Anwesenheitspflicht an der Universität Rostock - Auswertung der Studierendenbefragung Juli 2011

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Anwesenheitspflicht an der Universität Rostock - Auswertung der Studierendenbefragung Juli 2011 Autoren: Falko Tesch Florian Fröhlich Marcus Sümnick Robert Thomas

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Anwesenheitspflicht an der Universität Rostock - Auswertung der Studierendenbefragung Juli 2011

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Anwesenheitspflicht an der Universität Rostock

- Auswertung der Studierendenbefragung

Juli 2011

Autoren: Falko Tesch Florian FröhlichMarcus SümnickRobert Thomas

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MethodikDie Umfrage wurde vom 15. bis 22. Juni mit den Mitgliedern des StuRa/AStA getestet. Insgesamt sieben Umfragen mit gleichem Inhalt wurden über das Programm Evasys geschaltet. Für vier davon wurden die betreffenden Personen am 30. Juni, für weitere drei am 1. Juli informiert. Insgesamt wurden E-Mails an 14.006 Personen ver-schickt und die Teilnahme bis zum 2. August ermöglicht. Die Versen-dung erfolgte TAN-basiert, das verhinderte das wiederholte Aus-füllen des Onlinefragebogens. Eine E-Mail, die der Erinnerung dienen sollte, wurde am 14. Juli verschickt, sowie im AStA-Newsletter an alle Studierenden am 12. Juli und täglich über den Monitor in der Südstadt-mensa darauf hingewiesen. Jeder

zehnte Befragte antworte-te sofort auf die Umfrage. Die letzten Tage schwank-

te die Umfrage nur zwischen zwei und vier Antworten am Tag.Als Grundgesamtheit wird die Angabe des Wahlamtes genutzt, welche sich auf die wahlberechtig-ten Studierenden am 1. Juni 2011 an der Universität Rostock bezieht. Demnach sind 12.713 für die Wahl zum akademischen Senat regist-riert. Die übrigen 1293 Personen sind demnach Promotionsstuden-ten. Für die Wahl der Fakultätsräte sind 12.514 Personen berechtigt, da die Fernstudenten keiner Fakultät zuzuordnen sind. An der Umfrage haben sich 3629 Personen beteiligt (56 % Frauen, 44 % Männer), was einem Rücklauf von 25,9 % ent-spricht. Bei den Promovierenden sind es 11,6 %, bei den Studieren-den, ohne Fernstudierende, 27,4 %. Den größten Rücklauf hat es an der Philosophischen Fakultät mit 36,2 % gegeben, den geringsten an der Juristischen (13,1 %) und der Theologischen Fakultät (10,1 %). Um ein Gesamtbild der Universität zu erhalten werden die einzelnen Fakultäten gewichtet. Der Gewich-tungsfaktor ist in Tabelle 1 ange-geben. Für Vergleiche der PHF mit den übrigen Fakultäten zusammen

0

200

400

600

800

1000

1200

1.8.30.7.28.7.26.7.24.7.22.7.20.7.18.7.16.7.14.7.12.7.10.7.8.7.6.7.4.7.2.7.30.6.

Abbildung 1 Teilnahmeverlauf an Umfrage zur Anwesenheitspflicht an der Universität Rostock 2011

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Tabelle 1 Aufschlüsselung der Teilnehmer der Umfrage nach Fakultät, denjenigen, die bisher aus einer Lehrveranstaltung (LVS) ausgeschlossen wurden, dem Rücklauf und dem Gewichtungsfaktor Universität Rostock Juli 2011

vereinzelt, viele auch mit Nein (IEF 43 %), was sich mit dem Lehrimport etwa aus dem Sprachenzentrum

Insgesamt gaben 382 Personen an, schon einmal von einem Lehr-veranstaltung ausgeschlossen worden zu sein. 378 ließen sich auf die Fakultäten verteilen. An den Fakultäten für Maschinenbau und Schiffbau (MSF), für Informatik und Elektrotechnik (IEF) sowie der Juristischen Fakultät (JUF) existiert keine Regelung zur Anwesenheits-pflicht. Es gibt sehr wenige Fälle in denen Studierende dieser Fakultä-ten ausgeschlossen wurden. Auf die Frage, ob Anwesenheitslisten ge-führt wurden, antwortete die Hälfte

