Aloys Schulte: Der Deutsche Staat (1933)

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Aloys Schulte Der  deutsche  Staat Verfassung, Macht und Grenzen 919-1914 Deutsche Verla gs-Ans talt Stuttgart Berlin 1933

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Alle Rechte vorbehalten . Printed in Geimany Copyright 1922 by Deutsche Verlagz-Anftalt ln Stuttgart
Druckder Deutschen Verlags-Anstalt !n Swttgart Papier von der Papierfabrik Salach in Salach, W€rttemberg
 
Die Dynamik der Organisation des deutschen Staates ist zwar 
f€r einzelne Perioden und f€r Sachgebiete oft untersucht worden.
F€r den Gesamtzusammenhang ist es nicht geschehen. Nach Karl
Friedrich Eichhorn (Teutsche Staats- und Nechtsgeschichte I.Aufl.
1808‚32) gingen die Wege der Juristen und der Historiker zu weit
auseinander. Jene haben ihrem engeren Berufe folgend  die Geschichte
der Verfassung mit der des Privatrechtes, Strafrechtes usw. ver„
 bunden. Vei der Losl…sung von der Staatsgeschichte haben sie
naturgem†‡ zumeist den juridischen Gehalt der Einrichtungen bevor„
zugt, wobei deren politische Auswirkungen in den Hintergrund
traten. Nur wenige, wie Andreas Heusler, verschmolzen die Ent„
wicklung der Verfassung mit der Politik. Den Schweizern war das
ein  Bed€rfnis,   auch den  ˆsterreichern; denn ohne diese beiden Kompo„
nenten war die Wesensart ihrer Staatsbildung ganz unverst†ndlich.
Auf der Seite der Historiker haben manche unserer Meister K. W.
 Nitzsch folgend auch f€r gr…‡ere Perioden erf€llt, was   ich erstrebe ‚ 
f€r die deutsche Gesamtgeschichte Dietrich Sch†fer. Doch lag auch
ihnen die Erz†hlung der politischen Ereignisse am allern†chsten. Nur 
Fritz Kartung verfolgte mit seiner mit dem 15. Jahrhundert an„
hebenden Deutschen Verfassungsgeschichte dasselbe Ziel wie dieses
Buch.
Mein Lebensweg hat mich durch die verschiedensten deutschen
Landschaften gef€hrt, dabei lernte   ich die  vier  Vesitzarten   von  Hoheits„
rechten (Neichsgut, Hausgut, Neichskirchengut und Gut der welt„
lichen F€rsten und Herren) beobachten und fand damit zu der 
horizontalen Periodeneinteilung die vertikale Zerspaltung, die sich
als wertvolle Erkenntnis quelle erwies.
Da ich meinem Lehrauftrage gem†‡ seit 1893 Mittelalter und
 Neuzeit zu vertreten hatte und €ber deutsche Verfassungsgeschichte
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immer mehr im Sinne der Dynamik ausgestaltet wurde. Die erste
Frucht f€r die weitere ˆffentlichkeit war die am 50. Ged†chtnistage
der Kaiserproklamation in dem von Franzosen besetzten Vonn
gehaltene ilniversit†tsrede ‰F€rstentum und Einheitsstaat in der 
deutschen Geschichte" (1921). Seitdem habe ich systematisch daran
weitergearbeitet, in den letzten sechs Jahren fast ununterbrochen.
Meine wissenschaftliche Lebensarbeit bewegte sich zumeist auf 
Grenzgebieten. Das war nutzbringend nur dadurch m…glich, da‡ ich
stets bereitwilligsten Nat und Hilfe von Fachgelehrten erhielt. Das
gilt auch von diesem Buche. Ihnen allen statte   ich  hier den w†rmsten Tank ab.
Was entstand, ist notwendigerweise ein herbes Vuch. Es fehlen
ihm die leuchtenden Farben politischer Gro‡taten, der geistigen und
wirtschaftlichen Kultur. Auch die wechselnden Theorien der Lehren
vom Staate treten zur€ck. Die Betrachtung mu‡te realistisch sein.
Ich glaube, da‡ eine ungeschminkteDarstellung der durch die Ver„
gangenheit gegebenen Bedingungen gerade unserer Generation von
 Nutzen sein kann, die sich mehr als irgendeine vergangene bewu‡t
vor die Aufgabe der Zukunftsgestaltung gestellt sieht.
Vonn, den 4. Januar 1933.   Aloys Schulte.
Das Erscheinen des Buches ist durch die g€tigst dem Verleger 
gew†hrte Unterst€tzung der Notgemeinschaft der deutschen Wissen„
schaft erm…glicht worden. Ihr auch den Dank des Verfassers aus„
zusprechen ist mir ein tiefes Bed€rfnis. Was sie unter der Leitung
des Herrn Staatsministers a.T. Schmidt-Ott in einem Jahrzehnt
zum Besten ernster Wissenschaft geleistet hat, werden auch sp†tere
Zeiten in hohem Ma‡e anerkennen.
 
2.  Der  deutsche Naum ............................... 4
3.  Die Vorstufen   .................................... 9
II. Das   deutsche  Reich   in der Zeit des  vorwiegenden Erb„
rechts der  k…niglichen  Familie 919^1250
4.  Das  Werk Heinrichs 1 ............................. 18
5.  Die Thronfolge ................................... 20
6. K…nigreich   Italien. Die  Kaiserkrone   .................. 25
7.  Angliederung  des  K…nigreiches  Burgund. Seine Auf„ l…sung ........................................... 36
8. Abh†ngigkeitanderer Neiche vom Deutschen   .......... 40
9.  Die  …rtlichen  Gewalten ............................. 41
10.  Der K…nig und   seine  Zentralbeamten ................ 51
1 1 .  Finanzwesen ...................................... 55
13.  Nechtsleben. Schw†chendes Staates ................ 62
14. R€ckblick  auf  die  Ver†nderung im Staatsgef€ge ...... 66
III. Die Zeit des   vorwiegenden Einflusses der Kurf€rsten
1250^1519
16.  Kein Erbrecht mehr, nur Wahlrecht .................. 71
17.  Entwicklungder vier  Arten des  Besitzes von Hoheits„ rechten ........................................... 75
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22. Die Territorien................................... 88
23. Gro‡e und mittlere Territorien innerhalb des Reiches - 92
24. Fremde F€rsten am Reiche beteiligt ................. 99
25.  Genossenschaften  als  politische  Kr†fte ................ 103
26. Die Umbildung des Heereswesens ................... 110
27. Die  Entwicklung der  Macht der Kurf€rsten ........... 113
28. Reformschriften ................................... 114
30. Die Grenzen des Reiches  im  Westen ................ 120
31. Die Grenzen des Reiches im Osten  1 ................ 125
32. Grenzen des Reiches. Im  Osten II   .................. 131
IV. Die Zeit   der  vorwaltenden religi…sen Gegens†tze  i) iy bis
1648 und
V. Die Zeit des  vollen  Verfalles   des  Reiches 1648‚1789
33. Charakteristikader  ersten  Periode .................... 139
34. Entwicklungdes Neligionsrechtes.................... 142
35.  Konfessionelle   Politik bis   zum Drei‡igj†hrigen Kriege . 148
*36. Die Kaiserw€rde verbleibt den  Habsburger• .......... 151
*37. Wahlkapitulationen ................................. 154
*4I. Die Rechte des Kaisers im Reiche .................. 167
*42.  Die Beh…rden des Kaisers   1 ........................ 170
 
*44.  Der  Reichstag .................................... 176
45.  Die  T†tigkeit der Neichsorgane  bis   zum Westf†lischen Frieden  ..............................----........ 181
46. Der Westf†lische Friede  und seine Bestimmungen f€r  das innere Neichslehen ................................ 182
47. AllgemeineZ€ge  der  Zeit von  1648  bis  1789   ......... 185 48.  Die  Auswirkungen   der  gesteigerten Macht  des  Reichstages 187
*49. Das  Neichsfinanzwesen............................ 189
*50.  Das  Heereswesendes Reiches  und seiner  St†nde  I. ... 192
*51. Das  Keereswesendes Reiches und seiner  St†nde   II. .. 195
52.  Das  Heereswesendes Reiches  und seiner  St†nde   III. . 206
*53.  Das  Reich und  die  Wirtschaft ...................... 212
54.  Die Beteiligungdes Auslandes am Reiche ......... 216 55.  Die Territorien   ................................... 220
56. TerritorialeVerwaltung ........................... 222
58.  Die  Zeit Friedrichs des Gro‡en .................... 237
59.  Der  Ausgang des friderizianischen  Zeitalters ....' ..... 243
VI. Der   Zusammenbruch des  Reiches
60.  Die Franz…sische  Revolution ........................ 252
61.  ˆsterreich  und Preu‡en getrennt in  Politik  und  Krieg- f€hrung   .......................................... 258
62. Folgen der Umgestaltung der  Neichsverfassung....... 262
63.  Der  Krieg von 1805, Ende des alten Reichs   ......... 266
64. Zusammenfassungdes  Wesens  des Deutschen  Reiches in seinem  Niedergange   ............................... 271
VII.  Tiefste  Erniedrigung Deutschlands und seine  Befreiung
65. Zusammenbruchder  deutschen Gro‡m†chte ............ 275
66.  Die Šnderungen der politischen  Organisation .......... 281
 
68. Der Volksgeist.................................... 290
69. Napoleons Zug nach Nu‡land (1812). Erhebung Preu‡ens ........................................ 293
70. Der gro‡e Befreiungskrieg 1813/14 ................. 296
71. Die beiden Pariser   Friedensschl€sse   .................. 302
VIII. Die Zeit des Deutschen Bundes 1815-1866
72. Der Wiener Kongre‡ .............................. 308
73. Die  deutsche Verfassungsfrage und ihre L…sung  auf dem Wiener Kongre‡ .................................. 315
74. Die Verfassung des Teutschen Bundes .............. 318
75. Die Verfassungen der Mittel- und Kleinstaaten   ....... 325
76. Die Verfassungsfrage in Preu‡en und ˆsterreich ..... 327
77. Freiheitliche Bewegung und Neaktion ................ 331
78. Der Zollverein ................................... 333
81. Der Absolutismus in Preu‡en und ˆsterreich ........ 343
82. Ausw†rtige Fragen ............................... 345
83. Der nationale  Gedanke ............................. 349
84. Die Nevolution im Februar und M†rz 1848......... 351
85. Die Nationalversammlung in Frankfurt .............. 356
86. Der Ausgang der Nevolution...................... 363
87. Die Zeit der Neaktion ............................. 373
88. Preu‡en und der Bund in den  f€nfziger Jahren ...... 375
89.  Entwicklung  der  europ†ischen Lage  in den f€nfziger Jahren 378
90. Die  neue Šra   in  Preu‡en und  die Berufung Vismarcks 380
91. Die  deutsche Frage bis 1864 ....................... 385
92. Die  schleswig'holsteinsche Frage von  1844‚1866   ...... 391
93. Vor   dem  Kriege von  1866   ......................... 398
 
95. Das   ausgeschiedene ˆsterreich ....................... 415
96. Die Gr€ndung  des  Norddeutschen Bundes. Seine Ver„
fassung .......................................... 418
98. Der Krieg von 1870/71 ............................ 439
X. Die Zeit des Deutschen Kaiserreiches bis 1914
99. Die Vertr†ge  mit den S€dstaaten. Die  Kaiserproklamation 445
100.  Die Neichsverfassung.............................. 453
102.  Die Ausgestaltung des Reiches ..................... 464
103.  Die Zeit Kaiser Wilhelms   II   ....................... 475
104.  Die  Entwicklung  des Heeres und der Marine ......... 479
105.  Šu‡ere Politik bis 1914........................... 485
Schlu‡wort ...................................... 491
Literatur€bersicht ................................. 493
 Nicht Geschichte der politischen Ereignisse,nicht des Kaisertums. Dynamik des deutschen Staates. Wechselnder Staatsbegriff.
