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1 Tipps, Berichte und zahlreiche Stellenangebote für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen – jede Woche aktuell. Informationen zum Abonnement unter www.wila-arbeitsmarkt.de arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.V., Reuterstr. 157, 53113 Bonn [email protected], Tel. 0228/20161-15 O b in Schulklassen oder Lehrer- kollegien, in Kirchenräten oder großen Unternehmen – fast überall setzt man heutzutage darauf, dass Menschen in Gruppen zusammenarbei- ten, um berufliche Ziele zu erreichen. „Teamarbeit ist im Trend. Teams werden in allen Bereichen eingesetzt, und jeder möchte gern teamorientiert sein“, sagt Dr. Michael W. Busch vom Lehrstuhl für Organisation und Führung der Techni- schen Universität Braunschweig. Das sei zwar kein brandneues Phänomen, liege aber an der Entwicklung der Arbeitswelt: „Schon in den 70er Jahren wurde die so genannte teilautonome Gruppenarbeit im Zuge der Diskussionen über die Hu- manisierung der Arbeitswelt zum Beispiel in der Fertigungsarbeit eingesetzt. In den 90er Jahren zeigte dann eine wissen- schaftliche Studie aus den USA, dass die herausragende Produktivität japani- scher Automobilfabriken vor allem auf Gruppenarbeit zurückzuführen ist. Das versetzte der Wirtschaftswelt einen Ruck, den man immer noch spürt.“ Der Hinter- grund: Heute verfüge eine Einzelperson in vielen Fällen einfach nicht mehr über das Wissen, um eine bestimmte Aufga- benstellung eigenständig zu erledigen: „Der Bremer Unternehmer Borgward hat noch das komplette Auto überblickt. Inzwischen sind die Produkte komplexer geworden und man braucht speziali- siertes Wissen, das auf Teamebene ver- knüpft werden kann. Außerdem bilden Unternehmen Netzwerke, so dass auch unternehmensübergreifende Teams ge- bildet werden. Frieda Frenzel von der kleinen Berliner Weiterbildungsagentur teamwerken.de ist wie viele Trainer in dem Bereich davon überzeugt, dass von Teamarbeit nicht nur das Unternehmen, sondern auch der einzelne Mitarbeiter profitieren kann: „Wenn Teams funktio- nieren, gilt die Formel: 2+2=5. In Teams können Menschen unglaubliche Dinge erreichen und aus der Auseinander- setzung mit den Kollegen auch viel für sich selbst mitnehmen.“ Doch natürlich ist auch Frieda Frenzel sich darüber bewusst, dass das nur für erfolgreiche Teamarbeit gilt und dass offenbar viele Menschen, Teams und sogar Firmen an den Herausforderungen der Teamarbeit scheitern. Konflikte und andere Gefahren Wer kennt sie nicht, diese Situationen: Es sind nur noch wenige Tage, bis das nächste Projekt abgeschlossen sein muss. Die eine Hälfte des Teams steht völlig unter Strom, weil das doch über- haupt nicht zu schaffen ist. Und alle an- deren tun so, als ginge sie das überhaupt nichts an: Die eine kommt morgens zu spät und will dann scheinbar endlose Diskussionen über das schlechte Wetter führen. Der andere schiebt die Schuld auf den Chef und verbringt dann den halben Vormittag damit, Papiere von einem Sta- pel auf den anderen zu räumen. Und der dritte verzieht sich hinter seinen Bild- schirm und scheint überhaupt nicht an- sprechbar zu sein... „Nicht jeder möchte im Team arbeiten und sich mit einem möglicherweise höheren Koordinierungs- und Abstimmungsaufwand oder gar mit persönlichen, fachlichen oder prozessbe- zogenen Auseinandersetzungen und Konflikten herumschlagen“, sagt Michael W. Busch, der sich als Co-Autor des Bu- ches „Team: Toll, ein anderer macht‘s! Die Wahrheit über Teamarbeit“ auch mit Teamarbeit ist voll im Trend, führt aber auch immer wieder zu Frust und Ärger. Wie viel Teamarbeit muss sein? Und was kann man tun, damit sie funktioniert? | Janna Lena Degener Teamarbeit: Toll, wenn‘s auch klappt! ARBEITSALLTAG

