Arbeitswissenschaft II (Arbeitstechnologie und Ergonomie)notizen.pdf · abstrakt, jedoch wird diese...
Transcript of Arbeitswissenschaft II (Arbeitstechnologie und Ergonomie)notizen.pdf · abstrakt, jedoch wird diese...
Es wurde bereits im ersten Teil der Vorlesung kurz beschrieben, was unter dem Begriff
der “Technologischen Gestaltung” von Arbeitssystemen zu verstehen ist. Im weiteren
Verlauf wird dieses Konzept noch einmal etwas näher beleuchtet. Für den Rest der
Veranstaltung wird dann die “Technischen Gestaltung” von Arbeitssystemen im
Mittelpunkt stehen.
Was kann man unter der Technologischen Gestaltung verstehen?
“Die Technologische Gestaltung eines Arbeitssystems besteht in der Auswahl einer
bestimmten Klasse von Techniken.”
Das bedeutet: Eine Technologie ist eine Klasse, die realisiert werden kann durch ganz
konkrete Techniken. Z.B.: eine Technologie kann in diesem Sinne das
Fertigungsverfahren “Drehen” sein. Realisiert wird diese Technologie aber erst, durch
bestimmte Techniken also z.B. eine bestimmte Drehmaschine oder auch eine bestimmte
Arbeitstechnik des Operateurs.
Diese Unterscheidung Technologie-Technik ist zunächst ungewohnt und erscheint sehr
abstrakt, jedoch wird diese Unterscheidung im folgenden näher erläutert um ein besseres
Verständnis zu ermöglichen.
Konstruktive Gestaltung des Arbeitsobjektes
Von einer konstruktiven Gestaltung des Arbeitsobjektes wird im allgemeinen
gesprochen, wenn der Konstrukteur eines Produktes seine konstruktiven Möglichkeiten
bewusst zur Beeinflussung von menschlichen Arbeitsbedingungen einsetzt.
Im Laufe des Produktentstehungsprozesses werden seitens des Konstrukteurs die
charakteristischen Produkteigenschaften festgelegt. Diese sind unter anderem die Gestalt
des Arbeitsobjektes und die Werkstoffe, aus denen das Produkt bestehen soll. Weiter
werden bereits durch die Konstruktion die grundsätzlichen Produktions- und
Montageprozesse festgelegt. Dabei muss der Konstrukteur einer ganzen Reihe von
Aspekten gerecht werden. Er muss z.B. den Bedürfnissen des Kunden gerecht werden,
das Produkt sollte möglichst umweltschonend in der Herstellung, leicht zu warten und
gegebenenfalls recycelbar sein. Das auskonstruierte Produkt muss sowohl fertigungs- als
auch montagegerecht gestaltet sein. Diesem Aspekt wird durch die Technologische
Gestaltung Rechenschaft getragen.
Im Sinne der Technologischen Gestaltung wählt der Konstrukteur die Gestalt des
Produktes so aus, dass einzelnen Teile gut montiert werden bzw. dass Sie nur so
montiert werden können, dass Verwechslungen von vornherein ausgeschlossen werden
können (Poka-Joke).
Die Werkstoffwahl würde entsprechend so erfolgen, dass die Arbeiter keinen
gesundheitsgefährdeten Stoffen ausgesetzt sind.
Bei der Festlegung des grundsätzlichen Produktionsprozesses würde man darauf achten,
dass man Verfahren vermeidet, die eine sehr hohe Belastung für die Mitarbeiter bedeuten
würden, z.B. sollten möglichst Verfahren vermieden werden, die starke Erschütterungen
oder Lärmbelastungen zur Folge haben.
Technologische Gestaltung: Betriebsmittel
Sind im Rahmen der konstruktiven Gestaltung die Fertigungsverfahren festgelegt,
müssen als nächstes die Betriebsmittel definiert werden. Betriebsmittel sind die Anlagen
und Maschinen, mit denen ein bestimmtes Fertigungsverfahren realisiert wird. Zwei
Beispiele bei der Auswahl von Betriebsmitteln sollen hier näher betrachtet werden:
Abbruchhämmer
In der Grafik dargestellt sind die Lärmpegel von drei verschiedenen Abbruchhämmern.