Einheitund Vielheit
Dieses Buch stellt   sich   eine €beraus schwierige Aufgabe, die das
ernsteste Nachdenken vom Verst†nde fordert und das ruhigste Urteil.
Zugleich bewegt das Thema aufs tiefste unser Gem€t. Wer sich
daran wagt, die Dynamik der Geschichte unseres Staates durch ein
Jahrtausend zu verfolgen, mu‡ die Ursachen unserer St†rke wie
unserer Schw†che, unseres Gl€ckes wie unseres Ungl€ckes aufsuchen.
Er darf sich nicht den Sinn durch romantische Vorstellungen ver„
zaubern, sondern mu‡ den Verstand vorwalten lassen. Die Nanken
des Heldentums, der Poesie, des Idealismus d€rfen den Grundbau
der realen Tatsachen nicht zur€ckdr†ngen. Je schwieriger sich diese
erweisen, um   so  mehr wird der Verlauf unserer Entwicklung   sich als
etwas Gro‡es, als etwas Tragisches dartun. Unserem Volke,
unserem Staate fiel es zu, das Allergr…‡te zu erstreben, das doch
nicht zu erreichen war. Keinem der europ†ischen Staaten boten sich
so hehre Aufgaben, wie es dem deutschen vom mittelalterlichen
Kaisertum aus geschah. Bedingungen, Mittel und Gegenkr†fte sind
zu untersuchen, wie die R€ckschl†ge.
Der Hauptkern wird aber nicht die Geschichte des Kaisertums
sein, sondern die Geschichte des engeren Staates, des deutschen
Reiches. Es liegt mir besonders am Herzen, die Kr†fte zu
verfolgen, die noch heute direkt oder indirekt unsere Geister beein„
flussen. Einheit und Vielheit war von den Tagen des Arminius
 bis heute das Kernproblem der Geschichte unseres geliebten Volkes.
Ich ma‡e mir es nicht an, der Zukunft die Wege zu weisen, mein
Vlick ist auf die Vergangenheit gerichtet.
Keine Volksgeschichte ist so verwickelt wie die unserige. Wenn
sie schon  uns   selbst so  €beraus schwierig ist, so ist sie  den Ausl†ndern
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erst recht kaum verst†ndlich. Wenn wir die heutige Staatenwelt
€berschauen,  so haben wir im Westen und in Skandinavien Einheits„
staaten mit meist wenig getr€bter nationaler Gleichheit. Die Neu„
 bildungen im Osten fassen zumeist mehrere V…lker zusammen
(vorab Jugoslawien, Tschechoslowakei, auch Polen), Nu‡lands
Einheitsstaat wurde durch einen stark zentralisierten Bund von
Sowjetrepubliken ersetzt. In dem Bereiche des einstigen alten
deutschen Neiches ist aber noch heute die Doppelung staatlicher 
Organisation, der Aufbau in zwei Stockwerken erhalten: in der 
Schweiz blieben der Vundesstaat und die Kantone ‚ nur die
 Niederlande haben diese Konstruktion 1814 definitiv verlassen‚,in
Osterreich stehen Vundesstaat und L†nder nebeneinander und ebenso
im Deutschen Neiche nach  der  Weimarer Verfassung. Das vielgeteilte
untere Stockwerk hat €berall an Bedeutung verloren, aber die Ver„
gangenheit lebt doch noch fort, ohne verha‡t zu sein. Erw†gungen
des Verstandes, realpolitische Gedanken, die Erkenntnis, da‡ in
unserer Lage die Sammlung der Kr†fte lebensnotwendig sei, haben
gerade eben dem oberen Stockwerke, dem Neiche, gr…‡ere Macht
gegen€ber dem unteren, den L†ndern, zugewiesen. Diese sind macht„
loser geworden. Eine neue Epoche unserer Staatsgeschichte ist an„
gebrochen.
teten Gro‡maschinerie zu behandeln sich anschickt, kann nicht ihre
ganze Wirksamkeit durch das Jahrtausend verfolgen, er mu‡ sich
auf die Beschreibung ihrer urspr€nglichen Gestalt und der um„
 bauten einschr†nken, der erfolgten und vers†umten, und damit sich
 besonders den Krisen zuwenden. Damit verzichtet dieses Vuch fast
ganz auf die h…chsten Neize unserer Vergangenheit. Sie liegen in
den heldenhaften Taten gro‡er Kaiser und K…nige und in dem,
. was das deutsche Volk in geistiger Kultur und in m€hseliger wirt„
schaftlicher Arbeit schuf. Auch den politischen Theorien, denen des
Mittelalters, die in hohen Negionen schwebend  sich  nur selten mit
 praktischen Problemen besch†ftigten, denen der Neuzeit, die eine
internationale Geltung erstrebten oder erreichten, habe ich keinen
 breiteren Naum gew†hrt. Durch diese Einschr†nkungen wird herbei„
 
stets bewu‡t zu bleiben.
Wer politische Lehren aus der Vergangenheit ziehen will, wird
sie noch mehr aus den €blen Entwicklungen ableiten als aus den
gl€ckhaften. Das tritt auch in der neuesten Entwicklung hervor.
Wenn ich in dem Titel des Buches f€r ein ganzes Jahrtausend
von einem deutschen Staate rede, so ist der Begriff Staat in sehr 
weitem Sinne   zu  fassen, denn er  hatte nicht zu  allen Zeiten  den  gleichen
Umkreis von Aufgaben. Als mit der K…nigswahl Heinrichs I. sich
das deutsche Neich klar aus den Nachfolgestaaten des Neiches
Karls des Gro‡en absonderte, war der T†tigkeitsbereich der Herr„
scher, wie in allen Neichen der ‰Tiadochen", gegen€ber den Zeiten
 jenes Herrschers, der €ber fast den gesamten abendl†ndischen Kultur„
kreis gebot, zur€ckgegangen. Das war in Frankreich noch st†rker 
der Fall als bei uns. Wir werden sehen, wie jenes Neich relativ
fr€h die Gewalt des Staates machtvollst ausdehnte, w†hrend im
deutschen Neiche der Oberstaat das nicht mehr erreichen konnte,
sondern das den unteren Gewalten €berlie‡. So wechselt der Inhalt
des Wortes Staat in Teutschland st†rker als in den Einheitsstaaten.
Zun†chst war es nicht eine Sonderheit des deutschen Staats-
raumes, da‡ die Herzen der Untertanen mehr in den Negionen der 
unteren, zum Teil privatrechtlichen Verb†nde grundherrlicher,
kommunaler und territorialer Art lebten. Die Seele des gemeinen
Mannes war durch das seinem Gem€te zusagende Treueverh†ltnis
im engeren Nahmen gebunden. Daneben hingen   sich  die Herzen ‚ 
vor allem in Deutschland ‚ an die tief erfa‡te und erlebte Gemein„
schaft der christlichen V…lker, wenn auch weder das Papsttum noch
das Kaisertum   eine klar  umrissene, dauernd geltende politischeGewalt
€ber die anderen christlichenStaaten erreichten. In schroffem Gegen„
satze  zu anderen V…lkern war bei unseren Vorfahren neben diesen
Gef€hlsrichtungen die mittlere Nichtung, die der Zuneigung zum
Volksganzen und  seiner  staatlichen Zusammenfassung gering. Anderen
 Neichen blieb  diese  Dreiteilung fern.
Um rechtlich v…llig klar zu bleiben, Nechte des deutschen Neiches
und des Kaisertums nicht zu vermischen, werde ich, wo es   sich nicht
um kaiserlicheBefugnisse handelt, stets vom deutschen K…nige reden.
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gleichg€ltig, ob er zum  Kaiser  gekr…nt  war  oder nicht. Mit   der  An„ nahme des Titels: ‰Erw†hlter   r…mischer   Kaiser" im Jahre 1507 wird  diese Unterscheidung  aufzugebensein, obwohl von kaiserlichen
 Nechten nur  ein  sehr kleiner  Nest €brig geblieben war.
2. Der   deutsche Raum
lands und Frankreichs
Der Naum des deutschen Staates erlebte au‡erordentliche
Schwankungen.Das Neich Heinrich I.   umschlo‡ nach der Einver„ leibung Lotharingiens alle deutsch redenden St†mme mit zwei Ausnahmen. An  der K€ste  des Kanals verbliebendie s€dwestlichen Vlaemen bei Frankreich,in  Nordburgund andere Gaue noch  €ber 
zwei Jahrhunderte bei der Krone Burgund, die   inzwischen  mit der  deutschen verbunden worden war. Wie in Frankreich eine ein„
heitliche Kochsprache die  Dialekte auf den  einfachen  Hausgebrauch einschr†nkte, so hat die  oberdeutsche  Kochsprachedasselbe erreicht. Jedoch haben die Vlaemen und st†rker noch  die Niederl†nder sich
eigene Kochsprachen entwickelt,  vor allem seit dem  Aufkommendes Buchdrucks.