Fakultät Studierende Teilnehmer Aus LVS ausgeschlossen

Anteil der Ausschlüsse

Rücklauf Gewicht

PHF 3287 1190 278 23,5 0,362 0,7564

WSF 2000 556 39 7,0 0,278 0,9851

MNF 1728 469 27 5,8 0,271 1,0090

MEF 1768 439 8 1,8 0,248 1,1029

MSF 1111 282 3 1,1 0,254 1,0789

IEF 955 198 3 1,5 0,207 1,3209

AUF 572 165 6 3,7 0,288 0,9494

JUF 579 76 3 4,0 0,131 2,0863

THF 514 52 11 21,2 0,101 2,7069

Summe 12514 3427 378 11,1 0,274

kommt ein weiterer Gewichtungs-faktor zum tragen.Von den Teilnehmern streben 1260 einen Bachelor an, 1018 das Lehr-amt, 441 ein anderes Staatsexa-men, 226 das Diplom, 480 einen Master und 42 Personen einen Bakkalaureus oder Magister. Sieben Personen machten keine Angaben zu ihrem Studiengang, können aber einer Fakultät zugeordnet werden. 48 können einem Studienabschluss, jedoch nicht einer Fakultät zuge-ordnet werden und weitere fünf Personen weder noch. In der Folge kommt es, je nachdem wie viele Personen eine Angabe gemacht haben, zu Abweichungen in der Zahl der Personen.

Situation Anwesenheitspflicht

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erklären lässt. An der Mathematisch-Naturwis-senschaftlichen Fakultät (MNF) und der Agrar- und Umweltwissen-schaftlichen Fakultät(AUF) gibt es für bestimmte Lehrveranstaltungen eine Anwesenheitspflicht, etwa für Laborpraktika und Exkursionen. Der überdurchschnittliche Wert der MNF erklärt sich aus den Lehramts-studierenden, die ihr zweites Fach an einer anderen Fakultät haben. Nur für die Bachelor-Studierenden beträgt der Wert 1,3%. Jedes vierte Mitglied dieser Fakultäten berichte-te, dass mehrmals Anwesenheits-listen geführt wurden.An der Wirtschafts- und Sozialwis-senschaftlichen Fakultät (WSF) ist der Wert ebenfalls für Lehramtsstu-dierende am höchsten. Insgesamt ist die Spannweite bei der Verwen-dung von Anwesenheitslisten hier sehr groß. 31,4 % geben an, dass mehrmals Anwesenheitslisten ge-führt wurden, 36 % vereinzelt und 32,7 % nie. Dies mag sich mit den Unterschieden derjenigen, die nur an der WSF studieren und jenen Studierenden der Soziologie, Poli-tologie und des Lehramts Sozialwis-senschaften erklären, welche noch ein weiteres Fach an einer anderen Fakultät haben. Es bestehen keine Regelungen zur Anwesenheits-pflicht an dieser Fakultät. An der Medizinischen Fakultät (MEF) besteht Anwesenheitspflicht für die Mehrheit der Lehrveranstal-

tungen im Bereich Humanmedizin und Zahnmedizin. Für die BA/MA Medizinische Biotechnologie gibt

Abbildung 2 Anteil der aus Lehrveranstaltungen bisher ausgeschlossenen Studierenden gewichtet nach der Fakultät.

0

5

10

15

20

25

Uni ohne PHF gewichtetPHFUni gewichtet

23,5 %

9,8 %5,0 %

Wurden Sie schon einmal aufgrund zu vieler Fehlzeiten aus einer Lehrveranstaltung ausgeschlossen?

es noch keine Grundlage dafür in der Studienordnung. Eine Änderung ist für den Master jedoch bereits beschlossen worden und wird wohl für den Bachelor bald folgen. An der Theologischen Fakultät(THF) besteht für den Diplomstudiengang Anwesenheitspflicht in Seminaren, Übungen und Exkursionen. Für den Bachelor „Religions Studies“ sowie den Lehramtsstudiengang existiert derzeit keine Regelung. 80 % der Befragten an der MEF bzw. 83 % an der THF geben an, dass mehrmals Anwesenheits-listen geführt wurden. Jedoch wurden an der MEF nur 1,8 %, an der THF aber 21,2 % der Be-fragten bereits aus einer Lehrveran-staltung ausgeschlossen. Letzterer Wert ist sehr unsicher aufgrund der geringen Fallzahl, so ergibt sich bei 5 % Irrtumswahrscheinlichkeit ein

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Abbildung 3 Verteilung der Antworten auf die Frage nach der rechtliche Grundlage in der eigenen Studienordnung. PHF im Vergleich mit der übrigen Universität gewicht nach Fakultäten

Haben Sie sich wegen dieses Ausschlusses an denzuständigen Prüfungsausschuss gewedet?