(Diese Lärmpegel wurden gemessen bei der Durchführung von Abbrucharbeiten an
Betonbauteilen in 7 m Entfernung.) Die Unterschiede der Produkte liegt in den
Antriebskonzepten, zum einen ein pressluftgetriebenes Konzept, ein Benzinmotor und
ein elektrischer Antrieb. Es ist ersichtlich, dass der Elektromotor in allen
Frequenzbereichen einen wesentlich niedrigeren Geräuschpegel aufweist, weshalb bei
ansonsten gleicher Leistung der elektrische Antrieb klar zu favorisieren wäre.
Düsen von Druckluft-Blaspistolen
Eine Druckluft-Blaspistole wird zur groben Reinigung von diversen Gegenständen
benutzt. Die Ausführung der Düse mit nur einem Loch erzeug einen Schalldruckpegel von
110 dB. Dieser Pegel ist vergleichbar mit einem Düsenflugzeug in einem Abstand von
300 m. Wird eine leicht modifizierte Variante mit mehreren Öffnungen verwendet reduziert
sich der Schalldruckpegel und somit die Belastung auf den Operateur. Auch hier wäre bei
ansonsten gleichen Leistungsdaten die zweite Variante als Betriebsmittel zu wählen.
Technologische Gestaltung: Verfahrensmodifikation
Im Rahmen der technologischen Gestaltung besteht über die Möglichkeit ein bestimmtes
Fertigungsverfahren auszuwählen hinaus auch die Möglichkeit, das gewählte
Fertigungsverfahren zu modifizieren.
Mitunter ist allein durch die Veränderung einzelner Prozessparameter (z. B.
Motordrehzahlen) eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen möglich.
Wenn z.B. das Schneidwerkzeug einer Drehmaschine optimiert wird, können u.U.
wesentlich höhere Schnittgeschwindigkeiten erreicht werden. Dies kann jedoch für den
Operateur bedeuten, dass wesentlich häufiger Umspann- oder Einstellvorgänge
ausgeführt werden müssen.
Ein weiteres Beispiel: Es existieren Gießverfahren (z.B. Vakuum-Formverfahren), bei
denen man auf den Einsatz von gesundheitsschädlichem Bindemittel im Formsand
verzichten kann, indem der Formsand z.B. durch Vakuum oder durch Magnetismus
verdichtet wird.
Die auf der Folie abgedruckte Tabelle zeigt beispielhaft den Einfluss von Hubraum und
Drehzahl verschiedener Verbrennungsmotoren, sowie Entfernung und
Rollgeschwindigkeit auf den Schallpegel. Die theoretisch zu erwartende Pegelminderung
bei der Verdoppelung eines Parameters bewirkt demnach eine positive oder negative
Pegeländerung von 2, 3, 4, oder 5 mal 3 dB. Danach bringt z. B. eine Verdopplung des
Hubraums eine Geräuschminderung von 12 dB.
Technische Gestaltung von Arbeitssystemen nach Kirchner
Ein Kernbereich der technischen Gestaltung ist die Technisierung, d.h. die Festlegung
der Arbeitsteilung zwischen Mensch und Technik im Arbeitssystem. Dazu können drei
Technisierungsstufen unterschieden werden:
1. manuelle Ausführung
2. mechanisierte Ausführung
3. automatisierte Ausführung
Für die technische Gestaltung eines Arbeitssystems ist es zweckmäßig, immer nur
eine Einzelfunktion dieses Arbeitssystems zu betrachten und diese bezogen auf den
Technisierungsgrad zu bewerten. Übertragen auf ein Beispiel “Autofahren” wären
Einzelfunktionen das „Regulieren der Geschwindigkeit” oder das “Halten des
Fahrzeugs in einer Fahrspur”.
Eine Einzelfunktion kann in drei wesentliche Teilfunktionen unterteilt werden:
1. Einwirkung auf das Arbeitsobjekt
2. Lenkung dieser Einwirkung
3. Überwachung von Prozessparametern
Die Technisierungsstufe richtet sich dann danach, ob die Teilfunktion vom Mensch
oder von der Maschine ausgeführt wird.
