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Direct Action ...

Konkrete Tipps ... Hintergrundinfos

Dem System quadratmeterweise das Land entziehen ... Eigentum brechen ...

www. direct-action .siehe.website

kreativer Widerstand & herrschaftsfreie Visionen 1 E

uro

Aneignung jetzt! Häuser und Plätze besetzen!... Umweltschutz von unten ... ... Reclaim the street ... Antiökonomie

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zipatorischer Politik gut begründbar, wenn z.B.Kinder/Jugendliche der dominanten Erwachsenen-welt Räume entziehen und diese auch nur für sichnutzen wollen. Oder in ähnlicher Logik Frauen ge-genüber Männern, Nicht-Deutsche gegenüberDeutschen usw.Öffentlich-emanzipatorische Projekte mit politi-scher Ausstrahlung entstehen aber erst dort, wodas, was angeeignet wurde, nicht neu der Eigen-tumslogik, dem Hausrecht usw. unterworfen wird,sondern offen steht − unter der kämpferischen Ziel-richtung, dass die Normalität von Herrschaftsbe-ziehungen nicht wieder zurückkehren kann bzw.dauerhaft angegriffen und Stück für Stück zerstörtwerden soll.

Aneignung kann ganz unterschiedlich aussehen −je nach gewünschter Wirkung und je nach dem,was angeeignet wird. Die folgenden Beispiele zei-gen auf, wie vielfältig Aneignung in Alltag und Ge-sellschaft möglich ist. Die Reihe ist jedoch unend-lich fortsetzbar − was in Theorie und Praxis auch zuhoffen ist. Denn Aneignung gehört zu einem derwichtigsten Elemente der praktischen Umsetzungvon herrschaftsfreier Gesellschaft. Nicht die Theo-riezirkel in den Hinterzimmern oft wohlsituierterStaatsangestellter werden die Welt verändern, son-dern diejenigen, die mit emanzipatorischen Zielenund intensiver Reflexion über Herrschaft und ihreAusformungen in die kämpferische Befreiung im-mer neuer Teile von Gesellschaft ziehen und daranVisionen thematisieren. Ob diese Teile Flächen,Häuser, Produktionsmittel, Wissen oder Organisie-rungsformen sind, ist dabei gleichgültig. Aneig-nung ist es immer, wenn etwas aus dem Eigentumentrissen und gleichberechtigt nutzbar gemachtwird.

Aneignung jetzt !Eigentum liquidieren ++ Häuser und Betriebe besetzenUmweltschutz von unten: ++ Flächen ohne Besitz schaffen!Aneignung bedeutet in diesem Text, Ressourcen, Flächen, Häuser, Fahrzeuge, Wissen und alles, wasbisher durch Besitz nur eingeschränkt zugänglich und nicht gleichberechtigt nutzbar war, genau die-ser Eigentumslogik zu entreißen und offen nutzbar zu machen. Es ist also nicht wie (der oft ebenfallssinnvolle) Diebstahl oder Raub, denn dieser überführt Eigentum von einem zum anderen − im günsti-gen und politisch durchdachten Fall eine Umverteilung von oben nach unten. Sondern sie bricht mitder Logik des Eigentums, entreißt BesitzerInnen von Kapital und Möglichkeiten diese, um sie gleich-berechtigt allen zugänglich zu machen.

Die Aktionsform ist:è visionär, weil der gleichberechtigte Zugriff aufalle Ressourcen, Wissen, Flächen usw. zu einerherrschaftsfreien Gesellschaft gehört unddurch Aneignung das in einem Detail sichtbargemacht werden kann. Die Debatte um die wei-tergehende Vision von Gesellschaft kann damitgut verbunden werden.è emanzipatorisch, weil sie nicht mehr an die je-weils Herrschenden appelliert (wie z.B. Streiks,Forderungen an den Staat usw.), selbst dieHerrschaftsverhältnisse am jeweiligen Punktabbaut.è eine Möglichkeit, Keimzellen zu schaffen füreine herrschaftsfreie Gesellschaft, denn die An-eignung ist in der Regel eine illegale Hand-lung und es gibt daher genau keinen Grund,irgendwelche anderen Regeln, Normen oderZwänge zu akzeptieren, sondern stattdessendas (ewige, prozesshafte) Experiment des herr-schaftsfreien Agierens mit den angeeignetenFlächen, Häusern, Ressourcen, Mitteln u.ä. zustarten.è eine Überwindung des nur Reformerischen,weil es zumindest auf das Detail des Ange-eigneten bezogen grundlegende Verhältnisseaußer Kraft setzt. Diese können sich internwieder einschleichen, aber dafür gibt es zumin-dest keinen formalen Zwang.è konfrontativ, weil Eigentum immer und überalldie Gesellschaft durchzieht und von den Herr-schenden verteidigt wird.

Aneignung ist aber nicht immer ein politischer Vor-gang. Sie kann auch, dann in der Logik von Dieb-stahl oder Raub, der Ausdehnung privater Möglich-keiten dienen. Das ist in vielen Fällen als Teil eman-

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tumslosigkeit nach außen tragen, sind das Politi-sche an der Aneignung. Spießige „Jetzt-ist-das-un-sers!“-Mentalität ist nur die Kehrseite von Rechts-staat und Bürgerlichkeit.Beispiele, Ideen usw. für Aneignungen und offeneStrukturen:è Konzept für die „Wannkopfstr. 13“, damals be-setztes Haus in Marburg mitFreiraum-Anspruchè Projektwerkstätten, z.B. die in Saasen:www.projektwerkstatt.de/saasenè Stiftung FreiRäume als Rechtsstruktur für Ei-gentumsrechts-Liquidierung: www.stiftung-freiraeume.de

Reclaim the Streets (... the night, the park ...)Demonstrationen und Kundgebungen beziehensich meist auf offizielles Recht. Nicht selten wirddas Demorecht sogar als Errungenschaft bezeich-net, die es zu verteidigen und anzuwenden gelte −dabei ist es nur noch ein kleiner Rest, in dessenRahmen stark kanalisierte Protestformen möglichsind. Dass Papi Staat und seine Getreuen (Ord-nungsamt, Bullen usw.) darauf drängen, dass Pro-test (wenn er schon nicht verhinderbar ist) als De-mo angemeldet und mit allen dazugehörigen Aufla-gen durchgeführt wird, sollte eigentlich stutzigmachen. Das geschieht aber regelmäßig nicht.

