Alternative März 2013

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Herausgegeben von März 2013 Einzelheft: 1,50 Euro, Abonnement: 15 Euro P.b.b., Verlagspostamt 1040 02 Z 031 242 M, Kd.-Nr: 0 021 012 558 3 Frauen einkommen Kettenverträge: Bahnbrechendes Urteil • Arbeitszeitverkürzung: Gebot der Stunde

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Monatszeitschrift der Unabhängigen GewerkschafterInnen

Transcript of Alternative März 2013

Herausgegeben von

März 2013

Einzelheft: 1,50 Euro, Abonnement: 15 Euro

P.b.b., Verlagspostamt 1040

02 Z 031 242 M, Kd.-Nr: 0 021 012 558

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Fraueneinkommen

Kettenverträge: Bahnbrechendes Urteil • Arbeitszeitverkürzung:Gebot der Stunde

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Gewerkschaft & Betrieb

8. März: DEMO ZUM INTERNATIONALENFRAUENKAMPFTAG

Am Freitag, den 8. März 2013, gehenwir gemeinsam als autonome FrauenLesbenMädchenDemo durchdie Straßen.

Bringen wir die verschiedenen Frauen-kämpfe und Frauenbefreiungskämpfezusammen und machen sie sichtbar.

Unsere Unterschiedlichkeiten, Gemeinsamkeiten und Verbundenheitstärken uns.

für Solidarität mit der Selbstorganisierung von flüchtlingen•für Solidarität mit internationalen frauen(befreiungs)kämpfen •für Selbstbestimmung und Selbstorganisierung in freiheit und kollektivität•für solidarische Gesellschaen und strukturelle Gerechtigkeit•Gegen Hli und bevölkerungspolitiken•Gegen die gemeinsame obsorge und Väterrechtler•Gegen burschenschaer und neonazis•Gegen Vergewaltigung und frauenmorde•Gegen Zurichtung und Sorgepflichten ohne Rechte•

treffpunkt: ⓱uhr, favoritenstaße/ecke Quellenstraße.⓲uhr, frauendemo durch die favoritenstraße, dann gemeinsames u-bahn-fahren, anschließend Zwischenkundgebung am Stephansplatz und weiter mit der demo.ab �uhr, frauenlesben-fest in der fZ-bar, Währingerstraße59/6 (eingang Prechtlgasse, bei der schwarz-roten tür läuten)

Buchpräsentation:

Ohne FilterArbeit und Kultur inder Tabak trafik Linz

5. April 2013, 19Uhr,Österreichisches Gesell-

schafts- und Wirtschafts-museum, Vogelsang - gasse36, 1050Wien.

die autoren Meinrad Ziegler, Soziologe an der

universität linz, und HorstSchreiber, Historiker an der

universität innsbruck, sprechen über die besondere

betriebskultur der austriatabak sowie über Privati -sierung, total verkauf und

Schließung aus der Perspek-tive des linzer Werkes.

Termine

MaRkuS koZa

uG-Vorsitzender,im öGb-Vorstandund Mitarbeiterder auGe/uG

AutorInnen dieser Ausgabe:

tHoMaS ZaRka

Personalvertreterder kiV/uG

beate neunteufel-ZeCHneR

Vorsitzende deruGöd

PeteR GRoSS

Vorsitzender derPiV/uG

CHRiStine Rudolf

PolitischeSekretärin derkiV/uG

MaG. GeRHaRdeitel

Personalvertreterder kiV/uG imfonds SozialesWien

Renate Vodnek

Mitarbeiterin derauGe/uG

Stefan taibl

betriebsrats -vorsitzenderPsychosozialeZentren GmbH

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thema

Mythos Lohnlücke: 60 – 94 – 77 – 50 – 43 . . . . . . . . . . Seite 4BAGS: Armut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 8Arbeitszeit: Weniger ist mehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 10

Gewerkschaft & betrieb

Kettenverträge: Bahnbrechendes Urteil . . . . . . . . . . . . Seite 14Wien: Hüte Dich vor Umgehungs Verträgen . . . . . . . . Seite 18Post: Mobbing bis zur Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 19Soziale Gerechtigkeit: Schandfleck 2012 . . . . . . . . . . . Seite 20

Magazin

Angst vor den Früchten der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . Seite 21WKr: „Lieber Solidarisch als solide Arisch“. . . . . . . . . . Seite 22

MUCH-SPEZIAL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 12

IM MÄRZ

BetrieBsratsrechte sindnicht verhandelBar

im Feber wurde erstmalig der„schandfleck 2012“ für das unverant-wortlichste Unternehmen vergeben –es war ein Kopf- an Kopfrennen derdrei nominierten Unternehmen KiK,Mayr-Melnhof Packaging (MMP) undandritz ag. der Preis ging an KiK fürdie unzureichenden Brandschutzvor-richtungen bei der Brandkatastrophein Pakistan und an MMP für die Behin-derung der arbeit des Betriebsrats beider schließung des Werks in liverpool.

Wie sehr gewerkschaftliche und demokratische rechte mitunter uner-wünscht sind, zeigt sich aktuell in dertürkei: die Polizei stürmte zeitgleichin 29 verschiedenen städten Wohnun-gen und Büros von gewerkschafts-ak-tivistinnen. gegen über 200 gewerk-schafterinnen wurde der haftbefehl er-lassen. die grundlage dafür: ein vageausgelegter anti-terrorparagraph.

interessant auch die Wahrnehmungder Wirtschaftskammer und der övP

zur einkommensverteilung: laut einer(von ihnen in auftrag gegebenen) stu-die sind vermögenssteuern schlecht.Weil sie nämlich die Wirtschaftsleis-tung senke. die arbeitgeber könntendann ihren Beschäftigten wenigerlohn zahlen. Und die reichsten Men-schen zahlen ja jetzt schon soviel.Meint die vertretung der Wirtschaft.Wir meinen hingegen dass sich dieeinkommen immer ungleicher verteilen. Und die der Frauen im besondern – nachzulesen im Beitragüber Fraueneinkommen undarbeitszeit verkürzung.

editorial von Renate Vodnek

IMPRESSUM Medieninhaber, Verleger: alternative und Grüne Gewerkschafter -innen (auGe/uG) Herausgeberin: unabhängige Gewerkschafterinnen im öGb

(uG/öGb) Redaktion: Renate Vodnek. Layout: franz Wohl könig. Alle: 1040 Wien, belvederegasse 10/1, telefon: (01) 505 19 52-0, fax: (01) 505 19 52-22,e-Mail für abonnement: [email protected], Redaktion: [email protected], internet: www.ug-oegb.at, bankverbindung: (14 000) kto.-nr. 00 110 228 775, biC: baWaatWW, iban: at301400000110228775.Dass namentlich gezeichnete Beiträge nicht unbedingt der Meinung der Redaktionoder des Herausgebers entsprechen müssen, versteht sich von selbst. titel und Zwi-schentitel fallen in die Verantwortung der Redaktion, Cartoons in die freiheit derkunst. text nach druck mit Quellenangabe gestattet, das Copyright der Much-Cartoonsliegt beim künstler. dVR 05 57 021. iSSn 1023-2702.

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Thema Frauen

ie „Wahrheit über ungleichheit“, welche die bei-den autoren anno dazumal entdeckt zu habenglaubten, stellte sich zwar – selbst bei einer ober-flächlichen analyse – ziemlich rasch als reinerbockmist mit zweifelhaem Wahrheitsgehalt he-

raus – für eine ausgesprochen ärgerlich geführte debaedarüber, ob es einkommensdiskriminierung bei uns dennüberhaupt noch gäbe, reichte der profil-beitrag allemal.

umso wichtiger, dass es mit dem einkommensberichtdes Rechnungshofs 2012 eine aktuelle, wissenschalichfundierte analyse über die einkommensentwicklung und -situation gibt, die Zahlen, daten und fakten gegenüber rei-ßerischen Ärgernissen in leitartikelform den Vorzug gibt.und ja, es ist leider die einkommensrealität von frauennach wie vor ganz anders, als uns die profil-autoren nochim april des Vorjahres weismachen wollten.

60 – 94 – 77 – 50 – 43: Was hat es nun mit diesen Zahlenauf sich? kurz: Sie stellen das Verhältnis der frauen- zuden Männereinkommen in unterschiedlichen arbeitneh-merinnengruppen dar. denn: obwohl der frauenanteil anden unselbständig beschäigten steigt, bleiben die frauen-einkommen deutlich hinter den einkommen ihrer männli-chen kollegen zurück. und: nur ein teil der einkommens-differenz lässt sich dabei auf teilzeitarbeit zurückführen.

Steigender Frauenanteil

Seit 1998 ist die Zahl der unselbständig beschäigtenvon knapp 3,38 Millionen auf vier Millionen arbeitneh -mer innen gestiegen. deutlich erhöht hat sich in diesemZeitraum der frauenanteil: dieser ist von 44,28 Prozent auf47,25 Prozent aller unselbständigen gestiegen – in absolu-ten Zahlen von 1,882 Millionen auf 2,113 Millionen arbeit-nehmerinnen. bis zum Jahr 2010 lagen die Wachstums -raten unselbständig erwerbstätiger frauen deutlich überjener der Männer, lediglich im Jahr 2011 lag der Zuwachsan männlichen arbeitnehmern (+2,89 Prozent) über jenemder weiblichen (+2,49 Prozent).

Entwicklung der (Frauen)Einkommen

Seit 1998 sind die mileren bruoeinkommen der arbeitnehmerinnen bis 2011 nominell (nicht inflations -bereinigt) um 24 Prozent, von 20.040 euro pro Jahr auf24.843euro gestiegen. fraueneinkommen wuchsen dabeivon 1998 bis 2011 von 14.551 auf 18.549euro – was einemdurchschnilichen Wachstum von 1,88Prozent jährlichentspricht, Männereinkommen legten im selben Zeitraumvon 24.006 auf 30.690euro – oder um 1,91Prozent pro Jahr– zu. der Rechnungshoericht: „Frauen haen zwar 2001,2002 und 2005 und in den Jahren ab 2009 einen geringfügighöheren anstieg der mileren Bruojahreseinkommen zuverzeichnen als Männer, in summe führte dies aber zu keinerwesentlichen veränderung der relativen einkommenssituati-on der Frauen“. anders ausgedrückt: 1998 lag das bruo-jahreseinkommen unselbständig beschäigter frauen bei60,62 Prozent der Männereinkommen. 2011 bei  60,44 Pro-

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zent. bereinigt um arbeitszeitunterschiede (also unterausschluss teilzeit- und nicht ganzjährig beschäigter)stellt sich das bild zwar deutlich besser dar: „arbeitszeit -bereinigt“ liegen die mileren fraueneinkommen 2011bei 81,49Prozent der Männereinkommen und haben sichgegenüber 2004 (77,54Prozent) auch deutlich verbessert. allerdings verdienen frauen noch immer fast zwanzig Prozent weniger als Männer. interessant auch die erklä-rung für den auolprozess – dieser fand nämlich vor al-lem mien in der krise von 2008 auf 2009 sta: in dieserZeit stiegen die einkommen Vollzeit und ganzjährig be-schäigter frauen mit 3,58Prozent deutlich stärker alsjene der Männer (1,67Prozent).

Hinsichtlich der entwicklung der neoeinkommen ver-bessert sich die einkommenssituation der frauen – wasinsbesondere auf die Steuerprogression zurückzuführen ist.einfacher Grund: „aufgrund des niedrigeren einkommens -niveaus der Frauen profitieren diese eher vom progressivensteuertarif als Männer.“

im Zeitablauf 1998 bis 2011 hat sich das Verhältnis derneoeinkommen zwischen Männern und frauen von65,83Prozent auf 67,95Prozent leicht positiv verändert.

