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ALVAR AALTO GESELLSCHAFT Mitgliederversammlung in Uppsala, Schweden 30. Juni – 03.Juli 2016 Alvar Aaltos Studentenhaus Västmanlands-Dala (V-Dala) nation in der alten Universitätsstadt Uppsala verlockte unsere diesjährige Jahresversammlung nach Schweden. Die Vorstand- sitzung und die darauffolgende Mitgliederversammlung konnten am 1. Juli in dem prächtigen, teilbaren Festsaal des Studenten- hauses abgehalten werden. Die meisten Teilnehmer haben sich schon am letzten Junitag in Uppsala eingefunden und nahmen am Besuch in Gamla Uppsala teil, wo eine Führung in die Urgeschichte der Stadt in dem von Carl Nyrén entworfenem Museum folgte und nach Besichtigung der alten Kirche samt den drei „Kungshögar“- Grabstätten ein Abendessen im Stil der alten Wikinger nebenan im Restaurant „Odinsborg“ an der Reihe war. Architektin Tuula Pöyhiä von der Alvar Aalto Stiftung hatte uns ihre Verbindungen zu den schwedischen Kollegen zu Verfügung gestellt und somit den Weg im Vorhinein geebnet. Wir wurden sowohl in dem V-Dala nation als auch bei unseren Exkursionen ausserordentlich freundlich von den schwedischen Gastgebern empfangen. In Aaltos Spuren fuhren wir am Samstag den 2. Juli nach Avesta und Hedemora. In Avesta erwartete uns der Bürgermeister mit einem Zeitungsfotografen und mit Herrn Stefan Sundh, den Besitzer unseres Besichtigungsobjektes Sundh Center. Ingenieur Ernst Sundh - Vetter von Stefans Vater - der sich dieses Büro- und Wohnhaus von Alvar Aalto entwerfen liess, war Partner von Aino und Alvar in der zehnjährigen Geschichte des schwedischen Arteks in Hedemora. In Hedemora hatte uns die Stadt zum Mittagessen eingeladen. Wir sassen im Café Wahlman, in einer vom lokalen Architekten Lars Israel Wahlman geplanten ehemaligen Apotheke. Wahlman (1870-1952) baute Häuser von Kirchen zu Scheunen aus Holz aber interessierte sich auch für Möbelbau, Kunsthandwerk und Garten- bau – ein Architekt der ganzen Skala also. Wie später Alvar Aalto, arbeitete auch er mit einer Möbelfabrik zusammen. Der Enkel von jenem Tischler Gustaf Flinta hat enthüllt, dass Ernst Sundh 1945 die Firma kaufen wollte, um dort Aalto-Möbeln zu produzieren. Nach dem Lunch haben die Museumsleiterin Ann-Marie Sörbergs und Herr Mats Kåks samt vier ehemaligen Mitarbeitern der Artek-Fabrik uns in das „Showroom Aalto & Artek in Hede- mora“ hineingeführt. Herr Kåks hat uns über die Geschichte des schwedischen Artek berichtet, die mit der Einweihung der Fabrik 1946 begonnen und nach 10 Jahren mit verebben des Exports in die USA sein Ende genommen hat. Das „Showroom“ befindet sich in der alten Lagerhalle der Fabrik, an deren Planung sich Aalto zumindest als Aufseher beteiligt hat – er soll einem Zeichner beteuert haben: „Sie dürfen keine einzige Linie an meinem Plan ändern“. Gamla Uppsala Museum – Carl Nyrén AAG bei Vikingermalzeit in Odinsborg Sundh Center in Avesta Die einstige Wohnung Ernst Sundhs im Dachgeschoss

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ALVAR AALTO GESELLSCHAFT Mitgliederversammlung in Uppsala, Schweden 30. Juni – 03.Juli 2016

Alvar Aaltos Studentenhaus Västmanlands-Dala (V-Dala) nation in der alten Universitätsstadt Uppsala verlockte unsere diesjährige Jahresversammlung nach Schweden. Die Vorstand-sitzung und die darauffolgende Mitgliederversammlung konnten am 1. Juli in dem prächtigen, teilbaren Festsaal des Studenten-hauses abgehalten werden. Die meisten Teilnehmer haben sich schon am letzten Junitag in Uppsala eingefunden und nahmen am Besuch in Gamla Uppsala teil, wo eine Führung in die Urgeschichte der Stadt in dem von Carl Nyrén entworfenem Museum folgte und nach Besichtigung der alten Kirche samt den drei „Kungshögar“- Grabstätten ein Abendessen im Stil der alten Wikinger nebenan im Restaurant „Odinsborg“ an der Reihe war.

