Alzheimer-Demenz - Memory Clinic · PDF fileTrainingstherapie Körperliches Training...

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  • Schon lange weiss man, dass Gehirn-jogging eher wenig ntzt, wenn dabeinur eine ganz bestimmte Fhigkeit trai-niert wird. Wer zum Beispiel jeden TagKreuzwortrtsel lst, wird zwar beimKreuzwortrtsellsen immer besser, beianderen kognitiven Fhigkeiten aberkaum. Anders beim Multitasking in-klusive krperlichen Trainings. Vielekleine Studien lieferten in der Ver gan -genheit Anhaltspunkte dafr, dasssportliche Aktivitt plus kognitive An-regung die geistige Leistungsfhigkeitverbessern oder doch zumindest auchim Alter erhalten knnen. Wenn dannnoch Faktoren wie gesunde Ernhrung,soziale Aktivitten und eine gute Kon-

    trolle kardiovaskulrer Risikofaktorenhinzukommen, darf man offenbar tatschlich mit messbaren Erfolgenrechnen, dies zeigte die sogenannteFINGER-Studie (1).Sie umfasste 1260 ltere Personen miteinem erhhten Risiko fr kognitiveBeeintrchtigungen und Demenz. ZweiJahre lang erhielten sie entweder allge-meine Gesundheitstipps oder sie absol-vierten ein spezielles Programm (Ernh -rung, krperliches und kognitives Trai-ning, soziale Aktivitten, Kontrollekardiovaskulrer Risikofaktoren). DieGedchtnisleistung verbesserte sich beiallen Probanden, egal ob sie in der In -terventions- oder Kontrollgruppe wa ren.

    Die Studienautoren erklren dies mit demLerneffekt, der allein schon mit demmehrfachen Absolvieren der Gedcht-nistests verbunden sei. Die wichtigstegute Nachricht sei jedoch, dass sich dieexekutiven Funktionen mithilfe des Pro - gramms verbesserten, kommentierteReto W. Kressig die FINGER-Studie:Das sind die komplexen Funktionen,die wir im tglichen Leben brauchen!

    Proteinreiche Ernhrung ist wichtigltere Personen mssen mehr Protein zusich nehmen als jngere Erwachsene (2).Der optimale Proteinkonsum liege frdie lteren bei mindestens 1 bis 1,5 gProtein pro Kilogramm Krpergewicht

    pro Tag, sagte Kressig. Fleisch sei dafrnicht unbedingt ntig, denn auch Milch,Milchprodukte, Kse und Eier liefernhochwertiges Protein, sagte der Referentund erinnerte daran, dass ein Ei je nachGrsse bereits 10 bis 12 g Protein enthlt.Fr Patienten, die nicht essen wollenoder nicht gut essen knnen, bieten sichSupplemente in Form von Trinknah-rung an. Eine Alternative sind Protein-pulver, die unter die gewohnten Speisengemischt werden knnen, auf Casein-basis fr warme und auf Molkebasisfr kalte Mahlzeiten: Damit kannman Protein sozusagen im Kartoffel-stock verstecken und das Fleisch dortintegrieren.

    Mikronhrstoffeals HirnnahrungFr einige Mikronhrstoffe gebe esgute Anhaltspunkte im Sinne einer De-menzprvention, berichtete Kressig (3).Schdlich sei wahrscheinlich ein Man-gel an Tocopherol (Nsse, l, Samen,grnblttriges Gemse, Vollkorn) undFolsure (Gemse, Vollkorn) sowieder Omega-3-Fettsure Docosahexaen -sure, kurz DHA (Fisch). Whrendnicht gesttigte Fettsuren generell vonVorteil seien, ist die Assoziation ande-rer Substanzen mit dem Demenzrisikoweniger deutlich (Karotinoide, Flavo -noide, Vitamin D, Transfette, Polyphe-nole). All diese Annahmen beruhenauf der Beobachtung, dass ein niedrigerBlutspiegel ntzlicher beziehungsweiseein hoher Spiegel schdlicher Substan-zen mit einem erhhten Risiko fr eineAlzheimer-Demenz assoziiert ist; eineUrsache-Wirkungs-Beziehung beweistdies nicht. Es gibt aber bereits Pro-dukte, die als ditetische Lebensmittelzur Behandlung einer Alzheimer- Demenz im Frhstadium angebotenwerden. Die vom Referenten genann-ten vier Produkte Acutil, CerefolinNAC, Axona und Souvenaid (nurLetzteres ist in der Schweiz im Handel)unterscheiden sich nicht nur hinsicht-lich ihrer Zusammensetzung, sondernauch bezglich der verfgbaren Stu -diendaten. Die mit Abstand bisher bes-ten klinischen Studien (randomisiert,doppelblind) wurden mit Souvenaid