Kaufkraftverluste für Männer wie Frauen

Hinsichtlich der entwicklung der Realeinkommen – alsoder inflationsbereinigten entwicklung der einkommen –ergeben sich für Männer wie frauen über den ZeitverlaufRealeinkommensverluste. lagen die bruorealeinkommender Männer allerdings 1999 bis 2010 knapp über oder amWert des Jahres 1998, lagen die bruorealeinkommen derfrauen im selben Zeitraum knapp an beziehungsweise un-ter dem Vergleichswert 1998. 2009 und 2010 gewannen diefraueneinkommen leicht an kaura, um 2011 – wie jeneder Männer auf 99 Punkte zu sinken. frauen konnten sichalso mit ihrem einkommen, das sie 2011 bezogen, ver-gleichsweise geringfügig weniger leisten als 1998!

insgesamt mussten die arbeitnehmerinnen – unabhän-gig vom Geschlecht – im Vergleich zu 1998 vier Prozent-punkte an kauraverlusten hinnehmen (zur erläuterungaus dem Rechnungshoericht: „die tatsache, dass dieWerte der Männer und Frauen um jeweils für sich nur umein Prozent sinken, während der gesamtmedian um vierProzent sinkt, ist auf eine geänderte zusammensetzung derPersonengruppe zurückzuführen. in diesem Falle vergrößerte

sich der anteil von Frauen. da Frauen ein niedrigereseinkommens niveau als Männer haben, sinkt der Median desgesamt einkommens stärker als die geschlechtsspezifischenmileren Werte.“).

Hinsichtlich der neorealeinkommen  – also der bruo-realeinkommen abzüglich Steuern und abgaben – legtendie frauenneorealeinkommen seit 1998 leicht um dreiPunkte auf 103 zu, während jene der Männer stagnierten.insgesamt fielen die neorealeinkommen um zwei Punkteauf 98 (erläuterung aus dem Rechnungshoericht sieheklammer im vorangehenden absatz).

Einkommensunterschied nachBeschäftigtengruppen

innerhalb aller arbeitnehmerinnengruppen lag das mi-lere fraueneinkommen 2011 bei rund sechzig Prozent desmileren Männereinkommens.

nach beschäigtengruppen aufgeteilt lagdas milere fraueneinkommen bei den beamtinnen bei•94 Prozent ihrer männlichen kollegendas milere einkommen weiblicher Vertragsbediensteter•bei 77 Prozent der Männerdas Medianeinkommen der weiblichen angestellten bei•50 Prozent der männlichen angestelltenjenes der arbeiterinnen überhaupt nur bei 43 Prozent•der arbeiterbereinigt um arbeitszeitunterschiede (ohne teilzeit, nur

ganzjährige Vollzeitbeschäigung) liegt das Medianein-kommen der frauen über alle arbeitnehmerinnengruppenhinweg bei – wie bereits erwähnt – rund 81 Prozent dermännlichen kollegen.

interessant sind die ergebnisse innerhalb der beschäig-tengruppen:

der einkommensunterschied bei den arbeiterinnen re-•duziert sich „arbeitszeitbereinigt“ zwar deutlich, bleibtallerdings anhaltend hoch: Vollzeit, ganzjährig beschäf-tigte frauen verdienen als arbeiterinnen immer noch le-diglich 69 Prozent der männlichen arbeiter.bei den angestellten fällt der unterschied noch drasti-•scher aus: Weibliche angestellte – selbst wenn sie ganz -jährig vollbeschäigt sind – verdienen nur 66 Prozentder Männer.

Bitte umblättern

Vom „Mythos lohnlücke“ schrieb im frühjahr 2012 das „profil“. davon, dass „gleicher lohn für gleiche arbeit“ nahezu erreicht sei.

von Markus Koza.

60 – 94 – 77 – 50 – 43

bei den Vertragsbediensteten reduziert sich der einkom-•mensunterschied zwischen Männern und frauen immerhinauf nur noch sieben Prozent: Weibliche Vertragsbedienste-te kommen auf 93 Prozent der Männereinkommen.

bei den beamtinnen verdienen frauen mit 101 Prozent•sogar geringfügig mehr als  Männer.

Während der frauenanteil unter den unselbständig be-schäigten insgesamt (inklusive teilzeit- und sonstigeratypisch beschäigter arbeitnehmerinnen) bei 48 Prozentliegt (arbeiterinnen: 34 Prozent, angestellte: 57 Prozent,Vertragsbedienstete: 66 Prozent, beamtinnen: 41 Prozent),reduziert sich dieser bei den Vollzeit und ganzjährig be-schäigten auf nur noch 34 Prozent (arbeiterinnen: 20Prozent, angestellte: 41 Prozent, Vertragsbedienstete:56Prozent, beamt innen: 35 Prozent).

Eine Frage der beruflichen Stellung?

Reduzieren sich die einkommensunterschiede zwischenMännern und frauen mit beruflichem aufstieg? Sprich:Verdienen frauen und Männer in hochqualifizierten tätig-keiten annähernd gleich viel? ist der einkommensunter-schied eine frage der beruflichen Stellung? laut Rech-nungshoericht nicht. betrachten wir die einkommens -unterschiede ganzjährig vollzeitbeschäigter Männer undfrauen nach berufsgruppe und Stellung:

arbeiterinnen: Hilfsarbeiterinnen verdienen 82 Prozent•ihrer männlichen kolleginnen. angelernte arbeiterinnennur noch 74 Prozent, facharbeiterinnen – in dieser berufli-chen Stellung liegt der frauenanteil bei ohnehin nur nochneun Prozent – gar nur mehr 65 Prozent. unter den Vorar-beiterinnen und Meisterinnen wird der frauenanteil schongar nicht mehr ausgewiesen. bei den arbeiterinnen giltalso keineswegs, dass sich mit höherer beruflicher Stellungdie einkommensunterschiede reduzieren.

angestellte: Relativ konstant – nämlich zwischen 73 und•75 Prozent der Männereinkommen – liegt der einkom-mensunterschied bei Hilfs-, angelernten tätigkeiten, mi-leren, höheren und hochqualifizierten tätigkeiten. „aus-reißer“ nach unten sind im angestelltenbereich die fachar-beiterinnen / Meisterinnen – mit einem frauenanteil von

immerhin 33Prozent – und einem fraueneinkommen dasbei 69Prozent der Männergehälter liegt, und – die „Spit-zen“-Positionen. frauen in „führenden tätigkeiten“ -  rund22Prozent aller Spitzenkräe – verdienen nämlich gut eindriel weniger als ihre männlichen kollegen. auch hiergilt also: fehlanzeige, dass mit höherer Position sich dieeinkommensunterschiede reduzieren würden.

Vertragsbedienstete: frauen, die als Vertragsbedienstete•Hilfs- beziehungsweise angelernte tätigkeiten verrichten,verdienen auch in dieser berufsgruppe des öffentlichendienstes deutlich weniger als ihre kollegen – nämlich76Prozent der Männer. Höher liegt das einkommen derweiblichen facharbeiterinnen / Meisterinnen (104Prozent),bei relativ hohen 90 Prozent, jenes weiblicher Vertragsbe-diensteter, die milere tätigkeiten verrichten, bei nurnoch 85 beziehungsweise 82 Prozent jenes weiblicher be-schäigter dieser berufsgruppe, die höhere oder hochqua-lifizierte tätigkeiten verrichten – trotz hohen frauenan-teils (64 beziehungsweise 58Prozent). bei den „führendentätigkeiten“ liegt das einkommen weiblicher Vertragsbe-diensteter trotz hohen frauenanteils von 46Prozent beidiesen tätigkeiten – mit 65 Prozent der Männereinkom-men sogar unter den angestellten!

die geringsten einkommensunterschiede – unabhängig•von der beruflichen Position – gibt es bei den beamtin-nen: frauen, die milere tätigkeiten verrichten, verdie-nen hier 94 Prozent ihrer männlichen kollegen, jene inhöheren tätigkeiten 91 Prozent, in hochqualifizierten tä-tigkeiten 89 Prozent. frauen, die als beamte in führen-den Positionen arbeiten verdienen 92 Prozent der männ-lichen Spitzen beamten.

… oder der Qualifikation?

Wenn schon die berufliche Stellung nicht wirklich ein-kommensunterschiede reduziert – was ist mit der alifi-kation? Je besser gebildet, desto geringer der unterschied?auch diese an sich schlüssig klingende, einfache Gleichunggeht so leider nicht ganz auf, ist im Rechnungshoerichtnachzulesen (untersuchte Gruppe sind einmal mehr alleganzjährig Vollzeitbeschäigten). Zwar „zeichnet sich ab,

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Entwicklung der Männer- und Fraueneinkommen seit 1998

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dass im Miel höhere bildungsabschlüsse  zu höheren Jah-reseinkommen führen,“ wenn auch „nicht durchgängig“, soder bericht. für frauen und Männer wirkt sich der bil-dungsabschluss dabei „unterschiedlich aus: abschlüsse vonhöheren Schulen (aHS, bHS) sowie lehrabschlüsse werdenfür frauen relativ zu den Männern weniger honoriert alsPflichtschul-, fachschul- oder Hochschulabschlüsse.

Hierbei ist zu beachten, dass dies vor allem mit den un-terschiedlichen Schultypen und den jeweiligen frauen-und Männeranteilen in diesen Schultypen zusammenhängt(zum beispiel Höhere technische lehranstalten und bil-dungsanstalt für kindergartenpädagogik)“:

insgesamt gilt über alle arbeitnehmerinnengruppen hin-•weg: Hilfsarbeiterinnen verdienen 80 Prozent, frauen mitlehre 74 Prozent, mit fachschulabschluss 82 Prozent, mithöherer Schule 67 Prozent, Hochschul- beziehungsweiseuni-abgängerinnen 82 Prozent  ihrer männlichen kollegenmit gleicher alifikation.

arbeiterinnen mit Pflichtschulabschluss verdienen•76Prozent, mit lehre 70 Prozent, mit fachschule 73 Pro-zent, mit höherer Schule 80 Prozent der arbeiter.

Weibliche angestellte mit Pflichtschule verdienen•77Prozent, mit lehre 68 Prozent, mit fachschule 72 Pro-zent, mit aHS- oder bHS-Matura 62 Prozent, mit uni-/Hoch-schulabschluss 70 Prozent der Männer mit vergleichbarenabschlüssen. auffallend: ein Studium sichert angestelltenfrauen (frauenanteil angestellter akademikerinnen:32Prozent) zwar ein einkommen deutlich über Median, dereinkommensunterschied reduziert sich allerdings nur ge-ringfügig – von 34 Prozent (alle angestellten) auf 30Pro-zent (angestellte akademikerinnen)!

Weibliche Vertragsbedienstete mit Pflichtschulabschluss•verdienen 92 Prozent, mit lehre 85 Prozent, mit fachschu-le 92 Prozent, mit Matura 76 Prozent, mit uni-/Hochschul-abschluss 87 Prozent der Männer.

beamtinnen mit lehrabschluss verdienen 83 Prozent, mit•fachschule 85 Prozent, mit Matura 83 Prozent, mit uni-,Hochschulabschluss 85 Prozent der männlichen „Staatsdie-ner“. bei den beamtinnen lassen sich nur geringe qualifi-kationsabhängige einkommensunterschiede fest machen.

