Anleitung zum Biochemischen Praktikum für Mediziner · Praktikum zu entleeren und kurz mit Wasser...

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Anleitung zum Biochemischen Praktikum für Mediziner Universität zu Köln 2

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Anleitung zum

Biochemischen Praktikum

für Mediziner

Universität zu Köln

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Inhaltsverzeichnis

„Zehn Gebote“, Einführung, allgemeine Hinweise, Unfallverhütung, Pipetten, pH-Meter

Versuch 1: Aminosäuren und Proteine I

Lambert-Beer'sches Gesetz

Quantitative Biuret-Reaktion

Titrationskurve von Aminosäuren

Proteinstrukturen (Teil I)

Versuch 2: Aminosäuren und Proteine II

SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese

Western-Blot

Proteinstrukturen (Teil II)

Versuch 3: Enzyme

Enzymkinetik der sauren Phosphatase

Acetylcholinesterase-Bestimmung im Serum

Hemmung des Enzyms mit (DIFP)

Reaktivierung mit PAM

Laktatdehydrogenase (opt. Test)

Versuch 4: Lipide

Nachweisreaktionen von Lipiden

DC-Trennung von Myelin-Lipiden

Gaschromatographie von FSM-Estern

DC von Steroidhormonen

4

Versuch 5: Immunologie

ELISA (enzyme linked immunosorbent assay), Enzymgekoppelter Immunnachweis

Western-Blot

Test zur Schwangerschaftsfrüherkennung aus Urin

Versuch 6: Blut

Gelfiltration, Spektroskopie und

die quantitative Bestimmung des Hämoglobins

Dialyse-Versuch

Enzymatische Bestimmung der Glucose

Polarimetrie

Versuch 7: Nukleinsäuren I

Löslichkeit der Harnsäure

Xanthinoxidase-Reaktion und ihre kompetitive Hemmung

Bestimmung der Harnsäure mit Hilfe der UV-Spektroskopie

Restriktionsendonukleasen

Polymerasekettenreaktion (PCR)

Versuch 8: Nukleinsäuren II

Regulation der Gen-Aktivität am Beispiel des lac Operons

DNA-Isolierung

Analyse von Erbkrankheiten am Beispiel der Cystischen Fibrose

5 Die ZEHN Gebote

1. Unfallverhütung: Beachten Sie bitte die Hinweise im Praktikumsbuch!

2. Es gibt keinen Fehltag! Bei Krankheit bringen Sie bitte ein Attest, und erfragen, wann der versäumte Versuch nachgeholt werden kann.

3. Sollten Sie keine ausreichende Vorbereitung nachweisen können, müssen Sie den Versuch an einem anderen Tag wiederholen.

4. Analysen: Mindestens 6 von 9 Analysen müssen richtig sein. Die Analysen müssen von jedem Studenten einzeln durchgeführt werden und die Ergebnisse in die ausliegenden Listen eingetragen werden. (Die Menge der ausgegebenen Analysenlösung ist begrenzt).

5. Sauberes Arbeiten: Bitte benutzen Sie nicht die Pipetten, um die Reagenzien aus der Vorratsflasche zu entnehmen. Die ungefähr benötigte Menge soll in ein Becherglas gegossen werden, und daraus pipettiert werden. Restlösungen bitte wegschütten und nicht in die Originalflaschen zurückgeben.

6. Arbeitsplatz: Bitte hinterlassen Sie Ihren Arbeitsplatz abends sauber und ordentlich. Jede Gruppe meldet sich beim Assistenten ab, damit er den Platz abnimmt.

7. Ende des Praktikums 17.00 Uhr

8. Protokollhefte (Meßdaten, Berechnungen, Diagramme) bitte knapp abfassen. Die Anleitung nicht abschreiben! Montagsgruppe: Do. einwerfen Mo. zurück Mittwochsgruppe: Fr. einwerfen Mi. zurück

9. Kleiderschränke in den Waschräumen können benutzt werden (eigenes Vorhängeschloß mitbringen!).

10. Die erfolreiche Teilnahme am Praktikum wird nur denjenigen bescheinigt, die alle Versuche absolviert haben und ein Referat gehalten haben. Andernfalls muss das Praktikum wiederholt werden

6 ALLGEMEINE HINWEISE

Die vorliegende Anleitung für das biochemische Praktikum an der Universität zu

Köln versucht, den Studenten mit einem breiten Spektrum biochemischer

Methoden von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad vertraut zu machen. Eine

Beschreibung der theoretischen Grundlagen ergänzt die ausführlich beschriebenen

Versuche.

Jeder Versuch muss vom Studenten theoretisch gründlich vorbereitet und die

Methodik vor Beginn genau durchdacht werden. Anders ist ein erfolgreiches

Experimentieren nicht denkbar.

Jedem Versuch ist eine Zusammenstellung der Wissensgebiete vorangestellt. Sie

werden in der Vorlesung in Anlehnung an die Approbationsordnung ausführlich

dargestellt. Diese Gebiete sollten die Studenten beherrschen.

Jeder Versuch mit allen Experimenten muss an einem Praktikumstag beendet

werden. Ausnahme ist der Versuch 2. Die verfügbare Zeit sollte daher

zweckmäßig eingeteilt werden. Versuche mit langer Dauer sollten als erste

begonnen werden; Wartezeiten bei länger laufenden Versuchen können für

kürzere Experimente genutzt werden. Die Praktikumszeit ist einzuhalten. Bei

zügiger Durchführung verbleibt in allen Versuchen Zeit zur sorgfältigen Aus-

wertung der Ergebnisse und Besprechung der theoretischen Grundlagen.

Ein Versuch gilt als abgeschlossen, wenn die experimentellen Ergebnisse vom

Assistenten überprüft und testiert, der Arbeitsplatz und die benutzten Geräte

aufgeräumt und zur Reinigung vorbereitet sind.

Über alle Versuche ist Protokoll zu führen. Das Protokollheft muss enthalten:

1) Datum und Bezeichnung des Versuchs.

2) Fragestellung, evtl. Reaktionsgleichungen

3) In knappem Stil, aber lückenlos, die experimentellen Ergebnisse (Chro-

matogramme, Beobachtungen, Meßzahlen) und die Auswertung dieser

Ergebnisse (Diagramme, Berechnungen). Es sollten alle zum Nachvollziehen

des Versuchs notwendigen Angaben, insbesondere Konzentrations- und

Mengenangaben gemacht werden.

7 4) Abschätzung der Fehler mit anschließender Diskussion, inklusive Vergleich

mit in der Klinik auftretenden Werten.

Es wird besonderer Wert auf eine übersichtliche und saubere Anordnung der

Werte im Protokollheft gelegt. Chromatogramme, Diagramme sollen eingeheftet

oder eingeklebt werden, "fliegende Blätter" werden nicht akzeptiert..

Die regelmäßige, erfolgreiche Teilnahme am biochemischen Praktikum wird

ferner nach einem zufriedenstellend gehaltenen Referat (s.u.) bescheinigt.

Lösungen werden in der benötigten Menge aus der Vorratsflasche in ein Rea-

genzglas oder in ein Becherglas gegossen; aus der Vorratsflasche sollen Lösungen

nie mit einer Pipette entnommen werden. Feste Substanzen werden mit sauberem

Spatel entnommen. Man arbeite grundsätzlich mit möglichst kleinen

Substanzmengen. Beim Arbeiten mit Eppendorfreaktionsgefäßen achten Sie bitte

darauf, dass sich die Lösung am Boden des Gefäßes befindet (Gegebenenfalls kurz

abzentrifugieren!)

Die erforderlichen Geräte müssen sorgsam benutzt werden. Zentrifugen bitte nur

betreiben, wenn sie vorher austariert worden sind. Die Glasgeräte sind nach dem

Praktikum zu entleeren und kurz mit Wasser vorzureinigen; die Sauberkeit der

Geräte ist Vorbedingung für zuverlässige Ergebnisse.

Unvorbereitete Studenten müssen den Versuch wiederholen.

Referate

Neben den acht experimentellen Versuchsnachmittagen werden zusätzlich an drei

Tagen Seminare abgehalten, in denen die Studenten jeweils vier Referate über

zum Praktikumsabschnitt passende Themen halten. Die nicht mehr im Praktikum

enthaltenen Versuchsthemen „Puffer“, „Bioenergetik“ und „Kohlenhydrate“ sind

auch Bestandteil dieser Seminare.

Die Referatthemen werden vorher von den Assistenten vergeben. Jedes Referat

dauert 20 Minuten und wird von zwei Studenten gehalten, die beide ihren Teil

8 eigenständig vortragen. Anschließend wird 10 Minuten diskutiert und die

Leistung der Vortragenden bewertet. Jeder Student hat im Verlauf des

Blockunterrichts ein Referat zu halten. Ohne Referat wird der Schein zur

erfolgreichen Teilnahme am Biochemischen Praktikum nicht ausgestellt.

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HINWEISE ZUR UNFALLVERHÜTUNG

Im Labor ist das Tragen eines Baumwollkittels und einer Schutzbrille Pflicht!

Pipettieren

Die am Arbeitsplatz bereitliegenden automatischen Pipetten, Schliffpipetten,

Pipettierhilfen oder Spritzen sollen zur Dosierung entsprechender Lösungen

benutzt werden. Es darf auf keinen Fall mit dem Mund pipettiert werden!

Konzentrierte Säuren wie z.B. HNO3, H2SO4, CH3COOH, HCl oder Laugen wie

z.B. NaOH, KOH, NH4OH sowie giftige (Cyanid-Lösungen, DIFP) oder

infektiöse Lösungen wie Serum, E. coli-Suspensionen können ein erhebliches

Gefahrenpotenzial darstellen. Daher stehen automatische Pipetten s. u. und

Pipettierhilfen zur Verfügung: Blaue Pipettierhilfen für 1 ml Glaspipetten, rote

Pipettierhilfen für 5, 10 oder 20ml Glaspipetten. Die Pipetten werden vorsichtig

in den Gummiadaptor gesteckt und die Flüssigkeit wird mit Hilfe des Rändelrads

aufgezogen. Zum Ablassen der Flüssigkeit wird der seitlich angebrachte Schalter

gedrückt. Vermeiden Sie unter allen Umständen, dass Flüssigkeit in die

Pipettierhilfe gelangt.

Tipp: Ziehen Sie zuerst einen Überschuss an Flüssigkeit auf, und stellen Sie

dann das genaue Volumen mit Hilfe des Ablassschalters ein.

Jeder Student ist angehalten, in eigener Verantwortung mit den Chemikalien

umsichtig und fachgerecht so umzugehen, dass selbst verhältnismäßig unge-

fährliche Lösungen nicht auf den Körper oder in den Mund gelangen können.

Essen, Trinken, Rauchen und die Anwendung von Kosmetika sind strikt

untersagt. Der Umgang mit Chemikalien ist nicht narrensicher und verlangt

Vorsicht, Verantwortungsbewußtsein und entsprechende Sachkenntnisse.

10 Gebrauch der automatischen Pipetten

Um auch im Mikroliter-Bereich genau und sicher pipettieren zu können, stehen

Ihnen mechanische Pipettierhilfen (Abb. 1) der Firmen Gilson (PIPETMAN) oder

Biozym (PreCision) zur Verfügung. Je nach Modell können Sie damit zwischen 2

und 5000µl pipettieren. Das unsachgemäße Arbeiten mit diesen

Präzisonsgeräten führt zur Zerstörung der Pipettierhilfen, die hohe Kosten

verursachen. Beachten Sie bitte diese Arbeitshinweise und üben Sie vor dem

ersten Einsatz der Pipetten den Gebrauch mit entionisiertem Wasser.

Abb. 1 Automatische Pipettierhilfen

Die Pipetten haben ein digitales Mikrometer, das das Volumen angibt. Das

Volumen wird durch Drehen einer Einstellschraube (bei der PreCision identisch

mit dem Druckknopf, bei PIPETMAN, schwarze geriffelte Schraube) eingestellt.

Dabei dürfen die Einstellbereiche der einzelnen Pipetten auf keinen Fall über-

oder unterschritten werden:

11 Pipetman P20 2 - 20µl Pipetman P5000 1000 -5000µl

Pipetman P100 20 -100µl Precision rot 5 - 50µl

Pipetman P 200 50 - 200µl Precision blau 100 - 1000µl

Pipetman P 1000 200 - 1000µl

Die Digitalanzeigen der PreCision Pipetten werden von links nach rechts

abgelesen und zeigen den tatsächlichen Wert in µl an. Bei der Precision rot sind

0,5µl Schritte einstellbar. Die Digitalanzeige der Pipetman-Pipetten werden von

oben nach unten abgelesen und bestehen aus 3 Ziffern. Bei P20, P100 und P200

bedeuten die schwarzen Ziffern Mikroliter und die roten Ziffern zehntel

Mikroliter, bei P1000 und P5000 bedeuten die roten Ziffern Milliliter und die

schwarzen Ziffern Mikroliter.

Für Pipetman P20, P100, P200 und Precision rot werden gelbe, für Pipetman 1000

und Precision blau werden blaue und für Pipetman P5000 werden transparente

Einwegpipettenspitzen aus Polypropylen verwendet. Die passenden Spitzen

werden auf den Schaft der Pipette aufgesteckt und mit leichtem Drehen so fest

angedrückt, dass eine absolute Dichtheit gewährleistet ist. Dabei fassen Sie die

Spitzen immer nur am oberen Ende an, niemals an der Spitze. ACHTUNG:

NIEMALS FLÜSSIGKEITEN OHNE SPITZE AUFNEHMEN!

Füllen

Den Druckknopf bis zum ersten Druckpunkt eindrücken (Abb. 2A). Die Pipette

senkrecht halten, und die Spitze in die Probenflüssigkeit eintauchen. Den

Druckknopf dann langsam und gleichmäßig zurückgleiten lassen (Abb. 2B) Eine

Sekunde warten, und dann die Spitze aus der Flüssigkeit nehmen.

Entleeren

Das Ende der Spitze in einem Winkel von 10 - 40 Grad gegen die Innenwand des

Gefäßes halten. Den Druckknopf langsam bis zum ersten Druckpunkt

herunterdrücken (Abb. 2C). Eine Sekunde warten. Den Druckknopf bis zum

zweiten Druckpunkt herunterdrücken, um restliche Flüssigkeit auszustoßen. (Abb.

2D) Die Pipette mit ganz gedrücktem Druckknopf herausnehmen. Den

Druckknopf loslassen (Abb. 2E)

12 Die Spitze durch Drücken des Spitzenabwerfers (P5000 nur manuell) abwerfen.

Die Spitze muss nur gewechselt werden, wenn eine andere Flüssigkeit pipettiert

oder die Volumeneinstellung geändert wird.

Abb. 2 A-E

Gebrauch der pH-Meter

Die pH-Meter müssen vor Arbeitsbeginn geeicht werden (Versuch 1). Dazu stehen

zwei Eichlösungen mit pH7 und pH4 zur Verfügung. Zuerst wird die

Glaselektrode mit dest. Wasser gespült, dann (zerstörungsfrei) in die pH7-Lösung

eingetaucht und der pH-Wert ggf. mit dem Assymetriedrehknopf auf 7 einstellt.

Dann wird die Elektrode mit Wasser gespült und in die pH4-Lösung eingetaucht.

Erreicht der abgelesene Wert 3,9 -4,1, ist die Genauigkeit ausreichend für die in

diesem Praktikum durchgeführten Versuche. Nur wenn der pH-Wert darunter oder

darüber liegt, muss die Steilheit (2. Drehknopf) entsprechend erniedrigt oder

erhöht werden. Nach dem Anpassen der Steilheit wird die Eichung wie oben

beschrieben erneut durchgeführt, zuerst bei pH7 dann bei pH4.

1-1

Versuch 1: Aminosäuren und Proteine I

Versuche:

Lambert-Beer'sches Gesetz

Quantitative Biuret-Reaktion

Titrationskurve von Aminosäuren

Analysen: 1. Bestimmung von unbekannten Aminosäuren durch Titration (Ausnahme:

Gemeinsame Analyse)

2. Proteinbestimmung nach Biuret

Wissensgebiete

Lambert-Beer'sches Gesetz, Photometrie

Aminosäuren: Struktur, Kurzschreibweise, chemische Eigenschaften, essentielle

AS

Enzymatischer Mechanismus der AS-Transaminierung, Decarboxylierung zu

biogenen Aminen, oxidative Desaminierung

Interpretation einer Titrationskurve, isoelektrischer Punkt, pK-Wert, pH-Wert,

Dissoziation des Wassers

Harnstoff-Zyklus und Harnstoff-Biosynthese

Peptide und Proteine: Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur

Bindungsarten in Proteinen: Peptidbindung, Disulfidbrücken

Proteine des Blut-Serums, des Blut-Plasmas

Serum-Normalwerte: Gesamtproteinmenge, prozentuale Zusammensetzung der

Proteine

Allgemeine und spezifische Nachweisreaktionen der Aminosäuren und Proteine

(SDS)- Gelelektrophorese

Trennmethoden:

Ionenaustauscher- und Affinitäts-Chromatographie, Gelfiltration.

1-2 Aminosäuren und Proteine I

Einführung Photometrie

Der Farbcharakter eines Farbstoffs kommt dadurch zustande, dass der Farbstoff

die für ihn charakteristischen Wellenlängen des sichtbaren Lichts absorbiert. Je

konzentrierter die Farbstofflösung ist, desto größer ist die Absorption oder

Lichtschwächung.

Das Prinzip der Photometrie beruht auf der Schwächung eines monochroma-

tischen Lichtstrahls, der durch eine Lösung geschickt wird. Dabei ist die

Abschwächung des monochromatischen Lichtstrahls proportional zur

Konzentration des gelösten Stoffes und der Dicke der Schicht. Das einfallende

Licht wird beim Durchtritt durch eine differentielle Schicht dx um dI geschwächt.

Die Lichtschwächung gehorcht der Funktion

-dI = K⋅I⋅dx (K = Substanzkonstante) Das bestimmte Integral lautet dann:

⌡⌠

Io

I

1

I . dI = -K 1 dx .

x=0

d

∫ (d = Schichtdicke)

Daraus folgt: ln I - ln Io = -K⋅ d

und: ln (IIo

) = ln D = -K⋅d (D=Durchlässigkeit)

Daraus ergibt sich das Lambert'sche Gesetz:

IIo

= e-K⋅d = 10-m⋅d (m = K⋅ln10)

m ist ein für die absorbierende Materie und die Wellenlänge typischer Faktor, und

ist in Lösungen in der Regel der Konzentration c proportional:

m = ε⋅c. Die Proportionalitätskonstante ε ist der molare Extinktionskoeffizient. Den

reziproken Wert IoI bevorzugt man gegenüber der Durchlässigkeit I

Io ,weil sein

Wert anwächst, je größer die Absorption wird. Dessen dekadischer Logarithmus

wird als die Extinktion E bezeichnet:

Einführung 1-3

IoI = 10md = 10εcd

log IoI = ε • c • d = E Lambert-Beer'sches Gesetz

Der molare Extinktionskoeffizient

ε = Ε

c • d [l × mol-1 × cm-1] E = Extinktion

c = Konzentration (mol/l) d = Schichtdicke (cm)

Die Extinktion E, welche auch als Absorption oder optische Dichte bezeichnet

wird, ist der Schichtdicke d und der Konzentration c proportional. Die Extinktion ist die Messgröße bei allen photometrischen Untersuchungen. Die Proportionalität

zwischen Extinktion und Konzentration, die das Beer’sche Gesetz verlangt, gilt

nicht in allen Fällen, vor allem nicht mehr in höheren Konzentrationsbereichen.

Da das durchfallende Licht auch durch Reflexion an den Oberflächen der

Küvettenwände geschwächt wird, unter Umständen auch durch das Lösungsmittel,

muss zum Vergleich die Extinktion einer gleich großen, mit Lösungsmittel

beschickten Küvette als Nullwert gemessen werden. Standardlösungen bekannter

Zusammensetzung sind zur Anlage der Eichkurve bzw. zur Ermittlung von ε

notwendig.

Erstellen einer Eichkurve: Eine Reihe von Lösungen bekannter Konzentrationen werden gemessen und die

erhaltenen Extinktionen auf der Y-Achse gegen die Konzentrationen auf der X-

Achse aufgetragen. An dieser Eichkurve lässt sich für jeden Wert von E die

zugehörige Substanzmenge ablesen. Man kann auch aus jedem gemessenen Eichwert (Extinktion Ey und Y mg Substanz) mit Hilfe des Dreisatzes die zuge-

hörige Substanzmenge X einer Probe mit der Extinktion Ex im Reaktionsansatz

berechnen.

1-4 Aminosäuren und Proteine I

30002000100000,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

mg/l

E

Abbildung 1-1: Eichkurve für eine photometrische Analyse

Die Abbildung 1-2 zeigt den schematischen Aufbau eines Photometers. Von einer

Lichtquelle (hier eine Wolfram-Glühlampe für den sichtbaren und eine

Deuteriumlampe für den UV-Bereich) werden, nachdem ein dünner Strahl durch

eine Spaltblende ausgesondert wurde, bestimmte Wellenlängen durch einen

Monochromator (Filter, Gitter oder Prismen) selektiert. Für z.B. orangefarbene

Lösungen wird ein Filter der Komplementärfarbe blau verwendet. Diese

monochromatische (einfarbige) Strahlung wird durch eine Linse gebündelt und

gelangt durch einen Ausgangsspalt zur Küvette, einem quaderförmigen Gefäß für

die zu bestimmende Lösung in der das durch die Lösung gehende Licht je nach

Konzentration des Farbstoffes geschwächt wird. Je nach Wellenlänge werden

unterschiedliche Küvetten verwendet, z. B Quarzküvetten für den UV-Bereich,

Glas- bzw. Plastikküvetten für den sichtbaren Bereich (ca. 1-5 ml Inhalt, genau

angegebenen Innenabmessungen, meist 1.0 cm "Schichtdicke"),. Das Licht gelangt

schließlich zum Detektor (Photozelle oder Photodioden, die Licht in Strom

wandeln) und das Messergebnis kann auf verschiedene Weise angezeigt werden

(Amperemeter/ Display/ Computer/ Schreiber/ Drucker).

Das im Praktikum verwendete Spektralphotometer ULTROSPEC1000 ist ein

einfach zu benutzendes, mikroprozessorgesteuertes Gerät, das Sie zur Messung

der Absorption von Lösungen bei von Ihnen vorgewählten Wellenlängen ver-

Einführung 1-5

wenden. Die Geräte sind bei Beginn des Praktikums bereits eingeschaltetet und

betriebsbereit. Drücken Sie die λ-Taste auf der Tastatur, geben Sie die gewünschte

Wellenlänge ein und bestätigen Sie mit der F3-Taste (↵). Dann füllen Sie eine

Küvette mit dem „Leerwert“ (z. B. Wasser oder ein Reagenzienmix ohne zu

messende Substanz), stellen sie in den Strahlengang (Orientierung beachten!),

schließen den Deckel des Geräts und drücken Sie die -Taste. Der Leerwert

wird automatisch auf 0,000 eingestellt. Nehmen Sie zur Messung entweder

dieselbe Küvette oder bestimmen Sie den Küvettenfehler, indem Sie die

Messküvette ebenfalls mit dem Leerwert füllen und die Extinktion bestimmen.

Stellen Sie dann die Küvette mit ihrer Messlösung in den Strahlengang und

notieren Sie das Ergebnis.

Lampe Spalt Mono- Linse Spalt Küvette Detektor Anzeige

chromator Abbildung 1-2

1-6 Aminosäuren und Proteine I

Aminosäuren Die meisten Aminosäuren sind α-Aminocarbonsäuren, z. B. Glycin oder Valin:

H2N CH

CH3

COOH

H3C CH3

COOHCH

CH

H2N

20 verschiedene Aminosäuren werden in ein Protein während der Synthese am

Ribosom eingebaut. Sie werden in der Dreibuchstaben-Kurzschreibweise nach-

stehend angegeben:

Ala Arg Asn Asp Cys Gln Glu Gly His Ile

Leu Lys Met Phe Pro Ser Thr Tyr Trp Val

Neben den zwanzig kodierten Aminosäuren enthalten viele Proteine noch andere

Aminosäuren. Sie werden posttranslational enzymatisch verändert. Diese Proteine

haben spezifische Funktionen. Überlegen Sie sich, welche der Aminosäuren

verändert sind und welche Funktionen diese Proteine erfüllen. Die Aminosäuren

selbst unterliegen metabolischen Vorgängen im Körper. Überlegen Sie sich,

welche Reaktionen diese sind und welche Produkte (u. a. Neurotransmitter) dabei

entstehen.

Die unterschiedlichen Seitenketten der Aminosäuren prägen neben den Amino-

und Carboxylgruppen ihre Eigenschaften. Sie entscheiden über ihre chemischen

Eigenschaften, beispielsweise sauer, basisch oder neutral. Ferner klassifiziert man

noch die aromatischen, die polaren bzw. apolaren Aminosäuren. Diese

Unterschiede können zu ihrer Trennung genutzt werden.

Im Teilversuch I lernen Sie die Eigenschaften der Aminosäuren kennen. In

Proteinen treten dagegen die Summe der Eigenschaften der Seitenketten hervor.

Im Teilversuch II werden Sie Plasmaproteine untersuchen, die wegen dieser

unterschiedlichen Eigenschaften durch Ionenaustauscherchromatographie

aufgetrennt wurden.

Einführung 1-7

Säure-Base-Eigenschaften von Aminosäuren:

Da die Aminosäuren mindestens eine Carboxylgruppe und eine Aminogruppe

besitzen, liegt eine Monoamino-monocarbonsäure in wässriger Lösung in drei

Ionisationsstufen vor:

R C

H

NH3

COOH R C

H

COO

NH3

R C

H

NH2

COO

K2K1

AS-AS+-AS

+

- -

++

Das Mengenverhältnis der drei Ionisationsformen ist abhängig von den pK-

Werten der beiden funktionellen Gruppen und dem pH-Wert. Für die Dissoziation

der Carboxylgruppe gilt die Henderson-Hasselbalch'sche Gleichung:

pH = pK1 + log AS

AS

±

+ Gleichung 1

für die Aminogruppe:

pH = pK2 + log AS

AS

± Gleichung 2

Die pK-Werte der Aminosäuren versieht man mit Indices: Dabei beziehen sich: der pK1 auf die α-Carboxylgruppe, der pK2 auf die α-Aminogruppe und der pKR

bezieht sich stets auf die funktionelle Gruppe der Seitenkette.

Tabelle 1-1: pK-Werte der ionisierenden Gruppen von α-Aminosäuren bei 25 oC:

Aminosäure

pK1

-COOH pK2

-NH3+

pKR Seitenkette

Glycin 2,35 9,78

Asparaginsäure 1,99 9,90 3,90

Glutaminsäure 2,10 9,47 4,07

Arginin 1,82 8,99 12,48

Lysin 2,16 9,18 10,79

Tyrosin 2,20 9,17 10,13

Histidin 1,82 9,11 6,00

1-8 Aminosäuren und Proteine I

Isoelektrischer Punkt:

Der isoelektrische Punkt ist als derjenige pH-Wert definiert, bei dem die Summe

der positiven Ladungen einer Substanz gleich der der negativen ist.

Da das Zwitterion nach außen neutral ist, muss dann also gelten:

[ ] [ ]AS AS+ = −

Hieraus und aus den Gleichungen 1 und 2 folgt:

pI = pK + pK

2 1 2

Der pI von Monoaminodicarbonsäuren (Asp, Glu) ergibt sich aus:

pI = pK + pK

2 1 3

der pI von Diaminomonocarbonsäuren (Lys, Arg) aus:

pI = pK + pK

2 2 3

Das Endprodukt des Aminosäurestoffwechsels.

Harnstoff, das Endprodukt des Aminosäure-Stoffwechsels beim Menschen, wird

durch Urease (kommt in Sojabohnen und Bakterien vor) hydrolytisch in CO2 und

NH3 gespalten. Auf der Wirkung der Bakterien-Urease beruht die

"ammoniakalische Gärung" von Urin. Für die Bestimmung von Harnstoff in

biologischem Material (Blut, Harn) hat Urease große Bedeutung, da sie streng

spezifisch ist und das entstehende Ammoniak nach verschiedenen Methoden

genau bestimmt werden kann (keine Durchführung in diesem Praktikum).

pKR

pKR

Biuret 2-9

I. Quantitative Biuret-Reaktion

Proteine und Peptide bilden mit Cu2+-Ionen in alkalischer Lösung (Biuret-Rea-

genz) rot bis violett gefärbte Komplexverbindungen, freie Aminosäuren jedoch

nicht. Die quantitative Biuret-Probe ist eine der häufigsten Proteinbestim-

mungsmethode. Der Name der Reaktion stammt von der einfachsten Verbindung,

die mit dem Biuret-Reagenz (Cu2+ in alkalischer Lösung) die Komplexverbindung

liefert, dem Biuret. Es entsteht durch trockenes Erhitzen von Harnstoff:

O

NH2

C

NH2

CO

O C

NH

NH2

NH2

+ NH32

Cu2+-Ionen liegen gewöhnlich als Tetrahydrat vor. Diese vier Wassermoleküle

werden durch Aminogruppen verdrängt. Es sind also mindestens zwei

Peptidbindungen für den Komplex erforderlich:

CO

NH C

ONH2

wie im Biuretoder 2 Säureamidreste Lösungen: Analyse unbekannte Proteinlösung Protein-Standardlösung 10 g/l Biuret-Reagenz (in PVC-Flasche):

1,5 g CuSO4⋅5 H2O + 6 g Kalium-Natrium-Tartrat in 500 ml Wasser lösen; dazu 300 ml 10 %ige NaOH. Auffüllen auf 1 l.

