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Zusammenfassung Analysis Michael Gregorius 14. M¨ arz 2001 1

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Zusammenfassung Analysis

Michael Gregorius

14. Marz 2001

1

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Folgen und Grenzwert 3

2 Reihen 7

3 Das Vollst andigkeitsaxiom 8

4 Konvergenzkriterien f ¨ ur Reihen 11

5 Funktionen und Stetigkeit 15

6 Differenzierbarkeit 24

7 Integration 33

8 Differentation und Integration 38

9 Uneigentliche Integrale 42

10 Funktionenfolgen und -reihen 43

11 Potenzreihen 46

12 Taylor-Reihen 49

13 Die Exponentialreihe 52

14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens 57

15 Partialbruchzerlegung 63

2

1 Folgen und Grenzwert

1 Folgen und Grenzwert

� Was ist eine Folge?Eine Folge in einer MengeX ist eine Abbildunga : N! X. Statta(n) schreibt man

meistan und die ganze Folge bezeichnet man mit(an) bzw. (an)n2N. Dabei istfanjn2Ng die Menge der Elemente, die in der Folge auftreten. Beispiele:

1. an = c, fanjn2Ng= fcg2. an = (�1)n, fanjn2Ng= f�1;1g3. an = n

Dabei brauchtX nicht umbedingtRzu sein. MitX =R2 kann man z.B. die folgendenFolgen betrachten:

4. an =

�cosnϕsinnϕ

�mit ϕ > 0

5. an = rn

�cosnϕsinnϕ

�mit q> 0; r > 0

Unter einerFolge reeller Zahlen versteht man also eine AbbildungN�! R. Jedemn 2 N wird also eine reelle Zahlan zugeordnet. Die gesamte Folge(a0;a1;a2; : : :)wird auch mit(an)n2N bezeichnet. Istn0 eine beliebige nat¨urliche Zahl, dann heißtauch(an)n�n0 oder(an0;an0+1;an0+2; : : :) Folge.

� Wann heißt eine reelle Zahlenfolge konvergent?Eine reele Zahlenfolge ist konvergent, genau dann, wenn folgendes gilt:

9a2Rmit 8ε > 0 :9n0 2 N : (n> n0 ) jan�aj< ε)

a heißt Limesder Folge und man schreibt auch: limn!∞ an= a. Konvergiert(an) gegen0, so heißt die Folge Nullfolge. Konvergiert(an) nicht, so heißt die Folge divergent.

Die Aussage oben bedeutet praktisch, daß der Abstand zwischen den Folgegliedernund dem Limeswert, in Abh¨angigkeit von einem bestimmtenn beliebig klein wird.Oder anders gesagt: Ab einem bestimmtenn > n0 liegen alle Folgeglieder in einersogenannten Epsilon-Umgebung]a� ε;a+ ε[.

� Wann heißt eine Folge konvergent?Um diese Frage zu beantworten, m¨ussen wir erst betrachten, was ein metrischer Raumist. Ein metrischer Raum ist einX 6= /0 mit einer Metrikd : X�X!R, wobei folgendesgilt:

1. 8x;y2 X : d(x;y)� 0 mit d(x;y) = 0, x= y

2. 8x;y2 X : d(x;y) = d(y;x)

3. 8x;y;z2 X : d(x;y)+d(y;z)� d(x;z) (Dreiecksungleichung)

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1 Folgen und Grenzwert

Eine Folge(an) heißt konvergent, genau dann wenn:

9a2Rmit 8ε > 0 : 9n0 2N : (n> n0) d(an;a)< ε)

Beispiele fur Metriken: InR ist eine Metrik gegeben durchd(x;y) = jx� yj. Ebensoin C : d(z1;z2) = jz1�z2j=

p(a2�a1)2+(b2�b1)2 mit zk = ak+bk � i. Desweiteren

furRd;d� 2 die euklidische Metrik:

d(x;y) =

vuut d

∑k=1

(xk�yk)2

� Zeige, daß der Limes einer Folge eindeutig bestimmt ist!Angenommen eine Folge(an) hat zwei Grenzwertea;a0 mit a 6= a0. Die Folge kon-

vergiert gegen beide Grenzwerte also kann man eineε-Umgebung w¨ahlen, in der dannfast alle Glieder der Folge liegen. Wir w¨ahlenε = ja�a0j

2 . Es gilt nun:

1. Da limn!∞

an = a gibt es einN1 2N, so daß8n� N1 : jan�aj � ε gilt.

2. Da limn!∞

an = a0 gibt es einN2 2N, so daß8n� N2 : jan�a0j � ε gilt.

Nun setzen wirn = maxfN1;N2g. Fur diesesn liegen dann alle Glieder in derε-Umgebung. Daraus folgt jedoch mit Hilfe der Dreiecksungleichung:

ja�a0j= j(a�an)+(an�a0)j � jan�aj+ jan�a0j< 2ε = ja�a0j

Es folgt alsoja�a0j< ja�a0j. Ein Widerspruch, also mußa= a0 gelten.

� Wann heißt eine Folge beschr¨ankt?Eine Folge(an) heißt beschr¨ankt, wenn gilt:

9c : janj � c;8n2N

� Wann heißt eine Folge (streng) monoton?Eine Folge heißt (streng) monoton fallend, wenn gilt:

8n : an+1� an (an+1 < an)

Bei (streng) monoton steigenden Folgen ist es analog.

� Wann heißt eine Folge alternierend?Eine Folge heißt alternierend, wenn gilt:

8n : sgnan+1 = �sgnan

� Zeige, daß jede konvergente Folge beschr¨ankt ist!Sei(an) eine konvergente Folge mit limn!∞(an) = a. Dann existiert zuε = 1 einnε,

so daß8n> nε : d(an;a)< 1, d.h.fanjn> nεg � fxjd(x;a)< 1g. fxjd(x;a)< 1g ist

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1 Folgen und Grenzwert

beschrankt und es ist leicht einzusehen, daß eine endliche Anzahl von Folgegliedernauch in jedem Fall beschr¨ankt ist (durch das absolut maximale Element).

� Was gilt fur die Summe konvergenter Folgen?Sind (an) und(bn) konvergente Folgen mit limn!∞ an = a und limn!∞ bn = b, so ist

auch die Folge(cn)n2Nmit cn := an+bn konvergent und zwar gilt:

limn!∞

cn = a+b

Beweis:Der Beweis lauft ahnlich wie oben. Wir w¨ahlen ein beliebigesε > 0. Dannist auchε

2 > 0. Desweiteren gibt esN1;N2 2 N, so daßjan�aj < ε2 fur n� N1 bzw.

jbn�bj < ε2 fur n� N2. Wieder wahlen wirN = maxfN1;N2g. Es gilt dann fur alle

n� N:

j(an+bn)� (a+b)j � jan�aj+ jbn�bj< ε2+

ε2= ε

Beispiel: Gegeben seian =n+1

n = nn +

1n. Dann gilt:

limn!∞

n+1n

= limn!∞

nn+ lim

n!∞

1n= 1+0= 1

� Was gilt fur das Produkt zweier konvergenter Folgen?Sind(an) und(bn) zwei konvergente Folgen mit den Grenzwertena undb, so ist auchdie Folge(anbn)n2N konvergent und zwar gilt:

limn!∞

anbn = ( limn!∞

an)( limn!∞

bn) = ab

Beweis:Wie wir schon gesehen haben, ist jede konvergente Folge beschr¨ankt: Dahergibt es einK > 0, so daßjanj � K fur allen. Desweiteren k¨onnen wir annehmen, daßjbj< K gilt. Die Folgen(an) und(bn) sind konvergent, daher k¨onnen wir annehmen,daß es f¨ur jedesε > 0 zwei ZahlenN1;N2 2 N gibt, so daß

jan�aj< ε2K

fur n� N1 bzw. jbn�bj< ε2K

fur n� N2

Auch hier wahlen wirN = maxfN1;N2g. Dann gilt fur allen� N:

janbn�abj = jan(bn�b)+(an�a)bj� janjjbn�bj+ jan�ajjbj< K � ε

2K+

ε2K

�K

= K � 2ε2K

= ε

Demnach konvergiert auch(λan)n2N gegenλa, wenn limn!∞ an = a gilt. In diesemFalle wahlt man(bn) mit bn = λ.

� Was gilt fur die Differenz zweier konvergenter Folgen?Sind(an)n2N und(bn)n2N konvergente Folgen, so ist auch(an�bn)n2N eine konver-

gente Folge und es gilt:

limn!∞

(an�bn) = limn!∞

an� limn!∞

bn

5

1 Folgen und Grenzwert

Dies folgt aus den S¨atzenuber die Summe und das Produkt zweier konvergenter Fol-gen, daan�bn = an+(�1)bn.

� Was gilt fur den Quotienten zweier konvergenter Folgen?Sind(an) und(bn) konvergente Folgen mit liman = a und limbn = b 6= 0, so gilt fur�

anbn

�n�n0

mit bn 6= 0 fur n� n0:

limn!∞

�an

bn

�=

limn!∞

an

limn!∞

bn

Beweis:Zu zeigen ist nur der Spezialfall, daß(an) die konstante Folge mitan = 1 ist,da gilt:

an

bn= an � 1

bn

Dab 6= 0 gibt es einn0 2 N, so daß

jbn�bj< jbj2

fur allen� n0:

Daraus folgtjbnj � jbj2 , insbesonderebn 6= 0 fur allen� n0. Zu einem vorgegebenenε

gibt es dann einN1 2N, so daß

jbn�bj< εjbj22

fur allen� N1

. Dann gilt fur allen� N := maxfn0;N1g:���� 1bn� 1

b

����=����b�bn

bnb

����= 1jbnjjbj � jbn�bj< 2

jbj2 �εjbj2

2= ε

� Wann heißt eine Folge bestimmt divergent?Eine Folge(an)n2N heißtbestimmt divergentgegen+∞ bzw. �∞, wenn es zu jedemK 2Rein N 2 N gibt, so daßan > K bzw. an < K fur allen� N. Eine solche Folgewird auchuneigentlich konvergentgenannt. Schreibweise:

limn!∞

an = ∞ bzw. limn!∞

an =�∞

6

2 Reihen

2 Reihen

� Was ist eine Reihe?EineReiheist eine Folge spezieller Bauart. Sei(an)n2N eine Folge. Die Folge der

Partialsummen sn := ∑nk=0ak heißt dann (unendliche) Reihe und wird mit∑∞

k=0ak be-zeichnet.

Konvergiert die Folge(sn)n2N, so wird ihr Grenzwert ebenfalls mit∑∞k=0ak be-

zeichnet. Also ist∑∞k=0ak zum einen die Folge(∑n

k=0ak)n2N der Partialsummen, alsauch der Grenzwert limn!∞ ∑n

k=0ak. Es gilt:∞

∑k=0

ak konvergiert (divergiert), (sn)n2N konvergiert (divergiert)

Eine Reihe konvergiert also, wenn die Folge der Partialsummen konvergiert.

� Was ist die geometrische Reihe?Die geometrische Reiheist gegeben durch

∑k=0

qk

und konvergiert f¨ur jqj< 1 gegen 11�q und divergiert fur jqj> 1.

Beweis:Fur q 6= 1 ist die Partialsumme explizit angebbar:n

∑k=0

qk = q0+q1+q2+ � � �+qn =qn+1�1

q�1=

1�qn+1

1�q

Es gilt nun limn!∞ qn+1 = ∞ fur jqj> 1 und limn!∞ qn+1 = 0 fur jqj< 1. Also auch:

limn!∞

1�qn+1

1�q=

11�q

fur jqj< 1

� Was gilt fur die Summe bzw. Differenz zweier konvergenter Reihen?

Sind∑∞k=0ak und∑∞

k=0bk zwei konvergente Reihen, so sind auch∞∑

k=0(ak�bk), sowie

∑∞k=0(λak) konvergent und es gilt:

∞∑

k=0(ak�bk) =

∞∑

k=0ak�

∞∑

k=0bk

∞∑

k=0(λak) = λ

∞∑

k=0ak

Beweis:Es seicn := ∑nk=0ak unddn := ∑n

k=0bk jeweils dien-ten Partialsummen. Danngilt f ur die Partialsumme∑n

k=0(ak+bk):n

∑k=0

(ak+bk) =n

∑k=0

ak+n

∑k=0

bk = cn+dn

Da der Grenzwert der Reihe der Grenzwert der Folge der Partialsummen ist, gilt:∞

∑k=0

(ak+bk) = limn!∞

(cn+dn) = limn!∞

cn+ limn!∞

dn

Entsprechend beweist man die beiden anderen Formeln. F¨ur ein Beispiel mit periodi-schen Dezimalbr¨uchen, siehe Forster.

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3 Das Vollstandigkeitsaxiom

3 Das Vollst andigkeitsaxiom

� Wann heißt eine Folge Cauchy-Folge?Eine Folge(an)n2Nheißt Cauchy-Folge, wenn es zu jedemε > 0 eine nat¨urliche ZahlN gibt, so daß gilt:

jan�amj< ε fur allen;m� N

Mit anderen Worten: Der Abstand zwischen den Folgegliedern wird f¨ur genugendgroßen Index beliebig klein.

� Zeige, daß jede konvergente Folge reeller Zahlen eine Cauchy-Folge ist!Angenommen, die Folge(an)n2N konvergiert gegena. Dann gibt es zu vorgegebenenε einN 2 N, so daß

jan�aj< ε2:

Fur allen;m� N gilt dann:

jan�amj= j(an�a)� (am�a)j � jan�aj+ jam�aj< ε2+

ε2= ε

� Was besagt das Vollst¨andigkeitsaxiom?Das Vollstandigkeitsaxiom besagt, daß jede Cauchy-Folge inR konvergiert. Siehe

Forster!

� Was ist ein b-adischer Bruch?Fur eine Zahlb� 2 ist einb-adischer Bruch eine Reihe der Form:

�∞

∑n=�k

anb�n

Dabei giltk� 0 und 0� an < b. Ist die Basisb bekannt, dann kann man diese Reiheauch in folgender Form angeben:

�a�ka�k+1: : :a�1a0:a1a2a3a4a5 : : :

Implizit durfte diese Art der Reihendarstellungb-adischer Br¨uche jedem Leser bekanntsein. Im Alltag benutzt manb-adische Br¨uche zur Basisb= 10. D.h. die Zahl�23:463bedeutet:

�(2�101+3�100+4�10�1+6�10�2+3�10�3)

Es gilt nun, daß jederb-adische Bruch eine Cauchy-Folge ist und sich umgekehrt jedereelle Zahl in einenb-adischen Bruch entwickeln l¨aßt. Um ersteres zu beweisen, mußman zeigen, daß die Folge der Partialsummen einesb-adischen Bruches eine Cauchy-Folge bilden.

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3 Das Vollstandigkeitsaxiom

Wir definieren also eine Folge(xn)n��k mit xn = ∑nj=�kajb� j.

jxn�xmj =n

∑j=m+1

ajb� j �

n

∑j=m+1

(b�1)b� j

= (b�1)b�(m+1)n�(m+1)

∑j=0

b� j =(b�1)bm+1 � 1�bm�n

1�b�1

� (b�1)bm(b�1)

= b�m

Da limm!∞ b�m = 0 ist. Gibt es zu jedemε > 0 also einm2 N, so daßjb�m�0j< ε.Somit ist einb-adischer Bruch eine Cauchy-Folge.