Atypisierung ist weiblich„atypische beschäigung ist in Summe weiblich geprägt,“

hält der Rechnungshoericht fest. Mehr als die Häle allerarbeitnehmerinnen (nämlich 59 Prozent) sind atypisch(vor allem teilzeit-) beschäigt: Über 52Prozent der un-selbständig beschäigten frauen (973.300Personen) arbei-teten 2011 teilzeit, zehn Prozent waren befristet beschäf-tigt , acht Prozent geringfügig beschäigt, zwei Prozentjobbten als leih- oder Zeitarbeitskräe. Von den unselb-ständig beschäigten Männern sind lediglich 22Prozentatypisch beschäigte.

in Zahlen: Von 1,855 Millionen weiblichen arbeitneh -mer innen sind 1,087 (ohne Überschneidungen) atypischbeschäigt.  768.500frauen arbeiten in „normalarbeitsver-hältnissen“. Von 2,029Millionen männlichen arbeitneh-mern sind 446.000 atypisch beschäigte, 1,582Millionenarbeiten „normal“.

bezogen auf alle atypischen beschäigungsverhältnisseliegt der frauenanteil an „atypischen“ insgesamt bei71Prozent. auf der anderen Seite liegt der Männeranteilunter den normalarbeitsverhältnissen bei 67Prozent.

atypische beschäigungsverhältnisse führen erstensinsgesamt zu deutlich geringeren fraueneinkommen: mi-leres fraueneinkommen „normalarbeitsverhältnis“29.217euro im Jahr (Männer: 35.398), mileres einkommenaller unselbständig erwerbstätigen frauen (inklusive „aty-pische“) 18.788 euro im Jahr (Männer: 31.359). Zweitenssind diese auch hinsichtlich der Stundenverdiensteschlechter bezahlt: der milere Stundenlohn eines/einer

„atypischen“ liegt bei 73Prozent des mileren Stundenloh-nes eines „normalarbeitsverhältnisses“.

Hinsichtlich der berufsgruppen dominieren atypischeVerhältnisse bei angestellten (45Prozent) gefolgt von Ver-tragsbediensteten (39), arbeiterinnen (37) und schließlichbeamten (11Prozent, fast ausschließlich teilzeit). z

Einkommensvergleich nach Beschäftigtengruppen, Geschlecht und arbeitszeitbereinigt

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Thema Armut

Einer der schlechtesten Abschlüsseder letzten Zeitdie mileren einkommen im Sozial- und Gesundheits -

bereich liegen um rund zwanzig Prozent unter jenen allerarbeitnehmerinnen in österreich. es gab im vergleichba-ren Zeitraum nur drei kollektivvertrags-abschlüsse unterdrei Prozent. Somit öffnet sich die einkommensschere zwi-schen Sozial- und Gesundheitsbereich und den anderenbranchen noch weiter! Wir sprechen zusätzlich von einembereich, in dem Großteils nur teilzeitjobs angeboten wer-den. die meisten Mitarbeiterinnen liegen in der einkom-mensgruppe4, diese fängt bei 1600euro bruoentlohnungbei Vollzeit an.

Armut? Armut!

die folge: Viele Mitarbeiterinnen verdienen (in einerfrauendominierten branche) unter der armutsgrenze. beiden kollektivvertrags-Verhandlungen kam das klar zurSprache, als betriebsrätinnen von delogierungen, kleider-sammelaktionen (!) für Mitarbeiterinnen, von unterstüt-zungen aus betriebsratsfonds für kolleginnen um Strom-rechnungen zu bezahlen und ähnlichem berichteten. unddiese kollektivverträge betreffen 120.000 beschäigte –und zusätzlich noch deren angehörige.

Die Arbeitgeberseite

die arbeitgeberseite verhandelt mit dem größten Geld-geber in diesem bereich, der öffentlichen Hand, die Ver-tragsbedingungen aus. die branche übernimmt auch dieaufgaben dieser öffentlichen Hand, was die meisten sozia-len und gesundheitlichen belange betri. Sie starteten dieVerhandlungen mit einem angebot von +1,8 Prozent beilöhnen und Gehältern – was ich persönlich als „sienwid-rig“ empfinde. auch den arbeitgebern müssen die Zustän-de unter ihren Mitarbeiterinnen bekannt sein. klar, die öf-fentliche Hand hat kein Geld, aber eigentlich wäre die auf-gabe der arbeitgeber, mit dieser öffentlichen Hand besserzu verhandeln, nicht den druck auf die schwächsten Glie-der der kee weiterzugeben! Somit kommt die arbeitge-

berseite der Verantwortung im Sinne der fürsorgepflichtgegenüber ihren Mitarbeiterinnen nicht nach.

Die Politik

die Politik will, das ist auch legitim, die ausgaben in die-sem bereich so gering wie möglich halten. andererseitsbraucht es auch eine entsprechende alität bei den leis-tungen – und da beginnt es sich zum ersten Mal zu spießen.Viele einrichtungen klagen über leistungsverdichtung,sind gezwungen, „wirtschalicher“ zu werden… aber: Wasist das für eine betreuungsqualität, wenn zu jedem/jederklienten/klientin mit einer Stechuhr gegangen wird?Wenn keine Zeit mehr bleibt für „beziehungsarbeit“, Ge-spräche, etc.? das ist bereits jetzt schon vielfach traurigeRealität „sozialer“ arbeit…

die „privaten“ anbieter liegen ja regelmäßig unter deneinkommen des öffentlichen dienstes (in niederösterreichbeginnt eine Sozialarbeiterin im landesdienst etwa mit ei-nem um fünfzig Prozent höheren anfangsgehalt), was jaunter anderem einer der Hauptgründe für „ausgliederun-gen“ beziehungsweise „Privatisierungen“ sozialer leistun-gen und deren erbringung im aurag der öffentlichenHand ist. Viele „öffentliche Hände“, etwa etliche bundes-länder, fühlen sich dabei allerdings „real“ – also hinsicht-lich der finanziellen abgeltung erbrachter „sozialer leis-tungen“, etwa durch regelmäßige, entsprechend ausrei-chende, valorisierte, entlang der im Rahmen von kollektiv-vertrags-Verhandlungen vereinbarten lohnsteigerungen –nicht einmal den kollektivverträgen verpflichtet: kollek-tivvertrags-löhne, löhne für die leistungserbringer, diearbeitnehmerinnen sind allerdings zu bezahlen, lohnkos-ten machen bei „dienstleistern“ die mit abstand höchstenausgabeposten aus. Hier muss die Politik endlich entspre-chend in die Pflicht genommen werden. die jetzigen Struk-turen der erbringung sozialer dienstleistungen sind vonder Politik mitgeschaffen, sie gehen klar auf kosten der ar-beitnehmerinnen: diese Verhältnisse erzeugen armut –nicht nur als „working poor“ sondern auch in der Pension– woraus wieder kosten für die öffentliche Hand entstehen– Stichwort armutsbekämpfung, gesteigertes Gesundheits-risiko wegen armut etc. das einfache Gegenmiel wäre:faire, höhere, dem „produzierten“ gesellschalichen, sozia-

anfang feber 2013 wurde in der dritten Verhandlungsrunde der abschluss der Globalrunde für Caritas, diakonie und den baGS (berufsvereinigung von

arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe)-kollektivvertrag erzielt. Gleich vorweg, das ergebnis ist mit 2,75 Prozent und nur geringen bewegungen im Rahmenrecht

ungenügend. von stefan taibl.

ArMUT? ArMUT!

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len und wirtschalichen „Mehrwert“ tatsächlich entspre-chende löhne und Gehälter. darauf haben gerade die Mit-arbeiterinnen dieser branche Recht und anspruch.

Die Gewerkschaften

Größtenteils fällt die „Sozialbranche“ in den bereich derGewerkscha der Privatangestellten, druck, Journalismus,Papier (GPa-dJP) und der Verkehrs- und dienstleistungs-Gewerkscha (Vida), der immer kleiner werdende öffentli-che anteil der sozialen dienste vor allem in die Gewerk-scha der Gemeindebediensteten – kunst, Medien, Sport,freie berufe (GdG-kMSfb). die auGe/uG rechnet seit Jahrenvor, wie schlecht die lohn- und Gehaltssituation in der So-zialwirtscha ist. Mit gewissen erfolg: seit kurzem gehörendie (inzwischen überholten) „17 Prozent unterbezahlung“zum offiziellen Sprech der Gewerkschaen. Vollmundigund folgerichtig wurde auch ein Reallohnzuwachs und einabschluss nicht unter drei Prozent gefordert. es wurdedann aber einem anderen, deutlich darunter liegenden Ver-handlungsergebnis zugestimmt. ein – wie im offiziellenGewerkschas- Wortlaut bezeichnet – „akzeptabler kom-promiss“? tatsächlich nicht (siehe oben). und – nicht zuvergessen: die „politische“ Seite derartiger Verhandlungen.etwa: Wie sieht das Verhältnis, die Verbindung der Ge-werkschaen zu den landesfinanzreferenten aus, zu denjeweiligen Machthabern und „Geldgebern“ in den län-dern? Stehen Wahlen vor der tür? Hat das einfluss auf dasergebnis, auf den niedrigen abschluss? Will man „politi-schen freunden“, deren knappen budgets, nicht allzu wehtun, soll der bereich „billig“, „leistbar“ gehalten werden?Gemunkelt wird darüber, und wenn man es unter den be-triebsrätinnen offen anredet, widerspricht keiner. Wenndem tatsächlich so ist, dann zeigt sich allerdings einmalmehr, dass „parteigebundene“ Gewerkschasarbeit zulas-ten der arbeiterinnen und angestellten geht!

Gewerkschaft – das sind wir!

nur spielen auch die beschäigten dieser branche sowiedie betriebsrätinnen und funktionärinnen aus diesen be-reichen in den Gewerkschaen für die arbeitsbedingungeneine entscheidende Rolle.

Wir alle, die in dieser branche tätig sind, können / wol-len unsere klientinnen nicht im Stich lassen. Somit ist einStreik schwer (ich sage bewusst „schwer“) möglich. trotz-dem tut sich was, die demonstrationen der letzten Jahresind ein deutliches Zeichen. ebenso die aufmerksamkeitder Presse, die heuer erstmalig da war, und unseren kampfbegleitet hat. Jeder, der sich damit beschäigt, weiß: diearbeitnehmerinnen haben ohne Selbstorganisation nochnie etwas geschenkt bekommen. Sogar einfachste, „faire“bedingungen mussten und müssen ständig neu erkämpwerden. und ein arbeitskampf hat schließlich unterschied-liche eskalationsniveaus – mit einem branchenweiten Ge-neralstreik als wohl stärkstem Miel. Wir betriebsrätinnen,aber auch die beschäigten, sind es gerade auch uns schul-dig, dass wir unter fairen, akzeptablen bedingungen arbei-ten und leben – nicht nur unseren klientinnen!