Zur Herstellung einer Eichkurve werden sechs Proben (0,0 (Leerwert); 0,4; 0,8;

1,2; 1,6 und 2 ml) einer Standard-Proteinlösung in Reagenzgläser pipettiert, und

mit dest. Wasser auf 2 ml aufgefüllt. In zwei andere Reagenzgläser werden je 2 ml

der Analysenlösung pipettiert. Alle Proben werden mit 8 ml Biuret-Reagenz gut

gemischt und zur Ausbildung der Farbe 30 min stehengelassen. Gemessen wird in

1 cm-Küvetten bei 578 nm gegen den Leerwert (2 ml dest. Wasser und 8 ml

Biuret-Reagenz). Denken Sie immer daran Doppelbestimmungen durchzuführen:

Einzelmessungen haben oft Lotteriecharakter!

1-10 Aminosäuren und Proteine I

Auswertung:

Als Ordinate wird die Extinktion, als Abszisse die mg Protein/Liter Lösung

eingetragen.

a) Bestimmen Sie aus der Eichkurve den Proteingehalt der Analysenlösung,

indem Sie den zur gemessenen Extinktion gehörenden Wert in mg

Protein/Liter ablesen, oder

b) Berechnen Sie mit jedem Punkt, den Sie für die Erstellung der Eichkurve

verwendet haben, durch Dreisatz den Proteingehalt der Probe. Vergleichen Sie

den Mittelwert mit dem bei a) bestimmten Wert.

c) Geben Sie das Ergebnis in mg Protein pro Liter Analysenlösung an.

II. pH-Titrationskurve einer Aminosäure

Durch schrittweise Zugabe von HCl oder NaOH wird in einer wässrigen Lösung

die Konzentration von H+

-Ionen erhöht oder erniedrigt. Durch die chemischen

Eigenschaften der gelösten Aminosäure können diese Veränderungen zum Teil

abgefangen werden. Der pH-Wert bleibt streckenweise relativ konstant

(Pufferkapazität) und schlägt erst an charakteristischen Punkten um.

Bei der Titration einer Aminosäure findet man mindestens zwei Umschlagspunkte

(NH4+, COO-), je nach Seitenkette auch einen dritten. Die Titrationskurven von

Arginin, Glutaminsäure und Glycin sind hier dargestellt. Achtung Fehlerquelle:

Die Umschlagspunkte von Gly und Glu liegen sehr nahe beieinander! Markieren

Sie bitte die entsprechenden pK-Werte der drei Aminosäuren in der Kurve und

machen Sie sich bitte Gedanken darüber, warum die Kurven wie in der Abbildung

1-2 aussehen.

Titration 2-11

12

10

8

6

4

2

pH

ml NaOH

Glu

Gly

Arg

Abbildung 1-2: Die Titrationskurven von Arg, Gly und Glu Geräte: pH-Meter mit Elektrode Magnetrührer mit Teflonrührer Becherglas: 100 ml Vollpipette: 20 ml Büretten: 2 x 50 ml

Lösungen: 3 unbekannte Aminosäure-Lösungen (saure Lösungen, 5 g/l) 0,1 M NaOH

1-12 Aminosäuren und Proteine I

Aufgabe: Titration von drei unbekannten Aminosäuren mit NaOH

Ausführung: 30 ml einer unbekannten Aminosäure-Lösung (5 g/l) werden in ein 100 ml

Becherglas gegeben. Diese Lösung wird langsam auf dem Magnetrührer gerührt.

Mit dem pH-Meter (Eichung: siehe Einleitung) wird durch Eintauchen der

Elektrode in die Lösung der pH-Wert bestimmt (Vorsicht: Tief genug, aber nicht

zu weit eintauchen, damit der Rührfisch nicht die Elektrode beschädigt).

Aus einer 50 ml-Bürette wird in 1 ml Schritten 0,1 m NaOH-Lösung zugegeben

bis pH 11 erreicht ist, mindestens aber 30 ml. Der pH-Wert wird nach jeder

Zugabe abgelesen und in einer Wertetabelle festgehalten.

Anschließend werden Becherglas und Rührfisch mit demineralisiertem Wasser

ausgespült und der Versuch mit der nächsten unbekannten Aminosäure-Lösung

wiederholt.

Auswertung: Die Messwerte werden auf Millimeterpapier grafisch dargestellt. Vergleichen Sie

Ihre Kurven mit denen in Abb. 1-2 und geben Sie an, welche Analysen welchen

Aminosäuren entsprechen (Ergebnisse in Liste eintragen). Anhand der Kurve

können pK-Werte und pI-Werte abgeschätzt werden, die ebenfalls Rückschlüsse

auf die eingesetzten Aminosäuren ermöglichen. Wo liegen sie? Welche

chemischen Eigenschaften haben diese Aminosäuren?

Aufgaben 2-13

Übungsaufgaben:

1. Nur isoelektrisches Lysin, Lys°, ist Substrat der Lysindecarboxylase a) Formulieren Sie die Ionenpaare bei pKa1 = 2,18; pKa2 = 8,95; pKa3 = 10,54 b) Wie groß ist [Lys°] einer 10-3 M Lösung bei pH = 7,6?

2. Formulieren Sie die Struktur des Peptids H2N-Tyr-Arg-Trp-Ile-COOH a) zu welchem Pol wandert das Peptid in der Elektrophorese bei pH 4? b) Welche Form der Arg-Seitenkette liegt bei diesem pH vor? (pKa1 = 2,17; pKa2 (α-NH2) = 9,04; pKa3 (Seitenkette) = 12,48

3. Histidin hat einen pKa3 = 6,1 a) Formulieren Sie die beiden Ionenspezies bei pH 7,4, und b) Bestimmen Sie das Verhältnis von basischer zu saurer Form

4. a) γ-Aminobuttersäure entsteht aus _________ durch_____________ b) Ihr isoelektrischer Punkt beträgt 7,3. Eine Lösung von γ-Amino- buttersäure enthält bei pH 3,25 10 % Zwitterion.Wie groß sind die pK-Werte pK1 und pK2?

5. Zeichnen Sie die Titrationskurve von 0,05 M Alanin-Hydrochlorid in wässriger Lösung bei Zugabe von 0,1 M NaOH. (Anfangs-pH = 0,5). pKa1 = 2,35, pKa2 = 9,78. Ordinaten quantitativ bezeichnen!

6. Zeichnen Sie die Titrationskurve von 1 l 0,02 M Glycin-Hydrochlorid in wässriger Lösung, deren Anfangs-pH = 0,5 ist, unter Zugabe von 0,1 M NaOH. pK1 = 2,25, pK2 = 9,77. a) Bezeichnen Sie die Ordinate (pH) und Abszisse (ml 0,1 N NaOH) für jeden Punkt exakt. b) Berechnen Sie mindestens zwei Messpunkte links und rechts vom be-rechneten isoelektrischen Punkt.

7. Geben Sie den Bereich des isoelektrischen Punktes eines sauren bzw. basi-schen Proteins an.

8. Wieviele Protonen kann Lysin ausgehend vom pH 1 maximal abgeben? Wieviele saure bzw. basische Funktionen enthält Lysin?

9. Geben Sie die relative Lage der folgenden Peptide an, die in einer Papier-elektrophorese bei pH 7 aufgetrennt werden. A: Phe-Met-Gly, B: Leu-Gly-Arg und C: Glu-Ile-Ala.

1-14 Aminosäuren und Proteine I

10. a) Wie groß ist der pH-Wert einer 0,1 N HCl; einer 0,1 N NaOH; einer 0,1 N Essigsäure? b) Der pH-Wert des Blutes sei 7,4. Wie groß ist die [H+]? c) Wieviele H+/ml hat eine Lösung mit einem pH-Wert von 1,2?

11. a) Wieviel ml einer 28 %-igen HCl (Gew. %, MG = 36,5 g/mol, Dichte 1,15 g/ml) benötigt man, um 2 l einer 0,4 M HCl herzustellen? b) Wieviel ml 0,15 M KOH sind zur Neutralisation 180 g H2SO4 erfor-derlich? MG H2SO4 = 98 g/mol; MG KOH = 56 g/mol c) Wieviel ml 0,025 M H2SO4 benötigt man, um 525 ml 0,06 M KOH zu neutralisieren?

12. Die Pufferkapazität ist definiert als die Anzahl mol H+, die den pH-Wert eines Liter Puffers um 1 verändert. Berechnen Sie die Pufferkapazität eines 0,3 M Acetatpuffers von pH = 5,0 in saurer Richtung. Ka = 1,9 x10-5 mol/l

13. Tris Puffer: H2N-C(CH2OH)3 → H3N+-C(CH2OH)3 Sie sollen 500 ml eines 0,1 M Tris-Puffers vom pH 7,4 aus fester Tris-Base (MG = 121 g/mol, pK = 9) und 33 %-iger HCl (Gew. %; Dichte 1,165 g/ml) herstellen. Wieviele g bzw. ml benötigen Sie von jeder Komponente?

14. Wieviel g Glycin und wieviel g NaOH benötigen Sie, um einen 5 Liter eines 0,05 M Glycin-Puffers mit einem pH-Wert von 9,6 herzustellen? (pK1 = 2,5; pK2 = 9,6)

2-1

Versuch 2: Aminosäuren und Proteine II

Versuche:

SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese

Western-Blot

Proteinstrukturen (Teil I+ II)

Analyse:

Molekulargewichtsbestimmung eines Proteins

Wissensgebiete Funktion von Proteinen: Enzyme, Transportmoleküle, Strukturelemente,

Antikörper, Hormone

Proteasen: ihre Bildung, Vorkommen, pH-Optimum

Spezifitäten: Warum spaltet Pepsin nicht bei pH7?

Lipoproteine, Klassifizierung und Komponenten, Trennmethoden und Patho-

biochemie

Beispiele von Proteinen mit Kofaktoren (prosthetischen Gruppen)

Posttranslationale Modifikationen

Sequenzanalyse

2-2 Aminosäuren und Proteine II

Proteolytischer Verdau

Medizinische Bedeutung: Proteolytische Prozesse sind für eine Vielzahl physiologischer Funktionen es-

sentiell: z.B. wird die Blutgerinnung durch eine Kaskade von proteolytischen

Schritten reguliert, durch die Enzyme (Zymogene) aktiviert werden und letzt-

endlich aus Fibrinogen das unlösliche Fibrin entsteht. Hämophilie kann durch das

Fehlen oder die Mutation eines der beteiligten Proteine, z.B. Faktor IX genannt,

hervorgerufen werden. Ein weiteres Beispiel ist die Aktivierung von Prohormonen

wie Proinsulin oder Wachstumsfaktoren durch Abspaltung eines Peptides.

Proteasen besitzen mehr oder weniger breite Spezifitäten für gewisse Peptid-

bindungen. In diesem Versuch sollen Sie die entstehenden Spaltprodukte von

Albumin aus Ei (Ovalbumin) und aus Serum nach Verdau mit Chymotrypsin ana-

lysieren.

Ovalbumin (OV) und Serumalbumin (SA) wurden vom Assistenten mit

Chymotrypsin verdaut. Die Proteinfragmente werden am heutigen Versuchstag

mit Hilfe der SDS-Polyacrrylamidgelelektrophorese getrennt und die Gele mit

Coomassie angefärbt.

Ionenaustauscherchromatographie von Proteinen

Unter Ionenaustauscher-Chromatographie versteht man eine Methode, bei der ein

lösliches Ion gegen ein gleich geladenes Ion an einer unlöslichen Trägersubstanz

ausgetauscht wird. Die im Labor verwendeten Ionenaustauscher sind unter

anderen synthetische Träger, z. B. Polymere auf Polystyrolbasis (mit

Quervernetzung). Häufig eingesetzt werden auch modifizierte Zuckerpolymere.

Die Kationenaustauscher enthalten Sulfonsäure (–SO3H), Carboxyl- (–COOH)

oder phenolische Gruppen als funktionelle Gruppe. Nach der

Dissoziationskonstante (pK) der ionischen Gruppen unterscheidet man stark saure

(–SO3H) und schwach saure (–COOH) Austauscher.

Ionenaustauscherchromatographie 2-3

Die Anionenaustauscher enthalten basische Gruppen, z. B. –N+(CH3)3 (stark

basisch) oder –N+H(CH3)2 (schwach basisch).

Wirkungsweise von Ionenaustauschern:

Kationenaustauscher:

TrägerTräger

+Protein++

SO3- Protein

+SO3- Na

+

Na+

Das auf die mit Kationenaustauscher (Na+-Form) gefüllte Säule gegebene positive

Ion, in diesem Falle Protein+, wird gegen das Na+ ausgetauscht. Natriumionen

erscheinen im Eluat der Säule.

Anionenaustauscher:

CH2

CH3

H3C N CH3

CH2

CH3

H3C N CH3+ +

OH-

Träger Träger

Protein-+

Protein-

OH-+

Das OH- der quarternären Ammoniumbase des Austauschers wird z. B. durch

Protein- ausgetauscht.

2-4 Aminosäuren und Proteine II

Die Affinität eines Ionenaustauschers für ein Protein hängt von der Natur der

geladenen Gruppe auf dem Träger ab und von der Natur und Anzahl der geladenen

Gruppen auf der Proteinoberfläche. Je größer die Zahl der Ladungen eines Ions,

um so fester wird das Protein an den Austauscher gebunden.

Die Konzentration der Ionen, die Ionenstärke, beeinflusst ebenfalls die Bindung.

In der Praxis spielen u.U. auch die Proteingröße und die Quervernetzung (Größe

der Löcher im Träger) eine Rolle. Die Ionenstärke wird berechnet nach:

I = 1

2 ∑ c⋅z2 (c = Konzentration; z = Ladungszahl)

Ionenaustauscher werden für viele Zwecke in der Medizin, Biochemie und

Technik verwendet: Als Medikament zum Natriumentzug; zur Herstellung Ca2+-

armer Milch in der Diätetik; als Diagnostikum zur sondenlosen Funktionsprüfung

der Magensaftsekretion. In der Biochemie werden Ionenaustauscher zur

chromatographischen Trennung einer Vielzahl von Molekülen verwendet, z.B.

von Proteinen oder Aminosäuren. In großem Umfang werden Ionenaustauscher

zum Entsalzen von Lösungen, insbesondere zur Wasserenthärtung, verwendet.

Der pI von Peptiden und Proteinen ergibt sich aus dem Verhältnis aller disso-

ziierbaren Gruppen. Die pI-Werte von Proteinen mit einem überwiegenden Anteil

an sauren Aminosäuren liegen im sauren pH-Bereich; Proteine mit einem größeren

Anteil an basischen Aminosäuren haben ihre pI-Werte im alkalischen. Liegt der

pH-Wert einer Pufferlösung unterhalb des pI-Wertes eines Proteins ist die

Gesamtladung des Proteins positiv; liegt er oberhalb, ist die Summe der Ladungen

negativ.

Im folgenden Versuch werden humane Plasmaproteine (siehe Tabelle 2.2)

verwendet, die durch Anionenaustausch-Chromatographie auf DEAE-Sephacel

aufgetrennt wurden. (Versuch wurde bereits vom Assistenten durchgeführt).

DEAE-Sephacel ist ein schwach basischer Anionenaustauscher aus Diethyl-

aminoethyl (DEAE = -O-CH2CH2N+H(CH2CH2)2) substituierter Cellulose.

Cellulose dient hier als Trägermaterial; die Trennung der Proteine erfolgt über

ionische Wechselwirkungen mit den positiv geladenen DEAE-Gruppen in Ab-

hängigkeit vom pH-Wert und der Ionenstärke des Puffers.

SDS-PAGE 2-5

Unter den Startbedingungen der Chromatographie (pH 8,6) sind die Plasma-

proteine negativ geladen und werden über elektrostatische Wechselwirkungen an

den Ionenaustauscher gebunden. Die Elution der Immunglobuline (pI 8,3) erfolgt

bei pH 7,0. Unter diesen Bedingungen bleiben die übrigen Plasmaproteine

aufgrund ihrer niedrigeren pI-Werte (z.B. Albumin pH 5,6) an die Säule gebunden

und können anschließend bei pH 4,2 eluiert werden. Die Analyse der Eluate) in

der SDS-Polyacrylamidgel Elektrophorese (SDS-PAGE).

I. SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese

Medizinische Bedeutung: Polyacrylamidgelelektrophorese (PAGE) gehört zu den wichtigsten bioche-

mischen Untersuchungsmethoden. PAGE eignet sich sowohl zum Nachweis der

Reinheit von Proteinen als auch zum Nachweis von Enzymmustern bzw. Pro-

teinmustern. Desweiteren wird sie für Analyse der Größe von DNA-Fragmenten

verwendet wie z.B. für Sequenzierung oder die Analyse von Mutationen in ver-

erbbaren Krankheiten. Die hier durchzuführende SDS-PAGE ist eine spezielle

Methode zur Analyse von Proteinen.

Grundlagen: SDS (Sodiumdodecylsulfat) ist ein anionisches Detergenz, das die Proteine in der

Probe denaturiert und an diese denaturierten Proteine bindet. Die Proteine werden

somit unabhängig von ihrem pI-Wert negativ geladen und wandern zur Anode.

Die Wanderung wird dann nur noch von der Größe der Proteine bestimmt, die

durch den Molekularsiebeffekt des Polyacrylamidgeles zu einer unterschiedlichen

Wanderungsstrecke führt.

Acrylamid ist das Material der Wahl, um Proteine nach Größe elektrophoretisch

zu trennen. Das Acrylamid bildet zusammen mit Bisacrylamid ein quervernetzes

Netzwerk, wenn ein Radikalstarter zugesetzt wird. Bei Verwendung von hohen

Konzentrationen an Acrylamid und Bisacrylamid erhöht man den Grad der

Quervernetzung und verringert die Porengröße, so dass kleine Proteine gut

aufgetrennt werden. Für große Proteine verwendet man niedrigprozentige Gele.

2-6 Aminosäuren und Proteine II

Um eine optimale Auflösung der Proteine zu erhalten, werden zweischichtige Gele

verwendet. Den unteren Teil nennt man Trenngel, den oberen Sammelgel.

Letzteres hat eine geringe Konzentration an Acrylamid und einen anderen pH-

Wert. Dies erlaubt es den Proteinen einer Probe sich in scharfen Banden zu

„sammeln“, bevor sie im Trenngel aufgetrennt werden.

Aussagen über intra- oder intermolekulare Disulfidbrücken in Proteinen kann man

erhalten, wenn man die Proben vor Auftrag auf das Polyacrylamidgel mit β-

Mercaptoethanol reduziert und mit nicht reduzierten Proben vergleicht.

Geräte: Mighty Small Elekrophorese Kammer

Materialien: SDS-Polyacrylamid-Gele, gebrauchsfertig, 10% Acrylamid Laufpuffer: 20 mM Tris, 192 mM Glycin, 0.1% SDS, pH 8.3 Probenpuffer nicht-reduzierend: (4fach): 8% SDS, 40% Glycerin, 0.1%Bromphenolblau,

250mM TRIS/HCl, pH 6.8, Probenpuffer reduzierend: (4fach): wie nicht-reduzierend, plus 10% β-Mercaptoethanol Coomassie-Färbelösung: 0.2%Coomassie Blue R250 in 50%MeOH, 5% HOAc Entfärbelösung: 40% MeOH, 7% HOAc Fixierlösung: 7% HOAc

SDS-PAGE 2-7

Aufgaben: 1. Die Fraktionen der Ionenaustauscherchromatographie (vorbereitet) sollen im

reduzierten und nichtreduzierten Zustand aufgetrennt und die Hauptbanden

anhand ihres Molekulargewichtes identifiziert werden.

2. Als Analyse soll das Molekulargewicht eines unbekannten Proteines bestimmt

werden.

3. Unbehandeltes und mit Chymotrypsin behandeltes Serumalbumin und

Ovalbumin (vorbereitet) sollen aufgetrennt und die Molekulargewichte der

auftretenden Banden bestimmt werden.

4. Milchproteine sollen aufgetrennt und identifiziert werden.

5. Plasma und zwei Fraktionen der Ionenaustauscherchromatographie der

Plasmas sollen aufgetrennt werden, um sie für den immunologischen Nachweis

von IgG in Versuch 5 auf Nitrocellulose zu blotten.

Durchführung: 1. Probenvorbereitung:

Jeweils 15 µl Probe werden mit 5 µl Probenpuffer (reduzierend bzw nicht

reduzierend) in einem Eppendorf-Reaktionsgefäß versetzt (gelbe Pipetten-

spitzen verwenden), 5 min bei 100°C inkubiert und kurz abzentrifugiert.

2. Gelaufbau:

Da nicht polymerisiertes Acrylamid toxisch ist, erhalten Sie gebrauchsfertige,

auspolymerisierte Gele. Diese 1 mm dicken Gele wurden zwischen zwei

Glasplatten auspolymerisiert und verbleiben während der Auftrennung auch

zwischen den Glasplatten. Im Sammelgel befindet sich ein Kamm. Wird dieser

aus dem Gel herausgezogen, ergeben sich Aussparungen, in die die

Proteinproben aufgetragen werden.

• Die Gele müssen Sie mittels zweier roter Klammern in die Laufkammern

einsetzen, durchsichtige Seite nach vorne. Beachten Sie, dass zwei verschie-

dene Gele verwendet werden. Gel 1 hat eine Trenngelkonzentration von

10% Polyacrylamid, Gel 2 von 15%.

• Die Gelkammern mit Laufpuffer befüllen.

• Die Markierungsschablone auf der Glasplatte am Kamm ausrichten und den

Kamm vorsichtig herausziehen.

2-8 Aminosäuren und Proteine II

• Die vorbereiteten Proben werden mit den speziellen ausgezogenen Spitzen

(farblos) langsam in die Taschen eingefüllt. Die Molekulargewichtsmarker

können direkt, ohne Zugabe von Probenpuffer, aufgetragen werden (20µl).

Beladung des Gels 1: (Fraktionen der Ionenaustauscherchromatographie)

Gel 1, 10%

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

F0

nr

F1

nr

F2

nr

F3

nr

F4

nr

F5

nr

leer leer F0

r

F1

r

F2

r

F3

r

F4

r

F5

r

M

W

Beladung des Gels 2: Molekulargewichtsmarker MW, Analysen zur Molekular-

gewichtsbestimmung, proteolytische Verdaus von Serumalbumin (SA1, SA2) und

Ovalbumin (OV1,OV2) und den Serum/Plasma Proben für den Westernblot.

Achtung: Bis auf Proben Nr. 10-12 alle Proben reduzieren!

Gel 2, 15%

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

M

W

Ana-

lyse

1

r

Ana-

lyse

2

r

S

A

1

r

S

A

2

r

O

V

1

r

O

V

2

r

Milch-

pulver

r

leer F0

nr

F5

nr

F3

nr

leer F3

r

M

W

• Gelkammerdeckel aufsetzen (auf die richtige Polung achten),

Elektrophorese starten. 160 V, 200 mA, Dauer ca. 1 h, bis Blaumarker am

unteren Ende des Gels angelangt ist.

• Spannung abschalten, Deckel abnehmen.

• Mit der grossen 50 ml Spritze Gelpuffer in der Kammer abziehen (Ausguss)

und die Gele herausnehmen.

• Seitliche Trennstücke herausziehen und Glasplatte vorsichtig vom Gel trennen.

Das Gel 2 mit den Analysen und den Proben für den Westernblot mit einem

Skalpell in Spur 9 durchschneiden. Die Verwendung des Gelstückes für den

Westernblot wird unter B) beschrieben. Das Gelstück mit den Analyseproben

SDS-PAGE 2-9

und das Gel 1 mit den Ionenaustauscherfraktionen wird in eine Plastikschale

zu ungefähr 75ml (halbvolle Schale) Coomassie-Färbelösung gegeben und 15

min auf dem Schüttler gefärbt.

• Dann das Gel ~1 h in Entfärbelösung entfärben. Dazu Coomassie-Lösung in

entsprechende Recyclingflasche zurückfüllen, Gel kurz mit Wasser abspülen

und Entfärbelösung zugeben.

• Entfärbelösung in entsprechende Recyclingflasche abgießen und Fixierlösung

zugeben.

• Zusammen mit dem Assistenten das Gel mit der Videokamera fotografieren.

Auswertung:

1. Ionenaustauscherchromatographie von Plasma:

Beschreiben Sie die Hauptbanden in den verschiedenen Fraktionen und wie

sich das Molekulargewicht dieser Fraktionen bei Reduktion verhält.

2. Messen Sie die Laufstrecken der Markerproteine und ihres Analysenproteins

exakt aus.

Die Markerproteine sind: Phosphorylase B 97400 Da

Serumalbumin 67000 Da

Albumin aus Ei 45000 Da

Carboanhydrase 29000 Da

Lactalbumin 14200 Da

Tragen Sie die Laufstrecke gegen der Logarithmus des Molekulargewichtes

auf und verbinden Sie die Punkte. Berechnen Sie das Molekulargewicht ihres

Analysenproteins. Wichtig ist, dass Sie alle Markerbanden auf dem Gel

erkennen und eindeutig zuordnen können. Zwei Probleme können auftreten: 1.

Das Lactalbumin kann aus dem Gel herausgelaufen sein. 2. Abbaubanden der

übrigen Markerproteine entstehen. Bei Unklarheiten bitte Assistenten

befragen. Tipp: Serumalbumin-Bande als Anhaltspunkt benutzen!

3. Verfahren Sie analog mit Ovalbumin und dem mit Chymotrypsin geschnit-

tenen Ovalbumin. Die Aminosäuresequenz von Ovalbumin lautet:

2-10 Aminosäuren und Proteine II 1 GSIGAASMEF CFDVFKELKV HHANENIFYC PIAIMSALAM VYLGAKDSTR

51 TQINKVVRFD KLPGFGDSIE AQCGTSVNVH SSLRDILNQI TKPNDVYSFS

101 LASRLYAEER YPILPEYLQC VKELYRGGLE PINFQTAADQ ARELINSWVE

151 SQTNGIIRNV LQPSSVDSQT AMVLVNAIVF KGLWEKAFKD EDTQAMPFRV

201 TEQESKPVQM MYQIGLFRVA SMASEKMKIL ELPFASGTMS MLVLLPDEVS

251 GLEQLESIIN FEKLTEWTSS NVMEERKIKV YLPRMKMEEK YNLTSVLMAM

301 GITDVFSSSA NLSGISSAES LKISQAVHAA HAEINEAGRE VVGSAEAGVD

351 AASVSEEFRA DHPFLFCIKH IATNAVLFFG RCVSP

Chymotrypsin schneidet normalerweise hinter aromatischen Aminosäuren.

Wieviele Fragmente würden sie ausgehend von der Sequenz erwarten? Wie

erklären Sie die im Gel aufgetretenen Banden?

4. Beschreiben Sie die Hauptproteinbanden der Milchproteine. Welche Funktion

haben die Proteine der Milch?

