Anne Frank hier & heute · Robert Frank 7.10.1886, Frankfurt am Main 23.5.1953, London ∞...

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Anne Frank . hier & heute DAS AUSSTELLUNGSMAGAZIN Anne Frank Zentrum in Berlin Annes Gedanken heute Spuren der Geschichte Anne Frank – ein Mädchen aus Deutschland

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Anne Frank. hier & heuteDas ausstellungsmagazin

Anne Frank Zentrum in Berlin

Annes Gedanken heute

Spuren der Geschichte

Anne Frank – ein Mädchen aus Deutschland

anne Frank zentrum in Berlin

Uns interessiert, wie dir die Ausstellung gefallen hat. Was war gut, was könnten wir besser machen? Hast du Fragen an uns? Schreib uns eine E-Mail an [email protected]

Unser Team begleitet junge Menschen durch die Ausstellung.

Das Anne Frank Zentrum befindet sich in Berlin-Mitte, direkt neben den Hackeschen Höfen.

Wir gehen der Frage nach, welche Bedeutung Annes Tagebuch für uns heute hat.

Wir erinnern an Annes Leben und ihre Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten.

Wir erkunden auch Spuren jüdischen Lebens rund um den Hackeschen Markt.

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anne Frank – ein mädchen aus Deutschland

„Mein Vater, der liebste Schatz von ei-nem Vater, den ich je getroffen habe, heiratete erst mit 36 Jahren meine Mut-ter, die damals 25 war. Meine Schwester Margot wurde 1926 in Frankfurt am Main geboren, in Deutschland. Am 12. Juni 1929 folgte ich.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 20. Juni 1942

Anne stammte aus einer jüdischen Familie.

Annes Vater diente im Ersten Weltkrieg der deutschen Armee als Offizier.

Es gibt viele Fotos von Anne, aber kein einziges von ihrer Tante Bettina.

Anne hatte zwei Cousins, von denen einer heute noch lebt.

Zum 13. Geburtstag bekam Anne ein Tagebuch geschenkt.

Anne Frank

Abraham Holländer27.10.1860, Eschweiler

19.1.1928, Aachen

Julius Holländer11.12.1894, Eschweiler

4.10.1967, New York

Walter Holländer6.2.1897, Aachen

19.9.1968, New York

Bettina Holländer22.5.1898, Aachen22.9.1914, Aachen

Edith Holländer16.1.1900, Aachen

6.1.1945, Auschwitz

Erich Elias6.11.1890, Zweibrücken

2.10.1984, Basel

Michael Frank9.10.1851, Landau

17.9.1909, Frankfurt am Main

Alice Betty Stern20.12.1865, Frankfurt am Main

20.3.1953, Basel

Robert Frank7.10.1886, Frankfurt am Main

23.5.1953, London∞ Charlotte Witt

Herbert Frank13.10.1891, Frankfurt am Main

20.3.1987, Basel

Helene Frank 8.9.1893, Frankfurt am Main

2.10.1986, Basel

Stephan Elias20.12.1921, Frankfurt am Main

24.8.1980, Basel

Buddy Elias2.6.1925, Frankfurt am Main

Otto Heinrich Frank12.5.1889, Frankfurt am Main

19.8.1980, Basel

Margot Betty Frank16.3.1926, Frankfurt am Main

März 1945, Bergen-Belsen

Annelies Marie Frank12.6.1929, Frankfurt am Main

März 1945, Bergen-Belsen

Rosa Stern25.12.1866, Schwalbach29.1.1942, Amsterdam

Annes Stammbaum

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Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 geboren. Ihr Vater knipste dieses Foto einen Tag später im Krankenhaus.

Aufmarsch von Mitgliedern der Berliner SA beim Reichspar-teitag der NSDAP in Nürnberg, August 1929.

Arbeitslose stehen Schlange vor dem Arbeitsamt in Hannover, um 1930. An der Wand steht „Wählt Hitler“.

Adolf Hitler und ein kleiner Junge in SA-Uniform in Braunschweig, Oktober 1931.

Anne und ihre Mutter, 1931.Margots erster Schultag, 1932.

