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3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 1
Fachhochschule Düsseldorf FB 3 Elektrische Maschinen und Antriebe Prof. Dr. R. Gottkehaskamp 3 Analyse von Bewegungs und Stellvorgaengen.doc,09.10.00 08:33
3 Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen
Bewegungsvorgänge treten z. B. bei folgenden Arbeitsmaschinen auf: • Dreh-, Fräs-, Bohrmaschinen, Stanzen, Scheren, Sägen • Krane, Aufzüge, Stetigförderer, Fahrzeuge • Ventilatoren, Pumpen, Kompressoren • Walzanlagen, Kalander, Pressen, Biege- und Richtmaschinen Stellvorgänge sind kennzeichnend für folgende Arbeitsmaschinen • Ventile, Schieber • Vorschub-, Positioniereinrichtungen, Industrieroboter • Taktstraßen, Gestänge Zur Einleitung und Aufrechterhaltung ist mechanische Energie erforderlich. Diese wird heute im wesentli-chen über pneumatische, hydraulische oder elektrische Antriebe erzeugt. Für Bewegungsvorgänge wer-den fast ausschließlich elektrische Antriebe eingesetzt. Bei den Stellvorgängen hat neben den elektrischen Antrieben insbesondere in automatisierten Fertigungs-straßen die Pneumatik große Bedeutung. Hydraulik hat wesentliche Vorteile, wenn sehr große Kräfte benötigt werden (z. B. Baumaschinen)
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Inhalt: 3 Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen ..................................................................................... 1
3.1 Größen des Bewegungsablaufs [2].............................................................................................. 3 3.1.1 Weg und Geschwindigkeit ................................................................................................ 3 3.1.2 Beschleunigung und Verzögerung.................................................................................... 4 3.1.3 Ruck.................................................................................................................................. 5 3.1.4 Übung "Bewegungs-Zeit Analyse" .................................................................................... 6
3.2 Mechanische Kraftübertragungsglieder [10, 11] .......................................................................... 8 3.2.1 Rotations-Rotations-Umformer (Getriebe) ........................................................................ 8 3.2.2 Rotations-Translations-Umformer................................................................................... 17 3.2.3 Kupplungen..................................................................................................................... 19 3.2.4 Bremsen.......................................................................................................................... 26
3.3 Kräfte und Drehmomente [2]...................................................................................................... 29 3.3.1 Widerstandskraft bzw. Widerstandsmoment................................................................... 29 3.3.2 Charakteristiken von Arbeitsmaschinen.......................................................................... 32 3.3.3 Beschleunigungskraft bzw. Beschleunigungsmoment.................................................... 33 3.3.4 Trägheitsmoment ............................................................................................................ 35 3.3.5 Bewegungsgleichung...................................................................................................... 39 3.3.6 Übung "Beschleunigungsmoment" ................................................................................. 43
3.4 Mechanische Antriebsleistung und Energie [2].......................................................................... 44 3.4.1 Widerstands- und Beschleunigungsleistung................................................................... 44 3.4.2 Ein- und Mehrquadrantenantriebe .................................................................................. 45 3.4.3 Leistungsbedarf von Arbeitsmaschinen .......................................................................... 46 3.4.4 Kinetische Energie .......................................................................................................... 48 3.4.5 Elastizität und Getriebespiel ........................................................................................... 50
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3.1 Größen des Bewegungsablaufs [2] 3.1.1 Weg und Geschwindigkeit Die Geschwindigkeit ist als zeitliche Änderung des Weges definiert:
ddsvt
= , (3.1)
dt
s v t= ∫ , (3.2)
v : Geschwindigkeit in m/s, s : Weg in m.
Für Kreisbahnbewegungen gilt:
ddtαω = , (3.3)
dt
tα ω= ∫ , (3.4)
ω : Winkelgeschwindigkeit in rad s, α : Drehwinkel in rad. Drehzahl:
2
n ωπ
= (3.5)
in 1 s . Die Umlaufgeschwindigkeit eines Bahnpunktes auf dem Durchmesser D beträgt
2Dv ω= (3.6)
in m s .
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Eine gleichförmige Bewegung liegt vor, wenn d dv t = 0. Damit:
d konstdsvt
= = , (3.7)
0s vt s= + , (3.8) bzw.
d konstdtαω = = , (3.9)
0tα ω α= + , (3.10) s0 , α 0 : Anfangswerte.
3.1.2 Beschleunigung und Verzögerung Die Beschleunigung ist als zeitliche Änderung der Geschwindigkeit definiert:
2
2d dd dv sat t
= = , (3.11)
dt
v a t= ∫ , (3.12)
a > 0: Beschleunigung in m s2 , a < 0: Verzögerung. Für Kreisbahnbewegungen gilt:
2
2d dd dt tω αε = = , (3.13)
dt
tω ε= ∫ , (3.14)
ε > 0 : Winkelbeschleunigung in rad s2 , ε < 0 : Winkelverzögerung.
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Für Bewegungen mit konstanter Beschleunigung (a = konst. bzw. ε = konst.) gilt: 0v at v= + , (3.15)
20 02
as t v t s= + + , (3.16)
bzw. 0tω ε ω= + , (3.17)
Die Beschleunigung ist für die Beanspruchung mechanischer Übertragungsglieder und für die Festlegung der Leistung im dynamischen Betrieb von Bedeutung.