� Was ist eine Teilfolge?Sei (an)n2N eine Folge undn0 < n1 < n2 < :: : eine Folge nat¨urlicher Zahlen. Dann

heißt die Folge(ank)k2N= (an0;an1;an2; : : :) Teilfolge der Folge(an)n2N.Es ist unmittelbar einsehbar, daß die Teilfolgen einer konvergenten Folge wieder

konvergent sind. Es gibt jedoch noch eine Aussage bez¨uglich nicht konvergenten Fol-gen:

� Zeige, daß jede beschr¨ankte Folge eine konvergente Teilfolge besitzt!Dies ist derSatz von Bolzano-Weierstraß. Da die Folge beschr¨ankt ist, liegen also

alle ihre Folgeglieder in einem IntervallI0 = [A;B]. Wir wollen nun eine konvergenteTeilfolge konstruieren. Als erstes Gliedan0 nehmen wir in jedem Falla0. Im Intervall[A;B] liegen unendlich viele Folgeglieder. Wir werden nun eine Folge von Intervallendefinieren, so daß folgendes gilt:

1. Jedes IntervallIk;k2N enthalt unendlich viele Glieder der Folge(an)n2N.

2. Ik � Ik�1 fur allek� 1.

3. diam(Ik) = 2�kdiam(I0).

Das IntervallIk+1 = [Ak+1;Bk+1] erhalt man dabei wie folgt aus dem IntervallIk =[Ak;Bk]: Halbiere das IntervallIk und nehme das Intervall alsIk+1, in dem unendlichviele Folgeglieder liegen. Dieses neue Intervall entspricht immer noch dem Punkten1-3, so daß man dieses Verfahren beliebig fortsetzen kann.

Als Elementank nehmen wir ein beliebiges Element aus dem IntervallIk. Es bleibtnur noch zu zeigen, daß die Folge(ank)k2N eine Cauchyfolge ist. Es sei einε vor-gegeben. Wir w¨ahlen nun einN, so daß gilt: diam(IN) < ε. Fur alle k; j < N giltnun:

ank � Ik � IN undanj � I j � IN

Also gilt doch:

jank�anj j � IN < ε

Mit anderen Worten: Da sich die Gr¨oße der Intervalle in jedem Schritt halbiert, kannihre Große beliebig klein werden. Alle Folgeglieder liegen ab einem bestimmten Punktin einem solchen Intervall, also kann ihr Abstand auch beliebig klein gemacht werden.

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3 Das Vollstandigkeitsaxiom

� Was ist ein Haufungspunkt?Eine Zahla heißt Haufungspunkt einer Folge(an)n2Nwenn es eine konvergente Teil-folge (ank)k2Nmit limk!∞ ank = a gibt. Es muß also eine Teilfolge geben, die gegenakonvergiert. Zum Beispiel besitzt die Folge((�1)n)n2N die Haufungspunkte�1 und1, da die Teilfolgen((�1)2k+1)k2Nund((�1)2k)k2N gegen�1 bzw. 1 konvergieren.

� Zeige, daß jede beschr¨ankte und monotone Folge konvergiert!Die Folge ist beschr¨ankt und besitzt somit nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß

eine konvergente Teilfolge(ank)k2N. Seia der Grenzwert dieser Teilfolge. Wir zeigennun, daß dann aufgrund der Monotonie auch die ganze Folge gegena konvergiert:Zumindest gibt es f¨ur die konvergente Teilfolge zu jedemε > 0 ein n 2 N, so daßalle Glieder der Teilfolge in derε-Umgebung liegen. Da die Folge monoton ist, folgtdaraus, daß dann auch alle anderen Folgeglieder in derε-Umgebung liegen m¨ussen,denn sie werden von den Gliedern der Teilfolge eingeschlossen:

ank < ai < ai+1 < � � �< ank+1

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4 Konvergenzkriterien f¨ur Reihen

4 Konvergenzkriterien f ¨ ur Reihen

� Was ist das allgemeine Cauchysche Konvergenzkriterium?Sei (an)n2N eine Folge reeller Zahlen. Die Reihe∑∞

n=0an konvergiert genau dann,wenn gilt:

8ε > 0 : 9N 2N :

�����n

∑k=m

ak

�����< ε fur allen�m� N

Beweis:Es seisp := ∑pk=0ak die p-te Partialsumme. Dann gilt:

sn�sm�1 =n

∑k=m

ak

Also ist die Folge der Partialsummen eine Cauchy-Folge und damit die Reihe konver-gent, da jede Cauchy-Folge inRkonvergiert.

� Was ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung f¨ur die Konver-genz einer Reihe?Die Reihe∑∞

n=0an konvergiert, wenn limn!∞ an = 0 gilt.Beweis:Die Reihe konvergiert, also gilt das allgemeine Cauchysche Konvergenzkrite-rium: �����

n

∑k=m

ak

�����< ε fur allen� m� N

Insbesondere gilt dann doch f¨ur m= n:

(jan�0j=)janj< ε fur allen� N

Also limn!∞ = 0. Jedoch gilt die Umkehrung hiervonnicht! Dies zeigt schon dasBeispiel∑∞

n=11n.

� Was besagt das Leibniz’sche Konvergenzkriterium?Es sei(an)n2N eine Folge lauter nicht-negativer Zahlen mit limn!∞ an = 0. Dann

konvergiert folgende Reihe:

∑n=0

(�1)nan

Beweis:Es ist zu zeigen, daß die Folge der Partialsummen eine monoton steigende,beschrankte Teilfolge und eine monoton fallende, beschr¨ankte Teilfolge enth¨alt und dieGrenzwerte dieser Teilfolgen identisch sind. Zuletzt zeigt man noch, daß die gesamteFolge gegen diesen Grenzwert konvergiert.

Die Partialsummesk sei gegeben durchsk =∑kn=0(�1)nan. Wir betrachten zun¨achst

die Folge der Partialsummen(s2k)k2N. Es gilt:

s2k+2�s2k =�a2k�1+a2k � 0

Daraus folgts2k+2� s2k und somit insgesamt:

s0 � s2� s4� �� � � s2k � s2k+2� : : :

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4 Konvergenzkriterien f¨ur Reihen

Nun betrachten wir die Folge der Partialsummen(sk+1)k2N. Hier gilt:

s2k+3�s2k+1 = a2k+2�a2k+3� 0

Hieraus wiederum folgts2k+3� s2k+1. Insgesamt:

s1� s3� �� � � s2k+1� s2k+3� : : :

Auss2k+1�s2k =�a2k+1� 0 folgt, daß ein Folgenglied, welches auf ein anderes folgt,hochstens genauso groß ist wie der Vorg¨anger.Die Folge(s2k)k2N ist also monoton fallend und beschr¨ankt. Also existiert

limk!∞

s2k = S:

Ebenso ist(s2k+1)k2Nmonoton steigend und beschr¨ankt. Denentsprechend existiert

limk!∞

s2k+1 = S0

Nun zeigen wir, daßS= S0 ist. Es gilt:

S�S0 = limk!∞

(s2k+1�s2k) = limk!∞

a2k+1 = 0

Es bleibt nur noch zu zeigen, daß die ganze Folge konvergiert. Seiε vorgegeben. DannexistierenN1;N2 2N, so daß

js2k�Sj < ε fur k� N1 undjs2k+1�Sj < ε fur k� N2

Jetzt setzen wirN := maxf2N1;2N2+1g und es gilt:

jsn�Sj < ε fur allen� N

� Gebe Beispiele f ¨ur Reihen, die nach dem Leibniz’schen Konvergenzkriteriumkonvergieren!

1.∞∑

n=1

(�1)n�1

n = ln2

2.∞∑

k=0

(�1)k

2k+1 = π4

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4 Konvergenzkriterien f¨ur Reihen

� Wann heißt eine Reihe absolut konvergent?Eine Reihe∑∞

n=0an heißtabsolut konvergent, wenn wenn die Reihe∑∞n=0 janj konver-

giert. Jede absolut konvergente Reihe konvergiert auch im herk¨ommlichen Sinne.

� Zeige, daß eine absolut konvergente Reihe auch im gew¨ohnlichen Sinne kon-vergent ist!Die Reihe∑∞

n=0 janj sei konvergent, d.h.:

9n0 2 N : 8m;n� n0 :

�����n

∑k=m

jakj�����=

n

∑k=m

jakj< ε

Nach der verallgemeinerten Dreiecksungleichung gilt jedoch:�����n

∑k=m

ak

������n

∑k=m

jakj< ε

Jedoch konvergiertnicht jede konvergente Reihe absolut! Ein Beispiel ist die alternie-rende geometrische Reihe.

� Was ist das Majoranten-Kriterium?Es sei∑∞

n=0cn eine konvergente Reihe mitcn � 0 fur alle n 2 N. Desweiteren sei(an)n2Neine Folge f¨ur deren Gliederjanj � cn fur allen2N gilt. Dann konvergiert dieReihe∑∞

n=0ak absolut.Beweis:Die Reihe∑∞

n=0cn konvergiert, also konvergiert sie auch nach dem Cauchy-Kriterium und es gilt: �����

m

∑k=n

ak

������!

m

∑k=n

jakj �m

∑k=n

ck � ε fur allem;n� nε

� Was ist das Quotienten-Kriterium?Es sei∑∞

n=0an eine Reihe und desweiteren gelte 0< q< 1. Die Reihe∑∞n=0an kon-

vergiert absolut, wenn es einn0 2N gibt, so daß gilt:����an+1

an

����� q fur allen� n0

Desweiteren m¨ussen nat¨urlich allean 6= 0 sein, fur allen� n0.Beweis:Wir andern am Konvergenzverhalten der Reihe nichts, wenn wir endlich vieleGlieder abandern. Daher k¨onnen wir annehmen:����an+1

an

���� � q fur allen2 N

Dann ergibt sich per vollst¨andiger Induktion:

jan+1j � janj �q� jan�1j �q2� �� � � ja0j �qn+1

Allgemein alsojanj � ja0j �qn. Also ist ∑∞n=0 ja0j �qn fur 0< q< 1 eine konvergente

Majorante, da dies die geometrische Reihe ist. Damit konvergiert∑∞n=0 an absolut.

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4 Konvergenzkriterien f¨ur Reihen

� Was ist das Wurzelkriterium?Auch das Wurzelkriterium l¨auft auf eine konvergente Majorante hinaus. Es sei∑∞

n=0 an

eine Folge. Gibt es ein 0< q< 1 und einn0 2 N, so daß

npjanj � q fur allen� n0

dann konvergiert∑∞n=0an absolut.

Beweis: npjanj � q ist gleichbedeutend mitjanj � qn und damit ist die geometrische

Reihe wieder eine konvergente Majorante.

� Was weißt du zur Umordnung von Reihen?Seien∑∞

n=0an eine absolut konvergente Reihe mit Grenzwertc, dann konvergiert auchjede Umordnung von∑∞

n=0an gegenc.

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5 Funktionen und Stetigkeit

5 Funktionen und Stetigkeit

� Was ist eine Funktion?Sei D �R. Unter einer reellen Funktion versteht man eine Abbildungf : D �! R.

Dabei heißtD derDefinitionsbereich. DerGrapheiner Funktionf ist

Γ f = f(x;y)� D�Rjy= f (x)g:

Fur Beispiele siehe Forster.

� Was ist eine Polynomfunktion? Was eine rationale Funktion?Seiena0; : : : ;an 2R. Dann ist

x 7! anxn+ � � �+a2x2+a1x+a0

einePolynomfunktion.Sind p(n) undq(n) Polynome

p(n) = anxn+ � � �+a2x2+a1x+a0

q(n) = amxm+ � � �+a2x2+a1x+a0

undD := fx2Rjq(x) 6= 0g dann ist einerationale Funktion r= pq definiert durch

r : D�!Rmit r(x) =p(x)q(x)

� Was ist eine Treppenfunktion?Seiena< b reelle Zahlen. Dann wird die Funktion

ϕ : [a;b]�!R

mit a = t0 < t1 < � � �< tn�1 < tn = b undc1; : : : ;cn 2 Rmit ϕ(x) = ci fur x 2]ti�1; ti[(1� i � n) Treppenfunktiongenannt. Die Funktionswerteϕ(ti) in den Trennpunktenkonnen beliebig sein.

� Was sind rationale Operationen auf Funktionen?Seien f ;g : D�!RFunktionen undλ 2R.

1. ( f +g)(x) := f (x)+g(x)

2. (λ f )(x) := λ f (x)

3. ( f �g)(x) := f (x) �g(x)4. SeiD0 = fxjg(x) 6= 0g, dann auchf

g : D0 �!R:�fg

�=

f (x)g(x)

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5 Funktionen und Stetigkeit

� Was ist ein Beruhrpunkt?Sei D =]a;b[. Ein Punkta heißtBeruhrpunkt, wenn es eine Folge von Elementen

xn 2 D gibt, so daß gilt:

limn!∞

xn = a

Jeder Punkta2D ist logischerweise Ber¨uhrpunkt, da man die triviale Folgexn = a furallen2N wahlen kann.

� Welche Grenzwertbegriffe fur Funktionen kennst du?Sei f : D�!Runda2Rein Beruhrpunkt vonD.

1. limx!a

f (x) = c

Dies bedeutet, daß f¨ur jede Folge(xn)n2Nmit xn 2 D und limn!∞ xn = a gilt:

limn!∞

f (xn) = c:

2. limx%a

f (x) = c

Dies bedeutet, daß f¨ur jede Folge(xn)n2N mit xn 2 D und limn!∞ xn = a undxn < a fur allexn gilt:

limn!∞

f (xn) = c

3. limx&a

f (x) = c

Dies bedeutet, daß f¨ur jede Folge(xn)n2N mit xn 2 D und limn!∞ xn = a undxn > a fur allexn gilt:

limn!∞

f (xn) = c

� Wann heißt eine Funktion stetig?Sei f : D�!Runda ein Beruhrpunkt vonD. f heißt im Punkta stetig, wenn gilt:

limx!a

f (x) = f (a)

Eine Funktion heißt in ihrem Definitionsbereich stetig, wenn sie in jedem Punkta2 Dstetig ist.

� Welches andere Kriterium fur Stetigkeit kennst du?Dasε-δ-Kriterium. Eine Funktion heißt in einem Punkta stetig:

8ε > 0 : 9δ > 0 : jx�aj < δ ) j f (x)� f (a)j< ε

Umgangssprachlichkann man dies wie folgt formulieren: Zu jedemε-Schlauch] f (a)�ε; f (a)+ ε[ kann ich einenδ-Schlauch finden, so daß alle Elemente aus]a� δ;a+ δ[in diesemε-Schlauch liegen. Betrachten wir die Exponentialfuktion, die, wie wir nochsehen werden, in jedem Punkt stetig ist:

16

5 Funktionen und Stetigkeit

1

a

f(a)

Man kann sich den Nachweis der Stetigkeit auch wie ein Spiel vorstellen:

1. Der Gegner gibt uns den Punkt der nicht stetig sein soll und einε vor.

2. Wir wahlen einenδ-Schlauch, so daß alle Elemente desδ-Schlauchs in denε-Schlauch abbilden.

Dies funktioniert zum Beispiel nicht bei der Funktionf (x) = bxc. Sie sieht wie folgtaus:

1 2 3-1 0

-1

1

2

1. Unser Gegner behauptet, die Funktion sei im Punkt 1 unstetig (sie ist in jedemPunkta2Zunstetig) und gibtε = 1

2 vor.

2. Links von der 1 liegen keine Funktionswerte im Schlauch. Rechts davon zwarschon, aber derδ-Schlauch muß ja

”symmetrisch“ um 1 liegen. Also liegen nur

die Funktionswerte von]1�0;1+0[ im Schlauch, was jedoch ein Widerspruchzurε-δ-Bedingung ist, dieδ > 0 fordert. In unserem Fall istδ = 0.