Tabelle 2-1: Ein-Buchstaben-Code der Aminosäuren

A Ala Q Gln L Leu S Ser

R Arg E Glu K Lys T Thr

N Asn G Gly M Met Y Tyr

D Asp H His F Phe W Trp

C Cys I Ile P Pro V Val

SDS-PAGE 2-11

Tabelle 2-2: Wichtige Proteine des Blutplasmas (g/l)

Frauen Männer Kinder

Präalbumin) 0,15 - 0,30 0,20 - 0,30 0,04 - 0,12

Albumin 38,00 -51,00 40,00 - 52,00 28,00 - 41,00

α1-Antitrypsin 0,95 - 1,85 0,85 - 1,85 0,60 - 1,60

Orosomukoid 0,50 - 1,00 0,55 - 1,15 0,10 - 0,40

α2-Makroglobulin 2,05 - 4,30 1,80 - 3,40 2,35 - 5,30

Haptoglobin 0,50 - 2,70 0,55 - 3,20 < 0,20

Ceruloplasmin 0,25 - 0,55 0,20 - 0,45 0,05 - 0,25

Transferrin 1,65 - 2,90 1,54 - 2,75 0,90 - 1,90

Hemopexin 0,60 - 0,95 0,65 - 0,95 0,04 - 0,30

C3-Komplementfaktor 0,80 - 1,85 0,90 - 1,90 0,70 - 1,15

C4-Komplementfaktor 0,20 - 1,00 0,30 - 1,25

Fibrinogen 1,90 - 4,70 1,80 - 4,50

IgG 7,20 - 15,50 6,70 - 14,70 5,50 - 12,70

IgA 0,50 - 3,00 0,50 - 3,00 < 0,10

IgM 0,20 - 2,10 0,15 - 1,20 0,02 - 0,12

2-12 Aminosäuren und Proteine II

II. Blotting der Proteine auf Nitrocellulose (Vorbereitung für Versuch 5)

Grundlagen: Dieser Versuch ist die Vorbereitung für den immunologischen Versuch 5. Die

medizinische Bedeutung ist dort erläutert. Proteine, die mittels SDS-PAGE

getrennt wurden, werden in dem sogenannten Blotting-Verfahren auf Nitro-

cellulose übertragen, auf der dann immunologische Nachweise durchgeführt

werden können. Die Übertragung erfolgt wie bei der SDS-PAGE elektrophore-

tisch, d.h. die mit SDS beladenen Proteine werden von einem elektrischen Feld

aus dem Gel heraus auf die Nitrocellulose-Membran transferiert. Da die Proteine

negativ geladen sind, ist beim Aufbau der Transfereinheit darauf zu achten, dass

sich die Nitrocellulose auf den Anodenseite befindet.

Geräte: Nitrocellulose Transphor Blotting Kammer

Lösungen: Transferpuffer: 50 mM Borsäure pH 8.5, 5% Methanol Ponceau S TBS + Tween TBS + 5% Milchpulver

Durchführung:

1. Blotten:

Nach Beendigung der Gelelektrophorese wird das für den Western-Blot vorge-

sehene Gelstück (Spur 10-15)-in eine Schale gelegt, die Transfer-Puffer enthält.

Die Halterung für die Blotapparatur wird in eine Photoschale getaucht, die

ebenfalls Transfer-Puffer enthält. Dabei ist auf folgende Anordnung zu achten:

• Die Halterung wird mit der grauen Seite (zukünftige Anode) zuunterst in die

Schale gelegt (Abb. 2-1).

• Auf diese wird nacheinander ein Schwamm, ein Whatman-Papier, die

Nitrocellulose-Membran (mit Namen beschriften!), das Gel, wieder ein What-

man-Papier, ein Schwamm und zuletzt die schwarze Seite (zukünftige

Western-Blot 2-13

Kathode) der Halterung aufgelegt und eingerastet. Die einzelnen Schichten

müssen jeweils luftblasenfrei aufgelegt werden.

• Dieser Sandwichaufbau wird in die Blotkammer überführt (Anode zu Anode,

Kathode zu Kathode) und eine Stunde lang bei 1000 mA geblottet.

Abbildung 2-1: Schale mit schematischem Aufbau des Blot-Sandwiches

2. Ponceau S-Färbung (Zum Anfärben der Markerproteine):

• Durch Zugabe von 10 ml Ponceau S werden die Proteine auf der Membran

reversibel gefärbt, die Proteine des Markers werden mit Kugelschreiber vor-

sichtig markiert.

• Die Membran wird mit 25 ml TBS/Tween wieder vollständig entfärbt.

• Die Membranen werden eine Stunde lang in 5% Milchpulver geschüttelt, um

alle noch freien Proteinbindungsstellen zu blockieren.

• Das Milchpulver wird mit TBS abgewaschen und die beschrifteten Mem-

branen bis zum Versuch 5 eingefroren.

2-14 Aminosäuren und Proteine II

III. Dreidimensionale Strukturen von Proteinen

Dieser Teilversuch soll Ihnen einen Einblick in die dreidimensionale Struktur von

Proteinen vermitteln. Die 3D-Struktur von Proteinen kann mittels Röntgen-

kristallographie oder Kernresonanzspektroskopie (NMR) gelöst werden. Für die

Röntgenkristallographie muss man Proteinkristalle (ungefähr 1mm3) züchten, in

denen die Proteine wie in einem Kochsalzkristall in einer definierten Anordnung

sitzen. Diese Kristalle werden mit einem Röntgenstrahl bestrahlt und aus dem

Beugungsmuster des Strahles kann man die exakten Koordinaten aller Atome des

Proteins berechnen. Aufgrund der Wellenlänge des üblicherweise verwendeten

Röntgenlichtes können Wasserstoffatome nicht detektiert werden.

Die Kernresonanzspektroskopie erlaubt die Auflösung von Proteinstrukturen in

wässriger Lösung. Die Proteine werden in ein Magnetfeld gebracht und mit einem

Radiowellen bestrahlt. Die Strahlung regen die Atomkerne bei einer Re-

sonanzfrequenz an. Die Resonanzenergie, die von den Atomkernen nach der

Anregung wieder abgegeben wird, wird detektiert und zur Berechnung der Ko-

ordinaten der Atome verwendet. Zur Zeit ist die Anwendung der Kernreso-

nanzspektroskopie auf Proteine mit einem Molekulargewicht kleiner 40 kDa

limitiert. Auch Elektronenmikroskopie wird zur Strukturanalyse verwendet, die

Auflösung ist jedoch wegen der geringeren Energie der Elektronen viel schlechter

und nur die Umrisse von Proteinen können so sichtbar gemacht werden.

Medizinische Bedeutung: Einblicke in die Struktur von Proteinen tragen essentiell zum Verständnis mole-

kularer Vorgänge bei. Viele vererbbare Krankheiten werden durch einzelne

Punktmutationen in einem Gen hervorgerufen, die im Protein zum Austausch einer

Aminosäure führen. Warum diese mutierte Aminosäure einen Phänotyp

hervorrufen kann, kann oftmals nur anhand der dreidimensionalen Struktur

verstanden werden. So sitzt z.B. die eingetauschte Aminosäure Valin im Sichel-

zellhämoglobin auf der Oberfläche des Proteins und passt in eine hydrophobe

Tasche eines zweiten Hämoglobins. Dies führt zu einer Polymerisation des

Hämoglobins und der charakteristischen Sichelzellform der Erythrozyten.

Proteinstrukturen 2-15

Große Hoffnungen werden z.Z. auf das spezifische Design von Pharmaka anhand

der Struktur der Zielproteine gesetzt, dies zeigt sich z.B. daran, dass alle großen

pharmazeutischen Firmen Strukturlabors unterhalten. Man versucht z.B.

spezifische Inhibitoren für Proteasen aus HIV zu entwickeln, indem man gewisse

Aminosäuren eines bekannten, aber schwach bindenden Inhibitors am Computer

austauscht und untersucht, ob so zusätzliche Bindungen zwischen der Proteinase

und dem Inhibitor gebildet werden.

Grundlagen: Die grundlegende Bindung in Proteinen ist die Peptidbindung zwischen der

Aminogruppe und der Carbonsäuregruppe zweier Aminosäuren.

Die Bindung zwischem dem Kohlenstoff und dem Stickstoff hat aufgrund ihres

mesomeren Charakters Doppelbindungscharakter und deshalb sind alle Peptid-

bindungen planar (die vier Atome C, O, N und H liegen in einer Ebene).

O O-

¦ ←→ |

-C-N- -C=N+-

| |

H H

Das sogenannte Rückgrat der Proteine ergibt sich aus der Abfolge der planaren

Peptidbindungen, die jeweils durch das α-C-Atom, das die Seitenkette trägt,

getrennt sind. Die Bindungen zum α-C-Atom sind drehbar:

H O H O H O H O

| ¦ | ¦ | ¦ | ¦

-N——C——C——N——C——C——N——C——C——N——C——C-

| | | | | | | |

H R H R H R H R

AS1 AS2 AS3 AS4

2-16 Aminosäuren und Proteine II

Die Interaktion benachbarter Aminosäuren führt auf einer ersten Ebene zur Aus-

bildung von sogenannten Sekundärstrukturen, wie α-Helices, β-Faltblättern, β-

turns u.a.. Diese kommen durch Wasserstoffbrücken zwischen den Sauerstoff- und

den Wasserstoffatomen der Peptidbindung zustande. Welche Sekundärstruktur

dabei von einem Peptidstück angenommen wird, hängt von der Natur der

Seitenketten (Größe, Ladung) ab, die die relativen Stellungen der Peptidbindungen

zueinander bestimmt. Je nach Verdrehung der aufeinanderfolgenden planaren

Peptidbindungen ergeben sich so α-Helices, β-Faltblätter usw.

Die nächste Ebene, die Tertiärstruktur, beeinhaltet die räumliche Anordnung der

Sekundärstrukturen. Diese wird durch die Wechselwirkung der Sekundär-

strukturelemente bestimmt. An diesen Interaktionen sind sowohl das Peptid-

rückgrat als auch die Seitenketten beteiligt (ionische, van der Waals-, und Was-

serstoff-Brücken-Bindungen).

Im Falle von multimeren Proteinen, d.h. solchen die aus mehreren Untereinheiten

aufgebaut sind, gibt es eine weitere strukturelle Ebene, die Quartärstruktur. Mit ihr

wird die räumliche Anordnung der Tertiärstrukturen der Untereinheiten

beschrieben.

Denaturierung

Sekundär-, Tertiär- und Quartärstrukturen der Proteine sind nicht unter allen

Bedingungen stabil. Unter Denaturierung versteht man die Auflösung aller dieser

Strukturen, so dass das Protein als ungefaltete Polypeptidkette vorliegt. Dies kann

u.a. durch Temperaturerhöhung, pH-Wert-Änderung, Ionenstärkeänderung oder

sogenannte chaotrope Reagentien wie z.B. Harnstoff geschehen. So ist eine der

Hauptfunktionen der Salzsäure neben ihrer bakteriziden Wirkung die

Denaturierung von Proteinen im Magen.

Im ersten Teil dieses Versuchs werden Ihnen vom Assistenten verschiedene

Sekundärstrukturelemente und einige Proteine mit Hilfe des Programmes Rasmol

vorgestellt. Im zweiten Teil sollen Sie als Analyse eine Sekundär-, Tertiär- und -

wenn vorhanden - Quartärstruktur-Beschreibung eines kleinen Proteins

vornehmen.

Proteinstrukturen 2-17

Ausführung: Das Programm Rasmol ermöglicht es, 3-dimensionale Strukturen zu bewegen, zu

drehen und einzelne Elemente getrennt anzuschauen. Beim Öffnen des Pro-

grammes öffnet sich zum einen das Fenster (Rasmol Version 2.6 in oberster

Zeile), in dem die Struktur dargestellt wird und ein zweites Fenster (Rasmol

Command Line), in dem man vordefinierte Programme erstellen und abrufen

kann.

Übersicht über die wichtigsten Befehle im Rasmol Version 2.6- Fenster

(mit der Maus anzuwählen)

Display-Modus:

Rasmol erlaubt 7 Darstellungsformen, davon sind 3 interessant: 1. Sticks: alle Atome, Stabform

2. Spacefill: alle Atome in Kugelform: zeigt die Oberfläche eines Proteins

3. Cartoons schöne Darstellung der Sekundärstrukturelemente

Colours:

Hier sind drei Darstellungen wichtig:

1. CPK: Standardfärbung: O rot, N blau, C grau, S gelb, H weiß

2. Chain: färbt in multimeren Proteinen die einzelnen Untereinheiten ver-

schieden

3. Structure: färbt α-Helices rot, β-Stränge gelb, β -turns (Schleifen) blau,

random (ungeordnet) grau:

1. Öffnen einer Struktur:

• Vom Assistenten erhalten Sie einen Dateinamen, unter dem das Protein,

das Sie analysieren sollen, abgespeichert ist.

• Mit der Maus: File Open, dann entsprechendes File auswählen.

• Mit der Maus: Display Cartoon:

• Mit der Maus: Colour Structure:

• In dieser Darstellung sollen Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur be-

schrieben werden.

2-18 Aminosäuren und Proteine II

• Vor dem Öffnen einer neuen Struktur, alte Struktur schließen mit: File

Close

2. Drehen einer Struktur:

Mit linker Maustaste Struktur anklicken und mit festgehaltener Taste ziehen

3. Verschieben einer Struktur:

Mit rechter Maustaste Struktur anklicken und mit festgehaltener Taste ziehen

4. Zoomen:

a) Vergrößern: Shift-Taste gedrückt halten und mit linker Maustaste auf die

Struktur klicken und nach unten ziehen.

b) Verkleinern: Shift-Taste gedrückt halten und mit linker Maustaste auf die

Struktur klicken und nach oben ziehen.

Proteinstrukturen 2-19

Aufgabe: Bestimmung der Struktur eines Proteins

Sie sollen die Sekundär, Tertiär- und -wenn vorhanden- die Quartärstruktur eines

Proteines beschreiben. Sie erhalten vom Assistenten die Nummer eines Proteins

und öffnen dies mit Hilfe des Programmes Rasmol.

Durchführung (s.o.). Die Beschreibung der Strukturelemente im Protokollheft

wird durch den Assistenten überprüft.

Beispielauswertung:

Protein xxx:

Sekundärstrukturelemente vom Amino- zum Carboxyterminus:

H3N+-Helix-Schleife-Helix-Schleife-Faltblatt-Schleife-Faltblatt-Schleife-Faltblatt-

COO-

Tertiärstruktur:

Monomeres globuläres Protein, das aus zwei Helices und einem antiparallelen -

Faltblatt gebildet wird. Das β-Faltblatt besteht aus drei Strängen.

2-20 Aminosäuren und Proteine II

Übungsaufgaben:

1. Wenn Sie ein Ei kochen, welche Art der Konformationsänderung der Proteine erfolgt dabei?

2. Geben Sie zwei Nachweismethoden für Proteine an.

3. Wie ist die Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur von Proteinen definiert?

4. Nennen Sie zwei Formen von Sekundärstrukturen von Proteinen.

5. Zwischen welchen chemischen Gruppen werden die Wasserstoffbrücken-

bindungen in der α-Helix von Proteinen gebildet?

6. Zeichnen sie zwei aufeinander folgende Peptidbindungen einer Peptidkette. Welche Bindungen sind beweglich?

7. Was versteht man unter einem hydrophoben Kern eines Proteins? Welche Aminosäuren haben aromatische Reste?

8. Mit welchen Methoden kann man das Molekulargewicht eines Proteins bestimmen?

9. Nennen Sie je ein Protein aus dem Blutplasma mit: a) Transportfunktion, b) Abwehrfunktion, c) Enzymatischer Funktion

10. Wie wird Trypsin aktiviert?

11. Welche Rolle spielt Pyridoxalphosphat bei der Transaminierungsreaktion?

12. Welche zellulären Kompartimente sind am Harnstoffzyklus beteiligt? Welche beiden Möglichkeiten hat eine Aminosäure die Aminogruppe für die Harnstoffsynthese zur Verfügung zu stellen?

Aufgaben 2-21

13. Sequenzanalyse eines Peptids:

↓ ↓ ↓ ↓ H2N-Ala-Met-Asp-Ile-Arg-Cys-Phe-Leu-COOH S ³ S H2N-His-Arg-Gly-Lys-Cys-Ser-Gly-COOH

↑ ↑

Schreiben Sie an den Pfeilen die zugehörigen Reagenzien.

Mercaptoäthanol SH-CH2-CH2-OH Phenylisothiocyanat Phenyl-N=C=S Sangerreagenz: Fluoro-dinitro-benzol Dansylchlorid Bromcyan BrCN Proteasen: Trypsin, Chymotrypsin, Pepsin, Thermolysin, Thrombin, Car-

boxypeptidase, Aminopeptidase

14. Ein Peptid reagiert mit Dinitrofluorbenzol nur in der Seitenkette des Lysins des Peptids. Durch Thrombinspaltung (Thrombin schneidet zwischen Arg-Gly) entsteht ein Peptid der Stöchiometrie:

Ala1 Tyr1 Gly1 Lys1 Ser1 Phe1 Arg1 Pro1

Mit dem Edman Reagenz wird aus diesem Gly PTH abgespalten. Schreiben Sie die Strukturformel des Derivats:

Wird das Thrombin-gespaltene Peptid mit Trypsin behandelt, so entstehen zwei Peptide der Stöchiometrie:

Ser1 Tyr1 Pro1 Arg1 und Phe1 Gly1 Ala1 Lys1

Chymotrypsin-Behandlung des Thrombin-gespaltenen Peptids liefert zwei Dipeptide mit der Zusammensetzung Gly1 Phe1 und Arg1 Ser1 und das übrige Tetrapeptid. Formulieren Sie die Sequenz des Peptids in der Drei-buchstaben-Schreibweise.

2-22 Aminosäuren und Proteine II

15. Die vollständige Hydrolyse eines Peptids ergibt:

1 Gly, 1 Ala, 2 Cys, 1 Lys, 1 Glu, 1 Ile, 1 Thr, 1 Phe, 1 Val

Reduktion mit Mercaptoäthanol ergibt zwei kleinere Peptide A und B. A enthält: Ala, Cys, Glu, Gly, Ile, Lys

Carboxypeptidase setzt Ile frei: Edman-Abbau mit Phenylisothiocyanat ergibt das PTH-Derivat von

Gly im 1-Cyclus, Ala im 2-Cyclus.

Trypsin setzt zwei Peptide frei: a) enthält Glu und Ile b) Ala, Cys, Gly, Lys

B enthält: Cys, Phe, Thr, Val Carboxypeptidase setzt Val frei; Chymotrypsin: Val und ein Tripeptid mit Cys, Phe, Thr; Edman-Abbau ergibt PTH-Thr.

Wie lautet die Sequenz des gesamten Peptids?

16. Ein Peptid hat die folgende stöchiometrische Zusammensetzung:

1 Ala, 1 Arg, 2 Asp, 2 Glu, 3 Gly, 1 Leu, 3 Val

Die folgenden Peptide wurden nach partieller Spaltung isoliert: 1. Asp-Glu-Val-Gly-Gly-Glu-Ala 2. Val-Asp-Val-Asp-Glu 3. Val-Asp-Val 4. Glu-Ala-Leu-Gly-Arg 5. Val-Gly-Gly-Glu-Ala-Leu-Gly-Arg 6. Leu-Gly-Arg Wie lautet die Aminosäuresequenz des Ausgangspeptids?

3-1

Versuch 3: Enzyme

Versuche:

Enzymkinetik der sauren Phosphatase

Acetylcholinesterase-Bestimmung im Serum

Hemmung des Enzyms mit Diisopropylfluorophosphat (DIFP)

Reaktivierung mit Pyridin-2-Aldoxim-Methyljodid (PAM)

Laktatdehydrogenase (opt. Test)

Wissensgebiete

Einteilung der Enzyme in Enzymklassen

Aktivierungsenergie

Enzymsubstrat-Komplex

Reaktionen 0. und 1. Ordnung, Reaktionsgeschwindigkeit, pH- und Temperatur-

Einfluss, Substrat- und Enzymkonzentrations-Diagramme, Lineweaver-

Burk-Diagramme, kompetitive und nicht kompetitive Hemmung, Beispiele Km-Bestimmung, Substratspezifität, Hemmsubstanzen, Mechanismus der

Hemmung, Wechselzahl

Quantitative Bestimmung der enzymatischen Aktivität

Einheit der Enzymaktivität: Katal (neu), Units (alt)

Isoenzyme

Multienzym-Komplexe und multifunktionelle Enzyme

Regulation der Enzymaktivität, Allosterie, negative Rückkopplung, Beispiele

Saure Phosphatase, Acetylcholinesterase, Neurotransmitter, Inhibitoren und

Enthemmer

Optischer Test (Formeln, optische Eigenschaften sowie Coenzymfunktionen von

NAD+, NADP+ und FAD)

Kombinierter optischer Test (Kofaktor-gekoppelte Reaktion)

3-2 Enzyme

Einführung

Bei reversiblen chemischen Reaktionen stellt sich ein Gleichgewicht ein. Im

Gleichgewichtszustand ist die Geschwindigkeit der Hin- gleich der der Rück-

reaktion. Katalysatoren erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeit und beschleu-

nigen damit die Gleichgewichtseinstellung; sie beeinflussen aber nicht die Lage des Gleichgewichts. Enzyme sind Proteine, die als Katalysatoren fungieren.

Die International Union of Biochemistry hat 1961 und 1964 Regeln für die No-

menklatur der Enzyme aufgestellt. Die Enzyme werden in sechs Hauptklassen

eingeteilt, die jeweils gleiche chemische Reaktionstypen katalysieren.

1. Oxidoreduktasen übertragen Wasserstoff zwischen zwei Reaktionspartnern.

Zu ihnen gehören die Dehydrogenasen, Hydroxylasen und Oxigenasen.

2. Transferasen katalysieren die Übertragung von Atomgruppen oder ganzen

Molekülen zwischen zwei Reaktionspartnern. Untergruppen dieser Klasse sind

die "Kinasen": Carboxyl-Transferasen, Amino-Transferasen, Glycosyl-Trans-

ferasen und Acyl-Transferasen.

3. Hydrolasen sind Ester-, Peptid- und Glycosylbindungen spaltenden En-

zyme. Bekannte Enzyme wie Pepsin, Chymotrypsin, Trypsin, Renin und Papain

gehören dazu.

4. Lyasen katalysieren die nichthydrolytische Spaltung kovalenter Bindungen:

Decarboxylasen, Aldolasen, Dehydratasen.

5. Isomerasen epimerisieren ein optisch aktives C-Atom oder racemisieren

optisch aktive Verbindungen.

6. Ligasen führen zur Verknüpfung zweier Substratmoleküle unter gleich-

zeitiger Spaltung von ATP in AMP und Pyrophosphat. Wichtige Vertreter dieser

Gruppe sind die Synthetasen, z.B. Aminoacyl-tRNS-Synthetasen, Acyl-CoA-

Synthetasen oder auch die Carboxylasen.

Die Enzymaktivität bestimmt man, indem man Enzyme und Substrat bei bes-

timmter Temperatur, bestimmtem pH-Wert, definierter Substrat- und Enzym-

konzentration sowie in Gegenwart erforderlicher Kofaktoren inkubiert und die

Reaktion in Abhängigkeit von der Zeit verfolgt.

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-3

Bei einer Reaktion 1. Ordnung hängt die Reaktionsgeschwindigkeit nur von der

Konzentration des Substrats ab.

Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten k einer Reaktion 1. Ordnung

v = [ ]

−d S

dt= k⋅[S]

[ ]−

d S

dS = k⋅dt

v = Reaktionsgeschwindigkeit [S] = Substratkonzentration k = Geschwindigkeitskonstante t = Zeit

Wenn x die Substratmenge ist, die in der Zeit t umgesetzt wurde, und a die

Substrat-Anfangskonzentration bei t = 0 ist, so gilt:

[ ]−

∫d S

a

a x

dS= k⋅ dt

t

0∫

a = Anfangskonzentration des Substrats

x = umgesetzte Substratmenge in der Zeit t

ln (a - x) - ln a= k⋅(t - 0)

k ⋅ t = ln a

a - x

Bei der Halbwertszeit t 1

2

ist x = a

2, daraus ergibt sich

t 1

2

= ln 2

k

3-4 Enzyme

Die enzymatischen Reaktionen sind Reaktionen 2. Ordnung: Die Reaktionsge-

schwindigkeit hängt von Konzentrationen zweier Komponenten ab. Man kann

die Behandlung dieses Systems vereinfachen, indem man: 1. Substrat im Überschuss einsetzt oder

2. die Enzymkonzentration konstant hält.

1. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist proportional der Enzymkonzentration E bei konstanter Substratkonzentration S (Überschuss).

v = -d[S]

dt = k⋅[E]⋅[S] = k '⋅[E]

[E] = Enzymkonzentration (mg Protein)

Nimmt man pro Enzymmolekül eine Wirkgruppe an, so bezeichnet man die

Anzahl von Substratmolekülen, die pro Molekül Enzym in einer Minute umge-

setzt werden, als Wechselzahl oder "turn-over number" des Enzyms. (z.B.:

Fumarase 105, Acetylcholinesterase 2 x 107 mol Substrat/mol Enzym x Min).

2. Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration

Hält man die Enzymkonzentration [E] konstant und steigert die Substratkon-

zentration [S], so erhält man folgendes Bild:

v0

[S]

I

II

III

Abbildung 3-1: Reaktionsgeschwindigkeit bei konstanter Enzym- und varia-bler Substratkonzentration

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-5

Mit steigender Substratkonzentration wird ein Plateau erreicht, d.h. das Enzym

ist mit Substrat gesättigt. Die maximale Reaktionsgeschwindigkeit ist erreicht,

und eine weitere Zugabe von Substrat bei konstanter Enzymkonzentration stei-

gert die Umsatzgeschwindigkeit nicht mehr. Eine solche zweiphasige Kurve

kann man erklären, wenn man eine Komplexbildung zwischen Enzym und Sub-

strat (Enzym-Substrat-Komplex, ES) annimmt, bevor das Reaktionsprodukt

gebildet wird. Die abnehmende Reaktionsgeschwindigkeit (III) erklärt man

durch Substrathemmung: Zu viele Substratmoleküle vermindern die Effizienz

der Enzym-Substrat-Wechselwirkung.

In der Praxis sind jedoch die beiden Extremfälle selten anzutreffen. Die Be-

rechnung der Interaktion wird dadurch komplizierter. Unter Voraussetzung einer

konstanten Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes beschreibt eine

Gleichung von Michaelis und Menten die Wechselwirkung:

k1 k3

k4 k2 E + P ES E + S

P = Reaktionsprodukt

k1⋅[E]⋅[S] - k2⋅[ES] = k3⋅[ES] - k4⋅[E]⋅[P]

Nettogeschwindigkeit der = Nettogeschwindigkeit des

Bildung von [ES] Zerfalls von [ES]

Die Einführung der Konstanten Km (der Michaelis-Konstanten), der maximalen

Reaktionsgeschwindigkeit vmax und die Umformulierung nach vo ergibt:

1

vo

= K

vm

max

• 1

S +

1

v max

(y = m⋅x + b)

3-6 Enzyme

v 0 1

1 K m –

1 V max

1 [S]

Abbildung 3-2: Lineweaver-Burk-Plot

Trägt man 1

vo

als Ordinate gegen 1

Sals Abszisse auf, resultiert eine Gerade

(Lineweaver-Burk-Plot). Die Gerade schneidet die Ordinate bei 1

v max

und die

Abszisse bei - 1

K m

, ihre Steigung ist K

vm

max

. Experimentell erhält man die

Gerade durch Messungen der Anfangsgeschwindigkeit bei verschiedenen Sub-

stratkonzentrationen und konstanter Enzymmenge. Die reziproken Anfangs-

geschwindigkeiten werden gegen die reziproken Substratmengen aufgetragen.

Eine andere Darstellungsart der Gleichung erhält man, wenn man beide Seiten

der Gleichung mit [S] multipliziert. Zeichnet man vo gegen [S] auf, so erhält

man eine Hyperbel. Bei dieser Darstellungsart wird die Bedeutung von Km

deutlich, die bei der Ableitung der Gleichung eingeführt wurde.

Km ist demnach die Substratkonzentration, bei der vo = 1

2vmax ist.

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-7

12

Vmax

v0

Km [S]

Abbildung 3-3: Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Sub-stratkonzentration

Geräte: Wasserbad 37 °C, mit Kontaktthermometer Einsatz für Reagenzgläser Filter-Photometer Filter 623 nm , 2 × 1 cm Küvetten Reagenzgläser 30, im Reagenzglasständer Vollpipetten 5 ml Messpipetten 1 ml, 5 ml

Lösungen Enzym: 1 mg saure Phosphatase in 100 ml Wasser Phenol-Standard-Lösung: 0,5 mM Dinatriumphenylphosphat (DPP): 0,005 M, mit 2 N HCl auf pH 5,3 eingestellt. Ethylendiamin-Zitratpuffer: 0,1 M, pH 5,9

(0,1 M Lösung von Ethylendiamin, pH mit fester Zitronensäure einstellen). Na2CO3-Lösung: 7 %ig Folin-Reagenz: 1:1 mit Wasser verdünnt

3-8 Enzyme

I. Der optische Test: Bestimmung von Pyruvat

Vorbemerkung: Die Pyridinnukleotide NAD+ und NADP+ können reversibel Wasserstoff auf-

nehmen. Diese Fähigkeit bedingt ihre Funktion als Coenzym vieler Dehydro-

genasen (Oxidoreduktasen). Bei der Hydrierung wird der aromatische Charakter

des Nikotinsäureamid-Ringsystems aufgehoben. Das entstandene Dihydro-

pyridin-Ringsystem besitzt eine spezifische Lichtabsorption mit einem Maxi-

mum von 340 nm, die bei NAD+ fehlt.