3.1.3 Ruck Der Ruck ist als zeitliche Änderung der Beschleunigung definiert:
2 3
2 3d d dd d da v srt t t
= = = , (3.18)
r : Ruck in m s3 . Für Kreisbahnbewegungen gilt:
2 3
2 3d d dd d dt t t
ε ω αρ = = = , (3.19)
ρ : Winkelruck in rad s3 . Der Ruck ist für die maximale Belastung der mechanischen Übertragungsglieder verantwortlich. Bei Per-sonenbeförderung wird ein Ruck von r > 2 5, m s3 als unangenehm empfunden.
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Zusammenfassung: Translationsbewegung Rotationsbewegung
∆ ∆ ∆3 200 06 2
ars t t v t s= + + + ∆ ∆ ∆3 200 06 2
t t tερα ω α= + + +
∆ ∆20 02
rv t a t v= + + ∆ ∆20 02
t tρω ε ω= + +
∆ 0a r t a= + ∆ 0tε ρ α= + Tabelle 3.1: Allgemeine Gleichungen für die Berechnung der Größen in einem Zeitabschnitt ∆t mit den Anfangswerten s v a0 0 0 0 0 0. , , , bzw. α ω ε In der Tabelle 3.1 sind einzusetzen für
• gleichförmige Bewegung: v a r= = = = = =konst., , bzw. konst., , 0 0 0 0ω ε ρ , • gleichmäßig beschleunigte Bewegung: a r= = = =konst., bzw. konst., 0 0ε ρ , • ruckförmige Bewegung:r = =konst. bzw. konst.ρ
3.1.4 Übung "Bewegungs-Zeit Analyse" In einem Industriebau mit einer Höhe von 8m soll ein Aufzug installiert werden. Der maximale Ruck ist auf rmax
3m s= ±15, begrenzt. Die Beschleunigung soll amax2m s= ±1 , die Geschwindigkeit vmax m s= ±2 nicht
überschreiten. Der Antrieb ist so auszulegen, dass die gesamte Fahrzeit minimal ist. Berechnen Sie das Bewegungsprofil und stellen Sie es grafisch dar. Wie groß ist unter den gegebenen Randbedingungen die minimale Fahrzeit?
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Tabelle 3.2: Orientierungswerte für translatorische Bewegungsgrößen
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3.2 Mechanische Kraftübertragungsglieder [10, 11] Mechanische Kraftübertragungsglieder sind Drehmomentwandler, die bei möglichst konstanter Leistung ein Antriebsmoment bei einer Antriebsdrehzahl in ein Abtriebsmoment mit der zugehörigen Abtriebsdreh-zahl wandelt. Kupplungen übertragen im Allgemeinen ein konstantes Moment mit konstanter Drehzahl (abgesehen vom Schlupf).
3.2.1 Rotations-Rotations-Umformer (Getriebe) Unter Rotations-Rotations-Umformer versteht man einen Drehmomentwandler, der auf der Antriebs- und der Abtriebsseite eine rotatorische Bewegung ausführt, mithin also das klassische Getriebe. An der An-triebsseite (Index 1, Motorseite) wird die mechanische Leistung eingespeist, an der Abtriebsseite (Index 2) wird die Leistung abgenommen. Das Verhältnis zwischen Antriebs- und Abtriebsdrehzahl
Antrieb 1 1
Abtrieb 2 2
n nin n
ωω
= = = (3.20)
wird Übersetzungsverhältnis i genannt. Bei mehrstufigen Getrieben (Bild 3.7) sind die Übersetzungsverhältnisse und die Wirkungsgrade der Ein-zelstufen miteinander zu multiplizieren (n : Stufenzahl):
ges. k ges. k1 1
, .n n
k ki i η η
= =
= =∏ ∏ (3.21)
Zahnradgetriebe bauen sehr viel kompakter als Zugmittelgetriebe und kommen in allen Bereichen der An-triebstechnik zum Einsatz. Wesentliches Merkmal ist das Ineinandergreifen von Zahnrädern unterschiedli-cher Zähnezahl (Bild 3.1), wodurch Zahnradgetriebe grundsätzlich nicht schlupfen.
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Tabelle 3.3: Kenndaten üblicher Zugmittelge-triebe
Bild 3.1: Prinzipaufbau eines einstufi-gen, geradeverzahnten Stirnradge-triebes (Spur Gear)
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Stirnradgetriebe (Spur, Helical Gear, Bild 3.1, Bild 3.2) sind die gebräuchlichsten Getriebe, pro Stufe wer-den Übersetzungen von 4 8i = … und sehr guter Wirkungsgrade von 80% (sehr kleine Getriebe) bis ca. 98% erreicht. Sie sind geradeverzahnt (relativ laut) und in schräger Evolventenverzahnung verfügbar. Die Wellen treiben parallel aus. Ein gutes Preis-Leistungsverhältnis steht ein höherer Bauraum im Vergleich zu Planetengetrieben gegenüber.
Bild 3.2: Schrägverzahnte Stirnradstufe (Helical Gear, links), doppelt schrägverzahnte Stirnradstufe (rechts)
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(Sun
).
Planetengetriebe (Planetary Gears, Bild 3.3) können hohe Drehmomente bei vergleichsweise kleinem Bauraum übertragen, sie sind meist mit drei umlaufenden Planetenrädern ausgestattet. An- und Abtriebs-welle sind zentrisch fluchtend. Wegen des komplizierten Aufbaus relativ teuer, Übersetzungen und Wir-kungsgrade wie bei Stirnradgetrieben.