Mit Hilfe des Arbeitssystembegriffs lassen sich die Teilfunktionen noch weiter aufschlüsseln.
Der Input in das System ist das unbearbeitete Arbeitsobjekt. Das kann z.B. Rohmaterial oder
ähnliches sein – oder übertragen auf ein Beispiel „Regulieren der Raumtemperatur“ eine zu
hohe bzw. zu niedrige Raumtemperatur.
Der Output ist das Ergebnis des Arbeitssystems. Für die Einzelfunktion „Regulieren der
Raumtemperatur“ wäre das ein Raum, der die gewünschte Temperatur besitzt.
Jede gewünschte Veränderung, die durch ein Arbeitssystem bewirkt werden soll, wird durch die
gelenkte Einwirkung von Energie erreicht. Das Element, dass diese Einwirkung direkt am
Arbeitsobjekt bewirkt, ist das sogenannte Prozesselement. Das Prozesselement im
vorgenannten Beispiel wäre z.B. ein Heizkörper, der Raumluft erwärmt.
Um das Arbeitsobjekt entsprechend verändern zu können, ist Energie erforderlich. Das
Wirkelement dient zur Verbesserung des Wirkungsgrades dieser bereitgestellten Energie. Die
bereitgestellte Energie könnte im vorgenannten Beispiel die chemische Energie eines
Brennmittels oder elektrische Energie sein. Das Wirkelement, das die in diesem Fall zu hohe
Leistung in nutzbare Leistung wandelt ist der Wärmeträger, beispielsweise Wasser oder Öl des
Heizkreislaufes.
Ein Informationsaufnahmeelement überwacht den laufenden Arbeitsprozess und stellt
Informationen über die zu regelnde Größe zur Verfügung. Im vorgenannten Beispiel wäre das
ein Temperaturfühler.
Das Informationsverarbeitungselement vergleicht die Informationen, die vom Informations-
aufnahmeelement geliefert werden mit den Vorgaben vom Programmverarbeitungselement und
leitet daraus ab, ob regulierend in den Prozess eingegriffen werden muss oder nicht. Im
vorgenannten Beispiel wird das Informationsverarbeitungselement durch einen Thermostat
realisiert. Dieser vergleicht einen Solltemperaturwert mit dem Istwert. Treten Differenzen auf,
reagiert er, indem ein Ventil den Wärmeträger entsprechend öffnet oder schließt.
Ein Programmverarbeitungselement steuert den zeitlichen Ablauf des Arbeitsprozesses. Es
übersetzt Zielvorgaben in Sollwerte, die der Regelkreis in bestimmten Zeitabschnitten erreichen
soll. Übertragen auf das vorgenannte Beispiel wären die Zielvorgaben die verschiedenen
Solltemperaturen, die im Raum tagsüber und nachts erreicht werden sollen.
Im ersten Fall, der Handarbeit ohne Hilfsmittel werden sämtliche Elemente des
Arbeitssystems durch den Menschen realisiert, d.h. es werden keine technischen
Hilfsmittel genutzt. Ein Beispiel hierzu wäre das freie Formen von Ton mit bloßen
Händen.
Bei der arbeitstechnisch rationalisierten Handarbeit wird das Prozesselement, also das
Element, das direkt auf das Arbeitsobjekt einwirkt technisch realisiert und es wird unter
Umständen ein Freiheitsgrad dieser Einwirkung eingeschränkt. Diese Einschränkung
des Freiheitsgrades wird auch Führung genannt. Wenn die Einwirkung des
Prozesselementes auf den Arbeitsprozess geführt ist, wird in unserer Notation der
entsprechende Pfeil grau hinterlegt. Für den Arbeiter bedeutet die arbeitstechnische
Rationalisierung im allgemeinen eine Verbesserung des Wirkungsgrades also eine
Erleichterung hinsichtlich Kraftaufwand, Positionieraufwand oder mentalem Aufwand.