Häuser und Flächen besetzenGrundeigentum ist eineder wichtigsten Grund-pfeiler dieser Gesell-schaft. Über Häuser undGrundstücke wird dieMöglichkeit zur freienEntfaltung sowie, im Ka-pitalismus, die zur Wert-schöpfung dauerhaft undtrennscharf sehr unter-schiedlich auf die Men-schen verteilt: Einige ha-ben sehr viel (vor allemstaatliche und staatsnaheInstitutionen, Firmenund einige Reiche), andere wenig und viele garnichts. Zur Befriedigung von Grundbedürfnissenund zur freien Entfaltung ist der Zugang zu Häu-sern und Flächen aber von großer Bedeutung. Um-gekehrt bedeutet der herrschaftsförmige Zugriffauf Flächen (beim Staat zusätzlich das Recht aufEnteignung, also „Aneignung von oben“) eines derwichtigsten Mittel der Steuerung von Herrschaft,z.B. zur Abwälzung von Umweltfolgen der Profit-maximierung auf periphere Gegenden.Da das Grundeigentum eine der wichtigsten Säulender Gesellschaft ist, stellt der Bruch dieser Rechts-absicherung Normalität in Frage. Visionär wird dasProjekt aber nur dann, wenn der angeeigneteRaum wiederum eigentumslos organisiert wird,d.h. die dortigen Möglichkeiten nicht unterschied-lich zugänglich sind (Schlüsselgewalt für Räumeoder Passwörter für Technik nur bei wenigen) odergar ein eigenes Hausrecht neu geschaffen wird, uminterne Konkurrenzstärke zu organisieren.„FreiRäume“ als gegengesellschaftlich-herr-schaftsfreie Bereiche sind nur dort möglich, woHerrschaft in der gesamten Komplexität zurückge-drängt und formale Macht gänzlich abgeschafftwird.Die Ordnungskräfte der bestehenden Gesellschaftwerden viel daransetzen, die Aneignung vonGrundstücken mit anschließender Liquidierungvon Eigentumsrechten zu verhindern oder im Falledes Falles wieder rückgängig zu machen. Damitmuss von Beginn an gerechnet werden. Wer Aneig-nung als gegengesellschaftliches Projekt begreift,kann eine Besetzung nur als offensive Aktion orga-nisieren, d.h. Räumungen und Repression vonvorneherein als Teil der Aktion einbauen. Es gehtbei emanzipatorischem Verständnis nicht darum,eigentumsähnliche Situationen in Häusern durch-zusetzen, sondern die Aneignung als Kampfansagean eine herrschaftsförmige Weltordnung zu begrei-fen. Vielfältige Aktionen, die die Idee der Eigen-

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„Reclaim the street“ ist ein Gegenmodell. Das gel-tende Recht und die normalen Zonierungen vonStädten und Verkehrsflächen werden nicht akzep-tiert. Stattdessen werden Flächen und Straßen be-setzt − denkbar ist eine Strategie, sehr wendig undflexibel zu sein, d.h. den anrückenden Bullen im-mer wieder zu entwischen und sich an verabredetenneuen Plätzen wieder zu treffen. Dort beginnt wie-der alles von vorne. Wesentliches Element ist dieHoffnung, daß kreativ-spontanes Handeln bei guterVorbereitung (Ortskenntnis, Verabredungen, Stadt-pläne, handlungsfähige Kleingruppen usw.) einer

Hierarchie wie den Bullen hin-sichtlich Wendigkeit und

Schnellig-keit über-legen ist.„Reclaimthe street“will Le-bendig-keit undlustvolles Leben ausdrücken − es ist daher in derRegel verbunden mit Tanz und vielen kleinen Aktio-nen (Theater, Sabotage und mehr). In England istschon mal während einer Reclaim-the-street-Partyeine Straße unauffällig mit Presslufthammern ver-nichtet worden.Die zweite Variante ist die der schnellen Absiche-rung gegen Räumung. Ein gutes Instrument dazusind Tripods, d.h. Dreigebeine (z.B. aus drei Gerüst-stangen mit zwei Gelenken und eventuell kleinenQuerstangen) mit einem Sitzplatz oder Hängemattein der Spitze). Diese können schnell transportiertund aufgebaut werden, sind aber schwer zu räu-men. Beide Formen (Wendigkeit und Räumungs-schutz können auch verbunden werden).Reclaim-the-Street-Parties können so organisiertwerden, dass möglichst oft Bereiche mit viel Ver-kehr oder FußgängerInnen einbezogen werden, umso direkte Kommunikation zu schaffen. Wo z.B.große Straßen FußgängerInnenbereiche zerschnei-den und lahmgelegt werden, wird sehr schnellüberall diese Straße als autofreie Zone benutzt − Ak-tion und Normalität mischen sich.Nach dem Vorbild der RTS sind in der Vergangen-heit auch Reclaim-the-park oder Reclaim-the-nightals Aktionsformen entwickelt worden. Letztlich istalles möglich − von der Kreuzung bis zum Rathaus(z.B. ganz wendig als „Reclaim-the-power“ von ei-ner Behörde zur anderen). Eine Mini-Ausgabe der

RTS ist die Critical Mass: Per Fahrrad einfach spon-tan-chaotisch fahren. Nicht als Demo, sondern alszufälliges Zusammentreffen (siehe Foto links).

Copyright brechen, Wissen verfügbar machenAuf fast allen Ideen, Erfindungen und vielem ande-ren liegt ein Copyright. Mit Patenten, Urheberrech-ten (die auch von vielen sog. „Linken“ vertei-digt/eingefordert werden) und Lizenzen wird derZugriff von Menschen auf Wissen und Technik gen-auso reguliert und herrschaftsförmig gestaltet wiebei Grundeigentum und Besitz an Produktionsmit-teln. Wissen für alle freizugeben, ist allerdings vomGesichtspunkt einer emanzipatorisch-widerständi-gen Praxis einfacher als mit materiellen Dingen.Zwar ist das Veröffentlichen von Software-Source-codes oder der Copyrightbruch verboten, aber ofteinfach möglich. Die (wegen der Strafbewährunglieber anonym organisierte) massenhafte Verbrei-tung geschützten Wissens ist eine offensive politi-sche Aktion, wenn sie mit genau dieser Vermittlungfür „Freies Wissen“ erfolgt − also nicht zur eigenenBereicherung u.ä. Denkbar ist auch − im Sinnekreativer Antirepression − ganz gezielte, kleineaber öffentlichkeitsstarke Copyrightbrüche einzu-gehen, um die dann eintretende Repression zur Ver-mittlung zu nutzen.Vor allem der öffentlichen Vermittlung dient dasVerändern der geschützten Produkte selbst. Wennauf Büchern, CDs usw. die Preise auf Null gesetztund/oder ein Aufkleber zu finden ist (am bestenmassenweise), der erklärt, dass Preise und Wertset-zung dem Profit und der Organisierung von Unge-rechtigkeit dienen, demgegenüber eine andere Uto-pie denkbar wäre, kann das eine sehr direkte Ver-mittlung an viele Menschen sein − genau am Ort,wo spürbar ist, wie eingeschränkt der Zugriff aufWissen und Ressourcen unter Eigentumsrecht ist.Internetseiten zu freier Software und dahinterste-hende Gesellschaftsmodelle: www.oekonux. de.

Betriebe und Produktionsmittel übernehmenWas für Häuser, Grundstücke und Wissen gilt, giltüberall. Besonders wichtig sind Produktionsmittelwie Maschinen, Rohstoffe usw. Viele davon werdengar nicht mehr gebraucht und können sogar ein-vernehmlich vom Eigentum befreit werden − z.B.leerstehende oder nicht mehr genutzte Werkstät-ten. Wichtig ist auch hier: Es kommt nicht nurdarauf an, sie kapitalistischer Verwertung zu ent-ziehen, sondern sie von der Eigentumslogik zu be-freien. Wenn Produktionsmittel statt in Firmen inKommunen oder anderen sog. alternativen Projek-ten gehortet und gegenüber Außenstehenden ver-schlossen werden, ist wenig gewonnen.