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Schneckengetriebe (Worm Gears, Bild 3.4, Bild 3.7) besitzen pro Stufe eine Übersetzung von bis zu 100i = , und werden wegen des relativ schlechten Wirkungsgrades meist in einfachen, preiswerten Antrie-
ben eingesetzt (Fensterheber im Auto). Ihre Wellen treiben im 90° Winkel aus. Schneckengetriebe sind bei höherer Übersetzung selbsthemmend (Rückläufige Drehmomente der Arbeitsmaschine werden blockiert). Sie zeichnen sich durch ein geringes Geräusch und gute Laststoßdämpfung aus.
Bild 3.4: Anordnung einer Schneckenstufe mit Schnecke und Schneckenrad.
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Kegelradgetriebe (Bevel Gears, Bild 3.5) werden meist bei höheren Leistungen eingesetzt, da sie wegen der sehr aufwendigen Justage teuer sind. Sie bestehen aus einem kleinerem Kegelrad, welches in ein Tel-lerrad mit großem Durchmesser eingreift. Unterschieden werden Kegelradgetriebe nach der Form der Ver-zahnung. An- und Abtriebswelle treiben im 90° Winkel aus, Übersetzung und Wirkungsgrad wie bei einer Stirnradstufe.
Bild 3.5: Gerade (links), spiralförmig (mittig) und hypoid (rechts) verzahnte Kegelradstufe.
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Bild 3.6: Prinzipaufbau eines Harmonic-Drive-Getriebes. Harmonic-Drive-Getriebe (Bild 3.6) sind hochübersetzende ( 320i ≤ pro Stufe) Getriebe in sehr kompakter Bauweise. Der Gesamtwirkungsgrad liegt bei 80% ... 90%. Das Getriebe ist nahezu spielfrei, benötigt al-lerdings ein flexibles inneres Rad (Flexspline) und ist deshalb sehr teuer. Einsatz ausschließlich in der "High-End"-Servotechnik.
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Bild 3.7: Getriebe der Firma Danfoss-Bauer, Esslingen: links: Stirn-Kegel-Stirnrad, rechts: Stirnrad-Schnecke
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Tabelle 3.4: Typische Daten von Kleingetrieben in der Feinwerktechnik.
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3.2.2 Rotations-Translations-Umformer Wenn lineare (translatorische) Bewegungen mit Hilfe von rotierenden Aktoren (z. B. Elektromotor) erzeugt werden sollen, sind entsprechende Rotations-Translations-Umformer notwendig. Dies kann im einfachen Fall die Seilscheibe einer Förderanlage (Treibscheibe eines Fahrstuhls Bild 3.8) oder das Rad einer Elektrolok auf der Schiene sein.
Bild 3.8: Prinzip eines Aufzugantriebs mit rotierendem Elektromotor, Rotations-Rotations-Umformer (Winde) Rotations-Translations-Umformer (Treibscheibe)
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In der Automatisierungstechnik kommen wegen der kürzeren Wege entweder Zahnstangen (Bild 3.9) oder Schraubengetriebe in Gleit- und Wälzausführung (Bild 3.10) zum Einsatz. Der Wirkungsgrad der Zahnstange und der Wälzschraubengetriebe (Kugelgewindetrieb) liegt bei 90% ... 95%. Das Gleit-schraubengetriebe erreicht wegen der hohen Reibung jedoch nur maximal 45%.
Bild 3.9: Prinzip einer Zahnstange
Bild 3.10: Aufbau eines Wälzschraubengetriebes /
Kugelgewindetriebes
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3.2.3 Kupplungen Kupplungen dienen dem Verbinden von Wellen zur Übertragung von Drehbewegungen und Drehmomen-ten, sind also im Allgemeinen zwischen Motoren und Getrieben, sowie zwischen Getrieben und Antriebs-maschinen erforderlich. Kupplungen werden unterschieden hinsichtlich
• der Zeitdauer der Verbindung, ständig (Dauerkupplungen) oder zeitweilig (Schaltkupplungen) • der Lage der verbindenden Wellen zueinander, exakt und konstant (feste Kupplungen) oder mit axia-
lem oder radialem Lage-, bzw. Winkelausgleich (Ausgleichskupplungen), • der Art der Drehmomentübertragung, Kraft und Formpaarung, • der Art der Betätigung, fremdbetätigt (schaltbare Kupplungen oder selbsttätig (selbstschaltende
Kupplung) In Bild 3.11, Bild 3.12 und Bild 3.13 sind typische Ausführungen von festen Kupplungen dargestellt.
Bild 3.11: Feste Kupplungen: Hülsenkupplungen, a) Hülse mit Schrauben; b) Hülse aufgepresst; c) ge-schlitzte Hülse mit Klemmringen; d) elastische Hülse; e) geschlitzte Hülse mit federnden Lappen; f) unter-schiedlich dicke Wellenenden; g) und h) unmittelbare Wellenverbindung.
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Bild 3.12: Feste Kupplungen: Schalenkupplungen; a) Prinzip; b) für höhere Anforderungen; c) und d) stark vereinfachte Ausführungen.
Bild 3.13: Feste Kupplungen: Scheibenkupplungen für kleine Drehmomente; a) mit Zentrierung; ohne Zent-rierung; c) ohne Schraubenverbindungen.
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Ausgleichskupplungen können in sehr einfachen Anwendungen z. B. Gummi- oder Kunststoffschläuche, bzw. eine Spiralfedern sein. Je nach Ausführung gleichen sie Axialspiel (Bild 3.14, Bild 3.15, Bild 3.16), Radialspiel (Bild 3.17, Bild 3.18) oder Winkelspiel (Bild 3.19, Bild 3.20, Bild 3.21) der zu verbindenden Wel-len aus.