Somit kann ein Streik nur eine gemeinsame aktion sein,die eine bewusste und bewusstseinsbildende Vorarbeitbraucht. Vor allem mit den kolleginnen: Wer versorgt un-sere klientinnen wenn wir nicht am arbeitsplatz erschei-nen? Gibt es noch ein zusätzliches soziales netz, das kurz-fristig in anspruch genommen werden kann? Wie kannein „notdienst“ organisiert werden? Was können angehö-rige übernehmen? bis hin zum ema „Gewerkschasmit-glied werden“! Wenn wir diese Problemstellungen lösenkönnen, in der Gewerkscha besser und zahlreicher orga-nisiert sind, können wir auch in diesem bereich einen wir-kungsvollen arbeitskampf führen – wir werden ohnehinnicht darum herum kommen. und mielfristig stehen dieZeichen auf eine verschäre Gangart: immerhin waren beidiesen Verhandlungen schon 19 Mitglieder des gemeinsa-men Verhandlungsgremiums nicht bereit, das Verhand-lungsergebnis zu akzeptieren: 19 betriebsrätinnen des Gre-miums haben gegen diesen abschluss gestimmt. 21 stimm-ten für den abschluss.

eine Stimme mehr und wir wären eine eskalationsstufeweitergekleert – und dringenden und – möglicherweise –unumgänglichen Verbesserungen in den kollektivverträ-gen des privaten Sozial- und Gesundheitsbereichs einenSchri näher gekommen! für mich bedeuten die erfahrun-gen der letzten Woche jedenfalls, weiter aktiv zu bleiben.angesichts der drastischen Schilderungen der kolleginnenüber die steigende armut in den eigenen Reihen sehe ichdas als Verpflichtung… z

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Thema Arbeitszeitverkürzung

s findet immer mehr eine umverteilung von denarbeits- zu den besitzeinkommen sta, die ohneMassenarbeitslosigkeit nicht möglich wäre. beson-ders erschreckend in europa ist die Jugendarbeits-losigkeit, die in manchen ländern bereits mehr als

fünfzig Prozent beträgt. Zusätzlich steigt die Zahl prekärerarbeitsverhältnisse.

Logische Antwort

„die krisenbewältigung darf nicht denen überlassen wer-den, die aus den krisen hohe Gewinnen gezogen habenund jetzt erneut versuchen, mit Scheinalternativen und ei-ner erapie an Symptomen ausschließlich den besitzstandder Vermögenden auf kosten der großen bevölkerungs-mehrheit zu sichern. fast vierzig Jahre neoliberaler kapita-lismus sind genug“, so die initiatorinnen. daher plädierensie für eine faire Verteilung der arbeit durch eine kollekti-ve arbeitszeitverkürzung bei vollem lohnausgleich. Sie se-hen das als kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit unddie damit verbundene ökonomische und soziale krise.Gleichzeitig würde dadurch die Verhandlungsmacht derbeschäigten gestärkt: ohne ein Heer von arbeitslosenwären lohnsteigerungen einfacher zu erstreiten. eine Ver-kürzung der arbeitszeit sei „die einzige logische sowie his-torisch konsequente antwort auf die jährlichen Produkti-vitätssteigerungen“.

die initiative führt auch in österreich zu zahlreichen Re-aktionen. nicht nur von uns unabhängigen Gewerkschaf-terinnen, die seit Jahren für eine arbeitszeitverkürzungeintreten. für den Wiener Jugendvorsitzender der fraktionSozialdemokratischer Gewerkschaerinnen (fSG) Chris-toph Peschek ist „die Zeit reif für eine radikale arbeitszeit-verkürzung". auch für Peter Pick, Wiener Jugendvorsit-zender der Gewerkscha der Privatangestellten, druck,Journalismus, Papier (GPa-dJP), ist das ein Gebot der Stun-de: „die neuen technologien, die hohe Produktivität unddie bereits wieder steigenden Gewinne müssen den arbeit-nehmerinnen zu Gute kommen“.

Gefährlicher Unfug?

die arbeitgeberseite kann der idee erwartungsgemäßnichts abgewinnen. Von „wirtschaspolitisch gefährlichenunfug“, über „unsinnigkeiten", bis hin zu „Griff in die Mot-tenkiste“ reichen die aussagen. der kärntner Wirtschas-kammerpräsident Pacher wünscht sich im Gegenteil eineRückkehr zur 40-Stunden-Woche: „arbeitsverlängerung istdas Gebot der Stunde“. auch die Wirtschaskammer ober-österreich hat sich in die debae eingebracht: Sie möchtedie bezahlten freien tage – wie urlaub, gesetzliche feierta-ge, krankenstand oder freistellung für arztbesuch undPflege - reduzieren. arbeiterkammer-Präsident Johann kal-liauer ist über den Rundumschlag der Wirtschaskammer

in deutschland fordert eine initiative aus Wissenschaftlerinnen, Gewerkschafterinnen und Politikerinnen eine gesamtgesellschaftliche debatte über die

30-Stunden-Woche bei vollem lohnausgleich. von renate vodnek.

GEBoT DEr STUNDE

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entsetzt, für ihn ist vielmehr die ent-wicklung der langzeit-krankenständebesorgniserregend.

Gerecht verteilen!

Markus koza, bundessekretär derauGe/uG, ho auf eine ernsthae undseriöse diskussion um eine umfas-sende arbeitszeitverkürzung. damiteine gerechtere Verteilung von arbeit,Zeit und Geld möglich ist – zwischenden Geschlechtern, zwischen jenenarbeitnehmerinnen, die ein Zuvielund jenen, die ein Zuwenig haben,zwischen jenen, die eine bezahlte ar-beit haben und jenen, die erwerbsar-beitslos sind. auch die positiven ef-fekte für die wirtschaliche und so-ziale entwicklung der Volkswirt-scha durch geringere staatlichetransferzahlungen und zusätzlicheSteuereinnahmen beim Staat dürfendabei nicht vergessen werden. esbraucht eine arbeitszeitpolitik, diesich an den lebens- und bedürfnis -lagen der arbeitnehmerinnen orien-tiert, die eine Vereinbarkeit von be-ruf und Privatleben in allen faceenzulässt, die ausreichend erholungs-,Regenerations- und umorientierungs-phasen auch über einen längerenZeitraum hinweg sicherstellt. z

Alternative: Ist auch in Österreicheine Diskussion über Arbeitszeit-verkürzung nötig?

Markus: die von deutschen Wis-senschafterinnen, gewerkschafterin-nen und Politikerinnen gestarteteinitiative für eine 30-stunden-Wo-chen ist  angesichts der tiefen sozia-len und wirtschaftlichen Krise mitdramatisch steigender arbeitslosig-keit richtig und wichtig. eine breitediskussion um eine verkürzung derarbeitszeit, um eine gerechtere ver-teilung von bezahlter arbeit ist auchin österreich überfällig.

Österreich hat EU-weit die zweit -längsten Arbeitszeiten – was musssich hier ändern?

laut arbeitskräfterhebung desstatistischen amtes der eu (euros-tat) arbeiten die vollzeitbeschäftig-ten österreichischen arbeitnehme-rinnen hinsichtlich ihrer wöchent-lich geleisteten arbeitszeit deutlichüber den eu-durchschnitt. Währenddie durchschnittliche wöchentliche arbeitszeit vollzeitbeschäftigter arbeitnehmerinnen eu-weit 2011 bei40,4 Wochenstunden liegt, wird inösterreich – trotz Krise – lange41,8Wochenstunden gearbeitet. nurin großbritannien arbeiten die un-selbständig Beschäftigten noch län-ger. in deutschland liegt die wö-chentlich geleistete durchschnittli-che arbeitszeit deutlich kürzer, bei40,7 stunden wöchentlich.

Wie schaut die Verteilung von Arbeit und Einkommen in Österreich aus?

auch in der Krise werden arbeitund einkommen immer ungleicherverteilt. von 2008 bis ende 2011 sind33.000 vollzeitstellen verlorengegan-gen während die teilzeitbeschäfti-gung um 13,3 Prozent um 79.000stellen gestiegen ist.

teilzeitarbeit nimmt zu, vollzeitgeht zurück, gleichzeitig werden soviele Überstunden ,geschoben‘, dieuns europaweit einen zweifelhaftenspitzenplatz bei der länge der ar-beitszeiten bescheren.

seit Jahren stagnierende bis rück-läufige reallöhne unten und in derMitte zeugen von der massiven Un-gleichverteilung bei den einkom-men, die mit der immer ungleicherwerdenden verteilung von arbeiteinhergeht.

Was ist das Fazit der AUGE/UG

zur derzeitigen Debatte?eine ernsthafte und seriöse dis-

kussion um eine umfassende ar-beitszeitverkürzung, um die gerech-tere verteilung von einkommen, ar-beit und damit auch chancen, istdaher auch in österreich dringendnotwendig.

nicht zuletzt vor dem hinter-grund der heranführung des tat-sächlichen an das gesetzliche Pensi-onsantrittsalter. Überlange, unregel-mäßige arbeitszeiten machenkrank. da darf der vorzeitige Pensi-onsantritt vieler entsprechend ge-sundheitlich angeschlagenerarbeitnehmer innen nicht weiterverwundern.  Menschenwürdigekürzere arbeits- und längere erho-lungszeiten  sind  voraussetzung füreinen späteren Pensionsantritt.

Wer in diesem sinne eine diskus-sion um eine arbeitszeitverkürzungals ,vollkommen unrealistisch‘ ver-weigert, betreibt tatsächlich reali-tätsverweigerung. 

WENIGER IST MEHR

Interview mit Markus Koza über die Forderung einer umfassenden Arbeitszeitverkürzung.

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2012

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Gewerkschaft & Betrieb

m frühjahr 2010 wollte ich mein im Jahr 2000 begon-nenes dienstverhältnis beim Wiener Magistrat (nacheiner bereits erfolgten Vertragsverlängerung im Jahr2005) weiter fortführen. trotz ausgezeichneter dienst-beschreibung und nachweisbaren erfolgen bei meiner

tätigkeit wurde mein diesbezügliches ansuchen vomfonds Soziales Wien – dem ich 2004 zum dienst zugewie-sen worden bin – nicht an die zuständige Personalabtei-lung des Wiener Magistrats weiter geleitet. Mein ur-sprünglich als befristet konzipierter einzelvertrag wurdedamit vom fonds Soziales Wien nach zehn Jahren mit1. Juni 2010 als beendet erklärt. Mein diesbezüglicherschrilicher Widerspruch wurde zur kenntnis genommen.damit war mein fall aus Sicht von fonds Soziales Wienund Stadt Wien erledigt.

Hoffnungsvoller Beginn einesaussichtsreichen rechtsstreites

ein Verbot von keenarbeitsverträgen gibt es in derösterreichischen Rechtsprechung ebenso wie in der euro-päischen, wobei in letzterer explizit darauf hingewiesenwird, dass dies auch für öffentliche Gebietskörperschaengelte.1) als gewählter betriebsrat und Personalvertretervertraute ich natürlich auf die unterstützung der Gewerk-scha der Gemeindebediensteten, deren zahlendes Mit-glied ich seit beginn meiner tätigkeit bei der GemeindeWien war. Vom Magistrat an den fonds Soziales Wien aus-gelagert, war ich auch arbeiterkammermitglied. der bei-stand für meine Rechtsvertretung in dem geplanten ar-beitsrechtlichen Verfahren gegen die Stadt Wien schienalso doppelt abgesichert.

