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Archäologie im Lahntal um Weimar (Lahn) – Zeitstationen Die umfangreichen archäologischen Relikte belegen eine epochenübergreifende Besiedlung des Lahntals um Niederweimar in verschiedenen vor- und frühgeschichtlichen Epochen. Diese Übersicht vermittelt Ihnen Eindrücke von den einzelnen Zeitstationen der Grabungen.

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Archäologie im Lahntal um Weimar (Lahn) – Zeitstationen

Die umfangreichen archäologischen Relikte belegen eine epochenübergreifende Besiedlung des Lahntals um Niederweimar in verschiedenen vor- und frühgeschichtlichen Epochen.

Diese Übersicht vermittelt Ihnen Eindrücke von den einzelnen Zeitstationen der Grabungen.

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Inhalt

Jungsteinzeitlicher Hausgrundriss der „Rössener Gruppe“ .................................................................... 3

Spätbronzezeitliche Siedlung .................................................................................................................. 5

Mittelsteinzeitlicher Lagerplatz ............................................................................................................... 6

Eisenzeitliche Siedlung ............................................................................................................................ 8

Frühkaiserzeitliche Siedlung .................................................................................................................... 9

Mittelalterliche Wüstung ...................................................................................................................... 11

Bronzezeitliche Siedlung ....................................................................................................................... 14

Jungsteinzeitliches Erdwerk .................................................................................................................. 15

Kaiserzeitliche Siedlung ......................................................................................................................... 17

Jungsteinzeitliches Grab ........................................................................................................................ 19

Spätbronzezeitliches Urnengräberfeld .................................................................................................. 20

Kreisgrabenanlage ................................................................................................................................. 22

Eisenzeitliches Gehöft ........................................................................................................................... 24

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Jungsteinzeitlicher Hausgrundriss der „Rössener Gruppe“ Zu den gut erhaltenen Siedlungsspuren der mittelneolithischen Rössener Gruppe (ca. 5. Jtsd. v. Chr.) zählt der vollständige Grundriss eines Langhauses im Norden des Kiesgrubenareals.

Das Rössener Haus während der Grabung von Osten (Foto: LfDH).

Zeitgleich zugehöriges Fundmaterial stammt aber auch aus einem westlich angrenzenden Altarm der Allna – unter Feuchtbodenbedingungen haben sich hier nicht nur inkrustierte Keramik, sondern auch vegetationsgeschichtlich bedeutsames Probenmaterial bestens erhalten.

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Die Scherben eines Gefäßes der Rössener Gruppe zeigen noch Reste einer weißen Inkrustierung (Foto: R.-J. Braun, LfDH).

Im Spiegel der archäobotanischen und geomorphologischen Untersuchungen lässt sich ein Blick auf die mittelneolithische Landschaft im Umland des Langhauses werfen. Die Wohneinheit lag noch sichtlich exponiert auf einer hochwasserfreien Niederterrasse über der damaligen Aue. Die Vegetation hatte sich gegenüber vorangegangen Epochen bereits deutlich verändert. Neben dem Auenwald, in dem Linde, Esche und Erle vorherrschten, haben sich offene Feldbaustandorte etabliert, auf denen als Innovation des Mittelneolithikums u.a. Nacktgerste und Nacktweizen angebaut wurden. Eine Vielfalt aus Heilpflanzen, Färberpflanzen, Notspeisepflanzen und pflanzlichen Baumaterialien war ebenfalls Teil des breiten Nutzpflanzenspektrums. Die umliegenden Eschenwälder könnten der Laubheugewinnung oder Waldweide und damit der Viehwirtschaft als weiterem Wirtschaftsschwerpunkt gedient haben.

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Spätbronzezeitliche Siedlung In der späten Bronzezeit (13. – 9. Jh. v. Chr.) kommt es im Lahntal bei Niederweimar zu einer Verdichtung der archäologischen Nachweise von Siedlungs- und Grabstätten. Siedlungsspuren der spätesten Hügelgräberbronzezeit bzw. frühen Urnenfelderzeit konzentrieren sich u.a. im Bereich eines N-S gerichteten Geländerückens im Mündungswinkel von Allna und Lahn. Zahlreiche kleinformatige Vier-, Sechs- oder Acht-Pfosten-Bauten haben sich hier in Gestalt von Pfostengruben erhalten, die sich zu regelhaften Hausgrundrissen zusammenfügen. Markante große Materialgewinnungsgruben wurden in sekundärer Funktion als Abfallgruben verwendet und erbrachten reiches Fundmaterial, darunter auch zahlreiche Henkelgefäße. Bemerkenswert sind einige in situ angetroffene Vorratsgefäße, die offenbar in den Boden eingegraben waren.