Bild 3.14: Ausgleichskupplungen: Hülsenkupplungen mit axialem Ausgleich und mittelbarer Wellenverbin-dung; a) Formschluss durch Querstifte und Hülse; b) Welle direkt als Hülse; c) Scheibe in geschlitzten Wellenenden.
Bild 3.15: Ausgleichskupplungen: Hülsenkupplungen mit axialem Ausgleich und unmittelbarer Wellenver-bindung; a) mit Hülse zu axialen Führung; b) Welle direkt als Hülse; c) ohne axiale Führung.
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Bild 3.16: Ausgleichskupplungen: Scheibenkupplungen mit axialem Ausgleich; a) mit einem Mitnehmerbol-zen; b) mit mehreren Mitnehmerbolzen; c) gefederter Mitnehmerbolzen.
Bild 3.17: Ausgleichskupplungen: Mitnehmerkupplungen; a) spielbehaftet; b) spielfrei.
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Bild 3.18: Ausgleichskupplungen: Kreuzschlitz- bzw. Kreuzscheibenkupplungen; a) mit Führungsleisten (Kreuzscheibe); b) Mit Klauen (Kreuzschlitz); 1,2: Endscheiben; 3: Zwischenscheibe; 4,5: Gleitscheibe. Winkelbewegliche Kupplungen dienen zur Bewegungsübertragung zwischen Wellen, die um den Winkel α zueinander geneigt sind. Die Bewegungsübertragung kann durch elastische Glieder (Bild 3.19, Bild 3.20) oder durch Gelenke (Bild 3.21) erfolgen.
Bild 3.19: Winkelbe-wegliche Kupplung: Faltenbalgkupplung.
Bild 3.20: Winkelbewegliche Kupplung: Fe-dergelenkkupplung; 1: Federring.
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Bild 3.21: Winkelbewegliche Kupplungen: Kreuzgelenkkupplungen; a) mit zylindrischem Mittelteil 1; b) mit Koppelring 2. Schaltbare Kupplung sind dann erforderlich, wenn aus funktionellen Gründen, unabhängig vom momenta-nen Betriebsverhalten, ein Schließen oder Öffnen der Wellenverbindung ermöglicht werden muss. Das Be-tätigen der Kupplung erfolgt dabei im Allgemeinen durch ein von außen gesteuertes Verschieben einer Kupplungshälfte. Ihr Aufbau kann prinzipiell aus allen bisher dargestellten Dauerkupplungen abgeleitet werden.
Bild 3.22: Selbstschaltende Kupp-lungen: Drehmomentanhängige Kupplungen; a) Einscheibenreib-kupplung; b) Kugelrastkupplung.
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Bei selbstschaltenden Kupplungen erfolgt das Auslösen des Schaltvorgangs in Abhängigkeit von den mo-mentanen Betriebsverhältnissen wie Drehmoment (Bild 3.22), Drehzahl (Bild 3.23), Drehrichtung (Bild 3.24, Bild 3.25) oder Drehwinkel.
Bild 3.23: Selbstschaltende Kupplungen: Drehzahl-abhängige Kupplungen; Fliehkraftkupplung.
Bild 3.24: Selbstschaltende Kupplungen: Drehrich-tungsabhängige Kupplungen; Schlingfederkupp-lung; 1: Antrieb; 2: Abtrieb; 3: Feder.
Bild 3.25: Selbstschaltende Kupplungen: Drehrichtungsabhängige Kupplungen; a) Formrichtgesperre, b) Reibrichtgesperre; 1: Antrieb; 2: Abtrieb.
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3.2.4 Bremsen Bremsen werden grundsätzlich nach zwei Ausführungen unterschieden:
• die Haltebremse, welche ausschließlich im Stillstand geschaltet wird und nur zum Halten einer Posi-tion eingesetzt werden kann. Sie ist im Wesentlichen verschleißfrei.
• Die Stoppbremse, welche zum aktiven Verzögern eingesetzt werden kann. Sie ist verschleißbehaftet. Eine typische Anordnung bei Elektromotoren ist die in Bild 3.26 dargestellte Federdruckbremse, die außen an das Motorlagerschild, im Lüftergehäuse angebracht ist.
Bild 3.26: Einscheiben-Federdruckbremse (Anbau) mit Handlüftung (Danfoss-Bauer, Esslingen).
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aschinen und Antriebe Prof. D
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Tabelle 3.5: Ausführungsformen der Konstruktionselemente "Reib-fläche, Bremskraft, Lüftkraft von Reibbremsen (Danfoss-Bauer, Esslingen).
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Große Verbreitung haben Scheibenbremsen, die mit einer Druckfeder gebremst und mit einem Gleich-strommagneten gelüftet werden (Bild 3.26). Die Bremswirkung ist also auch im Fall eines Stromausfalls gewährleistet, womit sie als Sicherheitsbremse im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften anerkannt wird. Die Bremse kann im Wechselstromkreis (Bild 3.27) oder im Gleichstromkreis (Bild 3.28) geschaltet wer-den. Die Gleichstromschaltung ist aufwendiger, ermöglicht aber sehr viel kürzere Schaltzeiten bis zum Einsetzen der Bremswirkung ( ≈Faktor 2!). Wechselstrommagnete werden ungern eingesetzt, da sie im eingeschalteten Zustand zum Brummen nei-gen (100Hz).
