April 2016 REKLIM News und Forschungsthema des Monats...Climate and human influences on global...

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REKLIM News und Forschungsthema des Monats Seite 1 April 2016 CO 2 -Anstiegs in der Atmosphäre, aber auch Szenarien der Bevölkerungsentwicklung gemeinsam untersucht werden, um den großen Unsicherheiten in den Vorhersagen aller dieser am Feuer beteiligten Faktoren Rechnung zu tragen. Typischerweise werden hierzu Feuermodelle in dynamische globale Vegetationsmodelle integriert, die diesen Faktoren Rechnung tragen. Wenn in Simulationsexperimenten alleine der Einfluss des Klimawandels berücksichtig wird (Abb. 1 und 2), zeigt sich tatsächlich die erwartete Zunahme sowohl der verbrannten Fläche als auch der Schadstoffemissionen (Knorr et al., 2016a, b). Aber schon allein, wenn zusätzlich die atmosphä- rische CO 2 -Konzentration berücksichtig wird, reduziert sich der „nur-Klima“ Effekt deutlich. Das mag zunächst überra- schen, da Vegetation auf höheres CO 2 zunächst mit mehr Produktivität reagiert, so dass es dann auch mehr Biomasse zu verbrennen gibt. CO 2 verschiebt aber auch in Savannen – den am meisten betroffenen Ökosystemen – das Verhältnis sogenannter C4-Pflanzen (Gräser mit dem C4 Photosynthe- se-typ) zu holzigen Arten (mit C3 Photosynthese). Dies wie- derum führt zu einer Verringerung der verbrannten Fläche, da sich Grasfeuer schneller ausbreiten als Buschfeuer. Aber wie auch in der Vergangenheit wird das Gesamtbild wesentlich durch den Faktor Mensch beeinflusst. Je mehr Menschen, desto weniger Feuer. Dies bedeutet, dass der Einfluss der demographischen Entwicklung der Gesellschaft auf weltweite Feuer in Ökosystemen genauso stark ist, wie der des Klimawandels. In unseren Modellrechnungen untersuchten wir daher unterschiedliche Szenarien des Bevölkerungswachstums, die für das Ende des 21. Jahrhun- derts zwischen ca. 9 und 12 Milliarden Menschen vorher- sagen. Aber zusätzlich ist auch der Grad der Urbanisierung ein wesentlicher Faktor, der berücksichtigt werden muss. Es zeigt sich, dass – global betrachtet - die zukünftig niedrigste Feuer im Schnittpunkt von Ökosystemen und Mensch Feuer ist ein faszinierendes Umweltphänomen. Jährlich verbrennen weltweit etwa 300-350 Mio ha, das entspricht gut der Fläche von ganz Indien. Feuer in Wäldern und Savannen sind ein essentieller Bestandteil dieser Ökosys- teme. Sie tragen wesentlich zu Verjüngung der Bestände und zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Allerdings emittieren Feuer auch in großem Umfang Luftschadstoffe (bzw. deren atmosphärische Vorläufer), die nicht nur gesundheitsschäd- lich sind, sondern auch klimawirksam, wie z.B. Rußpartikel oder Ozon. Feuer verknüpft daher grundsätzliche Aspekte der Ökologie mit gesellschaftlichen Problemen des Kli- mawandels und der Luftverschmutzung, und das auf sehr komplexe Art und Weise (Bowman et al., 2009). Wie sich im Rahmen des Klimawandels das Risiko von Waldbränden und die verbrannte Fläche entwickeln wird, ist daher eine häufig diskutierte Frage, auch aufgrund der durch Brände verur- sachten beträchtlichen gesundheitlichen und wirtschaftli- chen Schäden. In einer zukünftig wärmeren und häufig auch trockeneren Welt wird das Brandrisiko ansteigen. Bisher wurde davon ausgegangen, dass sich dieses klimabedingte höhere Brand- risiko auch in mehr verbrannter Fläche und höheren Feuer- emissionen niederschlagen wird, was wiederum das Risiko von Schäden für den Menschen erhöht. Allerdings scheint dieser zunächst logisch erscheinende, einfache Zusammen- hang so nicht unbedingt zu bestehen. Zum einen zeigen verschiedene Studien, dass der Mensch Feuer nicht nur anfacht, sondern weitestgehend auch unterdrückt (Marlon et al., 2008; Archibald et al., 2008). Das mag regional sehr unterschiedlich sein, aber zumindest auf großen regionalen Skalen hat über das letzte Jahrhundert global die Größe der verbrannten Fläche wahrscheinlich nicht zu- sondern abge- nommen. Um in Simulationsexperimenten die historische und zukünftige Feuerentwicklung über das 21. Jahrhundert zu untersuchen, müssen daher Klimawandel, Szenarien des Forschungsthema des Monats Februar 2016: Topic 4 Landoberflächen im Klimasystem