� Wie kann man neue stetige Funktionen erzeugen?Sind f ;g : D�!Rzwei stetige Funktionen undλ 2R, so sind auch

1. f �g

2. λ � f

3. f �g4. f

g , wenng(x) 6= 0 fur allex2 D,

17

5 Funktionen und Stetigkeit

stetige Funktionen. Dies ergibt sich aus denGrenzwerts¨atzen fur Folgen. Wir beweisenes aber noch einmal exemplarisch f¨ur f +g:

f undg sind stetig, d.h. es gilt:

limx!a

f (x) = f (a) und limx!a

g(x) = g(a)

Also gilt doch insgesamt:

limx!a

( f +g)(x) = limx!a

f (x)+ limx!a

g(x) = f (a)+g(a) = ( f +g)(a)

� Zeige, daß die Komposition stetiger Funktionen wieder eine stetige Funktionergibt!Sei f : D�!Rundg : E �!Rstetige Funktionen undf (D)� E. Dann ist auch dieKomposition stetig:

� Was besagt der Nullstellensatz?Seia;b2R;a< b; I = [a;b] und f : I �!R eine stetige Funktion mitf (a)> 0 undf (b)< 0 (oder f (a)< 0; f (b)> 0), dann gibt es einen Punktc2 [a;b], so daß gilt:

f (c) = 0

a bc

f(x)

Hier gibt es zwei Beweism¨oglichkeiten, die jedoch beide auf das Vollst¨andigkeits-axiom zuruckgreifen. Wir setzenN := fxj f (x) � 0g und setzen weiterc := inf N.Dann ist f (x) > 0 in einem Intervall[a;d1];a < d1 und f (x) < 0 in einem Intervall[d2;b];d2 < b. Angenommen es geltef (c) < 0, dann istf (x) < 0 in einem Intervall[g1;c], welches links vonc liegt. Dann konntec jedoch nicht das Infimum vonN sein.Genauso kann man argumentieren, wennf (c)> 0 ware. Dann w¨are f (x)> 0 in einemIntervall [c;g2]. Da f (x) auch links vonc großer 0 ware, konntec wieder nicht dasInfimum vonN sein. Also mußf (c) = 0 gelten.

� Was besagt der Zwischenwertsatz?Der Zwischenwertsatz ist ein Korollar zum Nullstellensatz. Er besagt, daß wenna;b2R;a< b; I = [a;b] und f : I �! R gilt, die Funktion jeden Wert zwischenf (a) undf (b) annimmt. Sei etwaf (a) � q� f (b) (siehe Zeichnung). Dann gibt es also einc2 [a;b], fur das gilt:

f (c) = q

18

5 Funktionen und Stetigkeit

a b

q

g(x)

f(x)

c

Beweis:Wir setzeng(x) = f (x)�q. Dann gilt weiterhing(a)� 0 undg(b)� 0. Nachdem Nullstellensatz gibt es dann einc2 [a;b] mit g(c) = 0. Daraus folgt dann jedoch:

g(c) = f (c)�q= 0) f (c) = q

� Wann heißt eine Funktion beschrankt?Ist f : D �! R eine Funktion mitD 6= /0, dann heißtf beschrankt, wennf (D) eine

beschrankte Teilmenge vonR ist.

� Was besagt das Prinzip vom Maximum?Das Prinzip vom Maximum besagt: Ista;b2R;a< b; I = [a;b] und f : I �!Reinestetige Funktion, dann istf beschrankt und f (D) = [m;M], wobeim= inf f (D) undM = supf (D). Das Bild der Funktion ist also eine beschr¨ankte Teilmenge vonR, dieein Minimum und ein Maximum besitzt. Beweis:Zuerst setzen wir:

A :=

�supf (I), falls f (I) nach oben beschr¨ankt ist∞ sonst

Dann istA2Rund es gibt eine Folge(yn)n2Nmit yn 2 f (I) und limn!∞ yn = A. Nachdem Zwischenwertsatz gibt es zu jedemyn ein entsprechendesxn mit f (xn) = yn. Furdiesexn gilt: a� xn � b. Die Folge der entsprechendenxn ist also beschr¨ankt undbesitzt nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß eine konvergente Teilfolge(xnk)k2N.Sei p der Grenzwert dieser konvergenten Teilfolge, alsop = limk!∞ xnk = p. Da f imPunktp stetig ist, gilt also:

limk!∞

f (xnk) = f (p):

Dann gilt insgesamt folgende Schlußkette:

A= limn!∞

yn = limn!∞

f (xn) = limk!∞

f (xnk) = f (p)

Insgesamt gilt alsoA= f (p)2 f (I). Also ist insbesondereA 6= ∞ und somitf (I) nachoben beschr¨ankt. Ergebnis:

M = A= supF(I) = f (p)

Analog argumentiert man beim Infimum.

� Wann heißt eine Funktion (streng) monoton steigend/fallend?Eine Funktion heißt

19

5 Funktionen und Stetigkeit

monoton wachsend , x� y) f (x)� f (y).

streng monoton wachsend , x< y) f (x)< f (y).

monoton fallend , x� y) f (x)� f (y).

streng monoton fallend , x< y) f (x)> f (y).

� Was besagt der Satz ¨uber die Umkehrfunktion?Der Satz ¨uber die Umkehrfunktion besagt: IstI � R ein nicht-entartetes Intervall

(besteht nicht nur aus einem Punkt, also[a;a]) und f : I �! R eine stetige, strengmonotone Funktion, so ist auch die Umkehrfunktionf�1 : I� �!Reine stetige, strengmonotone Funktion. Dabei istI� = f (I) ebenfalls ein Intervall.Beweis:Im folgenden gehen wir davon aus, daßf monoton steigend ist. Zuerst wirdgezeigt, daßI� ein Intervall ist: Wir setzen:

α :=

�inf I�, falls I� nach unten beschr¨ankt�∞ sonst.

β :=

�supI�, falls I� nach oben beschr¨ankt∞ sonst.

f(a)

y

f(b)

xa b

Seiy2Rmit α < y< β. Dann gibt esy1;y2 2 I� mit α� y1 < y< y2 � β. Nach demZwischenwertsatz gibt es dannx1;x2 2 I , fur die gilt:

f (x1) = y1 < y< y2 = f (x2)

Dann gibt es wieder nach dem Zwischenwertsatz auch einx 2 [x1;x2] mit f (x) = y.Also isty2 I�. Damit istI� ein Intervall.

Die Monotonie der Umkehrabbildungg : I� �!Rergibt sich aus derAquivalenz

x< y, f (x)< f (y):

Es bleibt also nur noch die Stetigkeit zu beweisen:

� Zeige, daß eine stetige Funktion injektiv ist, genau dann wenn sie streng mono-ton ist.Sei f : I �!Reine stetige Funktion undI ein nicht entartetes Intervall. Zu zeigen istalso:

f injektiv , f streng monoton

Naturlich sind hier beide Richtungen zu zeigen:

20

5 Funktionen und Stetigkeit

”(“: Ist trivial. Wenn f streng monoton ist, giltx< y) f (x) < f (y) bzw. x> y)

f (x)> f (y). Damit bilden verschiedenex auf verschiedenef (x) ab.

”)“: Wir gehen also davon aus, daßf injektiv ist, d.h. x 6= y) f (x) 6= f (y). Wir

setzen:

α :=

�inf I , falls I nach unten beschr¨ankt�∞ sonst.

β :=

�supI , falls I nach oben beschr¨ankt∞ sonst.

Dann gilt fur einen Punktu2 I entweder

Typ 1: f (x)< f (u) fur allex< y und f (x)> f (u) fur allex> u.

Typ 2: f (x)> f (u) fur allex< y und f (x)< f (u) fur allex> u.

u

f(u)

Typ 1:

Denn fur u> α istfxjx< ug ein Intervall, auf dem die stetige Funktion den Wertf (u) nicht annimmt (wegen der Injektivit¨at) und daher nach dem Zwischenwert-satz entweder nur Funktionswerte< f (u) oder> f (u) besitzt. Im Falleu< βgilt dasselbe f¨ur fxjx> ug.Desweiteren kann es nicht sein, daßfx 2 I jx < ug und fx 2 I jx > ug beidegleichzeitig nur Funktionswerte< f (u) oder> f (u) besitzen:

u

f(u)

Denn dann k¨onnte mana;b2 I mit a< u< b fixieren und aus dem Zwischen-wertsatz w¨urde folgen, daß die Funktionf alle Werte zwischen[ f (a); f (u)]bzw.[ f (b); f (u)] annehmen w¨urde. Dann g¨abe es zu einigen Funktionswerten Ele-mente, die beide auf denselben Funktionswert abbilden. Dies w¨are jedoch einWiderspruch zur Injektivit¨at.

Also sind alle Punkteu 2 I entweder vom Typ 1 oder vom Typ 2 und damitstreng monoton.

21

5 Funktionen und Stetigkeit

� Wie ist der Logarithmus definiert?Die Exponentialfunktion exp :R�!R�

+ ist stetig und streng monoton. Also existierteine ebenfalls stetige und streng monotone Umkehrfunktion

ln = exp�1 :R�+�!R

dienaturlicher Logarithmusgenannt wird. F¨ur sie gilt die Funktionalgleichung:

ln(x�y) = lnx+ lny

� Beweise die Funktionalgleichung des nat¨urlichen Logarithmus!Die Funktionalgleichung des nat¨urlichen Logarithmus ergibt sich aus der Funktional-gleichung der Exponentialfunktion:

exp(lnx+ lny) = exp(lnx) �exp(lny) = x�y

Wenn man diese Gleichung noch einmal logarithmiert, ergibt sich:

lnx+ lny= ln(x�y)

-2.5

-2

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

2.5

0 2 4 6 8 10

log(x)

� Wie sind allgemeine Potenzen definiert?Die allgemeine Potenz zur Basisa ist wie folgt definiert:

ar = er �lna fur a2R�+; r 2Q

� Beweise die Formel f ¨ur die allgemeine Potenzen!Dies gehtuber einen Induktonsbeweis nachr (zuerst nurr 2N):

Induktionsanfang: Fur r = 0 gilt: a0 = 1= e0 = e0�lna.

Induktionsannahme: Fur r 2N geltear = er �lna.

Induktionsschluß: Dann gilt wegena2R�+ :

ar+1 = ar �a= er �lna �elna = er �lna+a = e(r+1)�lna

22

5 Funktionen und Stetigkeit

Damit haben wir die Gleichung f¨ur r 2 N bewiesen. Jetzt weiten wir den Beweis aufdie ganzen Zahlen aus. Es sei�r 2 N, alsor 2Z; r � 0. Dann gilt:

ar = (a�1)�r = e�r �lna�1

Betrachten wir lna�1. Aus der Funktionalgleichung folgt:

lna+ lna�1 = ln(a�a�1) = ln1= 0

Also ist doch lna�1 das inverse Element bez¨uglich der Addition von lna. Damitlna�1 =� lna. Dieses Ergebnis setzen wir oben ein:

ar = (a�1)�r = e�r �lna�1= e�r �(� lna) = er �lna

23

6 Differenzierbarkeit

6 Differenzierbarkeit

� Wann heißt eine Funktion in einem Punkt diffenzierbar?Eine Funktionf : D�!R;D�Rheißt in einem Punktx0 2 D differenzierbar, wennder

limx!x0;x2Dnfx0g

f (x)� f (x0)

x�x0:= f 0(x0)

existiert. Der Grenzwertf 0(x0) heißtDifferentialquotientoder dieAbleitungvon fim Punktx0. Eine Funktion ist differenzierbar inD, wenn sie in jedem Punktx 2 Ddifferenzierbar ist.

In dieser Definition k¨onnen wir auchh= x�x0 setzen und erhalten dann:

f 0(x0) := limh!0;x0+h2Dnfx0g

f (x0+h)� f (x0)

h

� Was ist die Differenzenquotientenfunktion?Die Differenzenquotientenfunktion einer Funktionf an der Stellex0 ist definiert als:

g : Dnfx0g �!Rmit g(x) :=f (x)� f (x0)

x�x0

Daß eine Funktion in einem Punktx0 diffenzierbar ist, ist dann gleichbedeutend da-mit, daß man die Funktiong, die an der Stellex0 nicht definiert ist, zu einer stetigenFunktiong erganzen kann und zwar durch:

g(x) :=

(g(x) = f (x)� f (x0)

x�x0fur x 6= x0

f 0(x0) fur x= x0

� Welche Differentiationsregeln kennst du?

1. Summenregel

2. Produktregel

3. Kettenregel

4. Quotientenregel

5. Umkehrregel

� Was besagt die Summenregel? Beweis?Die Summenregel besagt:

( f +g)0(x) = f 0(x)+g0(x)

24

6 Differenzierbarkeit

Wir benutzen die Definition der Differentiation:

limh!0;h6=0

( f +g)(x+h)� ( f +g)(x)h

= limh!0;h6=0

f (x+h)+g(x+h)� f (x)�g(x)h

= limh!0;h6=0

f (x+h)� f (x)h

+ limh!0;h6=0

g(x+h)�g(x)h

= f 0(x)+g0(x)

� Was besagt die Produktregel? Beweis?Die Produktregel lautet:

( f �g)0(x) = f (x)g0(x)+ f 0(x)g(x)

Sei(xn)n2N eine Folge mit limn!∞ xn = x undxn 2 Dnfxg fur allen2N:

limn!∞

( f �g)(xn)� ( f �g)(x)xn�x

= limn!∞

f (xn)g(xn)� f (x)g(x)xn�x

= limn!∞

f (xn)g(xn)� f (xn)g(x)+ f (xn)g(x)� f (x)g(x)xn�x

= limn!∞

f (xn)g(xn)�g(x)

xn�x+ lim

n!∞

f (xn)� f (x)xn�x

g(x)

= f (x)g0(x)+ f 0(x)g(x)

Speziell mitg(x) = λ folgt (λ � f )0(x) = λ � f 0(x).

� Was besagt die Kettenregel? Beweis?Es seiD;E�Rmit f : D�!Rundg : E�!R. Desweiteren geltef (D)�E. Ist f inx2D differenzierbar undg in y= f (x)2E, dann ist die Komposition(gÆ f ) : D�!R

in x differenzierbar und es gilt:

(gÆ f )0(x) = g0( f (x)) f 0(x)

Dieser Satz d¨urfte aus der Schule als”innere Ableitung mal ¨außere Ableitung“ bekannt

sein. Beispiel:

f (x) = ex2und f 0(x) = 2x�ex2

oderg(x) = (ex)2 undg0(x) = ex �2ex = 2e2x

Beweis:Wir definieren uns eine”neue“ Funktion, mit deren Hilfe wir die alte nachher

darstellen:

g1(z) =

(g(z)�g(y)

z�y fur z 6= yg0(y) fur z= y

Aufgrund der Differenzierbarkeit vong in y ist diese Funktion dann auch stetig, denn:

limz!y;z2Enfyg

g1(z) = g0(y) = g1(y)

25

6 Differenzierbarkeit

Stellen wir die obere Gleichung f¨ur g1 um, folgt:

g(z)�g(y) = g1(z)(z�y)

Betrachten wir nun

limu!x;u2Dnfxg

g( f (u))�g( f (x))u�x

= limu!x;u2Dnfxg

g1( f (u))( f (u)� f (x))u�x

= limu!x;u2Dnfxg

g1( f (u)) � limu!x;u2Dnfxg

f (u)� f (x)u�x

= g1( f (x)) � f 0(x)

= g0( f (x)) f 0(x)

Letzteres gilt wegenf (x) = y undg1(y) = g0(y).