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Ob in Schulklassen oder Lehrer-kollegien, in Kirchenräten oder großen Unternehmen – fast

überall setzt man heutzutage darauf, dass Menschen in Gruppen zusammenarbei-ten, um berufliche Ziele zu erreichen. „Teamarbeit ist im Trend. Teams werden in allen Bereichen eingesetzt, und jeder möchte gern teamorientiert sein“, sagt Dr. Michael W. Busch vom Lehrstuhl für Organisation und Führung der Techni-schen Universität Braunschweig. Das sei zwar kein brandneues Phänomen, liege aber an der Entwicklung der Arbeitswelt: „Schon in den 70er Jahren wurde die so genannte teilautonome Gruppenarbeit im Zuge der Diskussionen über die Hu-

manisierung der Arbeitswelt zum Beispiel in der Fertigungsarbeit eingesetzt. In den 90er Jahren zeigte dann eine wissen-schaftliche Studie aus den USA, dass die herausragende Produktivität japani-scher Automobilfabriken vor allem auf Gruppenarbeit zurückzuführen ist. Das versetzte der Wirtschaftswelt einen Ruck, den man immer noch spürt.“ Der Hinter-grund: Heute verfüge eine Einzelperson in vielen Fällen einfach nicht mehr über das Wissen, um eine bestimmte Aufga-benstellung eigenständig zu erledigen: „Der Bremer Unternehmer Borgward hat noch das komplette Auto überblickt. Inzwischen sind die Produkte komplexer geworden und man braucht speziali-

siertes Wissen, das auf Teamebene ver-knüpft werden kann. Außerdem bilden Unternehmen Netzwerke, so dass auch unternehmensübergreifende Teams ge-bildet werden. Frieda Frenzel von der kleinen Berliner Weiterbildungsagentur teamwerken.de ist wie viele Trainer in dem Bereich davon überzeugt, dass von Teamarbeit nicht nur das Unternehmen, sondern auch der einzelne Mitarbeiter profitieren kann: „Wenn Teams funktio-nieren, gilt die Formel: 2+2=5. In Teams können Menschen unglaubliche Dinge erreichen und aus der Auseinander-setzung mit den Kollegen auch viel für sich selbst mitnehmen.“ Doch natürlich ist auch Frieda Frenzel sich darüber bewusst, dass das nur für erfolgreiche Teamarbeit gilt und dass offenbar viele Menschen, Teams und sogar Firmen an den Herausforderungen der Teamarbeit scheitern.

Konflikte und andere Gefahren

Wer kennt sie nicht, diese Situationen: Es sind nur noch wenige Tage, bis das nächste Projekt abgeschlossen sein muss. Die eine Hälfte des Teams steht völlig unter Strom, weil das doch über-haupt nicht zu schaffen ist. Und alle an-deren tun so, als ginge sie das überhaupt nichts an: Die eine kommt morgens zu spät und will dann scheinbar endlose Diskussionen über das schlechte Wetter führen. Der andere schiebt die Schuld auf den Chef und verbringt dann den halben Vormittag damit, Papiere von einem Sta-pel auf den anderen zu räumen. Und der dritte verzieht sich hinter seinen Bild-schirm und scheint überhaupt nicht an-sprechbar zu sein... „Nicht jeder möchte im Team arbeiten und sich mit einem möglicherweise höheren Koordinierungs- und Abstimmungsaufwand oder gar mit persönlichen, fachlichen oder prozessbe-zogenen Auseinandersetzungen und Konflikten herumschlagen“, sagt Michael W. Busch, der sich als Co-Autor des Bu-ches „Team: Toll, ein anderer macht‘s! Die Wahrheit über Teamarbeit“ auch mit