0

10

20

30

40

50

60 übrige Uni

PHF

Nein, ich wollte es mir mit dem Dozenten

nicht verderben

Nein,ich sah wenigAussicht auf Erfolg

Ja

3 % 5 %

45 %

59 %

52 %

36 %

Schwankungsintervall von 10 % bis 32 %.An der Philosophischen Fakultät gaben 87 % an, dass mehrmals Anwesenheitslisten geführt werden. Dieser Wert überrascht, da es keine Regelung in der Studienordnung der Diplom Erziehungswissenschaftler, der Bakkalareus/Magister oder der Bachelor und Masterstudiengänge hierzu gibt und auch keine universi-tätsweite Rahmenordnung existiert, die dies für Lehramtsstudierende re-gelt. Ein diesbezüglicher Beschluss des Fakultätsrates vom Januar 2011 wurde von der Rechtsabtei-lung der Universität für unwirksam erklärt. Der Anteil derjenigen, die schon einmal aufgrund zu vieler

Fehlzeiten aus einer Lehrveran-staltung ausgeschlossen wurden, erreicht mit 23,5 % (21 % bis 25,9 % auf dem 95 % Konfidenzinterval) Universitätsspitze.Der durchschnittliche Wert be-trägt 11,1 % für die Universität als Ganzes aufgrundlage der Be-fragung. Nach Gewichtung der Werte nach Fakultäten liegt er bei 9,8 % (8,8 % bis 10,8 % auf dem 95 % Konfidenzinterval). Nimmt man die Philosophische Fakultät aus der Betrachtung heraus, so beträgt der Wert lediglich 5,0 % (4,1 % bis 5,9 % auf dem 95 % Konfidenzinterval), weniger als ein Viertel des PHF wertes.Das Risiko, jemals aus einer Lehr-

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Gibt es in ihrer Studienordnung eine rechtlicheGrundlage für eine Anwesenheitspflicht?

0

10

20

30

40

50

60 übrige Uni

PHF

Ich weiß nicht,ob es hierzu eine

Regelung in meinerStudienordnung gibt

Nein und es werdenauch keine

Anwesenheitslistengeführt

Nein, aber mache Dozenten verwenden

trotzdem Anwesenheitslisten

Ja

9 %12 %

47 %

18 %

1 %

16 %

43 %

54 %

Abbildung 4 Verteilung der Antworten auf die Frage nach einem Einspruch im Prüfungsausschuss, bezüglich des Ausschlusses von einer Lehrveranstaltung. PHF im Vergleich mit der übrigen Universität gewicht nach Fakultäten.

Es überrascht, dass gerade an einer Fakultät, an der es keine Regelung zur Anwesenheitspflicht gibt, so vie-le Ausschlüsse erfolgen, die dazu beitragen können die Studiendauer zu verlängern, so dass widerrecht-lich Studienplätze blockiert werden. Ein Problem ist das fehlende Be-wusstsein der Studierdenden für diese Sachlage. 43 % der Umfra-geteilnehmer an der PHF geben nicht zu wissen, ob es eine Re-gelung in ihrer Studienordnung zu Anwesenheitspflicht gibt. An der übrigen Universität sind es 54 %. Jedoch sagten 16 % an den übrigen Fakultäten, dass es keine Regelung

Informationslage bei den Studierenden und Beschwerden

veranstaltung ausgeschlossen zu werden, steigt mit der Verweildauer an der Universität. Im ersten Stu-dienjahr sind es an der philosophi-schen Fakultät 12 %, im zweiten Studienjahr 16 %, im dritten und vierten Studienjahr 25 %, bzw. 27 %, im vierten 32 %, im fünften 47 %, im sechsten (Lehramt PHF 57,8 %) und 45 % in den weiteren Studienjahren. Für die übrige Universität ist nur der Wert für die Langzeitstudierenden mit 16 % über dem Durchschnitt der Universität. Im Mittel ist ein Studierender 2,21-mal aus-geschlossen (2,26 PHF; 2,14 übrige Uni) worden. Bis zum sechsten Studienjahr steigt dieser Wert auf 3,41 an.

