in der ersten bis 1250
reichenden Periode auch Erbanspr€che, die beachtet wurden. Von der Wahl Ottos I. sagt eine dem Hofe nahestehende Quelle: ‰Er wird nach dem Erbrecht gew†hlt." Es galt nicht ein Erbrecht des
†ltesten Sohnes, aber man hielt sich an das Gebl€tsrecht. Anter Amgehung der n†chsten Erben fiel die Wahl auf einen Bruder
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(Heinrich VI.) oder auf einen Neffen (Friedrich I.) oder auf einen Oheim (Philipp). Es folgten sich drei Tynastieen. Die s†chsischen Liudolsinger starben aus, weil von den wenigen S…hnen zu viele
Bisch…fe geworden waren. Das Haus der Salier, das Geschlecht der ungetreuen S…hne, endete mit einem Kaiser ohne m†nnlichen Erben. Mit Konradin, einem ungekr…ntenPrinzen, sank das Mu„
sische Haus auf dem Schafotte dahin. Auf aus weiblicher Erbfolge gefolgerte Erbanspr€che sich st€tzend, wollten die Staufer die Krone des Saliers erben, eine Doppelwahl folgte, die der Staufer nicht durchhielt. Tann machten die Welsen nach dem Tode Kaiser Lothars ebensolche Nechte geltend, doch die Wahl entschied f€r die Staufer. Tiefe Negierung Lothars von Supplinburg galt als ein Vruch des
Erbrechtes, wenigstens trat aus der salischen Kanzlei fast niemand in seine €ber, wie sich das nach seinem Tode wiederholte.
Tie zahlreichen Wahlen von Gegenk…nigen sprechen f€r das Wahl„ recht. Schon bei der Wahl Nudolfs von Nheinfelden (1077) wurde das Erbrecht unter dem Einfl€sse eines p†pstlichen Legaten ausdr€ck„
lich bestritten. Die W†hler wollten ihre Macht mehren und auf den
kommenden Tr†ger Einflu‡ gewinnen,die P†pste ihr Eingreifen er„ leichtern. Sie hatten wegen der von ihnen zu vollziehenden Kaiser„
kr…nung ein starkes Interesse an der Alleing€ltigkeit des Wahlrechtes. Lothar hat als erster die Best†tigung der Wahl durch den Papst nachgesucht. Sehr €bel war die erste v…llig durchgek†mpfte Toppel- wahl, die von 1198 (Philipp der Staufer und der Welfe Otto IV.). Papst Innozenz III. nahm die Entscheidung in Anspruch, was beide K…nige zugestanden. Tie Erbfolge verb€rgte die Kraft des K…nig„ tums, das freie Wahlrecht raubte ihm die Stetigkeit, und Toppel-
wahlen zehrten gewaltig an dem Neichsbesitze. Im Sinne der Erblichkeit trafen viele K…nige Vorsorge, indem
sie bei ihren Lebzeiten den Nachfolger designierten oder w†hlen oder gar zum K…nige, selbst zum Kaiser (Otto II., bei Heinrich VI. blieb es bei dem Plane) kr…nen lie‡en. Toch konnte ein K…nig die
Wahlhandlungen im allgemeinen nur herbeif€hren, wenn er die Kaiserkrone trug. Tiefe Schranke fehlte in dem Wahlreiche Frank„ reich, Dort wurde fast regelm†‡ig bei Lebzeiten gew†hlt, zuletzt 1197. Das Kronprinzentum war so fest, da‡ die Wal/ fortfiel und Frank-
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reich zu einer Erbmonarchie wurde. Im Hause der Kapetingerstarben wohl Linien aus, nicht das Haus selbst. Der erste Fall 1328 f€hrte dann zu einem Erbfolgekriege.
Die Negierungszeit der franz…sischen K…nige bis 1328 betrug im
Durchschnitte 28,4 Jahre, die der deutschen ohne die Gegenk…nige und nach Abzug der Vormundschaften nur 19,3. Das Lebensalter, das die deutschen Herrscher bis zum Ende des Reiches erreichten,
ist €berraschend gering. Zwei K…nige wurden ermordet, Barbarossa ertrank. Das Klima Italiens raffte vier vorzeitig (im Alter von 23-45 Jahren) dahin (Otto II. u.III., Heinrich VI. u. VII.). Nur Friedrich III. erreichte das 78. Lebensjahr, Nudolf I. das 73., Sigismund das 69., Friedrich I. das 68. und Leopold I. das 65.