5004003002000,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

NAD+NADH

nm

E

Abbildung 3-9: Absorptionsspektren von NADH und NAD+

Man kann daher die Umwandlung von NAD+ in NADH und umgekehrt mit

dem Photometer messen (optischer Test).

Die Konzentration des gebildeten bzw. verbrauchten NADH oder die Konzen-

tration der entsprechenden Reaktionspartner der Enzyme werden mit Hilfe des

Lambert-Beerschen Gesetzes berechnet.

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-9

1510500,1

0,2

0,3

0,4

Ext

inkt

ion

Zeit [min] A

Abbildung 3-10: Pyruvat-Bestimmung mit dem optischen Test

Prinzip: Pyruvat (Pyr) wird von NADH in Gegenwart von Laktatdehydrogenase (LDH)

nach folgender Gleichung zu L+-Laktat (Lakt) reduziert.

CH3-CO-COO- + NADH + H+ → CH3-CH(OH)-COO- + NAD+

Die Gleichgewichtskonstante dieser Reaktion ist bei 25 °C:

K = [Lakt] • [NAD ]

[Pyr] • [NADH] • [H ]

+

+= 3,6 • 1011 l/mol

Pyruvat wird praktisch vollständig zu Laktat reduziert.

Lösungen:

Citrat-Puffer pH 6,0

Laktat-Dehydrogenase: 0,025 ml Konzentrat (10 mg/2 ml) ad 10 ml H2O

NADH-Lösung 1 mM

Pyruvat Analysenlösung

Ausführung: Das Photometer wird mit Wasser als Leerwert bei 340 nm auf 0,000 eingestellt.

In eine 1 cm-Küvette werden 1,5 ml Citrat-Puffer pH 6,0; 0,2 ml Natrium-

pyruvatlösung und 0,2 ml 1 mM NADH pipettiert. Nach Mischen mit dem

Plastikspatel wird die Extinktion viermal in Abständen von 1 min gemessen und

3-10 Enzyme

notiert. Dann werden 0,1 ml LDH zur Probenküvette gegeben und sofort in

Abständen von 1 min die Extinktionen bei 340 nm über eine Dauer von 10 min

gemmesen und notiert.

Berechnung: Bei photometrischen Bestimmungen wird die Menge der unbekannten Probe mit

Hilfe eines in seiner Menge bekannten Standardwertes oder mit Hilfe einer

Eichkurve ermittelt. Hier steht als Messergebnis nur die Extinktionsdifferenz der

unbekannten Lösung zur Verfügung. Man braucht deshalb die Angabe des

molaren Extinktionskoeffizienten und die Volumina des Reaktionsansatzes und

der darin enthaltenen Probemenge. Die Berechnung geht vom Lambert-

Beer'schen Gesetz aus. Berücksichtigen Sie bei der Berechnung der

Pyruvatkonzentration c (Einheit: mol/l) den Verdünnungsfaktor.

∆E=ε·d·c (∆Ε=ΕΑnfang-EEnde; ε = 6,22⋅103 mol-1⋅cm-1⋅l; d=1cm)

Berechnen Sie die Pyruvatkonzentration in g/l (MW Pyruvat = 88 g/mol).

Tragen Sie in einer Graphik die Pyruvatkonzentration gegen die Zeit (min) auf.

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-11

II. Enzymkinetik der sauren Phosphatase

Die saure Phosphatase spaltet organische Phospatester bei einem pH-Optimum

zwischen pH 4,5 bis 6,0. Sie ist ein lysosomales Enzym und kommt in allen

Organen vor.

Die im menschlichen Blutplasma enthaltenen sauren Phosphatasen stammen aus

den verschiedensten Organen oder Zellen. Sie unterscheiden sich durch ihre

Hemmbarkeit durch bestimmte Substanzen. So wird z.B. die aus der Prostata

stammende saure Phosphatase selektiv durch L-Tartrat gehemmt, während die

aus Erythrozyten, Knochen oder Milz stammende saure Phosphatase nicht durch

L-Tartrat gehemmt wird. Aus der Differenz zwischen der Gesamtphos-

phataseaktivität des Serums und der tartratgehemmten Phosphatase lässt sich der

Anteil der Prostata-Phosphatase im Serum berechnen.

Medizinische Bedeutung: Die Gesamtphosphatase ist erhöht bei akuter myeloischer Leukämie, bei Leber-

parenchymschäden, bei Lipidspeicherkrankheiten, bei denen die Niere betroffen

ist (Lipideinlagerung). Die mit L-Tartrat hemmbare spezifische Prostata-

Phosphatase ist erhöht bei Erkrankungen der Prostata (Karzinom, Entzündung).

Im folgenden Versuch wird die Michaelis-Menten-Konstante der sauren Phos-

phatase aus Kartoffeln bestimmt. Als Substrat dient Dinatriumphenylphosphat

(DPP). Das freigesetzte Phenol wird mit dem Folin-Ciocalteu-Reagenz quanti-

tativ bestimmt.

O P

O

O

O OH-

Phosphatase

saure2 Na+

+ HPO42- + 2 Na +

2--

3-12 Enzyme

1) Standardkurve mit Phenol

Ausführung: In sechs Reagenzgläser pipettiert man jeweils 0; 0,1; 0,2; 0,3; 0,4 und 0,5 ml der

0,5 mM Phenol-Standardlösung und ergänzt die Proben mit Wasser auf ein

Volumen von 1 ml. Die Probe, die nur Wasser enthält, dient als Leerwert. Dann

gibt man zu jeder Probe 5 ml einer 10 %igen Na2CO3-Lösung. Die Proben

werden gut durchgeschüttelt, anschließend mit 1 ml Folin-Reagenz versetzt

und nach dem Durchmischen 15 min. bei Raumtemperatur stehengelassen. Die

Extinktion wird bei 623 nm im Photometer abgelesen.

Ausführung: Die Werte werden in Tabelle 3-1 eingetragen. Berechnen Sie die Phenolkonzen-

tration (Einheit: mM) unter Einbeziehung des jeweiligen Verdünnungsfaktors

und tragen Sie die Werte gegen die Extinktionen auf.

Tabelle 3-1: Messergebnisse zur Anfertigung der Abb. 4-4 und 4-5

Glas-Nr

µmol DPP/

ml

E(gemessen) nach Min. E Eich-kurv

e

% Hydrolyse nach Inku-bation

1 5 ∆5-1 10 15 1 5 10 15

1 0,0 2 0,5 3 1,0 4 1,5 5 2,0 6 2,5

2) Bestimmung der Michaelis-Konstanten

Ausführung: Vorbereitend beschriftet man 24 Reagenzgläser (Angaben im Seminar

beachten!) und pipettiert in jedes 5 ml einer 10 %igen Na2CO3-Lösung.

Für die Enzymreaktion gibt man in sechs weitere Reagenzgläser jeweils 0; 0,1;

0,2; 0,3; 0,4 und 0,5 ml der 5 mM DPP-Lösung. Die Proben ergänzt man mit

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-13

% Hydro- lyse

5 10 15 20 25 30

0,25µmol/min 0,15µmol/min

0,05µmol/min

min

Wasser auf ein Volumen von 1 ml. Dazu pipettiert man 7 ml Citrat-Puffer. Die

sechs Inkubationsansätze werden in ein Wasserbad von 37 °C gestellt. Nach

5 min pipettiert man nacheinander in jedes der 6 Gläser 2 ml der sauren

Phosphatase-Lösung und mischt gut. Achtung: Ab jetzt läuft die Zeit!

Je 1 ml wird nach genau 1, 5, 10 und 15 min aus den sechs Reaktionsansätzen

entnommen und sofort in die entsprechend vorbereiteten Reagenzgläser mit 5 ml

10 %iger Na2CO3-Lösung pipettiert. Dadurch wird die Reaktion gestoppt. Zum

Schluss wird je 1 ml Folin-Reagenz in alle Reagenzgläser gegeben, gut

durchgeschüttelt und nach 15 min die Extinktion bei 623 nm gemessen und in

Tabelle 3-1 eingetragen.

Berechnungen: a) Abhängigkeit der Hydrolyse von der Inkubationszeit

Die Extinktionen der Phenol-Eichkurve entsprechen einer 100 %-igen Hydro-

lyse des Substrates. Der Hydrolysegrad in Prozent wird nach der Formel:

Egemessen

E Eichkurve . 100 = % Hydrolyse

berechnet, in die Tabelle 3-1 eingetragen und graphisch gegen die Inkubations-

zeit aufgetragen (Abbildung 3-4).

Abbildung 3-4:

Prozentuale Abhängigkeit der Hydrolyse von der Inkubationszeit

3-14 Enzyme

b) Abhängigkeit der Anfangsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration

Die Anfangsgeschwindigkeit (Hydrolysegrad/Min.) kann man aus dem linearen

Teil der Kurven in Abb. 3-4 ermitteln und auf µmol/Min. umrechnen. Einfacher

ist es, die Extinktionsdifferenzen der ersten Messungen (zwischen ein und fünf

Minuten), die den Anfangsgeschwindigkeiten vo entsprechen, zu verwenden.

Diese Differenzen werden in der Tabelle 3-1 eingetragen und gegen die

Substratkonzentration aufgetragen (vgl. Abb. 3-5). Bestimmen Sie aus Ihrem

Graphen die Substratsättigungskonzentration.

V0

µMol DPP/ml

0,04

0,03

0,02

0,01

0,05 0,15 0,25

∆ E 5-1

Abbildung 3-5: Abhängigkeit der Anfangsgeschwindigkeit von der Substrat-konzentration

c) Zeichnen des Lineweaver-Burk-Diagramms

Die Michaelis-Menten-Konstante KM wird graphisch ermittelt. Tragen Sie dazu

1/v0 gegen 1/[S] auf und bestimmen Sie anhand des Graphen Vmax und KM.

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-15

Tabelle 3-2: Wertetabelle für Lineweaver-Burk-Diagramm

[S] 1/[S] (∆E5-∆E1) vo 1/vo

0,5 2,0

1,0 1,0

1,5 0,67

2,0 0,5

2,5 0,4

3) Einfluss steigender Enzymkonzentration:

Vorbereitend pipettiert man in fünf Reagenzgläser je 5 ml einer 10%igen

Na2CO3-Lösung. Dann werden nach Tabelle 3-3 die Reaktionsansätze in fünf

neue Reagenzgläser pipettiert.

Tabelle 3-3: Volumina der Reagenzien in ml

Nach der Inkubationszeit wird jeweils 1 ml aus den fünf Reagenzgläser

entnommen und sofort in die vorbereiteten Reagenzgläser mit 5 ml 10%iger

Na2CO3 pipettiert. Nach Zugabe von 1 ml Folin-Reagenz und gutem

Durchmischen wartet man 15 min und misst die Extinktionen bei 623 nm. Dies

entspricht direkt dem Hydrolysegrad in Prozent oder den Molen gebildeten

Phenols. Tragen Sie bitte auf Millimeterpapier die Extinktionen gegen die

Enzymmengen auf.

Reagenzglas-Nr.

1

(Nullwert)

2

3

4

5

Citratpuffer pH 6,0 [ml] 3 3 3 3 3

H2Odest [ml] 3 2,5 2 1 0

saure Phosphatase [ml] 0 0,5 1 2 3

mischen und 5 min Inkubation im Wasserbad (37°C)

0,25 mM DPP-Lösung [ml] 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5

mischen und 10 min Inkubation im Wasserbad (37°C)

Enzyme 3-16

III. Best. der Serum-Acetylcholinesterase-Aktivität

Axon

Synaptische Vesikel

Synaptischer Spalt (50 nm)

Präsynaptische Membran

Richtung des Nervenimpulses

Postsynaptische Membran

Abbildung 3-6: Schema einer Synapse

Vorbemerkungen: Breitet sich die Erregung in Form eines Aktionspotenzials über ein Axon - kon-

tinuierlich bei myelinfreien und saltatorisch über myelinisierte Neuriten - bis hin

zu den terminalen Synapsen aus, so wird dort eine chemische Transmitter-

Substanz, z. B. Acetylcholin, aus synaptischen Vesikeln in den Synapsenspalt

freigesetzt.

+

+ + +

+ +

+ +

+

polarisierte synaptische Membran,

∆ E ca. -75 mV

hohe [K ], niedrige [Na ] +

+

Acetylcholin

K +

Na +

depolarisierte postsynaptische Membran, ∆ E ca. 0 mV

Abbildung 3-7: Depolarisation der postsynaptischen Membran durch Ace-tylcholin

Optischer Test 3-17

Die am längsten bekannte und am besten untersuchte Transmittersubstanz ist

das Acetylcholin, andere sind die γ-Aminobuttersäure und die Glutaminsäure.

Der berühmte Versuch von Otto Loewi (1921) bewies am perfundierten Frosch-

herzen, dass bei Vagusreizung Acetylcholin an den Endigungen postgang-

lionärer präsynaptischer Nervenfasern entsteht. Dale und Feldberg (1930) zeig-

ten, dass Acetylcholin an vielen Synapsen des peripheren Nervensystems der

Säuger entsteht. Auch an den motorischen Endplatten des Skelettmuskels wird

Acetylcholin freigesetzt.

Acetylcholin wird präsynaptisch in cholinergen Neuronen durch Cholin-Acetat-

Transferase nach folgender Gleichung synthetisiert:

CH3-CO~SCoA + HO-CH2-CH2-N+(CH3)3 →

CH3-COO-CH2-CH2-N+(CH3)3 + CoASH

Das Acetylcholin wird dann in Vesikeln gespeichert und bei der Depolarisation

der präsynaptischen Membran in "Quanten" in den Synapsenspalt ausgeschüttet.

Nach Bindung an den Acetylcholinrezeptor der postsynaptischen Membran mit

Öffnung der Natriumkanäle (Depolarisation) wird es durch die Cholinesterase

hydrolysiert. Das Ruhepotenzial wird wieder aufgebaut.

CH3-COO-CH2-CH2-N+(CH3)3 + H2O →

CH3-COOH + HO-CH2-CH2-N+(CH3)3

Das Enzym hat im aktiven Zentrum zwei charakteristische Wirkungszentren:

1) die anionische Bindungsstelle, an die der quaternäre Stickstoff des Cholins

bindet,

2) die Esterase-Gruppe, die Elektronen auf den Acetatrest übertragen kann,

wodurch ein acetyliertes Enzym entsteht, das anschließend hydrolysiert

wird.

3-18 Enzyme

OH

Ser

(CH3)3-N-CH2-CH2-O-C=O

CH3

-+

E +AcCh EAc + Ch

EAc + H2O E + AcOH

Acetylcholinesterase gehört, wie die Phosphatasen, zur Klasse der Hydrolasen.

Man unterscheidet zwei Typen von Cholinesterasen. Wie aus der Tabelle her-

vorgeht, enthält vor allem Nervengewebe einen hohen Gehalt an echter Acetyl-

cholinesterase. Die Rolle der Pseudocholinesterase dürfte im intermediären

Stoffwechsel des Cholins und verwandter Verbindungen sowie in Entgiftungs-

vorgängen (Procain-Esterase, Aspirin-Esterase) zu suchen sein.

Tabelle 3-4: Eigenschaften der Cholinesterase-Typen

Kriterium Acetylcholinesterase

(E C 3.1.1.7.) (E C 3.1.1.8)

Synonym echte Cholinesterase Pseudo-Cholinesterase

Vorkommen Gehirn, Nerven, Erythrozyten, Leber, Pankreas, Blutserum

Schlangengifte

pH-Optimum 7,8 8,5

Spezifität spaltet nur Ester der Essigsäure weiter Spezifitätsbereich

Die Aktivität beider Cholinesterase-Typen kann durch spezifische Inhibitoren

teilweise oder völlig gehemmt werden. Das Enzym mit Aktivitäten um 2000 U/l

im Serum wird in der Leber synthetisiert. Daher sind bei schweren Leberer-

krankungen die Werte im Serum erniedrigt. Pharmakologische und physio-

logische Studien haben zur Entwicklung vieler Enzym-Inhibitoren geführt, von

denen einige sehr toxisch sind. Cholinesterasen werden von zahlreichen Insek-

tiziden (z.B. E 605, p-Nitrophenyl-di-ethylester der Thiophosphorsäure) und

von Physostigmin stark gehemmt. Praktische Bedeutung haben vor allem fol-

gende Gruppen von Cholinesterase-Hemmern:

Optischer Test 3-19

Enzym

CH2OH +

O

H3CCH

CH3

PF O

O

CHH3C

O

H3CCH

CH3

CH3

PO O + HF

O

CHH3C CH3

H2C

Enzym

a) Medikamente, die auf Grund einer gewissen Strukturanalogie die Acetyl-

cholinspaltung kompetitiv hemmen. Dazu gehören die als Parasympathiko-

mimetika verwendeten Pharmaka wie Prostigmin, Biotin, Eserin.

b) Organische Phosphorsäure- oder Thiophosphorsäure-Ester, welche als In-

sektizide in der Landwirtschaft verbreitet Anwendung finden, z. B. Parathion.

Ähnlich in Bau und Wirkung sind die in der experimentellen Forschung ver-

wendeten Cholinesterase-Blocker DFP oder DIFP (= Diisopropylfluorophos-

phat). Es handelt sich dabei um äußerst gefährliche Nervengifte.

c) Nervengifte vom Typ der Trilone, deren Verwendung als chemische Kampf-

stoffe (Sarin, Soman, Tabun) nach Genfer-Konvention verboten ist.

CH

O

P

O

CH

CH3

H3C

OO

H3C

H2C

CH3

Enzym

N

CH3

CH+ HON

Enzym

CH2OH

CH

O

P

O

CH

CH3

H3C

O+ O

H3C

CH3

N

CH3

CN

H

+

+

3-20 Enzyme

P

OH5C2 O

H5C2 O

NO2O

P

OH5C2 S

H5C2 O

NO2O

HC O P O CH

O

F

H3C

CH3H3C

CH3

N

N

H3C

CH3

CH3

C

O

NH OH3C

(H3C)3N

H2C

H2C

O

C

H2C CH2

C

O

CH2

CH2

N(CH3)3

O O

O

C

NCH3

NH3C CH3

H3C

CH3

O

N

CH3

CH NOH

+

Deblocker

Pyridin-2-aldoxim- methojodid (PAM)

Prostigmin+

Succinyldicholin

++

p-Nitrophenyl-diethylester der Phosphorsäure

p-Nitrophenyl-diethylester der Thio-phosphorsäure: E 605 = Parathion

Diisopropylfluorophosphat

Physostigmin-Eserin

Während die Wirkung von Stoffen der Gruppe a) auf einer reversiblen Verän-

derung beruht, kommt es bei denen der Gruppe b) zu einer festen Bindung des

Blockers an das Serin des Enzymproteins. Die völlige Hemmung der Acetyl-

cholinesterase im zentralen und peripheren Nervensystem durch solche "Bloc-

ker" führt zu einem stetigen Ansteigen der Acetylcholinkonzentration im Be-

reich der cholinergischen Synapsen und Nervenendigungen. Die Folge ist eine

starke Parasympathikusreizung und eine Störung der neuromuskulären Reiz-

Optischer Test 3-21 übertragung. Der Tod infolge Atemlähmung kann innerhalb einer Stunde ein-

treten.

Die Formel einiger Cholinesterase-Substrate und Inhibitoren sowie des De-

blockers PAM werden auf der Vorseite aufgeführt. Da Vergiftungsfälle durch

Inhibitoren relativ häufig sind (Verwechslungen, Unachtsamkeit, Suizidver-

suche), sei kurz auf den biochemischen Aspekt von Diagnose und Therapie

dieser Vergiftung eingegangen.

Die Diagnose hat in erster Linie auf Grund des allgemeinen klinischen Bildes

und des Augenbefundes (kleine, stecknadelkopfgroße, reaktionslose Pupillen!)

zu erfolgen. Als Ergänzung vermag auch die Bestimmung der Cholinesterase-

Aktivität des Serums im Schnelltest (Testpapierstreifen) wertvolle Hinweise zu

geben. Bei der Behandlung derartiger Vergiftungsfälle sollen neben Atropin (in

hoher Dosierung!) spezifisch auf den Cholinesterase-Inhibitor-Komplex ein-

wirkende Substanzen wie Picolinhydroxansäure oder PAM (Pyridin-2-Aldoxim-

Methojodid) verwendet werden. Der therapeutische Effekt von PAM beruht auf

einer Befreiung des Enzyms vom anhaftenden Inhibitor.

Auch zur Erkennung der nicht allzu seltenen Fälle von Dyscholinesterasämie

leistet die Bestimmung der Cholinesterase-Aktivität im Serum wertvolle Dien-

ste. Bei dieser genetisch determinierten Anomalie wird eine atypische Variante

von Cholinesterase mit einem unterschiedlichen Spezifitätsbereich synthetisiert.

Die strukturanaloge Verbindung Succinyldicholin wird beispielsweise infolge

einer etwa 100fach geringeren Affinität von dem atypischen Enzym kaum um-

gesetzt. Die Träger dieser Anomalie sind nicht in der Lage, Succinyldicholin zu

spalten bzw. zu inaktivieren. Wird diese Substanz als Muskelrelaxans bei der

Operationsvorbereitung injiziert, kommt es zu einem lebensbedrohenden

Zustand (Apnoe). Die Untersuchung der Serum-Cholinesterase auf atypisches

Verhalten gehört daher zu einer gewissenhaften Operationsvorbereitung, sofern

die Verabreichung von Succinyldicholin beabsichtigt ist.

Prinzip:

Als Substrat dient Acetylthiocholinjodid und als Indikator für freigesetztes

Thiocholin wird 5,5'-Dithio-bis-2-nitrobenzoesäure verwendet, die zur gelb ge-

färbten 5-Mercapto-2-nitrobenzoesäure reduziert wird. Zur Bestimmung der

3-22 Enzyme

Pseudocholinesteraseaktivität wird der Thiocholinester der Buttersäure verwen-

det.

SHOOC

O2N

S

NO2

CH2

SHCOOH

+ H 2C CH2 N(CH3)3

SHOOC

O2N

S CH2 N

+ HS

(CH3)3

NO2

COOH

5-Mercapto-2-nitrobenzoesäure

5,5'-Dithio-bis-2-nitro-benzoesäure

+

+

In alkalischem Medium vertieft sich die gelbe Farbe der 5-Mercapto-2-nitro-

benzoesäure unter Bildung der chinoiden Verbindung:

S

N

O

O

COOH

Na+

Geräte: Eppendorf-Pipetten, Hamilton-Spritzen Laborwecker Photometer, Filter 405 nm, 2 × 1 cm-Plastikküvetten

Lösungen: Acetylthiocholiniodid 5 mM (CH3–CO–S–CH2–CH2–N(CH3)3+ I– 5,5'-Dithio-bis-(2-nitrobenzoesäure) in 50 mM Phosphatpuffer 0,25 mM, pH 7,2 Diisopropylfluorophosphat 0,1 mM PAM 10 mM Serum

Optischer Test 3-23

Im Folgenden wird die Aktivität, Hemmung und Reaktivierung der Acetylcholinesterase

bestimmt. Der Inhibitor DIFP ist eine hoch toxische Substanz. Achten Sie bitte

darauf, dass die Haut nicht mit der Flüssigkeit in Berührung kommt.

Ausführung: Nach gutem Mischen wird nach einer Minute und dann in einem Zeitraum von

30 min alle fünf Minuten die Extinktion der drei Reaktionsküvetten (2-4, siehe

Tabelle 3-5) bei 405 nm gemessen (Achtung die Zeit läuft nach Zugabe des

Substrats Acetylcholiniodid!). Vor jeder Messung muss der Leerwert mit

Küvette-Nr. 1 erneut auf Null eingestellt werden, da das Serum mit dem

Reagenz reagiert. Tragen Sie die Werte in Tabelle 3-6 ein.

Tabelle 3-5: Durchführung der Aktivität, Hemmung und Reaktivierung der AChE

Küvetten-Nr. 1 Leerwert

2 Aktivität

3 Hemmung

4 Reaktivierung

0,25 mM 5,5‘-Dithio-bis-(2-nitro-benzoesäure) in 50 mM Phosphatpuffer

3 ml 3 ml 3 ml 3 ml

Serum (enthält Acetylcholinesterase) 20 µl 20 µl 20 µl 20 µl

DIFP (Hemmstoff) 50 µl - 50 µl 50 µl

jeweils gut mischen!

5 min nach mischen: PAM (Enthemmer) 50 µl - - 50 µl

15 min nach mischen: 5mMAcetylthiocholinjodid (Substrat)

- 100 µl 100 µl 100 µl

Tragen Sie bitte die abgelesenen Extinktionen gegen die Zeit auf (vgl. Abb. 3-

8). Aus dem Graphen wird die ∆E/min. abgelesen (Steigungsdreieck).

Berechnen Sie die Acetylcholinesterase-Aktivität c/min (Einheit: Mol/min) mit

Hilfe des Lambert-Beer`schen Gesetzes.

ε = 13,3 x 103 [l x mol-1 x cm-1]

3-24 Enzyme

Geben Sie die Acetylcholinesterase-Aktivität in U/l an (1 U = 1 µMol/min).

Tabelle 3-6: Wertetabelle für die Zeit-Umsatzkurve

Zeit nach Substratzugabe

Werte für Aktivität

Werte für Hemmung

Werte für Reaktivierung

1 min [E(405nm)1] 3 min [E(405nm)3] 5 min [E(405nm)5] 10 min [E(405nm)10] 15 min [E(405nm)15] 20 min [E(405nm)20] 25 min [E(405nm)25] 30 min [E(405nm)30]

30 20 10 0 0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4 E

1

2

3

Zeit [min]

Abbildung 3-8: 1) Aktivität der Acetylcholinesterase

2) Hemmung mit DIFP

3) Reaktivierung mit PAM

Aufgaben 3-25

Übungsaufgaben:

1. Eine reine Enzymlösung (100 µg Enzym/ml) hat eine Aktivität von 50

U/ml. MG des Enzyms 80.000. Wie groß ist die Wechselzahl?

2 Hexokinase hat im Gehirn ein Km von 10-5 mol/l und in der Leber ein Km von 10-3 mol/l.

a) In welchem der beiden Organe läuft bei ständig abnehmender Glc-

Konzentration die Reaktion länger mit maximaler Geschwindigkeit ab?

b) Wie groß muss die Glucose-Konzentration in mg/ml intrazellulärer

Flüssigkeit in beiden Organen sein, damit die Reaktion mit halbmaximaler

Geschwindigkeit abläuft ? (MG der Glucose = 180)

3. Formulieren Sie die Reaktionsgleichung der

a) Alkoholdehydrogenase (ADH) mit Coenzym.

b) Die Reaktion zeigte mit verschiedenen Konzentrationen Äthanol [S]

folgende Geschwindigkeiten:

[Äthanol] mM Vo (∆E340/5 min)

0,75 0,094

1,00 0,115

1,50 0,148

3,00 0,206

12,00 0,293

Ermitteln Sie graphisch Km für Äthanol und Vmax der ADH.

c) Einen Umsatz von 0,356⋅105 µmol NADH/l⋅min⋅mg Protein errechnet

man aus Vmax. 1 % der für die Messung verwendete Proteinfraktion war

ADH. MG = 80.000. Berechnen Sie die Wechselzahl der ADH

4. Eine Reaktion 1. Ordnung beginnt mit einer Anfangskonzentration des

Substrates von 10-5 mol/l getestet. Sie ist eine Reaktion 1. Ordnung. Nach

6 Minuten ist die Hälfte des Substrates umgesetzt.

a) Wie groß ist k;

b) Wie groß ist die Konzentration nach 10 Minuten?

3-26 Enzyme

5. In einer Isomerase Reaktion werden 2,5 mg Enzym vom Molekularge-

wicht 125.000 eingesetzt. Km wurde zu 3⋅10-3 mol/l bestimmt und Vmax

zu 275 µmol/Min.

a) Wie groß ist die Wechselzahl?

b) Berechnen Sie die Anfangsgeschwindigkeit bei einer Substratkonzen-

tration von 7,5 mmol/l

6. a) Für welche Reaktion wird Vitamin K als Cofaktor benötigt?

b) Für welchen physiologischen Vorgang ist diese Reaktion von Bedeu-

tung?

7. a) Wie beinflusst ein erhöhter ADP-Gehalt die Umlaufgeschwindigkeit im

Citratzyklus?

b) Auf welche Enzyme des Citratzyklus wirkt ADP?

8. a) Welches Organell der Zelle enthält vor allem Hydrolasen?

b) Nennen Sie drei Stoffklassen, die dort hydrolysiert werden.

9. Stellen Sie den Effekt, den ein Enzym auf die Aktivierungenergie einer

Reaktion hat, in einer einfachen Graphik dar.

10. Wie beinflusst ein kompetitiver Inhibitor Vmax und KM einer enzymati-

schen Reaktion?