� Was besagt die Quotientenregel?SeiD �Rund f ;g : D �!R in x differenzierbar mitg(u) 6= 0 fur alleu2 D. Dann

ist auch die Funktionfg : D�!Rdifferenzierbar und es gilt:�

fg

�0(x) =

f 0(x)g(x)� f (x)g0(x)g2(x)

Beweis:Zuerst drucken wir�

1g

�(x) durch eine Kettenregel aus:h : R� �! R mit

h(y) = 1y ist in jedem Punkty 2 D differenzierbar und es gilt:h0(y) = � 1

y2 . Dann ist�1g

�ausdruckbar als(hÆg)(x). Nach der Kettenregel gilt:

(hÆg)0(x) = h0(g(x))g0(x) =� 1g2(x)

�g0(x) = � g0(x)g2(x)�

fg

�0drucken wir nun mit der Produktregel aus:

�fg

�0= f 0(x)

�1g

�(x)+ f (x)

�1g

�0(x)

=f 0(x)g(x)

� f (x)g0(x)g2(x)

=f 0x)g(x)� f (x)g0(x)

g2(x)

� Was besagt die Umkehrregel? Beweis?Ist f : I �!Reine streng monotone, stetige Funktion, so existert die Umkehrfunktionf�1 : I� �!Rmit I� = f (I). Ist f im Punktx differenzierbar und istf 0(x) 6= 0, dannist auchf�1 im Punkty= f (x) differenzierbar und es gilt:

( f�1)0(y) =1

f 0(x)=

1f 0( f�1(y))

� Wann heißt eine Funktion k-mal (stetig) differenzierbar?SeiD�Rund f : D�!Rmit x2R.

26

6 Differenzierbarkeit

1. Wir setzenf (0)(x) = f (x).

2. Seik2N. Gibt es einε> 0, so daß die Funktionf (k�1) : D\]x�ε;x+ε[ definiertund inx differenzierbar ist, so setzen wirf (k)(x) := ( f (k�1))0(x) und nennenf (k)

diek-te Ableitungvon f in x. In diesem Fall istf k-mal differenzierbar inx. Istf k-mal differenzierbar undf (k) : D�!Rstetig, dann nennen wirf in D k-malstetig differenzierbar.

� Was ist ein lokales Extremum? Was gilt an Extrema?Seiena;b2R und f :]a;b[�!R eine Funktion. Dann hatf in x0 2]a;b[ ein lokales

Maximum (Minimum), wenn es einε > 0 gibt, so daßf (x)� f (x0) ( f (x)� f (x0)) ist,fur allex2]x0�ε;x0+ε[. Gilt das Gleichheitszeichen nur f¨ur x= x0, dann heißtx0 einstrengesbzw. isoliertesMaximum (Minimum).

Ist x0 ein lokales Maximum bzw. Minimum, so heißtx0 ein lokales Extremum.

x0 x1

In der Grafik stelltx0 ein lokales Maximum undx1 ein lokales Minimum dar. F¨ur bei-de sindε-Umgebungen eingezeichnet, die die oben genannte Bedingung f¨ur Extremaerfullen.

Besitzt eine Funktionf :]a;b[�! R;a< b;a;b2 R ein Extremumx0 und ist indiesem differenzierbar, dann giltf 0(x0) = 0.Beweis:Wir zeigen die Aussage f¨ur ein lokales Maximum:x0 ist ein lokales Maxi-mum, also gibt es einε > 0, so daß f¨ur alle x 2]x0� ε;x0 + ε[ f (x) � f (x0). Wirbetrachten nun zwei Folgen, die sich dem Maximumx0 einmal von links und einmalvon rechts n¨ahern:

1. Sei(xn)n2Neine Folge mit limn!∞ xn = x0 undxn < x0 fur allen2N. Dann giltdoch:

limn!∞

f (xn)� f (x0)

xn�x0� 0

Dies folgt ausf (xn)� f (x0)� 0 fur allen2N undxn�x0 � 0 fur allen2 N.

2. Sei(xn)n2Neine Folge mit limn!∞ xn = x0 undxn > x0 fur allen2N. Dann giltentsprechend:

limn!∞

f (xn)� f (x0)

xn�x0� 0

Dies folgt ausf (xn)� f (x0)� 0 fur allen2N undxn�x0 � 0 fur allen2 N.

27

6 Differenzierbarkeit

Da die Funktionf in x0 differenzierbar ist, folgt die Gleichheit der Grenzwerte unddamit f 0(x0) = 0.Es ist jedoch anzumerken, daßnichtgilt:

f 0(x) = 0, f besitzt ein Extremum beix

Ein Gegenbeispiel istf (x) = x3. Es gilt f (0)= f 0(0)= 0 jedoch ist 0 kein Extremum!

� Was besagt der Satz von Rolle und warum ist er so wichtig?Seia;b2R;a< b und f : [a;b]�!Reine stetige Funktion mitf (a) = f (b). Weitersei f im Intervall ]a;b[ differenzierbar. Dann gibt es einx0 2]a;b[ mit f 0(x0) = 0.Anschaulich sieht dies wie folgt aus:

a b

Beweis:Wir haben zwei F¨alle zu unterscheiden:

1. f ist eine konstante Funktion. Dann gilt8x 2]a;b[: f (x) = f (a) = f (b). Unddamit auchf 0(x) = 0 fur allex2]a;b[.

2. Es gibt einx1 2]a;b[ mit f (x1) > f (a) bzw. f (x1) < f (a). Damit ist das nachdem Prinzip vom Maximum existierende Maximum bzw. Minimumx0 alsovon a;b verschieden und liegt in]a;b[. Es gilt nach obigen Satz ¨uber Extremaf 0(x0) = 0.

Der Satz von Rolle ist so wichtig, weil er gebraucht wird, um den folgenden Satz(Mittelwertsatz) zu beweisen.

� Was besagt der Mittelwertsatz?Sei a;b2 R;a< b und f : [a;b]�! R eine stetige Funktion, die in jedemx 2]a;b[

differenzierbar ist. Dann gibt es einx0 2]a;b[ mit

f 0(x0) =f (b)� f (a)

b�a

a b

f(a)

f(b)

x0

Zu der Sekante durch die Punkte(a; f (a)) und (b; f (b)) gibt es also eine paralleleTangente, die die Steigung im Punktx0 ist.

28

6 Differenzierbarkeit

Beweis:Wir konstruieren uns eine HilfsfunktionF : [a;b]�!R, auf die wir denSatzvon Rolleanwenden k¨onnen, so daß die Behauptung folgt. Es sei

F(x) = f (x)� f (b)� f (a)b�a

� (x�a):

Zunachst einmal giltF(a) = F(b) = f (a), denn:

F(a) = f (a)� f (b)� f (a)b�a � (a�a) = f (a)� f (b)� f (a)

b�a �0= f (a)

F(b) = f (b)� f (b)� f (a)b�a � (b�a) = f (b)� f (b)+ f (a) = f (a)

Also gibt es einx0 2]a;b[ mit F 0(x0) = 0. Die Ableitung vonF(x) ist:

F 0(x) = f 0(x)� f (b)� f (a)b�a

Denn man kannF(x) auch schreiben als:

F(x) = f (x)� f (b)� f (a)b�a

�x+ f (b)� f (a)b�a

�a| {z }const:

Da es einx0 2]a;b[ gibt mit F 0(x0) = 0 folgt:

0= f 0(x0)� f (b)� f (a)b�a

, f 0(x0) =f (b)� f (a)

b�a

� Was besagt der erweiterte Mittelwertsatz?Seia;b2R;a< bund f ;g : [a;b]�!Rstetige Funktionen, die in[a;b]differenzierbarsind. Es gelteg0(x) 6= 0 fur allex2 [a;b]. Dann gibt es einx0 2 [a;b], so daß gilt:

f (b)� f (a)g(b)�g(a)

=f 0(x0)

g0(x0)

Beweis:Auch hier konstruieren wir uns wieder eine Hilfsfunktion. Jedoch ist es wich-tig, daßg(b) 6= g(a) ist, damit die Hilfsfunktion funktioniert. Dies ist jedoch der Fall,dag0(x) 6= 0 fur allex2 [a;b]. Denn wareg(a) = g(b) gabe es nach dem Mittelwertsatzeinx0 2 [a;b], so daß

g0(x0) =g(b)�g(a)

b�a=

g(b)�g(b)b�a

=0

b�a= 0:

Dies ist jedoch durch die Bedingung ausgeschlossen. Wir betrachten die Funktion

F(x) = f (x)� f (b)� f (a)g(b)�g(a)

� (g(x)�g(a)) :

Diese Funktion ist stetig und differenzierbar in[a;b]. Desweiteren gilt auch hierF(a) = F(b) = f (a). Also konnen wir auch hier wieder denSatz von Rolleanwenden,d.h. es gibt einx0 2 [a;b], so daßF 0(x0) = 0. Die Ableitung vonF(x) ist:

F 0(x) = f 0(x)� f (b)� f (a)g(b)�g(a)

�g0(x)

29

6 Differenzierbarkeit

Also fur F 0(x0) = 0: f 0(x0)g0(x0)

= f (b)� f (a)g(b)�g(a) . Dies ist jedoch die Behauptung.

� Zeige, daß eine Funktion konstant ist, wenn die Ableitung in allenx des Defini-tionsbereich Null ist.Wir zeigen also: Seia;b2 R;a< b und f : [a;b]�!R stetig und differenzierbar in[a;b] mit f 0(x) = 0 fur allex2 [a;b], dann istf (x) = c mit c2R.

Dazu mussen wir erst einen anderen Satz beweisen. Gibt esm;M 2 Rmit m�f 0(x)�M fur allex2 [a;b], dann gilt die Absch¨atzung:

m(y�x) � f (y)� f (x) �M(y�x) fur allex;y2 [a;b] mit x� y

Beweis:Wir wenden fur x 6= y (dieser Fall ist trival) den Mittelwertsatz an auf dasIntervall [x;y]. Dann gilt doch:

m� f (y)� f (x)y�x

� M

Denn man kann ja die einzelnenf 0(x) so absch¨atzen. Day�x> 0 ist konnen wir auchruhig in der Ungleichung damit multiplizieren:

m(y�x) � f (y)� f (x)� M(y�x)

In unserem Fall istm= M = 0 eine untere bzw. obere Schranke f¨ur die Steigung, alsofolgt:

0(y�x) � f (y)� f (x) � 0(y�x)

Und damit f (x) = f (y) fur allex2 [a;b], d.h. f (x) ist konstant.

� Was kann man mit Hilfe der ersten Ableitung uber das Monotonieverhalteneiner Funktion aussagen?Wie immer seia;b2R;a< b und f : [a;b]�!R stetig und differenzierbar in[a;b].Dann gilt:

1. f 0(x)� 0 fur allex2]a;b[, f ist monoton wachsend.

2. f 0(x)> 0 fur allex2]a;b[) f ist streng monoton wachsend.

3. f 0(x)� 0 fur allex2]a;b[, f ist monoton fallend.

4. f 0(x)< 0 fur allex2]a;b[) f ist streng monoton fallend.

Man beachte, daß hier in einigen F¨allen”,“ und in einigen nur

”)“ steht! Zum

Beispiel istf (x) = x3 streng monoton steigend, jedoch giltf 0(0) = 0. Also gilt nur dieeine Richtung bei strenger Monotonie.Beweis:

”)“: Wir zeigen hier nurf 0(x) > 0, die anderen F¨alle gehen analog. Wir betrachten

y;z2 [a;b] mit y< z. Dann konnen wir den Mittelwertsatz auf[y;z] anwenden,d.h. es gibt einx0 2 [y;z]� [a;b] mit

f (z)� f (y)z�y

= f 0(x0)> 0

Dann ist wegenz�y> 0 auchf (z)� f (y)> 0 also f (y)< f (z).

30

6 Differenzierbarkeit

”(“: Wir behandeln nur den Fall, daßf monoton wachsend ist. F¨ur allex;y2 [a;b]

mit x 6= y gilt dann f (x)� f (y)x�y � 0 und damit auch

limx!y;x2[a;b]nfyg

f (x)� f (y)x�y

� 0:

Also f 0(y)� 0 fur alley2 [a;b].

� Wann besitzt eine Funktion ein lokales Extremum?Seia;b2R;a< b und f : [a;b]�!Rstetig und in jedemx2]a;b[ differenzierbar. ImPunktx0 sei f zweimal differenzierbar. Giltf 0(x0) = 0 und f 00(x0)< 0 ( f 00(x0) > 0),so besitztf an der Stellex0 einstrenglokales Maximum (Minimum).

� Wann heißt eine Funktion konvex (konkav)?Sei I �Rein Intervall undf : I �!R. f heißt konvex, wenn gilt:

8a;b2 I ^8λ 2 [0;1] : f (λa+(1�λ)b)� λ f (a)+(1�λ) f (b)

Eine Funktionf heißt konkav, wenn� f konvex ist. Anschaulich bedeutet die Glei-chung, daß sich alle Funktionswerte im Intervall[a;b] unterhalb der Sekante durch diePunkte(a; f (a)) und(b; f (b)) befinden:

a b

f(a)

f(b)

Dabei istλa+(1�λ)b mit λ 2 [0;1] ein Punkt im Intervall[a;b], denn fur λ = 0 erhaltmanb und fur λ= 1 erhalt mana. Also ist f (λa+(1�λ)b) ein Funktionswert aus demIntervall[a;b]. Undλ f (a)+(1�λ) f (b) ist die Sekante durch die Punkte(a; f (a))und(b; f (b)).

� Welches andere Kriterium fur Konvexit at gibt es?Sei f : I �!Reine zweimal differenzierbare Funktion. Dann gilt:

f ist konvex, f 00(x)� 0 fur allex2 I

So ist zum Beispiel die Funktionf (x) = ex konvex, daf 00(x) = ex im ganzen Defini-tionsbereich positiv ist. Ebenso istf (x) = x2 konvex, daf 00(x) = 2 ist. Die Funktionf (x) = x3 hingegen ist im Bereich]�∞;0] konkav und im Bereich[0;∞[ konvex, daf 00(x) = 6x.

� Was ist das Newton-Verfahren und wie funktioniert es?Sei D �R und f : D �! R differenzierbar. Gesucht ist eine Nullstelle vonf in D.

Die Idee des Newton-Verfahrens ist es, die Funktion in einem Punktx0 2 D durch dieTangentet0(x) im Funktionswert dieses Punktes anzun¨ahern und die Nullstelle dieserTangente als neuen Punkt zur Ann¨aherung zu nehmen:

31

6 Differenzierbarkeit

x1x2 x0

t0(x)

t1(x)

f(x)

Die Tangentet0(x) im Punktx0 ist t0(x) = f 0(x0)(x� x0) + f (x0). Gesucht ist dieNullstelle dieser Tangente, also dasx fur welchest0(x) = 0 gilt. Dies findet man durchumstellen:

f 0(x0)(x�x0)+ f (x0) = 0

f 0(x0) �x� f 0(x0) �x0+ f (x0) = 0

f 0(x0) �x = f 0(x0) �x0� f (x0)

x =f 0(x0) �x0

f 0(x0)� f (x0)

f 0(x0)

x = x0� f (x0)

f 0(x0)

Es gilt also allgemein

xn+1 = xn� f (xn)

f 0(xn):

Wenn allexn definiert sind und die Folge(xn)n2N gegen einp 2 D konvergiert undwenn f in D stetig differenzierbar ist mitf 0(x) 6= 0 fur allex2 D, dann folgt:

p= p� f (p)f 0(p)

Dies ist jedoch gleichbedeutend mitf (p) = 0. Also istp eine Nullstelle vonf . Jedochmuß die Folge(xn)n2Nnicht konvergieren bzw. die einzelnenxn mussen schon garnichtdefiniert sein.