Der Erwerb Lotharingiens f€gte aber  auch weite Strecken   roma„ nischer  Sprache  dem  Neiche hinzu, die   sich  der  franz…sischen Koch„ sprache anschl…ssen.  Schon vorher geh…rten zum Neiche Gebiete
romanischer  Zunge (in Graub€nden und Tirol). An  dem  Laufe der  Elbe gab es  auch slawisch Nedende. F€r alle Zungen war  noch  die
lateinische Sprache die Sprache der  h…chsten Kultur, der  Urkunden der  Autorit†ten   in  Staat   und Kirche,  gerade so  wie in allen  anderen
katholischen Neichen. Das Neich Heinrichs hatte an  den  Alpen und an der Nordk€ste
nat€rliche Grenzen. War   schon  die Westgrenze ziemlich  k€nstlich,
die  aber  zun†chst  von dem  Vruderreichekarolingischer Erbschaft, von
 
der Nordsee in den Kontinent vorgeschobener Sack dar. Die Gebiete
des Nheins und der oberen Donau bis Wien stellten den †lteren, die
Kultur tragenden Kern dar, doch hatten die Sachsen, so hartn†ckig
sie   ihre Freiheit verteidigt hatten,   sich  schnell   in den Christenglauben,
seine Kultur und in  den  fr†nkischen Staat eingelebt. Ein seltener Vor„
gang.
Es ist das Verdienst der Deutschen, ein weltgeschichtliches, da‡
sie  den abendl†ndischen Kulturkreis nach dem Norden und nach dem
Osten hin ausdehnten. Zun†chst haben   sie ihn gegen die benachbarten
kleinen slawischen V…lkerschaften verteidigt, K…nig Heinrich auch
gegen die letzte gro‡e Volkswanderung von weither, die der heid„
nischen  Ungarn. Des K…nigs Sohn, Otto der Gro‡e, bereitete ihren
Z€gen ein Ende. Ein Lebensalter sp†ter traten auch  sie  in den abend„
l†ndischenKulturkreis ein. Angarn blieb,  kurze  Perioden abgerechnet,
selbst†ndig. Dagegen wurde B…hmen   ein  Glied des Neiches, Polen
in lockerer Form angegliedert. Sie empfingen ihr Christentum ganz
wesentlich von Deutschland her. Die zwischen der Elbe-Saale und
Oder liegenden kleinen Gebiete der Slawen wurden unterworfen
oder schloffen sich  freiwillig dem deutschen Neiche an. Sie alle ver„
loren im Laufe der Zeiten unter dem Einflu‡ der einwandernden
Deutschen bis auf wendischeNeste ihre Muttersprache.
Die Nationalstaaten des Westens haben, abgesehen von der Aus„
dehnung der christlichen Neiche auf der pyren†ischen Kalbinsel, nie„
mals auf dem Landwege Kolonien angelegt. Sie fuhren €ber See.
Handelsgeist trieb die Italiener der Seest†dte zum West- und S€d„
rande der Valkanhalbinsel und zu den K€sten Asiens und Afrikas,
w†hrend   sich  die  Energien des franz…sischen Volkes vorwiegend   in  den
Kreuzz€gen, deren Haupttr†ger es war, in und um das Keilige Land
entluden. Es ist eine ruhmvolle Geschichte, die   sich  auf dem Boden
des byzantinischen Neiches und am Nande muhammedanischer Herr„
schaften abspielte. Doch konnten nur wenige Positionen dauernd
gehalten werden. Dar€ber hinaus bekunden neben einigen Kirchen
vor allem Burgruinen die Zeiten des lateinischen Orientes. Dann
zogen die Schiffe der Westeurop†er €ber die Wasserstra‡en des
Atlantischen und des Indischen Ozeans in die Weiten der Welt.
Die von dem deutschen Neiche inzwischen abgezweigten Nieder-
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l†nder nahmen daran Anteil. Auch sie begr€ndeten Kolonien.
Die €brige deutsche K€ste gewann nur zeitweise eigene St€tzpunkte.
Deutsche Auswanderer zogen in Kolonien fremder Nationen. Die
deutschen Staaten gewannen bei der beginnenden Teilung der Welt
keine €berseeischen Besitzungen.
Der Ruhmestitel des  deutschen   Volkes beruht auf  der  Landkoloni„
sation und der Seefahrt in der Ostsee. Sie sind auch die  Haupttat f€r 
die Verbreitung der europ†ischen abendl†ndischen Kultur. Das nicht
genug  zu preisende Ergebnis   der  Wanderung   deutscher  Kolonisten nach
dem Osten hat unter Mitwirkung der Polen   die Grenze des abendl†n„
dischen Kulturkreises bis dorthin vorgetragen, wo sie noch heute
liegt. Der byzantinisch-griechisch-orthodoxe Kulturkreis hatte den
†u‡ersten Osten Europas dem Christentume gewonnen. Welch ein
unterschied zwischen dem erstarrten Geiste dieser Kultur und dem
der unserigen mit seiner weitgehenden geistigen Freiheit! Der Indi„
vidualismus, das Wesen der Pers…nlichkeit und das Gef€hl von
Menschenwert kamen in den Volkschaften des Ostens in der Form
der Despotie fast nur deren Tr†gern zugute, asiatische Einfl€sse
und Herdengesinnung blieben bestehen.
Es wird sp†ter zu behandeln sein, wie   sich  die Kolonisation voll„
zog, wie weit   sie  politische Rechte des deutschen Reiches ausdehnte
oder doch deutsche Staatsbildungen erm…glichte, wie weit geschlosse„
ner deutscher Volksboden entstand, oder doch die herrschenden
deutschen Schichten €ber fremdsprachige Urbev…lkerungen geboten.
Dar€ber hinaus   L€cken  der deutschen Herrschaften ausf€llend reicht
der deutsche Kultureinflu‡: bis vor Leningrad und zu den Pripet-
s€mpfen, mit isolierten Kolonien in St†dten, auf Adelssitzen und in
sp†rlichen Vauernsiedlungen. Vei der Ausbreitung der altr…mischen
Kultur waren Zivilisten den Legionen gefolgt, bei der deutschen
Ausdehnung gingen vielfach die Kolonisten f€r sich in die weite
Ferne. Die deutsche Staatsgewalt hat dort nur einzelne Kriegsz€ge
gef€hrt. Milit†rische Deckung wurde durch Ritterorden gew†hrt,
aber auch die Junggesellen unter den deutschen Kaufleuten traten
zu Genossenschaften, wie die Schwarzh†upter in Riga, zusammen,
um mit der Waffe ihrem zeitweiligen Aufenthaltsorte zu dienen.
Diese Kulturmission nach Osten wurde durch die enge Verbindung
 
mit der abendl†ndischen Kirche m…glich. Es gab starke Ans†tze dazu,
da‡ die nordische und …stliche katholische Kirche dauernd an das
Mission†re entsendende Deutschland gebunden wurden. Die gallische
Kirche hat schon an der Missionierung Deutschlands einen geringen
Anteil. Die   deutsche  ward weit mehr tatenfroh. Ansgars Nachruhm
erweckte  bei Erzbischof Adalbert den Plan eines Patriarchates der 
Kamburger Kirche f€r den ganzen germanischen Norden. Otto I.
errichtete das Erzbistum Magdeburg f€r  die  Bekehrung der Slawen,
das von Mainz band B…hmen-M†hren bis ins   14.  Jahrhundert
an sich. Am 1200 entstand f€r die baltischen Lande das deutsche
Erzbistum von Niga, mit seinen Suffraganaten von der Weichsel
 bis nach Ingermanland reichend. Nach den Untersuchungen Vrack-
manns darf man  auch  annehmen, da‡ Otto III. bei  der  Gr€ndung des
Erzbistums Gnesen und des ungarischen in Gran die Absicht hatte,
diese Kirchensysteme eng an die deutsche Kirche zu kn€pfen. Doch
konnte und wollte das Papsttum nicht dauernd von der Leitung
der Christianisierung zur€cktreten. Die Herrscher Polens und
Ungarns €bergaben ihre Lande dem heiligen Petrus und damit
dem P†pstlichen Stuhle, Polen kurz vor 990, und K…nig Stephan
von Ungarn erhielt vom Papste   eine  K…nigskrone, mit der er 1001
gekr…nt wurde. Diese Sprengel zusammen bildeten den Ostfl€gel
des abendl†ndischen Kulturkreises.
Teutschland empfing entscheidende Kultureinfl€sse von Italien
und Frankreich und gab sie ganz wesentlich um eigene verst†rkt dem
Osten, auch Skandinavien, weiter.
Auch im S€dosten wurde die abendl†ndisch-deutsche Kultur €ber 
Ungarn hinausgetragen. Auch da drang man auf Boden griechischƒ
orthodoxer Kultur vor. Als dann die T€rken die byzantinische
Herrschaft niederwarfen, auch Ungarn, traten   deutsche  Kr†fte in den
Kampf gegen den dritten Kulturkreis ein, den muhammedanisch-ara-
 bischen, und trugen das Wesentlichste zur Abwehr und Vesiegung
der T€rken bei. Auch das war eine gro‡e weltgeschichtlicheKultur„
tat. Wenige wissen, da‡ der Gebrauch, zur Mittagszeit in den
Kirchen Glocken zu l†uten, urspr€nglich zum Gebete gegen die
T€rkengefahr aufforderte, wie es Papst Calixtus III. 1456 an„
geordnet hatte.
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Die  politisch aktivste Front war f€r  die  deutschen K…nige die S€d- front. In einzelnenT†lern der Alpen kam auch deutscher  Volks„  boden durch den Erwerb des K…nigreichs Italien hinzu. Weit er„ heblicher  war  der  Gewinn, den  der Erwerb des K…nigreiches Bur„ gund im Gebiete der Aare und um Basel hinzuf€gte.
Die Kolonisation, der Erwerb der beiden K…nigreiche und das Kaisertum bl†hten den  Naum ganz au‡erordentlichauf, in dem  der  deutsche K…nig seiner Nechte zu walten und Pflichten auszu€ben
hatte. Aber auch dar€ber hinaus wohnten Deutsche.  Kein anderes
europ†isches  Staatswesen hatte seit dem Verfalle des Weltreiches Karls des Gro‡en  einen so  weitl†ufigen Aktionsraum, wie ihn die
deutschen K…nige des Mittelalters zu betreuen hatten. Die R€ck„
wirkung  dieser  ‹berlast auf  das  Leben innerhalb des deutschen Volks„ raumes wird uns oft entgegentreten.Einst ein fast uferloser  Macht„  bereich.  Heute wachen  und  schlafen  auch  die  Grenzw†chter   und  Z…llner 
der  Nachbarstaaten   fast €berall auf altem deutschem Volksboden. Mit Necht ist das Neich als das   der  Mitte   bezeichnet  worden,
f€r   sich allein und vollends, solange der allergr…‡te Teil Italiens
mit   ihnƒ  verbunden war. Aber dieser Staatenverband besa‡ keine staatlichen Flotten. Nicht im Mittelmeere; denn die Kriegsschiffe geh…rten entweder untert†nigen St†dten oder dem reichsfreien Venedig. Nur die   letzten  Staufer hatten in ihrem Privatreiche Sizilien einen Admiral und   eine  Kriegsflotte. Kaiser  Heinrich  VI. gr€ndete darauf gro‡e Pl†ne. Wenn die lateinischenSegel nicht kaiserlich  waren, so auch nicht die Koggen der beiden nordischen Meere. Wenn sie auch wohl die rot-wei‡en Wimpel des Reiches f€hrten, so verf€gten die St†dte €ber sie als Eigent€mer. Das
deutsche Neich hatte als   solches auf  den Meereswogen  keine  Kraft. Die Landgrenze war nur   stellenweise durch die Natur gesichert.