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gibt und demnach auch keine Prä-senzpflicht praktiziert wird. 12 % gaben an, dass es eine Regelung geben würde, aber auch 9 % an der PHF, wo dies ausgeschlossen werden kann. Fast jeder zweite Be-fragte an der PHF ist sich aber im Klaren darüber, dass die derzeitige Situation dadurch gekennzeichnet ist, dass es keine Regelung gibt und trotzdem Anwesenheitslisten geführt werden. Der Wert für die anderen Fakultäten ergibt sich wie oben aus der Tatsache, dass viele Studierende zwei Fächer studieren, davon oft eines an der PHF. So liegt der Wert für die WSF bei 30 %, ob-wohl dem AStA keine Beschwerde einer rechtswidrigen Verwendung von Anwesenheitslisten an der WSF bekannt ist .Aufgrund der Rechtslage ist ein Einspruch gegen einen Ausschluss beim zuständigen Prüfungsaus-schuss jedoch oft vielversprechend. Jedoch gehen diesen Weg nur 3 % der Betroffenen an der PHF und 5 % an den anderen Fakultäten. Als Gründe für fehlenden Widerspruch wurden genannt: Die Einschätzung, dass wenig Aussicht auf Erfolg be-steht und dass Sanktionen durch den Dozenten zu einem späteren Zeitpunkt bei einem Einspruch zu erwarten seien. Der zweite Punkt ist an der PHF mit 51 % zu 38 % an den übrigen Fakultäten stärker ausgeprägt.Nachdem der unwirksame Be-

schluss des Fakultätsrates der PHF im Januar 2011 gefällt wurde, brachte der allgemeine Studieren-denausschuss (AStA) ein Wider-spruchsformular heraus, wonach beim Prorektor für Studium und Lehre sofortiger Einspruch erhoben werden kann. Von dieser Möglich-keit haben ein halbes Jahr später nur 18 Teilnehmende der Umfrage Gebrauch gemacht, davon 14 an der PHF. Auf alle Ausschlüsse sind es weniger als 5 %.Der StudentINNenrat (StuRa) hatte im Dezember 2009 eine Reihe von Forderungen in der Hochschulbil-dung in Zusammenarbeit mit dem Plenum des damals besetzen Au-dimax und der Fachschaftsrätekon-ferenz (FSRK) aufgestellt. Darunter auch der Beschluss, Anwesenheits-pflicht in jeder Form abzulehnen. Anderthalb Jahre später ist dieser Beschluss 3 von 4 Befragten unbe-kannt. Diejenigen, die ihn kennen, befürworten ihn zu 50 %, wobei weitere 25 % ihn für grundsätzlich richtig aber zu weitgehend halten und die übrigen ihn ablehnen. Un-ter den Befragten der PHF, ist der Beschluss 36 % bekannt und 4 von 5 unterstützen ihn.

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Für die Anwendung einer Anwesen-heitspflicht kann es ver-schiedene Gründe ge-ben. Zum einen kann es sein, dass viele Studie-rende noch nicht selbst einschätzen können, welche Veranstaltungen sie besuchen sollten. Diese Auffassung wird von 3 von 4 Befragten abgelehnt. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass Sanktionen not-wendig sind, um die Stu-dierenden zum Arbeiten anzuspornen. Die Auf-fassung wird von 69 % der Befragten (gewichtet nach Fakultäten) zu-rückgewiesen. 72 % der Befragten halten es zudem für völlig unzu-treffend eine Anwesen-heitspflicht mit dem Ziel einzuführen, auch dieje-nigen, die kein Interesse an ihrem Fach haben zu einem Abschluss zu führen. Nur 12 % halten dies für berechtigt.Anwesenheitspflicht für

Lehrveranstaltungen, in denen Leistungen schwer abgeprüft wer-den können, wie Sprachübungen,

Abbildung 5 Verteilung der Antworten zur Einschätzung verschiedner Auffassungen zur Anwesenheitspflicht Universität Rostock 2011 gewichtet nach Fakultäten

0 20 40 60 80 100völlig unzutreffendeher unzutreffendeher zutreffend

voll zutreffend

Studierende können noch nicht selbst einschätzen, welche Veranstaltungen Sie besuchen sollten.