11. a) Nennen Sie einen Inhibitor der Acetylcholinesterase, der eine kovalente

Bindung mit dem Enzym eingeht.

b) Nennen Sie die betroffene Aminosäure.

4-1

Versuch 4: Lipide

Versuche:

Nachweisreaktionen von Lipiden

DC-Trennung von Myelin-Lipiden

Gaschromatographie von Fettsäuremethylestern

Dünnschichtchromatographie von Steroidhormonen

2 Analysen:

1. Aceton in Wasser

2. Hormongemisch

Wissensgebiete

Chemische Strukturen der gesättigten und ungesättigten Fettsäuren

Allgemeine Struktur der Glyceride, des Cholesterins, der Cholesterinester,

der Phospolipide, der Sphingolipide

Membranbausteine, Aufbau von Membranen

Lipasen und Phospholipasen

Biosynthese der Fettsäuren und Lipide, β-Oxidation, Energiebilanz

Biosynthese und Umwandlung des Cholesterins zu Gallensäuren und Steroid-

hormonen, Regulation der Cholesterin-Biosynthese

Galle, Zusammensetzung und Funktion

Prostaglandinfamilie: Prostaglandine, Leukotriene, Thromboxane

Steroidhormone: allgemeine Struktur und Funktion

Seifen und Verseifung

Prinzip der Gaschromatographie, Dünnschichtchromatographie

4-2 Lipide

I. Nachweisreaktionen von Lipiden

1) Fettsäuren

Doppelbindungen in ungesättigten Fettsäuren können durch die Addition von

Brom nachgewiesen werden: Zwei Tropfen Olivenöl werden in etwa 3 ml

Chloroform gelöst und tropfenweise eine 2%-ige Bromlösung in Chloroform

zugegeben. Die braune Farbe der Bromlösung entfärbt sich spontan. Überlegen

Sie sich, in welchen Naturprodukten Doppelbindungen vorkommen und warum

einige Fettsäuren essentiell sind.

2) Ketonkörper

Im Urin eines Diabetikers erscheinen nicht nur Glukose, sondern durch die

verstärkte Lipolyse auch Ketonkörper, u. a. Aceton, das auch über die Atemluft

abgegeben werden kann (charakteristischer Geruch im Krankenzimmer!).

Aceton-Nachweise:

a) Natriumnitroprussidprobe

Natriumnitroprussidlösung bildet mit Aceton folgenden rot gefärbten Komplex:

CH3-CO-CH3 + [Fe2+(CN)5NO+] 2- + 2 OH- →

[Fe2+(CN)5NO+CH-CO-CH3] 4- + 2 H2O

Beim Ansäuern mit Eisessig wird ein Proton an den Komplex angelagert und die

Farbe vertieft sich:

[Fe2+(CN)5NO+ CH2-CO-CH3]3-

Ausführung: Zu 3 ml der Analysenlösung gibt man fünf Tropfen frische Nariumnitroprussid-

lösung und 1 ml NaOH. Anschließend wird mit wenigen Tropfen Eisessig

schwach angesäuert.

Lipidnachweisreaktionen 4-3

Der Nachweis von Aceton mit Hilfe von Natriumnitroprussidlösung kann aber

durch andere Metaboliten gestört werden. Überlegen Sie sich, welche diese sein

könnten.

b) Jodoformprobe

CH3-CO-CH3 + 3 I2 + 3 NaOH → CH3-CO-CI3 + 3 NaI + 3 H2O

CH3-CO-CI3 + NaOH → CHI3 + CH3COONa

Ausführung: Zu 3 ml Acetonlösung und 1 ml Jod-Jodkalium-Lösung gibt man tropfenweise

2 N NaOH, bis Entfärbung eintritt. Bei positivem Ausfall der Reaktion tritt ein

gelber Niederschlag und typischer Jodoform-Geruch auf.

Geräte: Reagenzglasgestell mit 10 Reagenzgläsern Spatel

Chemikalien: Aceton 1%ig Brom 2% in Chloroform Eisessig Jod-Jodkalium-Lösung Natriumnitroprussidlösung 5%ig NaOH 2 N Olivenöl

4-4 Lipide

II. Trennung von Myelin-Lipiden durch Dünnschicht-Chromatographie

Geräte: 1 Dünnschichtplatte 10 × 10 cm, beschichtet mit Kieselgel H Entwicklungstrog

Lösungen: Fließmittel: Chloroform/Methanol/Wasser = 65:25:4 Lipid-Extrakt aus Myelin Testlösungen (2 mg/ml) : Cholesterin, Lecithin, Kephalin, Cerebrosid, Sulfatid

Normalwerte im Serum (pro 100 ml) Gesamtlipide 0,6-1 g Triglyceride 70-180 mg Gesamtcholesterin 160-230 mg Verestertes Cholesterin 120-180 mg Phospholipide 160-230 mg freie Fettsäuren 10-35 mg β-Lipoproteine bis 550 mg Bilirubin 0,5-1 mg Gesamtprotein 6-8 g Harnsäure 2-6,8 mg Glucose 60-100 mg Natrium 140 mVal pro Liter Kalium 5 Calcium 5 Magnesium 2 HCO3

– 27 Cl– 103 Protein– 17

Lipidzusammensetzung des Myelins des menschlichen Gehirns.

PC, Phosphatidylcholin 10,0 % PE, Phosphatidylethanolamin 20,0 % PI, Phosphatidylinositol 1,0 % PS, Phosphatidylserin 8,5 % SPM, Sphingomyelin 9,0 % Cerebrosid 20,8 % Sulfatid 5,2 % Cholesterin 26,0 % Lysophosphatidylcholin Spuren

Myelinlipid DC 4-5

Auf einer mit Kieselgel beschichteten Glasplatte werden nach dem Prinzip der

Verteilungschromatographie verschiedene Lipide aufgetrennt und anschließend

mit spezifischen Färbereagenzien nachgewiesen. Die Verteilung findet zwischen

der stationären, polaren Hydrathülle des Kieselgels und dem mobilen, unpolaren

Laufmittel statt. Daher laufen die unpolaren Lipide nahe der Laufmittelfront und

je stärker der polare Charakter des Lipids ist, um so stärker ist ihre Wech-

selwirkung mit der polaren, stationären Phase und umso kürzer ist die Laufstrecke

dieser Lipide. Die Phosphatgruppe der Phospholipide kann mit Hilfe von

Molybdänblau (Zinzadse) nachgewiesen werden, Ninhydrin erfasst die Aminogruppen von Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylserin, H2SO4-

Eisessig (Salkowsky) färbt Cholesterin und das Anthron-Reagenz Kohlenhydrate.

Als Laufmittel dient Chloroform-Methanol-Wasser 65:25:4.

1 2 3 4

PE Sulfatid

Cerebrosid

Cholesterin

PC PS SPM Lyso-PC

Salkowsky

Anthron

Phosphor

Ninhydrin

Phosphor

Phosphor

Ninhydrin

Anthron

Auftrags- stelle

Abbildung 4-1: Dünnschichtchromatogramm der Myelinlipide

Die Proben werden punktförmig mit der Spitze einer Pasteurpipette aufgetragen.

Dabei sollte die Spitze 3 mal hintereinander mit jeweils 3-5 mm Probe gefüllt und

so aufgetragen werden, dass der Durchmesser der Flecken nicht größer als 3-4 mm

4-6 Lipide

ist. Dabei ist darauf zu achten, dass die Auftragspunkte so weit vom unteren Rand

der Platte entfernt sind, dass sie nicht im Laufmittel „ertrinken“.

Aufgetragen werden: 1. Phosphatidylcholin (Lecithin) 2. Cerebrosid und Sulfatid (Probenlösung handwarm machen!) 3. Lipidextrakt aus Myelin 4. Cholesterin

Pasteurpipette zwischendurch mit Aceton reinigen. Der Chromatographietrog wird

verschlossen und die Chromatographie so lange durchgeführt, bis die

Laufmittelfront bis auf ca. 1 cm Abstand den oberen Rand der Platte erreicht hat.

Nachdem die Platten im Abzug getrocknet sind, werden sie nacheinander:

1. mit Ninhydrin-Lösung besprüht und 15-20 Min. bei Raumtemperatur liegen

gelassen.

2. mit Zinzadse-Reagenz eingesprüht

3. mit konz. H2SO4-Eisessig 1:1 besprüht und bei 120°C im Trockenschrank

über 15 min. erhitzt

4. mit Anthron-Reagenz besprüht und erneut 10-15 Min bei 90 °C im Trocken-

schrank erhitzt

Notieren Sie jeweils nach jeder Färbung die Lage der Flecken.

GC 4-7 III. Gaschromatographie der Fettsäuremethylester

Triglyceride sind Energiespeicher des Körpers und kommen z. B. im Fettgewebe

oder in Lipoproteinen vor. Den mit tierischer und pflanzlicher Nahrung aufge-

nommenen Triglyceriden werden unterschiedliche Qualitäten zugeschrieben.

Objektiv unterscheiden sie sich nur in der Zusammensetzung ihrer Fettsäuren. Die

Zusammensetzung der Fettsäuren lässt sich mit Hilfe der Gaschromatographie

quantitativ ermitteln. Überlegen Sie sich, warum man zunächst die Fettsäuren in

Fettsäureester umwandeln muss.

Geräte: Gaschromatograph, Erlenmeyerkolben 100 ml , 20 ml Wasserbad zur Verseifung und Veresterung Wasserbad zum Abdampfen von Lösungsmitteln, unter dem Abzug

Chemikalien: Bortrifluorid/Methanol 1:5 Petrolether Na2SO4 wasserfrei NaOH 2 N Olivenöl Methanolische KOH 20% HCL Chloroform

1) Verseifung von Triglyceriden:

0,1 ml Olivenöl oder ca. 0,1 g Speisefett aus dem Haushalt (Margarine, Butter,

Salatöl, Speck usw., bitte von zu Hause mitbringen!) und 5 ml 15%-ige

methanolische KOH (Methanol/Wasser = 9:1) werden in einem 100 ml-

Erlenmeyerkolben mit Deckel 30 min in einem elektrisch beheizten, siedenden

Wasserbad erhitzt. Der kugelförmige Deckel wirkt wie ein primitiver

Rückflusskühler und verhindert das Verdampfen des Methanols. Anschließend

kühlt man ab und säuert mit 10 ml ca. 20%-iger HCl an. Die freigesetzten

Fettsäuren werden in einem Schütteltrichter mit 20 ml Petrolether ausgeschüttelt.

Die untere Phase wird verworfen, dabei muss der Glasstopfen abgenommem

werden. Die obere Phase (Petrolether) wird dann im Schütteltrichter 3 mal mit je

10 ml Wasser gewaschen und in einem 20 ml-Erlenmeyerkolben mit 2-3

Spatelspitzen wasserfreiem Na2SO4 versetzt („getrocknet“), um die Wasserreste

4-8 Lipide

zu binden. Nach kurzer Zeit und wiederholtem Umschwenken wird die Lösung in

einen 20 ml Erlenmeyerkolben filtriert und im Abzug auf einem ebenfalls

elektrisch beheizten Wasserbad zur fast vollständigen Trockne eingedampft.

2) Veresterung der freien Fettsäuren mit 2% Bortrifluorid-Etherat in

Methanol:

• 1 ml der BF3-Methanollösung wird in den Erlenmeyerkolben gegeben, die

eingedampften Fettsäuren durch Schwenken gelöst und sofort in ein Sovirelglas

(=Reagenzglas mit Schraubverschluss) überführt.

• Sovirelglas fest verschließen! 15 min. im siedenden Wasserbad erhitzen.

• 2 ml H2O zugeben, anschließend mit 2 ml Petrolether durch Schütteln extra-

hieren.

• Abhebern der Petroletherphase mit Pasteurpipette, Umfüllen in ein Reagenzglas

und gegebenenfalls mit Na2SO4 trocknen.

• In ein Reagenzglas filtrieren und im Wasserbad im Abzug zur Trockne ein-

dampfen.

• Rückstand in 0,5 ml CHCl3 lösen, ca. 0,1 µl aufspritzen. Die genau

aufzuspritzende Menge muß jeweils ausgetestet werden. (Bei Verlusten während

der Veresterung, CHCl3-Volumen verringern)

GC 4-9

Abbildung 4-2: Schematische Darstellung eines Gaschromatographen

Die Gaschromatographie ist eine Verteilungschromatographie. Verdampfbare

Substanzen verteilen sich zwischen einer flüssigen und einer gasförmigen Phase.

Als flüssige stationäre Phase werden für Fettsäuremethylester Polyester zwischen

Dicarbonsäuren (z.B. Bernsteinsäure) und Glykolen oder Siliconöle und höhere

Kohlenwasserstoffe verwendet. Die Trennphase wird auf ein inertes, feinkörniges

Trägermaterial (z. B. Kieselgur 0,1-0,2 mm Ø) aufgetragen. Trägermaterial mit

aufgezogener Trennphase ist das Füllmaterial der Gaschromatographiesäule. Sie

wird von der gasförmigen Phase, dem Trägergas, durchströmt, wodurch die

Substanzen der zu analysierenden Probe getrennt in den Detektor transportiert

werden. Dort werden elektrische Signale erzeugt, die über einen Verstärker vom

Schreiber aufgezeichnet werden.

Die GC ist in der Lage, die Trennung komplizierter Gemische in µg-Mengen exakt

qualitativ und quantitativ durchzuführen. Jede Verbindung hat eine

charakteristische Retentionszeit (Verweilzeit in der Säule). Der Vergleich mit

Testsubstanzen erlaubt die Identifizierung der Komponenten eines Gemisches, in

unserem Fall der einzelnen Fettsäuremethylester. Das Gaschromatogramm wird

quantitativ nach der Dreiecksmethode ausgewertet:

F = h•b

4-10 Lipide

Den Flächeninhalt berechnet man durch Multiplikation der Peakhöhe (h) und der

Peakbreite (b) auf halber Höhe.

Abbildung 4-3: Gaschromatogramm eines Fettsäuremethylestergemisches

Steroidhormon DC 4-11 IV. Dünnschichtchromatographie von Steroid-

hormonen.

Die Steroidhormone Progesteron, Cortison, Testosteron, Östradiol und Cortexon

sollen getrennt und parallel dazu die Komponenten eines Gemisches bestimmt

werden.

O

O OHC

CH2OH

O

O

C

CH2OH

O

O

C

CH3

O

HO

OH

O

OH

Testosteron C 19Östradiol C 18

ProgesteronCortexonCortison

Abbildung 4-4: Strukturformeln der untersuchten Steroidhormone

Geräte: Chromatographietrog Dünnschichtplatten 10 × 10 cm mit Kieselgel H Sprüher zum Anfärben Teflonschläuche Trockenschrank 120 °C UV-Lampe

Lösungen: Steroidhormonlösungen einzeln Laufmittel: Chloroform/Aceton 9:1 Sprühreagenzien: 1) 50% H2SO4 in Methanol

2) 0,1%ige 2,4-Dinitrophenylhydrazin in Ethanol + 1 ml konz. HCl

4-12 Lipide

Ausführung: Mit Hilfe einer Pasteurpipette werden die Testsubstanzen und die Analysen in

Abständen von 1 cm aufgetragen (siehe 4 II und Abb. 4-5). Die Spitze der

Pasteurpipette sollte zwischendurch mit entionisiertem Wasser gespült werden.

Als Laufmittel dient Chloroform/Aceton 9:1. Nach Lufttrocknung (Abzug) wird

die Platte zuerst mit 50% H2SO4 in Methanol und dann mit 0,1% 2,4-Dinitro-

phenylhydrazin in Ethanol + HCl eingesprüht und zur Farbentwicklung 10 Min. in

einem Trockenschrank von 120°C gelegt. Notieren Sie die Farben der Flecken und

beobachten Sie ihre Fluoreszenz unter der UV-Lampe. Bestimmen Sie die beiden

Steroidhormone in Ihrer Analyse. Berechnen Sie die Rf-Werte.

Front

1 2 3 4 5

Auftrags-stelle

8 cm

A1 A2

1,5 cm

Abbildung 4-5: Dünnschichtchromatogramm von Steroidhormonen

1 Östradiol 2 Cortexon A1 Analyse 1 3 Cortison A2 Analyse 2 4 Testosteron 5 Progesteron

Aufgaben 4-13

Übungsaufgaben:

1. Wie kann der Abbau von Triglyceriden zur Glukoneogenese beitragen?

2. Wie beeinflusst der Prozentsatz der ungesättigten Fettsäuren der Membran-lipide die Fluidität einer Membran?

3. Warum sind Plasmamembranen für geladene Moleküle undurchlässig?

4. Nennen Sie drei Substanzen, die aus Membranbausteinen entstehen und an der Übertragung von Signalen mitwirken.

5. N-Acetylneuraminsäure (Sialinsäure) ist Bestandteil von: a) ...........und b) ..........

6. a) Nennen sie das Schlüsselenzym der Biosynthese von Fettsäuren b) Formulieren Sie die von ihm katalysierte Reaktion (in Worten). c) Nennen Sie je ein positives und ein negatives Effektormolekül.

7. Nennen Sie Namen der drei Ketonkörper:

8. Wo sind in der Zelle die Rezeptoren für a) Insulin, b) Cortisol und c) die Schilddrüsenhormone T3/T4 lokalisiert?

5-1

Versuch 5: Immunologie

Versuche:

ELISA (enzyme linked immunosorbent assay), Enzymgekoppelter Im-

munnachweis

Western-Blot

Test zur Schwangerschaftsfrüherkennung aus Urin

Analyse:

IgG-Test mittels ELISA, 2 Proben (A und B)

Wissensgebiete

Allgemeine Struktur und grundsätzlicher Aufbau von Antikörpern

Klassen der Immunglobuline

Polyklonale, monoklonale Antikörper

Prinzip der humoralen und zellulären Immunantwort

Wechselwirkung zwischen Antigen und Antikörper

Komplementsystem

Polyklonale und monoklonale Antikörper

Prinzip der Herstellung monoklonaler Antikörper

Prinzip von ELISA, RIA, Westernblot

Blut, Serum, Plasma

Blutgruppendeterminanten

5-2 Immunologie

Medizinische Grundlage:

Antikörper sind Proteine, die vom Immunsystem des Körpers produziert werden,

um eine hochspezifische extrazelluläre Abwehr gegen Infektionen aufzubauen.

Außerhalb des Körpers, im Labor, sind Antikörper unentbehrliche Werkzeuge

geworden, die in einer Vielzahl von Methoden die Bindungseigenschaften der

Antikörper zur qualitativen und quantitativen Analyse von Antigenen nutzen. Im

Praktikum werden Sie anhand von drei Beispielen einen ersten Einblick

bekommen.

I. ELISA

Die Markierung von Antikörpern mit Enzymen ist eine weit verbreitete Methode

zur Detektion der Antikörper und damit der daran gebundenen Antigene und hat

die radioaktiven Markierungsmethoden mit dem Nachweis im RIA (radio immuno

assay) in vielen Bereichen verdrängt.

Der Aufbau eines ELISA kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen und

hängt von den Anforderungen ab, die an ihn gestellt werden. Generell kann man

zwei verschiedene Verfahren unterscheiden:

A: Direkt-ELISA,

B: Inhibitions-ELISA.

Im Praktikum werden Sie aus Zeitgründen die einfachste Form eines Direkt-

ELISA durchführen. Sie sollen humanes IgG mit Hilfe eines affinitätsgereinigten,

mit Meerettich-Peroxidase gekoppelten Antikörpers aus Kaninchen nachweisen.

Normalerweise wird zuerst ein nicht gekoppelter Antikörper eingesetzt, der dann

mit Hilfe eines Enzym-gekoppelten Zweitantikörpers nachgewiesen wird.

Alle Immunglobuline besitzen die gleiche Grundstruktur aus vier Untereinheiten,

zwei leichten Ketten (je 23 kDa) und zwei schweren Ketten (je 53 -75 kDa). Die

Untereinheiten lagern sich über Disulfidbrücken und hydrophobe Wech-

selwirkungen zusammen und bilden eine Y-förmige Struktur. Die sezernierten

Immunglobuline des Menschen lassen sich in 5 Klassen einteilen, IgA, IgD, IgE,

IgG und IgM, die sich im Typ ihrer schweren Ketten unterscheiden. IgD, IgE und

IgG bestehen nur aus Monomeren, IgA besteht aus Monomeren, Dimeren und

ELISA 5-3

Trimeren, während IgM aus Pentameren der Y-förmigen Struktur besteht. Die

Multimere sind dabei sowohl untereinander als auch mit einer sogenannten J-Kette

(J=joining) über Disulfidbrücken verbunden.

In einem direkten ELISA sollen Sie IgG im Plasma nachweisen, als Leerwert dient

TBS. In der Analyse sollen Sie ermitteln, ob in den beiden Proben, die Sie

erhalten, humanes IgG vorhanden ist oder nicht. Dazu werden in einem ersten

Schritt die Plasmaproteine irreversibel an eine ELISA-Mikrotestplatte gebunden.

Nach dem Blockieren unspezifischer Bindungsstellen mit Milchproteinen wird ein

in Kaninchen hergestellter Peroxidase-gekoppelter Antikörper zugegeben, der

gegen humanes IgG gerichtet ist. Der Nachweis der gebundenen Antikörper

erfolgt dann durch die enzymatische Reaktion. Als Substrat dient Tetra-

methylbenzidin, dessen Umsatz photometrisch bei 450 nm detektiert werden kann.

Materialien und Geräte: ELISA-Reader 96er Microtiter-Platte Pipetten: Precision rot/blau 500 ml Spritzflasche 15 ml Plastikgefäß mit Schraubdeckel Eppendorf-Reaktionsgefäße

Lösungen: Plasma (für die Verdünnungsreihe) Protein-Analysen-Lösungen A und B TBS TBS/Tween 20, 0,02 %(Detergenz) 5% Milchpulver in TBS Kaninchen-Anti-Human-IgG Antikörper (Peroxidase gekoppelt; 1:40000) Citrat pH 6.0 10 mg/ml Tetramethylbenzidin-Lösung in DMSO (carcinogen) 3% ige H2O2-Lösung 20%ige H2SO4

5-4 Immunologie

Durchführung:

1. Beschichten

Die Löcher einer 96-Loch (12x8) Microtiter-Platte werden mit jeweils 100 µl

Antigenlösung beschichtet. Hierzu wird eine Plasma-Verdünnungsreihe in

TBS-Puffer (siehe Tabelle) hergestellt, zusammen mit den unverdünnten

Analysen A und B (ebenfalls je 100µl) wie folgt aufgetragen (alles in

Doppelbestimmung) und eine Stunde bei Raumtemperatur (RT) inkubiert.

Bitte benutzen Sie immer nur 3 nebeneinanderliegende Spalten und vermeiden

Sie Proteinkontaminationen der freien Plätze. Die Platten werden in der

nächsten Woche von Ihren Kommilitonen weiterverwendet. Zur Sicherheit

lassen Sie jede 4. Spalte frei. Bitte markieren Sie die benutzten Spalten mit

Filzstift.

Also zu benutzen: Spalten 1,2,3 oder 5,6,7 oder 9,10,11.

Verdünnung Plasma (Doppelbestimmung)

Analysen

Leerwert AX1,

1:104 AX2 Student X

1:5x104 BX1

1:105 BX2

1:5x105 AY1

1: 106 AY2 Student Y

1:5x106 BY1

1: 107 BY2

2. Waschen

Die Lösungen werden über dem Waschbecken ausgegossen und dann dreimal

mit TBS/T-Puffer gewaschen. Man füllt die Löcher mit dem Waschpuffer aus

einer Polyethylen-Spritzflasche, und schüttet sie ebenfalls über dem

Waschbecken aus. Anhaftende Tropfen können durch Ausklopfen entfernt

werden.

ELISA 5-5

3. Blockieren

Um die restlichen Proteinbindungsstellen am Plastik zu blockieren, inkubiert

man 30 Minuten lang bei RT mit 200 µl Blockierungsreagenz (5% Milch-

pulver in TBS).

4. Waschen

Blockierungslösung entfernen und dreimal (s. o.) mit TBS/T waschen.

5. Peroxidase-gekoppelter Antikörper

je 100 µl Antikörper (Anti-human IgG, 1:40.000 in TBS) pro Loch auftragen

und 45 Minuten lang bei RT inkubieren.

6. Waschen

Antikörperlösung entfernen, dreimal (s. o.) mit TBS/T und anschließend

zweimal mit H2O (entsalzt) waschen.

7. Detektion

Ansetzen von Substratlösung in 15 ml Plastikgefäßen:

4,5 ml aqua dest., 0,5 ml 1M Na-Actat Puffer (pH 6), 31 µl Tetramethylbenzi-

din-Lösung (10 mg/ml DMSO), 5 µl 3 %ige H2O2-Lösung.

jeweils 100 µl Substratlösung werden in jedes Loch pipettiert. Danach min-

destens 5-10 Minuten lang inkubieren, bis eine Blaufärbung zu sehen ist.

8. Stoppen der Farbentwicklung

je 100 µl 20%ige H2SO4 pro Loch hinzugeben.

9. Messen

im ELISA-Reader bei 450 nm (mit Hilfe des Assistenten)

10. Auswerten

Tragen Sie die gemessenen Absorptionswerte gegen den Logarithmus der

Antigenverdünnung auf. Diskutieren Sie den Kurvenverlauf. Geben Sie das

Ergebnis der Analyse an (positiv oder negativ), im Vergleich mit dem Standard

aus der Plasmaverdünnungsreihe

Immunologie 5-6

II. Western Blot

Prinzip:

Die Trennung von Proteinen über SDS-Gelelektrophorese ist eine Standard-

methode zur Analyse von Proteinen. Um eine spezifische Antigenbindung der

getrennten Proteine nachzuweisen, überträgt man die Proteine durch Anlegung

eines elektrischen Felds auf eine Nitrocellulose-Membran. Diese kann dann mit

einem spezifischen Antikörper gegen ein bestimmtes Protein inkubiert werden und

durch die gekoppelte enzymatische Aktivität eines ersten oder zweiten

Antikörpers nachgewiesen werden. Damit wird nicht nur wie beim ELISA eine

Antigen-Antikörper-Bindung nachgewiesen, sondern zusätzlich auch noch eine

Information über die Größe des Proteins erhalten. Der Western Blot dient z. B. als

Bestätigung des Nachweises einer HIV-Infektion, wenn in einem ELISA

Antikörper gegen HIV nachgewiesen wurden. Im Western Blot werden virale

Proteine im SDS-Gel der Größe nach aufgetrennt und auf dem Blot die Antikörper

der Patienten gegen die verschiedenen Proteine nachgewiesen. Beim Immuno-Blotting kann die Trennung eines Proteingemisches mittels SDS-

PAGE mit der Spezifität vom immunologischen Nachweis gekoppelt werden.

Dabei unterscheidet man folgende sechs Schritte:

1. Proteingemisch in Probenpuffer 2. Trenunng der Proteine durch Gele-

lektophorese 3. Transfer auf Nitrocellulose

4. Blocken unspezifischer Bindungen 5. Antikörperaddition 6. Detektion

Western-Blot 5-7 Dieses Experiment schließt sich an Versuch 2 (Aminosäuren und Proteine II) an.

Die Blotprozedur wird dort beschrieben. Materialen und Geräte: geblottete Nitrocellulose (Versuch 2) Plastikschale Schüttler

Lösungen: TBS-Puffer: 0.15 M NaCl, 50 mM Tris pH 7.4 TBS/T (0.01 % Tween 20 in TBS) TBS/T + 5% Milchpulver Kaninchen-Anti-Human-IgG Antikörper (Peroxidase gekoppelt; 1:15.000) 30%ige H2O2-Lösung 0.3 % 4-Chloronaphtol (in Methanol) (carcinogen!)

Durchführung: − die Membran wird eine Stunde lang mit 10 ml Kaninchen-Anti-Human-IgG

(Peroxidase gekoppelt) (1:15.000) inkubiert und dann

− dreimal für 5-10 min mit jeweils 10 ml TBS/T gewaschen.

− zweimal kurz mit Wasser gewaschen

− Farbreaktion: Der Antikörper ist mit Peroxidase gekoppelt, die ein farbloses

Substrat (4-Chloronaphtol) zu einem Farbstoff umsetzen kann. Hierzu stellt

man kurz vor Gebrauch folgende Lösung her:

0,3 ml 0.3% 4-Chloronaphtol

4,7 ml TBS

5 µl 30%ige H2O2-Lösung

Nach Zugabe dieser Lösung erscheint auf der Membran eine farbige Bande, die

selektiv die Lage und damit die Existenz des Antigens anzeigt.

Die Färbereaktion wird anschließend mit TBS-Puffer abgestoppt.

