Arbeitskreis Biberschutz im NABU Landesverband Sachsen ...€¦ · und Dämme bauenden Tier....
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Arbeitskreis Biberschutz
im NABU Landesverband Sachsen-Anhalt e. V.
Mitteilungen des Arbeitskreises
Biberschutz 2019
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Rückblick auf über 40 Jahre Biberbestandserfassung und
-kartierung
Der Biberschutz hat auf dem Territorium des heutigen Sachsen-Anhalts eine lange Tradition. Zu
Beginn des 20. Jahrhunderts waren es einzelne Personen (Friedrich, Hinze, Behr), die sich für
den Erhalt der noch etwa 200 lebenden Elbebiber engagierten. Sie konnten durchsetzen, dass
der Castor fiber albicus gesetzlich unter Schutz gestellt wurde.
Große Verdienste hat sich der Amtmann Max Behr um den Biber erworben. Unter seiner Auf-
sicht nahm 1929 die Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen eine Kartierung des
Bibers an der mittleren Elbe vor. Sie ergab ein klares Bild von der Anzahl und Verteilung der
damals etwa 260 hier lebenden Biber. Den Anregungen von Max Behr ist die Einrichtung von
Biberschutzgebieten in Anhalt zu verdanken. 1929 wurden durch seine Bemühungen Teile des
heutigen Naturschutzgebietes Steckby-Lödderitzer Forst zum Schutz der Vogelwelt und des
Elbebibers ausgewiesen.
Infolgedessen begann ein organisierter Biberschutz. Zu erwähnen ist hier der Revierförster
Franz Abendroth, Leiter der 1955 gegründeten „Dessauer Biberfreunde“. Er war außerdem ein
Mitbegründer des „Arbeitskreises zur Wiederaufzucht und Hege des Mittelelbebibers“, aus dem
dann später der Arbeitskreis Biberschutz in den Bezirken Halle und Magdeburg hervorging.
1970 kam der Biologe Dr. Dietrich Heidecke als Mitarbeiter an die Biologische Station Steckby.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Zoologie der Martin-Luther-Universität Halle wurde Cas-
tor fiber albicus unter seiner Leitung wissenschaftlich erforscht und ein Biber-Monitoring aufge-
baut. Dietrich Heidecke leitete den Arbeitskreis Biberschutz bis zu seinem Tod 2011.
In diese Zeit fallen auch die erfolgreichen Umsiedlungsaktionen des Elbebibers u. a. in die Nie-
derlande, nach Dänemark und ins Saarland, wo der Biber ausgestorben war.
Nach der Wende wurde der Arbeitskreis Biberschutz eine fachlich selbständig tätige Arbeits-
gruppe im NABU Sachsen-Anhalt, die eng mit dem Biosphärenreservat Mittelelbe zusammen-
arbeitet. Derzeit hat der Arbeitskreis ca. 90 Mitglieder, die das Interesse und die Begeisterung
für den Biber und seine landschaftsgestalterischen Aktivitäten verbindet. Wir fühlen uns der
langjährigen Tradition des Biberschutzes in Sachsen-Anhalt verpflichtet, schließlich ist dies das
Kernland des autochthonen Elbebibers. Der Arbeitskreis kartiert zusammen mit den Groß-
schutzgebieten die Entwicklung seines Bestandes und publiziert die jährlichen Zählungen.
Dass infolge des erfolgreichen Artenschutzes die Population in Sachsen-Anhalt auf ca. 3400
Elbebiber angewachsen ist, führt aber auch gelegentlich zu Konflikten mit dem Bäume fällenden
und Dämme bauenden Tier. Problematisch kann sein Wirken z. B. etwa an Bahnstrecken wer-
den oder auf land-, bzw. forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Wir stehen in solchen Fällen als
Ansprechpartner zur Verfügung und finden in enger Zusammenarbeit mit den Unteren Natur-
schutzbehörden der Landkreise, mit der Landesreferenzstelle für Biberschutz und dem Natur-
park Drömling entsprechende Lösungen.
Wir sind auch Ansprechpartner und helfen, wenn es um das Bergen verletzter oder toter Biber
geht. Untersuchungen dieser Tiere durch Experten leisten der Wissenschaft einen großen
Dienst, z. B. bei der Erfassung der Zusammensetzung der Altersstrukturen.
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Vorinformation zur Jahrestagung 2020
Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Zentralen Biberkartierung findet unsere
nächste Tagung „Biberschutz in Sachsen-Anhalt“ am Samstag, dem 28. März 2020, in
Steckby im Gasthaus „Zum Biber“ statt.
Im Rahmen der Tagung ist u. a. die Vorstellung der Ergebnisse der Biberkartierung in
Sachsen-Anhalt für die Jahre 2016/2017 und 2017/2018 geplant.
Ein weiterer Programmpunkt soll sich der Präsentation von Zeugnissen aus der langen
Geschichte der Biberkartierung widmen. Deshalb möchten wir alle Mitarbeiter ermun-
tern, entsprechendes Material mitzubringen und es auf der Tagung vorzustellen.
Eine Einladung für die Tagung mit Programm und weitere Informationen folgen.
Biber sind hervorragende Landschaftsgestalter. Sie verändern die hydrologischen Bedingungen
in ihrem Umfeld, so dass sich nach und nach auch die Vegetation ändert. Spezielle, auch selte-
ne Pflanzen und Tiere können sich ansiedeln oder besser entwickeln. Darum sehen wir es als
eine wichtige Aufgabe an, Lobbyarbeit für den Biber zu leisten und unter der Bevölkerung für
seine Akzeptanz zu werben. Wir nutzen dazu Auftritte in Funk und Fernsehen sowie in den
Printmedien, wir geben Faltblätter heraus und bieten Vorträge und geführte Exkursionen an, um
anschaulich zu vermitteln, was für ein großartiges Tier der Castor fiber albicus ist.
An dieser Stelle möchte der Vorstand noch einmal allen Mitgliedern des Arbeitskreises Biber-
schutz für ihr hohes ehrenamtliches Engagement danken.