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CO2-Anstiegs in der Atmosphäre, aber auch Szenarien der Bevölkerungsentwicklung gemeinsam untersucht werden, um den großen Unsicherheiten in den Vorhersagen aller dieser am Feuer beteiligten Faktoren Rechnung zu tragen. Typischerweise werden hierzu Feuermodelle in dynamische globale Vegetationsmodelle integriert, die diesen Faktoren Rechnung tragen.

Wenn in Simulationsexperimenten alleine der Einfluss des Klimawandels berücksichtig wird (Abb. 1 und 2), zeigt sich tatsächlich die erwartete Zunahme sowohl der verbrannten Fläche als auch der Schadstoffemissionen (Knorr et al., 2016a, b). Aber schon allein, wenn zusätzlich die atmosphä-rische CO2-Konzentration berücksichtig wird, reduziert sich der „nur-Klima“ Effekt deutlich. Das mag zunächst überra-schen, da Vegetation auf höheres CO2 zunächst mit mehr Produktivität reagiert, so dass es dann auch mehr Biomasse zu verbrennen gibt. CO2 verschiebt aber auch in Savannen – den am meisten betroffenen Ökosystemen – das Verhältnis sogenannter C4-Pflanzen (Gräser mit dem C4 Photosynthe-se-typ) zu holzigen Arten (mit C3 Photosynthese). Dies wie-derum führt zu einer Verringerung der verbrannten Fläche, da sich Grasfeuer schneller ausbreiten als Buschfeuer.

Aber wie auch in der Vergangenheit wird das Gesamtbild wesentlich durch den Faktor Mensch beeinflusst. Je mehr Menschen, desto weniger Feuer. Dies bedeutet, dass der Einfluss der demographischen Entwicklung der Gesellschaft auf weltweite Feuer in Ökosystemen genauso stark ist, wie der des Klimawandels. In unseren Modellrechnungen untersuchten wir daher unterschiedliche Szenarien des Bevölkerungswachstums, die für das Ende des 21. Jahrhun-derts zwischen ca. 9 und 12 Milliarden Menschen vorher-sagen. Aber zusätzlich ist auch der Grad der Urbanisierung ein wesentlicher Faktor, der berücksichtigt werden muss. Es zeigt sich, dass – global betrachtet - die zukünftig niedrigste

Feuer im Schnittpunkt von Ökosystemen und Mensch

Feuer ist ein faszinierendes Umweltphänomen. Jährlich verbrennen weltweit etwa 300-350 Mio ha, das entspricht gut der Fläche von ganz Indien. Feuer in Wäldern und Savannen sind ein essentieller Bestandteil dieser Ökosys-teme. Sie tragen wesentlich zu Verjüngung der Bestände und zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Allerdings emittieren Feuer auch in großem Umfang Luftschadstoffe (bzw. deren atmosphärische Vorläufer), die nicht nur gesundheitsschäd-lich sind, sondern auch klimawirksam, wie z.B. Rußpartikel oder Ozon. Feuer verknüpft daher grundsätzliche Aspekte der Ökologie mit gesellschaftlichen Problemen des Kli-mawandels und der Luftverschmutzung, und das auf sehr komplexe Art und Weise (Bowman et al., 2009). Wie sich im Rahmen des Klimawandels das Risiko von Waldbränden und die verbrannte Fläche entwickeln wird, ist daher eine häufig diskutierte Frage, auch aufgrund der durch Brände verur-sachten beträchtlichen gesundheitlichen und wirtschaftli-chen Schäden.