Bild 3.27: Beschaltung einer mit Gleichstrommagne-ten ausgestatteten Federdruckbremse (Spule zw. + und -), Schalten im Wechselstromkreis.
Bild 3.28: Beschaltung einer mit Gleichstrommagne-ten ausgestatteten Federdruckbremse (Spule zw. + und -), Schalten im Gleichstromkreis.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 29
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3.3 Kräfte und Drehmomente [2] 3.3.1 Widerstandskraft bzw. Widerstandsmoment Bei einer gleichförmigen Bewegung ( 0, 0a ε= = ) muss die antreibende Kraft F bzw. das antreibende Drehmoment M gleich der Widerstandskraft (Lastmoment) FW bzw. MW sein (Bild 3.29).
Bild 3.29: Zählpfeile für Kraft und Drehmoment, gleichförmi-ge Bewegung.
Das Lastmoment der Arbeitsmaschine wird positiv gezählt, wenn es dem Moment des Antriebsmotors ent-gegenwirkt (Verbraucherzählpfeilsystem). Für die Umrechnung des Widerstandsmoments der Arbeitsmaschine auf die Motorwelle muss die Energie-flussrichtung beachtet werden, wenn mechanische Kraftübertragungsglieder (rotatorisch - rotatorisch, translatorisch - rotatorisch, etc.) Verwendung finden.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 30
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Bild 3.30: Zählpfeile und Drehmomente für ein Zahnradge-triebe (ohne Schlupf) im Motorbetrieb
Ist WP die Leistung auf der Motorseite des Getriebes und WAP die Leistung auf der Seite der Arbeitsmaschine (Bild 3.30) und VP die Getriebeverlustleistung, so ergibt sich für den Energiefluss Motor ⇒ Arbeitsmaschine:
WAW WA V W
G
, bzw. PP P P Pη
= + = , (3.22)
Arbeitsmaschine ⇒ Motor W WA V W WA G, bzw. P P P P P η= − = . (3.23)
( Gη in beiden Energieflussrichtungen nähe-rungsweise gleich!)
Ist das Getriebe schlupfbehaftet, so ist auch bei der An- ( Wω ) und Abtriebsdrehzahl ( WAω ) die Energie-flussrichtung zu berücksichtigen: Energieflussrichtung Motor ⇒ Arbeitsmaschine
W WA (1 )is
ω ω=−
, (3.24)
Energieflussrichtung Arbeitsmaschine ⇒ Motor W WA (1 )i sω ω= − . (3.25)
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 31
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Setzt man mit der bekannten Gleichung P Mω= die Winkelgeschwindigkeiten in (3.22), bzw. (3.23) ein, so lassen sich letztendlich für die Drehmomente an An- ( WM ) und Abtriebsseite ( WAM ) folgende Gleichungen angeben: Energiefluss Motor ⇒ Arbeitsmaschine:
W WA WG G
WA
WA
1 11M si
M Mη η
ωω
⋅ = ⋅ −= , (3.26)
Energiefluss Arbeitsmaschine ⇒ Motor:
GW WA G WA
WA
W
11
M Mi
Ms
ωω
ηη= = ⋅−
. (3.27)
Bild 3.31: Berechnungsgrößen für Rota-tions-Translations-Umformer
Ebenfalls über die Leistungsbilanz können auch die Drehmo-ment/Kraftverhältnisse an Rotations-Translations-Umformer an-gegeben werden: Energiefluss rotatorisch ⇒ translatorisch:
W W WS
S
S
12
1M F F Dv sη ηω
= ⋅ = −⋅ , (3.28)
Energiefluss translatorisch ⇒ rotatorisch:
SS
SW W W 2 1
M F F Dvs
ηηω
= = ⋅−
, (3.29)
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 32
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3.3.2 Charakteristiken von Arbeitsmaschinen
Bild 3.32: Natürliche Kennlinien von Arbeitsmaschinen
Natürliche Kennlinien sind der Arbeitsmaschine immanent, d. h. eine Drehzahl- oder Drehmomentänderung an der Arbeitsmaschine kann nur auf der zugehörigen Kennlinie er-folgen. Die antreibende Ma-schine gibt im stationären Zu-stand exakt das Moment ab, was die Arbeitsmaschine ent-sprechend ihrer Kennlinie be-nötigt!