    durchgefhrt (4). In diesen zeigte sichbei Patienten mit leichter Alzheimer-De - menz (Mini-Mental-Status-Test [MMST]:23,9 25 Punkte) in einigen, aber nichtallen Testverfahren ein Vorteil mit demDitetikum. Keinen Vorteil sah man beiPatienten in einem etwas weiter fort -geschrittenen Stadium (MMST: 19,4).Eine Studie mit Patienten im Prodro-malstadium der Alzheimer-Demenzluft zurzeit noch (5).

    BERICHT

    100 ARS MEDICI 3 2016

    Alzheimer-DemenzWas bringen Lebensstil, Ernhrung, alte und neue Medikamente?

    Hilft Training gegen Alzheimer-Demenz? Was ntzen Medikamente wirklich,und welche neuen Entwicklungen sind in absehbarer Zeit zu erwarten? Prof.Dr. med. Reto W. Kressig, Extraordinarius fr Geriatrie an der UniversittBasel und Chefarzt und Bereichsleiter Universitre Altersmedizin am Felix-Platter-Spital Basel, fasste am 5. Basler Demenzforum den derzeitigen Standdes Wissens zusammen.

    Renate Bonifer

    Eine Demenztherapie darf man nicht auf Medikamente beschrnken.

  • TrainingstherapieKrperliches Training knnte nicht nurals prventiver Faktor, sondern auchtherapeutisch gegen Alzheimer- undvaskulre Demenz sinnvoll sein. Dieslegen drei Studien nahe, die am inter -nationalen Alzheimer-Kongress im ver-gangenen Jahr vorgestellt wurden, wieReto W. Kressig berichtete. So zeigtesich in der dnischen ADEX-Studie,dass intensives aerobes Herz-Kreislauf-Training die psychiatrischen Sym -ptome bei leichter bis mittelschwererAlzheimer-Demenz (MMST > 19) ver-mindert. Bei lteren Personen mit leich-ten kognitiven Beeintrchtigungen(MCI: mild cognitive impairement)war aerobes Training mit einer Reduk-tion aggregierter TAU-Proteine ver-bunden, und in der dritten Studie zeig-ten sich kognitive Verbesserungendurch aerobes Training bei Patientenmit vaskulrer Demenz.

    Wann welche Medikamente?Eine Demenztherapie darf man nichtauf Medikamente beschrnken, be-tonte Kressig. Man drfe deren Nutzenjedoch auch nicht unterschtzen. Vielewrden vergessen, dass die numberneeded to treat bei den drei heutzu-tage angewendeten Medikamentenrecht gut sei. Sie liegt zwischen 3 und10 fr die Cholinesterasehemmer, bei7 bis 10 fr Memantin und bei 3 bis6 Patienten fr das Ginkgo-PrparatEGb761.Die Pharmakotherapie bei Alzheimer-Demenz folgt einem Stufenplan. Inden frhesten (Prodromal-)Stadien, beileichten kognitiven Einschrnkungen(MCI oder milde NCD [neuro cogni-tive disorder]) wird Ginkgoextraktempfohlen (240 mg tglich). Man kanndiese Dosis auf einmal geben oder aufzwei Dosen 120 mg verteilt. Er selbst