Diese Ursachen f€hrten in den Zeiten vorwiegenden Erbrechts zweimal zu Vormundschaften (Otto III. u. Heinrich IV., die f€r
Friedrich II. wurde nicht durchzuhalten gewagt). Beide schlugen zum Schaden des Neiches aus. Nach fr†nkischem Nechte wurde der
K^nig^mit 15 IaHren m€ndig. Der ebenso kluge wie energische Staufer Heinrich VI. hat den
Versuch gemacht, das Wahlrecht der F€rsten zu beseitigen. Man darf
wohl sagen, da‡ es stets ein gro‡es Wagnis war, wenn ein deutscher K…nig an der Spitze von Kreuzfahrern ins Heilige Land zog. Bar„ barossa tat es, nachdem er seinen Sohn schon zum Kaiser wenig„ stens ernannt hatte. Als Heinrich VI. denselben Plan erwog, war sein Erbe, ein kleines Kind, keineswegsder Erbschaft des deutschen Neiches sicher. Die Wurzel dieser Schwierigkeit lag im Wahl„
charakter des Neiches. Daraus ist wohl der Versuch erwachsen, die Krone erblich zu machen. Nach anf†nglichem Erfolge bei den F€rsten scheiterte die Verhandlung Heinrichs VI. an dem Wider„ st†nde des zur K…nigskr…nung berechtigten Erzbischofs von K…ln
(Adolf v. Berg); ebenso erging es der Verhandlung mit der P†pst„ lichen Kurie. H†tte dieser willensstarke Staufer das in seinem K…nig„
reiche Sizilien geltende strenge Erbrecht auf die deutsche und damit auch auf die Kaiserkronedurchsetzenk…nnen, so w€rde die deutsche wie italienische Geschichte einen anderen Verlauf genommenhaben.
Es w†re damals wohl noch m…glich gewesen, auch in Teutschland wieder eine starke einheitliche Neichsverwaltung einzuf€hren. Um-
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sonst hatte Heinrich die Schl€sselstellung der deutschen F€rsten an„
gegriffen. Ob K…nig Albrecht I. wirklich ernsthaft gegen€ber den
Kurf€rsten denselben Versuch gemacht hat, ist sehr zweifelhaft.
W†hrend Deutschland ein reines Wahlreich wurde, hatte Philipp II,
August (1180‚1223) in Frankreich K…nigsmacht und Staatsge„
danken zur Herrschaft gebracht. Hier Steigerung der Kraft des
Staates, in Teutschland ihr Niedergang.
Das theoretische Wahlrecht aller Freien beschr†nkte sich tats†chlich
bald auf die Gro‡en der verschiedenen Landschaften. Die K…nigs„
wahl wurde, schon weil der Gemeinfreie nicht die Mittel hatte, von
weit her am Orte der Wahl zu erscheinen, aristokratifiert. Doch ruhte
der Wahlspruch eines jeden der Gro‡en auf seiner heimatlichen
F€hrerstellung, auf dem Vertrauen seiner Heimat, auf einer ideellen
Verbundenheit der F€hrer mit der Gefolgschaft ihrer Landsleute.
Die K…nigswahl blieb auf diese Weise die Rechtshandlung des ge„
samten Volkes. Es ist fast sicher, da‡ der hohe Klerus erst bei der
Wahl Heinrichs II. Anteil an dem Wahlakte erhielt. In recht kurzer
Zeit gewann der Erzbischof von Mainz die Leitung der Wahl und
damit den gr…‡ten Einflu‡ auf sie. Da das Reich als eine Fort„
setzung des fr†nkischen galt, fand die K…nigswahl zu allermeist auf
fr†nkischem Boden statt, vorwiegend in dem allen St†mmen am
n†chsten liegenden fr†nkischen Raume zwischen Frankfurt‚Mainz‚
Worms. Die Reichsstadt ArmrAnt ^^h^ h^^ h^ regelm†‡ige, durch die Goldene Vulle (1356) der gesetzm†‡ige Wahlort.
Heinrich I. hat die Salbung und Kr…nung durch einen Erzbischof
abgelehnt, sein Sohn Otto der Gro‡e kehrte zu der von den Karlingen
ge€bten geistlichenWeihe zur€ck. Die ottonische Form der deutschen
K…nigskr…nung zu Aachen am Grabe Karls des Gro‡en blieb das
Vorbild der sp†teren. Von diesem Vorzuge Aachens wurde selten
abgewichen. Nach 1531 wurde die Kr…nung der Wahl unmittelbar
angeschlossen,erfolgte also zumeist in Frankfurt. Doch wurde Aachen
jeweils das Recht verbrieft. Diese religi…se Handlung, die den K…nig
fast in den Klerus einbezog, fast zum rsx 8g,<;‡r<1o8 machte, bekundete
deutlich das Gottesgnadentum und hatte bei dem religi…sen Sinne
des Mittelalters auf die Untertanen einen sehr starken Einflu‡.