Peter Ibe
Am Pfaffensee 2
39264 Steutz, OT Steckby
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„Alles im Fluss – der Elbebiber und sein Lebensraum“
– UN Dekade Biologische Vielfalt – ein ausgezeichnetes
Projekt des Arbeitskreises Biberschutz
Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2011-2020 zur UN-Dekade für die biologische Vielfalt
erklärt, verbunden mit dem Aufruf an die Weltöffentlichkeit, sich aktiv für den Erhalt der biologi-
schen Vielfalt einzusetzen und den Fokus auf drängende Probleme des Naturschutzes zu rich-
ten.
Der Hintergrund der Erklärung liegt im kontinuierlichen Rückgang der weltweiten Artenvielfalt
durch menschliche Aktivitäten.
Ziel des Wettbewerbs ist es, die Bedeutung der Artenvielfalt zu erkennen, den Mitmenschen
bewusst zu machen und aktiv zum Handeln anzustoßen. In Deutschland sind für die Ausrich-
tung des Wettbewerbs das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit und das Bundesamt für Naturschutz in Zusammenarbeit mit der UN-Dekade-
Geschäftsstelle zuständig. Zentrales Instrument ist der Wettbewerb verschiedener Umwelt- und
Naturschutzprojekte.
Jede Woche wird ein Projekt von besonderer Bedeutung durch eine Fachjury ausgewählt, mo-
natlich wird daraus ein Projekt gekürt. Aus 12 Monatsprojekten wird dann das Projekt des Jah-
res ausgewählt. Das Schwerpunktthema wechselt alle 2 Jahre. Den Vorstand des Arbeitskrei-
ses auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht hat die NABU-Landesgeschäftsstelle. Nach Be-
ratung und Abstimmung zur Teilnahme hat der Vorstand das Projekt: „Alles im Fluss – der El-
bebiber und sein Lebensraum“ eingereicht. Die Bewerbung erfolgte schriftlich auf der Internet-
seite: www.undekade-biologischevielfalt.de.
Die Kurzfassung der Projektbeschreibung lautete:
Der AK Biberschutz setzt sich aus mehr als 80 Ehrenamtlichen zusammen, die gemeinsam seit
den 1970er Jahren die Bestandsentwicklung des Elbebibers erfassen, dokumentieren und die
Öffentlichkeit über die ökologischen Beziehungen des Elbebibers, seiner Mitgeschöpfe und sei-
nes Lebensraums informieren. Der Arbeitskreis beteiligt sich an Forschung und Wissenschaft
und versucht gemeinsam mit der Landesreferenzstelle Biberschutz durch Aufklärung und Bera-
tung Konflikte mit der Landnutzung zu minimieren und Schutzmaßnahmen für den Biber auf der
gesamten Landesfläche umzusetzen.
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Bewerbung wurden so beschrieben:
jährliche ehrenamtliche Kartierung der Biberreviere seit den 1970er Jahren
Erkennen, interpretieren und vermitteln ökologischer Zusammenhänge
Einsatz bei Konflikten mit der Landnutzung oder der Gewässerunterhaltung
Öffentlichkeitsarbeit (Herausgabe des jährlichen Mitteilungsblattes, Organisation und
Durchführung der jährlichen Tagung, Pressearbeit, Vorträge, Führungen, Exkursionen)
beratende Funktion für politische Entscheidungsprozesse
lokale Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen an den Ge-
wässern, zur Konfliktminimierung mit der Landnutzung und bei der Umsetzung von Ar-
tenschutzmaßnahmen
Analyse von Gefährdungspunkten und/oder Totfundpunkten
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Totfundsektion (regional)
Zusammenarbeit mit Uni Halle und Naturkundemuseum Magdeburg zur Sammlung wis-
senschaftlichen Materials (Literatur, Gewebeproben)
Das Projekt wurde von der Jury ausgewählt und als Monatsprojekt ausgezeichnet.
Der Preis geht an alle Mitglieder und Freunde des Arbeitskreis Biberschutz im NABU Sachsen-
Anhalt e. V. Der Vorstand bedankt sich recht herzlich für Eure jahrzehntelange, intensive und
hervorragende Arbeit! Wir freuen uns auf die Fortführung des Biberschutzes in Sachsen-Anhalt,
die weitere Zusammenarbeit und den regen Gedankenaustausch.
Die offizielle Auszeichnung des Projekts „Alles im Fluss – der Elbebiber und sein Lebensraum“
fand während der Tagung „Biberschutz in Sachsen-Anhalt“ am 27. Oktober 2018 in Steckby
statt. Klaus Rehda, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie,
überreichte persönlich die Urkunde zu dem errungenen Titel „Ausgezeichnetes Projekt der UN-
Dekade Biologische Vielfalt“ (Abb.1 und 2).
Abb. 1: René Driechciarz (Vorsitzender des Arbeitskreis Biberschutz im NABU Sachsen-Anhalt e. V.),
Antje Weber (Vorstandsmitglied des Arbeitskreis Biberschutz im NABU Sachsen-Anhalt e. V.) und Klaus
Rehda (Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie) bei der offiziellen
Auszeichnung des Projekts „Alles im Fluss – der Elbebiber und sein Lebensraum“ (Foto: E. Driechciarz).
Abb. 2: Für zwei Jahre darf das Projekt „Alles im Fluss – der Elbebiber und sein Lebensraum“ den Titel
„Ausgezeichnetes Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt“ führen.
Antje Weber
Jeggau 44a
39649 Gardelegen, OT Jeggau
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Rückblick auf die Tagung „Biberschutz in Sachsen-Anhalt“
am 27. Oktober 2018 im Gasthaus „Zum Biber“ in Steckby
Am 27. Oktober 2018 trafen sich anlässlich der Tagung „Biberschutz in Sachsen-Anhalt“ insge-
samt 54 Mitarbeiter des AK Biberschutz im NABU Sachsen-Anhalt e. V., Naturfreunde und Bi-
berbegeisterte, um sich über die neuesten Entwicklungen und Ereignisse zu informieren. Die
Begrüßungsworte übernahm der Vorsitzende des Arbeitskreis, René Driechciarz. Dabei be-
dankte er sich auch persönlich für die organisatorische und finanzielle Unterstützung von Frau
Leipelt, Geschäftsführerin im NABU Landesverband Sachsen-Anhalt e. V., die wesentlich zum
Gelingen der Tagung beigetragen hat.