„Annelies Marie, geb. 12. Juni 1929 7.30 morgens, 8 1/4 Pfund schwer – 54 cm lang. Am 14. Juni kommen Mutter und Margot das Schwesterchen besuchen. Margot ist ganz begeistert. Am 24. Juni nach Hause.“

Edith Frank-Holländer in Annes Babybuch

Deutschland befand sich in Schwierigkeiten. Das Land hatte den Ersten Weltkrieg verloren und wurde 1929 durch die weltweite Wirtschaftskrise hart getroffen. Adolf Hitler und die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) gaben den Juden die Schuld an allen Problemen. Sie behaupteten, wenn es keine Juden mehr im Land gäbe, würden die Probleme von allein verschwinden und das Land hätte wieder eine glänzende Zukunft. Da in großen Teilen der Gesell-schaft bereits eine antisemitische Stimmung herrsch-te, glaubten ihnen viele Deutsche und unterstützten sie in ihren Zielen.

1929 1930 1931

Antisemitismus bezeichnet die Feindschaft einzelner Menschen oder ganzer Gesellschaften gegen Juden. Er beruht auf althergebrachten, teilweise von der Kirche verbreiteten antijüdischen Klischees. Diese Klischees sagen nichts über das Leben oder die Eigenschaften von Jüdinnen und Juden aus. Sie zeigen lediglich ein von Antisemiten zu einem bestimmten Zweck gezeichnetes Bild. Der nationalsozialisti-sche Antisemitismus führte zur massenhaften Ermordung von Jüdinnen und Juden.

1. Zu welchen Anlässen wurden von dir als Kind Fotos gemacht?

2. Welche Fotos sind für dein Leben wichtig?

3. Was hat sich in der Fotografie zwischen damals und heute verändert? Was ist gleich geblieben?

Annes Kindheit

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Am 10. März 1933 erledigt die Familie Frank Einkäufe in Frankfurt. Es ist das letzte Foto der Familie vor der Emigra-tion nach Amsterdam.

Eine Kundgebung der „Eisernen Front“ gegen die Nazis im Berliner Lustgarten, 6. März 1932.

Der Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933. Ein SA- und ein SS-Mann vor einem Modegeschäft in Berlin.

Erstklässlerinnen verabschieden sich vom Rektor und der Lehrerin mit dem „Deutschen Gruß“, Schuljahr 1933 /1934.

Ein Klassenfoto von Anne in der Montessorischule, 1934.

Im Januar 1933 kamen Hitler und seine Partei an die Macht. Deutschland verwandelte sich in eine Diktatur. Viele Tausend politische Gegner wurden in Konzentra-tionslager gesperrt, gefoltert und ermordet. Aber auch für andere Gruppen war laut der Ideologie der Natio-nalsozialisten (Nazis) kein Platz mehr in Deutschland. Die jüdische Bevölkerung wurde Opfer zunehmender Diskriminierung. Im April 1933 riefen die Nazis zu einem Boykott jüdischer Anwälte, Ärzte und Geschäfte auf. Sie hinderten die Menschen daran, Läden zu betreten, die Juden gehörten. Die Regierung verabschiedete kurz danach ein Gesetz, um jüdische Beamte zu entlassen.

„Das Leben in Holland war nach den Erfahrungen in Nazi-Deutschland wieder unser eigenes Leben. Da gingen unsere Kinder in die Schule, und da ver- lief unser Leben wieder völlig normal, wenigstens zu Beginn. Wir konnten damals einen Neubeginn wagen und uns frei fühlen.“

Otto Frank in einem Interview im Basler Magazin, 24. Februar 1979

1933 1934

1933 emigrierte die Familie Frank wegen der Wirtschaftskrise und der Machtübernahme durch Hitler und seine Partei nach Amsterdam.

Otto Frank gründete eine Firma, die Opekta verkaufte. Das ist ein Geliermittel, mit dem Hausfrauen selbst Marmelade herstellen konnten.

Die Familie Frank fand eine Wohnung in einem Neubaugebiet am Merwedeplein.

Anne wurde 1934 eingeschult. Die Schule war nicht weit von der Wohnung entfernt.

Die Nazis setzten ihr antisemitisches Weltbild auch in den Schulen durch, indem sie entsprechende Gesetze und Verordnungen erließen.

1. Betrachte das Bild unten rechts. Wie hat sich der Schulalltag für nicht jüdische Kinder verändert?

2. Betrachte das Klassenfoto von Anne Frank und schreibe Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu deiner Klasse auf!