Architektin Tuula Pöyhiä von der Alvar Aalto Stiftung hatte uns ihre Verbindungen zu den schwedischen Kollegen zu Verfügung gestellt und somit den Weg im Vorhinein geebnet. Wir wurden sowohl in dem V-Dala nation als auch bei unseren Exkursionen ausserordentlich freundlich von den schwedischen Gastgebern empfangen. In Aaltos Spuren fuhren wir am Samstag den 2. Juli nach Avesta und Hedemora. In Avesta erwartete uns der Bürgermeister mit einem Zeitungsfotografen und mit Herrn Stefan Sundh, den Besitzer unseres Besichtigungsobjektes Sundh Center. Ingenieur Ernst Sundh - Vetter von Stefans Vater - der sich dieses Büro- und Wohnhaus von Alvar Aalto entwerfen liess, war Partner von Aino und Alvar in der zehnjährigen Geschichte des schwedischen Arteks in Hedemora.

In Hedemora hatte uns die Stadt zum Mittagessen eingeladen. Wir sassen im Café Wahlman, in einer vom lokalen Architekten Lars Israel Wahlman geplanten ehemaligen Apotheke. Wahlman (1870-1952) baute Häuser von Kirchen zu Scheunen aus Holz aber interessierte sich auch für Möbelbau, Kunsthandwerk und Garten-bau – ein Architekt der ganzen Skala also. Wie später Alvar Aalto, arbeitete auch er mit einer Möbelfabrik zusammen. Der Enkel von jenem Tischler Gustaf Flinta hat enthüllt, dass Ernst Sundh 1945 die Firma kaufen wollte, um dort Aalto-Möbeln zu produzieren.

Nach dem Lunch haben die Museumsleiterin Ann-Marie Sörbergs und Herr Mats Kåks samt vier ehemaligen Mitarbeitern der Artek-Fabrik uns in das „Showroom Aalto & Artek in Hede-mora“ hineingeführt. Herr Kåks hat uns über die Geschichte des schwedischen Artek berichtet, die mit der Einweihung der Fabrik 1946 begonnen und nach 10 Jahren mit verebben des Exports in die USA sein Ende genommen hat. Das „Showroom“ befindet sich in der alten Lagerhalle der Fabrik, an deren Planung sich Aalto zumindest als Aufseher beteiligt hat – er soll einem Zeichner beteuert haben: „Sie dürfen keine einzige Linie an meinem Plan ändern“.

Gamla Uppsala Museum – Carl Nyrén

AAG bei Vikingermalzeit in Odinsborg

Sundh Center in Avesta

Die einstige Wohnung Ernst Sundhs im Dachgeschoss

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Mit der Fabrik und dem Modell des abgerissenen Ausstellungs-pavillons von 1946 haben wir alle vier Aalto-Häuser, die in Schweden jemals gebaut wurden, besichtigt. Wenig, wenn man denkt, dass Aalto insgesamt 37 verschiedene Projekte, teils siegreiche Wettbewerbsentwürfe, für Schweden produziert hat. Göran Schildt lässt Aalto in einem Schauspiel „Alvar och Runar 2004“ die magere Ernte folgend kommentieren: „En vild finne i ett mesigt Sverige“ - „Ein wilder Finne im vorsichtigen Schweden“.