Zusätzlich beruhigte mich der umstand, dass eineRechtsexpertin der arbeiterkammer in einer ak-Zeitschrizu einer entscheidung des europäischen Gerichtshofesvom 4. Juli 2006 zur Sache „aufeinander folgende befristetearbeitsverträge im öffentlichen Sektor“ einen artikel ver-fasst hat, wo genau jenes meinen fall betreffende Problemthematisiert worden ist. in diesem artikel wird die ansichtvertreten, dass auch in österreich solche beziehungsweiseähnliche fälle zugunsten der arbeitnehmerinnen zu ent-

scheiden wären, sollte eine entsprechende klage einge-bracht werden.2)

darin heißt es etwa: „(…) die gesetzliche normierung ei-ner befristung stellt für sich alleine noch nicht ihre sachli-che Rechtfertigung dar. Zusätzlich müssen sachliche Grün-de vorliegen, die mit der art der tätigkeit und ihrer aus-übung zusammenhängen, beziehungsweise muss das in-nerstaatliche Recht andere effektive Maßnahmen vorsehen,um den Missbrauch durch aufeinander folgende befristetearbeitsverträge zu verhindern. dies wird im einzelfall zuprüfen sein.“

Erste Enttäuschung: Arbeiterkammer

nach zweimaliger Vorsprache bei der arbeiterkammerwurde mir von der Rechtsschutzkommission mitgeteilt,dass meine klage gegen die Stadt Wien wegen mangelndererfolgsaussicht nicht unterstützt wird. nach einer beru-fung gegen diese entscheidung wurde diese entscheidungvon der arbeiterkammer-berufungsinstanz (direktion) be-stätigt. das bedeutet, dass die ak-Rechtsschutzkommissionzu einer gegensätzlichen ansicht kommt, als von einer ak-Rechtsexpertin in einer arbeiterkammer-Zeitschri publi-ziert wird. Zumindest in meinem fall, wo es gegen dieStadt Wien als arbeitgeber geht.

nach dem gerichtlichen erfolg in erster instanz ersuchteich die arbeiterkammer um Übermilung meines aktes,der zur entscheidung meiner nichtunterstützung geführthat. nach dessen erhalt war ich ziemlich erstaunt. diezweiseitige beschreibung meines falles und dessen ableh-nung enthielt teilweise informationen, die keinesfalls ausmeinen beiden Vorsprachen (in begleitung einer Zeugin)stammen können. Vielmehr hat sich die arbeitnehmerver-tretung arbeiterkammer offenbar mit meinem arbeitgeberin Verbindung gesetzt und von dort informationen, dieteilweise völlig wahrheitswidrig sind, in meinen akt über-nommen, ohne mit mir über diese kommunikation Rück-sprache zu halten.

Sehr aufschlussreich der letzte Satz dieses dokuments,worin die absage der arbeiterkammer-unterstützung in

Vor kurzem wurde ein bahnbrechendes oGH-urteil zum thema befristete dienstverträge / kettenverträge erzielt – leider ohne unterstützung der Gewerkschaft

und arbeiterkammer. von gerhard eitel.

BAHNBrECHENDESUrTEIL

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meinem fall begründet wurde: „die Stellungnahme des ar-beitgebers war auch ablehnend.“

Wenn der arbeitgeber Gemeinde Wien keinen arbeits-kampf mit einem beschäigten führen will, wird dies vonder arbeiterkammer – zumindest in meinem fall – bravübernommen. Gratulation zu dieser „unterstützung“.

Zweite Enttäuschung: Gewerkschaft der Gemeindebediensteten

ebenso trist erlebte ich die unterstützung durch die Ge-werkscha der Gemeindebediensteten. diese leitete meineanfrage um rechtliche unterstützung an eine bekannteWiener anwaltskanzlei weiter, die in meinem fall absoluteerfolgslosigkeit prognostizierte (unter anderem unter be-rufung auf die entscheidung der arbeiterkammer), woraufdie Gewerkscha der Gemeindebediensteten meine unter-stützung verweigerte.

Später erfuhr ich, dass besagte kanzlei in vielen fällen(womöglich in einer für diese kanzlei ökonomisch bedeut-samen Größenordnung) die interessen der Stadt Wien ver-tri. leider konnte diese kanzlei in meinem fall gegen dieStadt Wien keinerlei erfolgshoffnung erblicken. die auf-tragserteilung zur beurteilung meiner Chancen vor Ge-richt an eine kanzlei, die in vielen fällen meinen Prozess-gegner vertri, habe ich als glae Verhöhnung meiner Per-son und meines anliegens empfunden.

Ein bisschen wie in der DDr…

alle meine Versuche, durch beide für mich zuständigenarbeitnehmerinnenorganisationen unterstützung in einemarbeitsrechtlichen Verfahren gegen meinen arbeitgeberStadt Wien zu erlangen, erwiesen sich im Sommer 2010 alserfolglos. die Vermutung, wonach eine von einer bestimm-ten Partei dominierte Gewerkscha ebenso wie die von

derselben Partei dominierte gesetzliche interessenvertre-tung arbeiterkammer eine klage gegen eine von eben die-ser Partei geführte Stadtverwaltung ganz sicher nicht un-terstützt, ist vermutlich völlig haltlos. auch der umstand,dass der zu vertretende kollege ein gewählter arbeitneh-merinnenvertreter einer anderen, nämlich parteiunabhän-gigen fraktion ist, kann für diese entscheidungen nichtausschlaggebend gewesen sein. die in mir damals aure-tenden assoziationen, wie früher in der untergegangenenddR einem von einer einheitspartei dominierten allmächti-gen Regime hilflos und ohnmächtig gegenüber zu stehen,waren mit Sicherheit auf eine hypersensible Überreaktionmeiner Person zurückzuführen, die durch die faktenlageabsolut unbegründet war. oder?

…aber zum Glück nicht ganz

nach den gescheiterten Versuchen um unterstützungdurch Gewerkscha der Gemeindebediensteten und arbei-terkammer durchforstete ich meine privaten unterlagen.ich hae doch auch beim öaMtC eine Rechtsschutzversi-cherung abgeschlossen. tatsächlich umfasste diese nichtnur unterstützung in Verkehrsfragen, sondern inkludierteauch arbeitsrechtlichen Schutz. nach kontaktierung derzuständigen Versicherung (Generali) wurde mir ein kom-petenter Rechtsanwalt vermielt (Mag. Ralf Mössler). Ra-sche Prüfung der Sachlage, Rücksprache mit der Versiche-rung und nach kürzester Zeit war eine klage beim arbeits-und Sozialgericht Wien eingebracht.

Bestätigung durch drei Instanzen

es folgten mehrere Verhandlungstage mit einvernahmenvon Zeugen der Stadt Wien und von meiner Seite. nach

Bitte umblättern

begründung für die absage

der arbeiterkammer-

unterstützung:

„die stellungnahme des

arbeitgebers war

auch ablehnend.“

wenigen Wochen entschied das erstgericht, dass in mei-nem fall ein aufrechtes dienstverhältnis vorliege. auffal-lend in der urteilsbegründung ist, dass in mehreren argu-mentationspunkten für diese entscheidung neben denaussagen meiner Zeugen auch die aussagen des Haupt-zeugen der Stadt Wien (also der beklagten Partei) vorzu -finden sind.

aber damit nicht genug: im Sommer 2011 erfolgte dieberufung durch die Stadt Wien, ein Jahr später bestätigtedas oberlandesgericht Wien die entscheidung der ersteninstanz. im Sommer 2012 erfolgte erneut die Revision desurteils zweiter instanz durch die Stadt Wien und der falllandete beim obersten Gerichtshof (oGH). die oGH-ent-scheidung vom Jänner 2013 bestätigt zum drien Mal –und nunmehr rechtskräig – mein aufrechtes dienstver-hältnis zur Stadt Wien. insbesondere verweist der oGH aufdie schon in 2. instanz getroffene entscheidung, wonachfür eine befristung laut eu-Richtlinie und euGH-urteil einesachliche begründung vorliegen müsse. diese war in mei-nem fall nicht gegeben.3)

„4. Instanz“ für 18 Stunden

auf empfehlung meines anwaltes meldete ich mich un-verzüglich nach erhalt des oGH-urteils im Personalbürodes fonds Soziales Wien zum dienstantri. beim eintref-fen am nachmiag wurde mir vom leiter des Personal -büros mitgeteilt, dass mir ein dienstantri „nicht gewährt“würde.4) nach Rücksprache mit dem Personalamt der StadtWien (Ma 2) war schnell klar, dass der entscheid desobersten Gerichtshofes doch ein höchstgerichtliches urteilist und die „nichtgewährung“ meines dienst(wieder)an-tris offenbar irrtümlich erfolgt ist. 18Stunden später, amVormiag nach meinem erstbesuch im fonds SozialesWien nach erhalt des Gerichtsurteils erhielt ich eine einla-dung für den darauf folgenden tag, um die weitere Vor-gangsweise zu besprechen. dieser Prozess ist gegenwärtignoch nicht abgeschlossen…

Gute ArbeitnehmerInnen-Vertretungin Österreich…

die in österreich existierende Vertretung der lohnab-hängigen bevölkerung durch Gewerkscha und arbeiter-kammer funktioniert in vielen bereichen sehr gut. Regulärbeschäigte arbeitnehmerinnen in der Privatwirtschaprofitieren in vielfältiger Weise von der tätigkeit dieserorganisationen. Weniger gut sieht es in der prekären ar-beitswelt aus, wobei es auch hier zahlreiche bemühungenzur Verbesserung der Situation gibt.

…aber nicht im öffentlichen Dienst

der hier vorliegende fall ist ein praktischer beweis fürdie o beschriebene Problematik im Verhalten der von po-litischen Parteien dominierten interessenvertretungen vonarbeitnehmerinnen gegenüber den von politischen Partei-

en geführten öffentlichen Gebietskörperschaen. die be-sonders augenscheinliche doppelfunktionen von einzel-personen sowohl als arbeitgebervertreter (zum beispiel imGemeinderat / nationalrat / mit maßgeblichen Partei-funktionen) als auch gleichzeitig als arbeitnehmerinnen-vertretung (beispielsweise Gewerkschasvorsitzender oderak-direktor mit entsprechenden Verbindungen) wurdenund werden vielfach kritisiert. die führungspersönlichkei-ten von arbeiterkammer und Gewerkscha sind mit Poli-tik und leitender Verwaltung des öffentlichen dienstesüber die großen politischen Parteien nahtlos verzahnt. da-durch kommt es bei der durchsetzung von arbeitnehmer -inneninteressen im öffentlichen bereich offenbar zu einer

„beißhemmung“, wie sie zum beispiel gegenüber großenbetrieben der Privatwirtscha (zum beispiel Handel) völligundenkbar wäre. Hier agieren arbeiterkammer und Ge-werkscha offensiv und sehr o erfolgreich.

Seite 16 • alteRnatiVe 3/2013

„die gewerkschaft leitete meine anfrage umrechtliche Unterstützung an eine Wieneranwaltskanzlei weiter, (…) die in vielen Fällendie interessen der stadt Wien vertritt. leiderkonnte diese Kanzlei in meinem Fall keinerleierfolgshoffnung erblicken.“

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Seite 17 • alteRnatiVe 3/2013

BeispielwirkungKollege Eitel steht nun aufgrund des oGH-Urteils in einem aufrechten unbefristetenDienstverhältnis zur Stadt Wien und hat seineFunktion als gewählter Personalvertreter derKIV/UG wieder übernommen. Kommentar von Christine Rudolf.

Wir gratulieren unserem kollegen sehr zu dem erwirk-ten urteil und seinem durchhaltevermögen, das er da-bei nicht nur für sich, sondern für alle von solchenPraktiken der Stadt Wien betroffenen beschäftigten imSinne von Gerechtigkeit bewiesen hat.