Solange  zwischen den vielen  Nachbarreichen keine  dauernden diplo„
matischen Beziehungen bestanden, blieben die Kriege je auf eine der beiden Fronten   beschr†nkt.  Seit I5W aber †nderte   sich  das. Seitdem  schwebte  das  Neich in der  Gefahr  eines Zweifrontenkrieges.
Zun†chst die Kombination zwischen den  T€rken und dem  allerchrisi- lichsten  K…nige von Frankreich.Diese  Gefahr  w†chst sich aus   zu  der  einer vollen Einkreisung.
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 Noch ist die Vodenformung Deutschlands in ihrem dauernden Einfl€sse auf   seine  staatliche Entwicklung zu  er…rtern. Der Vergleich mit Frankreich dr†ngt sich auf. Dieses hat  einen nat€rlichen  Mittel„
 punkt   im Pariser   Vecken.  Deutschland hatte und hat nichts Šhn„ liches; denn die  deutschen  Str…me entw†sserndie Lande nach drei Meeren hin, und die   deutschen Mittelgebirge bilden dazwischen
 betr†chtliche Sperren. Der Nhein ist das st†rkste nat€rliche Band   zwischen Nord und S€den. Am 900 gab es in Deutschland im  Gegensatze  zu Frankreich noch gewaltige Waldungen, die den
 Naum zerfaserten. Diese Sperren wurden in den n†chsten   Jahr„ hunderten wesentlich gelichtet.  Es  kamen aber  durch  die  Kolonisation immer neue N†ume hinzu, die nicht dem K…nigshause zufielen,
sondern landesherrlichen Gewalten. Die franz…sischeEntwicklung geht von der Isle de France aus, dem Kauptsitze der k…niglichen
Familie, die den sp†rlichen Besitz zu mehren versteht und durch Lehensrecht auch andere Landschaften meistert. Es liegt in der  Vodengesialtungbegr€ndet,da‡  Paris   zum  Schmelztiegel   der  S…hne der  franz…sischen  Landschaften wurde, w†hrend Teutschland einen solchen  nicht erzeugte. Die Entwicklung f€hrt in Frankreich zum
Einheitsstaate, in  Deutschland beg€nstigte  der Voden  eine gelockerte  Neichsverfassung.
). Die Vorstufen
Chlodovech und das Frankenreich. Religion und Kultur, Verfassung. K…nigtum und Papsttum, ihre Verbindung. DieKaisertr…nung. Verwaltung des Reiches. Beamtentum und Lehenswesen. Teilungen und Abstieg. Bildung der 
Stammesherzogt€mer 
schen,  aber   auch  mit   fremdem  Vlute   durchsetzten  Wanderscharen in
den  Tagen des  Sturzes  des westr…mischen Kaisertums begr€ndet hat„ ten, war, seitdem Karl der Gro‡e auch das Langobardenreich in
seine Gewalt gebracht hatte, nur das der Franken €brig ge„  blieben. Die anderen Neiche waren zu schnellem  Unterg†nge ver„ urteilt,  weil ihre  Begr€nder, die  alle den Christenglaubenannahmen,
sich der arianischenGlaubensform   angeschlossen hatten, die in der 
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romanischen Grundbev…lkerung bald v…llig zur€ckgedr†ngt wurde.
So kam zu dem harten Gegensatze des Blutes noch der   sich  heftig
 befehdender Glaubensbekenntnisse. Erst sp†t beseitigten einige der 
 Neiche den Konfessionsstreit, indem sie die katholische Lehre an„
nahmen. Nur einer, der erfolgreichste, aber auch skrupelloseste der 
Germanenk…nige, der Franke Chlodovech, hatte im katholischen
Gallien   sich sofort dem Glauben der dortigen N…mer angeschlossen.
Aus dem Taufbecken nahm er die Kraft mit, nicht nur seine Unter„
tanen verschiedenenStammes miteinander   zu verbinden, sondern auch
dar€ber hinaus die Augen der r…misch-katholischen Elemente auf 
sich zu ziehen, was langsam zur Geltung kam. Dem neuen schnell
wachsenden Staate war die konfessionelle Einheit gegeben. Die Ger„
manen ergriffen das Christentum verh†ltnism†‡ig schnell, zun†chst
vielfach nur †u‡erlich, und bald auch all das Kulturgut, das die
 Nomanen aus der christlich gewordenen Antike gerettet hatten.
 Nicht nur die Vibel in der lateinischen ‹bersetzung des heiligen
Hieronymus, die Schriften der Kirchenv†ter und ihre Theologie
wurden €berliefert, sondern auch ein guter Teil der Lateiner der 
klassischen,  der heidnischen Zeit und ihres Verfalles. Von den Ahn•
Herren der Geistesbildung, den Griechen, €berkamen nur wenige dem
fr€hen abendl†ndischen Mittelalter. Aber auch  so  war es ein Schatz,
der einen Ausstieg der Kultur erm…glichte. Gewi‡ brauchte es Zeit,
da‡ die christliche Lehre die wilden Herzen der Franken und der 
anderen deutschen St†mme b†ndigte. Die Taufe Chlodovechs f€hrte
zu dem Glauben der Franken an eine  christliche  Mission, an die Ver„
 pflichtung ihrer K…nige zum Schutze der Kirche, zur Bekehrung der 
Heiden im eigenen Staate wie in der Nachbarschaft. Die christliche
 Neligion ward zu einer Zwangsreligion des Staates. Die Juden
machten eine Ausnahme von diesem Neligionsbanne. Als Volks„
fremde geduldet, hatten sie keine politischen Nechte. Die Kirche
 bediente   sich  der lateinischen Sprache,   sie  wurde auch die des fr†nki„
schen Staates. Auch  sie ward ein einigendes Band. Die entwickeltere
wirtschaftliche Kultur ward auch den Germanen zuteil. Es gab keine
zu tiefe Z†sur in der Kultur.
In der Theorie war von Chlodovech bis zum Anfang des  10.  Jahr„
hunderts der Staat eine Einheit, fast ein Eigentum des K…nigs, in
10
 
der  Praxis   aber teilten   sich  die  S…hne  in  die  Verwaltung  von  Einzel„ r†umen, als wenn es   sich um Privatgut handelte. Verwandten- k†mpfe und Abnahme der   k…niglichen  Macht waren notwendige Folgen. Dauernde Teilungen bildeten sich vor. So nahe das Necht der Teilhaber   sich  dem Eigentumsrechte am Staate gen†hert hatte, eine absolutistischeGewalt erreichten sie nicht. Das Neich war  auch ein Volksstaat. Ein Gegengewicht war schon in der Zeit
der Merowinger die Aristokratie. Der Gro‡grundbesitzer,ob Laie ob Kleriker, hatte in   seinem  Besitze, auch wenn er Lehen war, eine solide Grundlage seiner Macht. Dieser Gegensatz wirkte in
seiner  letzten  Fortsetzung, den L†ndern der Weimarer Verfassung  bis heute nach. Aristokraten wurden oft F€hrer provinzialer Inter„ essen. Diese hatten auch eine andere St€tze. Die V…lkerschaften
und St†mme des unter Karl dem Gro‡en zu einem Niesenreiche gewordenen Staates   lebten in   ihrem alten  Nechte weiter, die  N…mer 
nach r…mischen Rechten, die Germanen nach ihren jeweiligen Stammesrechten. Ihre Niederschrift wurde unter Karl im Grunde zu  Ende gef€hrt. Da ihr Inhalt vor allem Privatrecht, Strafrecht
und Proze‡verfahren betraf, sicherten sie  noch lange mindestens   ein„
zelne  Besonderheiten.Mit   anderen  Worten:   es gab  kein einheitliches deutsches  Necht, wenn auch Grundz€ge durch alle hindurchgehen,
so  der Aufbau auf Treue und Ehre gegen€ber dem Atilitarismus des r…mischen Nechts, dort Sinnf†lligkeit und  Offenheit, hier  N€ch„ ternheit, dort  genossenschaftlicher  Geist, hier Individualismus, dort
das Necht eines wesentlich agrarischen Volkes, hier im Grunde
das Necht einer Stadt ‚ Nom. ^ . Karl   der  Gro‡e vollzog die  Synthese  dieser germanischen  Volks„
verfassung mit dem von den Merowingern von Nom entlehnten Veamtentume. Aber in Gallien wirkte die r…mische  ‹berlieferung st†rker  nach als   selbst   in dem  einst r…mischen  Teile Deutschlands. Die Franken erstrebten durch die Einrichtung der  Grafschaften eine
ann†hernd gleiche Gerichts- und  auch  Verwaltungsorganisation. Da„ mit  wurden  die  Stammeszusammenh†nge nicht zerst…rt, wohl aber  vernichteten  die Karlingen fast  restlos  deren politische  Leitung,   die  Her„
zogt€mer.  Es  blieb also  auch durch  das Verordnungsrecht des  K…nigs und sein Kofgerichtein  Gegensatz von  Neichsrechtund Stammesrecht
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 bestehen, neben denen  sich   langsam auch die  Nechte  der  Immunit†ts„ herren mit ihren  Gerichten entwickelten. Das   allerschwierigste  war im Mittelalter   die  Kontrolle der  Verwaltung. Karl schufMissatsprengel,
wo  dieK…nigsbotenauch durch   VersammlungenunddelegierteK…nigs- gerichte  die Kontrolle durchf€hrten.Wurde das System peinlich  auf„ rechterhalten, so  hatte das Niesenreich  eine  vortreffliche  Organisation.
Doch sie  zerfiel  bald. Der Zwiespalt   zwischen der  Einheit des staat„ lichen Verbandes und  den partikularen Gewalten trat damit wieder  stark  hervor,  er blieb ein Charakteristikum unserer  Staatsverfassung.