Peter Ibe - als vermutlich einer der Dienstältesten „Biber“ im Arbeitskreis – stellte die Historie
des Arbeitskreises vor. Seit nunmehr 40 Jahren gibt es den Arbeitskreis und über diese lange
Zeit hinweg sind die Erfassung des Bestandes des Elbebibers, die Dokumentation der ökologi-
schen Leistung des Bibers in den Gewässerlebensräumen und die Öffentlichkeitsarbeit zum
Schutz des Bibers wesentliche Aufgaben der ehrenamtlichen Mitarbeiter. Zentrale Figur der
Gründungsgeschichte und Jahrzehnte aktiver Kopf des Arbeitskreises war Dr. Dietrich Heide-
cke, der 2011 plötzlich und leider viel zu früh verstarb.
Wie die Mitglieder mit ihrem Projekt: „Alles im Fluss – der Elbebiber und sein Lebensraum“ zur
Auszeichnung „Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt“ gelangten, wurde von Antje Weber
vorgestellt. Das Grußwort und die Überreichung der Auszeichnung an den Arbeitskreis erfolgte
anschließend durch Klaus Rehda, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und
Energie.
Den Dank des Vorstandes an alle Mitglieder des Arbeitskreises sprach René Driechciarz aus
und widmete den soeben von Klaus Rehda erhaltenen Preis Dr. Dietrich Heidecke für seine
herausragende Leistung in der Zentralen Biberkartierung und als Vorsitzender des Arbeitskrei-
ses Biberschutz. Ein herzlicher Dank ging auch an seine anwesende Frau Traudel, die sich
über einen großen Blumenstrauß freuen durfte.
Annett Schumacher stellte im Anschluss die Ergebnisse der Biberbestandserfassungen des
Jahres 2015/2016 vor und berichtete von einigen der neuesten internationalen Projekte und
Forschungsergebnisse, deren Präsentation sie auf dem 8. Internationalen Bibersymposium in
Dänemark erleben durfte.
Herr Joachim Weber zeigte anhand von einigen Fotos die Ausnahmesituation an den Gewäs-
sern im extrem trockenen Sommer 2018 und die Reaktion des Bibers auf den akuten und lang-
anhaltenden Wassermangel im Drömling und der Umgebung auf. Außergewöhnliche Bilder ver-
deutlichten den Stress und die extrem schweren Bedingungen für die Biber, aber auch deren
Kreativität zur Beherrschung der Situation. Da auch andere Mitglieder von ähnlichen Beobach-
tungen berichteten, rief der Vorstand alle Mitglieder des Arbeitskreises zur Dokumentation der
Situation in den Biberrevieren in Sachsen-Anhalt auf und bat um Einreichung dieser für das vor-
liegende Mitteilungsblatt. Die Ergebnisse der Umfrage können ab S. 10 nachgelesen werden.
Im Anschluss wurde von Antje Weber über die Ergebnisse einer 2017 intensiv durchgeführten
Fischotter- und Bibererfassung im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue referiert, die
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dem Ziel diente, den Biberbestand und die Ottervorkommen möglichst genau zu erfassen,
Schutzkonzepte zu erarbeiten und drängende Fragen des Hochwasserschutzes mit den Be-
dürfnissen von Otter und Biber abzugleichen und den Maßnahmenkatalog entsprechend anzu-
passen.
Mit einem wunderbaren Gastvortrag, herrlichen Fotos und Videos zeigte Familie Kutschenreiter
Einblicke in das tägliche Leben einer bayerischen Biberfamilie, in die die Kutschenreiters über
viele Jahre hinweg und mit unglaublicher Geduld und Spaß an der Sache integriert wurden
(Abb. 2 und 3). Grandiose Geschichten und liebevoll aufbereitete Details wurden hier auf äu-
ßerst sympathische Weise präsentiert. Die Rührung angesichts der wunderbaren Bilder und
Lautäußerungen der Biber war fast allen Zuschauern ins Gesicht geschrieben, vielen Dank!
Abb. 1: Die Tagungsteilnehmer vor dem Gasthaus „Zum Biber“ in Steckby mit UN-Dekade-Fahne (Foto:
E. Driechciarz).
Abb. 2: Biberjunge im Revier der Familie Kutschen- Abb. 3: Außergewöhnlicher Kontakt mit den neu-
reiter (Foto: Ch. Kutschenreiter). gierigen Biberjungen (Foto: Ch. Kutschenreiter).
Antje Weber
Jeggau 44a
39649 Gardelegen, OT Jeggau
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Auswertung der Biberkartierung 2015/2016
Bereits im Rahmen der Tagung „Biberschutz in Sachsen-Anhalt“ in Steckby am 27. Oktober
2018 wurden die Ergebnisse der Biberkartierung im Land Sachsen-Anhalt für das Jahr
2015/2016 vorgestellt. Diese sollen nunmehr auch in diesem Rahmen veröffentlicht und damit
allen, die die jährlichen Bestandserfassungen unterstützen, zugänglich gemacht werden.
Im Erfassungszeitraum 2015/2016 galt es, in Sachsen-Anhalt für 1.287 bekannte Biberreviere
den Status zu erfassen (siehe Tab. 1). Dies ist im Landesdurchschnitt zu 54% gelungen, wobei
der Erfassungsgrad regionale Unterschiede aufweist. 559 der kontrollierten Reviere waren von
Bibern besetzt, 134 wiesen aktuell keinen Biberbesatz auf. Auf dieser Basis wurde auch für die
nicht kontrollierten Reviere ein wahrscheinlicher Besatz berechnet und einer Abschätzung für
die Anzahl der besetzten Reviere sowie die Bestandsschätzung sowohl für die Landkreise als
auch für Sachsen-Anhalt zugrunde gelegt. Landesweit wiesen ca. 80,7% der kontrollierten Re-
viere Biberaktivitäten auf. Im Jahr 2015 waren somit ca. 1.030 Biberreviere besetzt. Legt man
einen durchschnittlichen Besatz von 3,3 Bibern pro besetzter Ansiedlung zugrunde, so betrug
der Bestand ca. 3.400 Biber.
Tab. 1: Ergebnisse der Kartierung des Biberbestandes in Sachsen-Anhalt 2015/16
Landkreis Gesamtzahl
der Reviere
2015/16 kontrollierte
Reviere Anzahl der
besetzten Re-
viere (ca.)