Teamarbeit ist voll im Trend, führt aber auch immer wieder zu Frust und Ärger. Wie viel Teamarbeit muss sein? Und was kann man tun, damit sie funktioniert? | Janna Lena Degener

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schwierigen Aspekten der Teamarbeit beschäftigt hat. In seinem Buch stellt er eine Typologie der Faulenzer auf, die – wie er selbst zugibt – zwar einerseits vereinfachend ist, andererseits aber auf Erfahrungen aus dem Universitätsalltag und auch auf Interviews in Unternehmen beruht: Da gibt es zum Beispiel den „jovi-alen Müßiggänger“, der vor lauter Reden nicht zum Arbeiten kommt, den „operati-ven Hektiker“, der sich verzettelt oder Ar-beit nur vortäuscht, „den phlegmatischen Bremser“, der alle anderen auf sein lang-sames Tempo drücken will, und den „böswilligen Blutsauger“, der andere ma-nipuliert, um dann von deren Leistungen zu profitieren. Michael W. Busch und sein Chef, Professor Dietrich von der Oelsnitz, bringen mit dieser Typisierung auf unter-haltsame Weise auf den Punkt, was ei-gentlich ja jeder schon weiß: Es kann in Teams immer auch Leute geben, die im Wind der anderen segeln, was den ande-ren wiederum die Motivation nehmen kann.

Natürlich können auch aus vielen anderen Gründen Konflikte in Teams entstehen: Zwei Menschen können aus irgendeinem Grund nicht miteinander, die gegenseitige Konkurrenz stört das Miteinander, Kollegen sind schlicht und einfach mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden, oder die Arbeitsstrukturen sorgen für Ärger: „Wie bei vielen Unter-nehmen gibt es bei uns zum Beispiel Konflikte, wenn Mitarbeiter aus der Entwicklung und Mitarbeiter aus dem Service zusammenarbeiten sollen. Denn die Entwickler legen meist viel Wert dar-auf, gute Produkte zu entwickeln, wäh-rend die Servicemitarbeiter den Kontakt zu Kunden haben und meist schnelle Lösungen wollen. Da gibt es einfach unterschiedliche Interessenslagen“, sagt beispielsweise Martina Lehmbeck, die bei dem IT-Dienstleister DATEV eG für die betrieblichen Weiterbildungen im Bereich Konfliktmanagement zuständig ist. Häufig gehe es aber um scheinbare Nichtigkeiten, also beispielsweise darum, ob das Fenster geöffnet oder geschlos-

sen werden soll, die sich irgendwann aufschaukeln und die Arbeit von zwei Kollegen oder die des ganzen Teams belasten. Neben diesem Konfliktpoten-zial sieht Michael W. Busch noch weitere Gefahren der Teamarbeit: „Natürlich kann durch Gruppenarbeit auch ein zu hoher Leistungsdruck entstehen, der zu einer Art Selbstzerfleischung oder Mobbing führt. Und durch gruppendynamische Prozesse können Teams auch eine Kraft bekommen, die gefährlich werden kann. Es ist zum Beispiel fraglich, ob ein ein-zelner Jugendlicher genauso leichtfertig auf einen Mitschüler einprügelt, wie er

das vielleicht in einer Gruppe tut. Und vielleicht würden Bundestagsabgeord-nete nicht so leichtsinnig Milliardenkre-dite vergeben, wenn sie das nicht in der Gruppe der Koalition, sondern als Einzelpersonen tun müssten.“ Busch rät deshalb, im Einzelfall genau zu prüfen, ob Teamarbeit notwendig ist oder ob es nicht vielleicht sinnvoller ist, eine Arbeit in Einzelarbeit zu leisten oder leisten zu lassen: „Bei manchen Aufgaben ist die