3. Immer mehr Kinder und Jugendliche traten der Hitlerjugend bei, der Jugendorganisation der NSDAP. Welche Gründe könnten sie dafür gehabt haben?

Anne Frank

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Anne Frank während eines Urlaubs in Sils-Maria (Schweiz), 1935.

Die Familienmitglieder in Basel (Schweiz), 1936. Von links nach rechts: Großmutter Frank, Buddy Elias, Stephan Elias, Leni Frank-Elias und Erich Elias.

Anne mit ihren Freundinnen im Sandkasten, Juli 1937. Von links nach rechts: Hanneli Goslar, Anne, Dolly Citroen, Hannah Toby, Barbara und Sanne Ledermann.

Plakat der Hitlerjugend, um 1939.

Die Olympische Flamme wird durch das Brandenburger Tor getragen, 1. August 1936.„Juden sind hier unerwünscht!“ Ein Transparent

in Rosenheim, 1935.

„Wenn auch das Einleben schwer ist, Hauptsache bleibt doch die Existenzfrage, und die wird leider in Holland immer schwerer. [...] Leider sind wir geschäftlich nicht zufrieden und müssen etwas dazu bekommen, vielleicht ziehen auch wir weiter.“

Edith Frank in einem Brief an Freunde in Buenos Aires (Argentinien), 24. Dezember 1937

Im September 1935 wurden während des Reichspar-teitages der NSDAP in Nürnberg Gesetze verabschiedet, die Jüdinnen und Juden weiter diskriminierten und entrechteten. Sie mussten sich registrieren lassen, und Eheschließungen zwischen Juden und Nichtjuden waren verboten. Es gelang den Nazis, die Juden von der übrigen Bevölkerung weitgehend zu isolieren. Künftig waren sie Bürger zweiter Klasse. Neben den Juden wollten sie auch andere Gruppen aus der Gesellschaft ausschließen: zum Beispiel Sinti und Roma, Homosexuelle, Behinderte oder Menschen mit anderer Hautfarbe. Auch sie wurden verfolgt und viele von ihnen ermordet.

1. Das Ehepaar Frank beschloss 1933, mit den beiden Töchtern in die Niederlande zu emigrieren. Was ließ die Familie Frank zurück?

2. Besonders Edith fiel das Leben in Amsterdam schwer. Was denkst du: Warum war es für Anne und Margot leichter, sich in der neuen Umgebung einzuleben?

3. Nicht alle Jüdinnen und Juden verließen Deutschland. Was könnte deiner Meinung nach sie davon abgehalten haben?

1. Neben den Nürnberger Gesetzen wurden fast 2000 Gesetze und Verordnungen erlassen, die die Rechte der jüdischen Bürger einschränkten. Welche antijüdischen Gesetze fallen dir ein?

2. Überlege anhand eines Beispiels: Welches Ziel verfolgten die Nazis mit diesem Gesetz?

3. Welche Auswirkung hatte dieses Gesetz auf das Leben von Jüdinnen und Juden?

1935 1936 1937

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Anne in Amsterdam

Margot, Anne und Großmutter Holländer am Strand im Juli 1939.

Im August 1940 verbrachte Anne einige Tage bei Freunden ihrer Eltern in der Nähe von Amsterdam.

Am 1. September 1939 griffen deutsche Truppen Polen an.

Der Einzug deutscher Truppen 1940 nahe dem Merwede-plein in Amsterdam, wo die Familie Frank wohnte. Auf dem Foto ist zu sehen, dass niederländische Nazis ihre Freude mit dem Hitlergruß zum Ausdruck brachten.

Miep Santrouschitz im Büro von Opekta, 1938.

Die brennende Synagoge in Rostock am 10. November 1938.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüste ten Mitglieder und Anhänger der NSDAP Tausende von Synagogen, Läden und Wohnungen von Jüdinnen und Juden in Deutschland und Österreich. Ungefähr 400 jüdische Menschen wurden ermordet und mehr als 30.000 verhaftet und im Konzentrationslager gebracht. Nach diesem verharmlosend als „Kristall-nacht“ bezeichneten Pogrom wollten Tausende Juden Deutschland so schnell wie möglich verlassen. Doch viele Länder schlossen ihre Grenzen für Flüchtlinge. Bis 1939 gelang ungefähr der Hälfte aller jüdischen Einwohner (ca. 300.000 von 600.000) die Flucht aus Deutschland.

