Arbeitsalltag als TV-Journalist · 2014-07-04 · Tipps, Berichte und zahlreiche Stellenangebote...

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1 hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.V., Buschstr. 85, 53113 Bonn [email protected], Tel. 0228/20161-15 Tipps, Berichte und zahlreiche Stellenangebote für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen – jede Woche aktuell. Informationen zum Abonnement unter www.wila-arbeitsmarkt.de arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN W ährend die eine vielleicht hofft, irgendwann ihr eigenes Dreh- buch zu schreiben, wünscht sich der andere, in Live-Sendungen über Weltnachrichten zu berichten. Und während die eine unbedingt einmal wie Caren Miosga die ARD-Tagesthe- men moderieren möchte, sieht sich die andere als Arabella Kiesbauer in einer ProSieben-Talkshow... Später einmal beim Fernsehen arbeiten zu können, das ist für viele ein großer Traum. Doch wohin soll die Reise gehen? „Kaum eine Branche bringt eine solche Vielzahl unter- schiedlicher Berufsbilder hervor wie die Medien“, heißt es auf der Website des KoordinationsCentrum für Ausbildung in den Medienberufen (AIM), dessen Mitar- beiter sich mehr oder weniger nur darum kümmern, hier den Überblick zu bewah- ren. Denn die Bandbreite an Berufs- und Tätigkeitsprofilen beim Fernsehen ist unüberschaubar groß und die Berufsbil- der wandeln sich ständig. Gerade auch Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen sind laut AIM-Mitarbeiterin Anne Schulz in vielen Bereichen gefragt: Von Pro- grammplanung, Zuschauerforschung und Marketing über die Stoffentwicklung im Spielfilmbereich bis hin zur Archiv- arbeit und Medienpädagogik. Ganz zu schweigen von den TV-Journalisten, die als Redakteure hinter oder als Moderato- ren vor der Kamera stehen und um die es in diesem Artikel vor allem gehen soll. Arbeitsalltag als TV-Journalist „Mein Arbeitstag beginnt um neun Uhr mit der Redaktionskonferenz, bei der die The- men für die Sendung ‚Drehscheibe Dres- den‘ besprochen werden, die am späten Nachmittag gesendet wird. Danach geht es raus zum Dreh“, erzählt die angehende Fernsehjournalistin Luisa Graf auf abi.de. Manchmal besuche sie um diese Zeit auch schon eine Pressekonferenz oder sei für Recherchen unterwegs. Luisa Graf ist Studentin des dualen Bachelor-Studien- gangs Fernseh-Journalismus, den die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) in Leipzig gemeinsam mit der Fernseh Akademie Mitteldeutschland (FAM) anbietet. Das vierte Semester ver- bringt sie als Praxissemester beim Regio- nalsender „Dresden Fernsehen“. Luisa hat die Erfahrung gemacht, dass der Arbeits- tag häufig nicht wie geplant um 18.30 Uhr endet und auch die regelmäßige Arbeit am Wochenende zum Job gehört. Auch andere, erfahrenere Berufsjournalisten betonen gerne, dass der Arbeitsalltag beim Fernsehen häufig weniger aufregend abläuft als viele es sich vorstellen: „Was tut ein Nachrichten-Redakteur also den lie- ben langen Tag? Kurz gefasst: Er liest, re- cherchiert, wählt Themen aus, schreibt Texte, sichtet Bildmaterial, schneidet und vertont Beiträge. Im Gegensatz zum Bild des ‚rasenden Reporters‘ à la Kisch eine vor allem sitzende Tätigkeit“, schreibt Pe- ter Kloeppel, Anchorman von RTL Aktuell und Chefredakteur von RTL im Buch „Fas- zination TV-Journalismus“. Und: „Die Ar- beit in einer Redaktion macht meistens Spaß, doch auch hier läuft man immer wieder mal Gefahr, sich von der Routine einlullen zu lassen“. Wenig glamourös Im selbem Buch versucht auch die Jour- nalistin und Unternehmensberaterin Ka- Das Fernsehen bietet viele spannende Tätigkeitsfelder für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen, zum Bei- spiel als Redakteur/in oder Moderator/in. Doch wie ge- lingt der Einstieg? | Janna Lena Degener „ARD Hauptstadtstudio“ © Peter von Bechen/pixelio.de Wege zum Fernsehen MEDIENBERUFE