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Theorie eines visionären UmweltschutzesAneignung von Flächen mit dem Zweck, Umwelt-schutz in die dann herrschaftsstrukturfreie Koope-ration von Menschen gleichberechtigt einzubrin-gen, fördert die Debatte um Visionen. Umwelt-schutz ist dann nicht länger ein Teil des als auto-ritär empfundenen Staates, sondern der Anfangvon etwas Neuem. In den Idee des emanzipatori-scher Umweltschutzes („Umweltschutz von unten„)werden die Menschen zu AkteurInnen. Die Straßen,Häuserblöcke und Landschaften müssen den Men-schen gehören, die in ihnen leben. Niemand kannüber Flächen und Orte bestimmen, ohne selbst be-troffen zu sein. „Demokratisierung von Flächen-und Rohstoffverbrauch“ (ständige Steigerung vonMitbestimmung) heißt das Gegenkonzept zu Ord-nungsrecht oder dem kapitalistischen InstrumentÖkosteuer. Vision ist eine Welt von unten. Die klei-nen Schritte dahin bestehen aus konkreten Pro-jekten, die die interesierten und betroffenen Men-schen zu den EntscheiderInnen machen: Windanla-gen, die den Menschen drumherum gehören (stattteurer Großanlagen ohne örtliche Akzeptanz),Stromnetze im Besitz der BürgerInnen, ökologischeBauernhöfe im Gemeinschaftsbesitz, lokale Ökono-mien ohne Apparate, Selbstverwaltung ohne Partei-en, Behörden, Vorstände und vieles mehr. www.umwelt-und-macht.tk.

Visionen debattierenMit allen Aktionen der Aneignung kann und solltedie Debatte um Visionen verbunden werden. Einmalbietet das konkrete Projekt Ansätze, denn die Fragedes „Was ist, wenn alle das machen/das überall sowäre?“ kommt schnell auf bzw. wird schnell vonAußenstehenden gestellt. Darüber entsteht das Ge-spräch zu weitergehenden Entwicklungen und Uto-pien. Zudem lässt sich die Debatte auch selbst anzet-teln:è Diskussions-, Info- oder Vortragsveranstaltun-gen, Workshops und Seminare im Zusammen-hang mit dem konkreten Projekt oder auchlosgelöst davonè Direkte Aktionen, die visionäre Positionen überdas konkrete Projekt hinaus tragen, z.B. durchweitere symbolische Aneignungsaktionen (ne-ben einem dauerbesetzten Haus immer malwieder andere kurzzeitig besetzen, Gratisabtei-le in Zügen durchsetzen, herrschaftsfreie Zo-nen auf dem Marktplatz, wertfreie Zone imKaufhaus zeitweise besetzen usw.)è Flugblätter, Broschüren, Zeitungen, Pressear-beit usw.è Auch Militanz kann (und sollte!) mit visionären

Spannend ist die Frage der Aneignung für Arbeits-kämpfe. Streiks sind ein Appell an die Herrschen-den und wollen deren Verhalten netter gestalten,aber Herrschaft nicht aufheben − nicht mal einStückchen. Visionär wäre die Aneignung, d.h. dieBesetzung der Firma und die Aneignung des Pro-duktionsprozesses. Allerdings − das ist kein Zufall− ist das nicht erlaubt. Arbeitskämpfe in anderenLändern, in denen das ebenfalls nicht erlaubt ist,zeigen aber, dass solche von vielen durchgeführtenAktionen in der Regel nicht verfolgt werden.

Umweltschutz von unten in PraxisFlächen von Eigentum zu befreien, gehört zu Aktio-nen nach einem Verständnis von Umweltschutz, diefast nirgends diskutiert und erst recht nicht ange-wendet wird − der Verbindung von Ökologie undSelbstbestimmung. „Normaler“ Umweltschutz ap-pelliert an Menschen in ihrer Funktion als Besitze-rInnen, KonsumentInnen usw. − also immer in vol-ler Eigentumslogik. Oder an den Staat bzw. an Fir-men, die ihre Machtmöglichkeiten nutzen sollenzugunsten von Tieren, Pflanzen und Lebensgrund-lagen. Spannend ist schon die Theorie der emanzi-patorischen Ökologie: Flächen und Rohstoffe derEigentumslogik entziehen und dann der Kooperati-on von Menschen zu überlassen, wobei niemand vondiesen mehr über Machtstrukturen bestimmenkann, was mit einer Fläche geschehen soll. Menschstelle sich das vor: Ein Innenhof, bei dem die Men-schen, die dort wohnen, sich frei einigen können(ohne Regeln, HausbesitzerInnen usw.), wie sie ihngestalten. Oder Freiflächen, Landschaft usw. um ei-nen Ort. Wenn der Abbau von Rohstoffen immervoraussetzt, dass die Menschen dem zustimmen,werden sie sich für selbigen eher interessieren. Siemüssen immer gewonnen werden dafür, dass derRohstoff genutzt wird − was umwelt- und men-schenverträgliche Verfahren ihrer Gewinnungfördern wird. Die Angst, dass Menschen dann,wenn sie über ihre Umwelt Gestaltungsmacht ha-ben, diese bis in letzte ausrauben, ist ein Märchendes Kapitalismus. Tatsächlich ist es der Verwer-tungszwang und die Existenz von Herrschaftselbst, der dazu führt − denn nur dann sind die Fol-gen von Umweltzerstörung auf andere, die nicht zu-stimmen müssen, abwälzbar. Eigentumsfreiheit aufFlächen und die kooperative Entscheidung vonMenschen, was mit ihnen geschehen soll, bietenspannende, nicht kalkulierbare, aber eben gleichbe-rechtigte Möglichkeiten, Umweltschutz als Vor-schlag einzubringen und so zu formen, dass er mitanderen Interessen vereinbar ist. Solche Projektekönnen Anfänge einer Debatte um andere Strategi-en des Umweltschutzes ein, aber auch wieder derAuslöser zu visionären Diskussionen.

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Positionen verbunden werden. Wer Banken, Po-lizeistationen, Zeitarbeitsfirmen, Gerichte, Pa-tent- und Kreiswehrersatzämter bemalt, ent-glast oder thermisch entsorgt, muss die dahin-terstehenden Ideen nicht im Ungewissen lassenoder sich auf die Kritik am Getroffenen be-schränken. Denkbar ist, z.B. in BekennerIn-nenschreiben, auch die Thematisierung von Vi-

sionen − sei es allgemein für eine Gesellschaftohne solche Einrichtungen oder für das kon-krete Objekt mit der Thematisierung, was ausGebäude oder Fläche gemacht werden kann,wenn der Ursprungszweck beendet würde.Diskussionen und Text zu herrschaftsfreier Gesell-schaft: www.herrschaftsfrei.tk.

Tipps für FlächenbesetzungenEin Golfplatz soll gebaut werden. Oder eine Autobahn. Die Aussaat auf ei-nem Genversuchsfeld steht bevor. Morgen ist Spatenstich für ein neuesumweltzerstörendes Großkraftwerk. Die grüne Wiese soll mal wieder zueiner Konsumfläche plus Parkplätzen werden. Diese und viele Gründekönnen für eine Besetzung sprechen.

Flächenbesetzungen sind ein Mittel neben mehre-ren anderen, Protest zu artikulieren. Sie bieten aberChancen, die mit anderen Methoden nur schwer zuerreichen sind, weshalb sie in vielen der genanntenoder ähnlichen Fällen als ein Teil vielfältiger Wider-standsmischungen dazugehören sollten. Diese sindu.a.è Sichtbares Zeichen als Erregungskorridor: Diebesetzte Fläche, bunt und auffällig gestaltetbildet einen ständigen Aufmerksamkeitspunkt.Sie signalisiert, dass sich Widerstand erhebt,dass die Macht des Faktischen (also der Baube-ginn, die Aussaat usw.) nicht einfach hinge-nommen wird. Das Nein wird vom Wort zurTat. Ein bisschen Flair des gallischen Wider-standsdorfes zieht durch die Landschaft.è Ständiger Anlaufpunkt: Eine Flächenbeset-zung ist ein offener, kommunikativer Punkt.Sie hat Schnittmengen zur nächtlichen Sabota-ge an Baustellen, Genversuchsfeldern oder Ge-bäuden, aber eben den entscheidenden Unter-schied, dass sich die handelnden Menschenhier offen zeigen. Wer Unterstützung oder Kri-tik formulieren will, kann einfach hinkom-men.è Die Flächenbesetzung ist gut verbindbar underweiterbar durch Aktivitäten in den umgeben-den Orten. Damit wird die Kommunikationweiter gestärkt, am besten verbunden mitfreundlichen Einladungen, das Widerstands-dorf zu suchen.è Die besetzte Fläche schafft sofort eine hervor-ragende Infrastruktur am Ort des Geschehens.Oft fehlt die in der Nähe umkämpfter Objekte.Ständige Anfahrten, fehlendes Material usw.sind die Folge. Auf der besetzten Fläche kön-

nen in Türmen,Zelten, Bauwägenoder Hütten Akti-onsplattformen,Materiallager undÜbernach-tungsplätze ent-stehen.è Foto- und telegen ist der besetzte Platz auch.Das bringt gute Chancen in Medien.