• Bild 3.32a: Reib- und Hubmomente (MW = konst.): 1: Ventile, 2: spanabhebende Werkzeugmaschinen, 3:Fahrzeuge mit niedrigen Geschwindigkeiten, 4: Kolbengebläse, 5: Hub- und Umlaufkolbenpumpen, 6: Aufzüge und Hebezeuge
• Bild 3.32b: Gas und Flüssigkeitsreibung ( 2W W~M ω ):
7: Kreiselpumpen (belastet), 8: Kreiselpumpen (entlastet), 9: Lüfter • Bild 3.32c: überlagerte Einflüsse
10: Extruder, 11: Kalander (Viskosereibung W W~M ω ), 12 Schiffspropeller, 13: Mühlen, 14: Papierma-schinen
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 33
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3.3.3 Beschleunigungskraft bzw. Beschleunigungsmoment Bei ungleichförmigen Bewegungen (a ≠ ≠0 0, bzw. ε ) gelten für die Augenblickswerte von Kraft f bzw. Drehmoment m allgemein die Beziehungen
bd dmmd 2 dv vft t
= + , (3.30)
bd dd 2 d
Jm Jt tω ω= + . (3.31)
mit m: translatorisch bewegte Masse in kg und J : Trägheitsmoment in kgm2 . In m und J sind alle beweg-ten Massen bzw. Trägheitsmomente von Motor, Arbeitsmaschine und den Übertragungsgliedern einzube-ziehen. In vielen Fällen ist die zeitliche Änderung der bewegten Massen oder Trägheitsmomente null bzw. sehr ge-ring:
bdm mdvf at
= = , (3.32)
bdd
m J Jtωε= = . (3.33)
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 34
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Eine translatorisch bewegte Masse m kann auf die Motorwelle als Trägheitsmoment umgerechnet werden (Bild 3.31):
2
W m vJω
= . (3.34)
Das Trägheitsmoment einer rotierenden Arbeitsmaschine JWA überträgt sich bei einem zwischengeschal-teten Getriebe mit
2
WAW WA
W
J J ωω
=
(3.35)
auf die Motorseite. Für das an der Motorwelle auftretende Beschleunigungs- oder Verzögerungsmoment ist wiederum die E-nergieflussrichtung maßgebend: Energiefluss Motor ⇒ Arbeitsmaschine:
2 2
b WA WAG G
WA
W
1 d 1 dd
1d
m J Jit tsω ωω
ωη η = =
−
, (3.36)
Energiefluss Arbeitsmaschine ⇒ Motor:
2 2
b WA G WA GWA
W
d dd d
1(1 )
m J Jt s ti
ωω
ω ωη η = =−
. (3.37)
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 35
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Energiefluss rotatorisch ⇒ translatorisch:
2
bS
2
S S
(1 )m d m dd 2 d
D svmt tω ω
η ηω = =
− , (3.38)
Energiefluss translatorisch ⇒ rotatorisch:
22
bS
S S 2(1d dm =md ) d
mt
Dvs t
ω ωη ηω
= −. (3.39)
Die Winkelgeschwindigkeit ω und das Beschleunigungsmoment bm sind auf die Motorwelle bezogen.
3.3.4 Trägheitsmoment Für das Trägheitsmoment einer drehenden Masse m mit den Masseteilchen dm, die sich auf dem Radius r drehen, gilt allgemein
2 dm
m
J r= ∫ . (3.40)
Da die Masse eines Drehkörpers proportional 2r ist, ergibt sich für das Trägheitsmoment eine Proportiona-lität von 4r ! In Tabelle 3.6 sind für einige homogene Körper (Schwungräder) Trägheitsmomente angegeben.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen
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Tabelle 3.6: Trägheitsmomente einiger homogener Körper
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 37
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Trägheitsmomente komplizierter Körper berechnet man heute meist direkt mit moderner CAD-Software, mit denen diese ohnehin gezeichnet werden! Messtechnisch wird bei großen Antrieben das Trägheitsmoment aus dem Auslaufversuch ermittelt (Bild 3.33). Bei bekanntem Reibungs- oder Widerstandsmoment MW ergibt sich das Trägheitsmoment aus
WtJ M ∆
∆ω= . (3.41)
Bild 3.33: Auslaufkurve eines Antriebs zur Messung des Trägheitsmoments
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 38
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Bild 3.34: Torsionspendel zur Be-stimmung des Trägheitsmoments
Bei Kleinantrieben wird der Rotor an einem Draht aufgehängt und durch Verdrehung zum Pendeln angeregt (Bild 3.34). Die gemessene Frequenz f wird mit der Pendelfrequenz f0 eines bekannten Trägheitsmoments J0 verglichen (an identischem Draht aufhängen!). Das gesuchte Trägheitsmoment ergibt sich zu
20
0fJ Jf
= . (3.42)
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 39
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3.3.5 Bewegungsgleichung Die Momentenbilanz eines Antriebssystems nach Bild 3.35 ist die fundamentale Beziehung zur Bestim-mung des Bewegungsablaufs. Sie wird auch Bewegungsgleichung genannt und muss für beliebige Zeit-punkte erfüllt sein. Sie lautet (Zählpfeile nach Bild 3.35):
W b 0m m m− − = (3.43) bzw.
Wd 0d
m m Jtω− − = (3.44)
wenn alle wirksamen Trägheitsmomente in J zusammengefasst und alle Größen auf die Winkelgeschwin-digkeit ω des Antriebsmotors bezogen sind (Bild 3.35).
Bild 3.35: Antriebssystem
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 40
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Für den Anlauf eines Antriebssystems muss gelten, dass das Antriebsdrehmoment m des Motors größer ist als das Widerstandsmoment Wm der Arbeitsmaschine. Aus der Bewegungsgleichung (3.44) folgt unmittelbar für die Anlaufzeit
W
AW0
dJtm m
ω ω
ω
ω=
=
=−∫ . (3.45)
Gleichung (3.45) gilt allgemein auch für dynamische Hochläufe. Erfolgt die Änderung der Drehzahl langsamer als die elektrischen und mechanischen Zeitkonstanten des Antriebssystems, so läuft die Maschine näherungsweise an seiner stationären Drehmoment-Drehzahlkennlinie hoch ("quasistationärer Hochlauf"). Die Anlaufzeit bzw. die Hochlaufkurve ω( )t kann in diesem Fall analytisch oder grafisch ermittelt werden (Bild 3.36).
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 41
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Bild 3.36: Grafische Ermittlung eines quasistationären Hochlaufs (Asynchronmaschine, siehe später) In den einzelnen Drehzahlintervallen ∆ ∆ 58,6U/min=0,977/sn nν = = berechnet sich mit Gleichung (3.45) die hierfür benötigte Anlaufzeit ∆tν im Zeitintervall ν zu
∆ ∆∆b b
2 nt J JM M
νν
ν ν
ω π= = .