Ein Beispiel wären hier einfache Handwerkzeuge, wie Hammer oder Säge. Viele
Arbeitsprozesse werden erst durch den Einsatz eines technischen Prozesselementes
ermöglicht. Ein Beispiel für eine Führung wäre eine Bohrschablone: auf das zu
bearbeitende Werkstück wird ein Schablone aufgelegt und somit sichergestellt, dass die
Löcher nur in einem ganz bestimmten Abstand gesetzt werden können.
Bei der potentiell mechanisierten Handarbeit wird zusätzlich das Wirkelement technisch
realisiert, d.h. die vom Menschen aufgebrachte Energie wird entsprechend gewandelt,
um den Wirkungsgrad des Systems weiter zu verbessern. Ein solches potentiell
mechanisiertes System kann schon als Maschine bezeichnet werden. Ein Beispiel
hierzu wäre eine manuelle Handbohrmaschine. Die Freiheitsgrade, die hier zur
Verfügung stehen sind der Anpressdruck der Maschine auf das Werkstück, die
Geschwindigkeit, mit der gebohrt wird und schließlich der Winkel, mit dem die
Handbohrmaschine angesetzt wird.
Der Unterschied zur potentiell mechanisierten Ausführung ist die technische
Realisierung der Energiezufuhr in das System. Wenn eine Handbohrmaschine
beispielsweise durch einen Elektromotor angetrieben wird, ist die Geschwindigkeit und
die Leistung des Bohrens nicht mehr länger von der menschlichen Leistungsfähigkeit
abhängig. Das bedeutet für den Arbeiter, eine Reduzierung der körperlichen
Beanspruchung. Aus der höheren Drehgeschwindigkeit resultieren jedoch u.U. höhere
mentale Belastungen bei der Informationsaufnahme aus dem Prozess und bei der
Lenkung des Prozesses.
Auch hier können die Freiheitsgrade zwischen Prozesselement und Arbeitsobjekt
durch eine Führung eingeschränkt werden. Im Fall der Handbohrmaschine könnte
diese in einem Gestell verankert werden, so dass nur noch senkrechte Bewegungen
ermöglicht würden. Eine solche Maschine wird als Ständerbohrmaschine bezeichnet.
Ein anderes Beispiel wäre eine Werkzeugmaschine mit handgetriebener Zustellung
und Vorschub (z.B. eine Drehmaschine).
Ein weiterer Schritt in Richtung Technisierung des Arbeitssystems wird erreicht, indem
auch das Informationsaufnahmeelement durch ein technisches Element realisiert wird.
Man spricht dann auch von einem technischen Rezeptor. Die Arbeitsperson muss in
diesem Fall weniger Prozessparameter überwachen und wird entsprechend mental
entlastet. Bei einer Ständerbohrmaschine könnte beispielsweise die Bohrtiefe auf einer
Skala angezeigt werden.
Die technische Realisierung des Informationsaufnahmeelementes ist eine wichtige
Voraussetzung für die vollständige Automatisierung des Prozesses.
Für die Automatisierung wird ein Informationsverarbeitungselement benötigt, das die Ist-
Daten des Arbeitsprozesses mit vorgegebenen Sollwerten vergleicht und bei
Abweichungen korrigierend in den Arbeitsprozess eingreift.
Mit der Funktionsautomatisierung wird demnach ein sogenannter geschlossener
Regelkreis realisiert. Dieser Regelkreis arbeitet selbständig auf die Angleichung
zwischen Ist- und Sollwert hin, solange der Sollwert vorgegeben wird. Die Arbeitsperson
wird mental entlastet, da sie den Prozess nicht mehr fortwährend regulieren muss. In
Ausnahmesituationen muss die Person dennoch eingreifen (z.B. der Anschlag einer
Drehmaschine wird erreicht, der automatische Vorschub muss manuell abgeschaltet
werden).
Wenn zusätzlich ein Programmverarbeitungselement technisch realisiert ist, welches
eine automatische Abschaltung nach einer gewissen Zeit realisiert, z.B. durch einen
Endschalter, spricht man auch von einer Programmautomatisierung mit
Abschaltautomatik. Ein Beispiel wäre eine Werkzeugmaschine mit automatischem
Vorschub und Endabschaltung. Ein weiteres Beispiel wäre eine Papierpresse bei der
die Arbeitsperson nur auf den Auslöseknopf drücken muss. Der Pressvorgang läuft
dann praktisch automatisch ab.