Ohne Sanktionen würden viele Studierende kaum etwas für ihrStudium machen.

Anwesenheitspflicht ist wichtig um auch Studierende, die an ihremStudienfach kein Interesse ahben, zu einem Abschluss zu führen.

Anwesnehitspflicht ist dort zulässig, wo Fähigkeiten schwer abgeprüft werden können, etwa in Sprachübungen, schulpraktischen Übungen,Exkursionen, Berufs- und Laborpraktika.

Anwesenheitspflicht führt dazu, dass auch jene, die an derLehrveranstaltung nicht interessiert sind, anwesend sind und andereTeilnehmer stören.

Anwesenheitspflicht senkt die Motivation für die Beteiligung anLehrveranstaltungen, weil die Studierenden dann nicht mehr freiwilligdort sind.

Anwesenheitspflicht ist etwas über das sich selten beschwert wird,weil Sanktionen durch den Dozenten befürchtet werden.

Anwesenheitspflicht behindert die Integration vonStudierenden mit kleinen Kindern in den Studienablauf.

Anwesenheitspflicht behindert die Integration von Studierendenmit chronischen Krankheiten und Behinderungen in den Studienablauf.

Anwesenheitspflicht nimmt Dozenten den Druck in ihrenLehrveranstaltungen didaktisch überzeugen zu müssen.

Anwesenheitspflicht nimmt Dozenten den Druck in ihrenLehrveranstaltungen fachlich überzeugen zu müssen.

Anwesenheitspflicht ist ein Bestandteil der Bolognavereinbarung,weshalb sie in den BA/MA Studienordnungen integriert werden muss.

Einschätzung der Anwesenheitspflicht

Einschätzung

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schulpraktische Übungen, Exkur-sionen, Berufs- und Laborpraktika halten 84 % der Befragten für zulässig. Ebenso ist auch 80 % bewusst, dass damit das Risiko einhergeht, dass auch Personen, die an der Lehrveranstaltung selbst kein Interesse haben, anwesend sind und andere stören. Dass Präsenzpflicht die Beteiligung an Lehrveranstaltungen senkt, weil die Studierenden dann nicht mehr frei-willig dort sind, unterstützen 64 % der Befragten und 83 % derjeni-gen, die schon einmal aus einer Lehrveranstaltung ausgeschlossen wurden. Bei der Aussage, dass sich über Anwesenheitspflicht selten be-schwert wird, weil Sanktionen durch den Dozenten befürchtet werden, hält sich das Antwortverhalten die Waage. Bei den Ausgeschlossenen sind es hingegen 75 %, die diese These unterstützen.Dass die Integration von Studie-renden mit Kindern in den Stu-dienablauf durch eine Anwesen-heitspflicht erschwert wird, halten 79 % für zutreffend (92 % der Ausgeschlossenen). Bei Personen mit chronischen Krankheiten sind es 74 % (91 % der Ausgeschlos-senen). Allerdings geben auch ein Drittel der Befragten an, dies nicht einschätzen zu können.Auch auf die Lehre kann eine An-wesenheitspflicht Einfluss haben. Zum einen könnte eine didaktisch oder fachlich unterdurchschnittliche

Lehrveranstaltung dadurch stärker auffallen. Angesichts der Vorbehalte der Studierenden sich zu beschwe-ren, ist dies jedoch unwahrschein-lich. Andererseits kann durch die Pflicht zur Teilnahme aber auch der Druck vom Dozenten genommen werden, didaktisch oder fachlich überzeugen zu müssen, schließlich kommen die Studierenden ohnehin. Im Bezug auf Didaktik halten 59 % dies für zutreffend, im Bezug auf das fachliche Niveau sind es 51 %. Bei den „Ausgeschlossenen“ sind es 76 % bei Didaktik und 67 % beim fachlichen Niveau. In der kleinen Gruppe der Promotions-studierenden (ungewichtet), die bisher nicht Bestandteil der Unter-suchungspopulation sind, unter-stützen nur 43 % die These, dass das didaktische Niveau in der Folge einer Einführung der Anwesen-heitspflicht zunimmt und nur 40 % beim fachlichen Niveau. Zuletzt wurde gefragt, ob die Ein-führung von Anwesenheitspflicht etwas mit der Bolognaerklärung zu tun hat, ein oft genutztes Argument ohne reale Grundlage. Zwei Drittel enthält sich hier der Abstimmung. Von den übrigen sind noch 20 % von dieser Idee überzeugt.

