anna Superhenne hanna -...

16
S UPERHENNE HANNA Felix Mitterer

Transcript of anna Superhenne hanna -...

Page 1: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

Superhenne hanna

Felix Mitterer

Hanna ist ein Superhuhn. Sie ist neunundneunzig Jahre alt und kann nicht nur

sprechen, sondern auch schreiben.Sie ist nämlich blitzgescheit.

Eines Tages erfährt sie, dass ihre Schwestern in großen Hühnerfabriken, sogenannten

Legebatterien, leben müssen. Mit Hilfe der Kinder Sebastian und Theresa fasst sie einen aufregenden Plan, um die Legehennen aus ihrem Gefängnis zu

befreien. Mit von der Partie ist der Fuchs Bartholomäus, der einen so riesigen Respekt vor

Hanna hat, dass er sogar seinen Appetit auf zartes Hühnerfleisch vergisst, wenn er sie trifft.

Vom Ausgang des Abenteuers und davon, wo leider heutzutage die meisten Frühstückseier

herkommen, erzählt diese Geschichte, die aufgenommen wurde in die Ehrenliste zum

Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis.

Felix

Mit

tere

rS

upe

rhen

ne

ha

nn

a

www.ggverlag.at

ISBN 978-3-7074-2190-3

€ 12

,95

Page 2: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

Felix Mitterer

Superhenne Hanna

Page 3: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

Ehrenliste zum ÖsterreichischenKinder- und Jugendbuchpreis

www.ggverlag.at

ISBN 978-3-7074-2190-3

In der aktuell gültigen Rechtschreibung

29. Auflage 2018

Umschlagillustration: Michael SchoberInnenillustration: Helga MeinhartSatz: grafik design jeannette pobst, WienGesamtherstellung: Imprint, Ljubljana

© 2003 G&G Verlagsgesellschaft mbH, Wien

Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch die des auszugs weisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe sowie der Einspeicherung und Ver-arbeitung in elektronische Systeme, gesetzlich verboten. Aus Umweltschutzgründen wurde dieses Buch auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.

Page 4: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

Elf Kapitel, und was darin geschieht

  1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt und vom Leben auf  dem Hof berichtet 

  2. Kapitel, in dem Hanna eine furchtbare Entdeckung macht

  3. Kapitel, in dem Hanna die eingesperrten Hühner besucht und ihnen von der Welt erzählt 

  4. Kapitel,  in  dem  Hanna  einen  Leserbrief  an  die  Tages­zeitung schreibt und eine bittere Erfahrung macht

  5. Kapitel, in dem Hanna den Landwirtschaftspräsidenten sowie  den  Klotzinger  trifft  und  es  sich  erweist,  dass  beide  ein  Herz und eine Seele sind

  6. Kapitel,  in  dem  Hanna  mit  Hilfe  ihrer  Freunde  die  eingesperrten Hühner befreit

  7. Kapitel, in dem Hanna die Hühner ins Gebirge führt

  8. Kapitel,  in dem Hanna dem Klotzinger  ihre Bedingun­ gen stellt 

  9. Kapitel,  in  dem  Hanna  mit  Hilfe  des  Bauern  und  der  Kinder den Hühnern Futter bringt, wobei fast etwas schiefgeht

10. Kapitel, in dem Hanna die Hühner dem Klotzinger wieder zurückbringt und dann eine böse Überraschung erlebt

11. Kapitel, in dem Hanna berichtet, was weiter geschah, und dann noch einige Zukunftspläne wälzt

7

 18

30 

59

 74

  

86

 99

105

 115

 129

 146

00Superhanna.indd 5 20.12.2007 12:55:25 Uhr

Page 5: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

Ein paar Wörter, die vielleicht nicht gleich jeder versteht

(einige davon sind vor allem im Süddeutschen und Österreichischen gebräuchlich)

die Batteriehaltung ist eine Art der Tierhaltung. Sie hat nichts mit Elektrizität zu tun. Ihr Name kommt von der Bedeutung des Wortes „Batterie“, nämlich: enge Aneinanderreihung von gleichen Gegenständen – hier: von Käfigen – zu einer festen Einheit. Was man von der Batteriehaltung zu halten hat – davon handelt dieses Buch.