Beispiel: Gentechnikflächen in den 90er JahrenEs gibt mehrere Gründe, warum die Kritik an Gen-technik gerade in Deutschland weit verbreitet ist.Einer ist, dass der Protest (ähnlich wie der gegenAtomkraft) widerständiger und direkter ausfiel alsin vielen anderen Industrienationen. Hauptanteildaran hatten Feldbesetzungen. Ab 1992 wurden im-mer wieder Flächen vor der Aussaat erobert, mitZelten, Bauwägen, Lock-ons und vor allem Türmengesichert. Überall brach in den Tagen danach dieDebatte aus, Veranstaltungen und Diskussionenfüllten Hallen, schließlich spazierten jeden Abendviele, manchmal Hunderte von AnwohnerInnen aufdas besetzte Feld mit Kuchen oder Kritik imGepäck. Die offene Auseinandersetzung war nichtmehr aufzuhalten.Einige der Felder wurden geräumt, aber die Aktionhatte Spuren hinterlassen. Vielfach wurden späterdie mit Polizeigewalt durchgesetzten Felder nachtszerstört mit breitem Applaus in der Region. Hessenwurde sogar ganz offiziell von den Gentechnikfir-men nach etlichen Besetzungen und Zerstörungenaufgegeben.Doch das ist lange her. Direkte Aktion geriet in Ver-gessenheit, die professionellen Umweltverbände

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übernahmen das Geschehen, druckten bunte Post-karten, Prospekte und aufblasbare Tomaten. DieKontonummer vergaßen sie ebenso selten wie dieDistanzierung von den bösen Zerstörungen und Be-setzungen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen:Solch ein zahmer Protest reicht nicht. Mitte des fol-genden Jahrzehnts waren Felder mit gentechnischveränderten Pflanzen weit verbreitet. Erst jetztrückte zaghaft die öffentliche, direkte Aktion wie-der in den Vordergrund. Den Anfang machte 2005die Kampagne Gendreck weg, die obwohl gewaltfreiund eher bürgerlich-zahm, den etablierten Verbän-den schon zu weit ging. BUND und andere distan-zierten sich im Akkord. Doch das hielt die Sachenicht auf. Ein Jahr später gelangen die ersten dreioffenen Befreiungen: Oberhoihingen, Badingen,Gießen. Und 2007 versuchte eine Runde entschlos-sener Menschen in Groß Lüsewitz endlich wieder ei-ne Feldbesetzung, die knapp, aberspektakulär scheiterte. Die Wir-kung der 90er-Jahre-Aktionenkonnte sie aber trotzdem wiederho-len: Das Geschehen wartagelang Thema imnahen Dorf und diedortigen Gentech-nikmafiosi vomAg(g)ro-Biotechni-kum gerieten unterDruck. Erklärten sie sonstimmer ihre Gesprächsbereit-schaft, schlossen sie sich nunin ihrem Palast ein ...

Vorbereitung und DurchführungEs lohnt sich, die in Frage kommenden Flächenund die Umgebung genauestens zu überprüfen.Nicht die Zahl von Laber- oder Bündnistreffen ent-scheidet über die Qualität der späteren Aktion, son-dern die Aneignung von Know-How, das richtigeMaterial und eine gute Kenntnis der Lage vor Ort.Kriterien bei der Auswahl der Fläche sind: è Nicht jede Fläche ist gleich wichtig. Aufgroßen Baustellen müssen die empfindlichenStellen getroffen werden. Bei Genversuchsfel-dern geht es um den richtigen Ort, weil meistnur ein kleiner Bereich der angemeldeten Flur-stücke für die Gentec-Pflanzen vorgesehen ist.Gute Karten, Geländebeobachtung, Satelliten-bilder aus dem Internet und raffinierte Anfra-gen auf der anderen Seite können die nötigenInformationen zusammenbringen.è Nicht jeder Punkt ist gleich geeignet. MancheStellen sind besser zu verteidigen, weil kaumzugänglich, z.B. durch einen Graben vor Be-

fahren geschützt. Andere sind besonders unge-eignet wegen unsicherer Bodenverhältnisseoder Stromtrassen.è Nicht jeder Punkt ist gleich sichtbar. Umspäter eine große Außenwirkung zu erzeugen,ist die Nähe zu Orten, Straßen, Wanderwegenoder Veranstaltungszentren wichtig.Entscheidend sind auch die Zugänge. Je nach Artder Besetzung sind Befestigungen und Materialiensinnvoll, die die Räumung erschweren. Die abermüssen auch auf die Fläche gebracht werden. Wereinen hohen Turm aus Bäumen bauen will, muss ei-nen Wald in der Nähe haben. Transportwege müs-sen gut gangbar, aber auch unbeobachtet sein.Gehören Wald oder Alleebäume zur besetzen Fläche,sind überhaupt erst Besetzungstechniken wieBaumhäuser möglich, andere wie Walkways (Stahl-drähte zwischen Bäumen) möglich.

StrafrechtDas Überraschende: Besetzungenallein sind meist gar nichtstrafbar. Wenn die Flächenoch nicht genutzt und ein-gezäunt ist, wird es schwer,Hausfriedensbruch oderSachbeschädigung zu kon-struieren (versuchen werden esverfolgungswahnsinnige Uni-formierte oder RobenträgerIn-nen aber oft schon). Erst nach der

klaren Aufforderung, ein Gelände zu verlassen,kann Hausfriedensbruch geahndet werden.Allerdings hilft Kreativität immer. Sollte das Gelän-de eingezäunt oder per Schild als Betreten verbotengekennzeichnet sein, so muss das Tor offen, derZaun bzw. das Schild weg sein. Noch besser ist einneues Schild „Tag der offenen Tür“ oder ähnlich,z.B. in der Nacht vorher angebracht. Wer das war:Keine Ahnung. Die Flächenbesetzis aber kamenerst, als der Zugang offenbar erlaubt war. Also keinHausfriedensbruch. Klare Anweisungen könnenauch schnell unklar gemacht werden. So wurde aufeinem besetzten Genfeld in Iba (Osthessen) vom Be-sitzer die zu räumende Fläche mit Sportplatzkreidegekennzeichnet. Am nächsten Morgen war die Li-nie verlegt − Stück für Stück abgetragen und woan-ders wieder aufgebracht ...Strafrechtliche Folgen entstehen eher im Umfeld,z.B. der Klassiker Widerstand gegen die Staatsge-walt (ein Uniformierter erzählt dem Richter, er seigeschubst worden ...). Aber das kann auch beimPostkartenverteilen passieren. Wer den Mächtigenein Dorn im Auge ist, bekommt deren schmutzigeTricks manchmal zu spüren. Wer ihnen kein Dorn