Wir erwarten, dass kollege eitel nun respektvollbehandelt und ihm entsprechend seinen Qualifikatio-nen und anliegen eine akzeptable tätigkeit beimfonds Soziales Wien zugewiesen wird. dieses urteilsollte auch zu einem umdenken der dienstgeberinStadt Wien und zu einer Änderung des dienstrechtes –insbesondere bezüglich diverser befristungspraktiken – führen, sei es für Vertragsbedienstete oder auch fürvon der Stadt Wien durch umgehungsverträge (mitwiederkehrenden befristeten Werkverträgen oder frei-en dienstverträgen) prekär beschäftigten kolleginnen.

auswirken sollte sich dieses urteil auch bei Ge-richtsverfahren, etwa im Zusammenhang mit den überJahre hinweg immer wieder befristet mit Werkvertragbeschäftigten abfallberaterinnen der Stadt Wien, wel-che laut diverser Rechtsansichten ein „umgangenes“dienstverhältnis zur Ma 48 – Müll- und entsorgungs-betriebe der Stadt Wien hatten, sein. diese machen imÜbrigen gerade dieselbe erfahrung wie kollege eitel –die GdG-kMSfb vertritt sie nicht mehr, andere Gewerk-schaften fühlen sich ebenso wenig zuständig und wasdie arbeiterkammer diesbezüglich jetzt tun wird, dievon den kolleginnen ebenfalls bereits dazu kontaktiertwurde, werden wir noch sehen. ein fall ist zumindestbereits über eine private finanzierung seit feber 2013vor dem arbeits- und Sozialgericht (siehe bericht aufwww.kiv.at).

Wir werden jedenfalls nichts unversucht lassen,um allen kolleginnen eine entsprechende unterstüt-zung zu organisieren – sei es über die arbeiterkam-mer, über Rechtsschutzversicherungen oder auch eineüber Spenden ermöglichte rechtliche Vertretung. dennmit oder ohne interessenvertretung – sie haben einRecht auf Gerechtigkeit!

letztlich fordern wir die zuständigen funktionär -innen in den Gewerkschaften, den öGb und die arbei-terkammer dazu auf, dieses erwirkte urteil und die da-durch entstehenden Möglichkeiten zur bekämpfungunerlaubter befristungspraktiken und prekärer be-schäftigungen mittels kettenarbeitsverträgen, und ent-sprechende rechtliche Grundlagen, wie die erwähnteeu-Richtlinie, nicht nur zur kenntnis zu nehmen, son-dern entsprechend zu handeln!

Dieser Fall war immer klarin meinem fall ist die österreichische und europäische

Gesetzgebung beziehungsweise Rechtsprechung so klar,dass ich als nichtjurist stets gute Chancen zur durchset-zung meiner forderungen gesehen habe und von vielen inden fall involvierten Personen darin bestätigt worden bin.Jetzt hat die österreichische Justiz in meinem fall das letz-te Wort gesprochen, was beispielgebend für ähnliche fälleim öffentlichen dienst sein könnte.

Meine nichtunterstützung durch Gewerkscha der Ge-meindebediensteten und arbeiterkammer wird mir für im-mer ein Rätsel bleiben. ich empfehle daher allen im öffent-lichen dienst tätigen Personen, eine private Rechtsschutz-versicherung (inklusive arbeitsrecht) abzuschließen, da imernstfall die uneingeschränkt unterstützung von Gewerk-scha und arbeiterkammer – wie in meinem fall bewiesen– nicht garantiert ist.

Unabhängige arbeitnehmerinnen-Vertretungstärken

trotzdem ist es notwendig, als Mitglied der Gewerkschaund/oder Pflichtmitglied der arbeiterkammer, diese zu-ständigen institutionen der interessenvertretung nicht ausihrer Verantwortung zu entlassen.

durch diese Gerichtsentscheidung kann in ähnlichenfällen als betriebsrat / Personalvertretung oder auch alsbetroffenes Mitglied entsprechend argumentiert und dieinstitutionelle unterstützung bei der Rechtsdurchsetzungbesser eingefordert werden.

Glücklicherweise gibt es auch „andersdenkende“ und alternative fraktionen innerhalb dieser institutionen, de-ren teil ich bin und deren arbeit ich weiterhin unterstüt-zen werde. für eine wirklich überparteiliche und demokra-tische interessenvertretung aller arbeitnehmerinnen!

Jede Wee: bei der nachzahlung der mir zustehendenGehälter werden beide organisationen in der ersten Reihedabei sein, wenn es gilt, die Mitgliedsbeiträge zu kassieren.für ihre aktive unterstützung in den letzten 32 Monatenoder so. na, vielen dank auch. z

1) EUGH-Urteil vom 4. Juli 2006 zur Sache „aufeinander folgendebefristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor“ beziehungs-weise der richtlinie 1199/70/EG des rates vom 28. Juni 1999(gilt seit Juli 2001 als nationales recht) und entsprechendenEGB-UNICE-CEEP-rahmenvereinbarung über befristete Arbeits-verträge2) Kommentar Gerda Heilegger in der infas 6/20063) Laut EU-richtlinie muss bereits nach einer durchgängigen Be-fristungsdauer von 24 Monaten angenommen werden, dass eindauerhafter Bedarf des Dienstgebers für die Beschäftigungexistiert und wäre eine sachliche rechtfertigung zu prüfen, beisonstigem Übergang in ein unbefristetes Dienstverhältnis4) wörtlich zitiert aus der schriftlichen Bestätigung meines Ver-suches zum Dienstantritt

Ein Jahr kein geregeltes Einkom-men, ein Jahr unsicherheit, ein Jahranstreben einer fairen lösung für allebeteiligten, ein  halbes Jahr Verhand-lungen durch einen anwalt – beauf-tragt durch die Gewerkscha der Ge-meindebediensteten (GdG-kMSfb) – fürnichts und wieder nichts, ein JahrVerzögerungstaktik – ohne ergebnis.die GdG-kMSfb zog ihre unterstützungin dieser Sache leider ohne begrün-dung zurück. am 12.feber 2013 fandtrotz alledem am arbeits- und Sozial-gericht die erste (privat finanzierte)Verhandlung einer der abfallberater -innen auf feststellung eines dienst-verhältnisses zur Stadt Wien sta.

die Verhandlung begann gleichskurril: der anwalt der beklagtenStadt Wien, dr.Heufler, deklarierteseine Verwunderung darüber, warumdie Stadt Wien als beklagte heuteüberhaupt hier sitzen müsse. er haebis zum Verhandlungstag keinenSchrisatz zur „beantwortung derklagseinreichung“ übermielt und so-mit auch keine Zeugen namha ge-macht. die vier Zeuginnen der kla-genden abfallberaterin, die bereitsschrilich durch ihren anwalt in derklagsschri zur feststellung auf eindienstverhältnis zur Stadt Wien nam-ha gemacht worden waren, musstennaturgemäß draußen warten. obwohldr.Heufler noch kein Zeugen namhagemacht hae, las er auf Verdacht füreine eventuelle Zeugennennung sei-nerseits die namen aller anwesendenabfallberaterinnen vor, worauindiese alle den Raum verlassen muss-ten. eine eigentlich unübliche Skurri-lität, wie mir nach der Verhandlunganwälte und Journalisten bestätigten.eigentlich müsste die Stadt Wien nundie betreffenden alle schrilich nam-ha machen…

es ging damit weiter, dass dr.Heuf-ler gleich zu beginn die klagsabwei-sung beantragte. es folgte ein „Schlag-abtausch“, wo dr.Heufler die initiati-ve abfallberatung zwar als solidari-schen verständlichen Zusammen-schluss, aber als unklug bezeichnete,

weil ja alle fälle ganz unterschiedlichzu betrachten wären. auf Hinweis derRichterin, dass sie wisse, dass es ummehrere fälle ginge, aber heute dereine fall behandelt würde, konntedann endlich über die Sache gespro-chen werden.

dr.Heufler legte dar, dass es seitensder Ma48 an die kollegin bereits im no-vember ein angebot auf ein dienst -verhältnis als „betriebsassistentin“ ge-geben häe, in der einstufungiii/ii/i(Schema „Handwerklichen Verwen-dung“ laut besoldungsordnung derStadt Wien). das begehrte dienstver-hältnis mit einer einstufung (im Sche-maiV/iii „allgemeinen Verwaltung“)als akademikerin wäre nicht zutref-fend, weil ihr tätigkeitsbereich haupt-sächlich Sekretariatsarbeiten umfasste.des Weiteren habe es in den Verhand-lungen mit dem ursprünglichen an-walt der GdG-kMSfb, dr.ehm, ein angebot an die kollegin von rund7000euro abschlagszahlung gegeben.der anwalt der abfallberaterin unddiese selbst entgegneten, dass sie –trotz schrilicher nachfrage – nie einschriliches angebot erhalten habe.und das zweitens das angebot auf ab-

schlagszahlung ebenfalls nie schri-lich an sie unterbreitet wurde. die besagte Zahl würde auch in keinsterWeise vergangene ansprüche beinhal-ten. außerdem häe die Stadt Wienschon längst die klagseinbringung be-antworten und ihre Sicht der dingedarlegen können. dieser Schlagab-tausch führte im gegenständlichenfall aber zu nichts, weil es hier nochnicht um die ansprüche, sondern ei-gentlich um feststellung des aufrech-ten dienstverhältnisses ginge.

die Richterin schlug sinnvollerWeise vor, trotz alledem beides – die

feststellung und die zahlen-mäßigen ansprüche ausdem festgestellten dienst-verhältnis – gemeinsam zuverhandeln. dadurch könnteeine unnötige länge derVerfahrens (mit mehrerenklagseinbringungen und da-mit verbundenen kosten)beiden Seiten erspart wer-den. Voraussetzung dafürwäre nur die anerkennungder klagseinbringung durchdie Stadt Wien. dr. Heuflermeinte, er könne das nicht,

weil es aus Sicht der Stadt Wiennichts vor Gericht zu verhandeln gäbeund es bereits angebote gab.

da auf nachfrage der Richterin bei-de anwälte grundsätzlich Gesprächs-bereitscha signalisierten, einigtensich diese bis anfang März etwaigeGespräche zu führen. dr.Heufler mussbis Mie März seinen Schrisatz andas Gericht übermieln und der an-walt der klägerin diesen innerhalb einer Woche beantworten. der nächs-te Verhandlungstag wurde mit16.april angesetzt.

damit endete die erste tagsatzung.Wir werden über den fortgang derVerhandlungen weiterhin berichten.Weitere klagen sind in Vorbereitungund werden demnächst eingebracht.

ich kann nur sagen: Hüte dichvor umgehungsverträgen bei derStadt Wien. z

Hintergrundinfos zur Initiative Abfall beratung:abfallberatung.prekaer.at

HÜTE DICH Vor UMGEHUNGS VErTräGEN

Die AbfallberaterInnen der

MA 48 in Wien kämpfen seit

fast einem Jahr für faire

Arbeitsbedingungen.

von christine rudolf.

Seite 18 • alteRnatiVe 3/2013

Gewerkschaft & Betrieb

Empörung herrscht derzeit bei denPostgewerkschaerinnen. der Grundsind Vieraugengespräche des Manage-ments mit angestellten, die in kürzedas 50. lebensjahr erreichen und dannunter einem besonderen kündigungs-schutz stehen. deshalb setzt das Post-management diese Personengruppemit „trennungsgesprächen“ unterdruck: „entweder sie gehen und be-kommen dafür einen Geldbetrag oderdie kündigung wird eingeleitet.“ ausdiesem Grund hat die Gewerkschader Post einen Streikantrag einge-bracht. im Zentralausschuss ist er bereits angenommen, im bundesvor-stand muss er noch beschlossen wer-den – aber das ist reine formsache. fürPost-Generaldirektor Georg Pölzl sinddie anschuldigungen der Gewerk-scha „lüge“ und „haltlose Vorwürfe“.

in der Sache der geplanten auswei-tung der brief-Zustellbezirke konntenach einem zweitägigen Verhand-lungsmarathon zwischen Vorstandund Personalvertretung eine einigungerzielt werden.