gegenseitige Abhängigkeit sehr groß: Eine Rudermannschaft beispielsweise ist natürlich auf Teamarbeit angewiesen. Andere Aufgaben lassen sich dagegen klar in Einzelaufgaben aufspalten: So waren früher bei bestimmten Versiche-rungen die Kundengruppen zum Beispiel alphabetisch sortiert, und einzelne Mitar-beiter waren für bestimmte Buchstaben zuständig.“ Statt dabei zu bleiben, werde manchmal aber Teamarbeit nur deshalb eingesetzt, weil sie als modernes Mittel zur Bewältigung der dynamischen Auf-gaben gelte: „Volkswagen zum Beispiel hat seit 2008 die Teamarbeit im Ferti-gungsbereich eingeführt, wo es vorher Einzelarbeit gab. Wer vorher nur mit dem Gabelstapler gearbeitet hat, muss hier jetzt zum Beispiel auch die Maschinen bedienen. Ob diese Umstellung sinnvoll oder dringend erforderlich war, ist schwer zu beurteilen“, meint Busch.

„Der Fisch stinkt vom Kopf“

Ob eine Gruppe von Menschen zu einem guten Team werden kann, hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab. Un-ter den Experten herrscht weitestgehend Einigkeit, was die Bedeutung des Vorge-setzten und der Gruppengröße angeht: „Wenn der Vorgesetzte schlecht führt, wirkt sich das auf das ganze Team aus. Führungskräfte müssen Regeln definie-ren und auf ihre Einhaltung achten, Fort-schritte im Blick haben und die Teammit-glieder individuell motivieren“, sagt Busch. Idealerweise sei der Vorgesetzte eine Art Vertrauensperson, an die sich die Einzelnen mit Problemen wenden kön-nen. Doch in der Realität sei das oft nicht der Fall: „Die Mitarbeiter trauen sich häu-fig nicht, mit dem Chef zu sprechen. Kei-ner möchte zum Beispiel einen Drücke-berger denunzieren. Und so erfährt der Chef als letztes, wo der Schuh drückt. Das ist nicht zuletzt ein Grund, dass es immer mehr Fälle von Burnout und Mob-bing gibt.“ Busch empfiehlt deshalb, dass es in jedem Team auch eine Art Ombuds-mann gibt, der die Rolle eines Kummer-

In ihrem „Toll, Ein Anderer Macht‘s“ werfen Dietrich von der Oelsnitz und Michael W. Busch einen kritischen Blick auf Teamar-beit. Quelle: Michael W. Busch

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Die Mitglieder von Teams unterscheiden sich sowieso schon häufig durch Faktoren wie Fachdisziplin, Geschlecht, Alter oder auch Herkunftsland. Wichtig ist aber, dass in Gruppen ein ähnliches Leistungs- und Intelligenzniveau herrscht. Denn wenn einer viel besser ist als alle anderen, führt das bei allen zu Frust. Die Teamforschung sagt: Ein anspornender Wettbewerb muss da sein, damit alle sich weiterentwickeln können. Natürlich müssen dabei alle an einem Strang ziehen und sich auch mal gegenseitig helfen, wenn jemand schwä-chelt oder ein Problem hat. Und doch ist Teamarbeit nicht gleich Sozialarbeit.“

Frenzel weiß aus ihrem Alltag als Kon-flikttrainerin, wo es häufig hakt: „Jedes Team konstituiert sich um ein Ziel herum, das man alleine nicht schaffen kann. Wenn Teams nicht funktionieren, ist den Einzelnen diese Zielsetzung häufig nicht

bewusst. Und oft sind auch die einzelnen Teammitglieder einfach nicht teamfähig: Sie sagen nicht, was sie möchten. Sie sprechen Probleme nicht an. Oder sie wissen nicht, wie man das tut, ohne dass der andere sich angegriffen fühlt.“ Wich-tig findet Frenzel, dass man im Arbeitsall-tag eine gute Balance zwischen der Sach-