� In welchem Fall konvergiert das Newton-Verfahren? Zeige dies!Seia;b2R;a< b und f : [a;b]�!Reine in[a;b] zweimal differenzierbare konvexeFunktion mit f (a)< 0 und f (b)> 0. Dann gilt:

1. Es gibt genau eine Nullstellep2 [a;b] mit f (p) = 0.

2. Istx02 [a;b]ein Punkt mitf (x0)� 0 so ist die durchxn+1 = xn� f (xn)f 0(xn)

definierteFolge fur allen2N definiert, monoton fallend und konvergent.

Beweis:Wir zeigen beide Punkte:

1. f ist konvex, also giltf 00(x)� 0 fur allex2]a;b[. Also ist f 0 auf [a;b] monotonwachsend. Daf differenzierbar und damit auch in jedem Punkt des Definiti-onsbereich stetig ist, gibt es nach dem Prinzip vom Maximum einq2 [a;b] mitf (q) = inff f (x)jx 2 [a;b]g. Desweiteren istf (q) < 0 wegen f (a) < 0, dennsonst ware f (q) nicht das Infimum.

32

7 Integration

7 Integration

� Wie ist die Integralrechnung motiviert?Sei a;b 2 R;a< b und f : [a;b]�! R+ stetig. Dann soll

R ba f (x)dx der Inhalt der

Flache zwischen der Funktion und derx-Achse sein:

ba

Bei einfach gebauten Funktionen ist dann noch klar, wie man das Integral berechnet.Ist z.B. f (x) = c, so gilt

R ba f (x)dx= c� (b�a).

Auch bei Treppenfunktionen kann man das Integral noch leicht berechnen. Esgelte f : [a;b]�!Rmit a= t0 < t1 < � � �< tn = b und f (x) = ci fur x2]ti; ti�1[. Dannist das Integral definiert als:

bZ

a

f (x)dx=n

∑i=1

ci � (ti� ti�1)

Man nennt das(n+1)-Tupel(t0; : : :; tn) auch einePartition oderUnterteilungdes In-tervalls[a;b].

� Zeige, daß das Integral einer Treppenfunktion nicht von der Partition abhangt!

Es seiϕ 2 T[a;b] mit zwei verschiedenen Unterteilungen

Z : a= x0 < x1 < � � �< xn = bZ0 : a= t0 < t1 < � � �< tm= b

mit

ϕ(x) = ci fur x2]x�1;xi[ bzw. ϕ(x) = c0j fur x2]ti�1; ti[

Zur Abkurzung setzen wir:

Z

Z

ϕ =n

∑i=1

ci � (xi �xi�1) bzw.Z

Z0

ϕ =m

∑j=1

c0j � (t j � t j�1)

Zu zeigen ist alsoR

Z ϕ =R

Z0 ϕ. Wir unterscheiden zwei F¨alle:

1. Fall: Jeder Teilpunkt vonZ ist auch Teilpunkt vonZ0. Etwaxi = tki . Dann gilt

xi�1 = tki�1 < tki�1+1 < � � �< tki = xi

und

c0j = ci fur ki�1 < j � ki

33

7 Integration

Daraus folgt:

Z

Z0

ϕ =n

∑i=1

ki

∑j=ki�1

ci � (t j � t j�1) =n

∑i=1

ci � (xi�xi�1) =Z

Z

ϕ

2. Fall: Z undZ0 seien beliebig undZ� sei die Partition die alle Teilpunkte vonZ undZ0 enthalt. Dann gilt nach 1:

Z

Z

ϕ =Z

Z�

ϕ =Z

Z0

ϕ

� Zeige, daß die Menge der Treppenfunktionen einen Untervektorraum des Vek-torraumes aller reeller Funktionen bildet!Zu zeigen ist also: SeiT[a;b] die Menge aller Treppenfunktionen in[a;b] mit a;b2R;a< b. Dann gilt:

1. 02 T[a;b], wobei 0 :[a;b]�!Rmit 0(x) = 0 fur allex2 [a;b]

2. f ;g2 T[a;b]) f +g2 T[a;b]

3. f 2 T[a;b];λ2R) λ � f 2 T[a;b]

Beweis:

1. Ist klar.

2. Nur hier ist was zu zeigen. Wir haben zwei Funktionen mit zwei Partitionen. Zuf gibt es eine Partitiona= s0 < s1 < � � �< sm= b und zug gibt es eine Partitiona = t0 < t1 < � � �< tn = b und die beiden Funktionen sind jeweils konstant aufden Teilintervallen. Nun betrachten wir die Partitiona= u0 < u1 < � � �< uk = b,wobei gilt:

fu0;u1; : : :;ukg= fs0;s1; : : :;smg[ft0; t1; : : :; tng

Sowohl f als auchg sind auf den Teilintervallen]ui;ui�1[ fur i 2 f1; : : :;kg kon-stant, also ist auchf +g auf diesen Teilintervallen konstant. Alsof +g2T[a;b].

3. Ist klar.

� Zeige, daß das Integral ein lineares Funktional auf dem Vektorraus aller Trep-penfunktionen ist. Zeige, daß dieses Funktional monoton ist!Zu zeigen ist also: Seienf ;g2 T[a;b] undλ 2R. Dann gilt:

1.R b

a ( f +g)(x)dx=R b

a f (x)dx+R b

a g(x)dx.

2.R b

a (λ � f )(x)dx= λ �R ba f (x)dx.

3. f � g) R ba f (x)dx� R b

a g(x)dx

34

7 Integration

Dabei gilt f � g, 8x2 [a;b] : f (x)� g(x).Beweis:Wir konnen fur beide Funktionen jeweils eine Partitiona = t0 < t1 < � � � <tn = b finden, die alle Teilpunkte vonf undg enthalt. Dann folgt:

1. Z b

a( f +g)(x)dx =

n

∑i=1

(ci +di) � (ti� ti�1)

=n

∑i=1

ci � (ti� ti�1)+n

∑i=1

di � (ti� ti�1)

=Z b

af (x)dx+

Z b

ag(x)dx

2.R b

a λ f (x)dx= ∑ni=1(λ �ci) � (ti� ti�1) = λ �∑n

i=1 ci � (ti� ti�1) = λ �R ba f (x)dx

3. Ist einfach logisch.

� Wie ist das Oberintegral bzw. Unterintegral definiert?Es seia;b2R;a< b und f : [a;b]�!Reine beschr¨ankte Funktion. Dann definierenwir das

Oberintegral alsbRa

� f (x)dx := inffbRa

ϕ(x)dxjϕ 2 T[a;b] und f � ϕg und das

Unterintegral alsbRa� f (x)dx := supf

bRa

ϕ(x)dxjϕ 2 T[a;b] und f � ϕg.

� Wann heißt eine beschr¨ankte Funktion Riemann-integrierbar?Sei a;b 2 R;a< b und f : [a;b] �! R sei eine beschr¨ankte Funktion. Dann istf

(Riemann-)integrierbar, wenn gilt:

bZ

a

� f (x)dx=

bZ

a

� f (x)dx

In diesem Fall setzen wirbZ

a

f (x)dx=

bZ

a

� f (x)dx=

bZ

a

� f (x)dx

und nennen es dasIntegralvon f uber[a;b].Zum Beispiel ist jede Treppenfunktion integrierbar, da die Treppenfunktion selbst

das Infimum und Supremum der Menge aller Treppenfunktionen ist, die kleiner gleichbzw. großer gleich der Treppenfunktion sind. Ein Beispiel f¨ur eine nicht integrierbareFunktion ist dieDirichlet’sche Sprungfunktion, da hier die Ober- und Unterintegralenicht ubereinstimmen.

� Zeige, daß der folgende Satz gilt:Es seia;b2 R;a< b und f : [a;b]�! R. Dann gilt: f ist integrierbar genau dann,

wenn zu jedemε > 0 Treppenfunktionenϕ;ψ 2 T[a;b] existieren mitϕ � f � ψ undR ba ψ�R b

a ϕ � ε.Beweis:

35

7 Integration

”)“: Es gibt ϕ;ψ 2 T[a;b] mit ϕ� f � ψ und

bRa

� f (x)dx�bRa

ϕ(x)dx�bRa

� f (x)dx+ ε2

bRa� f (x)dx�

bRa

ψ(x)dx�bRa� f (x)dx� ε

2

Es giltR b

a f (x)dx=R b

a� f (x)dx=

R ba � f (x)dx, da die Funktion integrierbar ist.

Desweiteren gilt:

bZ

a

ϕ(x)dx�bZ

a

ψ(x)dx�bZ

a

f (x)dx+ε2�

bZ

a

f (x)dx+ε2= ε

”(“: Gibt es Treppenfunktionenϕ;ψ 2 T[a;b] mit ϕ� f � ψ und

bZ

a

ψ(x)dx�bZ

a

ϕ(x)dx� ε

so folgt:

bZ

a

� f (x)dx�bZ

a

� f (x)dx�Z

ψ(x)dx�bZ

a

ϕ(x)dx� ε

Dann ist f integrierbar, da dies f¨ur jedesε > 0 gilt, d.h. der Abstand zwischenOberintegral und Unterintegral wird beliebig klein.

� Welche integrierbaren Funktionsklassen kennst du?Alle stetigen Funktionenf : [a;b]�!Rsind integrierbar, ebenso wie alle monotonenFunktioneng : [a;b]�!R.

� Wie lautet der Mittelwertsatz der Integralrechnung?Es seia;b2R;a< b und f ;ϕ : [a;b]�! R stetige Funktionen, wobeiϕ > 0. Dann

gibt es einξ 2 [a;b], so daß gilt:

bZ

a

f (x)ϕ(x)dx= f (ξ) �bZ

a

ϕ(x)dx

Beweis: f ist stetig, also gibt es

m= inff f (x)jx2 [a;b]gM = supf f (x)jx2 [a;b]g

Desweiteren gilt die Absch¨atzung:

m�ϕ(x)� f (x) �ϕ(x)�M �ϕ(x)

36

7 Integration

Also gilt auch:

bZ

a

m�ϕ(x)dx�bZ

a

f (x) �ϕ(x)dx�bZ

a

M �ϕ(x)dx

Dies ist gleichbedeutend mit:

m�bZ

a

ϕ(x)dx�bZ

a

f (x) �ϕ(x)dx�M �bZ

a

ϕ(x)dx

DaR b

a ϕ(x)dx� 0 ist, konnen wir weiter umstellen:

m�

bRa

f (x)ϕ(x)dx

bRa

ϕ(x)dx

� M

m undM sind Funktionswerte vonf , daher existiert nach dem Zwischenwertsatz ein

ξ2 [a;b]mit f (ξ) =R b

a f (x)ϕ(x)dxR b

a ϕ(x)dx. Wenn man dies wieder umstellt, ergibt sich daher die

Behauptung:

f (ξ)bZ

a

ϕ(x)dx=

bZ

a

f (x)ϕ(x)dx

Speziell der Fallϕ(x) = 1 ist interessant, denn dann ergibt sich:

bZ

a

f (x)dx= f (ξ) �bZ

a

1dx= f (ξ) � (b�a)

a b

Es gibt also einen Punktf (ξ), durch den man eine Gerade ziehen kann, so daß dieFunktion f (x) mit der Geraden eine Fl¨ache einschließt. Der Fl¨acheninhalt der Fl¨achenoberhalb dieser Geraden ist dann gleich dem Fl¨acheninhalt der Fl¨achen unterhalb die-ser Geraden. Dieser Fall wird auch noch wichtig, um zu zeigen, daß es einF(x) =R x

a f (x)dxgibt mit F 0(x) = f (x).

37

8 Differentation und Integration

8 Differentation und Integration

� Was ist ein unbestimmtes Integral?Bis jetzt haben wir immer nur bestimmte Integrale

R ba f (x)dx uber ein Intervall[a;b]

ausgerechnet. Wir k¨onnen jedoch auch eine Integrationsgrenze variabel lassen undso eine FunktionF : [a;b]�! R definieren. Es seiI � R und f : I �! R stetig mita;x2R. Dann definieren wir:

F(x) =

xZ

a

f (t)dt

Man kann zeigen, daß f¨ur diese FunktionF 0(x) = f (x) gilt. Dazu bilden wir denDifferntialquotienten:

F 0(x) = limh!0;h6=0

F(x+h)�F(x)h

= limh!0;h6=0

1h(F(x+h)�F(x))

= limh!0;h6=0

1h

0@ x+hZ

a

f (x)dx�xZ

a

f (x)dx

1A= lim

h!0;h6=0

1h

0@ x+hZ

x

f (x)dx

1A

Betrachten wirR x+h

x f (x)dx. Nach dem Mittelwertsatz gibt es einξh 2 [x;x+h] (bzw.[x+h;x] wennh negativ ist), so daß gilt:

x+hZ

x

f (x)dx= f (ξh) �x+hZ

x

1dx= f (ξh) � (x+h�x) = f (ξh) �h

Wir betrachten also weiter:

limh!0;h6=0

1h�h� f (ξh) = lim

h!0;h6=0f (ξh)

Da ξh 2 [x;x+h] gilt und h gegen 0 strebt, strebtξh also gegenx. Da f stetig ist giltdann:

limh!0;h6=0

f (ξh) = f (x)

� Was ist eine Stammfunktion?Es seiI �R und f : I �!R. Eine FunktionF : I �! RheißtStammfunktionvon f

wenn gilt:

F 0(x) = f (x)

� Zeige, daß sich Stammfunktionen nur um eine Konstante unterscheiden!Zu zeigen ist also: SeiI �Rund f : I �!R. F : I �!Rsei eine Stammfunktion vonf . Dann gilt:

G ist eine Stammfunktion vonf , F�G= c mit c2R

38

8 Differentation und Integration

”)“: Sei G eine Stammfunktion. AlsoG0 = f = F 0. Dann gilt(F�G)0 = F 0�G0 =

f � f = 0. Demnach ist die Ableitung von(F �G) fur jedesx 2 I gleich 0.Daraus folgt, daßF�G konstant sein muß.

”(“: Es gelteF �G= c. Dies kann man umformen zuG= F� c. Dann ist jedoch

G0 = F 0 = f . Also istG eine Stammfunktion zuf .