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[email protected], Tel. 0228/20161-15

Tipps, Berichte und zahlreiche Stellenangebote für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen – jede Woche aktuell.Informationen zum Abonnement unter www.wila-arbeitsmarkt.de

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Während die eine vielleicht hofft, irgendwann ihr eigenes Dreh-buch zu schreiben, wünscht

sich der andere, in Live-Sendungen über Weltnachrichten zu berichten. Und während die eine unbedingt einmal wie Caren Miosga die ARD-Tagesthe-men moderieren möchte, sieht sich die andere als Arabella Kiesbauer in einer ProSieben-Talkshow... Später einmal beim Fernsehen arbeiten zu können, das ist für viele ein großer Traum. Doch wohin soll die Reise gehen? „Kaum eine Branche bringt eine solche Vielzahl unter-schiedlicher Berufsbilder hervor wie die Medien“, heißt es auf der Website des

KoordinationsCentrum für Ausbildung in den Medienberufen (AIM), dessen Mitar-beiter sich mehr oder weniger nur darum kümmern, hier den Überblick zu bewah-ren. Denn die Bandbreite an Berufs- und Tätigkeitsprofilen beim Fernsehen ist unüberschaubar groß und die Berufsbil-der wandeln sich ständig. Gerade auch Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen sind laut AIM-Mitarbeiterin Anne Schulz in vielen Bereichen gefragt: Von Pro-grammplanung, Zuschauerforschung und Marketing über die Stoffentwicklung im Spielfilmbereich bis hin zur Archiv-arbeit und Medienpädagogik. Ganz zu schweigen von den TV-Journalisten, die

als Redakteure hinter oder als Moderato-ren vor der Kamera stehen und um die es in diesem Artikel vor allem gehen soll.

Arbeitsalltag als TV-Journalist

„Mein Arbeitstag beginnt um neun Uhr mit der Redaktionskonferenz, bei der die The-men für die Sendung ‚Drehscheibe Dres-den‘ besprochen werden, die am späten Nachmittag gesendet wird. Danach geht es raus zum Dreh“, erzählt die angehende Fernsehjournalistin Luisa Graf auf abi.de. Manchmal besuche sie um diese Zeit auch schon eine Pressekonferenz oder sei für Recherchen unterwegs. Luisa Graf ist Studentin des dualen Bachelor-Studien-gangs Fernseh-Journalismus, den die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) in Leipzig gemeinsam mit der Fernseh Akademie Mitteldeutschland (FAM) anbietet. Das vierte Semester ver-bringt sie als Praxissemester beim Regio-nalsender „Dresden Fernsehen“. Luisa hat die Erfahrung gemacht, dass der Arbeits-tag häufig nicht wie geplant um 18.30 Uhr endet und auch die regelmäßige Arbeit am Wochenende zum Job gehört. Auch andere, erfahrenere Berufsjournalisten betonen gerne, dass der Arbeitsalltag beim Fernsehen häufig weniger aufregend abläuft als viele es sich vorstellen: „Was tut ein Nachrichten-Redakteur also den lie-ben langen Tag? Kurz gefasst: Er liest, re-cherchiert, wählt Themen aus, schreibt Texte, sichtet Bildmaterial, schneidet und vertont Beiträge. Im Gegensatz zum Bild des ‚rasenden Reporters‘ à la Kisch eine vor allem sitzende Tätigkeit“, schreibt Pe-ter Kloeppel, Anchorman von RTL Aktuell und Chefredakteur von RTL im Buch „Fas-zination TV-Journalismus“. Und: „Die Ar-beit in einer Redaktion macht meistens Spaß, doch auch hier läuft man immer wieder mal Gefahr, sich von der Routine einlullen zu lassen“.