Ergebnisse laut FSG

die Mehrheitsfraktion spricht da-von, dass mit dem Vorstand derPost aG fast alle Punkte der 23 forde-rungen positiv abgehandelt werdenkonnte. Sollte das unternehmen dage-gen verstoßen, wird mit der umset-zung des gewerkschalichen Maßnah-

menplans sofort wieder begonnen.die fSG spricht von einem erfolg, da

die arbeitszeitaufzeichnungen ab•sofort für alle Systemisierungen herangezogen werdendie für ersten März geplanten Syste-•misierungen gestoppt werdenab sofort bei allen Systemisierungen•nachbetrachtungen innerhalb vonzwei Monaten unter berücksich -tigung der arbeitszeitaufzeich -nungen erfolgenregionale Springerpools mit insge-•samt hundert neuen Vollzeitkräeneingerichtet die entlohnung der kollektivver-•trag-neu Springerinnen deutlich an-gehoben wirdein früherer dienstbeginn mit dem•dienstleiter vereinbart werden kannbei Heimfahrtgenehmigungen• wieder in der dienstzeit getankt werden darf

Gegendarstellung

für uns ist dieses Ver-handlungsergebnis

eine Schande. die Systemisierungenwerden nach wie vor umgesetzt! le-diglich die für März angesetzten Ray-onsveränderungen werden um einMonat verschoben. Mit Juli gibt es einneues berechnungsmodell, dem derfSG-Vorsitzender, Helmut köstingerzwar schon zugestimmt hat, welcheser aber nicht unterschreiben wird.Was allerdings auf dasselbe heraus-kommen wird. die betankung derdienstautos gilt nur als dienstzeit,wenn sich die tankstelle direkt aufdem Zustellrayon befindet. es gibtkeine österreichweite Regelung be-züglich der Möglichkeit eines frühe-ren dienstbeginns. es gibt keine be-triebspensionskasse usw.

fehlverwendete Zustellerinnen be-kommen 75 Prozent des durchschnisdes Massensendungsgeldes von Jännerbis august 2012, wenn sie unterschrei-ben. Vorsicht! die sind durch den hö-heren Überstundensatz viel besserdran, wenn sie nicht unterschreiben.

Wir fordern:kolleginnen, welche begünstigt• behindert sind und nicht das Gleit -zeitmodell in der istzeit angenom-men haben, dürfen nicht schlechtergestellt werden.kolleginnen, die nicht unterschrie-•ben haben, können wieder eineHeimfahrtgenehmigung bekommen,wenn sie sich einverstanden erklä-ren, dass bei ihnen das GPS aktiviertwerden darf.kolleginnen welche nicht unter-•schrieben haben, dürfen nicht mitGPS überwacht werden.

Wir werden uns durch die (nicht)Handlungen von Helmut köstingerweder vor unseren kolleginnen, nochvor der bevölkerung, den Medien unddem Management lächerlich machen. z

PS: Wo sind eigentlich die 252euromonatlich, die jeder Zustellerin lautfSG-Propaganda bekommen soll? Woist die geschenkte freizeit?

MoBBING BIS ZUrKÜNDIGUNG

Schwere Vorwürfe erhebt

die Postgewerkschaft gegen

die Post-Spitze: Mitarbei -

ter Innen, die knapp vor

dem 50. Lebensjahr stehen,

würden systematisch in die

Kündigung gemobbt.

von Peter gross.

Seite 19 • alteRnatiVe 3/2013

Gewerkschaft & Betrieb

Ausgelöst hatte die Proteste der Plan, viele Zustellbezirke

zu vergrößern. befürchtet wurde steigender druck auf die

etwa 9000 Zustellerinnen und gleichzeitig – durch die größe-

ren Rayone – zusätzlicher arbeitsplatzabbau. Seit anfang 2013

gibt es ein neues arbeitszeitmodell, das einen durchrech-

nungszeitraum von einem Jahr vorsieht. Mehrstunden, zum

beispiel zu Weihnachten und anfang des Jahres, sollen im

schwächeren frühjahr 1:1 ausgeglichen werden. laut Gewerk-

schaft gibt es nach einem ergebnis einer auswertung in vielen

fällen eklatante Überschreitungen der arbeitsstunden.

Mit dieser Auszeichnung zeichnetein netzwerk von arbeitnehmerin-nenvertretungen und nGos, das „netz-werk Soziale Verantwortung“ (neSo-Ve), das unverantwortlichste unter-nehmen aus. für neSoVe ist gesell-schalich verantwortliches unterneh-menshandeln nicht auf freiwilligerGrundlage durchsetzbar.

Seifenblase CSr

obwohl heute viele unternehmendurch nachhaltigkeits- und sozialeVerantwortungs(CSR)-berichte oderSponsoring ein gesellschalich ver-antwortliches image auauen können,werden noch immer tagtäglich die in-teressen von Mensch und umwelt mitden füßen getreten. da wir alle diekonsequenzen unternehmerischenHandelns tragen (müssen), sollenauch die Paradigmen dieses Handelnseinem demokratisch legitimiertenProzess unterzogen werden. der ab-bau sozialer errungenschaen und dieZerstörung der umwelt werden durchdie nach neoliberalen Grundsätzenvorangetriebene Globalisierung unddie damit verbundenen deregulie-rungs- und Privatisierungsstrategienzusätzlich begünstigt. daher brauchtes zum Schutz aller eine effektive undverbindliche Regulierung.

Vergeben wurden zwei awards: einJury-Preis und ein Publikums-Preis.Zur abstimmung standen diese drei unternehmen:

kik-textil und non food GmbH,•Mayr-Melnhof Packaging sowie •andRitZ aG. •kik-textil und non food GmbH

kam im Zusammenhang mit derbrandkatastrophe in karachi / Pakis-tan, bei der am 11.September 2012259Menschen aufgrund unzureichen-der brandschutzvorrichtungen star-ben, auf die Shortlist. die fabrik alienterprise produzierte textilien fürkik. Mayr-Melnhof Packaging,europas größter faltschachtelprodu-zent mit Sitz in Wien, hae bei der

Schließung des Werks in liverpool am29.März 2012 die Rechte des örtlichenwie auch des europäischen betriebs-rats missachtet. das in Graz ansässigeerklärte CSR-unternehmen andRitZHydro GmbH wurde für seine beteili-gung an dem brasilianischen Stau-dammprojekt belo Monte nominiert,in dessen folge Menschen vertriebenwerden und weitreichende Zerstörun-gen der umwelt zu erwarten sind.

Die Trophäe geht an…

Mayr-Melnhof Packaging wurde mit3493 von insgesamt 8140 abgegebenenStimmen von der Zivilgesellscha imZusammenhang mit der Werksschlie-ßung in liverpool zum schlimmstenunternehmen des Jahres 2012 gewählt.

„Gezielte und ständige angriffe auf be-triebsräte und aktive Gewerkschaersowie behinderung deren arbeit sinddas alltägliche Standardprogramm,das von den örtlichen Geschäsfüh-rungen der Mayr-Melnhof-Werke si-cher nicht ohne Rückendeckung ausder Wiener konzernzentrale exeku-

tiert wird“, erklärt Siegfried Heim, tarifsekretär Verlage, druck, Papierder deutschen dienstleistungsgewerk-scha ver.di das fehlverhalten desunternehmens.

den Jury-Preis bekam die textil-und non-food GmbH kik im Zusam-menhang mit der brandkatastrophein karachi/Pakistan, bei der am 11.September 2012 259 Menschen auf-grund unzureichender brandschutz-vorrichtungen starben. die fabrik alienterprise produzierte textilien fürkik. der Publikums-Preis wurde von

der bundessprecherin der auGe/uG,klaudia Paiha übergeben, die den

„Schandfleck“ für eine gute kampagnehält: „Wir unterstützen den ,Schand-fleck‘, weil es wichtig ist, öffentlichsichtbar zu machen, dass beziehungs-weise welche unternehmen oder or-ganisationen verantwortungslos undohne Rücksicht auf soziale oder öko-logische auswirkungen handeln – oganz im Gegensatz zu den von ihnenpostulierten Grundsätzen. konsumen-tinnen, auraggeberinnen, koopera-tionspartnerinnen, … sollen die Mög-lichkeit haben, sich bewusst für ver-antwortungsvolles Handeln zu ent-scheiden und entsprechende alterna-tiven zu wählen.“

der „Schandfleck des Jahres“ sollals permanente institution in öster-reich etabliert werden. „Wir werdennicht akzeptieren, dass die Rechtevon Mensch und umwelt der freiheitdes unternehmertums zum opfer fallen“, erklärt Marieta kaufmann, Geschäsführerin des netzwerk Soziale Verantwortung. z

SCHANDFLECK 2012

Zum Welttag der sozialen

Gerechtigkeit am 20. Feber

2013 ist der „Schandfleck

2012“ vergeben worden.

von renate vodnek.

Seite 20 • alteRnatiVe 3/2013

Gewerkschaft & Betrieb

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In der oststeirischen Gemeindebad blumau will der obstvermarkterfrutura einen Glashaus-komplex er-richten und für den HandelsriesenSPaR ganzjährig Gemüse anbauen. dieindustrielle landwirtschasanlagewird sich über 27 Hektar erstrecken,unter denen sich praktischerweiseauch ermalquellen befinden, die alsumweltfreundliche Heizquelle dienensollen. 200 Personen könnten in deranlage arbeiten, zwei driel des benötigten ackerlandes hat fruturabereits erworben.

Sta der ortsüblichen zwei bis dreieuro für landwirtschalich nutzbarenboden hat frutura das Vierfache gebo-ten und dadurch einige Grundbesit -zer innen zum Verkaufen gebracht.die bürgerinnen von bad blumau leh-nen dieses industriegemüseprojekt ab,haben sie sich doch erst vor nicht all-zu langer Zeit für sanen tourismusund biolandwirtscha entschieden.Sie fürchten, dass langfristig gesehenfünundert arbeitsplätze verloren gehen werden, wenn der sane tou-rismus nicht stafinden kann und derbiologische anbau mit Selbstvermark-tung unterbunden wird durch die vermutlich eu-geförderte Gemüse -industrie. frutura als namen ist einepla-raffinierte Mischung aus

„fruc(h)tus“ und „futura“. letzteressoll „Zukun“ bedeuten und löst dochnur furcht vor ihr aus.

Spanische Verhältnisse?

die widerständigen leute aus badblumau brauchen unterstützung, siewünschten sich eine umweltverträg-lichkeitsprüfung, die aber nach behör-denaussagen gar nicht nötig ist beilandwirtschalicher nutzung. Sie se-hen sich buchstäblich in der Situation,dass ihnen „das Wasser abgegrabenwird“ für ihre kleinprojekte und siefürchten sich davor, dass sie bald un-ter „spanischen Verhältnissen“ lebenmüssen. Sie beziehen sich damit aufalmeida in Südspanien, die Glashaus-

region europas, die unsere Super-märkte mit billigem obst und Gemüseüberschwemmenwill. Wo arbeiter -innen zwischen denGlashäusern unterPlastikfolien leben,mien unter denkanistern mitSpritzmieln, dieihnen die luzum atmen neh-men und dieHaut verätzen.die arbeitskräewerden von an-werbern aus afri-ka geholt und fürkurze Zeit ausgebeutet.