„Unser Leben verlief nicht ohne Aufregung, da die übrige Familie in Deutschland nicht von Hitlers Juden-gesetzen verschont blieb. Nach den Pogromen 1938 flohen meine beiden Onkel, Brüder von Mutter, nach Amerika, und meine Großmutter kam zu uns. Sie war damals 73 Jahre alt.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 20. Juni 1942

Konzentrationslager sind Gefangenenlager, in denen die Nazis Gegner und Menschen, die sie für minderwertig hielten, einsperrten. Sie existierten von 1933 bis 1945. Die Häftlinge mussten Zwangsarbeit verrichten und wurden sehr schlecht behandelt. Manche Lager waren Vernichtungslager, die eigens dazu errichtet worden waren, Menschen zu ermorden.

Miep Santrouschitz arbeitete von Anfang an in der Firma von Otto Frank als Sekretärin. Nach ihrer Hochzeit 1941 hieß sie Miep Gies.

Nach der Flucht von Annes Großmutter in die Niederlande waren keine Familienmitglieder mehr in Deutschland.

Otto und Edith versuchten, ihren Töchtern die politischen Entwicklungen in Deutschland zu verschweigen. Sie sprachen nicht über ihre Sorgen, denn sie wollten Anne und Margot eine glückliche Kindheit ermöglichen.

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1938 1939 1940

„Es beklemmt mich doch mehr, als ich sagen kann, dass wir niemals hinaus dürfen, und ich habe große Angst, dass wir entdeckt und dann erschossen werden.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 28. September 1942 [Nachtrag zum Eintrag vom 11. Juli 1942]

„Draußen ist es schrecklich. Tag und Nacht werden die armen Menschen weggeschleppt, sie haben nichts anderes bei sich als einen Rucksack und etwas Geld.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 13. Januar 1943

Die Nazis und ihre Anhänger in Wirtschaft und Militär wollten ein „Großdeutsches Reich“ schaffen und zu diesem Zweck Gebiete erobern. Am 1. September 1939 überfiel Deutschland Polen. Das war der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Am 10. Mai 1940 griff die Wehr- macht die Niederlande an und besetzte das Land. Kurz darauf folgten Belgien, Luxemburg, Frankreich, Dänemark und Norwegen. Im Juni 1941 überfielen Hitlers Armeen die Sowjetuni- on. Sogenannte „Einsatzgruppen“ ermordeten syste- matisch Hunderttausende jüdische Männer, Frauen und Kinder. Im Dezember griffen japanische Flugzeuge amerikanische Schlachtschiffe bei Pearl Harbor an. Daraufhin traten auch die USA in den Krieg ein – nicht nur mit Japan, sondern auch mit Deutschland und Italien.

Am 5. Juli 1942 bekam Margot eine Aufforderung, sich zum Einsatz in einem Arbeitslager in Deutschland zu melden. Einen Tag später ging die Familie ins Versteck.

Anne hatte nichts von der Vorbereitung des Verstecks gewusst.

Die Untergetauchten durften das Versteck nie verlassen.

Zum Zeitvertreib schrieb Anne am liebsten Tagebuch.

Die Helferinnen und Helfer sorgten für Essen, Kleidung, Zeitschriften und Bücher.

1. Nach der Besatzung durch die Nazis gelten die antijüdischen Gesetzte auch in den Niederlanden. Es gab Niederländerinnen und Niederländer, die sich der antisemitischen Politik der Nazis widersetzten. Welche Beispiele fallen dir dazu ein?

2. Anne hatte nichts von der Vorbereitung des Verstecks gewusst. Was denkst du, wieso haben Otto und Edith nicht mit ihr darüber gesprochen?

Die Familie Frank auf dem Merwedeplein, Mai 1941.

Die erste Seite von Annes Tagebuch. Sie bekam es zu ihrem 13. Geburtstag.Das Hinterhaus (drittes Haus von links), in dem sich die Familien Frank und van Pels und Fritz Pfeffer versteckten.

Deutsche Truppen ziehen durch ein brennendes russisches Dorf, 26. Juni 1941.