Bestands-
schätzung
(ca.) besetzt nicht be-
setzt
ABI 182 86 17 150 500
BK 113 87 13 100 320
BLK 12 5 0 12 40
DE 72 40 11 56 185
HAL* 9 0 0 7 23
HZ* 4 0 0 3 10
JL 90 38 6 80 260
MD 47 28 11 35 120
MSH* 5 1 0 5 16
SAW 53 42 7 45 150
SDL 221 35 9 160 530
SK* 8 1 0 7 23
SLK 111 60 14 90 300
WB 352 138 46 265 880
Sachsen-
Anhalt 1.278 559 134 1.030 3.400
* Für diese Landkreise erfolgte eine Bestandsschätzung auf Basis des landesweiten Durchschnitts, da
die vorliegende Stichprobe für die Kreisbezogene Auswertung zu gering ist.
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Zum Ergebnis der Bibererfassungen 2015/16 haben die im Folgenden genannten Mitarbeiter
des Arbeitskreises Biberschutz, Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörden sowie die Natur-
wacht der Großschutzgebiete mit der Meldung von Kartierungsergebnissen aus den Kreisen
beigetragen. Ihnen allen sei herzlich für ihr Engagement gedankt. Die so gewonnenen Ergeb-
nisse stellen eine wichtige Basis für den Schutz und das Management des Elbebibers im Land
dar!
ABI: H. Baumann, H. Behrendt, T. Beyer (BRV ME), L. Händler (BRV ME), F. Jurgeit, H. Köhler, K. Kuh-
ring, J. Löhn, M. Richter, A. Springer-Böhm, J. Steinecke (BRV ME), W. Thomas, G. Weißköppel, A.
Zehle (BRV ME)
BK: F. Braumann (NUP DRÖ), J. Brämer, U.-G. Damm (NUP DRÖ), D. Drewes, R. Driechciarz, P. Oe-
streich (BRV ME), D. Torka, W. Westhus, P. Wölk
BLK: B. Wittig, H. Wohlbrecht
DE: T. Beyer (BRV ME), H.-P. Bittner, H. Engel (BRV ME), H.-P. Hinze, Th. Hofmann, F. Jurgeit, A.
Schumacher (BRV ME), H. Setzermann, D. Vorwerk, J. Steinecke (BRV ME)
HZ: H. Riekehr
JL: J. Aepler, A. Berbig (BRV ME), Th. Bich, K. Liebetrau, J. Neumann, P. Oestreich (BRV ME), I. Pup-
pe; D. Scherrmann, M. Schmidt, A. Schumacher (BRV ME), A. Zehle (BRV ME)
MD: J. Aepler, J. Brämer, K. Metzner, M. Toth, K.-D. Ulrich, A. Zehle (BRV ME)
MSH: B.-I. Luz
SAW: A. Weber, J. Weber (NUP DRÖ)
SDL: A. Berbig (BRV ME), P. Müller (BRV ME), P. Oestreich (BRV ME)
SK: K. Reißmann
SLK: H.-D. Becker, A. Goldschmidt, L. Händler (BRV ME), U. Henkel, M. Jede, H. Maczulat, B. Musche,
G. Rockmann, T. Strohmeyer, M. Wunschik, A. Schumacher (BRV ME), A. Zehle (BRV ME)
WB: G. Berg, Baumgartl (BFB Mittelelbe), T. Beyer (BRV ME), B. Böhme, E. Ehlert, I. Elz, H. Engel
(BRV ME),K. Franke, A. Groß, G. Hennig, G. Henze, Hildebrandt (BFB Mittelelbe), R. Hillebrand, H. Kötz
(BRV ME), W. Landgraf, S. Lebelt, P. Lehmann, J. Löhn, R. Machnitzke, K. Mattigitt, S. Müller, G. Mu-
schert, K. Nehring, P. Pannier, U. Patzak, W. Pless, B. Rabe, L. Reichhoff, Th. Sahr, H.-D. Schönau, P.
Schulze, A. Schumacher (BRV ME), H. Setzermann, W. Thomas, D. Vorwerk, U. Zuppke.
Doch sind dies nicht alle Personen, die ihre Beobachtungen zur Verfügung stellten. Um auch
die noch nicht erwähnten Beobachter zukünftig im Mitteilungsblatt als Gewährsleute nennen zu
können, wird darum gebeten, deren Namen in den Kartierungsberichten zu notieren.
Annett Schumacher
Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe
Landesreferenzstelle für Biberschutz Sachsen-Anhalt
Am Kapenschlösschen 1
06785 Oranienbaum – Wörlitz
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Sommertrockenheit 2018 und deren Einfluss auf die Aktivi-
täten des Elbebibers in Sachsen-Anhalt
Einleitung
Der Sommer 2018 war nicht nur einer der heißesten Sommer seit der Wetteraufzeichnung,
sondern auch der Sommer mit der längsten Regenpause von Ende April bis Mitte Oktober.
Sachsen-Anhalt war bundesweit am deutlichsten betroffen. Demnach gab es mit einer Durch-
schnittstemperatur von 20,2 °C (langjähriger Mittelwert: 16,9 °C), mit rund 65 l/m² Niederschlag
(174 l/m²) und 830 Sonnen-Stunden (610 Stunden) neue Rekorde (DWD 2019). Viele Gewässer-
landschaften, z.B. Grabensysteme, wie im Drömling oder im Fiener Bruch und zahlreiche der
kleineren Fließgewässer hatten kaum noch Wasser. Das hatte wiederum Einfluss auf die Was-
serstände der Elbe, die Stromelbe in Magdeburg z.B. war im Juli mit weniger als 50 cm Wasser-
tiefe so flach wie zuletzt 1934 (www.deutschlandfunk.de 2019). Nach Angaben der Weltwetter-
organisation WMO war 2018 weltweit das viertwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeich-
nung vor 170 Jahren, seit 2015 setzte sich damit der Wettertrend zu heiß und trocken weiter fort
(www.spiegel.de). Das hat natürlich Auswirkungen auf Bodentrockenheit, auf Gewässer und
sämtliche Gewässerorganismen sowie semiaquatische Lebewesen. Der vorliegende Artikel be-
schäftigt sich mit der Reaktion des Elbebibers auf diese Ereigniskette, ausgehend vom „Re-
kordsommer 2018“.
