Arbeitsunfall und psychische Folgen Prävention und ... · Angst vor Arbeitsaufnahme, nur noch...

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Arbeitsunfall und psychische Folgen Prävention und Empfehlungen der BG ETEM Susanne Bonnemann Fachgebiet Arbeitsmedizin und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren 2013

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Arbeitsunfall und psychische Folgen Prävention und Empfehlungen der BG ETEM

Susanne Bonnemann

Fachgebiet Arbeitsmedizin und

arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren 2013

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Definition

• Erleben von tatsächlicher oder angedrohter Gewalt

z.B. Übergriffe, Überfälle, Freiheitsentzug

• Durchleben einer

erheblichen Gefahr für Gesundheit und Leben

z.B. Ereignisse mit Todesangst,

katastrophale Unfälle

• Miterleben oder Herbeiführen

einer Extremsituation Dritter

z.B. Verursachung eines Unfalls mit

Schwerstverletzung oder Tod eines Arbeitskollegen

• Überwiegende Selbstheilungstendenz!

• Ausbildung einer

posttraumatischen Belastungsstörung

in Abhängigkeit des Ereignisses (s. AWMF)

Psychisch belastende

Extremsituationen:

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Folgen

• Persönliches Leid!

• Lange Arbeitsunfähigkeit

• Schwierigkeiten bei der Arbeitsaufnahme

• Vermeidungsverhalten

Angst vor Arbeitsaufnahme, nur noch bestimmte Tätigkeiten werden

ausgeführt

• Ausscheiden aus dem Erwerbsleben

Frühberentung

• Zusätzliche Erkrankungen (Komorbidität),

z.B. Alkoholkonsum, Depressionen,

Verschlimmerung vorbestehender Erkrankungen

Negative Folgen für

Betroffenen u. Familie – Arbeitgeber – Sozialversicherung

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Gesetzliche Grundlagen - UVT

• SGB VII, § 1 (Prävention)

…UVTen haben mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle,

Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten…

• SGB VII, § 26 (2) (Rehabilitation)

…UVTen haben mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch

den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen

oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine

Folgen zu milder…

• SGB IX, § 3

Die Chronifizierung einer psychischen Störung ist unbedingt zu vermeiden

Information und Maßnahmen zur Prävention

ggf. notwendige unterstützende u./o. therapeutische Maßnahmen

sind rasch einzuleiten,

Die Kausalitätsklärung ist insoweit

wegen des Vorrangs der Therapie zurückzustellen.

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Verlauf

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biografisch, prätraumatische Risikofaktoren - Weiblich

- Minderheit

- Soz. Ökonomischer Status, Bildungsgrad

- Arbeitslosigkeit

- Kritische Lebensereignisse

- Psychische Störungen

Peritraumatische Risikofaktoren

- Wahrgenommene Lebensbedrohung

- Peritraumatische emotionale Reaktion

- Peritraumatische Abspaltung (Dissoziation)

- Art und Weise des Ereignisses

Posttraumatische Risikofaktoren:

- Akute Belastungsstörung

- Akute depressive Symptome, Selbstmordgedanken

- Negative Gedanken zum Selbst und über die Welt

- Anhaltende Abspaltung, vermeidende Bewältigung

- Grübeln

- Mangel an sozialer Unterstützung

- …

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Risikofaktoren

Schutzfaktoren

- Optimismus, Kohärenz

- Selbstwirksamkeitserwartung

- Wahrgenommene soziale Unterstützung

Susanne Bonnemann

Quelle: Prof. Bengel

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Auffälliges Verhalten, „Komischsein“, „Anderssein“,

Suchtverhalten, Aggressivität, Rückzug

können immer auch Folge eines

traumatischen Erlebnisses sein,

dass Verhalten ist dem Betroffenen

selbst nicht immer bewußt!

„Dran denken…!“

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Allgemeine Präventionsmaßnahmen

1. Technische Schutzmaßnahmen

z.B. sicherer Verschluß/Transport von Wertsachen (Kassensystem)

bauliche Maßnahmen (z.B. Sichtfenster zu Kollegen,

„Barrieren“ = Distanz zum Kunden, Fluchtwege, Technik von

Notrufsystemen

2. Organisatorische Schutzmaßnahmen

Überprüfen der Arbeitsorganisation (ggf. Mitarbeiterbefragung), Anwendung

von Notrufsystemen, Information der Mitarbeiter und Führungskräfte über

Gefährdungen und Gefahren (Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen)

3. Persönliche Schutzmaßnahmen

z.B. Schulung von Mitarbeitern im Kundenkontakt (Serviceleistung),

Schulung „im Falle eines Überfalls“ („Deeskalationstraining“),

Schulung zum Erstbetreuer, Sicherheitstraining KFZ (z.B. BG ETEM

Bildungsstätte Linowsee)

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Erstbetreuer

Anzahl: je nach Gefährdungsbeurteilung

Risikoschätzung nach Häufigkeit (Unfallanalyse), betrieblichen

Strukturen (z.B. Geldtransport), schwere des möglichen Ereignisses

Aufgaben: Auffangen der Schockreaktion:

- sichere Umgebung herstellen durch Anwesenheit und Beruhigung

- lenkende- u. gestaltende Situation herstellen

(Information, Kontakte, Hilfsangebote)

- Übergabe an soziales Umfeld

- ggf. Übergabe an fachspezifische Dienste

(betriebl. Dienst, ext. Betreuer, UVT)

Einsatz: Erreibarkeit (schnell am Unfallort sein)

Qualifikation: Ausbildung (16 Lehreinheiten durch qualifizierte Einrichtung)

Fortbildung (nach ca. 2 Jahren)

s.u. Empfehlungen der DGUV

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Erst-Betreuung - Großbetriebe

- Benennung eigener Mitarbeiter als Erst-Betreuer nach betrieblichen

u. organisatorischen Erfordernissen/Risiken (Gefährdungsbeurteilung)

- Mitwirkung bei Ausarbeitung betrieblicher Rettungskette

- betriebliche Erst-Betreuer können ggf. zeitnah am Unfallort sein

- Können Betroffenen über Stunden – Tage „begleiten“ (Ansprechpartner)

- Informationsvermittlung über interne und externe Unterstützung

(z.B. UVT-Leistung) und Kontaktaufnahmen

- innerbetriebliche Schulung möglich (z.B. betriebl. Sozialberater)

- kennen (inner-) betriebliches u. berufliches Umfeld

- Kooperation mit betrieblichen Strukuren (Führungskräfte,

Fachkraft für Arbeitssicherheit, betriebl. Sozialdienst, Betriebsarzt)

- Kooperation mit externen Dienstleistern (psycholog. Diensten)

- Kontakt zum UVT (BG ETEM Sachbearbeiter) her: „Unfallmeldung“

- „Verlaufskontrolle“ = halten Kontakt zum Betroffenen falls Hilfe

falls Unfallfolge erst später nötig wird

Großbetriebe

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Erst-Betreuung - KMU

KMU-Betriebe:

- Benennung und Ausbildung im eigenen Betrieb nicht immer umsetzbar

- Information von Mitarbeitern z.B. im Rahmen der Unterweisung

- Nutzen von Information und Schulung durch BG ETEM

(Broschüren, Bildungsstätten, Fortbildung Betriebsärzte u. techn. Außendienst

- ggf. Kontakt oder Kooperation mit externem Dienstleister

Unfallmeldung an Rettungsleitstelle (112, 19 222):

Rettungsleitstelle oder Notarzt vermitteln kostenlos

Notfallbetreuer, Notfallseelsorger schnell und zeitlich begrenzt

Unfallmeldung an Sachbearbeiter BG ETEM

Vermerk auf Unfallbogen: „Unfallzeuge ohne körperliche Verletzung“

Information/Einbeziehung Betriebsarzt

ggf. Verdachtsdiagnostik, Informationsvermittlung,

Verlaufsbeobachtung, Wiedereingliederung

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Betriebsarzt

• Prävention:

- Betriebliche Beratung u. Unterstützung in Fragen zur Ersten Hilfe

(Rettungskette, Erst-Helfer,

arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, Aufgaben nach § 3 ASiG)

- Information/Schulung über mögliche Folgen:

akute Reaktion, PTBS, Komorbidität…

• Unfall - Ereignis:

- ggf. Verdachtsdiagnose, Beratung, Unterstützung,

Verlaufskontrolle

- Beratung mit BG ETEM-Sachbearbeiter (Procedere)

• Nachsorge:

- Verlaufskontrolle

- ggf. Wiedereingliederungsmaßnahmen koordinieren

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Psychologische Unterstützung

Betrieb

Kollegen,

Vorgesetzte

Betriebsarzt

Sozialdienst

BG ETEM

Außendienst

Sachbearbeiter (BV)

FB Arbeitsmedizin

Privat

Partner

Freunde

1. (Informations-)Gespräch

2. Probatorische Sitzungen (5)

3. Psychotherapie

ambulant/stationär

4. Eingliederung

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Thema Psychische Gefährdungen nach Arbeitsunfall

(Gewalt am Arbeitsplatz) muss im Betrieb/Unternehmen bekannt sein

und bei Gefährdung behandelt werden

(z.B. Arbeitssicherheitssitzung, Gefährdungsbeurteilung)

Arbeitsschutzakteure und Führungskräfte sollten sich bei Gefährdung

mit dem Thema vertraut machen

Aufbau branchen- und betriebsspezifischer Präventionskonzepte (TOP)

Unfallzeugen oder Überfallopfer der BG ETEM mitteilen, damit

b.B. rasch psychologische Unterstützung gegeben werden kann

BG ETEM-Sachbearbeiter vermittelt rasch zu geeignetem

Therapeuten (Kostenübernahme), nur nach vorheriger Unfallmeldung!

„Dran denken“!

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Zusammenfassung

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Arbeitshilfen - Beispiel

Bezug: www.dguv.de/publikationen

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Allgemein,

Grundlagen

Branchenübergreifend

f. Aufsichtspersonen

Branchenübergreifend

f. Unternehmer

Sachgebiet:

http://www.dguv.de/inhalt/praevention/fachbereiche/fb-gib/psyche/index.jspn

Susanne Bonnemann

DVD 5 der BGHW