Wenig glamourös

Im selbem Buch versucht auch die Jour-nalistin und Unternehmensberaterin Ka-

Das Fernsehen bietet viele spannende Tätigkeitsfelder für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen, zum Bei-spiel als Redakteur/in oder Moderator/in. Doch wie ge-lingt der Einstieg? | Janna Lena Degener

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Wege zum Fernsehen

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trin Müller-Walde, gängige Vorurteile zu widerlegen: „Der Beruf des Fernsehjour-nalisten erscheint Außenstehen oft als glamourös, aufregend, als Beruf, bei dem man wenig tun muss, viel Geld verdient und berühmt wird. Das kann passieren. Meist ist es aber nicht so. Im Gegenteil. Gefragt sind Wissen, starke Nerven und Ausdauer. Vor allem aber darf man nicht empfindlich sein. Der Ton in der Branche ist rauer als man annimmt. Genau ge-nommen ist TV häufig schlecht bezahlte Fließbandproduktion in Besenkammern – Elektrosmog und missgelauntes, weil gehetztes Personal inklusive. Dessen muss man sich bewusst sein.“

Ein diffuses Interesse an dem Medium reicht also offenbar nicht aus, um in der Fernsehbranche Fuß zu fassen und sich wohl zu fühlen. Wer aber – wie es der Chefredakteur des ZDF, Nikolaus Brender, formuliert – „mitfiebert im Fluss nach Nachrichten, wer Spaß hat, mit Bildern Geschichten zu erzählen, wer offen und neugierig ist“, wer hartnäckig und stress-resistent ist, ein breites Allgemeinwissen hat, gut schreiben und zielorientiert ar-beiten kann, für den kann der Beruf des TV-Redakteurs tatsächlich ein Traumjob sein und bleiben.

Als Moderator vor der Kamera

Noch begehrter als der Redakteurjob scheint der Moderatorenjob in Nachrich-ten- und Magazinsendungen oder auch Unterhaltungs- und Talkshows zu sein: Schon 1983 stellte der Kommunikations-wissenschaftler Heinz-Dieter Fischer fest: „Unter den zahlreichen Kommunikator-Rollen, die hierzulande im Journalismus existieren, tritt eine ganz besonders au-genfällig hervor, nämlich die des Fernseh-moderators. Personen dieser Journalisten-Spezies sind dem Publikum in der Regel bekannter als hoch- oder gar höchstrangi-ge Vertreter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland, einschließlich der Intendan-ten, Chefredakteure und Programmdirek-toren“ (Vgl. Silke Fritzsche: „TV-Moderati-

on“). Und auch heute noch konstatieren die Fernsehjournalisten Massaguié und Resch: „Für den größten Teil der Mensch-heit (nämlich die, die kein Fernsehen ma-chen, sondern nur Fernsehen gucken), arbeitet im Fernsehen nur einer, nämlich der Moderator“. Laut der Journalistin Silke Fritschke, die selbst erfolgreiche TV-Mode-ratoren trainiert, ist „Moderieren (...) heute weit mehr als das pure Einleiten, Verbin-den und Führen durch das Sendeformat. Der Moderator ist zu einem integrierten Sendeelement geworden, er trägt die Sen-dung und ist oft inhaltlich aktiv in die the-matische Gestaltung involviert.“ Dazu ge-hören für Fritschke das „redaktionell-in-haltliche Mitwirken an der thematischen Erschließung der Sendeinhalte, Recher-chearbeiten und Informationsbeschaf-fung, Übersetzung schwieriger – oft politi-scher – Inhalte in verständliche Sprechtex-te, das aktive Verbinden von Beiträgen zu einem inhaltslogischen Sendeformat bis hin zu Präsentationsaufgaben für das je-weilige Sendeformat in der Öffentlich-keitsarbeit.“ Kein Wunder also, dass eine fundierte journalistische Ausbildung für TV-Moderatoren – wie auch für TV- Redak-

teure – unerlässlich ist. Doch wie sollte diese Ausbildung eigentlich aussehen?