Methoden
Basierend auf den beobachteten dramatisch sinkenden Wasserständen in den Gewässern kam
schnell die Frage auf, wie geht der Biber damit um? Aus der Biologie des Bibers ist bekannt,
dass niedrige Wasserstände negativen Einfluss auf den Reproduktionserfolg haben können, da
die Burgeingänge trocken fallen und Prädatoren leichter eindringen können (WEBER 2016, WE-
BER 2017). Deshalb wurden einige Reviere im Drömling im Jahresverlauf 2018 genauer beo-
bachtet und hinsichtlich der Schutzreaktion der Biber fotografisch dokumentiert. Um einen grö-
ßeren Überblick über die Situation in Sachsen-Anhalt zu erreichen, wurde eine Umfrage im Ar-
beitskreis Biberschutz durchgeführt. Die Revierbetreuer und Mitglieder wurden aufgerufen, die
Reaktionen der Biberfamilien in den Revieren zu beschreiben. Die Ergebnisse wurden an-
schließend zusammengefasst und auf Merkmale besonderen (Schutz-) Verhaltens untersucht.
Dazu wurden die von den Biberbetreuern beobachteten Verhaltensweisen anhand der Be-
schreibungen kategorisiert und in folgende Klassen eingeteilt (Tab. 1, Abb. 1).
Tab. 1: Klassifizierung des Biberverhaltens aufgrund der extremen Sommertrockenheit 2018.
Reaktionstyp Definition
1 keine außergewöhnliche Reaktion feststellbar
2 gegenüber dem gewohnten Bild verstärkter Dammbau
3 aktiver Poolbau oder Restwasser in nasser Senke vorm Burgeingang
4 vollständige Abwanderung der Biber (Revieraufgabe) oder Abwanderung
mind. temporär und/oder mindestens lokal innerhalb des Reviers
5 Burgeingang offen und/oder Erweiterung der Burg zum Wasser hin
und/oder Auf- bzw. Tunnelbau am Burgeingang
6 unklar bzw. unbekannt bzw. nicht definierbar
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Klasse 2: Mehrfacher „verstärkter“ Dammbau jeweils unterhalb der Burg (Pfeile = Dämme)
Klasse 3: „Restwasser“ vor Burgeingang und „Poolbau“
Klasse 5: „Burgerweiterung zum Wasser hin“ und „Tunnelbau“
Abb. 1: Fotografische Darstellung der „besonderen“ Reaktionstypklassen 2, 3 und 5 (Fotos: A. Weber).
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Außerdem wurde die Bewertung der Biberreaktion hinsichtlich des Zusammenhangs mit der
extremen Trockenheit klassifiziert (Tab. 2).
Tab. 2: Klassifizierung des Zusammenhangs mit der extremen Trockenheit und Hitze 2018.
Zusammenhang mit Trockenheit und Hitze? (Einschätzung der Kartierer vor Ort)
1 ja, Trockenheit und Hitze haben einen klaren Einfluss
2 nein, Trockenheit und Hitze haben sich nicht ausgewirkt
3 unklar bzw. unbekannt, auch andere Ursachen sind denkbar
Danach wurde geprüft, ob es statistische Zusammenhänge zwischen der Wettersituation und
besonderen Verhaltensweisen der Biber gegeben hat.
Ergebnisse und Diskussion
Die Betreuer von insgesamt 135 Revieren haben auf die Anfrage reagiert und das Verhalten der
Biber in „ihren“ Revieren so beschrieben, dass die Klassifizierung möglich war. Bei der Biberre-
aktion war auch die Angabe mehrerer festgestellter Reaktionen möglich. In Tab. 3 ist die Vertei-
lung der Biberreaktionen ersichtlich (Mehrfachnennungen möglich).
Tab. 3: Verteilung der gemeldeten Biberreaktionen im Sommer 2018 in 135 betrachteten Biber-
revieren (Mehrfachnennungen möglich). Klassifizierungsbeschreibung s. Tab. 1.
Reaktion keine Dämme Pool Abwanderung Burg
offen
unklar Summe
Anzahl 4 27 4 44 64 17 160
% von 160 2,50 16,88 2,50 27,50 40,00 10,63 100,00
Nun wurden die Meldungen hinsichtlich ihrer wahrscheinlichen Begründung durch die außerge-
wöhnliche Wettersituation geprüft. Sichtbar wurde ein klarer Zusammenhang der meisten Reak-
tionen mit der Trockenheit und Hitze (77% von 160 Reaktionsmeldungen wurden dem Wet-
tereinfluss zugeschrieben, Abb. 2).
Abb. 2: Anhand von 160 Biberreaktionsmeldungen auf Wassermangel durch Trockenheit und Hitze be-
legbare wetterbedingte Stresssituation in Sachsen-Anhalt 2018 (in 135 beobachteten Biberrevieren).
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Die Verteilung der einzelnen Reaktionstypen zeigt Abb. 3. Hier wird detailliert auf die Reaktions-
typen bezogen der Wettereinfluss dargestellt. Die meisten Klassen belegen diesen wetterbe-
dingten Einfluss klar. Ausnahme bildet die Klasse 5 „Burgeingang offen und/oder Erweiterung
der Burg zum Wasser hin und/oder Auf- bzw. Tunnelbau am Burgeingang“. Diese Klasse be-
schreibt eigentlich zwei ursächliche Faktoren, die hier zu Ungunsten der Analyse in einer Klas-
se erfasst werden mussten. Begründet wird dies mit der Erkennbarkeit des auslösenden Fak-
tors im Freiland.
Abb. 3: Verteilung der Reaktionsmeldungen im Zusammenhang mit der Wettersituation 2018.
Zum einen können die Burgeingänge tatsächlich durch Wassermangel, bedingt durch Trocken-
heit und Hitze offen stehen, zum anderen können Fehler im regionalen Wassermanagement
(ganzjährig zu starkes Wasserabführen) eigentlich ursächlich sein und zur Verschärfung der
Situation beigetragen haben. Dies betrifft vor allem Moorbereiche, Feuchtgebiete und Graben-
systeme, in denen großflächig staureguliert wird. Darauf reagieren die Biber gelegentlich mit
dem Aufbau der Burgeingänge entweder als „Tunnelbau“ oder durch eine größere Burgerweite-
rung zum Gewässer hin. Auch an der Elbe werden solche Reaktionen regelmäßig festgestellt,
hier meist im Zusammenhang mit hochwassersicher gebauten Burgen in erhöhten Uferberei-
chen mit Sicherung des „langen Fußweges“ bis zum Wasser bei Normalwasserständen oder
Niedrigwasser. Es gehört also zum Repertoire des Biberverhaltens bauliche Veränderungen an
den Burgen im Zusammenhang mit dem Wasserdargebot vorzunehmen. Insofern war die ein-
deutige Deklaration des Bauverhaltens in dieser Klasse nicht ganz einfach. Das zeigt sich ent-
sprechend in den dargestellten Zahlen.