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Der Verordnungsnaturschutz stößt heute an seineGrenzen. Dies liegt zum einen in der Naturschutz-verwaltung selber begründet. Die strukturellenProbleme der Naturschutzverwaltung liegen in de-ren Kompetenzverhältnis zu anderen Verwaltun-gen, Personalð und Mittelausstattung begründet(z.B. plant die Naturschutzverwaltung eben keineStraßen, auch wenn diese durch Naturschutzgebie-te führen, sie hat nur Einspruchsrecht). Insgesamtkommt der Naturschutzverwaltung damit die Rollevon Zaungästen zu, die große Po-litik machen andere. Auch De-tailänderungen bringen hiermeist keine nennenswerten Ver-besserungen. ABMaßnahmen,personelle Umstrukturierungenoder Verschiebung der Zuständig-keiten von Kreisð auf Landesebe-ne oder umgekehrt ändern nichtsan diesem Dilemma. Vor Ort (vorallem in Gemeinden kleiner als20.000 EinwohnerInnen), wo diemeisten für die Landnutzungwichtigen Entscheidungen fallen,ist meist gar keine Naturschutz-

verwaltung vorhanden oder es gibt nur einzelneNaturschutzbeauftragte, die meist wenig Durchset-zungsvermögen besitzen. Ganz zu schweigen vonausreichend Finanzmitteln, um einen wirkungsvol-len Naturschutz vor Ort aufzubauen. Naturschutzverkommt so zu einem Feigenblatt für eine auf Um-weltzerstörung basierende Politik.Das zweite ist ein Akzeptanzproblem. Konnte sichdie Verwaltung noch in den achtziger Jahren auf ei-ne starke ehrenamtliche Naturschutzlobby berufen,so ist sie heute fast auf sich allein gestellt.Sie stößt daher immer mehr an ihre Gren-zen, da sich andere Verwaltungen besserdurchsetzen können (mehr LobbyistInnen)und von vornherein mit weitreichenderenBefugnissen ausgestattet sind. Vor Ortstößt das Handeln der Naturschutzverwal-tungen zunehmend auf Widerstand undUnverständnis der BürgerInnen und Land-nutzerInnen. Natürlich wird die Angst vordem Naturschutz aus bestimmten politi-schen Kreisen gezielt geschürt, aber sie hatauch ihre berechtigten Ursachen, die wirNaturschützerInnen nicht leichtfertig ab-tun können:

Naturschutz von unten !Ein neuer Naturschutz mit den Menschen

im Auge ist, na ja ... kann auch zu Hause bleiben.Ein Widerstandsdorf ist immer eine Mischung ausvielen Aktionsmethoden. Damit die Besetzung aucheine Weile hält, sollten Befestigungsideen immer ei-ne Rolle spielen. Rundherum aber ist alles möglichvon der Party über Gratisessen, gute Flugblätter,Fakes der Gegenseite, eine eigene Gegendemonstra-tion gegen sich selbst bis zu nächtlichen Ausflügenin die Umgebung voller Plakate, Schilder, Institu-tionen und Firmen. Zwei besondere technische Be-festigungen sollen etwas ausführlicher vorgestelltwerden. Für eine konkrete Durchführung reichtdas nicht, aber als Einstieg. Genauere Informatio-nen finden sich im Internet und in der Blockadefi-bel (www.aktionsversand.de.vu). Außerdem heißtes: Üben, üben, üben! Denn auf der Fläche soll esschnell und unauffällig gehen. Die Sachen müssenstehen, bevor die Uniformierten ihre parteiischenGegenaktion starten und Baustellen, Autobahnen,Genversuchsfelder zu retten versuchen ...

Genauere Texte zum Bau von Türmen, Tripods undLock-ons finden sich im Direct-Action-Kalender2008 und auf den Extra-Seiten zu Besetzungen aufwww.direct-action.tk.

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Naturschutz führt. Die Konsequenz für den Natur-schutz wäre: Naturschutz müsste mit Polizeigewaltdurchgesetzt werden (Ranger und ähnliches sind jaschon ein Schritt in diese Richtung, der NABU HHfordert z.B. den Einsatz von Polizei in Naturschutz-gebieten), dann wären wir auf dem besten Wege indie „Ökodiktatur“ ...

Demokratisierung des NaturschutzesAlle gesellschaftlichen Bereiche müssen demokati-siert werden. Doch muss der Naturschutz daraufnicht warten, er kann auch eigenständig demokra-tisiert werden und damit am Ende sogar mehr undvor allem dauerhafter Naturschutz umsetzen.Selbst eine rein auf Naturschutzfragen beschränkteDemokratisierung würde Probleme lösen helfen.Denn Entscheidungen, die gemeinsam von allenMenschen einer Region erarbeitet und getroffenwurden, werden erfahrungsgemäß lange mitgetra-gen und auch umgesetzt. Ein Naturschutz, der aufdemokratischen Entscheidungen vor Ort und frei-willigen Vereinbarungen beruht, basiert auf derÜberzeugung der Menschen vor Ort. Ziel des Natur-schutzes sollte es also sein, die Menschen vor Ortselber über die Nutzung ihrer Landschaft entschei-den zu lassen. Dies sollten aber nicht nur dieGrundbesitzerInnen, die Gemeindeverwaltung odergar irgendwelche FunktionärInnen-Grüppchen al-leine tun, sondern immer die betroffenen Einwoh-nerInnen. Dabei haben alle AnwohnerInnen dasgleiche Recht, Entscheidungen fallen im allgemei-nen im Konsens. Wenn kein Konsens zu erzielenist, entscheidet die Mehrheit. Gesellschaftliche Min-derheiten müssen speziell berücksichtigt werden.Grundbesitz-/ nutzerInner sollten Änderungswün-sche ihrer Nutzung zur Abstimmung stellen. Siesollten nicht mehr Rechte haben, Luft und Bödenzu verschmutzen, als andere Menschen. Sicher wä-re es so schwierig, ganze Nationalparks oder auchNaturschutzgebiete auszuweisen, weil immer ir-gendwelche NutzerInnen Bedenken anmelden wür-den. Wenn dieses Konzept so umgesetzt werdenwürde, bräuchten wir allerdings auch keinen Na-tionalpark mehr. Und es gäbe dann weniger Kristal-

‰ Wertminderung des eigenen Grund und Bodensbei Unterschutzstellung‰ Einschränkung bisher bestehender Rechte, oh-ne selber Einfluss darauf zu haben‰ Weiterer Verlust von Arbeitsplätzen und Be-triebsschließungen in sowieso schon gebeutel-ten Branchen, wie Fischerei und Landwirt-schaft‰ Psychologisch: nicht mehr „Herr“ über das eige-ne Land zu sein.Sicher kann der Naturschutz nicht Fehlentwick-lungen in anderen Bereichen (z.B. Landwirt-schaftspolitik der EU, Verkehrsplanungen) alleinverantwortlich gemacht werden, aber er muss hierstärker seine Rechte einfordern und vor allem trag-fähige Alternativen aufzeigen. Das Akzeptanzpro-blem des Naturschutzes ist mittlerweile allgemeinbekannt, doch sind die bisherigen Maßnahmen da-gegen halbherzig und inkonsequent, sie versuchennur den festgefahrenen Verordnungsnaturschutzdurch professionelle Information, Mediation, Mode-ration, Agenda-Arbeit usw. den Menschen vor Ortschmackhaft zu machen. Ein Überdenken des bis-herigen Verordnungsnaturschutzes sucht menschdagegen vergeblich.