Auswertung:

Die Beobachtungen nach der Detektion mit Chlornaphthol werden festgehalten

und im Vergleich zur Poinceau S-Färbung kommentiert. Hierzu werden, vom

unteren Rand der Nitrocellulose ausgehend, sowohl die Markerbanden ausge-

messen, als auch die Lage der prominentesten Proteinbanden.

Immunologie 5-8 III. Test zur Schwangerschaftsfrüherkennung aus Urin

Medizinische Grundlage:

HCG, humanes Choriongonadotropin, ist ein Glykoproteinhormon, das bereits

kurz nach der Befruchtung von der Eizelle sezerniert wird. HCG regt den Gelb-

körper (corpus luteum) dazu an, sich nicht zurückzubilden, sondern weiterhin

Progesteron zu produzieren, so dass keine Menstruation stattfindet. Bei normalem

Schwangerschaftsverlauf kann HCG im Serum bereits 7 Tage nach der

Befruchtung nachgewiesen werden. HCG ist daher ein hervorragender Indikator

zur Früherkennung einer Schwangerschaft, es kann auch im Urin nachgewiesen

werden. Die Konzentration steigt während der Frühphase der Schwangerschaft

rasch an. Ein positives Ergebnis kann außer durch eine Schwangerschaft nur durch

ein sehr selten vorkommendes Chorionkarzinom entstehen, bei dem ebenfalls

große Mengen HCG sezerniert werden.

HCG besteht aus zwei Untereinheiten, α und β. Die α Untereinheit hat eine große

Homologie zu den α-Ketten der Hypophysenhormone LH, FSH und TSH,

außerdem sind 94 der 115 Aminosäuren der β-Untereinheit mit denen des β-LH

identisch. Daher ist es unmöglich einen immunologischen Nachweis mittels eines

polyklonalen Antikörpers durchzuführen, da Kreuzreaktivitäten der Antikörper

eine sichere Bestimmung der Hormone unmöglich machen würde. Nur ein

monoklonaler Antikörper, der gegen das für HCG spezifische Epitop in der β-

Kette gerichtet ist, kann zur Diagnostik eingesetzt werden.

Prinzip

Der Versuch wird mit einem hochempfindlichen kommerziell erhältlichen Test

(„STORCH-TEST“ oder „SCHWANGER JA:NEIN“) durchgeführt. Es handelt

sich hierbei um einen Sandwich-Immun-Assay, der aus einer Kombination von

monoklonalen und polyklonalen Antikörpern besteht. Durch einen

chromatographischen Schritt werden die beiden Antikörper mit dem Antigen

zusammengebracht und die Aggregation durch die Goldmarkierung sichtbar

gemacht. Die Kontrolle für eine korrekte Testdurchführung ist durch die Reaktion

des markierten Antikörpers mit einem weiteren Antikörper gewährleistet. Die

Nachweisgrenze des Tests liegt bei 10 IU HCG/l Urin.

Schwangerschaftstest 5-9 Aufbau

Auf einer hydrophilen Membran sind drei verschiedene Bereiche zu unter-

scheiden:

1. der Kontrollbereich (C), beschichtet mit polyklonalem Ziegen-Antimaus-IgG

Antikörper (IgG),

2. der Testbereich (T), beschichtet mit polyklonalem Ziegen-Anti-HCG-Anti-

körper (IgG) und

3. der Probenauftragsbereich (P). Dieser Bereich enthält den getrockneten, mit

kolloidalem Gold konjugierten monoklonalen Maus-Anti-HCG-Antikörper auf

Papierstreifen, der mit der Membran verbunden ist.

Kontrolle (C) Testergebnis (T) Probenauftrag (P)

Durchführung:

Stellen Sie das Testkit mit den Sichtfenstern nach oben auf den Labortisch. Füllen

Sie die Pipette mit dem Testurin. Geben Sie exakt fünf Tropfen Testurin (ohne

Luftbläschen) in das Probenauftragsloch. Warten Sie eine Minute und lesen Sie

das Testergebnis im Sichtfenster ab. Der Test ist nicht verwertbar, wenn sich keine

bzw. später als nach 5 Minuten eine Linie im Sichtfenster zeigt.

Aufgaben:

Protokollieren Sie das Testergebnis

1. Erklären Sie genau, wie Ihr Testergebnis zustande gekommen ist. Warum ist

der T-Bereich positiv bzw. negativ? Warum ist der C-Bereich positiv?

2. Erklären Sie, warum bei einer nur mit LH versetzten Probe keine Reaktion im

T-Bereich festgestellt werden kann, obwohl die dort vorhandenen polyklonalen

Antikörper auch mit LH reagieren.

6-1

Versuch 6: Blut

Versuche:

Gelfiltration, Spektroskopie und

die quantitative Bestimmung des Hämoglobins

Dialyse-Versuch

Enzymatische Bestimmung der Glucose

Polarimetrie

Analysen:

1. Hämoglobin-Bestimmung

2. Bestimmung von Glukose, Fruktose, Saccharose oder Xylose mittels

Polarimetrie

Wissensgebiete

Puffersysteme des Blutes, Azidose, Alkalose

Hämoglobin als Puffer, 2,3-Bisphosphoglycerat

Sauerstoff-Transport, Kohlendioxidtransport

Myoglobin-, Hämoglobin-Struktur, Biosynthese, Porphyrin-Strukturen

Katabolismus des Hämoglobins, Bilirubin-Chemie

Transport, Glucuronidierung, Ikterusformen

Kolloid-osmotischer Druck, Dialyse Enzymatische Grundlage des GOD-Testes

(Coenzyme von GOD und POD, Funktion und Coenzym von Katalase)

Optische Aktivität, Polarimetrie

6-2 Blut

I. Gelfiltration, quantitative Bestimmung und Spek-troskopie von verschiedenen Formen des Hämo-globins

Die Funktion des Hämoglobins besteht im Transport von O2. Hämoglobin enthält

als prosthetische Gruppe Häm, das im Zentrum eines Porphyrinrings ein Fe2+-Ion

in Chelatform gebunden hält. Dieses Fe2+-Ion ist in der Koordination mit sechs

Liganden am stabilsten. Vier davon werden von den Pyrrol-Stickstoffatomen des

Porphyrinrings und ein weiterer durch einen Histidin-Stickstoff aus der

Polypeptidkette der Globine geliefert. Die sechste Position kann durch

verschiedene Liganden besetzt werden und bestimmt das Absorptionsspektrum

des Hämoglobins. Im Oxihämoglobin z. B. ist die sechste Position mit

molekularem Sauerstoff besetzt. Neben den für die unterschiedlichen Liganden

1. Oxihämoglobin ____

2. Desoxihämoglobin ........

3. CO-Hämoglobin ------

Abbildung 6-1: Absorptionscharakteristika von Hämoglobin mit unterschied-

lichen Liganden.

Spektralphotometrie 6-3

charakteristischen Absorptionsbanden zwischen 500 und 600 nm besitzen alle

Hämoglobine eine gemeinsame Soret-Bande bei 415 - 430 nm.

Charakteristika der einzelnen Hämoglobinarten:

1. Cyan-Methämoglobin ([CN-Hb(III)]): Das Fe2+ wird mit Hexacyanoferrat(III)

zum Fe3+ oxidiert. Diese Form transportiert keinen Sauerstoff und besitzt eine

braune Farbe eine Absorptionsbande bei 541 nm und ist eine stabile

Verbindung

2. Oxihämoglobin ([O2-Hb(II)]): scharlachrot, zwei Absorptionsbanden im

gelbgrünen bei 576 - 540 nm

3. Desoxihämoglobin oder "reduziertes" Hb ([Hb(II)]): purpurrot, eine Ab-

sorptionsbande bei 555 nm

4. Kohlenmonoxid-Hämoglobin ([CO-HB(II)]): kirschrot, Absorptionsbanden bei

570 nm und 541 nm

Geräte: Glas-Chromatographiesäule, gefüllt mit Sephadex G25, grob Gummibällchen, Pasteurpipette Messpipetten 5 ml, 1 ml Reagenzglasständer mit Reagenzgläsern Spektralphotometer, Glasküvetten

Lösungen: Transformationslösung (=Drabkin'sche Lösung) : 1 g NaHCO3, 50 mg KCN und 200 g K3[FeCN6]/l Heparin-Gesamtblut wird als Hämolysat zur Verfügung gestellt. Kaliumhexacyanoferrat(III) 5% in Puffer Natriumdithionit 1% in Puffer Phosphat-Puffer 20 mM, pH 7,0

6-4 Blut

1) Gelfiltration

Prinzip: Gelfiltration trennt Substanzen nach Molekulargewicht. Für die Gelfiltration

werden quervernetzte Polymere als Gelfiltrations-Medien verwendet. Wegen eines

Ausschlußeffekts eluieren große Moleküle vor kleineren. In unserem Experiment

wird das Hämolysat mit Dithionit reduziert und das aus dem Methämoglobin

entstandene Desoxihämoglobin wird bei der Passage über die Säule durch die

Größenfraktionierung vom überschüssigen Dithionit abgetrennt. Das

Desoxihämoglobin wird durch Luftsauerstoff oxigeniert und als Oxihämoglobin

eluiert.

Ausführung: Eine vorbereitete 25 ml-Säule wurde an ihrem Ausfluss mit Glaswolle abgedichtet

und mit einer Suspension von gequollenem Sephadex G25 bis zu einer Höhe von

8 cm gefüllt. Überpüfen Sie, ob die gepackte Säule frei von Luftblasen ist!

Die Säule wird zuerst mit 10 ml Phosphat-Puffer gewaschen. Die Oberfläche der

Säulenfüllung sollte eben sein. Wenn der Pufferspiegel gerade bis auf die Höhe

des Säulenmaterials abgesunken ist, wird eine frisch hergestellte Mischung aus 0,2

ml Natriumdithionit-Lösung und 0,5 ml Hämolysat auf die Säule aufgetragen,

ohne Säulenmaterial aufzuwirbeln. Man lässt die Lösung in das Säulenmaterial

einsinken. Dann wäscht man zunächst mit 1 ml Puffer nach und füllt anschließend

die Säule mit Puffer (ebenfalls möglichst verwirbelungsfrei). Die rotgefärbte

Oxihämoglobin-Fraktion wird in einem Minimum Puffervolumen, ausreichend

für eine Küvettenfüllung, aufgefangen.

2) Spektralphotometrie des Hämoglobins Ausführung: Das Oxihämoglobin, Methämoglobin und das Desoxihämoglobin werden für

spektroskopische Messungen verwendet.

a) Für das Oxihämoglobin wird das Eluat der Gelfiltration verwendet

b) Methämoglobin: ca. 0,5 ml Hämolysat mit 1,5 ml Hexacyanoferrat

c) Desoxihämoglobin: 0,5 ml Hämolysat mit 1,5 ml Dithionit-Lösung

Die Farbe des Hexacyanoferrats und die der drei Formen des Hämoglobins sollten

beobachtet werden. Die drei Lösungen werden unter Anleitung in einem mit einem

Drucker verbundenen ULTROSPEC 1000 zwischen 600 bis 450 nm gegen Wasser

Spektralphotometrie 6-5

gemessen und die Ergebnisse in 5 nm Schritten ausgedruckt. Zeichnen Sie die

Spektren auf Millimeterpapier.

3) Bestimmung von Carboxihämoglobin

Ausführung: Zu 0,5 ml Hämolysat werden 1 ml Phosphat-Puffer und 1 ml Dithionitlösung

zugefügt. Dann mischen und innerhalb von 30 Sekunden in einer Küvette die

Extinktionen im Spektralphotometer bei 555 und 480 nm messen. 0,2 ml CO-

gesättigter Phosphatpuffer pH 7 werden zu der Probe gegeben. Sofort die Ex-

tinktionen bei 555 und 480 nm messen! Trotz der 200-fach höheren Affinität des

Kohlenmonoxids zum Hb sollte eine Äquilibrierung mit Luftsauerstoff vermieden

werden.

Charakteristisch für den CO-Gehalt im Hb ist das Extinktionsverhältnis E555/E480.

100 % Desoxi-Hb: E555/E480 = 3,15 ± 0,05

100 % CO-Hb: E555/E480 = 1,94 ± 0,05

Nichtraucher haben 0,21-2 %, Raucher 0,7 %-6,5 % CO-Hb.

4) Quantitative Bestimmung des Hämoglobins als Hämoglobin-Cyanid

Ausführung: In zwei Reagenzgläser legt man je 5 ml dest. Wasser vor. Mit einer 50 µl Spritze

werden 0,05 ml Blut dazugegeben und sorgfältig vermischt. Die Spritze sofort mit

dest. Wasser spülen. Danach gibt man 5 ml Transformations-Lösung dazu (gut

umschütteln). Die Extinktion der Doppelbestimmung wird nach genau 30 min

gegen den Leerwert (5 ml Wasser + 5 ml Transformationslösung) bei 546 nm

gemessen.

Auswertung: Berechnen Sie die Konzentration des Hämoglobins in g/100 ml Blut!

MG = 68.000 Da; Extinktionskoeffizient: ε = 44⋅103 l⋅mol-1⋅cm-1

6-6 Blut

II. Dialyse-Versuch

Prinzip: Niedermolekulare Stoffe lassen sich durch Diffusion durch eine semipermeable

Membran in Richtung des Konzentrationsgefälles von kolloidalen Stoffen trennen.

Die Kolloide können wegen ihrer Größe die Membranporen nicht passieren. Die

Dialysegeschwindigkeit ist abhängig von:

1) dem Verhältnis Membranoberfläche zum Flüssigkeitsvolumen

2) dem Konzentrationsgefälle der niedermolekularen Stoffe auf beiden Seiten der

Membran.

Die Dialyse findet nicht nur im biochemischen Laboratorium zur Entsalzung von

Proteinen Anwendung. Ihre klinische Bedeutung liegt in der Anwendung der

Dialyse in der künstlichen Niere.

Geräte: Rührmotor, 250 ml Becherglas, Magnetrührfisch Vollpipette 25 ml Pasteurpipette Bürette

Lösungen: Hg(NO3)2 (171,3 mg/l) 0,001 N Jod-Jodkaliumlösung 0,1 N Stärke-NaCl-Lösung:

200 ml Stärkelösung (0,5 %ig) + 50 ml 1 M NaCl (58,44 g NaCl/l)

Ausführung: 5 ml Stärke-NaCl-Lösung werden in einen zuvor in Wasser eingeweichten Dia-

lyseschlauch pipettiert. Die Enden des Schlauchs werden dabei mit Plastik-

klammern verschlossen. Danach wird der Schlauch insgesamt eine Stunde dialy-

siert. Als Dialysebad wird ein mit 250 ml dest. Wasser gefülltes Becherglas

verwendet. Mit einem Magnetrührer wird das Dialysat gerührt.

Nach 5, 10, 15, 20, 30, 45 und 60 Min. werden je 5 ml Dialysat entnommen und

die Cl–-Menge im Dialysat nach Zugabe von sechs Tropfen Diphenylcarbazon-

Glucosebestimmung 6-7

lösung durch Titration mit 0,001 N Hg(NO3)2-Lösung bestimmt. Die lachsrote

Farbe des Indikators schlägt in tiefviolett um.

Die mmol-Menge des Rest-Chlorids im Schlauch wird daraus berechnet. Nach

Beendigung der Entnahmen werden Schlauchinhalt bzw. 5 ml des Dialysats mit

zwei Tropfen Jod-Jodkaliumlösung versetzt. Beobachtung?

Zeichnen Sie ein Diagramm:

Abszisse: Zeit (Minuten), Ordinate: Restmenge Cl– im Schlauch in mmol.

III. Enzymatische Bestimmung der wahren Glucose

Eine schnelle, sichere und spezifische Bestimmungsmethode der Blutglucose im

Serum beruht auf folgender Reaktion: Die Glucoseoxidase (GOD), ein FAD-

Enzym aus Penicillium notatum, katalysiert die Oxidation von D-Glucose zum

Gluconolacton, das mit Wasser zu Gluconsäure hydrolysiert:

GOD Glucose + H2O + O2 → Gluconsäure + H2O2

Das dabei entstehende H2O2 wird in einer gekoppelten Indikatorreaktion weiter

umgesetzt, indem es durch Peroxidase (POD) katalytisch einen Wasserstoff-

donator wie z. B. das 2,2'-Azino-di-[3-ethyl-benzthiazolinsulfonsäure-6]-

diammoniumsalz oxidiert.

N

C2H5

N

S=N–N=

S3S4+NH O

–4

+NHSO 3–

C2H5

Ammoniumsalz der ABTS: 2,2'-Azino-di-[3-ethyl-benzthiazolinsulfonsäure-6]

6-8 Blut

Lösungen

Glucose-Standard: 100 mg Glucose in 100 ml H2O, bereitgestellt wird die Mischung von

1 ml Glucose Standard + 10 ml Perchlorsäure

Glucose-Reagenz: 2 mg Peroxidase, 18 mg Glucose-Oxidase und 100 mg 2,2'-Azino-di-

[3-ethyl-benzthiazolinsulfonsäure-6]-diammoniumsalz (H2-Donator)

in 100 ml 0,1 M Phosphatpuffer (pH 7).

Perchlorsäure: 0,33 M, 47 g 70 %ige HClO4 in 1000 ml H2O

Durchführung:

1. Die Enteiweißung wurde vom Assistenten wie folgt vorbereitet:

1 ml Blut wurde mit 0,1 ml Citratlösung versetzt, um die Gerinnung zu

verhindern. Danach wurden 10 ml 0,33 M Perchlorsäure zugesetzt, die Lösung in

ein Zentrifugenglas umgefüllt und 20 Minuten zentrifugiert. Der Überstand wurde

vorsichtig in ein Reagenzglas überführt.

Das Reagenzglas mit dem Überstand steht dann für Sie am Arbeitsplatz bereit!

2. Bereiten Sie folgende Ansätze in fünf Reagenzgläsern vor:

1 Reagenzien-Leerwert 0,1 ml Wasser

2 Serumproben je 0,1 ml Zentrifugenüberstand

2 Glucose-Standardwerte je 0,1 ml Glucose-Standardlösung

je 5 ml Glucose-Reagenz dazugeben, sofort schütteln! Die Proben werden

35 Minuten bei Raumtemperatur stehengelassen und dann die Extinktionen im

Photometer bei 436 nm gegen den Reagenzien-Leerwert gemessen, d.h. Sie stellen

zuerst die Extinktion des Leerwerts auf 0,000 und messen dann Ihre Proben.

Wenden Sie zur Ergebnisberechnung den Dreisatz an und berücksichtigen Sie

dabei, dass der Glucosestandard (100 mg/100 ml), wie das Blut, mit dem gleichen

Volumen Perchlorsäure versetzt wurde. Geben Sie das Ergebnis in mg

Glucose/100 ml Blut und mmol Glucose/l Blut an.

Polarimetrie 6-9

Berücksichtigen Sie dabei, dass das Blut vor der Enteiweißung durch Zugabe von

Citratlösung ungerinnbar gemacht wurde (Verdünnungsfaktor!). Vergleichen Sie

das Ergebnis mit den Normalwerten.

IV. Polarimetrie

Prinzip: Von vielen biochemisch wichtigen Verbindungen (z.B. Aminosäuren, Zucker) gibt

es theoretisch zwei räumlich nicht identische, stereoisomere Formen, die sich wie

Bild und Spiegelbild verhalten (vgl. rechter und linker Schuh). Grund hierfür ist in

der Regel ein im Molekül vorhandenes Kohlenstoffatom mit vier

unterschiedlichen Substituenten, das dem Molekül eine Asymmetrie verleiht. In

der Natur kommt aber nie das Gemisch beider Formen, das sogenannte Racemat

vor, sondern immer nur eine der beiden Formen (Enantiomere), z. B. die L-

Aminosäuren oder D-Glukose. Die Bezeichnungen D-, L- (nach Emil Fischer),

beziehen sich nur auf die sterische Konfiguration der Moleküle und keinesfalls auf

optische Eigenschaften; denn eine solche asymmetrische Verbindung kann die

Ebene des polarisierten Lichtes nach rechts oder links drehen. Eine Substanz, die

das planpolarisierte Licht im Uhrzeigersinn dreht, nennt man rechtsdrehend (+).

Linksdrehende Substanzen (-) drehen die Ebene nach links.

Die Größe und Richtung der Drehung sind spezifisch für jede Verbindung. Der

spezifische Drehwinkel einer Substanz [α]D20 errechnet man aus derm

gemessenen Drehwinkel α, der Schichtdicke l (in Dezimetern!) und der

Konzentration c (in g/100 ml Lösung!):

[α]D20 =

α 100

l c

••

grad 100

dm g / 100ml

••

6-10 Blut

planpolarisiertes Licht

optisch aktive Substanz

Ebene des planpolarisiertes Lichts ist gedreht

Abbildung 6-2: Schematische Veranschaulichung der Drehung der Ebene des

planpolarisierten Lichtes durch eine optisch aktive Substanz.

Der spezifische Drehwinkel ist von der Wellenlänge, der Temperatur und dem

Lösemittel abhängig. Diese Parameter müssen immer mit angegeben werden. Als

Lichtquelle wird die D-Linie einer Natriumspektrallampe (589 nm) benutzt. Der

Drehwinkel wird mit Hilfe des Polarimeters bestimmt. Das Nicolsche Prisma

besteht aus zwei in einer bestimmten Ebene geschnittenen und durch

Kanadabalsam verkitteten Flussspatkristallen, die nur den ausserordentlichen

Strahl als planpolarisiertes Licht durchlassen, während der ordentliche Strahl

durch Totalreflexion an der Kittschicht ausgelöscht wird. Nach Durchgang des auf

dieser Weise am Polarisator-Prisma planpolarisierten Lichts durch die optisch

aktive Substanz in der Küvette trifft es auf das Analysator-Prisma, das nun gedreht

werden muss, um im Einstellfeld des Okulars wieder gleichen Lichtdurchgang wie

bei der Nulleinstellung und Eichung des Polarimeters gegen das reine

Lösungsmittel zu bekommen, also die gleiche Helligkeit in den beiden äußeren

und dem mittleren Feld. Den Drehwinkel und die Richtung liest man an der

graduierten Drehscheibe ab, die mit dem Analysator gekoppelt ist.

Polarimetrie 6-11

1 2 3 4 5 6

Abbildung 6-3: Schematische Zeichnung eines Polarimeters

1) Lichtquelle mit Farbfilter (Natriumdampflampe/D-Linie)

2) Polarisator (Nicolsches Prisma)

3) Küvette mit Lösung der optisch aktiven Substanz

4) Analysator, versehen mit graduierter Drehscheibenskala

5) Okular

6) Beobachterauge

Ausführung: Die spezifischen Drehwinkel der beiden Testlösungen (Glukose und Fruktose) und

der Analysenlösung sollen ermittelt werden. Eine Substanz oder Lösung ist

rechtsdrehend, wenn die beiden Außenfelder des dreigeteilten Einstellfeldes

dunkler als das mittlere Feld sind. In diesem Fall dreht man die Skala so, dass sie

bei der Einstellung auf eine gleiche Helligkeitsstufe nach links wandert. Bei

Linksdrehung erscheint das mittlere Feld dunkler. Hier erfolgt beim Abgleich der

Helligkeit eine Verschiebung der Skala nach rechts.

a) Die Nulleinstellung (gleiche Lichtstärke der drei Felder) wird am Polarimeter

an der Analysator-Skala geprüft.

b) Das Polarimeterrohr wird mit der zu bestimmenden Lösung luftblasenfrei

gefüllt. Ein luftblasenfreies Rohr bekommt man am einfachsten dann, wenn

sich der Flüssigkeitsspiegel der Lösung etwas über dem plangeschliffenen

Ende des Rohres wölbt. Nun wird das Deckglas aufgezogen und das Rohr

verschlossen. Es ist darauf zu achten, dass das Polarimeterrohr sauber und

trocken in das Gerät eingelegt wird!

c) Durch Drehen des Analysators in der oben angegebenen Richtung wird das

Hell-Dunkel-Feld auf die gleiche Helligkeitsstufe gebracht und an der Skala

6-12 Blut

mit Hilfe des Nonius der Drehwinkel auf 0,05 Grad genau abgelesen. Aus dem

gemessenen Wert wird der spezifische Drehwinkel berechnet.

rechts links

Abbildung 6-4: Im Okular sichtbare Einstell- und Ablesefelder

Analyse: Berechnen Sie mit Hilfe der Formel auf Seite 6-9 den spezifischen Drehwinkel

und geben Sie im Vergleich mit den in der Tabelle 6-1 angegeben Werten an, um

welchen Zucker es sich handelt.

Die Konzentrationen der Analysenlösungen betragen 9 g/100 ml.

Tabelle 6-1

Xylose Glucose Fructose Saccharose

Spez. Drehwinkel

[α]D20

+18,7 +52,8 -92 +66,5

Aufgaben 6-13

Übungsaufgaben: 1. Wie beeinflusst 2,3-Diphosphoglycerat die Sauerstoff-Affinität des Hämo-

globins?

2. Welche Funktion erfüllt Glutathion im Erythrocyten?

3. Zeichnen Sie die O2-Sättigungskurve von Hämoglobin in Abhängigkeit von

pO2 und ihre Veränderung durch 2,3-Bisphosphoglycerat.

4. a)Welches Endprodukt des Porphyrinabbaus wird in der Leber gebildet? b)Wie

verändert sich der Serumgehalt dieser Verbindung bei:

A) einem Gallengangsverschluss

B) bei massiver Hämolyse?

5. Warum entstehen Ödeme bei längerem Hungern?

6. Welche Porengrößen einer Membran wären für die Dialyse eines Nieren-

kranken geeignet: 500 Da, 50.000 Da oder 500.000 Da ?

7. In welcher Reihenfolge eluieren Carboanhydrase (29000 Da), Lactalbumin

(14200 Da), Phosphorylase B (97400 Da), Albumin aus Ei (45000 Da) und

Serumalbumin (67000 Da) von einer Gelfiltrationssäule?

8. Die Glukosekonzentration im Serum eines Patienten beträgt 6 mmol/l.

Berechnen Sie die Konzentration in mg/100 ml.

7-1

Versuch 7: Nukleinsäuren I

Versuche:

Löslichkeit der Harnsäure

Xanthinoxidase-Reaktion und ihre kompetitive Hemmung

Bestimmung der Harnsäure mit Hilfe der UV-Spektroskopie

Restriktionsendonukleasen

Polymerasekettenreaktion (PCR)

Analyse:

Hypoxanthin in 50 mM Phosphatpuffer pH 7,5

Wissensgebiete

RNA- und DNA-Struktur

Biosynthese der Pyrimidin- und Purinbasen, Salvage Pathway

Purin-Abbau, Harnsäure, Xanthinoxidase, Uricase, kompetitive Hemmung, Gicht

Stickstoffbilanz

Restriktionsendonukleasen, rekombinante DNA

PCR

7-2 Nucleinsäuren I

Grundbestandteile der Nukleinsäuren sind die Nukleotide, die wiederum aus

folgenden Bestandteilen aufgebaut sind:

a) Pentose b) Phosphat

c) N-haltige heterozyklische Basen:

Purinreihe: Adenin, Guanin

Pyrimidinreihe: Cytosin, Uracil (RNA), Thymin (DNA).

N

NHO

Ribose

O

P O

OH

-O

OH

N

N N

N

NH2

Ribose

O

P

OH

O-O

N

NHO

Ribose

O

P O

OH

-O

NH2

N

N N

N

OH

Ribose

O

P

OH

O-O

H2N

GMPCMPAMPUMP

Die Nukleotide sind in DNA und RNA durch Phosphorsäurediesterbindungen

verknüpft. Die geringe Löslichkeit von Nukleinsäuren in Wasser-Alkohol-Ge-

mischen bzw. ihre Löslichkeit in konzentrierter Kochsalzlösung nutzt man zu ihrer

Isolierung.

Während die Endprodukte des Pyrimidinstoffwechsels, β-Alanin und β-Ami-

noisobutyrat, Aminosäuren sind und verstoffwechselt werden können, ist Harn-

säure beim Menschen und den anderen Primaten das Endprodukt des Purin-

stoffwechsels (also auch des mit der Nahrung als Nukleinsäuren aufgenommenen

Purins). Harnsäure entsteht durch schrittweise Oxidation der Purinbasen

Hypoxanthin und Xanthin mit molekularem Sauerstoff unter der Wirkung von

Xanthinoxidase.

Harnsäure und Mononatriumurat sind schwer löslich. Bei Stoffwechselstörungen

kann diese geringe Löslichkeit zu Ablagerungen (Gicht, Nierensteine) führen.