Wahl und Salbung begr€ndeten einen Vertrag zwischen K…nig
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und Volk, die Kr…nung gab der Antertanenpfiicht eine religi…se
Weihe. Die K…nigskr…nung und -salbung und der Kr…nungseid
bekunden am deutlichsten die religi…se, christliche, r…misch-katho„
lische Stellung des K…nigtums. Auch das Neich hatte denselben
Grundzug. Untertanen- und Christenpflicht waren eins. Wer nicht
zu dieser Weltanschauung sich bekannte, sollte auch nicht B€rger des
Staates sein. Die Juden galten daher, wie schon gesagt, als Reichs„
fremde. Die Kreuzz€ge verschlechterten ihre Stellung. Sie wurden
k…nigliche Kammerknechte. Es galt eben ein Neligionsbann.
Diese Weltanschauung zu haben, in felsenfestem Glauben an die
Lehre der Kirche, die das Heil auf Erden und im Jenseits verb€rge,
zu leben, war eine staatliche Pflicht. Wie tief sie die Gesinnungen
der Menschen durchs†uerte, wie sehr sie ihre Ziele, ihre Handlungen
von der Wiege bis zum Sarge bestimmte, wie der Christenglaube
die Lebensgemeinschaft f€r alle, vom K…nige bis zum Bettler wurde,
geh…rt mehr in die Kulturgeschichte. Hier ist nur noch klar und deut„
lich zu betonen, da‡ das Religi…se, Christliche, Katholische auch in
die innere und †u‡ere Politik eingriff, sie oft entscheidend bestimmte.
Das abendl†ndische Mittelalter war die Zeit einer weltanschaulichen,
religi…sen Einheit; einer Kulturharmonie. Das Geschick gab dem
deutschen Staate die engste Ber€hrung mit dem Haupte der abend„
l†ndischen Kirche, mit dem Papste. Vorteile ergaben sich daraus
und Nachteile.
Das Necht, die Kr…nung zu vollziehen, fiel an den Metropoliten
des Kr…nungH ortes, f€r Aachen also an den Erzbischof von K…ln,
f€r Frankfurt an den von Mainz. Durch Anteil an Wahl und
Kr…nung wurden diese Kirchenf€rsten an die Spitze des deutschen
F€rstenstandes erhoben.
F€r vormundschaftliche Negierungen gab es keine Negel. Wieder„
holt €bernahmen sie die M€tter. Unter dem Einfl€sse der byzan„
tinischen Šbung kam das auf und erregte auch Bedenken, mit gro‡em
Geschick f€hrte Theophanu, die Griechin, f€r Otto III. die Ne„
gierung. Eine Verschw…rung entzog der ungeeigneten Agnes von
Poitou den jungen Heinrich IV. Von den beiden Negenten Anno
von K…ln und Adalbert von Bremen, den Erzbisch…fen, war keiner
seiner Aufgabe voll gewachsen.
Vei langer Abwesenheit von K…nigen au‡erhalb des Reiches wurden die deutschen Gesch†fte f€rstlichen Personen anvertraut,
doch wohl stets ack nutum des Herrschers. Mehr formiert war die Neichsverweserschaft w†hrend des langen Aufenthaltes Friedrichs II. in Italien (1220‚1235), zun†chst die Engelberts, Erzbischofsvon K…ln, dann die Herzog Ludwigs von Bayern. Ihnen standen Vor„ mundschaftsr†te zur Seite. Fester war dieser Nat 1228, er bestand aus sechs bis zehn Mitgliedern, Geistlichen und Neichsdienstmannen.
So gro‡ sein Einflu‡ war, die eigentliche Verantwortlichkeit trug
zunehmend der jugendliche K…nig Heinrich VII., wie sp†ter von 1237 an sein Vruder Konrad IV., die beide zun†chst viel zu jung waren, um pers…nlich die Gesch†fte zu f€hren. In beiden F†llen wird man an das ‰Vizek…nigtum" Ferdinands I. neben seinem Vruder Karl V. erinnert.
Das deutsche Reich hatte das Gl€ck, da‡ die drei Dynastien ihm keinen ganz unbedeutenden, wohl aber viele ganz hervorragende Herrscher schenkten. An F€hrernaturen war dieses Zeitalter zum Gl€cke des schwerf†lligen Staates reich.