„Wirtschaftsflüchtlinge“

ab und zu ganz spät am abendkönnen wir im fernsehen berichteempfangen von konzernen, die inasien und in afrika land in großenMengen kaufen. Wenn die konzern-herren finden, dass dieses land ge-nutzt werden muss für die landwirt-schaliche industrie, dann wird staat-liche Hilfe gern und problemlos inanspruch genommen. Polizisten oderSoldaten rücken aus und vertreibendie dort lebende landbevölkerung,die ohne ihr Wissen oder irgendeineinformation enteignet wurde. Wenneinige von diesen hinausgeworfenenund beraubten Menschen bis zu unsgelangen, dann werden sie Wirt-schasflüchtlinge genannt. Werdensie überhaupt zu asylverfahren zuge-lassen, dann gehen solche überwie-gend negativ aus, abschiebungen

sind nur möglich, wenn es Sonderab-kommen mit unserer Regierung dafürgibt – das heißt, dass diese Personenüberall auf der Welt rechtlos und ei-ner existenzgrundlage beraubt, langezwischen allen Stühlen in völligerunsicherheit leben müssen – ein zer-rüender Zustand für Menschen, dieuns nicht gezeigt werden, die bilderihrer zerstörten land (wirt) schaenwerden uns ab und zu gezeigt.

daher höre ich mit besorgnis, dassdie eu-Staaten sich auf eine budget-verteilung für die nächsten sieben Jah-re geeinigt haben und dass es dabeiviermal mehr Geld für landwirt-schasförderungen als für bildungs-förderung geben wird. Wer vertraut

da noch auf einVeto aus dem eu-Parlament?

andererseitsdrohen verärger-te bürgerinnenvon ebergassing

ihrer Gemeinde-regierung mit ei-

nem „Hainburgzwei!“. Sie wehrensich gegen ein SPaR-logistikzentrum, dasihnen das natuRa-2000-Schutz gebietersetzen soll nach

der Willfährigkeit ihrer Gemeindever-tretung gegenüber dem konzern. die-se bürgerinnen haben in niederöster-reich immerhin schon in ein paar ta-gen die Wahl.

als unabhängige Gewerkschaerinbegrüße ich die eigeninitiative dieserMenschen, weil ich weiß, welchetriebkra im Zorn steckt und auchweil ich mir nicht vorstellen will,dass sie eines tages verloren durchdie Welt ziehen auf der Suche nacheiner zweiten Chance für einen exis-tenzauau. z

ANGST Vor DEN FrÜCHTENDEr ZUKUNFT

Von Glashäusern und

Logistikzentren in Öster-

reich für die EU-Landwirt-

schaftsindustrie. von Beateneunteufel-zechner.

Seite 21 • alteRnatiVe 3/2013

Magazin

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Rund 10.000 Menschen trafen sichbei zwei demonstrationen, um gegenden umbenannten ball des Wienerkorporations-Rings (WkR) zu demons-trieren. beim ball tanzten burschen-schaer und ihre internationalen Gäs-te in einem der repräsentativsten Ge-bäude, der Wiener Hourg. aus die-sem Grund riefen verschiedene orga-nisationen zu demonstrationen auf.um ein Zeichen gegen Rassismus,antisemitismus und Rechts -extremismus in unserer heutigenGesellscha zu setzen. und für dieSolidarität mit den verschiedenenkämpfen gegen rassistische aus-grenzung, abschiebungen und fürglobale bewegungsfreiheit.

Während der eine demonstrati-onszug – unter der Schirmherr-scha von SoS-Mitmensch – vomWestbahnhof aus zum Heldenplatzging, begann der von der linken or-ganisierte Marsch vor der Hauptuni.dort versammelten sich zwischen5000 bis 8000 Menschen (laut oRfwaren es 3000) und gingen in Rich-tung Stephansplatz. die Route führ-te an der Votivkirche vorbei, durchdie Maria-eresien-Strasse, Wipp-lingerstrasse, am Hof, Graben zumStephansplatz. 1300 Polizisten hat-ten den ersten bezirk hermetischabgeriegelt, sodass der Heldenplatznur durch das Heldentor „offiziell“ betreten werden konnte.

ich befand mich im ersten de-monstrationsblock und konnte soden Zug „aus erster Hand“ erleben.neben den üblichen antirassisti-schen Parolen wurde auch ein bleibe-recht für die flüchtlinge, die sich im-mer noch in der Votivkirche befandenund den Zug sicherlich wahrgenom-men haben (er führte auch bei der kir-che vorbei) gefordert. Weiters wurdeein starkes bekenntnis zu demokratieund gesundem Menschenverstand ab-gelegt, da sich im Verlauf der de-monstration auch noch viele Passan-tinnen entschlossen, mitzugehen. obaus neugierde oder echtem bekennt-nis ist dabei nebensächlich. der Ring

war während der gesamten demons-tration ebenso gesperrt wie teile desersten bezirkes. nachdem wir den Ste-phansplatz erreicht haen, gab esnoch eine kurze bekundung, ehe deroffizielle teil beendet war. danachging es daran, blockaden zu errichtenund die Polizei zu beschäigen. diesgelang relativ gut, da in der Cityfussgänger innen mobiler sind alsfahrzeuge – einmal muss man auchdie eigenwillige bezirksvorsteherindafür loben – und so konnten einzelne

trupps zum beispiel die familie Gu-denus vorübergehend in einem lokalfesthalten. erst massive Polizeikräe

„befreiten“ sie davon. andere wurdenvorübergehend am betreten des ballesgehindert, da die fahrzeuge nichtdurchgelassen wurden. die groß inden Medien „angekündigte“ Randalefand zumindest in meinem beisein zukeiner Zeit sta. auch am tag danachkonnte man in den seriösen Mediennur nachlesen, dass vier Personen ver-letzt wurden und neun Menschen vo-rübergehend in Gewahrsam kamen.bei alles in allem etwa 10.000 Men-schen wohl kaum nennenswerte

„ausschreitungen“. ich selber ging et-

was später dannnoch auf den Hel-denplatz, wo SoS-Mitmensch eine le-sung vor rund 4000Menschen veran-staltete. auf derbühne prangte einin drei verschiede-nen Sprachen ge-schriebenes Wort:schande. die teil-weise berührendenaurie der lauda-torinnen rundetenden abend stimmigab. Mit dabei aucheine Gruppe Men-schen, die ein gro-ßes aSyl in not-transparent hoch-hielten. die Polizeihielt sich zwar amboden vornehm zu-rück, versuchteaber ständig, mit ei-nem Hubschrauberdie Veranstaltungzu stören, was aller-

dings nicht wirklich gut gelang. Ge-gen 21.30uhr verließ ich dann die de-monstration, um noch mit Gleichge-sinnten den späteren abend zu ver-bringen, der für mich so bis gegendrei uhr morgens dauerte. z

„LIEBEr SoLIDArISCH ALSSoLIDE ArISCH“

Dieser Spruch hing im

Feber 2013 am Zaun

beim Heldenplatz.

Und er war wohl der

Spruch des Abends.

von thomas zarka.

Seite 22 • alteRnatiVe 3/2013

Magazin

Mehr Fotos von Christopher Glanzl gibt es auf uebermorgen.at

Wir trauern um Alex ParschalkAlexander Parschalk ist am 8. Feber 2013 gestorben

Viele von uns kannten ihn – als politischen aktivisten, als Jungkommunisten, als Wirt im kuku, imehemaligen tu-Club, im doGMa. Vielen von uns war er politischer Wegbegleiter, freund, Mitstreiter.

er war einer der Mitorganisatoren der donnerstagsdemos gegen Schwarz-blau. als durch und durchpolitischer Mensch kandidierte er 2009 bei den betriebsratswahlen im Verein Wiener kinder- und Jugendbetreuung. er brachte sich sofort aktiv in die betriebsratsarbeit ein und deklarierte sein Mandatals linker, der er stets war und geblieben ist, für die auGe/uG.

Mit alexander geht uns ein Mensch verloren, der stets für eine bessere und solidarische Welt kämpfte.dem aber schlussendlich die kraft fehlte, den kampf gegen seine krankheit weiterzuführen.

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie, seinen Kindern, seinen FreundInnen, all seinen Lieben.Wir werden ihn in Erinnerung behalten!

Seite 23 • alteRnatiVe 3/2013

Nachruf

Florian Illichmann-rajchl,

der 2012 beim Europäischen Festival des Debütromans in Kiel für den Debütroman nominiert wurde, schreibt über die schöne, neue Welt prekärer Arbeitsverhältnisse.

ISB

N: 3

9930

0082

X

Mit deM kindeRGaRteneintRitt SeineR toCHteR be-schließt der ich-erzähler, sein leben neu zu ord-nen. nach 15 Jahren Studentendasein schließt ersein Studium innerlich ab und gibt es äußerlichauf. den schlecht bezahlten Job in einer großenMedienagentur nimmt er an, weil es ihm uner-träglich geworden ist, als tierarztassistent in derPraxis seiner frau täglich mit seiner erfolglosig-keit konfrontiert zu sein.

in der „Media Consult austria“ möchte ernur so lange bleiben, bis er wieder weiß, wie esmit ihm weitergehen soll. Zu seiner Überraschunghaben seine jüngeren kollegen, mit denen er dichtan dicht gedrängt in der Pressespiegelproduktionsitzt, ähnliche beweggründe hier zu sein: alle wol-len sie so lange bleiben, bis sie etwas besseres ge-funden haben.

das scheinbar unausgewogenen Verhältniszwischen etablierten angestellten und Geschäfts-leitung auf der einen Seite und dem stark fluktu-ierenden Pool der „freien Mitarbeiter“ auf der an-deren stellt sich sehr bald schon als gut einge-spieltes System dar: die Geschäftsführung ver-steckt ihre einfallslosigkeit hinter Gemeinplätzender „new economy“, während sich die „freienMitarbeiter“ in konsequenter Selbstverleugnungihren Chefs als pflegeleichte Hardware zur Ver-fügung stellen.

nach der eher uninspirierten wie auch miss-glückten bewerbung für einen besseren Posteninnerhalb der firma sieht der Protagonist eineneue Chance. er bekommt den auftrag, sich zueinem informationsgespräch mit einer chinesi-schen Medienbeauftragten zu treffen. frau lin istMitglied einer delegation, die einige Monate vorder chinesischen Sommerolympiade nach Wienkommt, um während der fußballeuropameister-schaft zu recherchieren, wie man hier Großereig-nisse organisiert. und frau lin kommt aus einemland, in dem der begriff „prekäre arbeitsplatz -situation“ keine kategorie ist.

der weite Weg zum Wasserspender“ – einspannender, lustiger, aber stellenweise auch sehrbetroffen machender Roman. er hat mich so mit-gerissen, dass ich diesen an einem tag ausgelesenhabe, kann ihn daher wärmstens empfehlen! ins-besondere für Menschen, welche sich mit demthema „prekäre arbeits- und lebensverhältnisse“auseinandersetzen wollen und für Gewerkschaf-terinnen und betriebsrätinnen, welche einen blickin die Gefühlswelt eines prekär beschäftigten undin die harte arbeitsrealität für freie dienstneh-merinnen und Werkvertragsnehmerinnen werfenwollen, um diese vielleicht besser zu verstehenund entsprechend unterstützen zu können. kannauch hilfreich sein für arbeitskämpfe gegen pre-käre beschäftigung und unrecht, das in diesemZusammenhang viel zu oft unwidersprochenbleibt! frei nach dem Motto: Zu Risiken und ne-benwirkungen lesen Sie dieses buch oder fragensie bei ihrer zuständigen interessenvertretungnach, was sie dagegen tun kann, soll oder muss!

christine rudolf