Neue Wege im NaturschutzDabei brauchen wir ganz neue Wege im Natur-schutz. Es kann nicht Ziel des Naturschutzes sein,möglichst viel Verwaltung, Bürokratie und Gesetzeaufzubauen. Dies kann zwar kurzfristig einzelneGebiete und Arten retten, jedoch langfristig kaumaufrecht zu erhalten sein (siehe Konflikte um dieNationalparks). Denn die Menschen vor Ort werdennicht verstehen, warum in der Wirtschaft immermehr auf Deregulierung gesetzt wird und im Na-turschutz die Bestimmungen immer bürokrati-scher werden. Auch wenn an vielen Stellen direkt-demokratische Elemente etabliert werden, die Men-schen vor Ort aber einer immer mehr bevormun-denden Verwaltung ausgesetzt sind. So entsteht ei-ne ablehnende Haltung gegenüber dem Natur-schutz, die am Ende zu weniger oder gar keinem

www.vortragsangebote.siehe.websiteIhr wollt eine Diskussion, einen Workshop oder ein Seminar machen? Und sucht Referent_in-nen, Trainer_innen ...? Dann guckt Euch mal die Themenliste auf vortragsangebote.siehe.website an: Von Trainings zu kreativem Widerstand über Workshops zu Hierarchieabbau oder po-litischen Themen wie Demokratiekritik, Herrschaftsfreiheit oder Umweltschutz von unten bis zuden legendären Ton-Bilder-Schauen oder Filmen ist da viel zu finden. Meldet euch bei Interesse

in der Projektwerkstatt: 06401/903283 oder [email protected].

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lisationspunkte, an denen sich Konflikte aufschau-keln könnten. Auf Dauer könnte so ein Naturschutzwachsen, der auf Einsicht und demokratischer Ent-scheidung und nicht auf Druck von oben beruht.

Konkrete Schritte zur UmsetzungFreiwillige Vereinbarungen: Ganz einfach undohne größere Anstrengungen könnte der Natur-schutz auf der Basis freiwilliger Vereinbarungenintensiviert werden. Hierzu gibt es einerseits diestaatlichen Möglichkeiten des Vertragsnaturschut-zes, andererseits können sich freiwillige Vereinba-rungen auch auf Flächentausch, gemeinsame Ver-marktung, Erzeuger-Verbrauchergemeinschaften,Güllebörsen oder Wasserstandsregulierungen be-ziehen. Hierzu müssen alle AkteurInnen von derNotwendigkeit der Maßnahme überzeugt werden.Dies geht meist nur durch direkten Kontakt mitden Betroffenen und in persönlichen Gesprächen.Ist eine Maßnahme erstmal gut angelaufen, werdensich andere anschließen.Dieser erste Schritt ist unabhängig von einer verän-derten Struktur der Naturschutzverwaltung sofortmöglich und wird auch an vielen Stellen in Ansät-zen praktiziert. Allerdings bewirkt der Verord-nungsnaturschutz ein sehr schlechtes Image desNaturschutzes, was eine gewisse Skepsis bei vielenNutzerInnen gegenüber solchen Vorhaben bewirkthat. Insofern wird dieser Schritt alleine kaum Ver-besserungen bringen, erst in Verbindung mit denfolgenden Schritten können sich freiwillige Verein-barungen voll entfalten. Flächenankäufe sind zwarauch freiwillige Vereinbarungen, aber sie sind aufDauer sehr teuer, weil neben dem Grunderwerbnoch die Pflege dieser Flächen auf Dauer zu Bucheschlägt. Nutzt der Landwirt die Fläche, fallen beideKosten nicht an. Nur Ausgleichszahlungen fürNutzungsbeschränkungen müssten im Einzelfallausgehandelt werden. Weiterhin spricht gegenFlächenaufkäufe, dass hier meist kleine und aufGrenzertragsböden wirtschaftende Betriebe Flä-chen abgeben und Großbetriebe immer größer wer-den. Der Aufkauf von Flächen unterstützt also dieKonzentration der landwirtschaftlichen Betriebeund führt auf Dauer zur weiteren Vernichtung derkleinbäuerlichen Landwirtschaft.Einrichtung geeigneter Strukturen vor Ort: Na-turschutz ist Basisarbeit, er findet vor allem ankonkreten Projekten vor Ort statt. Naturschutz vonunten muss also auch alle wichtigen Entscheidun-gen vor Ort selber fällen können. Eine elementareVoraussetzung für eine Demokratisierung des Na-turschutzes ist daher die Einrichtung von Bürger-Innenversammlungen, Naturschutzstationen, Na-

turschutzðAGs oder regionalen Umweltzentren. Al-le Einrichtungen sollten für alle BürgerInnen offensein und aus ihnen selber entstehen, also nicht vonoben eingesetzt oder vorgeschrieben werden.Besonders geeignet erscheinen aus den bisherigenErfahrungen die Naturschutzstationen oder Ökolo-gischen Stationen, weil sie eineN festeN Ansprech-partnerIn in Sachen Naturschutz, an die sich dieBevölkerung wenden kann, darstellen (vergleich-bar mit einer Kirchengemeinde). Die Naturschutz-station hat ein offenes Ohr für die Probleme derMenschen vor Ort und hat aber gleichzeitig die fi-nanzielle und organisatorische Ausstattung, sichfür die Belange des Naturschutzes einzusetzen,Projekte zu initiieren und Öffentlichkeitsarbeit zubetreiben. Die Naturschutzstationen haben ihr Zielim Namen verankert und unterliegen nicht demDruck von oben oder dem Zwang, Mehrheiten zu re-präsentieren. Sollten also bestimmte Naturschutz-vorhaben gerade nicht durchsetzbar sein, wird dieNaturschutzstation noch mehr Menschen davonüberzeugen müssen. Ihr Erfolg hängt direkt damitzusammen, wie sie Menschen überzeugen kann.Übergabe von Kompetenzen: Der nächste Schrittsollte die Übergabe von staatlichen Kompetenzensein. Hier könnte der Anfang mit dem Vertragsna-turschutz gemacht werden, der schon jetzt in eini-gen Biologischen Stationen verwaltet wird. Anzu-streben wäre aber auch, daß Kompetenzen für dieAusweisung von Schutzgebieten, Planungen oderdie Mittelvergabe vor Ort geregelt werden. Hierzuwären sicher auch Gesetzesänderungen nötig.Auflösung von Verwaltungsstrukturen: Die Auf-lösung von Verwaltungsstrukturen ist auf Dauereine der wichtigsten Voraussetzung dafür, dass Na-turschutz von unten wachsen kann. Die Servicelei-stungen der Naturschutzverwaltungen, wie z.B.Erfassung von Daten über Tier- und Pflanzenartenoder die Betreuung von Schutzgebieten könntenauch von Naturschutzstationen vor Ort übernom-men werden. Überregionale Anliegen könnten voneinzelnen Stationen übernommen werden (z.B. Wie-senvogelschutz übernimmt die Naturschutzstation,in einer Region mit einem hohen Wiesenvogelan-teil). Eine Umstrukturierung der Naturschutzver-waltung hinein in die regionalen Strukturen (Sta-tionen, Beauftragte) wäre nicht sinnvoll, da die be-stehenden Feindschaften einfach weiter bestehenund kein echter Neuanfang möglich wäre.

Ziel: Demokratisierung in allen BereichenNeben den Naturschutzbereichen sollten auf Daueralle den Landschaftsverbrauch betreffenden Ent-scheidungen (Straßenbau, Kiesabbau, Siedlungs-

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nis“‰ Reaktivierung alter Nutzungsformen mit derdazugehörigen Vermarktungsstruktur‰ Direktvermarktung und Ökolandbau‰ Erhaltung bzw. Wiederherstellung von Klein-strukturen (Knicks, Feldgehölze, Tümpel,usw.)‰ Wiederherstellung des natürlichen Wasserregi-mes.All diese Dinge können aber nicht auf einmal umge-setzt werden, sondern bedürfen der Überzeugungaller Beteiligten, hier spielt die Naturschutzstationeine wichtige Rolle. Trotzdem sollten diese undnoch weitere Ziele möglichst von Anfang an klar be-nannt und einvernehmlich umgesetzt werden.