Die Geschichte der ältesten Univesität Skandinaviens und etwas auch der Stadt Uppsala wurde uns vor der Jahresversamm-lung bei der Führung durch Museum Gustavianum erläutert. Der Rundgang führte an dem „Augsburger Kunstkasten“ vorbei und erreichte seinen Höhepunkt im Anatomischen Theater, das von Professor Olof Rudbeck in den 1660-Jahren errichtet worden war. Andere berühmte Figuren der Wissenschaft in der Universität waren Carl von Linné und Anders Celsius. Unter den besichtigten historischen Gebäuden Uppsalas waren auch der Dom und die Universitätsbibliothek Carolina Rediviva. Zu den Schätzen der letzteren gehören unter anderem eine Olaus Magnus-Karte von 1539 und die „Silberbibel“, Codex Argenteus vom 6. Jh.

In Aaltos V-Dala nation führten uns Tuula Pöyhiä und ihre schwedische Kollegin Camilla Schlyter-Gezelius ein, beide Kenner der Geschichte und Renovierung des Hauses. Beide empfanden die Schließung des ursprünglich offenen Platzes unter dem Fest-saaltrakt durch Geschäftslokale bedauerlich - so auch unsere Gruppe.

Frau Kicki Höglund hieβ uns im Namen der Leitung des Hauses herzlich willkommen und führte uns in den Festsaal, wo dann die Sitzungen unter dem Vorsitz von Professor Winfried Nerdinger stattfanden.

Herr Simon Winker hatte nach zehnjähriger Tätigkeit seinen Rücktritt von dem Ehrenamt als Sprecher für die Sektion Schweiz bereits vorher gemeldet und Frau Birgit Hintermeier als seine Nachfolgerin vorgeschlagen. Die Mitgliederversammlung dankte Herrn Winker für seinen wertvollen Beitrag und hieβ Frau Hintermeier als neue Sprecherin willkommen.

Die Abstimmung des Sitzungsorts für 2017 gewann Porto (mit Alvaro Siza) vor Bodensee, Breslau und der nördlichen Kombi-nation Seinäjoki-Rovaniemi. Reykjavik kam diesmal gar nicht in die Wahl, weil es bereits für 2018 vorbestimmt ist. Drei Damen - unsere frische „Frauenpower“ Birgit Hintermeier, Tiina Parkkinen und Rosemarie Schnitzler - meldeten sich sofort bereit die nächste Jahresversammlung in Porto zu organisieren.

Das zweisprachige Bulletin mit dem aufgefrischten Layout wurde von anwesenden Mitgliedern mit Wohlwollen empfangen. Nach dem nun zurückgebliebenen Umstellungsschwierigkeiten werden wir wieder zum Rhythmus von zwei Nummern im Jahr zu-rückkehren. Es wurde festgestellt, dass schon länger keine Erinner-

Showroom Aalto & Artek in Hedemora

Das abgerissene Aalto-Pavillon 1946

Das Anatomische Theater

V-Dala nationshus – Alvar Aalto

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ungen der ehemaligen Mitarbeiter – sprich „Schweizer Garde“ - veröffentlicht wurden und solche neben einem Hauptthema in den nächsten Nummern aufgenommen werden.

Die Gesellschaft hat in der letzten Zeit zwei wichtige, verdienst-volle Mitglieder Margot Schrödel und Karl Mang verloren. Die Versammlung bedachte sie mit einer Schweigeminute.

Bei unserem gemeinsamen Abendessen hatten wir zwei Mit-glieder der im Vorjahr eingestellten schwedischen „Alvar Aalto Sällskapet“ zu Gast. Camilla Schlyter-Gezelius und Rasmus Waern, ein langjähriger Vorsitzender, spielten sogar mit dem Gedanken eine schwedische Sektion in Alvar Aalto Gesellschaft zu gründen.

Skogskyrkogården – Gunnar Asplund und Sigurd Lewerentz

Sonntag 3. Juli war zwei großen schwedischen Architekten, Gunnar Asplund und Sigurd Lewerentz, gewidmet. Beide Alters-genossen (geb.1885) hatten sich 1915 als Partner an dem Wett-bewerb des Friedhofs in südlichen Stockholm beteiligt. Ihr Sieger-entwurf behandelte das bewaldete Grundstück einzigartig als Wildmark mit arkaischen Zügen. „Skogskyrkogården“ wurde stufenweise bis 1940 gebaut und man kann dort die Entwicklung seiner Architekten von Nationalromantikern über Neoklassizisten zu Modernisten verfolgen.