� Was besagt der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung?Dieser Satz wird auchFundamentalsatzder Differential- und Integralrechnung ge-

nannt. SeiI � R und f : I �! R. Ist F eine Stammfunktion vonf so gilt fur allea;b2 I :

bZ

a

f (x)dx= F(b)�F(a) := F(x)jba

Es seiF0 eine weitere Stammfunktion vonf . Dann gilt:

F0(x) =

xZ

a

f (x)dx

Wie man sieht istF0(b) =R b

a f (x)dxundF0(a) =R a

a f (x)dx= 0. F undF0 unterschei-den sich dann nur um eine Konstante, daher gilt:

F(b)�F(a) = F0(b)�F0(a) = F0(b)�0= F0(b) =

bZ

a

f (x)dx

� Wie funktioniert die Substitutionsregel?Die Substitutionsregel macht Gebrauch von der Kettenregel der Differentation. Es

sei I �R und f : I �!R eine stetige Funktion. Desweiteren seia;b2 R;a< b undϕ : [a;b]�!Reine stetig differenzierbare Funktion mitϕ([a;b])� I . Dann gilt:

bZ

a

f (ϕ(t))ϕ0(t)dt =

ϕ(b)Z

ϕ(a)

f (x)dx

Beweis:SeiF : I �!Reine Stammfunktion vonf . Dann ist(F Æϕ) definiert und esgilt nach der Kettenregel f¨ur t 2 [a;b]:

(F Æϕ)0(t) = F 0(ϕ(t)) �ϕ0(t) = f (ϕ(t))ϕ0(t)

Also ist (F Æϕ)(t) = F(ϕ(t)) eine Stammfunktion vonf (ϕ(t))ϕ0(t) und es gilt insge-samt:

bZ

a

f (ϕ(t))ϕ0(t)dt = F(ϕ(t))jba= F(ϕ(b))�F(ϕ(a)) =ϕ(b)Z

ϕ(a)

f (x)dx

39

8 Differentation und Integration

� Wie funktioniert partielle Integration?Bei der partiellen Integration macht man Gebrauch von der Produktregel der Differen-tation. Es seia;b2R;a< b und f ;g : [a;b]�!R stetig differenzierbare Funktionen.Dann gilt:

bZ

a

f (x)g0(x)dx= f (x)g(x)jba�bZ

a

f 0(x)g(x)dx

Es seiF = f g. Dann gilt nach der Produktregel:

F 0(x) = f 0(x)g(x)+ f (x)g0(x)

Daraus folgt dann:

bZ

a

f 0(x)g(x)dx+

bZ

a

f (x)g0(x)dx= F(x)jba = f (x)g(x)jba

Beispiel:Wir wollenR b

a (sin2 x)dx=R b

a (sinxsinx)dx ausrechnen. Dann setzen wir:f (x) =�cosx; f 0(x) = sinx;g(x) = sinx undg0(x) = cosx. Dann gilt:

bZ

a

(sinx|{z}f 0(x)

� sinx|{z}g(x)

)dx = �cosx| {z }f (x)

� sinx|{z}g(x)

jba�bZ

a

(�cosx| {z }f (x)

�cosx|{z}g0(x)

)dx

= �cosx�sinxjba+bZ

a

(cos2x)dx

Wir schreiben nun cos2 x als 1�sin2 x:

bZ

a

(sin2 x)dx = �cosx�sinxjba+bZ

a

(cos2x)dx

= �cosx�sinxjba+bZ

a

(1�sin2x)dx

= �cosx�sinxjba+bZ

a

1dx�bZ

a

(sin2 x)dx

= �cosx�sinxjba+(b�a)�bZ

a

(sin2x)dx

= (�cosx�sinx+x)jba�bZ

a

(sin2x)dx

Dann gilt also:

2

bZ

a

(sin2x)dx= (�cosx�sinx+x)jba

40

8 Differentation und Integration

Und damit:

bZ

a

(sin2x)dx=�cosx�sinx+x

2

����ba

� Wie funktioniert l ogarithmische Integration?Es seia;b 2 R;a< b und ϕ : [a;b]�! R eine stetig differenzierbare Funktion mit

ϕ(t) 6= 0 fur allet 2 [a;b]. Dann gilt:

bZ

a

ϕ0(t)ϕ(t)

= lnϕ(b)ϕ(a)

Beweis:Zuerst schreiben wirR b

aϕ0(t)ϕ(t) dt anders. Wir setzenf (x) = 1

x . Dann gilt:

bZ

a

ϕ0(t)ϕ(t)

dt =

bZ

a

f (ϕ(t)) �ϕ0(t)dt =

ϕ(b)Z

ϕ(a)

f (x)dx=

ϕ(b)Z

ϕ(a)

1x

dx

Die Stammfunktion vonf ist F = ln jxj. Also:

ϕ(b)Z

ϕ(a)

1x= ln jxjjϕ(b)ϕ(a) = ln jϕ(b)j� ln jϕ(a)j= ln

ϕ(b)ϕ(a)

Beispiel:Wir berechnen das Integral des Tangens:

bZ

a

(tanx)dx=

bZ

a

sinxcosx

dx= �bZ

a

�sinxcosx

dx=�( ln jcosxjjba) = � lncosbcosa

41

9 Uneigentliche Integrale

9 Uneigentliche Integrale

� Wie ist die Gammafunktion definiert?Die GammafunktionΓ :R�

+�!R ist uber ein uneigentliches Integral definiert:

Γ(x) :=

∞Z

0

tx�1e�tdt

� Wofur braucht man die Gammafunktion? Zeige dies!Die Gammafunktion interpoliert die Fakult¨at, so daß diese auf reelle Zahl ausgeweitetwerden kann. Es gilt:

Γ(x+1) = x�Γ(n)

Fur n2 N ist dannΓ(n+1) = n!.Beweis:Der Beweis wird mittels partieller Integration gef¨uhrt:

∞Z

0

tx|{z}f (t)

e�t|{z}g0(t)

dt = �txe�t j∞0 �∞Z

0

�x� tx�1e�tdt

= �txe�t j∞0 +x

∞Z

0

tx�1e�tdt

Betrachten wir nun�txe�tj∞0 . Wir setzen

�txe�t j∞0 = lima!0;b!∞

�txe�t jba = lima!0;b!∞

�bxe�b+axe�a = 0+0= 0

Also gilt doch insgesamt:

Γ(x+1) =

∞Z

0

txe�t = x�∞Z

0

tx�1e�t = x�Γ(x)

Desweiteren giltΓ(1) = 1:

Γ(1) =∞Z

0

t0e�t =

∞Z

0

e�t = �e�t j∞0 = 0+1 = 1

42

10 Funktionenfolgen und -reihen

10 Funktionenfolgen und -reihen

� Was ist eine Funktionenfolge?Es seiD � R und ( fn(x))n2N eine Folge von reellwertigen Funktionen, die alle auf

D erklart sind. Konvergiert die Folge( fn(x0))n2N fur ein x0 2 D, so heißt die Fol-ge konvergent in x0. Konvergiert( fn(x))n2N fur jedesx 2 D, so wird durchf (x) :=limn!∞ fn(x) auf D eine Funktion definiert.

� Was ist der Unterschied zwischen punktweiser und gleichm¨aßiger Konver-genz?Konvergiert eine Funkionenfolge aufD gegen eine Funktionf (x), so kann sie punkt-weise oder gleichm¨aßig gegenf (x) konvergieren:

Punktweise Konvergenz: Bei der punktweisen Konvergenz gibt es zu jedemε > 0einnε;x0 2 N, welches vonε und xabhangt, so daß gilt:

j fn(x)� f (x)j< ε fur allen� nε;x0

Gleichm aßige Konvergenz: Im Gegensatz zur punktweisen Konvergenz h¨angt beider gleichmaßigen Konvergenz dasnε nur noch vonε ab, so daß gilt: Zu je-demε > 0 gibt es einnε 2N, so daß gilt:

j fn(x)� f (x)j< ε fur allen� nε und fur allex2 D

f(x)

fn (x)

Ein Beispiel hierfur findet sich im Rosenberger-Skript:

fn(x) = xn auf D = [0;1]

� Was ist eine Funktionenreihe?Es sei( fn)n2N eine aufD�Rerklarte Funktionenfolge und

F(x) =∞

∑k=0

fk(x)

existiere fur allex 2 D. Dann heißt die Reihe∑∞k=0 fk(x) gleichmaßig konvergent auf

D, wenn die Folge der Partialsummen

sn(x) =n

∑k=0

fk(x)

43

10 Funktionenfolgen und -reihen

auf D gleichmaßig gegenF(x) konvergiert: Zu jedemε > 0 gibt es dann einnε 2 N,so daß gilt:

jsn(x)�F(x)j< ε fur allen� nε und allex2 D

� Wie lautet das Cauchy-Kriterium f ur gleichmaßige Konvergenz bei Funktio-nenfolgen?Eine Funktionenfolge( fn(x))n2N konvergiert genau dann gleichm¨aßig aufD, wenn

gilt: Zu jedemε > 0 gibt es einnε, so daß gilt:

j fn(x)� fm(x)j< ε fur allem;n� nε und fur allex2 D

� Wie lautet das Majorantenkriterium f ur gleichmaßige Konvergenz?Es seien die Funktionenfk(x) im Intervall I definiert und es gelte:

j fk(x)j � ak auf I und∞

∑k=0

ak sei konvergent.

Dann konvergiert auch∑∞k=0 fk(x) gleichmaßig und absolut aufI .

Beweis:

j∞

∑k=n+1

fk(x)j �∞

∑k=n+1

j fk(x)j �∞

∑k=n+1

ak < ε fur allen� nε

� Wann ist eine durch eine Funktionenfolge dargestellte Funktion stetig?Sei ( fn(x))n2N eine Folge von aufD erklarten Funktionen, die gleichm¨aßig gegenf (x) konvergiert. Sind die einzelnenfn an der Stellea2 D bzw. in ganzD stetig, sogilt dasselbe f¨ur f (x).Beweis:Es seiε > 0 gegeben: Dann existiert wegen der gleichm¨aßigen Konvergenzder Funktionenfolge einm2Nmit:

j fm(x)� f (x)j< ε fur allex2 D

Da fm stetig ina2 D ist, gibt es einδ > 0, so daßj fm(x)� fm(a)j< ε ist fur allex2 Dmit jx�aj< δ. Fur x2 D mit jx�aj< δ gilt also:

j f (x)� f (a)j � j f (x)� fm(x)j| {z }gl. Konv.

+ j fm(x)� fm(a)j| {z }Stetigkeit vonfm

+ j fm(a)� f (a)j| {z }gl. Konv.

< 3ε

Also ist f (x) stetig. Um die Bedingung f¨ur f (x) zu zeigen, w¨ahlt man zu gegebenenε(fur f (x)) zu Beginn des Beweises einfachε

3.

� Wann ist eine Funktionenreihe stetig?Ist die ReiheF(x) = ∑∞

n=0 fn(x) gleichmaßig konvergent und sind die einzelnenfnjeweils stetig ina bzw. aufD, so gilt dasselbe f¨ur F(x).

44

10 Funktionenfolgen und -reihen

Beweis:Die Summen stetiger Funktionen sind wieder stetig. Die Partialsummen sindalso stetig und konvergieren gleichm¨aßig. Also ist der GrenzwertF(x) ebenfalls ste-tig.

� Wann ist eine Funktionenfolge differenzierbar?SeiI �Rein nicht entartetes beschr¨anktes Intervall. Die Glieder der Funktionenfolge( fn)n2N seien inI differenzierbar. Konvergiert die Folge der Ableitungen( f 0n(x))n2N

gleichmaßig und ist die Folge( fn(x))n2N in wenigstens einem Punktx0 konvergent,so ist die Folge( fn(x))n2N eine in I gleichmaßig konvergente und differenzierbareFunktion f (x). Es gilt:

f 0(x) =�

limn!∞

fn(x)�0

= limn!∞

f 0n(x)

� Wann ist eine Funktionenreihe differenzierbar?Wieder seiI � R ein nicht entartetes, beschr¨anktes Intervall. Die Glieder der Reihe

∑∞n=0 fn(x) seien inI differenzierbare Funktionen. Konvergiert die Reihe der Ableitun-

gen∑∞n=0 f 0n(x) gleichmaßig inI und konvergiert die Reihe∑∞

n=0 fn(x) in wenigstenseinem Punktx0 2 I , so ist die Reihe∑∞

n=0 fn(x) in I gleichmaßig konvergent und stellteine dort differenzierbare Funktion dar. Es gilt:

F 0(x) =

∑n=0

fn(x)

!0

=∞

∑n=0

f 0n(x)

Beweis:Die Summen differenzierbarer Funktionen ist wieder eine differenzierbareFunktion. Somit sind die Partialsummen differenzierbar und gleichm¨aßig konvergent.Der Rest folgt aus dem Satz ¨uber Konvergenz von Funktionenfolgen.

45

11 Potenzreihen

11 Potenzreihen

� Was versteht man unter einer Potenzreihe?Eine Reihe der Form

f (x) =∞

∑n=0

an(x�x0)n

heißt Potenzreihe. F¨ur x0 = 0 ergibt sich die Form∑∞n=0anxn. x0 nennt man den

Entwicklungspunktund die Zahlenan heißenKoeffizienten.Wenn eine Funktionf (x) in der Form∑∞

n=0anxn darstellbar ist, dann nennt man dieseDarstellung eineEntwicklungvon f (x) in eine Potenzreihe umx0.

� Was ist der Konvergenzradius einer Potenzreihe?Jede Potenzreihe hat einenKonvergenzradius R2 R, d.h. die Reihe konvergiert f¨urjxj < R und divergiert fur jxj > R. Fur x = R bzw. x = �R kann sowohl Konvergenzals auch Divergenz auftreten (einzeln nachpr¨ufen).

Es seia der großte Haufungswert der Folge( npjanj)n2N in R. Dann gilt fur den

KonvergenzradiusR:

R=

8<:

0 , fallsa= ∞∞ , falls a= 01a , falls 0< a< ∞

Es sei angemerkt, daßjedePotenzreihe f¨ur x = x0 konvergiert. Also bedeutetR= 0,daß die Potenzreihe nur in ihrem Entwicklungspunkt konvergiert.Beweis:Zuerst unterscheiden wir zwei F¨alle:

1. Es geltean � cn fur fast allen 2 N. Dann konvergiert die Reihe f¨ur jxj < 1c .

Denn fur jxj< qc mit q< 1 folgt:

∑n=0

janxnj �

∑n=0

cn ��q

c

�n=

∑n=0

cn � qn

cn =∞

∑n=0

qn

Da jqj< 1 vorrausgesetzt wurde, ist∑∞n=0qn eine konvergente Majorante.

2. Es geltean� dn fur unendlich vielen2N. Dann divergiert die Reihe f¨ur jxj � 1d .

Denn in diesem Fall istjanxnj � 1 fur unendlich vielen2N und damit divergiertdie Reihe.

Nun konnen wir die drei F¨alle betrachten:

1. Fall: Ist a = 0, so folgt: janj � cn fur fast allen2 N. Denn npjanj � c ist damit

gleichbedeutend. Also konvergiert die reihe f¨ur jxj < 1c . Da c jedoch beliebig

gewahlt werden kann, konvergiert die Reihe also f¨ur jedesx2R.

2. Fall: Es geltea = ∞. Dann gilt also fur ein beliebigesd 2 R. npjanj � d fur un-

endlich vielen2N. Dies ist jedoch gleichbedeutend mitjanj � dn fur unendlichviele n 2 N. Damit divergiert die Folge f¨ur jxj � 1

d . Da d beliebig gewahltwerden kann, konvergiert die Folge also nur f¨ur x= x0.

46

11 Potenzreihen

3. Fall: Es gelte 0< a< ∞. Dann wahlen wirc;d 2Rwie folgt: 0< d < a< c< ∞.Damit gilt: n

pjanj � c fur fast allen2N. Die Reihe konvergiert also f¨ur jxj< 1c .

Jedoch gilt auchnpjanj � d fur unendlich vielen2N. Also divergiert die Folge

fur jxj � 1d . Da diec;d 2Rbeliebig zwischen 0 unda bzw. zwischena und∞

gewahlt werden k¨onnen, konvergiert die Reihe also f¨ur jxj< 1a.

� Was gilt fur die Summe bzw. fur das Produkt von zwei Potenzreihen?Es seien∑∞

n=0anxn und∑∞n=0bnxn Potenzreihen mit den Konvergenzradienra bzw. rb.

Dann gilt:

∑n=0

anxn�∞

∑n=0

(bnxn) =

∑n=0

(an�bn)xn mit R= inffra; rbg

Die Multiplikation von Potenzreihe erfolgt ¨uber das Cauchy-Produkt: ∞

∑n=0

anxn

!�

∑n=0

bnxn

!=

∑n=0

n

∑k=0

(an�kbk)

!�xn

Auch hier giltR= inffra; rbg.� Zeige, daß eine Potenzreihe in ihrem Konvergenzradius gleichm¨aßig konver-giert!Es sei∑∞

n=0 anxn eine Potenzreihe mit dem KonvergenzradiusR> 0 und es sei 0<x0 < R. Dann konvergiert die Potenzreihe gleichm¨aßig in [�x0;x0]. Dies zeigt manuber das Majorantenkriterium f¨ur gleichmaßige Konvergenz. Die Reihe konvergiertfur x= x0 und desweiteren gilt:

janxnj � janx

n0j fur allex2 [�x0;x0]

Also ist die Reihe∑∞n=0anxn

0 eine konvergente Majorante.