Die gesamte Anlaufzeit ergibt sich dann aus der Summe aller Teilintervalle (Bild 3.36) zu ca. 2,75s. Die Anlaufzeit und das Beschleunigungsverhalten orientieren sich ausschließlich an dem zur Verfügung stehenden Beschleunigungsmoment und an der natürlichen Kennlinie der Arbeitsmaschine. Sind für den Prozess bestimmte Anlaufcharakteristiken notwendig, so ist im Allgemeinen eine aktive Regelung des An-triebs notwendig.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 42
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Das Antriebssystem wird solange beschleunigt, bis ein stabiler Arbeitspunkt erreicht ist.
Bild 3.37: Statische Stabilität,M : Motorkennlinie, WM : Lastkennlinie Für einen stabilen Arbeitspunkt muss gelten (Bild 3.37):
b W 0M M M= − = (3.46) und
Wd dd dM Mω ω
< . (3.47)
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 43
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3.3.6 Übung "Beschleunigungsmoment"
Zuckerzentrifuge
0
50
100
150
200
250
300
350
400
0 50 100 150 200 250 300 350
Zeit in s
Träg
heits
mom
ent i
n kg
m**
2
0
20
40
60
80
100
120
140
160
Win
kelg
esch
win
digk
eit i
n 1/
s
Winkelgeschwindigkeit
Trägheitsmoment
Für eine 500kg Zuckerzentrifuge ist der Bewegungsablauf mit ( )tω und ( )J t ge-geben, das Widerstandsmoment ist ge-genüber den Auftretenden Beschleuni-gungsmomenten zu vernachlässigen. Berechnen Sie den Verlauf des Be-schleunigungsmoments bm und tragen Sie es in das Diagramm ein.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 44
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3.4 Mechanische Antriebsleistung und Energie [2] 3.4.1 Widerstands- und Beschleunigungsleistung Von der Arbeitsmaschine wird für die Widerstandskraft bzw. das Widerstandsmoment die Leistung
W W W W, bzw. p f v p m ω= = (3.48) aufgenommen. Bei gleichförmiger Bewegung (stationärer Betrieb) beträgt die mechanische Leistung (siehe auch Ab-schnitt 2.2)
W W W W2P nM Mπ ω= = . (3.49) Eine Beschleunigungs- bzw. Verzögerungsleistung tritt bei Speicherung bzw. Rückgewinnung kinetischer Energie auf. Werden alle im System vorhandenen Massen und Trägheitsmomente auf die Motorwelle um-gerechnet, so gibt die Antriebsmaschine beim mechanischen Übergangsvorgang folgende Beschleuni-gungsleistung ab:
b b b bd dm , bzw. d dvp f v v p m Jt t
ωω ω= = = = , (3.50)
bzw. nimmt diese Leistung beim Bremsen auf. Während des Zeitintervalls t t2 1− wird vom Motor die mechanische Energie
( )2 2
1 1
W bd dt t
t t
W p t p p t= = +∫ ∫ (3.51)
umgesetzt.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 45
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3.4.2 Ein- und Mehrquadrantenantriebe Zur Analyse von Bewegungsvorgängen ist neben ihrer zeitlichen Abhängigkeit auch eine Kennzeichnung des Energieflusses notwendig (Zählpfeile). Es werden alle positiven Leistungen W W WP M ω= als Antriebs-leistungen definiert. Der Motor nimmt elektrische Leistung aus dem Netz auf und gibt diese nach Abzug der Verluste an die Arbeitsmaschine ab. Für Bremsvorgänge (negative Leistung) müssen demzufolge entweder das Widerstandsmoment MW oder die Winkelgeschwindigkeit Wω ihre Richtung ändern. Der Motor wird dann von der Arbeitsmaschine ange-trieben und nimmt die zugehörige mechanische Leistung auf.
Bild 3.38: Einteilung der Quadranten nach Energie- und Bewegungs-richtung
Die Verhältnisse vom Standpunkt der elektrischen Maschine aus veranschaulicht Bild 3.38. Man unterscheidet zwischen
• Einquadrantenantriebe (I): Antreiben in eine Drehrich-tung,
• Zweiquadrantenantriebe (I, II) : Antreiben und Bremsen für eine Drehrichtung,
• Vierquadrantenantriebe: An-treiben und Bremsen in be-liebigen Drehrichtungen.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen
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3.4.3 Leistungsbedarf von Arbeitsmaschinen In der Tabelle 3.7 sind Orientierungswerte für den Leistungsbedarf einiger Arbeitsmaschinen angegeben. Die Werte stützen sich auf die genannten geometrischen Parameter unter Zugrundelegung mittlerer Zerspanungs- und Verformungswerte. Sie sind nur für überschlägige Abschätzungen zu verwenden. Für eine genaue Antriebsauslegung kann z. B. auf [2] zurückgegriffen werden.