Asplunds Waldkapelle von 1920 hat ein dunkles archetyp-isches Pyramidendach aus Holzschindeln, gehoben auf Pylonen über dem Vorplatz wie die umgebenden Fichtenkronen auf ihren Stämmen. Der Leichenkeller neben dem Eingang ist in einem künstlichen Erdhügel gebettet - eine Assoziation mit den arkaisch-en Grabhügeln kann man nicht vermeiden. Die Auferstehungs-kapelle von Lewerentz von 1923 repräsentiert den nordischen Neoklassizismus und schließlich die Krematoriumgruppe von 1935-1940 zeigt den modernen Asplund, der von der Stockholm-Aus-stellung 1930 uns bekannt ist. Der klassiker Gunnar Asplund war für den 14 Jahre jüngeren Alvar Aalto ein großes Vorbild in den 1920:er Jahren. Gegen 1930 befreundeten sich die Herren, die gleiche Ansichten über künstlerische Freiheit und Berücksichtigung der biologischen und psychophysischen Aspekte in der modernen Architektur hatten.

Mit einem Sprung zu unserem Jahrtausend sahen wir noch zwei prämierte Bauten der letzten Jahre. Die Kirche in Årsta von Johan Celsing.- Sohn des berühmten Peter Celsing – und die neue Architekturabteilung der Königlichen Technischen Hochschule von Bolle Tham und Martin Widegård. Die Kirche war zum Kasper Salin Preis 2012 nominiert und die Architekturabteilung hat den

Die Waldkapelle – Asplund

Die Auferstehungskapelle- Lewerentz

Kapelle des Heiligen Kreutzes – Asplund

Markuskirche in Björkhagen – Lewerentz

Kirche in Årsta – Architekt Johan Celsing

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Preis 2015 erhalten. Kasper Salin Preis wird dem Bau des Jahres in Schweden verliehen

In der Kirche wurden wir ganz unerwartet vom Pfarrer zum Kirchenkaffee eingeladen. Der Pfarrer Stefan Gaspar, der ungar-ische Wurzeln hatte, machte uns eine willkommene Führung in fließendem Deutsch. Der Kirchenraum ist ein minimalistisch gehaltener hoher Kubus mit großen, rahmenlosen Fenstern. Zwischen den niedriggehaltenen Eingangstrakt und Gemeindesaal bleibt ein ruhiger Innenhof, wo wir uns den Kirchenkaffee wohl schmecken ließen.

In der Architekturabteilung der KTH wurden wir von Camilla Schlyter Gezelius begrüßt und im Haus unterrichtendem James Hamilton herumgeführt. Der sechsstöckige elliptische Bau hat eine rostfarbene Fassade aus Corten-Stahl, die sich in die rote Backsteinumgebung gut einfügt. Innen sind die Wände mit nicht behandeltem Kieferholz verkleidet. Die Orientierung in dem einheitlich aussehenden, gebogenen Raum erwies sich etwas gewöhnungsbedürftig, man musste Anhaltspunkte an Möblierung oder durch die Fenster ausblickend an benachbarten Häusern suchen. Klarheit im Ganzen schafft, dass die Jahresklassen geschossweise verteilt sind. Alles im Haus ist noch neu und frisch, es ist ja erst seit Herbst 2015 in Verwendung. Neu für viele von uns war die weitentwickelte Digitalisierung des Unterrichts. Als Gegengewicht hat das Haus jedoch gute Modellwerkstätten, wo die Studenten das Handwerk lernen können.

Risto Parkkinen

Architekturabteilung der KTH –Architekten Bolle Tham und Martin Widegård

Kirche in Årsta – Architekt Johan Celsing

Eingangshalle mit Hörsälen

Eingangshalle

Zeichensaal der Architekturschule