das Brathendl, süddeutsche und österreichische Bezeichnung für Brat-huhn.

damisch, närrisch, blöde, dämlich; auch: schwindlig (südd. und österr.).

die Etage (etasche), Stockwerk, Geschoss.

gell, auch: gelt, gelle, bedeutet „nicht wahr“; der Sprechende fordert damit seinen Zuhörer auf, ihm zuzustimmen.

Habedieehre, eigentlich: Ich habe die Ehre; ein altmodischer, hier scherzhaft gebrauchter Gruß.

hektisch, aufgeregt, fieberhaft, gehetzt.

hygienisch, den Regeln der Sauberkeit entsprechend.

der Kannibalismus, Menschenfresserei; das Wort wird auch angewendet, wenn Tiere ihre Artgenossen fressen.

Kruzinesneininochamol!, Ausruf, etwa wie: Donnerwetter!

raffiniert, durchtrieben, schlau, gerissen.

reagieren, auf einen bestimmten Anlass hin – z. B. ein Lichtzeichen, eine Tat – etwas tun, antworten.

rentabel, vorteilhaft, einträglich, Gewinn bringend.

robust, widerstandsfähig.

die Bezeichnung Roma wird vielfach als Überbegriff für Sinti und Roma verwendet, ein Volk, das viele unter dem Namen „Zigeuner“ kennen. Die meisten Angehörigen dieses Volkes möchten so nicht genannt werden. Die Sinti und Roma wurden in Europa jahrhundertelang verfolgt, das Schlimmste war der Völkermord während der NS–Zeit.

zerpecken, zu kleinen Stücken picken (südd. und österr.).

00Superhanna.indd 6 20.12.2007 12:55:26 Uhr

Page 6: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

7

Personenbeschreibung:Name: HannaArt: Lauf- und ScharrtierAlter: ungefähr 99Geschlecht: weiblichGröße: 24 cmGewicht: 1,2 kgBesondere Kennzeichen: rotes Federkleid, ein Holz-bein (dies aber erst seit kurzem)

Ich bin eine Henne. Ja, eine Henne! Ein Huhn.Ein Huhn kann kein Buch schreiben? Normaler-

weise nicht, das stimmt. Aber ich bin eben keinenormale Henne. Ich bin sogar eine ziemlich außer-gewöhnliche Henne! Ich kann noch viel mehr, alsein Buch schreiben. Obwohl – ganz so einfach ist es

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 7

Page 7: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

natürlich nicht für mich, mit einer Schreibmaschinezu arbeiten. Versucht doch einmal mit einem Holz-bein auf der Maschine zu tippen! Das strengt ganzschön an, mein lieber Schwan!

Ich lebe auf einem kleinen Bergbauernhof, zu-sammen mit sehr lieben Menschen.

Weil der Hof allein nicht genug einbringt, mussder Bauer nebenbei als LKW-Fahrer in einemSchotterwerk arbeiten. Der Besitzer des Schotter-werkes ist der Bauunternehmer Klotzinger.

Wenn der Bauer nicht da ist, muss die Bäuerinden ganzen Hof in Schwung halten. Es gibt zwarvier Kinder, aber zwei davon sind schon weggezo-gen. Robert arbeitet im Ausland als Holzfäller undkommt nur selten heim. Und Hans hat ins Nachbar-dorf geheiratet und sich dort eine Fremdenpensiongebaut. Er ist Maurer, im Winter ist er Schilehrer.

Als die beiden weggingen, war der Bauer sehrtraurig. Sie sagten zu ihm, sie seien nicht interes-siert am Hof, denn der werfe nicht genug ab.

Die ganze Hoffnung des Bauern ist jetzt Sebas-tian. Er ist elf Jahre alt, aber auch er muss schonauf dem Hof mithelfen. Er füttert die Tiere undmistet den Stall aus.

