Also sprach Zarathustra vom Wohlergehen
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8/7/2019 Also sprach Zarathustra vom Wohlergehen
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Also sprach Zarathustra vom Wohlergehen
Christof Wahner 2011
Ein Zeitgenosse fragte Zarathustra wegen dessen Wohlergehen. Zarathustra hielt verwundert inne:
"Willst du dies wirklich wissen oder fragst du lediglich aus Hflichkeit, wie es mir geht? Was ntzen
Umhnge und Schleier, aus gezwungener Bescheidenheit und falscher Hflichkeit gewebt? So schau
zunchst einmal genau, WIE ich so gehe, Schritt um Schritt! Dann kennst du schon den grten Teil
der Antwort auf die Frage zumal ein Krper nicht so unverhohlen lgen kann wie abertausend Worte.
Das innigliche Feuer aller Wissbegierigen, die auch im allertiefsten Winkel einer noch so unwegsamen
Tropfsteinhhle der Erkenntnis durchaus Ehrfurcht, aber keine Angst verspren, trgt den Namen WIE.
Es drfte wert sein, dass zur Ehre dieses eher schchternen doch unschtzbaren Zauberwortes WIE
die ganze Welt in allen ihren sonderlichen Einzelheiten als dessen Heiligtum betrachtet wird.
Wenn du gerade Anteil an mir nehmen magst, doch nicht gengend Mue sprst, um wenigstens ein
kleines Stck des Weges mit zu gehen und als Wegbegleiter mir zu dienen, so frag mich lieber noch,
woher ich komme und wohin ich gehe auch wenn wir miteinander in der Landschaft stehen oder
miteinander auf dem Diwan liegen. Das mag dich vielleicht noch auf den Gedanken bringen, mich zu
fragen Wie steht es dir? und Wie liegt es dir?, doch achte stets auf dieses unscheinbare Wrtchen
WIE, damit ich mglichst keine ketzerische Lust verspre nachzuforschen, was du von mir hren willst:
Wirst du vor Neid erblassen, falls ich in jeder wesentlichen Hinsicht glcklich und zufrieden scheine?
Wirst du mir ritterlichen Trost und Zuspruch geben wollen, falls ich uere, dass es mir schlecht geht?
Magst du mir glauben, dass es mir in diesem Augenblick vielleicht nur deshalb schlecht geht, weil ich
deine Allerweltsgewohnheit ahne, die auer Gut und Schlecht kaum andere Befindlichkeiten kennt?
Willst du vielleicht ein klgliches und dmmliches Gebrabbel hren wie Es muss halt, so dass dein
Selbstwert sich am den, dumpfen Abgrund einer solch verhngnisvollen Schicksalsglubigkeit erbaut?
Fragst du mich etwa nur nach meinem Wohlergehen, weil du nicht mehr als eine blasse Ahnung hast,
wie es dir selber geht? Oder fragst du mich, nur weil du wissen willst, wie gut und gern ich lgen mag?
Oder willst du eigentlich nur wissen, wie man geht und ob ich mich im Gleichschritt mit der breiten
Masse whne? Oder seufzt du glcklich und beruhigt auf, wenn es mir hnlich wie dem Wetter geht?
So lass mich deinen magerschtig-hohlen Geist wie ein gewaltiges Gewitter bermannen!
Sofern du wissen willst, wie ES mir geht, so schau mich grndlich an. ES war einmal, so heit es in
den Mrchen. ES wird einmal, so spricht die unerschtterliche Liebe. ES ist einmal, dies sind die
Worte eines wissbegierigen und sinnlichen Beobachters der Augenblicke. Das ES ist nicht nur jenes
dritte Glied im Bunde zwischen Mnnlichkeit und Weiblichkeit; es ist vielmehr ihr Ursprung und ihr Ziel.
So bleib nicht einfach bei der Frage stehen, wie ES geht; doch trau dich zu erforschen, wie ES kommt.
Entwicklung und Gesellschaft lebt von Bindungen entfalten und entfilzen, das heit vom Kommen und
vom Gehen. Wo Gehen aber Fluch und Fall und Flucht bedeutet, da heit Kommen auch nichts gutes.
So glaub mir nicht an diesen heiklen Aberwitz von der Vertreibung aus dem Paradies sprich: aus
dem Mutterscho, die wenn man sie nur schlicht und einfach als Entsendung aus der Anderswelt
bezeichnen tte jedes Gehen, jedes Kommen als begehrenswerte Gnade freier Geister gelten liee!
Sofern du dich zu meinem ES hinzu gesellen willst, so frag am besten ohne irgendeine falsche Scham:
Wie komm ich dir?, Wie geh ich dir?, Wie steh ich dir? und auch Wie lieg ich dir?
Und wenn du wirklich wissen willst, wie ES mir geht, dann bitte sei sowohl ein Sehender als auch ein
Gehender! So nimm die Maske vom Gesicht und steig von deinem Ross herab und sei du selbst!"
Also sprach Zarathustra.