Die  Kirche  des Frankenreiches,eine Landeskirche,  mit  deren  Feh„ lern und Vorz€gen, ward durch eine   innere Neformbewegung, an
der  Vonifatius   einen erheblichen Anteil hatte, und durch  die  politische Lage zum engen Anschl€sse  an das Papsttum gedr†ngt, wie dieses
die St€tze des Frankenreiches brauchte. Schon die  Nachrichten €ber  ldie vorbereitenden Ereignisse bieten Anla‡ zu vielen Streitfragen.
)/ Wie es zu der Kaiserkr…nungKarls des Gro‡en (800) kam, ist bei der D€rftigkeit und Unklarheit der Quellen, der  verwickelten  poli„ tischen Lage und  der  F€lle   von  M…glichkeiten, die  Einzelheitenund
die Gesamtheit zu deuten, ein †u‡erst schwieriges  Problem. Nom  barg in   sich  die  hehrsten  Erinnerungen. Es war  die alte  Kaiserstadt, die  Deutung  von  Prophezeiungen Daniels  durch Hieronymus stellte
das   r…mische  Neich als das   letzte der vier Weltreiche hin, gab ihm
eine  eschatologische  B€rgschaft. In Nom ruhten die Gebeine der   beiden  Apostelf€rsten,vor allem wuchs die Verehrung des heiligen Petrus,   dessen  Nachfolger der Papst war, der erste unter allen kirchlichen  W€rdentr†gern, Nom war  der  Mittelpunkt  des  Glaubens und  christlicher  Sehnsucht. And doch lag es am S€drande des latei„
nischen  Kulturkreises. Noch geh…rte es zum ostr…mischen  Neiche, aber es lockerten sich  die geistigen Beziehungen der zu Griechen
gewordenen Nomiier zum lateinischen  Abendlande. Von dort her  war  keine Hilfe zu  erwarten, nahmen doch die  langobardischen  K…nige
den  Byzantinern selbst einen   ihrer   festesten  Sitze, Navenna, weg, wo der Exarch, dem auch  Nom unterstand, residiert hatte.
Die P†pste dieser  schicksalsschweren Tage hatten eine Deckung n…tig, gegen die Langobarden, gegen Vyzanz und gegen die un„ ruhigen Elemente in und um Nom. Es liegt im Wesen kirchlicher 
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Gewalten,  da‡   sie des  Schutzes durch einen  waffengewaltigenLaien, auch eines  Vlutrichters  nach  den  Anschauungen jener  Tage  nicht  ent„
 behren konnten.  Noolssia, non sitit 83,n^niQsm. Die  deutschen Vi- sch…fe  erhielten  V…gte. Neben  den P†psten   stehen weltliche  Organe
zu Schutz und Aufsicht, der byzantinischeOberbeamte f€r den  Nestbesitz   in Italien (der Exarch), unter ihm der  r…mische  Dux, €ber allen  der  Kaiser. Eine  p†pstliche  Gerichtsbarkeitgab  es noch nicht.
Da die Oberhoheit von Vyzanz   verschwindet  ‚ in den Papstur„ kunden  wird   zuletzt  772 nach dem  ostr…mischen  Kaiser datiert ‚  kommt es zu dem engen B€ndnisse der P†pste mit den Franken„
k…nigen,  den m†chtigsten  F€rsten des Abendlandes.
Es hebt an, als der  Kausmeier des fr†nkischen Neiches, Pippin, sich entschlo‡, die  Schattengewalt der merowingischen  K…nige  zu  be„ seitigen.  Dieser Staatsstreich bed€rfte einer Legitimierung. Pippin und die fr†nkische Neichsversammlung legten sie   in die H†nde des Papstes, des Griechen Zacharias, der den Schritt billigte (751). Pippin erhielt als erster Frankenk…nig durch bisch…fliche Salbung eine  religi…se Weihe. Es  kam   zu  einem Schutzversprechen des  K…nigs f€r den Papst und auch  (wann?) zu einem Schenkungsversprechen.
Papst Stephan II., ein Stadtr…mer, salbte Pippin   noch  einmal in St.Denis   und gab ihm und  seinen  S…hnen die  W€rde eines Mtriows
lioiNŠnoinui. In   zwei Kriegen  besiegte  Pippin die Langobarden (754 und 756). Der von ihnen eroberte byzantinische Exarchat wurde vom Sieger Pippin nicht etwa an Vyzanz zur€ckgegeben,
sondern dem Papste zur Verwaltung unter   fr†nkischem  Schutze €berwiesen.  Es entstand der Kirchenstaat aus der Vereinigung des Exarchates und der Pentapolis mit dem Gebiete um Nom und einem  Verbindungsst€ckein Umbrien. So war von der  Adria, zwi„ schen  dem unteren Po   und  Ancona bis  zur tyrrhenischen K€ste,  von
Civitavecchiabis Terracina, quer  durch die langgestreckte Kalbinsel
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einer Oberherrschaft €ber den Kirchenstaat f€hren? Der Weg von
der Schutzherrschaft zur Oberherrschaft ist nicht weit.
Die noch heute jeden tief ergreifende Karfreitagsliturgie, die in
hochheiliger Stunde Gebete f€r alle Aufgaben des Christentums
singt, nahm in ihrer r…mischen Fassung   schon  774, neben dem Gebete
f€r den r…mischen Kaiser, den fr†nkischen K…nig Karl auf, wie in
das ‰Nxnltst" vom Karsamstag die Franken. Das war noch kein
Vruch mit Vyzanz. Die gef†lschte Arkunde, nach der Kaiser Kon-
stantin dem Papste Silvester neben anderm die Herrschaft €ber 
 Nom, Italien und das Abendland   schenkte, ist  in diesen Jahrzehnten
entstanden. Sie richtete   sich gegen Vyzanz oder wandte sich an die
Franken, vielleicht war sie an beide gerichtet. Diese konstantinische
Schenkung erkl†rt   sich  aus Zust†nden rechtlicher Unklarheit.
Papst   Leo   III. (795-^816) hatte die Schutzherrschaft Karls deut,
lich dadurch anerkannt, da‡ er nach seiner Wahl dem Frankenk…nige
au‡er dem Wahlprotokoll das Vanner der Stadt Nom sandte.
In Rom leidenschaftlich angefochten, ja mi‡handelt, fluchtete er zu
Karl nach Paderborn. Dieser erschien Ende 809 selbst in Nom,
nahm dort den Neinigungseid des Papstes an. Zwei Tage nachher 
setzte ihm der Papst   die  Kaiserkrone auf. Mindestens   die  Ausf€hrung
kam Karl €berraschend. Die Initiative des weltgeschichtlich bedeut„
samen Schrittes lag sicher beim Papste. Er war gegen Vyzanz
gerichtet, wie gegen unzuverl†ssige R…mer, bedeutete jedoch auch eine
Kl†rung gegen€ber dem Frankenk…nig. Wie aber dachte Karl? Ein
Zwang, auf Vyzanz R€cksicht zu nehmen, lag im Augenblicke nicht
vor; denn eine Frau sa‡ auf dem Kaiserthrone. Sp†ter hat Karl in
Vyzanz verhandelt. Es bleiben allerhand M…glichkeiten offen, der 
Streit   der  Meinungen wird auch wohl kaum je beendet werden. Aber 
war nicht schlie‡lich  die Gedankenrichtung Karls, wenn auch von der 
des Papstes verschieden, doch  mit ihr vereinbar? Schwerlich hat eine
starke Erinnerung des antiken Kaisertums auf ihn eingewirkt, als er 
die Krone annahm. Seine Beweggr€nde sind auf dem religi…sen
und fr†nkischen Voden zu suchen. Ihn bewegte der Missionseifer, er 
erschien ihm wohl im Vunde mit dem Papste noch fruchtreicher 
als ohne ihn. Er griff in die Kirche seines Reiches weit ein, selbst
ins dogmatische Gebiet. Ein j€ngst gefundener Vrief an den Papst
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stellt es klar, da‡ er auch in kirchlichenDingen im eigenen Willen
den Gottes erkannte. Als Frankenk…nig hatte er die Sorge f€r den
Schutz der Kirche und die Mission ererbt,   in  seinen Taten   sie  bew†hrt.
Er kannte recht gut das Buch des heiligen Augustin ‰vom Gottes„
staate", er wollte das Neich der Welt im Sinne des Neiches Gottes
f€hren. Das alles mag eingewirkt haben, um ihn zu bestimmen, die
Kaiserkrone hinzunehmen. Sie erh…hte seine Schutzpflicht, aber auch
sein Schutzrecht. An die Stelle des Kaisers von Vyzanz trat nun
offen der Kaiser von Nom, in dem Titel wurde der des Mtrioins
in den Urkunden in pathetischer Form nach byzantinischem Vorbilde
durch den Kaisertitel ersetzt: ‰Der von Gott gekr…nte, gro‡e, frieden„
 bringende Kaiser, der das r…mische Neich verwaltet, durch die G€te
Gottes auch K…nig der Franken und Langobarden!" Karl war durch
die Kaiserkr…nung Souver†n €ber Nom und den Kirchenstaat unbe-
schadet der p†pstlichen Nechte geworden.
Die Kaiserkr…nung verband die beiden m†chtigsten Gewalten der 
Christenheit zu einer Schicksalsgemeinschaft. Aber beiden thronte die
Aberwelt des Geistigen, der Neligion. In dem Bunde des ver-
kirchlichtenStaates und der in das Weltliche reichenden Kirche lagen
Widerspr€che und ausein†ndergehende Tendenzen, die s†uberliche
Trennung der Befugnisse war von vornherein unm…glich.
Die P†pste waren zun†chst fast machtlos. Karl   setzte seinem Sohne
selbst die Kaiserkrone auf, ebenso dieser seinem Sohne. Ludwig
der Fromme war auch im Kirchenregimente schw†chlicher, als
sein Vater es gewesen. Als sein Saus niederging, wurden die
P†pste die Herren der Kaiserauswahl. Die Kaiserkrone kam an
italienische Gro‡e und versank v…llig. Auf Nom und das Neich
 blieben die Gedanken von vier Kr†ften gerichtet. Vyzanz hielt an
den alten Anspr€chen fest, der in sich gespaltene r…mische Stadt-
adel f€hrte endlose Wirren herbei, die P†pste blieben einer St€tze
 bed€rftig, ein deutscher K…nig wird den Gedanken des Kaisertums
wieder aufnehmen.
Wenn Karl der Gro‡e den Niesenraum seines Neiches wirklich
leiten konnte, so liegt das zun†chst an seiner Kerrscherbegabung, an
seiner Klugheit, Tatkraft und Selbstvertrauen. Von der weiteren
Voraussetzung, guten Verwaltungseinrichtungen, den Grafschaften
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und der Kontrolle durch die K…nigsboten, ist  schon  gesprochen, Kar -
hatte alle Sonderbildungen aufgel…st. Die h…chsten Befugnisse
standen den zum Schutze der Grenzen aufgestellten Markgrafen zu.