Dann ist da noch Theresa, neun Jahre alt. Siefüttert uns Hühner und hilft der Mutter in derKüche.

8

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 8

Page 8: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

An Tieren sind auf dem Hof zurzeit acht Milch-kühe, drei Kälber, sechs Schweine, vierzehn Hüh-ner und ein Hahn.

Wir Hühner wohnen im Sommer in einem Stallneben den Schweinen. Das ist ein sehr gemütlicherRaum mit Strohnestern und hölzernen Stangen, aufdenen wir sitzen können. In der Mauer befindetsich ein Schlupfloch, durch das wir aus- und einge-hen dürfen, wie wir wollen. Nur in der Nacht wirddas Loch verschlossen. Das geschieht, damit derFuchs Bartholomäus nicht hereinkann. Es wäreaber gar nicht nötig. Der Bartholomäus – ich nenneihn Bartl – hat nämlich riesigen Respekt vor mir.Ich habe ihn einmal ordentlich verhauen, als er einHuhn verschleppen wollte. Aber es ist halt so üb-lich, dass das Loch am Abend geschlossen wird,und es stört uns nicht.

Im Winter wohnen wir in einer geräumigenSteige in der Küche, weil auch wir Hühner es ganzgern warm haben.

Zum Spazierengehen steht uns natürlich derganze Hof zur Verfügung. Oberhalb des Hauseshalten wir uns besonders oft auf, denn dort bestehtder Boden aus wunderbarem, feinem Sand. Und es gibt nichts Herrlicheres, als in diesem Sand zubaden, wenn er von der Sonne angenehm erwärmtist.

9

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 9

Page 9: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

Mit dem Essen sind wir auch zufrieden. Wir be-kommen Mais und Speiseabfälle, picken Gras undalle möglichen Körner. Ab und zu gelingt es unsauch, einen Regenwurm zu erbeuten.

Jede meiner Schwestern hat ihren Speziallege-platz. Sie legen ihre Eier in die Scheune, in denStall, in die Holzhütte, dorthin eben, wo sie eingemütliches, gepolstertes Plätzchen wissen. Wennsie dann das Ei gelegt haben, kommen sie aufgeregtgackernd hervor und teilen den anderen voll Stolzdie überraschende Neuigkeit mit, dass sie ein ganzbesonders schönes und besonders großes Ei gelegthaben.

Den Kindern macht das Einsammeln der Eierviel Spaß. Sie kennen zwar alle Legeplätze, aberTheresa und Sebastian richten abwechselnd wiederirgendwo ein neues Strohnest ein und das wird so-fort von einer meiner Schwestern in Beschlag ge-nommen. Wenn Sebastian ein neues Nest gemachthat, muss Theresa es suchen und umgekehrt. Dasist dann jedes Mal wie Ostern.

Ich selbst lege schon lange keine Eier mehr. Naja, kein Wunder, ich bin ja auch schon ziemlich be-tagt. Ein Huhn wird normalerweise fünf bis sechsJahre alt, wenn man es nicht vorher schlachtet. Ichaber habe fast hundert Jahre auf dem Buckel. Lei-der ist aus diesem Grund mein Gedächtnis schon

10

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 10

Page 10: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 11

Page 11: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

ein bisschen schwach und an meine Kindheit kannich mich nicht mehr gut erinnern.

Der Großvater – er lebt nicht mehr – erzählteuns jedenfalls, dass ich schon da war, als er zurWelt kam. Sein Vater, sagte er, habe mich eines Ta-ges von einer Roma-Familie geschenkt bekommen,die gegen Beginn des vorigen Jahrhunderts ins Dorfkam.

Diese Leute zogen als Kesselflicker, Scheren-schleifer und Korbflechter durchs Land und han-delten auch mit bunten Tüchern. Die Dorfbewoh-ner hatten gehört, dass die Roma alles stehlenwürden, was nicht niet- und nagelfest ist. Sie woll-ten die Fremden daher wegjagen. Der Urgroßvateraber glaubte nicht daran. Er lud sie ein, in derScheune zu schlafen und im Stall das Pferd einzu-stellen, das ihren Wagen zog.