und der Beziehungsorientierung findet: „Auf der einen Seite gibt es zum Beispiel Teams von Sozialpädagogen, die viel zu viel über ihre eigenen Befindlichkeiten nachdenken und dabei die eigentlichen Arbeitsziele aus den Augen verlieren. Und dann gibt es auf der anderen Seite beispielsweise Teams von Ingenieuren, in denen keiner erfährt, wenn die Frau eines Kollegen stirbt. Ideal wäre ein Mittelweg: Beziehungsthemen werden angespro-chen und geklärt, und die Sache bleibt dabei im Blick.“

Professionelle Helfer

Idealerweise ist ein Team selbst in der Lage, sich regelmäßig zu reflektieren: Haben wir unser Ziel im Blick? Wie funkti-oniert unsere Zusammenarbeit? Wo hakt es, und was können wir da tun? Doch manchmal helfen auch Impulse von au-ßen, wenn es darum geht, die Zusam-menarbeit richtig ans Laufen zu bringen, das Miteinander zu stärken oder auch ei-nen festgefahrenen Konflikt zu lösen. Hier können Moderatoren, Trainer, Coa-ches oder Mediatoren weiterhelfen. Frie-da Frenzel beispielsweise hat sich mit ih-rer Weiterbildungsagentur teamwerken darauf spezialisiert, Teams zu stärken und in schwierigen Situationen zu unterstüt-zen: Sie führt Seminare zu Sozial- und Kommunikationskompetenz durch, an denen einzelne Teammitglieder oder auch komplette Teams teilnehmen kön-nen, und sie moderiert auch Teambe-sprechungen, in denen beispielsweise konfliktreiche Themen besprochen wer-den sollen. Ziel dieser Maßnahmen ist, dass die Mitarbeiter die verschiedenen Bedürfnisse und den Umgang miteinan-der reflektieren, organisatorische und strukturelle Fragen klären, Lösungen für Konflikte und Probleme finden können. „Man kann Teamfähigkeit trainieren und lernen, seine eigenen Einstellungen zu reflektieren, sich im Team auszutauschen und, wo nötig, sein Verhalten in der Gruppe zu ändern“, meint Frenzel. Des-halb gibt sie ihren Kunden Hilfe zur

kastens übernimmt. Die Gruppen selbst sollten laut Busch so klein wie möglich sein: „Je größer eine Gruppe ist, desto größer ist auch die Gefahr, dass Einzelne sich zurückhalten. In Vorlesungen erhal-ten wir seltener Antworten auf eine Frage als in kleinen Seminaren, weil der Einzel-ne sich eher vor der Gruppe verstecken kann. Google zum Beispiel arbeitet mit kleinen schlagkräftigen Einheiten von maximal drei Mitgliedern“.

Was die Zusammensetzung der Grup-pe angeht, gibt es unter den Experten unterschiedliche Ansichten. „Vielfalt ist ein entscheidendes Erfolgskriterium für Teams“, meint beispielsweise Frenzel. Wenn alle sich sehr ähnlich und in allem einig seien, sei das kontraproduktiv. Aus Unterschieden entstünden dagegen Rei-bungen und auch besonders gute Mög-lichkeiten der Produktivität. Busch sieht

das etwas anders: „Natürlich brauchen Gruppen unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen Aufgaben: Im Fußball beispielsweise funktioniert eine Mann-schaft nur dann richtig gut, wenn sie ei-nen Verteidiger, einen Stürmer und einen Torwart hat. Allerdings wird der Diversity-Gedanke heutzutage viel zu stark betont.