� Wann ist eine Potenzreihe stetig?Die durch eine Potenzreihe∑∞

n=0 anxn mit dem KonvergenzradiusR> 0 dargestellteFunktionF(x) ist fur jxj < R stetig. Dies ist der Fall, da Potenzreihen in ihrem Kon-vergenzradius gleichm¨aßig konvergieren und da die einzelnenanxn stetig sind. Sieheauch den Satz ¨uber Stetigkeit von Funktionsreihen.

� Was besagt der Identitatssatz fur Potenzreihen?Seien f (x) = ∑∞

n=0anxn und g(x) = ∑∞n=0bnxn Potenzreihen mit jeweils positivem

Konvergenzradius. Gilt dabeif (x) = g(x) fur allejxj< Roder auch nurf (xi) = g(xi),wobeixi 6= 0 und(xi)i2N eine Nullfolge ist, so sind beide Reihen identisch, d.h. es istan = bn fur allen2N.

� Was besagt der Abelsche Grenzwertsatz?Es sei∑∞

n=0anxn eine Potenzreihe mit KonvergenzradiusR> 0. Konvergiert die Reiheauch fur x= R, so ist die Reihe im abgeschlossenen Intervall[0;R] gleichmaßig kon-vergent. Die Funktionf :]�R;R] �! R ist dann im Punktx = R linksseitig stetig.Entsprechendes gilt, wenn die Reihe f¨ur x=�R konvergiert.

� Wann ist eine Potenzreihe differenzierbar?

47

11 Potenzreihen

Es seiF(x) = ∑∞n=0anxn eine durch eine Potenzreihe dargestellte Funktion mit Kon-

vergenzradiusR> 0. Dann istF in jedem Punktjxj < R differenzierbar. Die Ablei-tungF 0(x) ist durch eine Potenzreihe mit dem gleichen Konvergenzradius darstellbar,namlich die durch gliedweise Differentation entstehende:

F 0(x) =∞

∑n=1

n�anxn�1

Beweis:Wegen limn!∞np

n = 1 hat die Reihe∑∞n=1n �anxn�1 denselben Konvergenz-

radius. Der Rest folgt aufgrund der gleichm¨aßigen Konvergenz von Potenzreihen inihrem Konvergenzradius. Denn nach dem Satz ¨uber Differenzierbarkeit von Funktio-nenreihen, konvergiert die FunktionF(x) fur jedesjxj < R und die Reihe der Ablei-tungen konvergiert ebenfalls absolut, da es sich wieder um eine Potenzreihe handelt.Desweiteren sind die einzelnen Glieder ¨uberhaupt ableitbar. Also gilt:

F 0(x) =

∑n=0

anxn

!0

=∞

∑n=0

(anxn)0 =

∑n=1

n�anxn�1

Ist F(x) eine durch eine Potenzreihe mit KonvergenzradiusR> 0 dargestellte Funkti-on, so besitztF Ableitungen beliebiger Ordnung und es gilt:

F (n)(x) =∞

∑k=n

k(k�1) : : :(k�n+1)akxk�n

Dies kann man auch schreiben als:

1n!�F(n)(x) =

∑k=n

�kn

�akx

k�n

Im Hinblick auf die Taylor-Reihen sei noch hervorgehoben, daß insbesondere gilt:

1n!

F (n)(0) = an

48

12 Taylor-Reihen

12 Taylor-Reihen

� Wie kommt man zu den Taylor-Reihen?Mit Taylor-Reihen approximiert man differenzierbare Funktionen durch ein Polynommit einer Darstellung des Fehlerterm als Integral. Es seif : I �!R eine(n+1)-malstetig differenzierbare Funktion. Es seia2 I , dann gilt fur allex2 I :

f (x) =n

∑k=0

f (k)(a)k!

� (x�a)k+Rn+1

Dabei istRn+1:

Rn+1 =1n!

xZ

a

(x� t)n � f (n+1)(t)dt

Dies beweist man per Induktion nachn. Fur n= 0 erhalten wir:

f (x) = f (a)+

xZ

a

f 0(t)dt

Dies ist jedoch der Hauptsatz der Differntial- und Integralrechnung. F¨ur n= 0 stimmtdie Behauptung also. Angenommen f¨ur eine(n+ 1)-mal differenzierbare Funktiongilt:

f (x) =n

∑k=0

f (k)(a)k!

� (x�a)k+1n!

xZ

a

(x� t)n � f (n+1)(t)dt

Ist f (n+2)-mal differenzierbar, dann k¨onnen wirR x

a (x� a)n � f (n+1)(t)dt mit Hilfeder Partiellen Integration noch weiter untersuchen:

xZ

a

(x� t)n| {z }f 0(x)

� f (n+1)(t)| {z }g(x)

dt

= �(x� t)(n+1)

n+1| {z }f (x)

� f (n+1)(t)| {z }g(x)

jxa�xZ

a

�(x� t)n+1

n+1| {z }f (x)

� f (n+2)(t)| {z }g0(x)

dt

= 0+(x�a)n+1

n+1� f (n+1)(a)+

1n+1

xZ

a

(x� t)n+1 � f (n+2)(t)dt

Mit dem vor dem Integral stehenden1n! multipliziert ergibt sich dann wieder die Be-hauptung. Istf 00(x) = 0 fur allex2 I , so ist f (x) ein Polynom mitgrad� n. Denn indiesem Fall fallt das Integral weg.

� Wie ist die Lagrangesche Form des Restgliedes?

49

12 Taylor-Reihen

Bei der Langrangeschen Form formt man das Restglied um, so daß es kein Integralmehr ist. Istf : I �!Reine(n+1)-mal differenzierbare Funktion unda;x2 I , danngibt es einξ 2 [a;x] (bzw. [x;a]), so daß gilt:

f (x) =n

∑k=0

f (k)(a)k!

� (x�a)k+f (n+1)(ξ)(n+1)!

� f (x�a)n+1

Das sch¨one an dieser Form ist, daß das Restglied nun der Summe sehr ¨ahnlich sieht.Wir beweisen dieAquivalenz. Auf das

”normale“ Restglied wenden wir den Mittel-

wertsatz der Integralrechnung an:

1n!

xZ

a

(x� t)n| {z }ϕ

� f (n+1)(t)| {z }f

dt =1n!� f (n+1)(ξ) �

xZ

a

(x� t)ndt

=1n!� f (n+1)(ξ) �

��(x� t)n+1

n+1

����xa

=1n!� f (n+1)(ξ) �

��(x�x)n+1

n+1+

(x�a)n+1

n+1

=1n!� f (n+1)(ξ) � (x�a)n+1

n+1

= f (n+1)(ξ) � (x�a)n+1

(n+1)!

� Was sind Taylor-Reihen?Es seiI �Rein Intervall undf : I �!Reine beliebig oft differenzierbare Funktion.Seia2 I . Dann heißt

Tf (x) =∞

∑k=0

1k!

f (k)(a) � (x�a)k

die Taylor-Reihevon f um denEntwicklungspunkt a. Im folgenden sei ohne Ein-schrankungena = 0. Bezuglich des Konvergenzradius der Taylorreihe k¨onnen dreiFalle vorkommen:

1. Der Konvergenradius vonTf (x) ist gleich 0, d.h.Tf (x) konvergiert nur f¨ur x= 0.

2. Der Konvergenzradius vonTf (x) ist R> 0, jedoch konvergiertTf (x) nicht furjedesx2]�R;R[ gegenf (x). Ein Beispiel findet sich im Skript.

3. Tf (x) hat einen KonvergenzradiusR> 0 und konvergiert auch f¨ur jedesx 2]�R;R[ gegenf (x). Die ist der Fall, wenn gilt:

limn!∞

Rn = 0

Das heißt, die Folge der Restglieder konvergiert gegen 0.

� Was sind die Taylorreihen von Potenzreihen?

50

12 Taylor-Reihen

Es sei∑∞n=0anxn eine Potenzreihe mit dem Konvergenzradius 0. Dann ist die Tay-

lorreihe im Entwicklungspunkt 0 gleich dieser Potenzreihe, denn die Taylorreihe siehtwie folgt aus:

Tf (x) =∞

∑n=0

1n!

f (n)(0)xn

Es gilt nun fur eine Potenzreihe nun1n! f (n)(0) = an bzw. f (n)(0) = n!an. Setzen wirdies in die Taylorreihe ein, erhalten wir:

Tf (x) =∞

∑n=0

1n!

f (n)(0)xn =∞

∑n=0

1n!

n!anxn =

∑n=0

anxn

Dies ist jedoch wieder die oben definierte Potenzreihe.

51

13 Die Exponentialreihe

13 Die Exponentialreihe

� Wie ist die Exponentialreihe definiert?Fur allex2R ist die absolut konvergente Exponentialreihe wie folgt definiert:

exp(x) =∞

∑n=0

xn

n!

Mit x= 1 erhalt man die ber¨uhmteEulersche Zahl:

e= exp(1) =∞

∑n=0

1n!

= 1+1+12+

16+ � � �= 2:7182818: : :

1

� Zeige, daß die Exponentialreihe absolut konvergiert!Dies zeigt man mit Hilfe des Quotientenkriteriums. Mitan =

xn

n! folgt fur allen� 2jxj:����an+1an

����=���� xn+1

(n+1)!� n!xn

���� =���� xn+1

����= jxjn+1

� jxjn� jxj

2jxj =12

� Wie groß ist der Fehler, wenn man die Exponentialreihe beiN abbricht?Uns interessiert also die Gr¨oßeRN+1(x) in der Reihe

exp(x) =N

∑n=0

xn

n!+RN+1(x)

bzw. der absolute FehlerjRN+1(x)j. Es gilt:

jRN+1(x)j �∞

∑n=N+1

jxjnn!

=jxjN+1

(N+1)!+

jxjN+2

(N+2)!+

jxjN+3

(N+3)!+

jxjN+4

(N+4)!+ : : :

=jxjN+1

(N+1)��

1+jxj

(N+2)+

jxj2(N+2)(N+3)

+ : : :

� jxjN+1

(N+1)!�(

1+

� jxj(N+2)

�2

+

� jxj(N+2)

�3

+ : : :

)

Jetzt betrachten wir was f¨ur jxj= 1+ N2 gilt. Dann steht in den geschweiften Klammern

doch stets

1+ N2

N+2=

N+22

N+2=

(N+2)2(N+2)

=12

52

13 Die Exponentialreihe

Fur jxj � 1+ N2 wird der Bruch also noch kleiner. Da in diesem Falle die geschweifte

Klammer die geometrische Reihe mitjqj< 1 ist, kann man die gesamte Klammer alsomit 2 absch¨atzen.

Damit folgt fur jxj � 1+ N2 :

RN+1(x)� 2� jxjN+1

(N+1)!

Mit anderen Worten: Der Fehler ist h¨ochstens doppelt so groß wie das auf die”Ab-

bruchstelle“ folgende Glied, wenn man dasN in Abhangigkeit vomx groß genugwahlt.

� Was ist das Cauchy-Produkt fur Reihen?Wie wir schon gesehen haben, l¨aßt sich der Grenzwert des Produktes zweier Reihen

nicht so leicht bestimmen, wie die Summe oder die Differenz. Das Cauchy-Produktbesagt, wie das Produkt zweier Reihen aussieht.

Seien∑∞n=0an und∑∞

n=0bn zwei absolute konvergente Reihen. Wir definieren

cn :=n

∑k=0

akbn�k = a0bn+a1bn�1+a2bn�2+ � � �+anb0:

Dann konvergiert auch die Reihe∑∞n=0cn mit

∑n=0

cn =

∑n=0

an

!�

∑n=0

bn

!

� Was ist die Funktionalgleichung der Exponentialreihe? Beweise diese!Die Funktionalgleichung der Exponentialreihe lautet:

exp(x+y) = exp(x) �exp(y)

Dies beweistman mit dem Cauchy-Produkt f¨ur Folgen. Wir haben eine Exponential-reihe exp(x) = ∑∞

n=0xn

n! und eine Exponentialreihe exp(y) = ∑∞n=0

yn

n! . Nach dem Satzuber das Cauchy-Produkt ergibt sich dasn-te Folgenglied der Produktreihe durch:

cn =n

∑k=0

xk

k!� yn�k

(n�k)!=

1n!

n

∑k=0

�nk

�xkyn�k =

1n!� (x+y)n

Insgesamt ergibt dies also:

exp(x) �exp(y) =∞

∑n=0

(x+y)n

n!= exp(x+y)

� Welche weiteren Eigenschaften hat die Exponentialreihe noch?Desweiteren gilt noch:

1. Fur allex2Rgilt exp(x)> 0.

2. Fur allex2Rgilt: exp(�x) = 1exp(x) .

53

13 Die Exponentialreihe

3. Fur jede ganze Zahln2Zgilt: exp(n) = en.

Beweis:Wir beweisen zun¨achst 2. Nach der Funktionalgleichung gilt:

exp(x) �exp(�x) = exp(x�x) = exp(0) = 1

Also folgt exp(�x) = (exp(x))�1. Daraus folgt auch, daß exp(x) 6= 0 ist, da 0� x= 1in einem Korper der mit char= 0 nicht gelten kann.Punkt 1 kann f¨ur x� 0 mit der Reihendarstellung bewiesen werden:

∑n=0

xn

n!= 1+x+

x2

2!+

x3

3!+ � � � � 1> 0

Ist x< 0, so ist�x> 0 und somit exp(�x)> 0. Also ist auch exp(x) = (exp(�x))�1 >

0.Punkt 3 wird per vollst¨andiger Induktion nachn bewiesen.

Induktionsanfang: Fur n= 0 gilt: exp(0) = 1= e0.

Induktionsannahme: Es gilt exp(n) = en.

Induktionsschluß: Es gilt mit der Funktionalgleichung:

exp(n+1) = exp(n) �exp(1) = en �e= en+1:

Somit wurde die Behauptung f¨ur n� 0 bewiesen. Mit Punkt 2 ergibt dies:

exp(�n) =1

exp(n)=

1en = e�n

� Zeige, daß die Exponentialfunktion streng monoton wachsend ist!Zu zeigen ist alsox< y) exp(x)< exp(y). Wennx< y ist, gibt es also einz2R+nf0gmit y= x+z. Daraus folgt mit der Funktionalgleichung:

exp(y) = exp(x+z) = exp(x) �exp(z)> exp(x)

� Zeige, daßexp(x�y) = (exp(y))x fur x2Q;y2R!Dieser Beweis wird per vollst¨andiger Induktion gef¨uhrt. Zunachst wird fur n 2 N

gezeigt, daß exp(n�y) = (exp(y))n ist:

Induktionsanfang: exp(0y) = exp(0) = 1= (exp(y))0.

Induktionsannahme: Fur n2N stimmt exp(ny) = (exp(y))n.