Die Roma sollen sehr nette Leute gewesen sein.Sie zündeten am Abend hinter dem Hof ein Feueran, die Bauersleute setzten sich drumherum zu ih-nen ans Feuer und die Fremden spielten auf ihrenGeigen und sangen und tanzten, dass es eineFreude war. Sie blieben eine ganze Woche lang undhalfen dem Urgroßvater bei der Heuarbeit. Als sieweiterzogen, schenkten sie dem Bauern ein paarKörbe und der Bäuerin ein wunderschönes Kopf-tuch und eine junge, brandrote Henne. In gebro-

12

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 12

Page 12: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

chenem Deutsch versicherte die Älteste der Romader Bäuerin, dass die Henne im Tag mindestensfünf Eier legen würde, und auch sonst ein sehr un-gewöhnliches Tier sei.

Diese rote Henne war ich und ich legte tatsäch-lich fünf große, wohlschmeckende Eier im Tag,viele Jahre lang.

Das war eine erstaunliche Leistung. Aber wasich sonst noch konnte, erstaunte die Bauersleutenoch viel mehr. Ich konnte damals schon einigeSätze sprechen. Zuerst allerdings nur in der Spra-che der Roma. Doch sehr schnell lernte ich auchden deutschen Dialekt, der in unserem Tal ge-bräuchlich ist.

Ich verstand aber nicht nur die menschlicheSprache, sondern auch die aller Tiere. Und das,ohne mich erst darin üben zu müssen. Auf Anhiebverstand ich sie alle, ob Kuh, Schaf, Ziege oderSchwein.

Ja, und die Kunst des Fliegens beherrschte ichvorzüglich wie eine Wildente. An sich könnenHühner ja nicht fliegen. Es gelingt ihnen höchstens,ein paar Meter durch die Luft zu flattern, aber fürlängere Flüge ist der Körper zu schwer und sind dieFlügel zu schwach.

Ich musste allerdings mit dem Fliegen sehr vor-sichtig sein, weil man immer wieder einmal ver-

13

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 13

Page 13: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

suchte mich abzuschießen. Einmal wurde ich sogaram linken Flügel getroffen und kam nur mit Mühund Not nach Hause zurück. Es war ja kein Wun-der, dass die Bauernburschen auf mich schossen.Die erblickten hoch oben in der Luft einen rotenVogel und wollten das seltene Tier erlegen. Dassich eine Henne bin, sieht man aus dieser Entfer-nung nicht.

Heute fliege ich nur noch selten. Mein Altermacht sich halt doch schon bemerkbar und dasHolzbein ist auch sehr unbequem.

Ich habe meine ungewöhnlichen Fähigkeiten vorfremden Menschen stets geheim gehalten. Wirwollten ja unsere Ruhe haben – die Bauersleuteund ich. Wenn Besuch auf den Hof kam, versteckteich mich einfach. Mein rotes Federkleid allein ist jaschon auffallend genug.

Mit meinen Schwestern habe ich mich immer gutverstanden. Nur die Hähne – ja, die Hähne! Der-zeit haben wir den Hahn Alex. Der ist ein lieberKerl, nur ein bisschen dumm und meistens wütendauf mich.

Ich habe in meinem Leben schon viele Hähne ge-kannt und alle waren sie meistens wütend aufmich. Wahrscheinlich störte es sie, dass ich diemenschliche Sprache beherrsche, und deshalb einbisschen bevorzugt werde. Ich halte mich ja sehr

14

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 14

Page 14: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

viel in der Stube bei den Bauersleuten auf. Wir be-reden alles Mögliche und ich werde von ihnen so-zusagen als ihresgleichen behandelt. Das mögen dieHähne nicht. Alle haben versucht mir einzureden,mein Platz sei im Hühnerstall und nirgendwosonst. Alle haben gemeint, weil sie Hähne sind,seien sie die Herren und die Hühner müssten ma-chen, was der Herr befiehlt. Das ist bei uns abernicht so. Die Hühner betrachten mich als Anführe-rin und der Hahn hat überhaupt nichts zu sagen. Erdarf nur täglich einmal auf jede hinaufhüpfen, siemit dem Schnabel beim Kamm fassen und sie lie-ben. Das ist alles. In den übrigen Dingen haltensich die Hühner an mich.