Wege zum Beruf

Eine einheitliche Ausbildung für TV-Jour-nalisten gibt es nicht. Doch es gibt zahl-reiche Empfehlungen von Experten aus der Praxis. Viele davon haben Vivan Mas-saguié und Markus Resch in ihrem Buch „TV-Journalismus. Tipps und Tricks von prominenten Fernsehmachern für den Berufseinstieg“ zusammengetragen: Bei den privaten Sendern kann man dem-nach nach dem Abitur ohne Studium ei-nen Einstieg in den TV-Journalismus fin-den: „Ein Studienabschluss ist weder eine Hilfe noch ein Hindernis“, wird ein RTL-Mitarbeiter zitiert. Aber ohne Volon-tariat gehe dort auch nichts. Der Privat-sender rekrutiere seinen Nachwuchs ausschließlich von der eigenen Journalis-tenschule. Abgesehen von diesem Bei-spiel scheint ein abgeschlossenes Studi-um im Großen und Ganzen jedoch als wichtige Grundvoraussetzung für den Berufseinstieg in den TV-Journalismus zu gelten. Von einem Studium der Publizistik

WEGWEISER IM MEDIENDSCHUNGEL

Das KoordinationsCentrum

für Ausbildung in den

Medienberufen (AIM) in

Köln unterstützt die Mitar-

beiter und auch die Me-

dienunternehmen dabei,

die immer wieder neuen

Anforderungen der unüber-

sichtlichen und sich ständig wandeln-

den Medienbranche zu bewältigen:

Die Mitarbeiter des AIM bündeln

Informationen über Berufsfelder und

Zugangswege, agieren als Ansprech-

partner für den Hochschulbereich,

definieren Anforderungsprofile, un-

tersuchen Qualifikationsdefizite in der

Medienwirtschaft und unterstützen

Medienunternehmen bei der Perso-

nalentwicklung. So bieten sie bei-

spielsweise Informations- und

Orientierungsveranstaltungen,

eine individuelle Laufbahnbe-

ratung und eine persönliche

Orientierungsberatung für

Schüler und Studenten an,

die in die Medienbranche

einsteigen wollen. Mit dem

Medien-Informations-Archiv (MIA)

stellen sie Medienschaffenden und

Nachwuchskräften zudem einen In-

formations- und Beratungsdienst mit

Informationen zu einzelnen Berufsbil-

dern in der Medienbranche, Zugangs-

voraussetzungen und Ausbildungsan-

geboten zur Verfügung. Mehr Infor-

mationen zum KoordinationsCentrum

für Ausbildung in den Medienberufen

gibt‘s unter www.aim-mia.de.

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arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN

te Germanisten, Politologen, Historiker, Juristen, Betriebs- und Volkswirte“ vertre-ten. Je ausgefallener das Studium, desto besser seien manchmal die Einstel-lungschancen: Große Tageszeitungen, aber auch Fernseh-Redaktionen suchen laut Kloeppel schon mal gerne nach Theologen, Biologen oder Sinologen – denn Absolventen solcher Studiengänge könnten das Spektrum und die Tiefe der Berichterstattung immer bereichern.

Journalistik studieren?

Katrin Müller-Wade empfiehlt: „Studieren Sie, was ihren Talenten am meisten ent-gegenkommt, und nicht notwendiger-weise Journalistik. Studieren Sie, wofür Sie brennen, worauf Sie wirklich neugie-rig sind. ... Gerne warne ich vor Publizistik oder Journalistik, wenn der Studiengang nicht unerhört praxisorientiert ist.“ Einen guten Ruf haben sich in dieser Hinsicht laut Manuel J. Hartung, Chefredakteur des Studentenmagazins Zeit Campus, die Journalismus-Studiengänge an den Universitäten Dortmund, Eichstätt und auch Leipzig erarbeitet (vgl. www.studis-online.de, Stichwort „Medien- und Jour-nalismus-Studiengänge“), an denen hohe NCs allerdings offenbar die Regel sind. Auch Luisa Graf hat in Leipzig gute Erfahrungen mit dem praxisorientierten Fernsehjournalismus-Studium gemacht: „Die Praxiserfahrungen der Studieren-den“, heißt es auf abi.de, „beschränken sich nicht nur auf den Betrieb, wo etwa 40 Prozent der Ausbildungszeit verbracht wird. Beide Studienorte in Leipzig verfü-

gen über die notwendige technische Ausstattung, um Sendungen zu produzie-ren. Dazu gehören zum Beispiel Studios, an denen die Film- und Tonaufnahmen an Computerschnittplätzen bearbeitet werden. (...) Sehr theoretisch sei in Luisa Grafs Studium eigentlich nur das erste Semester gewesen. Zu Beginn des Studi-ums gehörten Grundlagen wie das Schreiben von Texten und die Unter-schiede journalistischer Darstellungsfor-men wie etwa Nachrichten oder Porträts dazu. Zudem lernten die Studierenden bereits die Kameraarbeit intensiv ken-nen.“