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bau, usw.) vor Ort gefällt werden. Dies würde denNaturschutz aufwerten, weil er nicht mehr überge-ordneten Planungen unterzuordnen wäre. Sicherwäre es schwieriger, Großprojekte, wie Autobahnenoder den Transrapid durchzusetzen. Dies ist im In-teresse des Naturschutzes. Gibt es allerdings einenechten Bedarf für ein Großprojekt, kann dies auchmit direkt-demokratischen Prozessen eine Chancehaben, es würde dann aber von breiten Bevölke-rungsteilen getragen und deren Belange in die Pla-nung integriert.

Dauerhafte Ziele des NaturschutzesNatürlich sollte ein Naturschutz von unten nichtbeliebig sein und allen Konflikten ausweichen. Ersollte klare Ziele formulieren (im Rah-men regionaler BürgerInnenforen)und diese dann mit den Menschenumsetzen. Aufgabe einer Naturschutz-station wäre, hier immer wiedergleichberechtigt die Belange des Na-turschutzes einzubringen. Die Umset-zung erfolgt wie oben beschriebendurch Kooperation und Mehrheitsent-scheide. Folgende Ziele wären z.B. ausnaturschutzfachlicher Sicht anzustreben:‰ mindestens 15% Naturschutzfläche oder „Wild-

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Wenn niemand als EigentümerIn das letzte Worthaben kann, sind auch alle NutzerInnen gleichbe-rechtigt. So ist es viel leichter, auftretende Konflik-te kooperativ zu lösen, da sich niemand auf „sein Ei-gentum“ berufen kann. Solch Niemandseigentumist noch Utopie. Dem lässt sich nicht nur durch eineBesetzung näherkommen, sondern auch mit recht-lichen Konstruktionen. Das versuchen zum Bei-spiel die Stiftung Freiräume (www.stiftung-frei-raeume. de.vu) und das Mietshäuser-Syndikat(www.syndikat.org). Doch nicht nur Rechtskon-struktionen sind wichtig, sondern der Gartenall-tag, auch in bereits bestehenden Gartensparten:weg von umzäunten Mini-Parzellen hin zu einer ge-meinschaftlichen Nutzung. Das muss nicht heißen„jedeR kümmert sich um alles“. Dieser Ansatz en-det leider meist darin, dass niemand etwas macht.Ideal wäre eine Mischung: klare, selbstbestimmteVerantwortlichkeiten, ein bunter Mix aus individu-ell beackerten Beeten und Gemeinschaftsflächen.Wichtig ist, dass es immer möglich ist, zu verhan-deln, wer welche Flächen wie nutzt. In einem Gar-ten ist dies günstigerweise die Zeit nach der Ernteoder vor der Saat.Wichtig ist es, hierfür so weit wie möglich Transpa-renz zu schaffen. Eine zentrale Infowand mitGrundriss, auf der einzelne einzeichnen, was siedort machen wollen; kleine Schildchen an Beeten,wer sich gerade drum kümmert; eine Gartenvolx-küche zum gemeinsamen Austausch... Möglichkei-ten hierfür gibt es viele.

Interne HierarchienDen Garten als Freiraum zu nutzen, heißt natürlichauch, Hierarchien unter den GärtnerInnen mög-lichst abzubauen. Es ist offensichtlich, daß ein Ver-ein da keine geeignete Organisationsform ist. Aberselbst der Eindruck, dass ein Garten von einer „fe-sten Gartengruppe“ besessen wird, kann abschrek-kend wirken, und schafft eine Hierarchie zwischen„Gruppenmitgliedern“ und „Außenwelt“. Je offenerder Garten ist, desto wahrscheinlicher ist es, dassder Garten von vielen unterschiedlichen Menschengenutzt wird − umso wichtiger wird es aber auch,

Bei einem „besetzten“ Stück Land, also einer Flä-che, die ohne Erlaubnis der Eigentümerin zum Gar-ten umgestaltet wird ist dies noch relativ klar:“Wenn das alle machen würden..“- dann würde dieIdee vom „Eigentum an Land“ stark ins Wanken ge-raten. Doch: häufig hat gar niemand etwas dagegen,wenn Brachflächen „verschönert“ werden. UnterUmständen lässt sich sogar Unterstützung vom Ei-gentümer oder der Stadt bekommen. Was dann?Wie kann gerade ein legaler Garten politisch aktivsein?Hier heißt es, gerade auch einen legalen Garten alspolitischen Freiraum zu begreifen, in dem versuchtwird, Elemente einer herrschaftsfreieren Gesell-schaft bereits zu leben, und von dem aus ein Kampfgegen die Verhältnisse besser möglich wird. Wasaber heißt das in einem Garten?

Eigentums logik entziehenDas kann heißen, den Garten so weit wie möglichder Eigentumslogik zu entziehen.

Vom Radieschen zur Revolution?Wann wird Gärtnern politisch? Die einfachste Antwort auf diese Frage liegt buchstäblich auf derHand: in Form des Radieschens, das einen kleinen Teil zur Selbstversorgung beiträgt. Wer Essenselbst erntet, muss es nicht kaufen. Doch Selbstversorgung hat ihre Grenzen − gerade in der Stadt istes nahezu unmöglich, sich komplett selbst zu versorgen. Daneben bleibt fraglich, ob die Idee einerautarken Wirtschaftsweise schon für sich eine wünschenswerte Utopie ist. Endet die Revolution imGarten also beim Radieschen?

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auf andere zuzugehen, und eine gewisse Verbind-lichkeit in Absprachen einzuhalten. Eine „festeGruppe“ wirkt wie ein Gartenzaun: beides ist einedeutliche Abgrenzung. Das kann unter Umständensinnvoll sein, um sich vor unachtsamen Betrun-kenen, querparkenden Autos und gassigehendenHundebesitzerInnen zu schützen. Die Abgrenzungwirkt aber gerade dadurch, dass sie an die Eigen-tumslogik anknüpft, wie auch ein Zaun immer ver-mittelt: „Achtung, dieses Stück Land gehört jeman-dem.“ Konsequenter ist es, sich die Offenheit zu be-wahren, und Probleme kommunikativ und nichtdurch Abgrenzungen zu lösen. Das ist auch vielpraktischer: sympathisierende NachbarInnenschützen einen Garten um vieles besser als ein Gar-tenzaun. Um Missverständnissen vorzubeugen: ein ,politi-scher' Garten ist nicht der, in dem alle NutzerInneneine Liste von politischen Forderungen unter-schreiben, oder täglich eine schwarzrote Fahne ge-hisst wird. „Politisch“ heißt zuerst einmal, dass po-litische Ziele, wie der Kampf gegen Herrschaft sichauch in der Struktur des Gartens widerspiegeln.Zum Beispiel: niemand sollte für den Garten alsGanzes sprechen können. Der Garten dient für alleBeteiligten nur als Plattform. Alle haben die glei-chen Möglichkeiten auf seine Ressourcen zuzugrei-