Eine Lanzenspitze wurde 2006 im Baggerplanum entdeckt und datiert in die späte Bronzezeit (Foto: R.-J. Braun, LfDH).

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Mittelsteinzeitlicher Lagerplatz In einem Abbauprofil der Kiesgrube fanden sich die Reste von Feuerstellen mit Holzkohlepartikeln und kalzinierten Knochensplittern als spärliche Zeugnisse von Lagerplätzen nacheiszeitlicher Jägergruppen (2. Hälfte des 10. – 1. Hälfte des 6. Jtsd. v. Chr.)

Die Steinwerkzeuge, darunter Mikrolithen als steinerne Einsätze für Geräte und Jagdwaffen, weisen in eine frühe Phase des Mesolithikums (Foto: LfDH).

Unter den verwendeten Rohstoffensembles befanden sich neben dem im Lahnschotter lokal verfügbaren Kieselschiefer auch einige Feuersteine bzw. bayrische Plattenhornsteine, die Hinweise auf die Verfügbarkeit von fernen Rohstoffen oder auf den Aktionsradius der Gruppen geben.

Archäozoologische Untersuchungen der Großsäugerfauna erbrachten Knochen- und Zahnreste von Rothirsch, Reh, Wildschwein und Auerochse, z. T. mit Schnittmarken von Steinwerkzeugen, die diese Funde damit als Reste der Jagdbeute ausweisen.

Aus dem günstigen Erhaltungsmilieu eines verlandeten Gewässerarms konnten zeitgleiche vegetationsgeschichtliche Archive (mit unverkohlten pflanzlichen Makroresten sowie Pollen und Sporen) offengelegt werden, die eine facettenreiche Umweltrekonstruktion erlauben. In einer Landschaft, die noch am Ende des Präboreals neben Nasswiesenstandorten vor allem durch Wälder

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aus Birken, Kiefern, Pappeln, Weiden charakterisiert wird, treten ab dem älteren Boreal Veränderungen ein: angekohlte Pflanzenreste und eine Zunahme der Gebüschfluren, wie z.B. der Hasel, geben Hinweis auf eine zielgerichtete Auflichtung des Waldbestandes in den Uferzonen im Umfeld der Lagerstandorte. Vergesellschaftungen von Pflanzen, die stickstoffreiche Böden und offene Standorte bevorzugen, z.B. der Brennnessel, belegen bereits ab dieser frühen Epoche eine zunehmende Permanenz in der Umformung der lokalen Umwelt durch den Menschen und deuten damit eine gewisse Ortsfestigkeit der im Lahntal archäologisch fassbaren Gruppen an.

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Eisenzeitliche Siedlung Auf einer ehemaligen Geländeerhebung zwischen Allna und Lahn konzentriert sich ein weitläufiges Siedlungsareal der Vorrömischen Eisenzeit (8. Jh. v. Chr. – Ende des 1. Jh. v. Chr.). Gegenüber der spätbronzezeitlichen Siedlung hat es sich ohne größere Überschneidungsbereiche nach Süden verlagert, möglicherweise als Folge kleinräumig veränderter Umweltbedingungen. Auch innerhalb der eisenzeitlichen Besiedlung zeichnen sich zeitlich gestaffelte, räumliche Verlagerungen des Siedlungsschwerpunktes ab.

Von über 120 bislang im Bereich der Kiesgrube freigelegten Hausgrundrissen stammt der weitaus größte Anteil aus dieser Phase der Besiedlung. Die Bebauung besteht aus eher kleinformatigen Vier- bis Zwölf-Pfostenbauten. In Bereichen, in denen die Phasengleichheit der Baubefunde bereits festgestellt ist, zeigt sich eine lockere, weilerartige Gebäudeverteilung.

Vom Grundriss eines Zwölf-Pfosten-Gebäudes haben sich die Gruben und Standspuren der ehemaligen Holzpfosten als dunkle Verfärbungen im Boden erhalten (Foto: LfDH).

Neben den Pfostenstellungen der Wohn- und Speicherbauten sowie den typischen Vorratsgruben schlägt sich diese Siedlungsphase auch in der Menge des Fundgutes dominant nieder. Keramikbrand und Eisenverarbeitung sind durch Brenngruben, Schmiedeschlacken und Gußtiegelfunde vor Ort belegt und zeigen in ihren Überlieferungsformen die handwerklich-technische Vielseitigkeit der eisenzeitlichen Bewohner.