Keine ungewöhnliche Reaktion mit klarem Bezug aufs Wetter zeigten lediglich 4 Reviere, diese
befanden sich in Teichen bzw. angestauten Flussläufen (3% von 135 Revieren). In 17 weiteren
Revieren (12,6% von 135) gab es offenbar Reaktionen, die aber nicht unmittelbar einer wetter-
bedingten Ursache zugeordnet werden konnten (z.B. Wildschweinaktivitäten, Flächenbrand
etc.).
Verstärkte Dammbauaktivitäten wurden aus insgesamt 27 von 135 Revieren gemeldet (20%),
einen direkten Zusammenhang mit den Wetterextremen 2018 gab es in 25 der 27 Reviere die-
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ser Klassifizierung (93%), in zwei Revieren war für die Beobachter der Zusammenhang nicht
eindeutig genug.
Die ausgeprägteste Schutzstrategie gegen den massiven Wassermangel bildet wohl die Son-
derform der „Poolbildung“ um den Burgeingang herum, bei dem das Restwasser durch Damm-
bau mit Schlammverstärkung direkt vor der Burg konzentriert wurde. Neben der vor Burgein-
gängen oft üblichen Bodensenke hielt der kreisförmig um den Burgeingang gebaute Damm das
Restwasser über längere Zeit zurück. Dieser „Pool“ war für viele Gewässerorgansimen der ab-
solut letzte Refugialraum in dieser extrem langen Trockenphase. Er sicherte in den Gräben und
Bachläufen vielen landgebundenen Organismen den Zugang zu den letzten offenen Wasserflä-
chen. Hier wird der besondere ökologische Wert des Elbebibers eindrücklich deutlich. Aus vier
Biberrevieren im Naturpark Drömling wurde dieses Phänomen gemeldet. Es scheint sich hier
tatsächlich um eine „kreative“ Form des Dammbaus unter extremen Stressbedingungen zu
handeln.
Insgesamt auffällig ist der hohe Anteil offensichtlicher mindestens temporärer Abwanderungs-
bewegungen innerhalb der Reviere, 95% dieses Reaktionstyps wurden dem Wetter 2018 zuge-
schrieben (42 von 44 Meldungen). Abwanderungen temporärer oder räumlicher Art innerhalb
des Revieres verweisen auf den Flächenbedarf, den ein Biberrevier erfüllen muss, um ganzjäh-
rig tragfähig für die anwesende Biberfamilie zu sein. Neben dem entsprechenden Futterangebot
muss das bewohnte Gewässer auch Tiefendivergenzen aufweisen, um Extremsituationen ab-
fangen zu können. Inwiefern die beobachteten Reviere genug Variationen aufweisen wurde hier
nicht explizit untersucht. In nur 2 der 135 Biberreviere wurde Reproduktion registriert (1,5%). In
weiteren 74 Revieren blieb es unklar, ob 2018 Reproduktion erfolgte (55%). In den restlichen 59
Revieren gab es offensichtlich keine Reproduktion (43,7%). Das könnte ein Hinweis auf den
wetterbedingten Stress 2018 sein. Der Zusammenhang zwischen dem Reaktionstyp und der
subjektiven Angabe des Beobachters, ob Reproduktion erfolgte oder nicht zeigt Abb. 4.
Abb. 4: Wetterbedingte Biberreaktionstypen in den 135 Revieren und subjektive Einschätzung der Be-
obachter, ob in den Revieren 2018 Reproduktion erfolgen konnte.
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Erkennbar ist, dass die Biberreaktionstypen Hinweise auf mögliche Reproduktion geben kön-
nen. Hierzu werden die Einschätzungsklassen „keine Reproduktion“ und „unsicher“ verglichen.
Insbesondere die verstärkte Dammbauaktivität und die Erweiterung der Burgeingänge scheinen
auf Schutzbemühungen der Altbiber für ihre Jungtiere hinzuweisen.
Zumindest im Frühjahr/Frühsommer könnten diese Reaktionen erfolgversprechend gewesen
sein. Während die Klasse „unsicher“ in den einzelnen Reaktionstypenklassen meist überwiegt,
tritt im Reaktionstyp „Abwanderung“ der Anteil der Einschätzung „keine Reproduktion“ spürbar
in den Vordergrund. Vermutlich wurde in den betroffenen Revieren entweder von vornherein
nicht reproduziert, oder die Jungtiere konnten unter den Bedingungen im Laufe des Jahres nicht
erfolgreich aufgezogen werden, so dass die Altbiber keine „Burgbindung“ mehr zeigen mussten
und innerhalb ihres Revieres abwanderten. Hinweise darauf geben kombinierte Reaktionsty-
penklassen. Mehrfachnennungen lagen aus 19 Revieren vor (14% von 135 Revieren). In 8 Re-
vieren davon gab es mindestens temporäre Abwanderungsbewegungen.
Zusammenfassung
Im vorliegenden Artikel werden die Reaktionen des Elbebibers auf den extrem trockenen und
heißen Sommer 2018 in 135 Biberrevieren in Sachsen-Anhalt beschrieben. Dieser Sommer war
für die Biber offensichtlich ein schweres Jahr. Die Biberreaktionen reichten von verstärkten
Dammbauaktivitäten, über kreative Lösungen an den Burgen bis hin zu temporären Abwande-
rungen oder Revieraufgaben. Der Stressfaktor für die Population war ausgesprochen hoch, in
44% der 135 beobachteten Biberreviere gab es offensichtlich keine Reproduktion. Augen-
scheinlich kommen die Altbiber mit extremen Wassermangelsituationen mit einigen Tricks eini-
germaßen zurecht, allerdings ist der Einfluss auf die Populationsbiologie der Art nicht unerheb-
lich, wenn statt der zu erwartenden Reproduktionsbeteiligung von 70% der Reviere eben nur
geschätzte 56% teilnehmen (und auch hier war der Erfolg eher unsicher). Ob Jungtiere diesen
Stress überstehen, bleibt abzuwarten. Deutlich wird auch, dass die Biber in solchen Situationen
durch ihre landschaftsgestalterischen Verhaltenseigenschaften eine maßgebliche Schlüsselrolle
im Überlebenskampf vor allem für gewässergebundene Arten haben.