Jeder Hahn, der auf den Hof kam, hat anfangsversucht mich unterzukriegen. Jeder dachte: Na,die werde ich einmal ordentlich verprügeln, dannpariert sie schon! Das ist aber bisher noch keinemgelungen. Blutend und zerrupft mussten sie wiederabziehen. Wer meine scharfen Krallen einmal ge-spürt hat, vergisst das nie! Schließlich haben sichaber alle daran gewöhnt, dass nicht sie der Herr imHause sind, sondern ich. Es hat auch nichtsgenützt, dass manche versucht haben, die anderenHühner gegen mich aufzuhetzen.

Einmal war ein besonders hübscher junger Hahnbei uns, der hielt sich für den größten Frauenhelden

15

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 15

Page 15: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

des ganzen Tales. Zuerst war er zärtlich, dann sagteer: „Aber glaub ja nicht, dass du eine Ausnahme-stellung hier hast. Ich verlange unbedingten Gehor-sam! Und wenn du nicht spurst, dann zerhack ichdich, dass dir Hören und Sehen vergeht!“

Daraufhin habe ich ihm sämtliche Federn ausge-rupft und er hat sich so geschämt, dass er in denWald lief, und nicht mehr zurückkehrte.

Der Hahn Alex, der jetzt bei uns ist, hat einen sogenannten Krähkomplex. Der kräht den ganzenTag. Manchmal schmeißt der Bauer einen Steinnach ihm, wenn Alex gar nicht mehr aufhört. DerGrund für den Krähkomplex des armen Alex istfolgender: Vor einiger Zeit sagte Sebastian zu mir,er habe in der Zeitung gelesen, dass es in Amerikaeinen Hahn gibt, der den absoluten Weltrekord im Krähen hält. Der sei im Stande, zweihundert-vierunddreißigmal hintereinander zu krähen. Icherzählte das so nebenbei dem Alex und daraufhintrainierte er Tag für Tag ganz verbissen, um diesenWeltrekord zu brechen. Aber er brachte es aufhöchstens achtundfünfzig Kikeriki hintereinander.Durch die dauernde Kräherei wurde er schließlichso heiser, dass er nur noch ein armseliges Krächzenherausbrachte. Ich musste sehr lachen, als er einesMorgens auf dem Misthaufen stand, den Kopfreckte und Laute von sich gab wie ein Rabe.

16

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 16

Page 16: anna Superhenne hanna - downloads.ggverlag.atdownloads.ggverlag.at/gug/978-3-7074-0167-7_leseprobe.pdf · Elf Kapitel, und was darin geschieht 1. Kapitel, in dem Hanna sich vorstellt

Da machte ich mir einen Spaß, stellte mich ne-ben ihn und krähte mindestens dreihundertmalhintereinander. Alle Hühner rannten herbei undrissen vor Staunen die Schnäbel auf. Auch dieLeute schauten lachend aus den Fenstern und The-resa und Sebastian waren begeistert.

Alex war zuerst starr vor Verblüffung, blicktemich dann giftig an und kehrte vollkommen nie-dergeschlagen in den Stall zurück. Dabei schimpfteer ununterbrochen vor sich hin: „Eine Henne, diekräht! Eine Henne, die kräht! Das ist doch einSkandal! Wo gibts denn so was?! Jetzt kräht dieauch noch! Wozu bin ich denn überhaupt da? EineSauerei ist das!“ Er war dermaßen verärgert, dasser wochenlang nicht mehr krähte, und auch seineLiebesdienste arg vernachlässigte.

17

01Superhanna 19.01.2007 13:25 Uhr Seite 17