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Frühkaiserzeitliche Siedlung Ein Schlaglicht auf die Siedlungsprozesse während der „Übergangszeit“ von der Spätlatène- zur frühen Römischen Kaiserzeit (Ende des 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.) werfen die hervorragend erhaltenen Grundrisse von drei Langhäusern. Diese bestanden nach Ausweis von Phosphatproben aus einem Wohnbereich und einem Stallteil und stehen überhaupt konstruktiv den germanischen Wohnstallhäusern norddeutschen Typs nahe.

Der Hausgrundriss 62 während der Ausgrabung, Blick nach Westen (Foto: LfDH).

Die Gebäude sind WNW-OSO-ausgerichtet und weisen bei Abmessungen von etwa 30 x 8 m leicht konvex gebogene Außenwände mit Doppelpfostenstellungen auf. In zahlreichen Pfostengruben konnten noch die Standpuren ehemals rechteckiger Bohlen beobachtet werden. Zu den architektonischen Details der Bauten gehören sowohl unterschiedliche Tragwerkkonstruktionen in Wohn- und Stallteil, als auch Vorbauten an den westlichen Giebelseiten. Aus den unterschiedlichen Abständen der Pfostenstellungen in den Langseiten ergeben sich Eingangssituationen mit durchlaufenden Korridoren, wobei hier die Erhaltung eines „Laufhorizontes“ in einem der drei Wohnstallhäuser besonders zu bemerken ist. Zum Interieur der Häuser gehörten auch Herdstellen im Wohnteil, von denen sich in einem Gebäude Bruchstücke aus gebranntem Lehm mit Kalkanstrich erhalten haben.

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Die Wohnstallhäuser bilden zusammen mit Grubenhäusern die architektonischen Elemente eines in der hiesigen spätlatènezeitlichen Hauslandschaft neuartig und fremd erscheinenden baulichen Gesamtkonzeptes.

Aus den zeitgleichen Grubenhäusern stammen hinsichtlich der kulturellen Zugehörigkeit durchmischte Fundinventare: frühgermanische Keramiktypen sowohl elb- als auch rhein-weser-germanischer Prägung mischen sich unter das Grundsubstrat aus einheimischen Spätlatèneformen und setzen neue kulturelle Akzente. Zusätzlich bezeugen römische Importkeramik und germanische Imitationen römischer Gefäßformen ausgeprägte Wechselwirkungen zwischen den hier aufeinandertreffenden Bevölkerungsgruppen während der frührömischen Okkupationsphase.

Eine provinzialrömische Fibel aus dem Baggerplanum der Kiesgrube.

Für die Landwirtschaft zeigt sich nach Ausweis der archäobotanischen Daten eine gegenüber vorangehenden Epochen geringere Diversität im Nutzpflanzenspektrum. Rispenhirse, Gerste, Linse, Lein, Leindotter, Mohn, Ackerbohne, die im Sommerfruchtanbau produziert wurden, überwiegen deutlich und weisen gegenüber dem aus der vorrömischen Eisenzeit bekannten intensiven Anbau von Wintergetreiden auf einen Wechsel zu einer extensiveren Landbewirtschaftung in Verbindung mit einer stärker auf Viehzucht basierenden Wirtschaftsweise hin.

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Mittelalterliche Wüstung Auf einer leicht erhöhten Geländeposition südwestlich eines Altarmes der Allna fanden sich die Spuren einer Siedlung aus dem 12. – 13. Jahrhundert. Zahlreiche Grubenhäuser bzw. rechteckige Arbeitsgruben mit Eisenfragmenten, Metall- und Glasschlacken weisen auf ein breites Spektrum handwerklicher Tätigkeiten innerhalb der Siedlung hin.

Der Mahlstein einer Wassermühle mit erhaltenem Zapfloch und Außenrand mag die Bedeutung des Standortes der Siedlung an der Allna unterstreichen. Vier verfüllte Brunnen erbrachten z.T. reiche Fundensembles, darunter nahezu vollständig erhaltene Töpfe, Kannen und Ofenkacheln, die Zeugnis vom Wohlstand der Bewohner geben.

Profilschnitt und Aufsicht von zwei der vier Brunnenbefunde. Es zeigt sich die nuancenreiche Verfüllungsgeschichte des ehemaligen Holzbrunnens mit Kugeltopf auf dem Grund und der intakte Mauerkranz des jüngeren Steinbrunnens (Foto: WIBA, LfDH).