Kampf in den Straßen von Stalingrad, 7. Oktober 1942. Jüdische Kinder warten mit ihren Eltern in Amsterdam auf die Deportation in das Durchgangslager Wester-bork, 26. Mai 1943.

1941 1942 1943

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Im Versteck

Der Zweite weltkrieg endete am 8. Mai 1945 in Europa. Millionen Menschen hatten Krieg und Verfolgung nicht überlebt. Als die Truppen der Alliierten die Konzentrationslager befreiten, waren die Soldaten erschüttert. Sie fanden wenige Überlebende und zahllose Leichen. Die Nazis und ihre Helfer hatten sechs Millionen jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten hatte zu einem Massenmord geführt.

„Nach der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 waren wir alle hoffnungsvoller gestimmt und glaubten, dass unsere Befreiung nahe sei. Umso schlimmer war der Schock, als am 4. August die Gestapo überraschend in unser Versteck eindrang und uns verhaftete. Zweifellos war Verrat im Spiel, aber es konnte nie festgestellt werden, wer der Verräter war.“

Otto Frank in seinen „Erinnerungen an Anne“, 1968

Die Untergetauchten wurden zuerst ins Gefängnis gebracht und dann in das Durchgangslager Westerbork. Mit dem letzten Transport kamen sie in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.

Otto Frank kehrte im Juni 1945 als einziger Überlebender der acht Untergetauchten nach Amsterdam zurück. Er wusste noch nicht, dass seine Töchter in Bergen-Belsen gestorben waren.

Am 25. Juni 1947 wurde Anne Franks Tagebuch veröffentlicht. Es trug den Titel „Het Achterhuis“ (niederländisch für „Das Hinterhaus“).

Die systematische Ermordung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs wird als Holocaust oder Schoah bezeichnet. Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt. Schätzungen variieren zwischen fünf und sieben Millionen. Die meisten Historiker gehen von einer Zahl von sechs Millionen Opfern aus, darunter 1,5 Millionen Kinder. Eines von ihnen war Anne Frank.

Otto Frank (Mitte) mit den Helfern nach Kriegesende. Von links nach rechts: Miep Gies, Johannes Kleiman, Otto Frank, Victor Kugler und Bep Voskuijl.

Anne Frank Auguste van Pels Peter van Pels Otto Frank

Hermann van Pels Fritz Pfeffer Edith Frank Margot Frank

Der Beginn der Befreiung von Westen her: Britische Soldaten landen an der französischen Atlantikküste, 6. Juni 1944.

Überlebende im Lager Bergen-Belsen kurz nach der Befreiung, April 1945.

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1944 1945

Annes Tagebuch auf arabisch. Es wurde in über 70 Sprachen übersetzt. Über Annes Leben gibt es zahlreiche Filme und Theaterstücke.

Stolpersteine in der Rosenthaler Straße erinnern an Verfolgte der nationalsozialistischen Diktatur.

Das ehemalige Versteck ist seit 1960 ein Museum, das Anne Frank Haus. Es wird jedes Jahr von etwa 1 Million Menschen besucht.

Einschusslöcher in der Großen Hamburger Straße in Berlin-Mitte. Sie zeugen von den Straßenkämpfen in den letzten Kriegstagen.

Annes Cousin Buddy Elias mit seiner Frau Gerti zu Gast im Anne Frank Zentrum, 2014. Er ist die einzige nahe Verwandte, der heute noch lebt.

Schülerinnen und Schüler der Löcknitz-Grundschule in Berlin-Schöneberg. Die Steine zeichnen den Grundriss einer Synagoge nach, die sich auf dem Schulgelände befand.

1. Kennst du Stolpersteine oder andere Erinnerungsorte in deiner Umgebung?

2. Was denkst du: Für wen werden solche Orte geschaffen?

spuren der geschichte

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„Ich werde, hoffe ich, dir alles anvertrauen können, wie ich es noch bei niemandem gekonnt habe, und ich hoffe, du wirst mir eine große Stütze sein.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 12. Juni 1942

annes gedanken heute

Anne schrieb in ihrem Tagebuch über Themen, die für sie ganz wichtig waren. In unserer Ausstellung kommen fünf Berliner Jugendlichen zu Wort und sie sprechen über Themen, mit denen sich auch Anne in ihrem Tagebuch beschäftigte. Sie suchen Antworten auf folgende Fragen: Wer bin ich?, Wie werde ich später einmal leben?, Warum werden nicht alle Menschen gleich behandelt? und Warum gibt es Krieg?