Es kamen eine fruchtbare Gesetzgebung, eine t†tige Kanzlei und noch
ein Nest von Geldeinnahmen hinzu. Das Neich ward von absetzbaren Beamten verwaltet.
Von den Nachkommen   des  Geistesriesen waren  die  wenigsten seiner 
w€rdig, einige geradezu degeneriert. Wie einst  die  Merowinger das
 Neich geteilt hatten, und auch Karl selbst es zu tun beabsichtigt
hatte, geschah es auch jetzt. St€cke kamen wohl wieder zusammen,
einmal auch das ganze Neich. Es zerbr…ckelte und   sank  auch in seiner 
Gesamtheit.
durch …rtlich angewiesene Naturaleintunfte den Lebensunterhalt zu
sichern, deren Verwaltung bald in deren H†nde kommen wird. Es ist
ein nat€rlicher Vorgang, der zur Feudalit†t, zur Lehensverfassung,
zur Erblichkeit auch der Amtslehen f€hren wird und schlie‡lich die
 Nechte des Staates zu einem erheblichen Teile in Sonderrechte der 
ehemaligen Beamten umwandelt, die die Staatsleitung nicht mehr 
einziehen oder umgestalten kann. Gest€tzt wurde das alte Verh†ltnis
durch die germanische Pflicht der gegenseitigen Treue, diese Pflicht
war auch durch den Glauben an das G…ttliche im Nechte verst†rkt.
Kugelmann sieht mit Necht in dieser Treuepflicht den tiefsten und
letzten Gedanken deutschen Rechtes. Treue gegen€ber dem F€hrer,
dem K…nige! Die altdeutsche Dichtung hat die Treue der Gefolg„
schaft noch lange gefeiert! Doch wird nicht das Interesse an der 
Wahrung des €berwiesenen …rtlichen Besitzes dem Diensteifer 
Eintrag tun? Werden die vom K…nige her kommenden Befehle
stets auch dann willige Folge finden, wenn ihr Sinn nicht erkannt
oder gar verurteilt wird? Am Ende wird wohl gar das pers…nliche
Treueband gegen€ber einer dinglichen Last auf dem Lehenbesitze
zur€cktreten. Die Landeshoheit der F€rsten wird   sich  entwickeln und
das Lehensband mit seinen Pflichten erst verdunkeln, dann g†nzlich
abstreifen. Doch stand die Veamtenverfassung und daneben die alt„
germanische Selbstverwaltung im wesentlichen noch aufrecht, als
das Neich definitiv auseinanderbrach.
 
Von den Teilungen hatte die von Verdun (843) die  st†rkste  Nachƒ
Wirkung. In dem bald umgesto‡enen Teilungsplane von 817 hatte
Ludwig der Fromme die Oberherrlichkeit des †ltesten, zum Kaiser„
tum bestimmten Sohnes €ber die anderen Teile ausdr€cklich gewahrt.
In Verdun schufen die Vr€der drei von Norden nach S€den sich
erstreckende  Teilreiche. Dem †ltesten von ihnen, dem Kaiser Lothar I.
verblieben  die Hauptst†dte des Neiches, Aachen und Nom. Der €ber„
lange Streifen von der Weserm€ndung bis s€dlich Nom war im
Breitengrade von Basel am st†rksten eingeengt. Vielleicht hatten
die anderen siegreichen Vr€der    sich das milit†rischer Vorteile halber 
ausbedungen. Jedenfalls zerbrach das Teilreich schon bald an dieser 
Stelle. Das n…rdliche Gebiet: Lotharingien, Burgund und Italien
gingen drei gesonderte Wege. Im Westreiche €berwogen ebenso
die Nomanen, die zuk€nftigen Franzosen, wie im Ostreiche die
Teutschen. Es wurde auch das Ostreich noch einmal geteilt.
Die Westgrenze war eine durch alte Verwaltungsbezirke scharf 
gebildete Vinnengrenze. Die Ostgrenze ein breiter Grenzraum auf 
erobertem Voden, zu innerst das von Karl begr€ndete, im Westen
fehlende Markensystem, dann  sich  nach  au‡en  hin  abschattende Nechte,
die  sich  endlich verlieren.
In   diesem,  Neiche lebten die alten Stammesgewalten wieder auf,
weil das K…nigtum erlahmt war. Die Not erzeugte  eine  neue boden„
st†ndige F€hrerschicht  in den Herz…gen,   die alte Stammeserinnerungen
aufnahmen. So popul†r   sie  waren, versuchten sie  jedoch  nicht geradezu
den Staatsverband zu sprengen. Noch hielt der hohe Klerus an
dessen  zentralistischem Wesen fest. K…nig Konrad I. (911‚918), der 
nach dem Aussterben des deutschen Zweiges   der  Karlingen mit N€ck-
sicht auf seine Verwandtschaft mit ihnen erw†hlt worden war,
st€tzte sich in seinem Gegensatze zu den neuen Gewalthabern auf die
Bisch…fe. In der Erkenntnis, da‡ dieses System nicht mehr durch„
gef€hrt werden k…nne, designierte er den Sachsenherzog zu seinem
 Nachfolger.
Die Herrschaft der Karlingen hatte im Ostreich ihr Ende gefunden.
Schult•, Veutschei Stllllt 2   17
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II. Das   deutsche Reich  in  der Zeit des vorwiegenden Erbrechts der  k…niglichen Familie 919-1250
4. Das Werk Heinrichs I.
Wahl Heinrichs   I.  Anerkennung der Stammesherzogt€mer. Verbreiterung des Reiches: Lothringen und B…hmen. Die deutsche Wespentaille. Die wechselnde Schwerpunktslage
der deutschen Geschichte
Manche  sehen schon in dem karolingischen Ostreiche  den Anfang des   deutschen  Reiches, aber   dessen  Aufbau wurde  wesentlich  erst durch  die  Wahl Heinrichs I.   festgelegt: Zusammenschlu‡  der Stam„
mesherzogt€merund die  nunmehr festbegr€ndete  K…nigswahl bilden den Markstein. Das   deutsche Neich wurde gebildet  aus   den  St†m„ men, die trotz der  karolingischen Grafschaftsverfassungam meisten vom altgermanischenWesen enthielten,und gerade der urspr€ng„
lichste, der der Sachsen, stellte den  K…nig. Wie €berhaupt die  nor„ dischen  Kreise   sich als Staatenbildner   erwiesen,  vorab Normannen, so  war  auch   innerhalb des deutschen Reiches der  Norden  der  F€hrer.
ilnter   den Karlingen war  nur   in  zweifelhaften  F†llen   eine K…nigs„ wahl vorgenommen worden. Die W†hler von 919 dachten nicht
legitimistisch an  den karlingischen K…nig des werdenden  Frankreichs, sondern an die  Herz…ge. Der  k…nigliche Stamm der Franken folgte dem  Willen des  verstorbenen  K…nigs und w†hlte mit den Sachsen
deren  Herzog Heinrich von Sachsen, die Bayern aber an anderem
Orte ihren Herzog Arnulf. Der Sachse mu‡te mit den Herz…gen von Bayern und Schwaben paktieren  und dabei ihre  Machtstellung anerkennen, in  Bayern sogar  die Besetzung der  Bist€mer   durch den
Herzog. Des K…nigs Neich war   ein  Konglomerat von St†mmen, volle  Gewalt hatte  er  nur in Sachsen, doch  der  nat€rliche Egoismus der St†mme war   zun†chst  €berwunden. Die Herzogt€mer waren
 
trieb und eine starke, immer und €berall vom Hofe geleitete Ver„
waltung und Politik damals unm…glich machte. Immerhin hat
H  einrich I.  erreicht   , da‡   die  urspr€nglich ziemlich freien Herz…ge ihre
Herzogt€mer vom K…nige zu Lehen nahmen. In Frankreich wuchsen
aus eigener Wurzel solche Herzogt€mer kaum hervor. Dort wirkte
die r…mische Staatstradition nach. So waren die beiden Neiche,
die entstanden, von vornherein wesensverschieden. Dualismus in
Deutschland, Monismus in Frankreich.
Die Anerkennung der Herzogt€mer war eine schwere, auch nie
v…llig abgetragene Hypothek auf das Neich. Aber im Gegensatze
zu diesem Partikularismus war der Sieg des Wahlrechtes ein Ge„
winn; denn glattes Erbrecht und Teilung, Wahlrecht und Einheit
des Staates stehen in der deutschen Entwicklung lange Jahrhunderte
hindurch zusammen.
Richtung. Vei dem Erwerbe des n…rdlichen Teiles des Mittel„
reiches, dem Lotharingiens, kamen drei g€nstige ilmst†nde zusammen.
1. Die Gefangenschaft des karlingischenK…nigs von Frankreich, Herrn
in Lotharingien, in H†nden franz…sischer Gro‡er.   2. Die Berechnung
des in Lotharingien m†chtigsten F€rsten Giselher, da‡ er wohl im
Verb†nde des deutschen Reiches, nicht aber in dem Frankreichs
eine  Herzogsgewalt €ber Lotharingien gewinnen k…nne.  3.  Die Stel„
lung der drei rheinischen Erzbisch…fe, besonders der von K…ln und
Trier, deren Metropolitanbezirke sich bis dahin auf   zwei  Neiche er„
streckt hatten. Sie geh…rten fortan nur einem Neiche an. Zwar blieb
das Vistum Cambrai dem Neimser Erzbisch…fe unterstellt, dessen
engerer Sprengel €brigens auch ins deutsche Neich €bergriff, doch
im wesentlichen waren die Neichskirchenverb†nde des franz…sischen
und deutschen Neiches sorgf†ltig getrennt.
Im Osten begann   sich  B…hmen an das Neich anzugliedern. Es
war, wenn auch Neste  der  alten germanischenBewohner €brig geblieben
sein mochten, damals ein slawisches zersplittertes Staatengebilde.