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Mächtige Hochflutlehme, die die Verfüllschichten der Brunnen überlagern, stehen möglicherweise in Zusammenhang mit dem Ende der Siedlung. Technische Errungenschaften im Mühlenbau legen aber auch eine Verlagerung der Siedlung an das Lahnufer nahe, an den Ort des 1332 erstmals erwähnten „Argostene“, das heutige Argenstein.

Auf der Sohle des Steinbrunnens kamen zahlreiche Funde zum Vorschein (Foto: G. Grösch, WIBA).

Das Zentrum der Wüstung erstreckt sich über eine Fläche, die nicht direkt von der unwiederbringlichen Zerstörung durch die Maßnahme „ParAllna“ betroffen war. An dieser Stelle wird das zukünftige Museumsgelände der „Zeiteninsel“ entstehen. Unter denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkten wurde der Bereich durch einen Erdmantel geschützt und verbleibt somit als archäologisches Archiv für zukünftige Generationen unter dem Museumsdorf erhalten.

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Gesamtplan der archäologischen Ausgrabungen auf dem Areal der zukünftigen Zeiteninsel (Grafik: N. Lutz).

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Bronzezeitliche Siedlung

Ein mittelbronzezeitlicher Siedlungsniederschlag (ca. 16. –13. Jh. v. Chr.) in einer natürlichen Mulde am westlichen Rand der „ Zeiteninsel" hat reiches Fundmaterial an Keramik aus wandständigen Bandhenkeln, Kerbrandschalen und dem Fragment einer Kerbleistenschale erbracht. Ein bronzener Angelhaken gehört zu den außergewöhnlichsten Fundstücken jener Zeit.

Ein bronzener Angelhaken wirft ein Schlaglicht auf Subsistenzformen in der bronzezeitlichen Flusslandschaft (Foto: R.-J. Braun, LfDH).

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Jungsteinzeitliches Erdwerk Die liniearbandkeramische Kultur charakterisiert in weiten Teilen Europas die früheste Epoche bäuerlich-sesshaften Lebens (Mitte des 6. Jtsd. – Anfang des 5. Jtsd. v. Chr.). In einem entwickelten Abschnitt dieser Kulturepoche kam es vermehrt zur Herausbildung sogenannter Erdwerke, d.h. mit Gräben und Wällen oder Palisaden befestigte Siedlungen. Das Erdwerk „Auf dem Joch“, bei vorbereitenden Untersuchungen zum Bau der B255 auf leicht erhöhtem Gelände am Westrand der Talaue entdeckt, gehört in diesen kulturhistorischen Kontext. Ein mächtiger Graben mit vorgelagertem Erdwall und ein Palisadengraben umhegten den inneren Siedlungsbereich. Gruben, Schlitzgruben und Grubenkomplexe, z.T. mit reichhaltigem keramischem und lithischem Fundinventar, fanden sich innerhalb und außerhalb des Grabensystems. Spuren der charakteristischen Langhäuser haben sich jedoch bislang nicht erkennen lassen.

Klingenkern aus einem Grubenbefund des bandkeramischen Erdwerks (Foto: WIBA).

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Grabensystem des bandkeramischen Erdwerks in Planum und Profil (Fotos: WIBA).

Einzelne Befunde dieser bandkeramischen Kultur sind inzwischen auch aus dem westlichen Bereich der Kiesgrube bekannt geworden.

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Kaiserzeitliche Siedlung An einem Südhang des Wenkbachtals fanden sich Überreste von Pfosten und Vorratsgruben, die einen Siedlungsstandort der mittleren bis jüngeren Römischen Kaiserzeit in unmittelbarer Gewässernähe anzeigen. Aus einem fundreichen Hangkolluvium stammt der Großteil des umgelagerten Siedlungsmaterials, das von typisch rhein-weser-germanischer Keramikware dominiert wird. Rund 30 km nördlich des Limes gelegen, zeigt dieser germanische Siedlungsplatz aus dem 2. – 3. Jh. n. Chr. Belege für einen intensiven Kulturaustausch zwischen Römern und Germanen.

Scherben römischer Provenienz, darunter weißlich graue und ziegelrote Drehscheibenware, zahlreiche Bruchstücke reliefverzierter Terra Sigillata und eine Bronzemünze aus der Regierungszeit des Kaisers Trajan (98 bis 117 n. Chr.) belegen den Kontakt mit der römischen Welt.

Römische Reliefsigillata und handgeformte rhein-weser-germanische Keramik von Weimar-Wenkbach (Foto: U. Schneider, WIBA).