Praktika, Hospitanzen, Volontariate

Luisa Graf hat sich schon früh für den Journalismus interessiert, als Schülerin beim Offenen Kanal in Gera mitgearbei-tet, Praktika bei zwei privaten Radiosen-dern in Leipzig sowie in der jungen Re-daktion der „Sächsischen Zeitung“ ge-macht und nach dem Abitur ein einjähri-ges Volontariat bei „Dresden Fernsehen“ absolviert. Damit hatte sie zu Studienbe-ginn schon wichtige Stationen durchlau-fen, die andere erst während oder nach dem Studium erwarten: Praktika, Hospi-tanzen, Volontariate... „Die Begrifflichkei-ten unterscheiden sich von Sender zu Sender. Meist ist ein Praktikum der erste Schritt in eine Redaktion zum Kennenler-nen der Abläufe. Ein Hospitant darf meist schon stärker inhaltlich in der Redaktion mitarbeiten. Und ein Volontär kann sich am Ende seiner Lehrzeit Redakteur nen-nen“, erklären Massaguié und Resch. „Wie auch immer der Fernsehnachwuchs genannt wird: Sie alle sind neu und wol-len wissen, wie Fernsehen funktioniert.“ Ein möglichst früher Einstieg ist laut Mas-saguié und Resch empfehlenswert: „Denn Tausende bewerben sich pro Jahr um die wenigen Hospitanzstellen, die es in den Redaktionen gibt. Meist setzen die Sender für die Hospitanz ein abgeschlos-senes Grundstudium voraus. Doch man sollte sich nicht erst dann bewerben,

oder der Film- und Fernsehwissenschaf-ten raten viele Leute aus der journalisti-schen Praxis dagegen ab: „Da gibt es viel Theorie, aber keine Praxis. Letztlich kommt es darauf an, wie gut einer recher-chiert und schreibt und nicht darauf, wie gut das theoretische Wissen ist“, meint der WDR-Chefredakteur Jörg Schönen-born. Laut Anne Schulz von AIM eignen sich solche Studienabschlüsse dagegen eher für andere Fernsehberufe: Medien- und Kommunikationswissenschaftler sei-en neben BWLern interessant für das Marketing, wo es um die Vermarktung des Senders selbst geht. Die Film- und Fernsehhochschulen qualifizieren laut Schulz nicht in erster Linie für den Jour-nalismus, sondern bieten Studiengänge wie Regie, Schnitt, Schauspiel, etc.

Fachstudium ist gefragt

Wer dagegen TV-Journalist werden möchte, sollte eher ein Fachstudium ohne direkte Verbindung zum Journalis-tenberuf oder Fernsehen wählen. Das rät auch Nikolaus Brender: „Empfehlenswert ist ein abgeschlossenes Studium in ei-nem der gängigen Fächer, von der Be-triebswirtschaft bis zur Medizin. Allroun-der mit breitem Allgemeinwissen haben gute Chancen, einen Einstieg zu finden. Mehr denn je werden in der heutigen Zeit Spezialisten gesucht: Gute Wissen-schaftsredakteure oder Kollegen mit exo-tischen Sprachkenntnissen, wie zum Bei-spiel Chinesisch. Der Rest ist Praxis, Pra-xis, Praxis.“ Am häufigsten sind in den Redaktionen laut Peter Kloeppel „studier-

Gefragter Job mit viel Öffentlichkeit - der TV-Moderator Daniel Hajduk/pixelio.de

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dienstmöglichkeiten und Ausbildungsin-halte laut Harald Keller teils erheblich unterscheiden: „Aspiranten, die beson-dere Ansprüche und Wünsche erfüllt se-hen wollen, kommen nicht umhin, sich bei der Suche nach dem geeigneten Ins-titut schon mal in der journalistischen Tugend des Recherchieren zu üben.“ Ei-nen ersten Überblick verschafft Kellers Zusammenstellung „Wege ins Fernse-hen“, die auf http://rtl-journalisten-schule.de zum kostenlosen Download zur Verfügung steht.