Teamarbeit statt Teamlüge – gemeinsam kann man stark sein Quelle: Frieda Frenzel

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Verständnis hatten, als es vielleicht Geis-tes- und Sozialwissenschaftler haben. Gerade die Teamaufgabe hat ihm gut gefallen: „Alle haben mitgewirkt, sich eingebracht und sind dabei respektvoll miteinander umgegangen. Und tatsäch-lich waren beide Konstruktionen funkti-onstüchtig!“

Wege aus der Sackgasse

Natürlich kann es auch passieren, dass Teammitglieder oder Teams sich in ihren Konflikten schon so festgefahren haben, dass ihnen Moderatoren, Trainer und Coaches mit ihren Methoden nicht mehr weiterhelfen können. Dann kann ein Me-diator als Streitschlichter eingesetzt wer-den. „Einzelne Teammitglieder, der Vor-gesetzte, aber auch der Betriebsrat oder die Mitarbeitervertretung können bei ei-nem Mediator eine Anfrage stellen“, sagt Sosan Azad vom Bundesverband Media-tion, die sich als selbstständige Mediato-rin auf Arbeitskonflikte spezialisiert hat. „Der Mediator führt in der Regel zuerst intensive Gespräche, um eine Konflikta-nalyse zu machen: Wer ist beteiligt? Wor-um geht es? Auf welche Weise hat man bisher versucht, den Konflikt zu lösen?“ Erst auf dieser Basis könne der Mediator entscheiden, ob eine Mediation über-haupt die beste Methode zur Schlichtung des vorliegenden Konfliktes ist: „Wir küm-mern uns um Konflikte, an denen mehre-re Personen beteiligt sind. Wenn jemand sich bewusst eine unter ihm stehende Person sucht, um sie fertig zu machen, wenn es um arbeitsrechtliche Dinge geht, wenn psychologische Krankheiten oder Suchtprobleme im Spiel sind oder Änliches, müssen andere Methoden ge-wählt werden, oder es sind auch andere Experten zuständig“, sagt Azad. Wichtig ist, dass beide Konfliktparteien und auch der Vorgesetzte mit dem Mediationsver-fahren einverstanden sind. Ist das der Fall und hält auch der Mediator eine Mediati-on für angemessen, so wird er entschei-den, ob er sich zunächst mit allen Betei-ligten einzeln oder gleich in der Gruppe

an einen Tisch setzt. Was in den einzel-nen Sitzungen dann passiert, das unter-scheidet sich laut Azad von Mediation zu Mediation: „Der Mediator wird Kommuni-kationsverfahren einsetzen, also vor al-lem aktiv zuhören, lösungsorientierte Fragen stellen, Methoden der Aufstellung verwenden und Ähnliches. Wichtig ist dabei, dass Klarheit und Wahrheit auf den Tisch gebracht werden: Beide Parteien müssen bereit sein zu verstehen, warum sie sich nicht mögen. Und sie müssen bereit sein, Dinge zu verändern oder mit den Konsequenzen zu leben, wenn sie bestimmte Dinge nicht ändern können oder wollen.“

Was kann der Einzelne tun?

Nicht nur die Vorgesetzten, sondern auch die einzelnen Mitarbeiter können die Hil-fe von Profis wie Frieda Frenzel oder So-san Azad in Anspruch nehmen. „Zunächst sollte man sich die eigene Situation ver-gegenwärtigen und überlegen: Was ist mein Anteil an der Sache?“, rät Frenzel. „Wenn man merkt, dass man grundsätz-lich Probleme mit Teams hat, sollte man vielleicht extern ein Seminar zum Thema Teamkompetenz besuchen. Dort lernt man, wie Teams funktionieren, wie man gut mit Konflikten umgehen kann, wie man ein richtiges Feedback gibt und so weiter.“ Denkbar wäre außerdem, ein Seminar oder ein Workshop für das ganze Team zu organisieren. Das kann jeder Einzelne in Absprache mit dem Team und mit dem Vorgesetzen in die Hand neh-men. Wenn sich ein einzelner Mitarbeiter mit einem Konflikt überfordert fühlt und eine Mediation in Anspruch nehmen möchte, kann er sich direkt an einen Me-diator oder zunächst an seinen Vorge-setzten wenden. Der Mediator hilft dann auch, die Fragen der Finanzierung zu klä-ren.