    bevorzuge die 2-mal 120 mg fr seine Patienten, vor allem wegen der zustz-lichen gnstigen Wirkungen auf dieBlutfette, erluterte Kressig.Wenn die Demenz voranschreitet,kommt im frhen, noch leichten Sta-dium ein Cholinesterasehemmer hinzu.Bei klinischer Verschlechterung wirddie Dosis des Cholinesterasehemmerserhht.Wenn der MMS unter 20 Punkte fllt,sollte zustzlich zu Ginkgo und demCholinesterasehemmer noch der NMDA-Antagonist Memantin gegeben werden(20 mg/Tag). Diese Kombinationsthe-rapie ist in der Schweiz nicht kassen-pflichtig, entspreche aber inter na tio - nalen Empfehlungen, sagte Kressig:Unsere Patienten verdienen die best-mgliche Behandlung! Dass diese Kombinationstherapie denEintritt des Patienten in ein Heim ver-zgern kann, wurde in einer 2009 publizierten Studie dokumentiert (6);hnliche Resultate folgten in weiterenStudien, beispielsweise krzlich zumNutzen der Kombination fr das Han-deln im Alltag (7). In den USA wurdeEnde 2014 ein entsprechendes Kom -binationsprparat aus Mematin undDonepezil (Namzaric) zugelassen.

    Was bringt die Zukunft?Nach dem Rckschlag bei den Amy-loid-bezogenen Antikrpertherapien,als Phase-III-Studien mit Solanezumabund Gantenerumab 2014 vorzeitigwegen Wirkungslosigkeit abgebrochenwurden, schpft man nun erneut Hoff-nung, dass dieser Ansatz doch etwasbringen knnte, und wertet die vorhan-denen Daten unter neuen Vorzeichenerneut aus.Die Hoffnung beruht auf den positivenZwischenergebnissen der Phase-Ib-Stu-die PRIME mit dem Antikrper Adacu-

    numab (8). Man habe in dieser Studiedie Patienten aufgrund neuer techni-scher Mglichkeiten sorgfltiger aus-whlen knnen und nur Personen mitnachgewiesenen Amyloidplaques auf-genommen, erluterte Kressig. Als ers-tes Resultat habe sich nun eine dosis -abhngige Reduktion der Plaques imVergleich mit Plazebo nach sechs Mo-naten beziehungsweise einem Jahr ge-zeigt sowie eine Verzgerung der Ver-schlechterung im MMST und CDR-sb(Clinical Dementia Rating) nach einemJahr. Vielleicht hatte man in den ande-ren Studien zu niedrig dosiert, speku-lierte Kressig, warnte aber gleichzeitigdavor, die Resultate dieser Phase-I-Stu-die berzubewerten. Ob der Amyloid-gezielte Therapieansatz tatschlichfunktioniert, werde sich in den nchs-ten zwei, drei Jahren entscheiden.Auch symptomatische Therapieanstzewerden zurzeit in Phase-III-Studien ge -prft, darunter ein Serotonin-Wieder-aufnahmehemmer (RVT-101), der alsAdd-on zu einer stabilen Donepezil-medikation mglicherweise schon baldin die Klinik kommt.

    Renate Bonifer

    5. Basler Demenzforum, 19. November 2015, Vortrag vonReto W. Kressig: Update Diagnostik & Therapie.

    Referenzen:1. Ngandu T et al.: A 2 year multidomain intervention of

    diet, exercise, cognitive training, and vascular riskmonitoring versus control to prevent cognitive declinein at-risk elderly people (FINGER): a randomised con-trolled trial. Lancet 2015; 385(9984):22552263.

    2. Deutz NEP et al.: Protein intake and exercise for opti-mal muscle function with aging: recommendationsfrom ESPEN Expert Group. Clin Nutrition 2014; 33(6):929936.

    3. Gustafson DR et al.: New perspectives on Alzheimersdisease and nutrition. J Alz Dis 2015; 46: 11111127.

    4. Rainer M, Mucke HAM: Ditetische Lebensmittel imFrhstadium der Alzheimer-Demenz. J Neurol Neuro-chir Psychiatr 2015; 16(2): 7681.

    5. www.souvenaid.de, abgerufen am 17. Januar 2016.6. Lopez OL et al.: Long-term effects of the concomitant

    use of memantine with cholinesterase inhibition inAlzheimer disease. J Neurol Neurosurg Psychiatr2009; 80(5): 600607.

    7. Alva G et al.: Daily functioning benefits of adding memantine to stable cholinesterase treatment in patients with moderate to severe Alzheimers disease:a post hoc