Aussichten und Aufruf zur Mitarbeit
Vor dem Hintergrund der durch die Wetterextreme 2018 entstandenen Absenkung der Wasser-
reserven in Gewässern und Böden ist auch das Jahr 2019 mindestens bis in den Spätsommer
hinein von Wassermangel in den Oberflächengewässern gekennzeichnet. Noch immer weisen
vor allem Gräben und kleinere Fließgewässer nicht ausreichende Wasserstände auf (Abb. 5
und 6). Die Reaktion der Biber sollte also auch in diesem Jahr und in den Folgejahren erneut
überprüft und erfasst werden. Besonderes Augenmerk sollte auf Reproduktion und erfolgreicher
Jungenaufzucht liegen. Dazu ergeht die Bitte an alle Biberkartierer, die Reviere hinsichtlich der
im Artikel genannten Reaktionen zu beobachten und diese an die Biberreferenzstelle zu mel-
den. Dazu wird im Heft ein Fragebogen zum Kopieren abgedruckt (siehe S. 17), verbunden mit
der Bitte, diesen für jedes beobachtete Biberrevier möglichst genau auszufüllen.
Im Voraus vielen Dank für die Mitarbeit.
Danksagung
Die Autoren bedanken sich ausdrücklich bei allen Revierbetreuern, die ihre Beobachtungen aus
den Revieren gemeldet haben. Nur durch Ihre genaue Beobachtung und Beschreibung der Si-
tuation war diese erste sondierende Auswertung möglich. Hinsichtlich der prognostizierten Wet-
terentwicklung wird deren Einfluss auf die Populationsdynamik zunehmend bedeutungsvoller.
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Literatur
DWD (2019): https://www.wetter.com/news/neue-rekorde-die-dwd-sommerbilanz-
2018_aid_5b87dc0238f788228d4af042.html zuletzt aufgerufen am 12.06.2019
www.deutschlandfunk.de (2019): https://www.deutschlandfunk.de/sachsen-anhalt-wo-der-klimawandel-schon-zu-
spueren-ist.697.de.html?dram:article_id=443479 zuletzt aufgerufen am 12.06.2019
www.spiegel.de (2019): https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wetter-2018-war-voraussichtlich-das-
viertwaermstes-jahr-seit-messbeginn-a-1241045.html zuletzt aufgerufen am 15.06.2019
WEBER, A. (2016): Untersuchungen zum Habitatverbund von Fischotter Lutra lutra und Biber Castor fiber
als Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie in den Landkreisen Märkisch-Oderland und Oder-
Spree einschließlich der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder).Abschlussbericht zum Werkvertrag
S3-VG-15-080. Unveröffentl. Gutachten im Auftrag des MUGV. 109 S.
WEBER, A. (2017): Anwesenheit und Lokalisation der Jungtiere des Bibers Castor fiber
in den Borghorster Elbwiesen, Freie und Hansestadt Hamburg 2017. Unveröffentl. Gutachten im Auftrag
der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Umwelt und Energie, Abteilung Naturschutz -
Artenschutz-. 20 S.
Abb. 5 und 6: Reaktionen des Elbebibers auf niedrige Wasserstände (Reaktionstypklasse 2) (Fotos: A. Weber).
Antje Weber
Jeggau 44a
39649 Gardelegen, OT Jeggau
René und Ellen Driechciarz
Am Mühlenberg 12
39326 Zielitz
https://www.wetter.com/news/neue-rekorde-die-dwd-sommerbilanz-https://www.deutschlandfunk.de/sachsen-anhalt-wo-der-klimawandel-schon-zu-spueren-ist.697.de.html?dram:article_id=443479https://www.deutschlandfunk.de/sachsen-anhalt-wo-der-klimawandel-schon-zu-spueren-ist.697.de.html?dram:article_id=443479https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wetter-2018-war-voraussichtlich-das-viertwaermstes-jahr-seit-messbeginn-a-1241045.htmlhttps://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wetter-2018-war-voraussichtlich-das-viertwaermstes-jahr-seit-messbeginn-a-1241045.html
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Fragebogen Biberreaktion auf Wetterphänomene
Revier-Nr.:
Reviername:
Gewässername:
Gewässertyp:
Bearbeiter:
Datum der Kartierung:
Wasserstand:
Revier aktuell besetzt?
Hinweise auf Reproduktion?
Reaktion der anwesenden Biber (Mehrfachnennungen sind möglich):
keine Reaktion
verstärkter Dammbau (Anzahl oder Umfang deutlich stärker als gewohnt)
Poolbau („Ringdamm“ direkt vor Burgeingang)
Abwanderung (innerhalb des Revieres mindestens temporär)
Burgeingang offen Neubau und/oder Aufbau des Eingangs
unklar
Gibt es für die Reaktion des Bibers einen Zusammenhang mit der aktuellen Wettersitua-tion?
Ja Nein unklar
Wurden Hinweise auf mögliche Prädatoren an den Burgeingängen festgestellt?
Ja Nein unklar
Hinweise und/oder
Bemerkungen:
Falls ja, welche Arten?