Auf den nächsten Seiten findest du ausgewählte Zitate von Anne. Die Zitate sollen dich zu eigenen Idee anregen.

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Jonel, 17

Maria, 13

Esther, 12

Junior, 16

Editha, 15

Anne Frank, 13–15 (1942–1944)

Wer bin ich? WeR mÖCHte iCH sein?

1. Was meinst du: Warum glauben Menschen?

2. Stimmst du Anne zu, dass Menschen froh sein dürfen, die eine Religion haben? Begründe deine Antwort.

3. Für Esther macht es keinen großen Unterschied, welchen Glaube ein Mensch hat. Ist das in deiner Klasse auch so?

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Anne dachte in ihrem Tagebuch über sich und ihre Persönlichkeit nach. Sie stellte fest, dass sie sich selbst im Laufe der Zeit veränderte. Immer wieder betonte sie, dass andere Men-schen ihr wahres Inneres nicht kannten und sie falsch beurteilten. Anne beschrieb sich als eine Frau mit innerer Stärke und viel Mut. Ein Teil ihrer Identität war für sie ihr jüdischer Glaube. Auch Esther ist Jüdin. Für sie spielt es keine große Rolle, welcher Religion sich ihr Gegen-über zugehörig fühlt.

„Menschen, die eine Religion haben, dürfen froh sein, denn es ist nicht jedem gegeben, an überirdische Dinge zu glauben. [...] Irgendeine Religion, egal welche, [hält sie] auf dem richtigen Weg. Es ist keine Angst vor Gott, sondern das Hochhalten der eigenen Ehre und des Gewissens.“ Anne Frank, Tagebucheintrag vom 6. Juli 1944

„Ich weiß, dass ich jüdisch bin und ich fühl’ mich nicht ausge- schlossen von den anderen, weil ich jüdisch bin. Denn ich hab’ viele Freunde, die sind jüdisch und nichtjüdisch und musli-misch und nichtmuslimisch und für mich ist es kein großer Unterschied. Ein Mensch ist ein Mensch.“

Esther, 13 Jahre

Wie werde ich später einmal leben? WAS WÜNSCHE ICH MIR FÜR DIE ZUKUNFT?

1. Welche Träume und Wünsche hast du für die Zukunft?

2. Was tust du, um deinen Zukunftsträumen näher zu kommen?

3. Welche Möglichkeiten hatte Anne, um ihre Träume zu verwirklichen?

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„Ich bin jetzt so weit, dass es mir nicht mehr viel ausmachen kann, ob ich sterbe oder am Leben bleibe. Die Welt wird sich auch ohne mich weiterdrehen, und ich kann mich gegen die Ereignisse doch nicht wehren. Ich lasse es darauf ankommen und tue nichts als lernen und auf ein gutes Ende hoffen.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 3. Februar 1944

„Ich habe ein ganz typisches Idealbild. Ich würde gerne später, wenn ich groß bin, ein Einfamilienhaus mit einer kleinen Familie haben, einen hübschen Garten, eine tolle Frau und eine Traumhochzeit.Ich glaube, die Zukunft wird für unsere Generation relativ schwer: Arbeitslosigkeit, Rente und so weiter ... Wir wer-den es nicht einfach haben.“

Jonel, 17 Jahre

Der Alltag im Versteck war für die acht Unterge- tauchten von Strapazen und Ängsten geprägt. Um ihren Lebensmut nicht zu verlieren, mussten sie die Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit aufrecht- erhalten. Anne denkt in ihrem Tagebuch über ihre Zukunft nach. Sie schwankt zwischen Zuversicht und Ver- zweiflung. Sie beschreibt sowohl ihre persönli- chen Wünsche für die Zeit nach dem Versteck als auch ihre Vorstellungen von einer besseren Welt. Auch Jonel ist sich nicht sicher, wie seine Zukunft aussehen wird. Einerseits ist er optimistisch, ande- rerseits hat er Zweifel.

Warum werden nicht alle menschen gleich behandelt? Was Kann iCH tun?

Im Unterschied zur Zeit des Nationalsozialismus, als Ungleichbehandlung von Menschen per Gesetz verordnet wurde, gilt seit 1949: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich (Artikel 3, Absatz 1 Grundgesetz). Warum gibt es heute trotzdem noch Diskriminierung?