Einen Schritt weiter geht die sogenannte Programmautomatisierung mit Folgeautomatik,
dort wird der Arbeitsvorgang automatisch ausgelöst. Bezogen auf das Beispiel
Papierpresse könnte ein Sensor messen, wann genügend Papier in der Presse ist und
entsprechend den Pressvorgang auslösen.
Die Leistungsfähigkeit eines manuellen Arbeitssystems wird zu einem großen Teil
dadurch bestimmt, wie leistungsfähig (geschickt, kräftig, schnell etc.) die jeweilige
Arbeitsperson ist.
Die arbeitstechnisch rationalisierte Handarbeit bedeutet eine wesentliche
Arbeitserleichterung für den Menschen. Ein Beispiel wäre das Festschlagen der
Wetterleiste mit dem Hammer.
Als Beispiel für die Einschränkung eines Freiheitsgrades kann die Montage von Klipsen
herangezogen werden: Die Klipse haben an der Hinterseite mehrere Nasen, die in ein
Loch im Türblech einrasten sollen. Weil diese Nasen flexibel sind, kann man den Klips
nach der Montage wieder herausziehen. Um das Herausziehen der Klipse zu verhindern,
werden Plastikstifte eingesteckt.
Die Plastikstifte lassen sich nicht mit bloßen Händen in den Klips montieren. Mit einem
Dorn ließe sich der Plastikstift montieren, es wären aber zu viele Freiheitsgrade
vorhanden (der Dorn kann seitlich abrutschen, der Plastikstift kann zu tief eingeschlagen
werden etc.). Mit Hilfe eines Spezialwerkzeuges können diese Freiheitsgrade
eingeschränkt werden.
Das technisch realisierte Wirkelement „Hebel“ verbessert den Wirkungsgrad der
Einleitung der menschlichen Arbeitskraft in das Prozesselement.
Als Beispiel für eine Einschränkung von Freiheitsgraden kann die
Drehmomentbegrenzung herangezogen werden.
Soll eine Schraube eingedreht werden, können Drehrichtung, Geschwindigkeit und
Drehmoment variiert werden.
Wird die Schraube mit einem zu hohen Drehmoment angezogen, besteht die Gefahr der
Abtrennung des Schraubenkopfes und damit eines Wirksamkeitsverlustes der
Schraubverbindung. Wird die Schraube mit einem zu geringen Drehmoment angezogen,
besteht ebenfalls die Gefahr, dass sich die Schraubverbindung vorzeitig löst.
Mit einer sogenannten Drehmomentbegrenzung, kann der Freiheitsgrad Drehmoment
eingeschränkt werden. Die Begrenzung sorgt dafür, dass das Werkzeug ab einem
bestimmten Punkt keine Kraft mehr auf die Schraube ausüben kann.
Ein Beispiel für die technische Realisierung des Energieeintrages in das Arbeitssystem
ist ein Akkuschrauber. Auch hier gibt es die Möglichkeit einer menschlich geführten
Ausführung und einer maschinell geführten Ausführung, d.h. mit eingeschränkten
Freiheitsgraden.
Beim Menschen verbleiben nur Lenkungs- und Steuerungsfunktionen. Da sich die
Prozessgeschwindigkeit gegenüber der Handarbeit stark erhöht hat, kann die effektive
Mechanisierung u.U. eine erhöhte informatorische Belastung für die Arbeitsperson
bedeuten (z.B. durch höhere Sicherheitsrisiken).
Die Belastung kann reduziert werden, indem die Aufgabe der Prozessüberwachung durch
ein technisches Element übernommen wird. Der Mensch muss dann nur noch
entscheiden, ob ggf. in den Prozess eingegriffen werden muss.
Ein technischer Prozess kann noch weiter technisiert werden, indem das
Informationsverarbeitungselement durch ein technisches Element ersetzt wird, z.B. durch
einen Regler.