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Leopold Fuchs – zum 30. Todestag des Biberschützers aus
Dessau
Leopold Fuchs wurde am 30. Januar 1905 in Mühlhausen geboren. Er erlernte das Uhrmacher-
handwerk und gründete in Dessau ein eigenes Uhrenfachgeschäft. Er kam durch die Wander-
bewegung und durch den Wassersport zum Naturschutz. Doch zunächst war er nur ornitholo-
gisch tätig. Im Jahr 1946 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Dessauer Fachgruppe für
Ornithologie. Zusätzlich wirkte er in der damaligen Kulturbundgruppe „Biberfreunde“, die vom
Revierförster Franz Abendroth geleitet wurde, mit. Nach Abendroth´s Tod übernahm L. Fuchs
die Leitung der „Biberfreunde“ in Dessau, die er bis 1988 innehatte. Besonders durch kleine
Beiträge in der lokalen Presse und durch eine gute Öffentlichkeitsarbeit war er ständig bemüht,
sich für den Biber- und Naturschutz einzusetzen. Mehrmals setzte er sich für die Restaurierung
und Instandsetzung des Biberbrunnens auf dem Dessauer Funkplatz ein und aktivierte örtliche
Handwerksbetriebe dafür. Die Zusammenarbeit mit dem damaligen Kreisbeauftragten für Na-
turschutz Alfred Hinsche bestätigte L. Fuchs in seiner Arbeit. Viele persönliche Schicksals-
schläge brachten ihn nicht von diesem Anliegen ab, im Gegenteil, durch seine Biberbeobach-
tungen fand er den beruhigenden Ausgleich und Entspannung. Im Bereich der Gartenanlage
Küchengarten in Dessau sorgte er durch aufklärende Gespräche für die Akzeptanz der Bi-
beranwesenheit. Selbst in hohem Alter, als er ab 1963 Dauergast auf dem Campingplatz am
Bergwitzsee war, begeisterte er viele Menschen für die Biber und für den Naturschutz und wirk-
te auch dort aktiv bei der Umsetzung der Naturschutzgesetze mit. Am 12. September 1988 ist
Leopold Fuchs in Dessau verstorben.
Leopold Fuchs und Ernst Lill am Biberbau Leopold Fuchs im Jahr 1988 am Bergwitzsee
vom Diepold in Dessau, April 1976 (Foto: (Foto: Archiv K.-A. Nitsche).
Freiheit, H. Rudweleit).
Literatur
HAENSCKE, W. (1990): Leopold Fuchs zum Gedenken. – Naturwissenschaftliche Beiträge Museum Dessau,
Heft 5: 105-106.
NITSCHE, K.-A. (2017): Der Schutz des Bibers in Deutschland von den Anfängen bis 1990 – Bilder und Dokumen-
te. – Dessau, Castor Research Society: 1-200. ISBN 978-3-00-054331-9
SKRAJEWSKI, A. (1976): Auch Biber geh´n auf Wanderschaft. – Freiheit (Dessau), 17. 4. 1976.
Agr. Ing. Karl-Andreas Nitsche [email protected]
Akensche Straße 10
06844 Dessau-Roßlau
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Kurzmitteilung
Der Schwerpunkt der Gefährdung von Fischotter und Elbebiber im Drömling durch Kraftfahr-
zeuge wird zurzeit otter- und bibergerecht umgebaut. In die neun km lange Strecke der L22
zwischen Buchhorst und Röwitz werden vier Querungshilfen an den besonders unfallträchtigen
Punkten im Rahmen des Flurbereinigungsprogramms des ALFF Salzwedel eingebaut.
Im Zeitraum 2005 – 2019 starben nachweislich mindestens 79 Elbebiber und 11 Fischotter auf
diesem Abschnitt, mindestens zwei Fischotterweibchen waren zum Todeszeitpunkt säugend, so
dass die Welpen vermutlich ebenfalls starben. Aufgrund des Durchschneidungseffektes der
Landstraße durch die gewässerreiche Landschaft, sind hier zahlreiche Wanderkorridore und
Lebensräume seltener Arten betroffen. Mindestens sechs Biberreviere grenzen an die Straße
an. Fischotterreproduktion wurde im unmittelbaren Umfeld der Straße wiederholt nachgewie-
sen. Umfangreiche Habitatstudien für beide Arten gingen dem Umbau der Straße voran.
Nach elf Jahren stetiger Bemühungen um eine Verbesserung dieses kritischen Zustandes wer-
den nun gleichzeitig vier Kastenprofildurchlässe an den besonders gefährlichen Gewässerque-
rungen eingebaut, die auch von kleineren Arten, Amphibien und Reptilien genutzt werden kön-
nen. Damit soll erreicht werden, dass streng geschützte Tierarten auf diesem Straßenabschnitt
deutlich weniger häufig getötet werden.
Abb. 1: Öffnung der Straße bei Buchhorst zum Einbau einer
Querungshilfe (Foto: A. Weber).
Antje Weber
Jeggau 44a
39649 Gardelegen, OT Jeggau
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Impressum:
Kontaktadressen
Arbeitskreis Biberschutz Landesreferenzstelle für
im NABU Landesverband Biberschutz Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt e. V.
Biosphärenreservatsverwaltung
NABU Sachsen-Anhalt Mittelelbe
Schleinufer 18a Kapenmühle PF 13 82
39104 Magdeburg 06813 Dessau-Roßlau
Tel. 0391 561 93-50 Tel. 034904 421-0
E-Mail: [email protected] E-Mail: poststelle@mittelelbe.
Homepage: www.NABU-LSA.de mule.sachsen-anhalt.de
Titelfoto: Achim Weber
Rechtlicher Hinweis: Für die Inhalte der Artikel sind die Autoren eigenverantwortlich.
Inhaltsverzeichnis:
Peter Ibe
Rückblick auf über 40 Jahre Biberbestandserfassung und -kartierung S. 2
Vorinformation zur Jahrestagung 2020 S. 3
Antje Weber
„Alles im Fluss – der Elbebiber und sein Lebensraum“ – UN Dekade Biologische Vielfalt – ein
ausgezeichnetes Projekt des Arbeitskreis Biberschutz S. 4
Antje Weber
Rückblick auf die Tagung „Biberschutz in Sachsen-Anhalt“ am 27.Oktober 2018 im Gast-
haus „Zum Biber“ in Steckby S. 6
Annett Schumacher
Auswertung der Biberkartierung 2015/2016 S. 8
Antje Weber, René und Ellen Driechciarz
Sommertrockenheit 2018 und deren Einfluss auf die Aktivitäten des Elbebibers in Sachsen-Anhalt S. 10
Fragebogen Biberreaktion auf Wetterphänomene S. 17
Karl-Andreas Nitsche
Leopold Fuchs – zum 30. Todestag des Biberschützers aus Dessau S. 18
Antje Weber – Kurzmitteilung S. 19
mailto:[email protected]://www.nabu-lsa.de/