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„Ich fühle mich schlecht, weil ich in einem warmen Bett liege, während meine liebsten Freundinnen irgendwo draußen nie-dergeworfen werden oder zusammenbrechen. [...] Und das alles, weil sie Juden sind.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 19. November 1942

„Es ist erstaunlich, wie oft, wie nobel und wie uneigennützig diese Arbeit verrichtet wird und wie die Leute unter Einsatz ihres Lebens anderen helfen und andere retten. [...] Das ist et-was, was wir nie vergessen dürfen. Andere zeigen Heldenmut im Krieg oder gegenüber den Deutschen, aber unsere Helfer beweisen ihren Heldenmut in ihrer Fröhlichkeit und Liebe.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 28. Januar 1944

„Ich war sehr traurig, als eine Frau mich falsch eingeschätzt hat. Ich wollte ihr helfen, ihre Sachen zu tragen, da meinte sie: ‚Nee, du gehörst bestimmt zu den brutalen Arabern und Türken.’ Ich sagte zu ihr: ‚Schätzen Sie mich bitte nicht falsch ein, ich bin ein sehr normales und höfliches Mädchen, das gerne anderen Leuten hilft.’ Aber sie hat mich nicht verstanden und ist dann einfach gegangen.“

Maria, 13 Jahre

Die Nazis schränkten die Rechte von Jüdinnen und Ju-den immer mehr ein. Die Familie Frank widersetzte sich den Gesetzen der Nazis, indem sie sich versteckte und so versuchte, der Deportation zu entgehen. Auch ihre Helferinnen und Helfer widersetzten sich, denn es war streng verboten, jüdischen Menschen zu helfen. Maria erlebt heute Diskriminierung aufgrund ihres Aus-sehens. Junior setzt sich in seiner Schule für ein tole-rantes und demokratisches Miteinander ein.

„In meiner Schule bin ich Streitschlichter. Viele Jugendliche, die Probleme haben, kommen zu mir. Ich versuche dann, ihr Problem zu lösen. Ich find’, es ist was Tolles, wenn man anderen Menschen helfen kann.“

Junior, 16 Jahre

Warum gibt es Krieg? Bin iCH DaVOR siCHeR?

1. Kennst du Gebiete, in denen heute Krieg herrscht? Überlege, wer an einem Krieg beteiligt ist.

2. Wer trägt deiner Meinung nach die Verantwortung für Krieg?

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„Krieg ist immer ungerecht, weil immer nur die unteren Schichten darunter leiden, immer die normalen Menschen, die eigentlich mit dem Krieg nie was zu tun haben, die, für die dieser Krieg auch nichts bedeutet außer Angst, Ver-treibung und so weiter.Ich weiß nicht wirklich, ob Krieg notwendig ist, da es so viele diplomatische Wege gibt. Man muss immer wirklich alles ausprobiert haben.“

Editha, 15 Jahre

„Ich glaube nicht, dass der Krieg nur von den Großen, von den Re- gierenden und Kapitalisten gemacht wird. Nein, der kleine Mann ist ebenso dafür. Sonst hätten sich die Völker doch schon längst dage- gen erhoben! Im Menschen ist nun mal ein Drang zur Vernichtung, ein Drang zum Totschlagen, zum Morden und Wüten, und solan- ge die ganze Menschheit, ohne Ausnahme, keine Metamorphose durchläuft, wird Krieg wüten, wird alles, was gebaut, gepflegt und gewachsen ist, wieder abgeschnitten und vernichtet, und dann fängt es wieder von vorn an.“

Anne Frank, Tagebucheintrag vom 3. Mai 1944

Anne Frank erlebte den Krieg unmittelbar. Im Versteck hörte sie nachts den Fliegeralarm und Motorengeräusche von Bombern, die über das Hinterhaus hinwegflogen. Editha ist durch die Medien mit Krieg konfrontiert und sieht Bilder von Kriegsopfern, die sie erschüttern. Auf Demonstrationen zeigt sie ihre Überzeugung, dass Krieg sinnlos und ungerecht ist.Anne und Editha haben unterschiedliche Meinungen über die Rolle der „ganz normalen Menschen“ im Krieg. Anne kommt zu dem Schluss, dass auch sie Krieg wollen. Editha denkt, dass sie keinen Einfluss auf die Entschei-dung für oder gegen Krieg haben.