Harnsäure 7-3

Interessant ist unter diesem Gesichtspunkt die pH-Abhängigkeit der

Harnsäurelöslichkeit (Abb. 7-1 Schema nach E. Aebi). Bei Vermeidung von

Fleischkost und Verwendung von Pflanzen-, sog. Basenkost, wird weniger

Harnsäure gebildet, und außerdem verschiebt sich der pH-Wert des Urins nach

rechts, es kann mehr Harnsäure ausgeschieden werden. Zur Therapie der Gicht

wird u.a. Allopurinol (1H-Pyrazolo-(3,4-d)-pyrimidin-4-ol), ein kompetitiver

Hemmstoff der Xanthinoxidase, angewandt.

Abbildung 7-1: Abhängigkeit der Harnsäurelöslichkeit vom pH-Wert

Der Gehalt des Serums an Harnsäure ist für die Diagnose und Überwachung der

Hyperurikämie von Bedeutung. Bei den meisten Säugetieren (nicht beim Men-

schen!) wird die Harnsäure durch das Enzym Uricase unter gleichzeitiger Bildung

von Wasserstoffperoxid weiter zu Allantoin abgebaut: Harnsäure-Normalwerte beim Erwachsenen: Urin: 500 - 580 mg/Tag 3000 - 3500 µmol/d Serum: 3,3 - 7,6 mg/100 ml (Mann) 200 - 450 µmol/l 1,7 - 6,2 mg/100 ml (Frau) 100 - 360 µmol/l

7-4 Nucleinsäuren I

I. Harnsäure Geräte: Messpipetten 1 ml, 5 ml Plastikküvetten 2 × 1 cm Spektralphotometer

Lösungen: Natronlauge, HCl 2N Na2CO3-Lösung 2N Natrium-Allopurinol -Lsg. 1,5 mM Boratpuffer 0,1 M; pH 9,5 Serum Substratpuffer-Lösung: 50 mM Phosphatpuffer pH 7,5; 100 µM EDTA Hypoxanthin (ist 10 min. mit Sauerstoff durchperlt) Uricaselösung: 1,8 kU/l Xanthinoxidaselösung: 1 g/l 1) Löslichkeit von Harnsäure

Die Harnsäure ist in Wasser fast unlöslich, in Na2CO3-Lösung gering löslich als

Mononatriumsalz, und in NaOH-Lösung gut löslich bei Erwärmen unter Bildung

des Dinatriumsalzes.

Ausführung: Je ca. 3 ml dest. Wasser, Na2CO3-Lösung und Natronlauge werden mit einer

Spatelspitze Harnsäure versetzt. Während sich Harnsäure in Lauge in der Hitze

(Wasserbad, Schutzbrille) unter Bildung von Dinatriumurat löst, ist dies in dest.

HN

N NH

N

O

HN

NH NH

N

O

O

HN

NH NH

NH

O

O

HN

N NN

O

H

O

1 und 2: Xanthinoxidase

21

Allopurinol

Hypoxanthin HarnsäureXanthin

Harnsäure 7-5

Wasser und Na2CO3-Lösung nicht der Fall. Die Dinatrium-Urat-Lösung wird anschließend mit wenigen Tropfen HCl versetzt. Die Harnsäure fällt als weißer, flockiger Niederschlag aus. 2) Xanthinoxidase-Reaktion und ihre kompetitive Hemmung

Prinzip: Die Oxidation von Hypoxanthin zu Xanthin und weiter zu Harnsäure durch die

Xanthinoxidase in Gegenwart von Sauerstoff wird spektrophotometrisch bei

297 nm verfolgt. Urate haben in alkalischer Lösung einen spezifischen Extink-

tionskoeffizienten von ε297 = 11,8 l/mmol.cm. Aus der Differenz der gemessenen

Endextinktion zur Anfangsextinktion lässt sich die Hypoxanthinmenge berechnen.

4030201000,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

Extin

ktio

n

1

2

Zeit [min] Abbildung 7-2: 1) Bildung von Harnsäure durch Oxidation von Hypo-xanthin

mit Xanthinoxidase 2) Hemmung der Xanthinoxidase mit Allopurinol

Ausführung: 3 ml einer sauerstoffgesättigten Hypoxanthinlösung werden in eine 1 cm-Plas-

tikküvette pipettiert. Die Extinktion wird zweimal gegen dest. Wasser bei 297 nm

gemessen. Durch Zugabe von 100 µl Xanthinoxidase startet man die Reaktion. In

7-6 Nucleinsäuren I

den ersten 5 Minuten wird die Extinktion wird alle 30 s gemessen und

anschließend noch nach 10, 15 und 20 Minuten.

Der Versuch wird wiederholt, jedoch werden vor dem Start mit Xanthinoxidase

100 µl Allopurinol-Natrium-Lösung in die Küvette pipettiert und gut gemischt

(Abb. 7-2, Kurve 2).

Auswertung: Die gemessenen Extinktionen werden in einem Diagramm gegen die Zeit aufge-

tragen. Aus den Zeitumsatzkurven für Xanthinoxidase werden die µmol Hypo-

xanthin/l Lösung, die Enzymkonzentration (U/l) und der Hemmungsgrad (%)

berechnet.

3) Bestimmung der Harnsäure mit Hilfe des UV-Tests

Prinzip: Die Umwandlung von Harnsäure zu Allantoin durch Uricase wird spektral-

photometrisch verfolgt.

HN

NH NH

NH

O

O

ONH2

NH

O

NH

NH

HO

O

AllantoinHarnsäure

Uricase

Ausführung: 200 µl Serum und 3 ml 0,1 M Boratpuffer pH 9,5 in einer Plastikküvette werden

bei 297 nm gegen dest. Wasser gemessen. Danach werden 200 µl Uricaselösung

eingerührt und der Extinktionsabfall verfolgt. Messwerte werden in Abständen

von 30 Sekunden bis zur Konstanz genommen. Aus der Differenz der

Anfangsextinktion und des konstanten Endwertes wird die Harnsäurekon-

zentration in µmol/l Serum berechnet.

Restriktionsendonukleasen 7-7

II. Restriktionsendonukleasen: Charakterisierung eines Plasmids

Restriktionsendonukleasen (RE) kommen in fast jedem Mikroorganismus vor und

spalten doppelsträngige DNA unter Bildung von Restriktionsfragmenten. Ein

DNA-Strang wird von einem RE spezifisch gespalten und liefert reproduzierbare

DNA-Fragmente. Ein Genom kann so in kleine DNA-Stücke, von denen jedes ein

ganzes Gen oder Teile davon enthält, zerlegt werden. Sie können isoliert, kloniert

und in ihrer Nukleotidsequenz analysiert werden.

Die Bakterien-DNA wird durch Methylierung von Basen vor dem Angriff durch

die eigene RE geschützt. Fremd-DNA, die durch Infektion, Konjugation oder

Transformation in die Zelle eindringt, wird abgebaut, falls sie nicht durch

Methylierung (katalysiert durch Methylasen mit S-Adenosylmethionin als Me-

thyldonator) modifiziert wird. Typ I-Endonukleasen, die an der Wirts-Restriktion

und –Modifikation beteiligt sind, sind große multimere Enzymkomplexe, die DNA

unter ATP-Verbrauch spalten und methylieren. Vom Typ II, kleinen monomeren

Proteinen, die Mg2+ für die enzymatische Aktivität benötigen, sind mehr als

250 RE bekannt. Sie erkennen spezifische Nukleotidsequenzen von 4 bis

8 Basenpaaren, die palindromartig angeordnet sind. Die Nomenklatur der

Enzymbezeichnungen sind aus dem Anfangsbuchstaben des Genus und den ersten

zwei oder drei Buchstaben der Spezies zusammengesetzt, aus der sie isoliert

wurden. Die römische Zahl deutet die Reihenfolge der Entdeckung des Enzyms in

diesem Stamm an:

EcoRI: Escherichia coli Stamm R: Palindrom aus Hexanukleotid

5' GAATTC 3' Dyaden-Symmetrie 3' CTTAAG 5' (zweifache Rotationssymmetrie)

Es entstehen 3'-überstehende Enden an der Schnittstelle, (sticky ends).

HinfI: Haemophilus influenzae Stamm f: Pentanukleotid

5' GANTC 3' CTNAG (sticky ends)

HaeIII: Haemophilus aegypticus: Tetranukleotid

5' GGCC liefert glatte Enden (blunt ends) 3' CCGG

7-8 Nucleinsäuren I

Statistisch gesehen treten diese Palindrome mit einer Häufigkeit von 1:44, 1:45,

1:46, d. h. in einem von 256, 1024 bzw. 4096 Fällen.

1:4N N = Länge der Restriktionssequenz

Medizinische Bedeutung: Jedes Gen kann in charakteristische Restriktions-

fragmente gespalten werden, wobei ein spezifisches Restriktionsmuster entsteht.

Mutationen des Gens sind am Verschwinden oder der Längenveränderung eines

oder mehrerer Fragmente, dem Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus

(RFLP) erkennbar. Die Analyse der genomischen DNA von Patienten oder auch

des Föten in der pränatalen Diagnostik ist eine wichtige Methode bei der

Diagnostik von Erbkrankheiten.

Man geht dabei folgendermaßen vor: Aus Blut oder beliebigen anderen Kör-

perzellen wird DNA isoliert. Aliquots werden mit verschiedenen Restriktions-

enzymen geschnitten und die entstandenen Fragmente gelelektrophoretisch

aufgetrennt. Als Vergleich dient eine analog behandelte Probe von DNA eines

gesunden Individuums. Die Fragmente werden aus dem Gel auf eine Nylon-

membran übertragen (Southern blotting). Sie wird dabei denaturiert, so dass sie

einzelsträngig vorliegt. Die Nylonmembran wird mit einem ebenfalls einzel-

strängigen, radioaktiv markierten DNA-Fragment inkubiert, das zu einer Region

des Gens komplementär ist und daher mit diesem Bereich paart (hybridisiert), und

so die zu dem untersuchten Gen gehörigen Fragmente radioaktiv markiert. Auf

einem Röntgenfilms werden sie durch die Autoradiographie sichtbar gemacht.

DNA von verschiedenen Patienten werden auf strukturelle Änderungen des Gens

hin verglichen.

Im folgenden Versuch werden Restriktionsenzyme zur Analyse der DNA eines

Plasmids eingesetzt, das als Insert die cDNA des menschlichen Apolipoproteins

AI trägt. Apo AI (243 AS) aktiviert die Serum-Lecithin-Cholesterin-

Acyltransferase (LCAT) und ist ein Hauptstrukturprotein des Serum-HDLs, das

für den reversen Cholesterin-Transports aus den peripheren Geweben hin zur

Leber verantwortlich ist.

Restriktionsendonukleasen 7-9

Tabelle 7-1: Restriktionsenzyme und Fragmentlängen in Basenpaaren (bp)

Enzym Fragmentlänge (bp)

HindIII 905 5016 EcoRI 246 892 2130 2650

Abbildung 7-3 : pSV2 cat AI - Plasmid

Der menschliche Apo AI-cDNA-Klon wurde aus einer menschlichen Leber-

cDNA-Bank isoliert. Der Klon kodiert 18 N-terminale Aminosäurereste der

Signal- (Prä-) Sequenz, gefolgt von sechs Resten der Pro-Sequenz und 243

Aminosäureresten des reifen Apo AI. Die an beiden Enden mit der EcoRI-Re-

striktionssequenz versehene cDNA wurde über Adaptoren an beiden Seiten in die

HindIII-Restriktionsstelle des Plasmis pSV2 cat kloniert, wie in der Abb. 7-3

schematisch angedeutet.

7-10 Nucleinsäuren I

Nach der Isolierung des pSV2 cat-AI-Plasmids kann das Plasmid durch die

kombinierte Anwendung der Restriktionsenzyme EcoRI und HindIII charakte-

risiert werden. Es sollten die DNA-Fragmente entstehen, die in der Tabelle 7-1

aufgelistet sind. Sie werden in einem 1-%igen Agarosegel getrennt und durch

Ethidiumbromid (Hautkontakt vermeiden!), das mit DNA fluoreszierende

Komplexe bildet, in UV-Licht sichtbar gemacht. Die Fragmentgrößen werden durch Eichung mit DNA-Längenmarkern ermittelt. Die Rf-Werte der Marker-

banden werden gegen den dekadischen Logarithmus der Basenpaarzahl aufge-

tragen und die Größe der aus dem Klon entstandenen Fragmente mit Hilfe der

Eichgeraden bestimmt.

M H E

---

---

-

-

543

21,6

1

0,5

0,2

kb

Abbildung 7-4 : Agarosegelelektophorese des mit Hilfe von HindIII oder EcoRI verdautem pSV2 cat AI - Plasmids. M: Längenmarker, H: HindIII-Fragmente, E: EcoRI-Fragmente

Restriktionsendonukleasen 7-11

Geräte: Agarosegel, 1 % mit 0,5 µg Ethidiumbromid/ml Elektrophorese-Puffer: Tris-Borat pH 8,5 Flachbettelektrophoresekammer mit Spannungsgerät Saranfolie UV-Lampe

Lösungen: 10 × Restriktionspuffer: Indikator-Probenpuffer: 0,25 % Bromphenolblau, 20 % Ficoll 400 Restriktionsenzyme: EcoRI und HindIII Marker-DNA

Ausführung (Demonstration vom Assistenten): Die Enzyme sind stets im Eisbad aufzubewahren. Lösungen oder Geräte, die mit

DNA in Kontakt kommen, sollten nicht mit den Fingern berührt werden. In ein 1,5

ml Eppendorf-Röhrchen werden folgende Komponenten pipettiert:

2 µl 10 x Restriktionspuffer 14 µl H2O 2 µl DNA pSV2 cat AI-Lösung 2 µl EcoRI bzw. HindIII enthaltenden Enzymlösung,

gut gemischt, und eine Stunde lang bei 37 °C inkubiert. 5 µl Indikator-Proben-

puffer werden zugefügt und der Ansatz in die Probentasche des Agarose-Gels

vorsichtig mit einer Eppendorf-Pipette eingefüllt. Ein Gemisch von 10 µl H2O,

5 µl Indikator-Probenpuffer und 5 µl Längenmarker wird in die Nachbartasche

aufgetragen. Der Puffer in der Kammer schließt gerade mit der Oberkante des

Agarosegels ab. Die Elektrophorese wird bei 90 V durchgeführt, bis die

Bromphenolblaubande etwa 1 cm vom kathodischen Ende des Gels entfernt

gewandert ist. Das Spannungsgerät wird ausgeschaltet und das Gel, eingewickelt

in Saranfolie, unter dem UV-Licht betrachtet.

Mit Hilfe eines Videoaufzeichnungsgerät (siehe Versuch 2) wird das Gel do-

kumentiert. Die Abstände der fluoreszierenden Banden zum Start werden ge-

messen und die Größe der DNA Fragmente durch eine halblogarithmische

Auftragung bestimmt.

7-12 Nucleinsäuren I

III. PCR Kary B. Mullis, Nobelpreisvortrag 1993:

„And again, EUREKA!!!! I could do it over and over again. Every time I did it I

would double the signal. For those of you who got lost, we're back! I stopped the

car at mile marker 46,7 on Highway 128. In the glove compartment I found some

paper and a pen. I confirmed that two to the tenth power was about a thousand and

that two to the twentieth power was about a million, and that two to the thirtieth

power was around a billion, close to the number of base pairs in the human

genome. Once I had cycled this reaction thirty times I would be able to the

sequence of a sample with an immense signal and almost no background“

Die Polymerasekettenreaktion („polymerase chain reaction“) ist eine einfache Me-

thode zur Vervielfältigung von DNA in vitro und ist heute im molekularbiolo-

gischen Labor unverzichtbar geworden. Mit Hilfe einer vorgeschalteten Reversen-

Transkriptase-Reaktion ist auch die Vervielfältigung von RNA möglich (RT-

PCR). Die Anwendung der PCR in der Medizin ist inzwischen Routine bei der

Diagnostik von Infektionskrankheiten (Bakterien, Viren, Einzeller, Pilze), von

genetisch bedingten Erkrankungen und in der Forensik.

Die PCR ist eine DNA-Replikation im Reagenzglas, bei der eine DNA-abhängige

DNA-Polymerase eingesetzt wird. Als Matrize dient dabei jeweils einzelsträngige

DNA, die durch thermische Denaturierung doppelsträngiger DNA gewonnen wird.

Das Besondere dieser Methode ist der Einsatz einer thermostabilen Polymerase,

die einen raschen zyklischen Reaktionsablauf ermöglicht, durch den sich der

DNA-Gehalt pro Zyklus verdoppelt. Es ist also theoretisch möglich, aus einem

einzigen DNA-Fragment in 35 Zyklen 235

= 3,4x1010

Moleküle (34 Milliarden!)

zu generieren. Damit ist die Möglichkeit gegeben, einzelne Moleküle

nachzuweisen.

Welches Stück DNA amplifiziert werden soll, hängt von der Auswahl der Primer

ab, die die 5’- und 3’-Enden der amplifizierten DNA bilden. Zumindest die in den

Primer enthaltene Sequenz der zu amplifizierenden DNA (RNA) muss daher

bekannt sein. In späteren Zyklen entstehen nur noch Fragmente mit der genau

gewünschten Länge, die von den 5’-Enden der Primer festgelegt wird. Als Primer

werden chemisch synthetisierte, einzelstängige Oligonukleotide eingesetzt, die

eine Länge von ca. 20 Basen haben.

PCR 7-13

5'3'

5'

5'

5'

3'

3'

3'

3'

5'

5'

3'

3'5'

5'

5'

5'3'

3'

3'5'

5'

5'

5'

3'

3'

3'

3'5'

5'3'

3'

5'

5'3'

3'

1. Denaturierung2. Anlagerung der Primer

3. Kettenverlängerung

Wiederholung von 1. und 2.

Wiederholung von 3.

Wiederholung von 1. bis 3.

vielfacheWiederholung von 1. bis 3.

Bereich der Zielsequenz

PCR-Produkt, 2N Moleküle3'5'

1. Zyklus 21 = 2

2. Zyklus 22 = 4

3. Zyklus 23 = 8

N. Zyklus 2N=X

Abb. 7-5: PCR-Schema

7-14 Nucleinsäuren I

Im Einzelnen läuft eine PCR wie folgt ab (Abb.7-5): Die Matrizen-DNA

(template) wird zusammen mit den spezifischen Primern, dem Substrat, den

Desoxinukleotiden (dNTPs), der thermostabilen Polymerase (z.B. aus Thermus

aquaticus) und einem Mg2+

-Ionen enthaltenden Puffer in ein Eppendorfgefäß

gegeben. Der PCR-Ansatz wird dann in einem sogenannten Thermocycler einem

Programm mit einer Wiederholung von spezifischen Temperaturen für

Denaturierung, Anlagerung der Primer und Kettenverlängerung unterworfen. Die

Denaturierung findet bei 95°C statt, einer Temperatur, bei der die Polymerase eine

für die Versuchsdauer ausreichende Stabilität aufweist. Eine Dauer von 30-60 s ist

normalerweise ausreichend; nur die erstmalige Denaturierung zu Beginn der

Reaktion sollte 5 min betragen.

Zur Anlagerung der Primer (Annealing) wird die Temperatur soweit abgesenkt,

dass sich nur spezifische Primer mit der komplementären Sequenz anlagern

können. Die Temperatur sollte 5°C unter der sogenannten Schmelztemperatur

liegen, die man näherungsweise mit Hilfe der Formel

Tm=(ΣA+ΣT)x2°C+(ΣG+ΣC)x4°C berechnen kann. Auch hier sind 30-60 s

ausreichend.

Die Kettenverlängerung findet dann im Temperaturoptimum der Polymerase bei

72°C statt. Die Dauer dieses Schrittes hängt von der Länge des zu amplifi-

zierenden DNA Fragments ab. Als Faustregel gilt: 1 min pro 1000 Basenpaaren

(bp). Der finale Kettenverlängerungsschritt wird üblicherweise auf 5-10 min

ausgedehnt, um zu gewährleisten, dass auch alle DNA-Moleküle, die dann in

maximaler Menge vorliegen, vollständig verlängert werden.

Die Anzahl der Zyklen richtet sich nach der vorhandenen Menge der zu ampli-

fizierenden DNA und beträgt normalerweise 25-40 Zyklen. Die Länge der

Fragmente ist limitiert. Generell gilt: Je kürzer die Fragmente, umso unkompli-

zierter die PCR Reaktion. Bis zu einer Länge von ca. 3000 bp ist in den meisten

Fällen die oben beschriebene Standardmethode erfolgreich, Fragmente bis zu

10.000 bp können durch die Anwendung spezieller Polymerasen und die Opti-

mierung der spezifischen Reaktionsbedingungen hergestellt werden. Auch die

Herstellung von Fragmenten >10.000 bp ist beschrieben worden.

DNA, die in der PCR eingesetzt wird, kann aus den unterschiedlichsten Quellen

stammen. Es werden nur geringste Mengen an Gewebe, Blut, Speichel oder

Sperma benötigt, um genomische DNA zu amplifizieren. DNA von Erregern kann

Aufgaben 7-15 auch noch in einem großen Hintergrund von Fremd-DNA nachgewiesen werden.

Im Extremfall ist dadurch ein einziger Erreger unter 106 eukaryotischen Zellen

nachweisbar. Der Nachweis der DNA erfolgt normalerweise durch Elektrophorese

in Ethidiumbromid-gefärbten Agarosegelen.

Im vorliegenden Versuch sollen Sie mit Hilfe der PCR Ihr Geschlecht bestimmen.

Dazu soll ein repetitives DNA-Fragment amplifiziert werden, das auf dem Y-

Chromosom liegt und daher nur in „männlicher“ DNA und nicht in „weiblicher“

DNA nachgewiesen werden kann. Da ein repetitives DNA-Fragment (= in

mehreren Kopien vorliegend) amplifiziert wird, reichen 25 Zyklen aus, um

genügend DNA für eine Analyse mittels Agarosegel zu erhalten.

Geräte : Thermocycler BIOZYM PTC 200 Agarosegel-Flachbettkammer, Spannungsgerät Lösungen: PBS 0,1 MNaOH PCR-Mix Endkonzentration: 50 mM KCl; 10mM Tris, pH 8,3; 1,5 mM MgCl2; 0,2 mM dNTP’s; 0,2 µM Primer Y1/Y2; 1 U Taq-Polymerase pro Ansatz. Primer Y1: 5’ TCCACTTTATTCCAGGCCTGTCC 3’ Primer Y2: 5’ TTGAATGGAATGGGAACGAATGG 3’

1) Schnellpräparation von DNA aus Zellen der Mundschleimhaut

• Spülen Sie Ihren Mund mit Leitungswasser aus und verwerfen das Wasser.

• Spülen Sie anschließend den Mund sehr sorgfältig für 10s mit 10ml phos-phatgepufferter physiologischer Kochsalzlösung (PBS) und sammeln die Probe in einem 15ml Zentrifugenröhrchen.

• Zentrifugieren Sie die Zellen 10min. bei 2000 U/min. ab. Ein Zellpellet sollte eindeutig erkennbar sein.

• Gießen Sie den Überstand ab und resuspendieren Sie das Zellpellet mit ca. 10ml PBS.

• Zentrifugieren Sie erneut 10min bei 2000 U/min. Gießen Sie den Überstand ab und ziehen Sie den verbleibenden Überstand mit der Pipette ab.

• Resuspendieren Sie die Zellen mit 100µl 0,1M NaOH und überführen die Suspension in ein 1,5ml Eppendorfgefäß. Verschließen Sie das Gefäß und inkubieren Sie 5min bei 100°C im Heizblock. Lassen Sie das Gefäß kurz

7-16 Nucleinsäuren I

abkühlen und geben Sie 400 µl dest. Wasser dazu. (Vorsicht beim Öffnen, Schutzbrille tragen!)

• Zentrifugieren Sie für 2min in einer Mikrozentrifuge bei voller Geschwin-digkeit.

• Verwenden Sie den Überstand für die PCR.

2) PCR

Pipettieren Sie 20µl des PCR-Mix auf den Boden eines 250µl-PCR-Eppendorf-

gefäßes. (Vorsicht: Das Gefäß ist sehr dünnwandig und leicht zu beschädigen!).

Geben Sie dann 5µl der DNA-Lösung so zu den 20µl PCR-Mix, dass eine ein-

heitliche Lösung entsteht und verschließen Sie vorsichtig das Gefäß (evtl. kurz

zentrifugieren).

Stellen Sie das Gefäß in den Thermocycler. Das Programm wird dann vom

Assistenten gestartet.

Programm (Dauer ca. 70min.):

Start 5min 95 °C

30s 95 °C

25 Zyklen 30s 58 °C

30s 72 °C

Auffüllen 2min 72 °C

3) Agarose-Gelelektrophorese

Die Ansätze werden nach Beendigung der PCR mit 5µl Beladungspuffer ver-

mischt und mit Unterstützung des Assistenten auf ein mit Ethidiumbromid ver-

setztes, 2%iges Agarosegel aufgetragen. Zum Vergleich wird eine positiver und

ein negativer PCR-Ansatz mit aufgetragen. Die Elektrophorese wird bei 90 V

durchgeführt. Nachdem der Farbmarker ca. 1-2 cm ins Gel eingelaufen ist, wird

das Gel zur Dokumentation im UV-Durchlicht fotografiert.

Auswertung

Beschreiben Sie das Ergebnis und diskutieren Sie mögliche Fehler!

Aufgaben 7-17 Übungsaufgaben:

1. Erklären Sie kurz den biochemischen Hintergrund für den Einsatz von Al-

lopurinol bei Gicht.

2. Warum ist der Schmelzpunkt einer GC-reichen DNA höher als der einer AT-

reichen DNA?

3. Berechnen Sie, wieviele Kopien aus einem Molekül doppelsträngiger DNA

nach 25 Zyklen PCR entstanden sind.

4. Berechnen Sie die Schmelztemperatur der im Versuch eingesetzten Primer.

5. Wie viele DNA-Fragmente entstehen bei einem Restriktionsverdau, wenn 3

Erkennungssequenzen vorhanden sind:

a) bei einer zirkulären DNA (Plasmid)

b) bei einem linearen DNA-Fragment?

6. Welche RNA zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an modifizierten Basen

aus?

7. In der DNA-Replikation wird die folgende Sequenz repliziert:

5’ A T T G C CT T G A G 3’.

Geben Sie die komplementäre Sequenz (mit 5’ und 3’ Orientierung) an.

8. Wie ist ein Nukleotid aufgebaut (Bausteine und Anordnung)?

Durch welche Art von chemischer Bindung sind die Nukleotide in Nuklein-

säuren kovalent miteinander verbunden?

Welche C-Atome der Ribose können in Nukleotiden mit einem Phosphatrest

verbunden sein?

9. Nennen Sie die beiden Hauptaufgaben des Pentosephosphat-Shunts.

8-1

Versuch 8: Nukleinsäuren II

Versuche:

Regulation der Gen-Aktivität am Beispiel des lac Operons

DNA-Isolierung

Analyse von Erbkrankheiten am Beispiel der Cystischen Fibrose

Wissensgebiete

DNA-Struktur, Replikation, Gen-Aufbau

RNA-Struktur, Transkription, reverse Transkription

tRNA-Struktur, Ribosomenstruktur

Proteinbiosynthese, Translation

Genetischer Code

Eukaryontische und prokaryontische Transkriptionskontrolle

Mutationen (Wildtyp, konstitutive Mutanten)

Enzym-Induktion und -Repression, Repressormolekül, Induktoren

Bakterienwand-Struktur und Biosynthese

Wirkung von Antibiotika auf Transkription (Rifamycin und Actinomycin) und

Translation (Streptomycin, Chloramphenicol, Tetracycline, Puromycin,

Erythromycin)

8-2 Nukleinsäuren II

I. Regulation der Genaktivität am Beispiel des lac operons

Einführung: Eine fein abgestimmte, sehr komplexe Kontrolle der Transkription bei Eu-

karyonten ermöglicht es, bestimmte Gene sehr selektiv zu exprimieren oder

abzuschalten. Die Mechanismen der Expressionskontrolle bei Prokaryonten sind

sehr viel einfacher, so dass auch reprimierte Gene immer noch eine basale

Expression zeigen. Die Promotoren, die durch die eukaryontische RNA-Poly-

merase II erkannt werden, sind erheblich länger und vielfältiger, als die Pro-

motoren prokaryontischer Gene, ebenso beeinflussen Enhancer und Silencer, die

weit entfernt vom Promotor liegen können, die Expression bei Eukaryonten.

Die Grundmechanismen der Expressionssteuerung ähneln sich aber, da sowohl bei

Eukaryonten, wie auch bei Prokaryonten Proteine selektiv an regulatorische Gen-

Sequenzen binden und so die Geschwindigkeit verändern, mit der die

Transkription initiiert wird.

Das vorliegende Experiment soll an einem einfachen Beispiel demonstrieren,

welche Mechanismen in Bakterienzellen wirksam sind. Sie garantieren, dass die

für den Anabolismus und Katabolismus erforderlichen Enzyme, sowie die zell-

eigenen Bausteine koordiniert und kontrolliert synthetisiert werden.