Unabhängig davon, welchen Karriere-weg angehende TV-Journalisten wählen - wichtig ist laut allen Experten, schon möglichst früh Praxiserfahrungen zu sam-meln. Massaguié und Resch empfehlen, sich schon zu Beginn des Studiums um einen Job in einem Sender zu bewerben – „sei es als Kabelträger oder Telefonist. Hauptsache, man ist drin.“ Wenn man den Sender von innen kenne, um Abläu-fe und wichtige Personen wisse, könne man leichter Kontakte knüpfen - die dann wiederum bei der Bewerbung um einen Hospitanz- oder Volontariatsplatz weiter-helfen können. Auch wer Moderator werden möchte, sollte sich laut Massa-guié und Resch „zunächst als Journalist etablieren und dann versuchen, über die internen Ausbildungswege der Sender eine entsprechende Fortbildung zu ma-chen“. Eine Möglichkeit dazu bietet bei-spielsweise das Institut für Moderation an der Hochschule der Medien in Stuttgart (www.hdm-stuttgart.de/weiterbildung/imo/).

Arbeitsmarktchancen

„In der Tat, der Arbeitsmarkt sieht trübe aus“, wird ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender von Massaguié und Resch zitiert. Und auch Ralf Beckmann, Arbeitsmarkt-experte der Bundesagentur für Arbeit, konstatiert auf abi.de: „Tätigkeiten beim Fernsehen, egal ob kreativ, journalistisch oder technisch sind für viele ein Traum-beruf. Dementsprechend groß ist die Konkurrenz“. Anne Schulz von AIM dage-

gen findet, dass man aufgrund der gro-ßen Bandbreite an verschiedenen Sen-dern und Tätigkeitsbereichen im Fernse-hen keine pauschalen Antworten zu den Arbeitsmarktchancen geben kann. Dazu kommt laut Schulz, dass sich der Bedarf bei den Sendern immer wieder ändere und die Einstellungschancen gerade bei Absolventen von geistes- und sozialwis-senschaftlichen Studiengängen von vie-lerlei Faktoren beeinflusst werden. Weil die Sender nach wie vor jedes Jahr stei-gende Umsätze und eine höhere Fern-sehnutzung verzeichnen, sieht sie die Zukunft optimistisch: „Die Werbekrise hat die Budgets der Sender zum Teil stark beeinflusst, aber dennoch ist das Fernse-hen nach wie vor ein Leitmedium.“ Und auch Nikolaus Brender gibt zu: Seinen Traumjob sollte man niemandem ausre-den.

INTERVIEWmit Anne Schulz vom KoordinationsCen-trum für Ausbildung in den Medienberu-fen (AIM) in Köln

arbeitsmarkt: Welche Arbeitsfelder gibt es für Geistes- und Sozialwissen-schaftler beim Fernsehen, abgesehen von der Redaktion und Moderation?Anne Schulz: Die Situation des Perso-nalbedarfs unterscheidet sich stark je nach Profil des jeweiligen Fernsehsen-ders. Wir haben einerseits die großen öf-fentlich-rechtlichen Flaggschiffe und an-dererseits eine breite Palette an privaten Sendern – angefangen bei denen, die sich vom Programmschema an den öf-fentlich-rechtlichen orientieren über die-

wenn alle Scheine des Grundstudiums beisammen sind. Denn nicht selten müs-sen Kandidaten bis zu zwei Jahre auf eine Zusage warten. Es ist sinnvoll, sich bereits während des Grundstudiums zu bewer-ben und einen Termin anzugeben, zu dem man mit abgeschlossenem Grund-studium zur Verfügung steht.“