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Bronzemünze aus der Regierungszeit des Kaisers Trajan (98 bis 117 n. Chr., Foto: R.-J. Braun, LfDH).

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Jungsteinzeitliches Grab Eine mit Schwarzerde verfüllte ovale Grube enthielt zwei vom Erddruck zerdrückte Becher. Aufgrund der Lage und Vollständigkeit der Gefäße kann der Befund als Rest einer Hockerbestattung gedeutet werden. Vom menschlichen Skelett haben sich im anstehenden Lössboden keinerlei Reste erhalten. Die charakteristische Schnurverzierung an den beiden Bechern weist– neben anderen Merkmalen – die Gefäße eindeutig der schnurkeramischen Kultur des Endneolithikums (3. Jtsd. v. Chr.) zu. Eine Besiedlung während dieser Epoche wird durch Siedlungsgruben mit entsprechender Keramik in verschiedenen Arealen im Bereich der Lahn-Niederterrasse greifbar. Ein Flintklingendepot aus dem Baggerplanum der Grabung von 2006 in der westlichen Kiesgrube gehört wohl ebenfalls in einen endneolithischen Zusammenhang.

Profilschnitt durch die als Grabstätte gedeutete endneolithische Grube im Rahmen der Ausgrabungen an der B 255 (Foto: G. Grösch, WIBA).

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Spätbronzezeitliches Urnengräberfeld Ein spätbronzezeitlicher Urnengräberfriedhof (12. – 9. Jh. v. Chr.) barg die Reste von 40 Bestattungen. Als Flachgräberfeld angelegt, setzt sich die Fundstelle von Niederweimar von der zeitgleichen regionalen Hügelgräbersitte ab und lässt in der Region eine Übergangszone unterschiedlicher Bestattungssitten erkennbar werden. Zwei näher untersuchte bronzene Nadeln datieren in die regionale Stufe Hanau der älteren Urnenfelderzeit (Ha A2) und zeigen zugleich Einflüsse aus dem südlichen Raum (Rhein-Main-Gebiet) auf. Umfangreiche Siedlungsspuren aus dem Kiesgrubenareal datieren z.T. bereits ebenfalls in einen frühen Abschnitt dieser Epoche und könnten damit gleichzeitig mit dieser Nekropole bestanden haben.

Die Urne im Befund 54 in verschiedenen Untersuchungsstadien. Auf Planum 5 zeigen sich auch die Gefäßbeigaben im Inneren der Urne (Foto: G.Grösch, WIBA).

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Lageplan des Urnengräberfeldes an der B 255 (Plan: N. Lutz, U. Schneider, WIBA).

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Kreisgrabenanlage Eine offene Kreisgrabenanlage aus 36 regelmäßig in einen Sohlgraben gesetzten Pfostenpaaren und einer rechteckigen Gräbcheneinfassung im Zentrum erbrachte aufgrund fortgeschrittener Bodenerosion keine Funde, eine verlässliche Datierung steht daher aus. Der Vergleich mit andernorts besser erhaltenen Anlagen legt eine Interpretation als repräsentative Grabanlage nahe, die mit Hilfe von Analogien aus Südhessen am ehesten ins Endneolithikum bzw. in die Bronzezeit zu datieren ist.

Die Untersuchungen an der vorgeschichtlichen Kreisgrabenanlage umfassten unter anderem die Kartierung des Phosphatgehalts im Boden zum Nachweis vergangener Bestattungen (Foto: G. Grösch, WIBA).

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Detailplan der vorgeschichtlichen Kreisgrabenanlage (Grafik: N. Lutz).

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Eisenzeitliches Gehöft Ein Einzelgehöft der älteren Eisenzeit (8. Jh. – 5. Jh. v. Chr.) hat sich in den Grundrissen zweier hölzerner Sechs-Pfosten-Bauten innerhalb einer Grabenanlage erhalten. Vereinzelte Standspuren von keilförmigen Spaltbohlen im Gräbchen deuten an, dass es sich wohl um einen Flechtwerkzaun gehandelt haben dürfte, der das Gehöft umfriedete. Ein Torgebäude, bestehend aus einem Vier-Pfosten-Bau über einer Unterbrechung im Zaungraben, regelte auf repräsentative Weise den Zugang zum Gebäudekomplex. Keramische Funde der umliegenden Gruben legen eine Datierung in die Hallstattzeit nahe.

Ausschnitt aus dem Gesamtplan der Trassengrabungen an der B255 mit zeichnerischer Rekonstruktion des eisenzeitlichen Gehöfts (Grafik: N. Lutz).