„Die Suche“ ist ein Comic für Kinder und Jugendliche. Er erzählt die fiktive Geschichte von Esther. Sie lebte als jüdisches Mädchen zur Zeit des Natio-nalsozialismus und verlor ihre Eltern in Auschwitz. 60 Jahre später macht sie sich zusammen mit ihrem Enkel Daniel auf die Suche nach ihrer Vergangenheit ...

Das Tagebuch und weite-re Bücher zu Anne Frank findest du in unserem Onlineshop.

Eine Anne-Frank-Wanderausstellung kann in jeder Stadt für einige Wochen gastieren. Jugendliche werden direkt vor Ort zu Ausstellungsbegleitern und -begleiterinnen ausgebildet. Wer an einem solchen Projekt interessiert ist, kann sich jederzeit ans Anne Frank Zentrum wenden. Wir freuen uns über jeden neuen Kontakt!

Der Film „Das kurze Leben der Anne Frank“ erzählt anhand von Zita-ten, Familienfotos und historischen Aufnahmen Annes Lebensgeschich-te. Darüber hinaus bietet er eine gute Ein-führung in die Themen Judenverfolgung und Zweiter Weltkrieg.

Auf unserer Website www.annefrank.de findest du Informationen

zu unserer Ausstellung,

zu den Wanderausstel-lungen, pädagogischen

Angeboten und interes-

santen Veranstaltungen.

Du kannst dir auch unsere Ausstellung in 3D anschauen.

Unter www.annefrank.org findest du die Seite des Anne Frank Hauses in Ams-terdam. Dort gibt es Infor-mationen über Anne Frank sowie über das Museum mit seinen Angeboten und Aktivitäten.

Auf der Website www.annefrank.org/hinterhaus hast du die Möglichkeit, den Ort, wo sich Anne Frank und sieben weitere Menschen von 1942-44 versteckten, zu erkunden. Auf einem virtuellen 3D Rundgang siehst du, wo Anne Frank ihr berühmtes Tagebuch schrieb. Du kannst dir Ge-schichten über die Untergetauchten, aber auch über die Helferinnen und Helfer anhören.

Unter www.annefrank.org/zeitleiste kannst du durch 100 Jahre Weltge-schichte surfen. Viele Fotos, Plakate und Texte stehen dir zur Verfügung. Du kannst die Website gut für die Vorbereitung von Referaten oder Hausarbeiten nutzen.

Unter www.youtube.com/annefrank kannst Du den einzigen Filmaus-schnitt sehen, den es von Anne Frank gibt.

COmiCs BüCHeR

WanDeRausstellung

DVDs

linKs

Wenn du noch mehr über Anne Frank und die Themen des Magazins erfahren möchtest, findest du auf die-ser Seite Bücher, DVDs und Websites zur weiteren Recherche. Alle Materialien kannst du in der Ausstel-lung erwerben oder über unseren Online-Shop unter www.annefrank.de/onlineshop bestellen.

IMPRESSUM

Publikation und Produktion Anne Frank Zentrum Berlin in Zusammenarbeit mit dem Anne Frank Haus, Amsterdam Text und Redaktion Sophia Deck, Susanne Müller, Veronika Nahm, Patrick Siegele (Anne Frank Zentrum), Menno Metselaar (Anne Frank Haus) Layout Irene Gonzalez Chana Lektorat Waltraud Hüsmert Fotos Anne Frank Stichting; ANNE FRANK-Fonds/Anne Frank Stichting; Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz; Deutsches Historisches Museum; Getty Images; Heinz Blumensath; Imperial War Museum; Niederländisches Institut für Kriegsdokumen-tation; Yad Vashem; Irene Gonzalez Chana, Tim Zülch Druck Laser Line Berlin© Anne Franks Texte: ANNE FRANK-Fonds, Basel, Schweiz

anne Frank zentrumRosenthaler Str. 3910178 Berlin-MitteTel: 030 – 288 86 56 [email protected] 10-18h geöffnet

www.annefrank.de/facebook

Die pädagogische Arbeit des Anne Frank Zentrum wird gefördert von der Senats-verwaltung für Arbeit, Integration und Frauen im Rahmen des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.