Wenn man dann wie Luisa Graf vor oder aber auch nach dem Studium einen Volontariatsplatz bei einer Fernsehanstalt ergattert, hat man häufig schon einen wichtigen Schritt in seiner journalisti-schen Laufbahn gemacht. Dennoch soll-te man sich – etwa mithilfe der „Checklis-te Volontariat“ vom Deutschen Journalis-tenverband auf www.djv.de – vor Antritt des Volontariats genau über die Ausbil-dungsbedingungen informieren, denn es gibt hier große Qualitätsunterschiede. Bei den meisten öffentlich-rechtlichen Sen-dern, bei denen nur alle zwei Jahre neue Jahrgänge aufgenommen werden und die Zahl der Ausbildungsplätze gemes-sen an der Nachfrage gering ist, ist der Zugang laut Harald Keller nicht immer einfach: „Der Hessische Rundfunk bei-spielsweise beschäftigt drei Volontäre, der Saarländische Rundfunk acht, der Bayerische Rundfunk zwölf.“ (Bericht „Wege ins Fernsehen“ von Harald Keller auf http://rtl-journalistenschule.de). „In der Tat hangeln sich immer mehr Journa-lismusinteressierte (oft unbezahlt) von Hospitanz zu Hospitanz, um einen Ein-stieg in die Branche zu finden“, stimmt auch die Journalistin und Unternehmens-beraterin Katrin Müller-Wade zu. Das sei gewissermaßen der zweitbeste Weg, wenn Ihre Versuche, ein Volontariat zu absolvieren oder eine Stelle als Berufsan-fänger zu finden, fehlgeschlagen sind.

Journalistenschulen und Akademien

Eine Alternative sind die journalistischen Aufbaustudiengänge oder der Einstieg über Journalistenschulen und Akademi-en, deren Angebote sich aber hinsichtlich der Voraussetzungen, Kosten oder Ver-

INTERVIEWPARTNERAnne Schulz

vom Koordina-

tionsCentrum

für Ausbildung

in den Medien-

berufen (AIM)

in Köln.

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des Studiums, in der Abschlussarbeit oder bei studienbegleitenden Jobs schon entsprechende Schwerpunkte legen. Wenn jemand zum Beispiel Geschichte studiert und sich für einen Einstieg in dem Bereich Dokumentarfilm interes-siert, wäre es gut, nicht nur Geschichts-kompetenzen zu erwerben, sondern sich auch damit zu beschäftigen, wie Ge-schichte medial verarbeitet wird: Was gibt es für eine Tradition der filmischen Um-setzung? Wie entwickeln sich die Forma-te hier in der Bundesrepublik? Wie ma-chen das andere Sender? Es gelingt leichter, die Brücke zwischen dem eige-nen Fach und der Fernsehbranche zu schlagen, wenn man beispielsweise als studentische Aushilfe selbst schon ein-mal im Sender gearbeitet hat. Außerdem kann man so besser einschätzen, ob ei-nem das Feld Spaß macht und welcher Bereich einem selbst am besten liegt. Wenn man im öffentlich-rechtlichen Be-reich arbeiten möchte, sollte man da auch früh Berufserfahrung sammeln. Au-ßerdem sollte man sich allein aus berufs-strategischen Gründen mehrmedial aus-richten: Die meisten Sender sind keine reinen Fernsehsender, sondern haben zumindest einen großen online-Bereich und oft auch Radio. In den Redaktionen bespielen die Freien – und viele sind am Ende des Studiums zumindest eine Zeit-lang als Freie unterwegs – so gut wie im-mer mehrere mediale Plattformen.