Dieses System ist jetzt zu einem bestimmten Grad autonom, d.h. der Mensch braucht
überhaupt nicht mehr in den Prozess einzugreifen, er muss aber dafür sorgen, das dieser
Automatismus irgendwann abgeschaltet wird.
Ein Lokführer muss z.B. nur noch sehr wenig Aufmerksamkeit auf den eigentlichen
Fahrvorgang aufwenden, denn der Zug bleibt selbständig auf der Schiene und die
Geschwindigkeit wird durch einen Tempomat reguliert. Deshalb hat man bei der
Gestaltung des Arbeitssystems dafür gesorgt, dass der Lokführer eine regelmäßige
Rückmeldung geben muss. Versäumt der Lokführer das Betätigen eines sogenannten
Sicherheitsfahrschalters (im Minutentakt), wird automatisch eine Bremsung eingeleitet.
Ein weiterer Schritt in Richtung Automatisierung ist die technische Realisierung eines
Programmverarbeitungselementes. Wenn dieses Element den funktionsautomatisierten
Prozess an einem definierten Punkt abschaltet, spricht man auch von einer
Programmautomatisierung mit Abschaltautomatik.
Bezogen auf das Türbeispiel wäre das z.B. das Auftragen des Sealers auf die Tür. Der
Sealer ist ein Klebstoff, mit dem eine Schutzfolie gegen Feuchtigkeit verklebt werden
kann. Dieser Klebstoff wird durch eine Maschine in einem dünne Streifen aufgetragen.
Der Vorgang wird zwar von einer Arbeitsperson ausgelöst, wird dann aber automatisiert
ausgeführt und beendet.
Wenn zusätzlich der Zeitpunkt des Auslösens von der Maschine bestimmt wird, spricht
man auch von einer „Programmautomatisierung mit Folgeautomatik“.
An einem Beispiel soll erläutert werden, wie eine integrierte Arbeitssystemgestaltung in
einem realen Unternehmen ablaufen könnte:
Es sollen pro Schicht 590 Fahrzeuge vom Typ Ford Focus montiert werden, davon sollen
ca. 410 als 5-Türer und ca. 180 als 3-Türer montiert werden, sodass wir von ca. 2000
Türen ausgehen können, die pro Schicht montiert werden müssen.
Alle Einzelteile, die zur Türmontage notwendig sind, werden komplett so angeliefert, wie
sie auch verbaut werden können.
Die Türmontage besteht aus 22 Arbeitstakten.
Die Türen sollen nach Kundenwunsch lackiert werden.
Es liegt ein hoher Variantenanteil vor, da die Kunden zwischen verschiedenen
Fensterhebern, verschiedenen Schließsystemen oder verschiedenen Spiegeln wählen
können. Das führt dazu, dass die Arbeiter ca. 20 verschiedene vorgefertigte Kabelbäume
einbauen müssen.
Die hier abgebildete „Ausgangslage“ für die technische Gestaltung, wurde zum Teil
während der technologischen Gestaltung festgelegt, z.B. die Auswahl der Materialien
oder der einzelnen Arbeitstakte. Zum Teil wurde die Ausgangslage aber auch im Rahmen
der arbeitsorganisatorischen Gestaltung festgelegt, beispielsweise die Losgrößen, d.h.
die Anzahl der zu montierenden Türen.
Die Arbeitssystemgestaltung soll in zwei iterativen Stufen erfolgen. Im ersten Schritt wird
eine Vorgangsliste erstellt, in der alle wesentlichen Verrichtungen und
Reihenfolgebedingungen festgehalten werden.
Für die einzelnen Teilverrichtungen wird dann festgelegt, in welchem Maß eine
Technisierung möglich bzw. nötig ist. Die entsprechenden Werkzeuge werden
vorgeschlagen und die Anzahl der Mitarbeiter, die für diesen Teilschritt notwendig sind
wird entsprechend abgeleitet.
Zum Beispiel wurde hier festgelegt, dass für den Einbau der Fenstergummis vorn und
hinten spezielle Handschuhe notwendig sind und dass dieser Schritt von zwei
Mitarbeitern ausgeführt werden soll.