fen. Konkret: ein anarchistisches Manifest, das„der Garten“ veröffentlicht, ist schon darum zwei-felhaft, weil es eine gemeinsame Identität schafft,und Unterschiede glattbügelt. Wichtiger als ein ge-schlossenes politisches Auftreten ist eine offene leb-hafte Debatte. Das bedeutet nicht, dass das anarchi-stische Gartenmanifest nicht veröffentlicht werdensoll, aber eben nicht als „Gesamtmeinung“ sondernals ein Standpunkt. Die gleichen Möglichkeiten ste-hen allerdings auch einem eher konservativen Ge-genmanifest zu, das an der Infowand daneben aus-hängt, und ebenso Reaktionen darauf.Die Dynamik einer solchen Diskussionskultur er-möglicht es, auch in ganz praktischen Fragen zuviel interessanteren Ergebnissen zu kommen, alswenn Einzelne die Dinge aus gutem Willem vorent-scheiden. Oft sind gerade die politisch Aktiven hier-für anfällig. Doch: politische Ansprüche beweisensich in der Praxis.Natürlich heißt das nicht, dass mensch jedes Ver-halten erleiden muss. Viel konsequenter ist es aber,auf sexistisches Verhalten (oder lärmendes Bier-trinken oder Beleidigungen) direkt einzugehen,und den Handelnden darauf anzusprechen, als hin-terher einen „Ausschluss“ zu fordern. In der Debat-te sollten Herrschaftsmittel wie „Ausschluß“ ausdem Garten selbst ausgeschlossen sein, da sie dasherrschaftsförmige Handeln nur auf anderer Ebenewiederholen. An deren Stelle tritt die direkte Kom-munikation.

KommunikationEin Garten kann zum Ort der Kommunikation wer-den. Das ergibt sich häufig wie von selbst, schondadurch dass AnwohnerInnen auf ein Gespräch inden Garten kommen. Manchmal treffen Welten auf-einander ... Spannend ist es, diese Kommunikationganz bewusst zu fördern. Das geht schon los mit ei-ner frei zugänglichen Sitzecke im Grünen, muss daaber nicht enden. So beackern in Göttingen MigrantInnen (oftKriegsflüchtlinge) und Deutsche gemeinsam mitt-lerweile vier „Internationale Gärten“.Politisch ist solch ein Ort der Kommunikation aufzweierlei Weise: einmal können Menschen, die vonder Gesellschaft an den Rand gedrängt werden,hier wieder einen Raum finden. Zum anderen kannder Garten die Selbstorganisation im Stadtteil un-terstützen. Wo selbstbestimmte Strukturen beste-hen, ist es viel leichter auch weitere Schritte zu ge-hen: ob beim Aufbau eines Umsonstladens oder beider Bildung von Initiativen gegen den Bau einerneuen Straße. Politisch wird ein Garten insbesonde-

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versucht, gibt jeden politischen Anspruch vonvornherein auf.Damit diese politische Wahrnehmung auch greift,ist ein weiteres Element wichtig: die offensive poli-tische Vermittlung. Damit ist (s.o.) wieder nicht ge-meint, dass der Garten als Ganzes politisch ge-schlossen auftreten sollte. Der Garten sollte nur al-le Möglichkeiten zur politischen Auseinanderset-zung bieten. Nutzen wir sie!

Politische InhalteInhalte, die sich mit einem Garten gut verknüpfenlassen, sind vielfältig:Stadtökologie und Naturpädagogik zum Beispielstehen im Zentrum der Arbeit des Leipziger Stadt-gartens Connewitz, der Seminare und Führungendazu anbietet. (www.oekoloewe.de/stadtgarten.php4)Auch die Verbindung zu Themen wie Gentechnik,Artenvielfalt und industrieller Landwirtschaft er-gibt sich leicht. Bei der Verwendung von Saatgutseltener Kulturpflanzen kann diese Verbindungsehr greifbar werden.− www.inka-ev.de− www.nutzpflanzenvielfalt.deGerade Themen, die eher fern zu liegen scheinen,sollten nicht gescheut werden. Ob über Landlosen-bewegungen in Lateinamerika oder Aneignung −das Publikum wird zu einem Infoabend in einemGarten ein ganz anderes als in einem AutonomenZentrum sein. Ein Garten kann ein guter Einstiegsein: wer einen Garten besetzt, wird auch einem be-setzten Haus gegenüber aufgeschlossener sein.Last but not least: gesellschaftliche Visionen. DasRadieschenbeet ist zwar nur ein winziger Schrittder Aneignung der Produktionsmittel. Doch wennes gelingt, zu vermitteln, dass es sich lohnt, sichmit dem Radieschen nicht zufrieden zu geben, dannwird auch die Revolution denkbar.

re auch durch die Verknüpfung mit anderen Projek-ten: wenn eine Vielzahl von Projekten (ob Gärten,besetzte Häuser, Food-Coops oder politische Grup-pen) existiert, die auf vielfältige Weise kooperieren,werden diese viel eher, und vor allem viel glaubwür-diger als realistische Elemente einer anderen Ge-sellschaft wahrgenommen.

GefahrenAbgesehen von widerspenstigen „Eigentümern“gibt es für eher dauerhaft angelegte Projekte vor al-lem drei Gefahren: das Einschlafen, das Abkapselnund die politische Anpassung.Die Euphorie am Anfang eines Gartens, besonderseiner Gartenbesetzung ist häufig groß, läßt jedochin der Regel nach ein paar Monaten Umgraben undUnkrautzupfen stark nach. Spätestens, wenn in derSommerhitze keineR daran denkt zu gießen, ist derGarten hin. Sich zu Beginn darüber auszutauschen, wer welcheInteressen hat, und klare Absprachen zu treffen,kann dabei helfen Motivationstiefs zu überwinden.Und nicht zu vergessen: das Feiern im Garten. DerGarten ist schließlich nicht nur zum Arbeiten, son-dern auch zum Genießen da.Wenn ein Garten länger besteht, ist die Gefahr desAbkapselns sehr groß. Die GärtnerInnen kennensich gegenseitig besser, vergessen Außenwelt undpolitische Ansprüche, bis der Blick nicht mal überdas eigene Möhrenbeet hinausreicht. Doch auch ein politisch aktiver Garten ist vor An-passung nicht gefeit. Das Beispiel der Internationa-len Gärten zeigt, wie etablierte Politik es schafft,ein gutes Projekt zu vereinnahmen. Das kann mitgeldwerten Auszeichnungen verbunden sein, die inder Tat eine recht praktische Hilfe im Projekt sind.Groß ist aber die Gefahr, davon abhängig zu wer-den, oder gar zum Aushängeschild des marodenStaates zu werden. Wichtiger aber als alles Geld istAutonomie. Geld wird da in der Regel kaum ge-braucht, wo ein Projekt breite Unterstützung er-fährt. Auch und gerade in einem politischen Gar-ten kann es nie nur um den Garten selbst gehen.Allein ist er viel zu schnell von den eben be-schriebenen Gefahren betroffen. Doch wenn hin-ter einem Garten eine lebendige soziale Struktursteht, so wird es selbst bei einer Räumung immerwieder möglich sein, einen Garten zu besetzen.Die Geschichte der jahr(zehnt)elangen Auseinan-dersetzungen um den „people's park“ in Berke-ley ist ein Beispiel dafür (Fotos bei: www.peo-plespark.org). Wer sich aber vor lauter Angst umseine Möhren an Eigentumsrechte zu klammern

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umwelt-und-macht.siehe.websiteUmweltschutz-von-unten-Seiten im Web!

aktionsversand.siehe.website

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Inhalt sverzeichnisAneignung jetzt! ..................................... 2 Konkrete Tipps für Aktionen

Vom Radieschen zur Revolution ........... 7 Gartenflächen aneignen

Naturschutz von unten ........................ 11

Internetseiten, Inhalt .......................... 16

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