Induktionsschluß:

exp((n+1)y) = exp(ny+y)

= exp(ny) �exp(y) = (exp(y))n �exp(y) = (exp(y))n+1

54

13 Die Exponentialreihe

Fur n2 N ist die Behauptung also bewiesen. Desweiteren folgt aus

exp(y) = exp�

n� yn

�= exp

�yn

�n, daß

exp� y

n

�= exp(y)

1n

Damit gilt fur x= pq mit p;q2 N, daß

exp

�pq�y�= exp

�yq

�p

= (exp(y))pq

Damit gilt die Behauptung f¨ur x2Q^x� 0. Fur x< 0 gilt:

exp(x�y) = 1exp(�x�y) =

1(exp(y))�x = (exp(y))x

� Zeige, daß die Exponentialreihe in jedem Punkt stetig ist!Zu zeigen ist, daß gilt: limx!a exp(x) = exp(a). Auch dies wird mit der Funktional-

gleichung gemacht. Sei(an)n2Neine Reihe mit limn!∞ an= a. Dann gilt offensichtlichlimn!∞(an�a) = 0, demnach ist

limn!∞

exp(an�a) = 1:

Dann gilt weiter exp(an) = exp(a+an�a) und mit der Funktionalgleichung:

limn!∞

exp(an) = limn!∞

exp(a+an�a) = limn!∞

exp(a)exp(an�a)

= exp(a) limn!∞

exp(an�a) = exp(a)

� Was ist die Ableitung der Exponentialfunktion?Es gilt:

exp0(x) = exp(x)

Die Ableitung der Exponentialfunktion ist also wieder die Exponentialfunktion. Be-weis:

exp0(x) = limh!0

exp(x+h)+exp(x)h

= limh!0

exp(x)exp(h)�exp(x)h

= limh!0

exp(x)exp(h)�1

h= exp(x) lim

h!0

exp(h)�1h

= exp(x)

Es bleibt nur noch zu zeigen, daß limh!0exp(h)�1

h = 1 gilt: Dies machen wir ¨ubereine Restgliedabsch¨atzung. Wie wir schon oben gesehen haben, ist der Fehler f¨urjxj � 1+ N

2 hochstens doppelt so groß wie das aufN folgende Glied, wenn wir dieReihe beiN abbrechen. Wir brechen die Exponentialreihe nun beiN = 1 ab. Es gilt:

1

∑n=0

xn

n!=

11+

x1= 1+x

55

13 Die Exponentialreihe

Der Fehler ist h¨ochstens doppelt so groß, wie das aufN = 1 folgende Glied:

R2(x)� 2� jx2j2

= jx2j

Damit gilt, daß der Abstand von der kompletten Exponentialreihe zu 1+ x hochstensjx2j groß ist:

jexp(x)� (1+x)j � x2

Wir dividieren durchx stellen die linke Seite etwas um:����exp(x)�1x

�1

���� � jxjDaraus folgt die Behauptung. Denn wennx gegen 0 lauft, lauft auch der Abstandzwischenexp(x)�1

x und 1 gegen 0.Es gibt auch noch einen alternativen Beweis ¨uber die Reihendarstellung:

exp0(x) =

∑n=0

xn

n!

!0

=∞

∑n=1

n� 1n!

xn�1 =∞

∑n=1

xn�1

(n�1)!=

∑n=0

xn

n!= exp(x)

56

14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens

14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens

� Wie sind Sinus und Cosinus definiert?Es gibt jeweils eine Reihendarstellung f¨ur sinx und cosx:

sinx=∞∑

k=0(�1)k � x2k+1

(2k+1)!

cosx=∞∑

k=0(�1)k � x2k

(2k)!

� Welche Rechengesetze gibt es f ¨ur Sinus und Cosinus?Es gelten die folgenden 5wichtigenGesetze:

1. sin(x+y) = sinxcosy+cosxsiny

2. cos(x+y) = cosxcosy�sinxsiny

3. cos2 x+sin2 x= 1

4. cos(�x) = cosx

5. sin(�x) =�sinx

Beweise:Die Beweise zu 1 und 2 verlaufen sehr ¨ahnlich. Man zeigt erst mit Hilfe derDefinition und des Cauchy-Produktes, was f¨ur die Summen auf der rechten Seite derFormel rauskommt. Dann nimmt man sich die linke Seite der Formel vor und zeigt mitHilfe von Binomialkoeffizienten, daß beide Ergebnisse ¨ubereinstimmen.

4. Dies folgt direkt aus der Definition:

cos(�x) =∞

∑k=0

(�1)k � (�x)2k

(2k)!=

∑k=0

(�1)k � (�1)2k �x2k

(2k)!

=∞

∑k=0

(�1)k � x2k

(2k)!= cosx

5. Folgt ebenfalls direkt aus der Definition:

sin(�x) =∞

∑k=0

(�1)k � (�x)2k+1

(2k+1)!

=∞

∑k=0

(�1)k � (�1)2k+1 �x2k+1

(2k+1)!

= (�1) �∞

∑k=0

(�1)k � x2k+1

(2k+1)!= �sinx

3. Benutzt 4;5 und 2:

1= cos(0) = cos(x+(�x)) = cosxcos(�x)�sinxsin(�x)

= cos2 x+sin2 x

57

14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens

� Zeige, daß der Cosinus eine kleinste positive Nullstelle hat!Zuerst einmal kann man zeigen, daß der Cosinus nach Leibniz konvergent ist (alternie-rend, Nullfolge und nicht negativ). Wie wir schon beim Beweis des Leibnizverfahrengesehen haben, bilden die Vorg¨anger der Partialsummen im Abstand 2 jeweils obere(in der Teilfolge(s2n)n2N) bzw. untere (in der Teilfolge(s2n+1)n2N) Schranken f¨ur dieNachfolgeglieder. Also ist cosx nach unten durch seine erste Partialsummes1(x) undnach oben durch seine zweite Partialsummes2(x) beschrankt. Dabei ist

s1(x) = 1� x2

2!

s2(x) = 1� x2

2!+

x4

4!

Insgesamt gilt alsos1(x)� cos(x)� s2(x). Wo habens1(x);s2(x) ihre Nullstellen. Es

gilt n1 =p

2= 1:414: : : undn2 =p

6�2p

3= 1:592: : :.

0

0.05

0.1

0.15

0.2

0.25

0.3

0.35

0.4

1.2 1.25 1.3 1.35 1.4 1.45 1.5 1.55 1.6 1.65 1.7

1-((x**2)/2)1-((x**2)/2)+((x**4)/24)

cos(x)

Die Nullstellevon cosxbenennen wir nun mitπ2. Dann gilt also folgende Absch¨atzung:

1:4<π2< 1:6

Im folgenden gehen wir also von cosπ2 = 0 aus. Dann gilt unter anderem wegen Punkt

3, daß sinπ2 = 1. Denn:

1= sin2 π2+cos2

π2= sin2 π

2+0= sin2 π

2

sin(π2) =�1 kommt nicht in Frage, da wir diesen Wert wieder durch die erste Partial-

summes1 abschatzen konnen und hier gilt:

sinπ2> s1

�π2

�= (�1)0 �

�π2

�1

1!+(�1)1 �

�π2

�3

3!=

π2��π

2

�3

3!

> 1:4� (1:6)3

6> 0

Also ist cosπ2 = 0 und sinπ

2 = 1. Desweiteren gilt:

1. cosx> 0 fur 0� x< π2.

58

14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens

2. sinx> 0 fur 0< x� π2.

Aus den Additionstheoremen ergibt sich auch noch folgendes:

1. sin(x+ π2) = cosx und cos(x+ π

2) = �sinx

2. sin(x+π) = �sinx und cos(x+π) =�cosx

3. sin(x+2π) = sinx und cos(x+2π) = cosx

Die Beweise werden nur exemplarisch f¨ur sinx gefuhrt. Fur cosx verlaufen sie voll-kommen analog:

sin(x+π2) = sinxcos

π2+cosxsin

π2= sinx�0+cosx�1 = cosx

Mit diesem Wissen beweisen wir 2:

sin(x+π) = sinxcosπ+cosxsinπ

= sinxcos�π

2+

π2

�+cosxsin

�π2+

π2

�= sinx(�sin

π2)| {z }

�1

+cosxcosπ2| {z }

0

= �sinx

Hiermit wird dann analog 3 bewiesen. sinx und cosx sind also periodisch mit derPeriode 2π. Nun konnen wir uns also ein Bild von den beiden Funktionen machen:

-1.5

-1

-0.5

0

0.5

1

1.5

-4 -2 0 2 4

sin(x)cos(x)

� Was ist die Parametrisierung des Einheitskreises?Gegeben seienu;v 2 R mit u2 + v2 = 1. Dann gibt es ein eindeutigesx 2 R mit

0� x < 2π, so daß giltu = cosx und v = sinx. Dies bedeutet quasi, daß alle Paare(sinx;cosx) auf dem Einheitskreis liegen.

x

-1

-1

1

1u

v1

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14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens

Die obige Zeichnung verdeutlicht das Problem. Was ist denn jetzt ¨uberhaupt dasx? Essoll zwischen 0 und 2π liegen. Welchen Umfang hat der Einheitskreis? Die Umfangs-formel fur den Kreis sollte jedem aus der Schule bekannt sein. Sie lautetU = 2π � r .In unserem Fall ist der Radiusr = 1, also ist der UmfangU = 2π. Dasx liegt alsoirgendwo auf der Kreislinie.

Wie man sieht k¨onnenu undv entweder positiv oder negativ sein.x (der Pfeil aufder Kreislinie) ist mal gr¨oßer und mal kleiner, je nachdem wie man die Vorzeichen vonu undv wahlt. Doch nun zum Beweis. Zuerst beweisen wir die Existenz:Zuerst einmal folgern wir aus sinπ2 = 1 und sin(x+π) = �sinx, daß

sin32

π = sin(π2+π) = �sin

π2= �1:

Aus v2 � 1 folgert man�1� x� 1. Wie wir schon gesehen haben, ist sinπ2 = 1 und

sin32π = �1. sinx ist stetig und nimmt daher alle Werte zwischen�1 und 1 an. Also

gibt es einx2R, so daß sinx= v. Weiter gilt:

u2 = 1�v2 = 1�sin2x= cos2 x

Wir l osen auf und erhaltenu=�cosx. Falls alsou=�cosx ist nehmen wiry= π�x.Dann stimmt die Behauptung immer noch:

sin(π�x) = sin(�x+π) = �sin(�x) = sinxcos(π�x) = cos(�x+π) =�cos(�x) = �cosx

In beiden Fallen gibt es also einx 2 R mit u = sinx und v = cosx. Aufgrund derPeriodizitat konnen wir 0� x< 2π annehmen. Nun beweisen wir die Eindeutigkeit:

Wir nehmen zweix1;x2 2R fur dieu= cosx1 = cosx2 undv= sinx1 = sinx2 gilt:

cos(x+x1) = cosxcosx1�sinxsinx1

= cosxcosx2�sinxsinx2 = cos(x+x2)

Diese Formel gilt f¨ur allex. Also setzen wir speziellx= x�x2 und erhalten in obigerGleichungskette:

cos(x�x2+x1) = cos(x+x1�x2) = cos(x�x2+x2) = cosx

Also gilt x1�x2 = 2kπ mit k2Z. Da in unserem Fall jedoch 0� x1;x2 < 2π gilt, folgtdarausx1 = x2, da die beiden Werte in diesem Intervall keinen gr¨oßeren Abstand als2π haben k¨onnen.

� Wie sind Tangens und Cotangens definiert?Der Tangens tan :D1�!Rmit D1 = fx2Rjx 6= (2k+1) � π

2;k2Zg ist definiert als:

tanx=sinxcosx

Der Cotangens cot :D2 �!Rmit D2 = fx2Rjx 6= kπ;k2Zg ist definiert als:

cotx=cosxsinx

Es gilt:

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14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens

1. tan(x+π) = tanx und cot(x+π) = cotx fur allex2 D1 bzw. x2 D2.

2. tan(�x) =� tanx und cot(�x) =�cotx fur allex2 D1 bzw. x2 D2. Dies folgtaufgrund der Definition, da sinx eine ungerade und cosx eine gerade Funktionist:

tan(�x) =sin(�x)cos(�x)

=�sinxcosx

=� sinxcosx

=� tanx

� Wie sind die Arcus-Funktionen definiert?Die Arcus-Funktionen sind die Umkehrfunktionen zu sin;cos; tan und cot. sinx ist imIntervall [�π

2 ;π2] streng monoton wachsend und stetig. Also existiert die Umkehrfunk-

tion

arcsin :[�1;1]�!h�π

2;π2

imit x 7! arcsinx:

Ebenso ist cosx im Intervall [0;π] streng monoton fallend und stetig. Daher existiertdie Umkehrfunktion

arccos :[�1;1]�! [0;π] mit x 7! arccosx

Die Funktion Tangens ist im Intervall��π

2 ;π2

�streng monoton und stetig, daher exi-

stiert die Umkehrfunktion

arctan :R�!i�π

2;

π2

h

� Entwickle sinx in eine Taylor-Reihe um den Entwicklungspunkt 0!Wir wissen zwar schon aus dem Kapitel ¨uber Taylor-Reihen, daß die Taylorreihe

im Entwicklungspunkt 0 von einer Potenzreihe, wieder die Potenzreihe selbst ergibt,jedoch fuhren wir die Taylor-Entwicklung hier trotzdem noch einmal durch. Zuersteinmal bemerkt man, daß sie Ableitungen des Sinus sich ja periodisch wiederholen,d.h. es gilt:

sin(0)x= sinxsin(1)x= cosxsin(2) =�sinxsin(3)x=�cosxsin(4)x= sinx; etc.

Die Taylor-Reihe des Sinus im Entwicklungspunkt 0 lautet:

Tsinx =∞

∑k=0

sin(k)(0)k!

xk

Betrachten wir nun die ersten sin(k)(0):

sin(0) cos(0) �sin(0) �cos(0) sinx : : :

0 1 0 �1 0 : : :

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14 Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens

Die sin(k)(0) mit gerademk fallen also weg und die ungeraden ergeben alternierend 1und�1. Berucksichtigen wir dies in unserer Taylorentwicklung, so ergibt sich wiederdie Potenzreihe:

Tsinx =∞

∑k=0

(�1)k x2k+1

(2k+1)!

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15 Partialbruchzerlegung

15 Partialbruchzerlegung

Das Thema der Partialbruchzerlegung wird hier nur sehr oberfl¨achlich angesprochen.Es soll nur die grobe Idee wiedergegeben werden und es wird davon ausgegangen, daßder Leser in etwa weiß, was eine rationale Funktion ist.Sei also eine rationale Funktion

r(x) =p(x)q(x)

mit q(x) 6= 0 fur allex2 D

gegeben. Unser Ziel ist es nunR b

a r(x)dxzu berechnen. Ist der Grad des Z¨ahlerpolynomsgroßer als der des Nennerpolynoms, so f¨uhren wir zuerst einmal eine Polynomdivisiondurch. Das Ergebnis ist ein Polynom und eventuell noch ein Rest, bei dem der Z¨ahlernun jedoch kleineren Grad als der Nenner hat. Das Polynom, welches nun vor demRest steht, ist problemlos zu integrieren. Was machen wir jedoch mit dem Rest?

Der Rest stellt sich als das Hauptproblem heraus. Zuerst einmal haben schlaueLeute herausgefunden, daß sich jedes Polynom als Produkt einiger Primpolynome dar-stellen laßt. Wenn wir also diese Darstellung erreichen k¨onnten waren wir schon einenSchritt weiter. Es stellt sich nun als ¨außerst hilfreich heraus, daß es nur zwei verschie-dene Arten von Primpolynomen gibt, n¨amlich der Form

(x�a) bzw. ((x�b)2+c2)

Wenn das Primpolynom(x�a) ein Teiler des Polynomsp(x) (hat nichts mehr mit demp(x) von oben zu tun) ist, gibt es also einq(x), so daß gilt:p(x) = (x�a)q(x). Dann ista jedoch eine Nullstellevonp(x). Kommt ein Primpolynom der Form(x�b)2+c2 vor,mussen wir die komplexe Nullstelle vonp(x) berechnen. Wir erhalten eine Zerlegungalso, indem wir die (eventuell komplexen) Nullstellen des Polynoms berechnen. Diesmachen wir nun f¨ur das Nennerpolynom.

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