6. K…nigreich Italien. Die Kaiserkrone
Italien. Erneuerung der Kaiserw€rde. Kritik. Beweg, gr€nde. Folgen. Kaisertum und Papsttum. Entwicklung
Neichsitaliens
Den deutschen K…nigen fielen auch au‡erhalb des deutschen Neiches Kronen zu, deren rechtliche Einordnung aber nie zu dauernder staats„ rechtlicher Klarheit f€hrte. Gerade das macht das Verst†ndnis der Neichsgeschichte so €beraus schwer. Im K…nigreiche Italien gewann Otto 1. 951 ein zweites K…nigreich,das er als Erbe der Karolinger in Anspruch nahm. Eine Wahl fand ganz selten statt. So wiederholte
sich die von Karl dem Gro‡en vollzogene Vereinigung des Lango„ bardenreiches mit dem fr†nkischen, ohne da‡ Otto jedoch, wie die
Errichtung einer Kanzlei f€r Italien beweist, die Einheit auf die Ver„ waltung ausdehnte, wie es damals Karl getan hatte. Italien wurde
durch Otto zwar im Nordosten verkleinert, behielt aber seine Staats„ pers…nlichkeit. Otto III. war allerdings vielleicht auf dem Wege, die
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beiden Neiche diesseits und jenseits der Alpen zu einer Einheit zu ver„
einigen. Der Versuch mi‡lang. Dem Kampfe einer rebellischen
Aristokratie wurde so Italien durch Otto I. entzogen, der Adelheid,
die Erbin des Neiches, befreit hatte und dann sie heiratete.
Otto erneuerte 962 auch das Kaisertum. Ist schon jener Erwerb
Gegenstand ernster Erw†gungen, so der zweite erst recht ein Zank„
apfel auch f€r die urteilsf†higsten Historiker. Meines Erachtens mu‡
man aufs sorgf†ltigste die Gesichtspunkte, die die Zeit der Hand„
lung hatte oder doch haben konnte, von der Betrachtung der sp†teren
Folgen unterscheiden. Der wird hochmittelalterlichen Herrschern am
besten nahe kommen, der die Macht idealer, ja €beridealer Ziele sich
vor Augen h†lt. Aber dieser irdischen Welt thronte die religi…se
Šberwelt, die geistige Macht des Lebens im Jenseits, f€r das das
Erdenleben nur eine Vorbereitung und Probe ist. Der Gedanke des
Kaisertums war nicht untergegangen. Ohne dieses weltliche Vand
aller abendl†ndischen Christenmenschen erschien die Welt nicht voll„
kommen. Die Harmonie zwischen dem ersten unter den Christenf€rsten
und dem Haupte ihrer Kirche war f€r viele Seelen ein Postulat, ein
Dogma. Karl hatte es erf€llt und Karl war f€r Otto das eigentliche
Vorbild, nicht Konstantin der Gro‡e. Alle K…nige f€hlten sich als
von Gott bestellt. Die religi…se Auffassung vom Berufe eines jeden
Herrschers war im Gedanken des Kaisertums zu h…chst gesteigert. Tante
nannte ihn den Pfleger der Erdenrunde. Die Zeit lebte in festem
Glauben an diesen religi…sen Untergrund.
Zwischen der Lage von 800 und der von 962 sind die Šhnlichkeiten
€berraschend. Das Papsttum war in seinen Tr†gern tiefer gesunken als
damals, in beiden F†llen beriefen P†pste den K…nig nach Nom.
Auch jetzt gab es in Nom keine Nuhe und Sicherheit, auch jetzt konnte
die ewige Stadt sich selbst nicht l†utern und erheben. Im Nahmen
der stadtr…mischen politischen ‹berlieferung, wo der Stadtadel das
Papsttum als sein Eigentum in Anspruch nahm, schien es unent„
rinnbar dem sichtlichen Niedergange verfallen und damit dem
abendl†ndischen Kulturkreise ein moralischer Mittelpunkt geraubt
zu werden. Otto gebot zwar nicht €ber fast das ganze Abendland,
wie einst Karl, aber sein Neich war der Zentralstaat des Kultur„
kreises, er war der r†umlich ausgedehnteste, der innerlich am meisten
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gefestigte. Sein K…nig stand auch den tief zerr€tteten Neichen Frankreich und Burgund fast als Vormund gegen€ber. Italien hatte er in seine Hand gebracht, wie Karl einst das Neich der Langobarden. Beide standen unmittelbar vor Nom, dem gro‡en Magneten ihres Kulturkreises. Wenn Karl die heidnischen Sachsen und Avaren nieder„
geworfenhatte, so trug Otto d i e LorbeeA†nxe seiner Siege €b er Ungarn und Slawen. Auf dem Lechfelde hatte der Sieger sich &n