Die Regulation der Enzymaktivität bei der Synthese von kleinen Molekülen kann

z.B. über den "feed back"-Mechanismus kontrolliert werden. Hier reguliert das

Endprodukt die Aktivität des in einer Folge von Reaktionen am Anfang des

Synthesewegs stehenden allosterischen Enzyms.

↓ Enzym1 Enzym2 Enzym3

A → B → C → D

Induktion des lac Operons 8-3

Die feed-back-Hemmung stellt die Feinregulierung, die Enzymsynthesehemmung

eine Grobregulierung dar. Die Synthese wird über die Mechanismen der Re-

pression und Induktion der Proteinsynthese reguliert.

Die Synthese eines Enzyms kann so gesteuert werden, dass das Endprodukt einer

multienzymatischen Synthese die Synthese des ersten an einer Reaktionssequenz

beteiligten Enzyms und damit aller am Syntheseweg beteiligten Enzyme

unterdrückt. Man nennt dies Repression oder koordinierte Enzym-Repression.

Man findet sie vorwiegend bei der Synthese von Enzymen anabolischer

Reaktionen.

Als Enzym-Induktion bezeichnet man den Mechanismus, der eine beträchtliche

Steigerung der Enzymsynthese nur in Gegenwart des Substrats bewirkt. Hierbei

handelt es sich meist um Enzyme katabolischer Reaktionen. Enzyme, die weder

reprimierbar noch induzierbar sind, sondern ständig synthetisiert werden, nennt

man konstitutive Enzyme.

Die Induktion der Synthese von Enzymen katabolischer Reaktionen soll am

Beispiel des Laktose-Operons von E. coli erläutert werden. Die E. coli-Zelle kann

ihren Energiebedarf durch die Aufnahme vieler C-Quellen aus dem Nährmedium

decken, u.a. durch Laktose und Glukose. Für die Verwertung von Laktose werden

die erforderlichen Enzyme erst synthetisiert, wenn der Zelle β-Galaktoside

angeboten werden. Die β-Galaktosidase, die die Laktose zu Galaktose und

Glukose hydrolysiert, wird damit zu einem wesentlichen Enzym. Wächst E. coli

auf anderen C-Quellen, enthält die Bakterienzelle nur wenige β-Galaktosidase-

Moleküle, auf Laktose wachsend synthetisiert sie dagegen Tausende von

Enzymmolekülen.

β-Galaktosidase (z) ist also ein induzierbares Enzym. Gleichzeitig werden noch

zwei weitere Enzyme synthetisiert: die β-Galaktosid-Permease (y), die für den

Transport durch die Zellmembran erforderlich ist, und die β-Galaktosid-Trans-

acetylase (a), deren physiologische Rolle unbekannt ist (in vitro überträgt sie den

Acetylrest von Acetyl-CoA auf C6 des Thiogalaktosids). Der physiologische

Induktor ist die Allolaktose, die durch Transglycosylierung von Laktose durch die

wenigen vorhandenen β-Galaktosidase-Moleküle synthetisiert wird. Einige

Induktoren sind Induktoren, ohne selbst Substrat der Galaktosidase-Reaktion zu

sein. Ein solcher ist das Isopropylthiogalaktosid (IPTG).

8-4 Nukleinsäuren II

Die Information (Erbanlage) für die Primärstruktur der drei Enzyme der Laktose-

Verwertung (Laktose Operon) ist linear als "cluster" angelegt.

An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass bei Eukaryonten die Gene

in der Regel einzeln angelegt sind und häufig Introns enthalten.

Laktose Operon Regulatorgen Steuerelemente Strukturgene

i p o z y a

Repressor Promotor Operator z: ß-Galaktosidase y: ß-Galaktosid-Permease a: ß-Galaktosid-Transacetylase

Die Information der DNA wird in die mRNA transkribiert. Die mRNA-Synthese

wird durch die RNA-Polymerase katalysiert, die an die Promotor (p)-Region

bindet und die RNA-Synthese startet, wenn der Operator, (o)-Region, frei ist.

Durch ein "Schlüsselprotein", den Repressor, kann der Operator blockiert werden.

Der Repressor ist das Produkt des Regulatorgens (i), der auf einem völlig anderen

DNA-Abschnitt lokalisiert sein kann.

i p o z y a

Bindungsstelle für Induktor

Bindungsstelle für Operator

Repressorprotein (R)

Ribosomen

m-RNS

mRNA

Induktion des lac Operons 8-5

Strukturelemente und Strukturgene stellen hier die funktionelle Einheit, das

Operon, dar. Die am Operon synthetisierte mRNA ist ein polycistronischer (die

Information mehrerer Gene enthaltender) Messenger.

Der Repressor hat zwei spezifische Bindungsstellen, eine für den Operator und

eine für den Induktor.

i p o z y a

Induktormolekül

Wenn Induktormoleküle anwesend sind, binden sie an die Induktorbindungsstelle,

wodurch die Konformation des Repressors verändert wird (allosterisches Protein).

Der Repressor wird frei, die Strukturgene sind nun frei für die Transkription.

Galaktosidase wird gebildet:

i p o z y a

Induktor-Repressor-Komplex

m-RNA

Ribosomen

Enzyme

8-6 Nukleinsäuren II

Die Repression der Synthese von Enzymen anabolischer Reaktionen durch ein

biosynthetisches Endprodukt lässt sich analog erklären. Freie Repressormoleküle

besitzen eine Konformation, die keine Bindung an den Operator erlaubt. Die

Transkription kann stattfinden:

i p o z y a

Repressor (inaktive Form)

Häuft sich das biosynthetische Endprodukt im Medium an, wirkt es als Korepres-

sor, indem es mit dem Repressor komplexiert:

i p o z y a

Korepressor-Repressor-Komplex

Dieser Komplex hat die geeignete Struktur, um an das Operatorgen zu binden. Die

Transkription wird blockiert, die Enzymsynthese reprimiert:

i p o z y a

aktiver Korepressor-Repressor-Komplex

Induktion des lac Operons 8-7

Es gibt also zwei Klassen von Repressor-Molekülen: Die eine ist an der Kontrolle

der Induktion, die andere an der Kontrolle der Repression durch Endprodukte

beteiligt.

Der Beginn der Transkription selbst wird durch ein anderes Protein, das soge-

nannte CAP-Protein (Catabolic Activating Protein) um das zwanzigfache be-

schleunigt. In Form eines cAMP-CAP-Komplexes bindet dieses Protein an die

DNA direkt vor der Anheftungsstelle der RNA-Polymerase. Das Polymerase-

Enzym allein kann offenbar die Startstelle nicht schnell genug binden.

Beim Wildstamm E. coli K12 ist das Enzym induzierbar. Es gibt Mutanten, die

das Enzym β-Galaktosidase auch ohne Induktor ständig bilden. Es handelt sich

hier um eine konstitutive Mutanten (E. coli lac i-o+z+a+) Die Mutation liegt

entweder im Regulatorgen (i-), so dass kein aktiver Repressor gebildet werden

kann, oder im Operatorgen (o) (z.B. E. coli lac i+ocz+a+; oc = constitutiv), so dass

der Operator nicht vom aktiven Repressor blockiert werden kann.

Im folgenden Experiment wird gezeigt, dass die Enzymsynthese der β-Galak-

tosidase im Wildstamm E. coli K12 (W), der normalerweise kaum mehr als ein

Molekül β-Galaktosidase pro Zelle enthält, durch das Galaktosid Isopro-

pylthiogalaktosid (IPTG) induziert wird. Diese Enzymsynthese wird mit der

Synthese in einer konstitutiven Mutante E. coli lac i-o+z+ verglichen.

CH SH3C

H3CC

C

C

C

C

CH2OH

OHH

HHO

HHO

O

H

Isopropylthiogalaktosid (IPTG)

Die Induktion wird mit IPTG als Substrat durchgeführt. Der Nachweis der ge-

steigerten Synthese des Enzyms β-Galaktosidase wird mit einem einfachen,

empfindlichen photometrischen Test mit dem Substrat o-Nitrophenyl-β-Ga-

laktosid (ONPG) geführt, das vom Enzym zu einem farbigen Produkt, o-Ni-

8-8 Nukleinsäuren II

trophenol (ONP), hydrolysiert wird. Das ONP vertieft seine gelbe Farbe (436 nm)

bei alkalischem pH.

O C

C

C

C

C

CH2OH

OHH

HHO

HHO

O

H

NO2 NO2

OH

+ Galactose

ONPgelb

o-Nitrophenyl-ß-galactosid (ONPG)

Geräte: Bakterienwachstumsröhrchen mit Belüftungsvorrichtung Laborwecker Spektralphotometer Glasküvetten Pipetten 10 ml, 5 ml, 2 ml, 1 ml Reagenzgläser 36 Schüttelwasserbad 37 °C Whirlmix

Lösungen: 200 ml von wachsenden Bakterienkulturen:

W: (Wildstamm) E. coli K12

C: (Constitutive Mutante) E. coli (lac i–o+z+)

Beide Kulturen wachsen in synthetischem M9-Medium mit 4⋅10-2 M Glycerin als Kohlenstoffquelle. Titer ca. 3⋅108 Bakterien/ml bei einer OD von 1,0 (623 nm). Medium: Bactotryptone 20g Yeastextrakt 5g NaCl 0,5 g aqua dest. ad 1 l Vor Gebrauch 20 ml 1 M MgSO4 zusetzen BME-Puffer (450 ml H2O, 50 ml 0,25 M Natriumphosphatpuffer pH 7 und 1 ml Mer-

captoethanol) Isopropylthio-β-Galaktosid (IPTG) 0,01 M Na2CO3 1 M

Induktion des lac Operons 8-9

o-Nitrophenyl-β-Galaktosid (ONPG) 0,003 M in 0,25 M Natriumphosphatpuffer pH 7

Toluol in Tropfflaschen

1) Induktion

Ausführung: Zu 6 verschiedenen Zeiten (Tab.: 8-1) sollen den wachsenden Bakterienkulturen

jeweils 2 Proben (2 x Wildstamm, 2 x Constitutive Mutante; je 1 ml) entnommen

werden. Eine Probe dient der Bestimmung der Bakterienzahl, die andere Probe

wird für die Messung der Enzymaktivität benötigt.

Zur Vorbereitung der Aktivitätsbestimmung werden in 12 Reagenzgläser jeweils

1 ml BME-Puffer pipettiert und 1 Tropfen Toluol zugefügt. Die Menge des

zugegebenen Toluols sollte auf einen Tropfen beschränkt sein, andernfalls sind

wegen auftretender Trübungen keine sinnvollen photometrischen Messungen

möglich. Die Reagenzgläser werden mit den Nummern W0-W5 und C0-C5

beschriftet. Zwei Erlenmeyerkolben mit je 200 ml einer Suspension von E. coli,

Stamm W und Stamm C, werden in einem 37 °C warmen Wasserschüttelbad

inkubiert. Nach 15 min. (Zeit: –5, Leerwert) wird vom Assistenten jeweils ein

Aliquot dem Kulturmedium entnommen, von dem Sie dann jeweils 1 ml der

Kulturen W und C in die vorbereiteten Röhrchen W0 und C0 geben, gut mischen

(Whirlmix) und gleichzeitig 1 ml für die Bestimmung der Bakterienzahl ent-

nehmen (siehe I, 2).

Der eigentliche Versuch beginnt dann 20 Minuten nach dem Start der Inkubation.

Wir bezeichnen die zu dieser Zeit (0 Min.) entnommenen Proben als W1 und C1.

Die weitere Entnahme von je 1 ml der Kulturen, das Überführen in die

Reagenzgläser W1-W5 bzw. C1-C5 und die Zugabe von 10 ml Induktorlösung zur

E. coli-Suspension geschieht sofort nach der Entnahme durch den Assistenten,

nach dem Zeitplan der Tabelle 8-1. Beachten Sie bitte, dass zu allen Zeiten

(-5, 0, 5, 10, 20 und 40 Minuten) ebenfalls Proben für den Teilversuch 2

(Bestimmung der Bakteriendichte) entnommen werden müssen!

8-10 Nukleinsäuren II

Tabelle 8-1

min Arbeitsvorgang Glas Nr. -5 1 ml Entnahme und Überführen in Wo Co 0 1 ml Entnahme und Überführen in W1 C1 2 Induktion: 10 ml 0,01 M IPTG zur Kultur W 5 1 ml Entnahme und Überführen in W2 C2 10 1 ml Entnahme und Überführen in W3 C3 20 1 ml Entnahme und Überführen in W4 C4 40 1 ml Entnahme und Überführen in W5 C5

2) Bestimmung der Anzahl der Bakterien der Kulturen W und C

Ausführung: Je 1 ml Kulturmedium wird gleichzeitig zu den Zeiten -5, 0, 5, 10, 20 und 40 min.

entnommen, mit 4 ml H2O verdünnt, und sofort bei 623 nm die optische Dichte

(OD) gemessen (Leerwert: 1 ml M9-Medium + 4 ml H2O). Die Werte werden

graphisch aufgetragen (Protokollheft, Beispiel in Abb.8-1, „Wachstum“). Die

Messung dient zur Bestimmung der Anzahl der Bakterien; OD = 1 entspricht

3⋅108 Bakterien. Die Bedienung der Photometer ist in Versuch 2 beschrieben.

3) Enzymbestimmung:

Ausführung: Alle Reagenzgläser der Tabelle 8-1 werden nach Zugabe der Bakterien kräftig auf

dem Whirlmix geschüttelt. Nach 40 Minuten, wenn in alle Gläser Bakterien

gegeben wurden, gibt man 2 ml 1 M Na2CO3-Lösung in die Reagenzgläser Wo

und Co, um einen Reagenzien-Leerwert zu erhalten.

Dann wird 1 ml ONPG-Lösung der Reihe C0-C5 zugesetzt, kräftig geschüttelt,

und die Uhrzeit der ONPG-Zugabe notiert. Nach 10 Minuten wird hier die

Reaktion durch Zugabe von 2 ml Na2CO3-Lösung in die Gläser C1-C5 gestoppt.

In der Zwischenzeit pipettiert man ebenfalls 1 ml ONPG in die Reagenzgläser

W0-W5. Auch hier wird der Zeitpunkt der ONPG-Zugabe notiert. Nach

Induktion des lac Operons 8-11

60 Minuten wird die Reaktion in den Proben durch Zufügen von 2 ml Na2CO3-

Lösung in die Gläser W1-W5 gestoppt.

Tabelle 8-2

Zeit

Glas- Nr. OD 436 nm U/min

(min) Verd. 1:5

Wildtyp Const. Mut. W. C. W. C. -5 Wo Co

0 W1 C1 5 W2 C2 10 W3 C3 20 W4 C4 40 W5 C5

40 30 20 10 0 -10 0

10

20

U

Zeit (Minuten)

Constitutive Mutante

Wachstum

Wildtyp

Abbildung 8-1: Bestimmung der β-Galaktosidase in den E. coli-Stäm men W und C. Induktion des Enzyms im Wildstamm W durch Zugabe eines β–Galaktosids (IPTG).

8-12 Nukleinsäuren II

Auswertung: Aus allen Reagenzgläsern (W1-W5 und C1-C5) entnimmt man 1 ml und verdünnt,

wenn nötig, mit 4 ml H2O. Die Extinktionen werden bei 436 nm gegen Wo bzw.

Co als Leerwert gemessen. Bitte keine Plastikküvetten benutzen. Das eingesetzte

Toluol greift den Kunststoff an. Eine Extinktion von 0,0075 entspricht der

Hydrolyse von 1 nmol ONPG. (Bedienung des Photometers wie in Versuch 6)

Die Einheit des Enzyms definieren wir hier als diejenige Menge, die 1 nmol

ONPG in 1 min. bei Zimmertemperatur und pH 7 hydrolysiert. Die Einheiten

(U/min) des Enzyms (Abb. 8–1) werden gegen die Zeit aufgetragen.

DNA-Isolierung 8-13

II. DNA-Isolierung

Das gesamte Genom eines Organismus ist in der DNA jeder kernhaltigen Kör-

perzelle als Kopie enthalten. Zur Analyse eines beliebigen Gens kann also DNA

aus leicht zugänglichen Zellen, wie Fibroblasten, Lymphozyten oder

Epithelzellen, herangezogen werden. (Schnellpräparation, mit Proteinen verun-

reinigt, siehe Versuch 7, PCR)

Um eine größere Menge relativ sauberer DNA zu gewinnen, sind einige zusätz-

liche Schritte nötig. Wir wollen hier der Einfachheit halber bakterielle chromo-

somale DNA isolieren. Bakterien enthalten häufig neben der genomischen DNA

noch zusätzlich Plasmide, ringförmige DNA-Moleküle, die z. B. Gene für

Antibiotika-Resistenzen tragen. Da Plasmide leicht künstlich in Bakterien einge-

schleust werden können, werden sie häufig in der rekombinanten DNA-

Technologie eingesetzt (siehe Versuch 7).

Die Zellwände der Bakterien werden zuerst mit Lysozym angedaut und an-

schließend werden die Zellen durch Detergenzien aufgeschlossen. Proteine werden

durch Chloroform denaturiert und durch Zentrifugation abgetrennt.

Material: Glasstab Schliffmesspipette 10 ml UV-Spektrometer Quarz-Küvette Vollpipette 2 ml Wasserbad 37 °C, 60 °C Zentrifugen 2 Zentrifugengläser ein 50 ml-Glas und zwei 10 ml-Gläser

Lösungen: Bakterienkultur 50 ml Chloroform-Isoamylalkohol 24:1 Isopropanol NaCl 0,15 M, enthält 0,1 M Na2EDTA, pH 8,0 Lysozym-Lösung 10 mg/ml NaClO4 3 M Natriumdodecylsulfat-Lösung (SDS) 12,5 %ig

8-14 Nukleinsäuren II

1) Isolierung

Ausführung: Bakterien einer 50 ml-Kultur (stehen bereit) werden in der Zentrifuge 10 min. bei

höchster Umdrehung abzentrifugiert. Der Überstand wird verworfen und die sedi-

mentierten Bakterien in 5 ml 0,15 M NaCl, 0,1 M Na2EDTA suspendiert. 0,5 ml

Lysozymlösung wird hinzugefügt, gut gemischt und 30 min. bei 37 °C inkubiert.

Durch Umschwenken wird die Suspension zwischenzeitlich gemischt. Zur

Vervollständigung der Lysis wird 1 ml 12,5% SDS-Lösung zugefügt und 10 min.

bei 60 °C inkubiert. Schließlich werden 2 ml 3M NaClO4 und 8 ml

Chloroform/Isoamylalkohol (24:1) zugefügt. Es wird gut geschüttelt, die Emulsion

auf 2 Zentrifugenröhrchen verteilt und die Phasen durch 10-minütige Zen-

trifugation getrennt. Anschließend wird die klare obere Phase abgenommen und

unter gelegentlichem Umrühren mit einem Glasstab in 50 ml Isopropanol ge-

gossen. Die DNA fällt aus und kann mit dem Glasstab herausgefischt werden.

Überschüssiges Isopropanol wird durch kurzes Halten in der Luft getrocknet.

2) Konzentrationsbestimmung der DNA

Ausführung: Die DNA wird in 1 ml Wasser gelöst. 0,1 ml davon werden mit 5 ml Wasser

verdünnt und die Absorption in einer Quarzküvette im Spektralphotometer bei

260 nm gemessen. Falls die Extinktion größer als 1 ist, muss die Probe verdünnt

werden. Zur Reinheitsbestimmung wird die Extinktion bei 280 nm gemessen.

Reine DNA hat ein Verhältnis der Extinktionen von E260/E280 von 2. Ein

kleineres Verhältnis zeigt die Verunreinigung mit Proteinen an, die bei 280 nm

absorbieren.

Berechnung der Ausbeute: OD260 = 1 entspricht 50 mg DNA/l

Molekulare Medizin 8-15

III. Analyse von Erbkrankheiten am Beispiel der cysti-schen Fibrose

Die cystische Fibrose ist eine autosomal-rezessive Erbkrankheit der exokrinen

Drüsen und der Schweißdrüsen. Die Krankheit beginnt bereits im Kindesalter.

Primär werden Verdauungs- und Atmungstrakte befallen. Die Hauptsymptome

sind chronische Infektionen des Atmungstrakts, Pankreasinsuffizienz, ausge-

sprochen viskose Schleimsekretionen und eine Empfindlichkeit für Hitzebela-

stung. Jeder 25.-30. ist heterozygoter Träger der Erbanlage, jedes 3000. Neu-

geborene ist erkrankt.

Das bei der cystische Fibrose betroffene Gen ist seit 1989 bekannt und seit dieser

Zeit sind viele Mutationen entdeckt worden, die die Krankheit verursachen. Das

Genprodukt wird als "Cystic Fibrosis Transmembrane-Conductance Regulator"

(CFTR) bezeichnet. Das membranständige Protein (170 kDa) ist an der Regulation

eines Chlorid-Ionenkanals beteiligt. Die Schwere der Erkrankung ist abhängig von

der Lokalisation der Mutation in bestimmten Domänen des Proteins. Neben vielen

transmembranalen Bereichen wurden durch Sequenzvergleiche auch zwei

nukleotidbindende Bereiche postuliert. 70% der Mutationen betreffen eine drei

Basenpaare umfassende Deletion, die einen Verlust des Phenylalanins an Position

508 bewirken (∆F508). Die restlichen 30 % der Mutationen sind über das Gen

verteilt. Für die exakte Bestimmung dieser Mutationen ist es notwendig die

kodierenden Bereiche des Gens, die der mRNA entsprechen, zu sequenzieren. Der

anschließende Vergleich der daraus abgeleiteten Primärstruktur des Proteins mit

der Primärstruktur des Wildtyps ergibt die genaue Lokalisation der Mutation.

Computer und Datenbanken sind wichtige Werkzeuge in der molekularen Medizin

geworden. Am Beispiel der cystischen Fibrose sollen Sie einen Einblick in deren

Einsatz bekommen. Im Zentrum für Angewandte Informatik der Universität zu

Köln (ZAIK) steht das „Wisconsin Sequence Analysis Program“, ein

Sequenzanalyseprogramm, allen Angehörigen der Universität zur Verfügung. Von

allen am UKLAN (Local Area Network der Universität zu Köln) angeschlossenen

Rechnern kann man über das Netz seine Arbeit am gendb-Server durchführen.

Alternativ kann die Analyse auch über das Internet erfolgen. Hier stehen z.B. die

Server am NCBI (National Center for Biotechnology Information, USA oder EBI,

8-16 Nukleinsäuren II

European Bioinformatics Institute, zur Verfügung.

(http://www.ncbi.nlm.nih.gov/blast/blast.cgi oder http://srs.ebi.ac.uk/)

Aufgabe: Die CFTR cDNA-Sequenz eines CF-Patienten (unter der Gruppennummer) wird

Ihnen zur Verfügung gestellt. Diese sollen Sie

1. in die Proteinsequenz translatieren, 2. mit der Sequenz des Wildtyps vergleichen,

die Sie in einer Proteinsequenzdatenbank abgerufen haben und 3. die Art der Mutation angeben.

Durchführung: Nach dem Einloggen in das WindowsNT-System (login liegt aus) des Computers

erscheint ein Auswahlmenü. Mit Hilfe der Maus wählen Sie

Start - Praktikum Biochemie - gendb.

Automatisch wird die Verbindung zum gendb-Server hergestellt. Es wird nach

dem USERNAME (akc37) gefragt. Das PASSWORT wird Ihnen vom Assistenten

mitgeteilt. Nach der Eingabe erscheint die Begrüßungsseite des gendb-Servers

und Sie befinden sich in Ihrem Arbeitsbereich im gendb. Der Rechner ist bereit,

Ihre Anweisungen entgegenzunehmen, wenn in der letzten Zeile folgendes

erscheint:

akc37@campfire%

Alle im folgenden fettgedruckten Befehle werden durch Drücken der RETURN-

Taste abgeschlossen und ausgeführt. Mit dem Befehl:

akc37@campfire% cd 37xx (xx ist Ihre Gruppennummer, 01, 02,

03, usw.)

gelagen Sie in Ihr Arbeitsverzeichnis. Mit:

akc37@campfire% dir

können Sie die vorhandenen Dateien Ihres Arbeitsbereichs auflisten.

Unter dem Namen cftr_gruppex.dna ist in einer Datei die cDNA Sequenz des

CF-Patienten abgespeichert. Die Datei können Sie sich mit den Befehlen:

akc37@campfire% pg cftr_gruppex.dna

Molekulare Medizin 8-17

am Bildschirm anschauen. Bitte notieren Sie sich den Beginn und das Ende der

DNA-Sequenz, die die Proteinsequenz oder einen Teil davon kodieren. Diese wer-

den in einer Zeile:

FT CDS nnn..nnnn

angegeben. Die Zeile ist eine „Feature Table“-Zeile und enthält den Beginn und

das Ende des Protein-kodierenden Bereichs. Diese beiden Zahlen werden Sie noch

für die Translation benötigen. Mit dem Befehl:

akc37@campfire% names swiss:cftr*

suchen Sie dann in einer Proteindatenbank nach dem Wildtyp des CFTR-Gens.

Das Sternchen bedeutet, dass alle Einträge, die in der Swiss-Protein-Datenbank im

Namen die Buchstabeanfolge „cftr“ enthalten, auf dem Bildschirm aufgelistet

werden sollen. Bestätigen Sie die Frage nach dem:

output file (*TERM*)

durch Drücken der RETURN-Taste. Unter dem Eintrag cftr_human ist die

menschliche Proteinsequenz in der SWISS-Proteindatenbank gespeichert. Das

Programm „names“ gibt alle zur Zeit bekannten CFTR-Gene an, auch die anderer

Organismen. Mit:

akc37@campfire% fetch swiss:cftr_human

kopieren Sie dann die Sequenz aus der Datenbank in Ihren Arbeitsbereich. Sie

können sich jetzt den Eintrag mit dem Befehl:

akc37@campfire% pg cftr_human.swnew

anschauen.

Zuerst erscheint eine Literaturliste, dann eine kurze Beschreibung der Krankheit.

Außerdem ist eine Internetadresse angegeben, bei der weitere Informationen

abgerufen werden können. In den Zeilen:

FT VARIANT 13 13 S -> F. usw.

werden einige der fast 900 gefundenen Mutationen angegeben, hier die Serin-

Phenylalanin Substitution (Austausch) in Position 13.

Nun translatieren Sie den kodierenden Bereich der CFTR-cDNA mit:

8-18 Nukleinsäuren II

akc37@campfire% translate cftr_gruppex.dna

die cDNA des CF-Patienten in die entsprechende Proteinsequenz. Die abgefragten

Einstellungen werden ohne Veränderungen durch die RETURN-Taste bestätigt.

Den Anfang und das Ende der Translation geben Sie entsprechend Ihrer Notizen

(s.o.) an. Als cftr_gruppex.pep wird die Proteinsequenz des Patienten

abgespeichert.

Mit dem Befehl:

akc37@campfire% pg cftr_gruppex.pep

kann die CFTR-Sequenz des Patienten angesehen werden.

Diese Sequenz wird mit Hilfe des Programms bestfit mit der Sequenz des

Wildtyps verglichen.

akc37@campfire%

bestfit cftr_human.swnew cftr_gruppex.pep

Die abgefragten Einstellungen werden wieder mit der RETURN-Taste bestätigt. Das

Vergleichsergebnis wird als cftr_human.pair-Datei abgelegt. Schauen Sie sich

die Datei an:

akc37@campfire% pg cftr_human.pair

Mit dem Befehl:

akc37@campfire% lpr –P cipm1ps cftr_human.pair

kann die Datei gedruckt und im Protokollheft abgeheftet werden. Die Sitzung

beenden Sie mit:

akc37@campfire% exit

Aufgabe:

Bitte markieren Sie die Mutationsstelle und geben die Art der Mutation an. Be-

nutzen Sie den genetischen Code und schlagen mögliche Basenaustausche vor.

Aufgaben 8-19

Übungsaufgaben:

1. Durch welchen Mechanismus kann ein einziges Gen die Expression von Proteinen unterschiedlicher Größe bewirken?

2. Woran binden Transkriptionsfaktoren? Was bewirken sie?

3. Durch welche strukturelle Komponente eines Proteins wird festgelegt, ob es sezerniert wird?

4. Geben Sie Mechanismen an, die der Entstehung der Antikörpervariabilität zugrundeliegen.

5. Zeichnen Sie auf DNA-Ebene drei prinzipiell unterschiedliche Beispiele für eine Mutation.

6. Formulieren Sie eine aus 6 Nukleotidpaaren bestehende Palindromstruktur.

7. Geben Sie Beispiele für folgende Mutationen an: Substitution, Deletion und Insertion.

8. Wie beeinflusst Penicillin den Metabolismus von Escherichia coli?