In einer zukünftig wärmeren und häufig auch trockeneren Welt wird das Brandrisiko ansteigen. Bisher wurde davon ausgegangen, dass sich dieses klimabedingte höhere Brand-risiko auch in mehr verbrannter Fläche und höheren Feuer-emissionen niederschlagen wird, was wiederum das Risiko von Schäden für den Menschen erhöht. Allerdings scheint dieser zunächst logisch erscheinende, einfache Zusammen-hang so nicht unbedingt zu bestehen. Zum einen zeigen verschiedene Studien, dass der Mensch Feuer nicht nur anfacht, sondern weitestgehend auch unterdrückt (Marlon et al., 2008; Archibald et al., 2008). Das mag regional sehr unterschiedlich sein, aber zumindest auf großen regionalen Skalen hat über das letzte Jahrhundert global die Größe der verbrannten Fläche wahrscheinlich nicht zu- sondern abge-nommen. Um in Simulationsexperimenten die historische und zukünftige Feuerentwicklung über das 21. Jahrhundert zu untersuchen, müssen daher Klimawandel, Szenarien des

Forschungsthema des Monats Februar 2016: Topic 4Landoberflächen im Klimasystem

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Referenzen: Archibald, S., Roy, D. P., van Wilgen, B. W., and Scholes, R. J. (2008): What limits fire?: An examination of drivers of burnt area in southern Africa, Global Change Biology, doi: 10.1111/j.1365-2486.2008.01754.x.

Bowman, D. M. J. S., Balch, J. K., Artaxo, P., Bond, W. J., Carlson, J. M., Cochrane, M. A., D‘Antonio, C. M., DeFries, R. S., Doyle, J. C., Harrison, S. P., Johnston, F. H., Keeley, J. E., Krawchuk, M. A., Kull, C. A., Marston, J. B., Moritz, M. A., Prentice, I. C., Roos, C. I., Scott, A. C., Swetnam, T. W., van der Werf, G. R., and Pyne, S. J. (2009): Fire in the Earth System, Science, 324, 481-484, 10.1126/science.1163886.

Knorr, K., Jiang, L., and Arneth, A. (2016a): Climate, CO2, and de-mographic impacts on global wildfire emissions Biogeosciences, 13, 267-282, doi:10.5194/bg-13-267-2016.

Knorr, W., Arneth, A., and Jiang, L. (2016b): Demographic controls of future fire risks, Nature Climate Change, in press.

Marlon, J. R., Bartlein, P. J., Carcaillet, C., Gavin, D. G., Harrison, S. P., Higuera, P. E., Joos, F., Power, M. J., and Prentice, I. C. (2008): Climate and human influences on global biomass burning over the past two millennia, Nature Geoscience, 1, 697-702.

verbrannte Fläche und Feueremissionen für hohes Bevölke-rungswachstum und einen niedrigen Grad der Urbanisierung projiziert werden.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich das Feuerrisiko für menschliche Gesellschaften verringern wird. Wesentlich ge-wichtiger als die Änderung der weltweit verbrannten Fläche ist schlicht, dass die Landoberfläche, die dicht besiedelt sein wird, stark zunimmt und mehr und mehr Menschen in Feuer-empfänglichen Regionen leben werden. Abschätzung zukünftiger Feuerrisiken für den Menschen und die Ent-wicklung von Feuermanagementstrategien müssen daher nicht nur Klimawandel sondern v.a. auch demographische Entwicklung und Lebensstil berücksichtigen.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Almut ArnethKIT, [email protected]

Abb. 1: Emissionen von Wald- und Grasland-feuern für verschiedene Regionen für 1971-2000 (Mitte), und die Änderungen zur Periode 2071-2100 (positiv: Zunahme in der Zukunft). Simulationen wurden durchgeführt mit dem dynamischen Vegetations- und Feuermodel LPJ-GUESS_SIMFIRE (Knorr et al., 2016 a,b), angetrieben mit 8 verschiedenen Klimareali-sationen. Ein Szenario mittlerer Erwärmung (RCP4.5) und eines starker Erwärmung (RCP8.5) wurden verwendet. Verschiedene Far-ben symbolisieren den Einfluss verschiedener Faktoren (Klima, CO2 und Bevölkerung), wobei Klimaeffekte direkt auf die verbrannte Fläche wirken, aber zusätzlich auch über den Klimaef-fekt auf das Vegetationswachstum; ähnliches gilt auch für atmosphärisches CO2.

Abb. 2: Simulierte global verbrannte Fläche (Durchschnitt aus 8 Klimareali-sationen, die als Antrieb für LPJ-GUESS-SIMFIRE verwendet wurden), basierend auf faktoriellen Experimenten, die nur Klimawandel berücksichtigen (schwarz), dann zusätzlich atmosphärisches CO2 (blau), und unterschiedliche Bevölke-rungsszenarien (SSP) mit verschiede-nem Grad der Urbanisierung (rot). (a) für mittleren Klimawandel im 21. Jahr-hundert (RCP4.5), und (b) für starken Klimawandel (RCP8.5).

Dr. Wolfgang KnorrUniversität Lund, [email protected]