Leider ist es nicht leicht, sich einen Überblick über die Vielzahl an Anbietern in dem Bereich zu verschaffen: Relativ preiswerte Fortbildungsseminare zu Team- und Konfliktmanagement werden

Selbsthilfe: „Meine Seminare und Work-shops bieten einen Rahmen, um Dinge anzusprechen, für die es im Arbeitsalltag keine Zeit gibt. Und dadurch, dass ich von außen komme, kann ich natürlich einen ganz anderen Blick auf die Gruppe werfen. Ich gebe den Leuten aber keine vorgefertigten Lösungen an die Hand, sondern ich gestalte den Tag durch mei-ne Moderation und unterschiedliche Materialien, die als Katalysator wirken, damit die Leute ihre Bedürfnisse auf den Tisch bringen. Ich gebe also die Impulse, und dann machen sich die Teams selbst auf den Weg. Und schließlich kläre ich mit den Gruppen auch organisatorische Dinge und Rahmenbedingungen: Wann und wo kann sich das Team zukünftig re-gelmäßig treffen, um sich zu verständi-gen?“ Häufig helfe es schon, dass das Thema Teamarbeit überhaupt einmal ex-plizit thematisiert wird und jeder seine Wünsche und Probleme auf den Tisch bringen kann, die vielleicht schon länger die Zusammenarbeit blockiert haben. Auch wenn die Teammitglieder anfangs zurückhaltend gewesen seien, käme man dann in der Regel in eine intensive Arbeitsphase, in der plötzlich ein neues Wir-Gefühl aufkommt und die Ideen nur so sprudeln. Frenzel legt auch viel Wert darauf, dass ihre Kunden Teamarbeit in ihren Seminaren und Workshops als et-was Positives erleben. „Wir hatten die Aufgabe, in zwei Teams aus Strohhalmen und Tesafilm ein Gebilde zu entwickeln, zu bauen und zu bewerben, das ein Ei den Sturz aus zwei Metern überstehen lässt. Zum Planen, Bauen, Vermarkten und Präsentieren hatten wir nur eine Stunde Zeit“, erzählt Clemens Langer, der an der Universität Rostock das TutorIn-nenprogramm „Lernen auf Augenhöhe“ koordiniert und vor Kurzem an einem zweitägigen Seminar von Frieda Frenzel teilgenommen hat. Er selbst ist Soziologe und fand es spannend, dass in dem Workshop vor allem Teilnehmer mit na-turwissenschaftlichem Hintergrund sa-ßen, die von Teams und dem Umgang mit Konflikten durchaus ein ganz anderes

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von den öffentlichen Fortbildungseinrich-tungen wie etwa der Volkshochschule oder den Universitäten angeboten. Die sind laut Frenzel auch nicht unbedingt schlechter als sehr teure Angebote, spre-chen allerdings auch eine andere Teilneh-mergruppe an: „Ein Manager, der sich mit seinesgleichen austauschen möchte, ist hier vielleicht nicht so gut aufgehoben“. Generell sollte man laut Frenzel bei der Wahl eines Anbieters darauf achten, dass der Trainer eine Ausbildung in dem Be-reich hat. Außerdem könne man prüfen, ob die Maßnahmen beispielsweise über die Arbeitsagenturen oder vom Europäi-schen Sozialfonds gefördert werden. Bei der Wahl eines Mediators sollte man laut Azad darauf achten, ob die Qualitätsstan-dards des Bundesverbandes Mediation e.V. eingehalten werden und welche Spezialisierungen für die eigenen Bedürf-nisse hilfreich sind: Manche Mediatoren seien zum Beispiel auf Familienangele-genheit spezialisiert, andere auf Konflikte am Arbeitsplatz, manche bringen inter-kulturelle Kompetenzen mit, andere ha-ben eine therapeutische Ausbildung und so weiter. Und schließlich müsse man in einem persönlichen Gespräch prüfen, ob die zwischenmenschliche Ebene stimmt: „Das ist bei Mediatoren natürlich ganz ähnlich wie bei anderen Dienstleistern – vom Arzt bis zum Handwerker.“