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Auswirkungen auf die Sudierendenschaft

Welche gravierenden Probleme bei der derzeitigen Praxis entstehen können und worüber anscheinend von Seiten der Dozierendenschaft hinweggesehen wird, soll nachfol-gend dargestellt werden. Hierbei handelt es sich Überwiegend um Einzelschicksale. Diese zeigen aber dennoch, welche verherrenden Auswirkungen die Durchführung von Anwesenheitslisten mit sich bringen können. Die vorliegenden Beispiele sind am Institut für Schulpädagogik geschehen. Vergleichbare Fälle sind aber auch in vielen anderen Institu-ten so oder so ähnlich vorgefallen.

Etwa die Hälfte aller Studentinnen und Studenten beziehen teilweise Bafög oder können nur auf Grund von Stipendien oder anderen Zu-schüssen ihr Studium absolvieren. Der illegale Ausschluss von Stu-dierenden aus Veranstaltungen hat daher teilweise zur Folge, dass diese auf Grund von Brüchen in ihrer Studienplanung nicht weiter oder nicht ausreichend lang finan-zielle Unterstützung erhalten. Das Festhalten an diesem Verfahren hat zum Ergebnis, das derzeit ein Groß-teil der Studierenden der PHF ihr Studium über der Regelstudienzeit abschließen. Bei den Grundschul-pädagogen am Institut für Schulpä-

dagogik liegt die durchschnittliche Studiendauer bei elf Semestern, wobei die Regelstudienplatz bei neun Semestern liegt. Diese über-durchschnittliche Studiendauer wird zu einem großen Teil durch die notwendige Wiederholung von Veranstaltung auf Grund der An-wesenheitskontrolle verursacht. Ein besonderes Problem stellt in diesem Zusammenhang das Verfahren in der „Mathematik der Grundschul-pädagogik“ da. Dort verhindert eine ebenfalls illegale Regelung das Vorziehen von höheren Kursen bei nichtbestehen von Grundkursen.Weiterhin sind einige Dozenten nicht in der Lage verantwortungsvoll mit den Mitteln der Anwesenheits-kontrolle umzugehen. So wurden Studentinnen mit Kindern von Ver-anstaltungen ausgeschlossen, weil sie zu often fehlten, da ihre Kinder erkrankt waren. Es wurden auch Studenten von Veranstaltungen ausgeschlossen, welche auf Grund einer zu späten Einschreibung von Seiten der Universität nicht recht-zeitig an den Veranstaltungen teil-nehmen konnten. Solche Fälle sind zum Beispiel in der Grundschulpä-dagogik vorgekommen.Auch die Möglichkeit der Aus-gleichsleistungen wird von einigen Dozierenden schädlich missbraucht. So sind bereits mehrfach völlig un-angemessene Ausgleichsarbeiten von Studierenden verlangt worden,

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welche einen massiven Mehrauf-wand von Seiten der Studierenden verlangten und nach allgemeiner Rechtssprechung keinesfalls zu-lässig waren. Arbeiten von 40 und mehr Seiten sind in der Grundschul-pädagogik als Ausgleichsleistung für zwei oder drei veräumte Veran-staltungen keine Seltenheit.

Dies sind nur einige Probleme, welche durch die oftmals wilkürliche Anwenden und Auslegen der recht-lich nicht verankerten Anwesen-heitspflicht an der PHF entstanden sind und immer noch täglich ent-stehen. Sie sind Grund dafür, dass sich die Dauer des Studiums vieler Studenten um Manche zur Aufgabe ihres Studiums zwang, da sie nicht mehr an die Rechtmäßigkeit der Arbeitsweise der Mitarbeiter der Universität und auch ihres Studiums glaubten und den massiven Druck, welcher durch solche fragwürdigen Entscheidungen aufgebaut wird, standhalten konnten.

Die Autoren bedanken sich im be-sonderen bei Frau Astried Martin vom ITMZ für ihre technische Un-terstützung bei der Durchführung der Umfrage.

Danksagung

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