Tabelle 3.7: Überschlägiger Leistungsbedarf einiger Arbeitsmaschi-nen
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 47
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-200
-100
0
100
200
300
400
0 60 120 180 240 300 360
Zeit in s
Träg
heits
mom
ent i
n kg
m**
2W
ider
stan
dsm
omen
t in
Nm
-100
-50
0
50
100
150
200
Win
kelg
esch
win
digk
eit i
n 1/
sLe
istu
ng in
kW
J Mw ω
Pw Pb P
Beispiel: Für die Zuckerzentrifuge aus der Übung "Beschleunigungsmoment" war das Lastspiel (Winkelgeschwindigkeit und Trägheitsmoment) bekannt. Unter Anwendung der Gleichung (3.48) für die mechanische Leistung (Wider-standsleistung) Wp und (3.50) für die Beschleunigungsleistung bp wurde der Leistungsbedarf p des Antriebs ermittelt. Das Widerstandsmoment WM betrage konstant 120Nm.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 48
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3.4.4 Kinetische Energie Die in einem Antriebssystem gespeicherte kinetische Energie lässt sich über
2 2
1 1
b d dt
t
W p t Jω
ω
ω ω= =∫ ∫ (3.52)
bestimmen. Nach einem Hochlauf eines Antriebssystems auf die Winkelgeschwindigkeit ω ist im System also die Energie
2
2W J ω= (3.53)
gespeichert. Durch Bremsung bis zum Stillstand wird diese Energie wieder freigesetzt. Bei einigen Arbeitsmaschinen ergibt sich ein ungleichförmiger Geschwindigkeitsverlauf infolge des sich pe-riodisch mit der Zeit ändernden Widerstandsmoments mW (Bild 3.39).
Bild 3.39: Kurbelantrieb: a) Kräfte und Winkel, b) Tangentialkraftverlauf, c) Verlauf der Winkelgeschwindigkeit
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 49
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Unter Einführung des Ungleichförmigkeitsgrads
max min max minv vv
ω ωδω
− −= = (3.54)
mit den mittleren Geschwindigkeiten v bzw. ω kann z. B. die im Kurbeltrieb nach Bild 3.39 zwischen den Positionen 1 und 2 benötigte Energie bei Änderung der Geschwindigkeit zwischen max. und min. über
212W Jδω= (3.55)
berechnet werden.
Arbeitsmaschine δ Pumpe 1/30 Stanze 1/30 Papiermaschine 1/40 Mühle 1/50 Webstuhl 1/50 Spinnmaschine 1/80 Verdichter 1/80 Alle Maschinen >250kW 1/100 ... 1/250
Tabelle 3.8: Orientierungswerte für den Ungleichförmigkeitsgrad δ Die Werte für δ sind möglichst klein zu halten, da es insbesondere bei großen Antriebsleistungen zu unzu-lässigen Stromschwankungen im Versorgungsnetz kommen kann. Häufig werden zusätzliche Schwung-momente zur Reduzierung der Drehzahlschwankungen in das System integriert.
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 50
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3.4.5 Elastizität und Getriebespiel Ist die Elastizität innerhalb des Antriebssystems nur ungenügende gedämpft (Bild 3.40), so können nicht mehr alle Massen und Trägheitsmomente auf einen Körper zurückgerechnet werden. Es sind zur Be-schreibung solcher System sogenannte Mehrmassenmodelle notwendig.
Bild 3.40: Modell eines Zweimassen-Antriebssystems mit elastischer Welle Die Bewegungsgleichung für das Zweimassen-Antriebssystem nach Bild 3.40 lautet
WM W W
d d 0d d
m J m Jt tω ω− − − = , (3.56)
bzw.
2 2
WM W W2 2
d d 0d d
m J m Jt tα α− − − = . (3.57)
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 51
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Von der elastischen Welle mit der Federkonstanten C wird das Drehmoment üm übertragen: ü W( )m C α α= − . (3.58)
Eingesetzt in (3.57) erhält man für die Auslenkung α eine Dgl. 2. Ordnung mit der Eigenfrequenz
M W0
M W
J JCJ J
ω += . (3.59)
Schon geringste Anregungen in der Nähe der Eigenfrequenz (Resonanzfrequenz) können bei schwacher Dämpfung zu unkontrollierten Resonanzüberhöhungen und bei Nichtbeachtung zur Zerstörung der me-chanischen Übertragungsglieder führen. Ein Betrieb in der Nähe der Resonanz ist in jedem Fall zu ver-meiden! Schnell drehende Antriebssysteme werden häufig jenseits der Resonanz betrieben ("überkritischer Be-trieb"). Während des Hochlaufs werden also eine oder mehrere Resonanzdrehzahlen ("kritische Drehzah-len") durchlaufen. Hierauf ist bei der Dimensionierung der mechanischen Bauteile Rücksicht zu nehmen. Durch Getriebespiel (Bild 3.41) können die mechanischen Antriebselemente im Reversierbetrieb unzuläs-sig hoch belastet werden.
Bild 3.41: Beispiel für Ge-triebespiel
3. Analyse von Bewegungs- und Stellvorgängen Seite 52
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Bild 3.42: Signalflussplan für den mechanischen Teil des Antriebssystems nach Bild 3.41 unter Berück-sichtigung der Elastizität, der trockenen Reibung (Haftreibung), der geschwindigkeitsabhängigen Dämp-fung und des Getriebespiels. Elastizitäten, Getriebespiele, Haft- und Gleitreibung, etc. in Antriebssystemen können mit einfachen analy-tischen Formeln nicht beschrieben werden. Man bedient sich in solchen Fällen meist der aus der Regelungstechnik bekannten Beschreibung in soge-nannten Signalflussplänen (Bild 3.42), die dann mit den verfügbaren Simulationsprogrammen (z. B. Simu-link, Pspice, MatLab, etc. untersucht werden können. Das Hauptproblem ist hierbei nicht das Aufstellen und Simulieren des Signalflussplans, sondern die ge-naue Vorausberechnung der Parameter wie die Federkonstante, Reibung, Steifigkeiten, Dämpfungen, etc.