Wie schätzen Sie den Arbeitsmarkt in der Fernsehbranche für Geistes- und Sozialwissenschaftler ein? Die Bandbreite an Sendern und Tätig-keitsbereichen im Fernsehen ist so groß, dass man auf diese Frage keine pauscha-len Antworten geben kann. Es kommt auch immer darauf an, was ich gemacht habe, was momentan der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt ist und wie gut ich meine Kompetenzen den potentiellen Arbeits- oder Auftraggebern vermitteln kann. Ganz aktuell gibt es aufgrund des arabischen Frühlings in den Medien bei-spielsweise eine starke Nachfrage an

jenigen mit einem sehr werbeorientierten Programmangebot bis hin zu Sendern, die reines Verkaufsfernsehen machen. Bei den Sendern, die ein relativ großes redaktionell verantwortetes Programm haben, die Nachrichten machen, Doku-mentationen senden, Magazinbeiträge machen, Sportberichterstattung machen usw. und nicht nur Hollywoodfilme „recy-celn“, haben wir, abgesehen von der Re-daktion und Moderation, einen hohen Anteil an Positionen in der strategischen Planung, also Programmplanung und Zu-schauerforschung. Dazu kommt der Be-reich Archiv, in dem es um das Abspei-chern und Zur-Verfügung-Stellen von In-formationen geht. Dieser Bereich ist ins-besondere für Absolventen der Biblio-theks- und Informationswissenschaften interessant. Im Bereich der Programm-planung geht es dann bis hinein ins Mar-keting, also in die Vermarktung des Sen-ders oder einzelner Sendeprofile. Hier kommen vor allem BWLer, aber auch Medien- und Kommunikationswissen-schaftler zum Zug. Und dann geht es ge-rade bei den öffentlich-rechtlichen und den größeren privaten Sendern auch um die Frage der Medienpädagogik: Wie wird mit Sendungen umgegangen, die sich an Kinder und Jugendliche richten? Was ist, wenn Programmbeschwerden kommen? Das ist aber meist ein kleiner Bereich. Jenseits der tagesaktuellen Berichterstat-tung, etwa im Spielfilmbereich, gibt es auch im Bereich Stoffentwicklung Ar-beitsfelder. Die Drehbücher werden von Freiberuflern geschrieben, aber der Pro-zess wird von Mitarbeitern aus dem Sen-der begleitet. Dazu kommen die Absol-venten von Studiengängen, die in die di-rekte Fernsehproduktion führen wie Re-gie, Schauspiel etcetera.

Welche Empfehlungen haben Sie für Geistes- und Sozialwissenschaftler, die einen Einstieg in die Fernsehbran-che finden wollen?Wenn es im Studium noch keinen Schwerpunkt auf den Medienbereich gibt, sollte man idealerweise während

Leuten, die arabisch sprechen und sich in der Region auskennen. Genauso ist das vorher bei der EU-Osterweiterung gewesen, als plötzlich völlig neue The-men auf den Tisch kamen. Und auch Fragen der Wissenschaftsberichterstat-tung sind gerade ein Mega-Trend. Diese Dinge entwickeln sich teils ad hoc und teils langfristig, so dass man keine gene-rellen Aussagen treffen kann. Es ist aber zu empfehlen, dass Geistes- und Sozial-wissenschaftler sich die Medien unter Arbeitsmarktgesichtspunkten auch ein-mal nüchtern ansehen: Die Verkaufssen-der, aber auch der Bereich der interakti-ven Spiele sind unter Arbeitsmarktge-sichtspunkten sehr interessant. Manche finden es auch inhaltlich spannend, an-dere wenden sich mit Grausen ab. Aber in diesen Bereichen steigen die Umsätze besonders.

INFO

Quellen, Literatur und Links: „Fernsehjournalismus. An Mikro und Schneidepult“ auf www.abi.de „Jobs bei Film und Fernsehen“ auf www.fluter.de „Wege ins Fernsehen“ auf http://rtl-journalistenschule.deAIM – das KoordinationsCentrum für Ausbildung in Medienberufen http://www.aim-mia.de

Cornelia Schmidt-Matthiesen, Basti-an Clevé: Produktionsmanagement für Film und Fernsehen. UVK Verlags-gesellschaft mbH, 2010. Deutscher Journalistenverband http://www.djv.de Silke Fritzsche: TV-Moderation. UVK Verlagsgesellschaft mbH, 2009.Vivian Massaguié, Markus Resch (Hg.): Faszination TV-Journalismus. Tipps und Tricks von prominenten Fernsehmachern für den Berufsein-stieg. Mit einem Nachwort von Ulrich Wickert. BW Bildung und Wissen Ver-lag und Software GmbH, 2004.