Durch diese beiden Erwerbungen wurde die €ble Wespentaille des
 Neiches   zwischen  den westlich von Mainz-Worms liegenden Bergen
und Eger wesentlich verbreitert. Die Gefahr einer Trennung von
 Nord- und S€ddeutschland wurde gemildert, der Nhein wurde zur 
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Kauptader des  politischen  Lebens wie des   wirtschaftlichen.  Dem Abend zu  wuchs  das  Neich in alte   Stammlande christlich-lateinischer 
Kultur,  nach  dem  Morgen   in Gebiete, wo  sie erst  eben tiefe Wurzeln schlug. Nach jener Nichtung gewann das Neich  auch  Landschaften romanischer Sprache, gr…‡er war die Zahl der Gebiete deutscher  Dialekte,  nach Osten kamen slawische  Gebiete hinzu. Das  deutsche Neich hatte  also wieder in die  Spuren des Neiches Chlodovechs  eingelenkt. Es hatte keine  rein  deutsche  Bev…lkerung. Doch machte   sich   langsam ein nationales Gef€hl geltend. Die  Aufgabe, jene  Kultur weiter nach Osten  zu   tragen, erhielt  durch  Heinrich   I.   einen  breiteren  Fruchtboden f€r das Saatgut   und  eine  weitere  Fl†che f€r  dessen  sp†tere  Aussaat.
Die Zeit der  s†chsischen  Kaiser zeigt namentlich zu Anfang den €berragenden Einflu‡ von Norddeutschland auf das Neichsleben, die  der Salier  den des  Maingebietes und des  Mittelrheins,   die der 
Staufer   schiebt  den Schwerpunkt weiter  nach  Mittag,   die  der  Luxem„  burgernach  dem mittlerenOsten,diederH>absburgernachdemS€dosten.
 Niemals  wird das  zur  unbedingten  Vorherrschaft. Freilich ward von den Staufern   ab der  Norden   zu  wenig vom Neichslebendurchblutet.
Kein  europ†ischer  Staat hat   solche  Schwankungen des politischen Schwerpunktes erlebt wie der  deutsche.  Am wenigstenFrankreich.
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5. Die Thronfolge
Wahl des K…nigs und Erbrecht. Wiedrei Dynastien. Ge genk…nige und Wahlrecht. Stellung der P†pste. Designa„ tion des Nachfolgers. Ursachen des Aussterbens der Dy„ nastien. Versuche, das Erbrecht als Gesetz einzuf€hren. Wahlberechtigte. K…nigskr…nung. Ihre religi…se Bedeu„
tung. Vormundschaftliche Negierung
In   dem also  begr€ndetendeutschen Neiche herrschte bis   zu  seinem Ende (1806)   ein  gew†hlterK…nig. Doch gab es in der ersten bis 1250
reichenden  Periode auch Erbanspr€che, die beachtet wurden. Von der  Wahl Ottos I. sagt eine dem Hofe nahestehende Quelle: ‰Er  wird nach dem Erbrecht gew†hlt." Es galt nicht ein Erbrecht des
†ltesten Sohnes, aber man hielt   sich an das Gebl€tsrecht. Anter  Amgehung der n†chsten Erben fiel die Wahl auf einen Bruder 
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(Heinrich  VI.) oder auf  einen  Neffen (Friedrich I.) oder auf einen Oheim (Philipp). Es folgten  sich drei  Tynastieen. Die s†chsischen Liudolsinger starben aus, weil von den wenigen S…hnen zu viele
Bisch…fe geworden waren. Das Haus der Salier, das Geschlecht der ungetreuen S…hne, endete mit einem Kaiser ohne m†nnlichen Erben. Mit Konradin,  einem  ungekr…ntenPrinzen,   sank  das Mu„
sische Haus auf dem Schafotte dahin. Auf aus weiblicher  Erbfolge gefolgerte Erbanspr€che   sich  st€tzend, wollten die  Staufer   die  Krone des Saliers erben, eine Doppelwahl folgte, die der Staufer nicht durchhielt. Tann  machten  die Welsen nach dem Tode Kaiser  Lothars ebensolche Nechte geltend, doch die  Wahl   entschied f€r  die  Staufer. Tiefe Negierung Lothars von Supplinburg galt als   ein  Vruch des
Erbrechtes, wenigstens trat aus der  salischen Kanzlei fast niemand in  seine €ber, wie  sich  das  nach seinem  Tode wiederholte.
Tie  zahlreichen Wahlen  von Gegenk…nigen  sprechen   f€r das  Wahl„ recht. Schon bei der  Wahl Nudolfs   von  Nheinfelden (1077) wurde das Erbrecht unter  dem Einfl€sse eines p†pstlichen Legaten   ausdr€ck„
lich  bestritten. Die W†hler wollten ihre  Macht mehren und auf den
kommenden Tr†ger Einflu‡ gewinnen,die P†pste ihr Eingreifen er„ leichtern.  Sie hatten  wegen  der von ihnen zu vollziehenden  Kaiser„
kr…nung ein  starkes Interesse an der Alleing€ltigkeit   des  Wahlrechtes. Lothar hat als erster  die  Best†tigung der Wahl durch den Papst nachgesucht. Sehr €bel war  die erste v…llig durchgek†mpfte  Toppel- wahl, die  von  1198  (Philipp   der  Staufer und der  Welfe Otto IV.). Papst Innozenz III. nahm die Entscheidung in Anspruch,  was beide K…nige zugestanden.  Tie Erbfolge verb€rgte die  Kraft des K…nig„ tums, das   freie  Wahlrecht raubte ihm  die Stetigkeit,  und Toppel-
wahlen  zehrten gewaltig an dem  Neichsbesitze. Im Sinne der  Erblichkeit   trafen  viele  K…nige Vorsorge, indem
sie bei ihren Lebzeiten den Nachfolger designierten oder w†hlen oder  gar  zum K…nige, selbst  zum Kaiser (Otto II.,  bei Heinrich  VI.  blieb es bei dem Plane)   kr…nen  lie‡en. Toch  konnte ein  K…nig die
Wahlhandlungen im allgemeinen nur herbeif€hren, wenn er die Kaiserkrone   trug. Tiefe Schranke fehlte in dem  Wahlreiche Frank„ reich,  Dort  wurde   fast  regelm†‡ig bei  Lebzeiten gew†hlt, zuletzt 1197. Das Kronprinzentum war  so  fest, da‡  die  Wal/ fortfiel und Frank-
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reich zu  einer Erbmonarchie wurde.  Im  Hause  der  Kapetingerstarben wohl Linien  aus,  nicht  das Haus   selbst.  Der   erste Fall   1328   f€hrte dann zu  einem  Erbfolgekriege.
Die Negierungszeit  der franz…sischen K…nige bis   1328  betrug im
Durchschnitte   28,4 Jahre, die der  deutschen  ohne die Gegenk…nige und  nach  Abzug der Vormundschaften nur 19,3. Das Lebensalter, das die  deutschen Herrscher bis   zum  Ende des Reiches erreichten,
ist  €berraschend  gering. Zwei K…nige wurden ermordet, Barbarossa ertrank. Das Klima Italiens raffte vier vorzeitig (im Alter von 23-45 Jahren) dahin (Otto II. u.III.,   Heinrich  VI.  u. VII.). Nur  Friedrich III. erreichte das   78. Lebensjahr, Nudolf I. das 73., Sigismund das 69., Friedrich I. das   68. und Leopold I. das 65.
Diese Ursachen f€hrten in den Zeiten vorwiegenden Erbrechts zweimal zu Vormundschaften (Otto III. u. Heinrich IV.,   die  f€r 
Friedrich II. wurde nicht durchzuhalten gewagt). Beide schlugen zum  Schaden des Neiches aus. Nach fr†nkischem Nechte wurde  der 
K^nig^mit  15 IaHren m€ndig. Der   ebenso kluge  wie  energische  Staufer Heinrich VI. hat den
Versuch gemacht, das  Wahlrecht der  F€rsten zu  beseitigen. Man darf 
wohl sagen, da‡ es  stets ein  gro‡es Wagnis war, wenn  ein  deutscher  K…nig an  der  Spitze von  Kreuzfahrern ins Heilige Land zog.  Bar„  barossa tat es, nachdem er  seinen  Sohn   schon zum Kaiser wenig„ stens ernannt hatte. Als Heinrich VI. denselben  Plan erwog, war  sein  Erbe, ein kleines Kind, keineswegsder Erbschaft des deutschen  Neiches   sicher.  Die Wurzel dieser Schwierigkeit lag im Wahl„
charakter  des Neiches. Daraus   ist wohl der Versuch erwachsen,  die Krone erblich zu machen. Nach anf†nglichem Erfolge bei den F€rsten  scheiterte  die Verhandlung Heinrichs VI. an dem Wider„ st†nde des zur K…nigskr…nung berechtigten Erzbischofs von K…ln
(Adolf  v. Berg);   ebenso erging es  der  Verhandlung mit der P†pst„ lichen Kurie. H†tte  dieser  willensstarke  Staufer das  in  seinem K…nig„
reiche Sizilien  geltende strenge  Erbrecht auf  die deutsche und damit auch auf  die  Kaiserkronedurchsetzenk…nnen, so  w€rde die deutsche wie italienische Geschichte einen  anderen Verlauf genommenhaben.
Es w†re damals wohl noch  m…glich gewesen, auch  in Teutschland wieder  eine starke einheitliche  Neichsverwaltung einzuf€hren. Um-
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sonst hatte Heinrich die Schl€sselstellung der deutschen F€rsten an„
gegriffen. Ob K…nig Albrecht I. wirklich ernsthaft gegen€ber den
Kurf€rsten denselben Versuch gemacht hat, ist sehr zweifelhaft.
W†hrend Deutschland   ein  reines Wahlreich wurde, hatte Philipp II,
August (1180‚1223) in Frankreich K…nigsmacht und Staatsge„
danken zur Herrschaft gebracht. Hier Steigerung der Kraft des
Staates, in Teutschland ihr Niedergang.
Das theoretische Wahlrecht aller Freien beschr†nkte sich tats†chlich
 bald auf die Gro‡en der verschiedenen Landschaften. Die K…nigs„
wahl wurde, schon weil der Gemeinfreie nicht die Mittel hatte, von
weit her am Orte   der  Wahl zu erscheinen, aristokratifiert. Doch ruhte
der Wahlspruch eines jeden der Gro‡en auf seiner heimatlichen
F€hrerstellung, auf dem Vertrauen seiner Heimat, auf einer ideellen
Verbundenheit der F€hrer mit der Gefolgschaft ihrer Landsleute.
Die K…nigswahl blieb auf   diese  Weise die Rechtshandlung des ge„
samten Volkes. Es ist fast sicher, da‡ der hohe Klerus erst bei der 
Wahl Heinrichs II. Anteil an dem Wahlakte erhielt. In recht kurzer 
Zeit gewann der Erzbischof von Mainz die Leitung der Wahl und
damit den gr…‡ten Einflu‡ auf sie. Da das Reich als eine Fort„
setzung des fr†nkischen galt, fand die K…nigswahl zu allermeist auf 
fr†nkischem Boden statt, vorwiegend in dem allen St†mmen am
n†chsten liegenden fr†nkischen Raume   zwischen  Frankfurt‚Mainz‚ 
Worms. Die Reichsstadt ArmrAnt ^^h^ h^^ h^ regelm†‡ige, durch die Goldene Vulle (1356) der gesetzm†‡ige Wahlort.