Betriebsinterne Maßnahmen

Einige größere Unternehmen haben schließlich Mitarbeiter oder Abteilungen, die sich speziell um Fragen des Team- und Konfliktmanagements kümmern. „Bei DATEV haben Weiterbildungsange-bote im Bereich Team- und Sozialkompe-tenz einen sehr hohen Stellenwert“, sagt beispielsweise Martina Lehmbeck, die in der Weiterbildungsabteilung des IT-Dienstleisters für den Bereich Konflikttrainig/-Management zuständig ist. Das Unternehmen schule sämtliche Führungskräfte in diesem Bereich, und auch die Mitarbeiter hätten die Möglich-keit, sich in Schulungen, Seminaren und

Workshops weiterzubilden. Bei diesen Maßnahmen, die teilweise regelmäßig und teilweise anlassbezogen durchge-führt werden, gehe es um Themen wie „Kommunikation“, „Gesprächsführung“ oder „Konfliktmanagement“, aber auch um „Teamentwicklung“ oder „Organisati-onsentwicklung“. Wenn Bedarf an einer Teamentwicklungs- oder Teamfindungs-maßnahme besteht, führe das Unterneh-men beispielsweise ein- oder zweitägige Workshops durch, die manchmal auch Eventbestandteile haben. Und auch wenn sie Bedarf an einer Mediation ha-ben, können sich die Führungskräfte und Mitarbeiter von DATEV an Lehmbeck und ihre Kollegen von der Weiterbildungsab-

teilung wenden: „Wir haben interne Refe-renten und Mediatoren. Und wir haben jahrelange Erfahrung mit externen Part-nern, auf die wir bei Bedarf zurückgrei-fen“. Gerade diese Angebote im Bereich Team- und Konfliktmanagement werden, so Lehmbeck, von den Mitarbeitern sehr häufig nachgefragt: „Gerade junge Füh-rungskräfte wollen, dass ihre Teams gut funktionieren und dass sie bei auftreten-den Konflikten gut vorbereitet sind. Aber

auch viele Mitarbeiter erleben am Ar-beitsplatz oder in ihrem Privatleben Kon-flikte, für die sie Hilfestellungen suchen.“ Andreas Kerczynski, der sich bei DATEV in einem Team von 15 Leuten um die Be-reitstellung von Windows-Serversyste-men kümmert, ist begeistert von dieser Angebotsvielfalt: „Es gibt bei DATEV ein sehr breites Angebot an Schulungsmög-lichkeiten, und ich achte immer darauf, dass ich neben fachlichen Schulungen regelmäßig auch Weiterbildungen zur Persönlichkeitsbildung besuche. Vor kur-zem habe ich an einem Konfliktmanage-mentseminar teilgenommen, wo es dar-um ging, wie Konflikte entstehen und wie man mit unterschiedlichen Erwartungs-

haltungen umgehen kann. Dadurch habe ich mir bestimmte Dinge noch einmal vor Augen geführt. Das wird mir in Zukunft sicher helfen, da ein guter Umgang mit Konflikten wichtig für die berufliche Lauf-bahn ist. In meinem Team werden Schwierigkeiten und Unzufriedenheiten aber immer sofort angesprochen und mit Verständnis füreinander offen ausdisku-tiert, so dass bisher noch kein Konflikt entstanden ist.“

Frieda Frenzel bietet ihren Kursteilnehmern Hilfe zur Selbsthilfe. Quelle: Frieda Frenzel