Heinrich I. hat die Salbung und Kr…nung durch einen Erzbischof 
abgelehnt,   sein  Sohn Otto   der  Gro‡e kehrte zu  der von   den  Karlingen
ge€bten geistlichenWeihe zur€ck. Die ottonische Form der deutschen
K…nigskr…nung zu Aachen am Grabe Karls des Gro‡en blieb das
Vorbild der sp†teren. Von diesem Vorzuge Aachens wurde selten
abgewichen. Nach 1531 wurde die Kr…nung der Wahl unmittelbar 
angeschlossen,erfolgte also zumeist in Frankfurt. Doch wurde Aachen
 jeweils das Recht verbrieft. Diese religi…se Handlung, die den K…nig
fast in den Klerus einbezog, fast  zum rsx   8g,<;‡r<1o8  machte, bekundete
deutlich das Gottesgnadentum und hatte bei dem religi…sen Sinne
des Mittelalters auf die Untertanen einen sehr starken Einflu‡.
Wahl und Salbung begr€ndeten einen Vertrag zwischen K…nig
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und Volk, die Kr…nung gab der Antertanenpfiicht eine religi…se
Weihe. Die K…nigskr…nung und -salbung und der Kr…nungseid
 bekunden am deutlichsten die religi…se, christliche, r…misch-katho„
lische Stellung des K…nigtums. Auch das Neich hatte denselben
Grundzug. Untertanen- und Christenpflicht waren eins. Wer nicht
zu dieser  Weltanschauung   sich bekannte, sollte auch nicht B€rger des
Staates   sein.  Die Juden galten daher, wie  schon  gesagt, als Reichs„
fremde. Die Kreuzz€ge verschlechterten ihre Stellung. Sie wurden
k…nigliche Kammerknechte. Es galt eben ein Neligionsbann.
Diese Weltanschauung zu haben, in felsenfestem Glauben an die
Lehre der Kirche, die das Heil auf Erden und im Jenseits verb€rge,
zu leben, war eine staatliche Pflicht. Wie tief sie die Gesinnungen
der Menschen durchs†uerte, wie sehr  sie   ihre Ziele, ihre Handlungen
von der Wiege bis zum Sarge bestimmte, wie der Christenglaube
die Lebensgemeinschaft f€r alle, vom K…nige bis zum Bettler wurde,
geh…rt mehr in die Kulturgeschichte. Hier   ist  nur noch klar und deut„
lich zu betonen, da‡ das Religi…se, Christliche, Katholische auch in
die innere und †u‡ere Politik eingriff,   sie  oft entscheidend bestimmte.
Das abendl†ndische Mittelalter war die Zeit einer weltanschaulichen,
religi…sen Einheit; einer Kulturharmonie. Das Geschick gab dem
deutschen Staate die engste Ber€hrung mit dem Haupte der abend„
l†ndischen Kirche, mit dem Papste. Vorteile ergaben sich daraus
und Nachteile.
Das Necht, die Kr…nung   zu  vollziehen, fiel an den Metropoliten
des Kr…nungH ortes, f€r Aachen also an den Erzbischof von K…ln,
f€r Frankfurt an den von Mainz. Durch Anteil an Wahl und
Kr…nung wurden diese Kirchenf€rsten an die Spitze des deutschen
F€rstenstandes erhoben.
F€r vormundschaftliche Negierungen gab es  keine  Negel. Wieder„
holt €bernahmen sie die M€tter. Unter dem Einfl€sse der byzan„
tinischen  Šbung kam das auf und erregte   auch  Bedenken, mit gro‡em
Geschick f€hrte Theophanu, die Griechin, f€r Otto III. die Ne„
gierung. Eine Verschw…rung entzog der ungeeigneten Agnes von
Poitou den jungen Heinrich IV. Von den beiden Negenten Anno
von K…ln und Adalbert von Bremen, den Erzbisch…fen, war keiner 
seiner Aufgabe voll gewachsen.
 
Vei langer Abwesenheit von K…nigen au‡erhalb des Reiches wurden die   deutschen  Gesch†fte f€rstlichen Personen anvertraut,
doch wohl stets   ack  nutum des Herrschers. Mehr formiert war die  Neichsverweserschaft  w†hrend des langen Aufenthaltes Friedrichs II. in  Italien (1220‚1235), zun†chst   die Engelberts, Erzbischofsvon K…ln, dann  die  Herzog Ludwigs von  Bayern. Ihnen   standen  Vor„ mundschaftsr†te zur  Seite. Fester war   dieser  Nat 1228, er bestand aus  sechs  bis  zehn  Mitgliedern,  Geistlichen und  Neichsdienstmannen.
So gro‡ sein Einflu‡ war, die eigentliche  Verantwortlichkeit trug
zunehmend der jugendliche  K…nig Heinrich VII.,   wie   sp†ter von  1237 an  sein Vruder Konrad IV.,  die beide zun†chst viel zu  jung waren, um pers…nlich die Gesch†fte zu  f€hren. In   beiden  F†llen wird man an  das ‰Vizek…nigtum" Ferdinands  I. neben  seinem  Vruder Karl V. erinnert.
Das  deutsche Reich hatte das  Gl€ck, da‡ die drei Dynastien ihm keinen  ganz unbedeutenden, wohl aber viele ganz hervorragende Herrscher schenkten.  An F€hrernaturen war dieses Zeitalter zum Gl€cke  des  schwerf†lligen  Staates reich.
6.  K…nigreich Italien. Die Kaiserkrone
Italien. Erneuerung der Kaiserw€rde. Kritik. Beweg, gr€nde. Folgen. Kaisertum und Papsttum. Entwicklung
 Neichsitaliens
Den  deutschen  K…nigen fielen  auch  au‡erhalb des  deutschen  Neiches Kronen zu, deren rechtliche Einordnung aber nie  zu dauernder staats„ rechtlicher  Klarheit f€hrte. Gerade das macht das Verst†ndnis der   Neichsgeschichte so  €beraus  schwer. Im  K…nigreiche  Italien gewann Otto   1. 951 ein zweites K…nigreich,das   er  als Erbe der  Karolinger  in  Anspruch nahm. Eine  Wahl fand ganz  selten  statt. So wiederholte
sich  die  von Karl   dem  Gro‡en  vollzogene  Vereinigung des Lango„  bardenreiches mit dem  fr†nkischen,  ohne da‡ Otto   jedoch,  wie die
Errichtung einer  Kanzlei   f€r   Italien  beweist, die Einheit auf  die Ver„ waltung ausdehnte, wie  es damals Karl getan hatte. Italien wurde
durch  Otto  zwar   im  Nordosten verkleinert, behielt aber   seine  Staats„  pers…nlichkeit. Otto III. war allerdings vielleicht  auf  dem Wege, die
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 beiden Neiche diesseits und jenseits der Alpen   zu  einer Einheit   zu ver„
einigen. Der Versuch mi‡lang. Dem Kampfe einer rebellischen
Aristokratie wurde so Italien durch Otto I. entzogen, der Adelheid,
die Erbin des Neiches, befreit hatte und dann sie heiratete.
Otto erneuerte 962 auch das Kaisertum. Ist schon jener Erwerb
Gegenstand ernster Erw†gungen, so der zweite erst recht ein Zank„
apfel auch f€r die urteilsf†higsten Historiker. Meines Erachtens mu‡
man aufs sorgf†ltigste die Gesichtspunkte, die die Zeit der Hand„
lung hatte oder  doch  haben konnte, von der Betrachtung der sp†teren
Folgen unterscheiden. Der wird hochmittelalterlichen Herrschern am
 besten nahe kommen, der   die  Macht idealer, ja €beridealer Ziele sich
vor Augen h†lt. Aber dieser irdischen Welt thronte die religi…se
Šberwelt, die geistige Macht des Lebens im Jenseits, f€r das das
Erdenleben nur eine Vorbereitung und Probe ist. Der Gedanke des
Kaisertums war nicht untergegangen. Ohne dieses weltliche Vand
aller abendl†ndischen Christenmenschen erschien die Welt nicht voll„
kommen. Die Harmonie   zwischen  dem ersten  unter den Christenf€rsten
und dem Haupte ihrer Kirche war f€r viele Seelen ein Postulat, ein
Dogma. Karl hatte es erf€llt und Karl war f€r Otto das eigentliche
Vorbild, nicht Konstantin der Gro‡e. Alle K…nige f€hlten   sich  als
von Gott bestellt. Die religi…se Auffassung vom Berufe eines jeden
Herrschers war   im Gedanken des  Kaisertums   zu  h…chst gesteigert. Tante
nannte ihn den Pfleger der Erdenrunde. Die Zeit lebte in festem
Glauben an diesen religi…sen Untergrund.
Zwischen der Lage von 800 und der von 962 sind die Šhnlichkeiten
€berraschend. Das Papsttum war in  seinen  Tr†gern tiefer  gesunken  als
damals, in beiden F†llen beriefen P†pste den K…nig nach Nom.
Auch jetzt gab es in Nom   keine  Nuhe und Sicherheit,   auch jetzt konnte
die ewige Stadt   sich  selbst nicht l†utern und erheben. Im Nahmen
der stadtr…mischen politischen ‹berlieferung, wo der Stadtadel das
Papsttum als sein Eigentum in Anspruch nahm, schien es unent„
rinnbar dem sichtlichen Niedergange verfallen und damit dem
abendl†ndischen Kulturkreise ein moralischer Mittelpunkt geraubt
zu werden. Otto gebot zwar nicht €ber fast das ganze Abendland,
wie einst Karl, aber sein Neich war der Zentralstaat des Kultur„
kreises, er war der r†umlich ausgedehnteste, der innerlich am meisten
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gefestigte. Sein K…nig stand auch den tief zerr€tteten Neichen Frankreich und  Burgund   fast als Vormund  gegen€ber.  Italien hatte er   in seine Hand  gebracht,  wie  Karl  einst das  Neich der  Langobarden. Beide standen unmittelbar vor Nom, dem gro‡en  Magneten ihres Kulturkreises.  Wenn Karl  die heidnischen  Sachsen und Avaren nieder„
geworfenhatte, so trug Otto   d i e  LorbeeA†nxe   seiner  Siege   €b  er  Ungarn und Slawen. Auf  dem Lechfelde  hatte der Sieger   sich &n