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KULTURLANDSCHAFT Zeitschrift für Angewandte Historische Geographie

Jahrgang 8, 1998, Heft 1

Inhalt

Vorbemerkung

Arbeitsgruppe

Allgemeines

Kulturlandschaft und Tourismus. Bericht über die 7. Tagung der Arbeitsgruppe in Bern vom 5.3.-7.3.1998

Kleefeld, Klaus-Dieter .................... .

Neue Informationssysteme für die Angewandte Historische Geographie. - Call for papers . . . . . . . . . . . . . . . . .

Deutsche Siedlungsgründungen in Ostgalizien (Westukraine). Beiträge Angewandter Historischer Geographie zu Kulturlandschaftsmanagment und Regionalmarketing

Schürmann, Heinz und Heinz, Hans Christian ..

Wiederinwertsetzung von Brachen durch Land- und Forstwirtschaft im Zuge von Flurbereinigungsmaßnahmen

Stanjek, Ulrich .................... .

Historische Einzelhofsiedlungen als Gegenstand des Denkmalschutzes. Das Schildwendetat im Hochschwarzwald

Roth, Erik ................ .

Mit GIS gegen das Vergessen? Spuren in der Landschaft- zu ihrer lnventarisierung mit GIS-Anwendung: Ein Fallbeispiel aus dem Mittleren Schwarzwald

Neuer, Birgit S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Aufbau eines Kulturlandschaftskatasters für das Modellgebiet Essen-Nordost. Vorstellung des Forschungsprojektes des Seminars für Historische Geographie der Universität Sonn

Plöger, Rolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

INHALT

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INHALT

Tagungen, Ausstellungen

22.-24. Tagung des Arbeitskreises für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa" 1995 bis 1997

Fehn, Klaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kulturelles Erbe und Landschaft im Spannungsfeld zwischen Zerstörung und Bewahrung. Interdisziplinäre Fachtagung vom 26. bis 28. März 1998 in Rosteck

Fehn, Klaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...

"Kevelaerer Appell" zum Kulturgüterschutz in der UVP Heinen, Norbert; Kühn, Norbert; Schäfer, Dieter und Stein, Wolfgang . . . . . . . . . . . . . . . . ...

Veröffentlichungen Neue Fachbeiträge in Zeitschriften und Sammelbänden zu Themen der Angewandten Historischen Geographie

Autorinnen und Autoren

Impressum

Dix, Andreas .

Kulturlandschaft

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Vorbemerkung

Erfreulicherweise wächst das Interesse an der "Kulturlandschaft" stetig. Deswegen werden wir künftig an dieser Stelle zur "ersten Information" alle nötigen Hinweise bingen.

Stichwort Kulturlandschaft

Die Zeitschrift enthält Kurzartikel, Berichte und Rezensionen zum Gesamtgebiet der Ange­wandten Historischen Geographie. Kulturland­schaft meint die Gesamtheit aller vom Menschen in historischer Zeit geschaffenen räumlichen Strukturen und Elemente. Anwendung meint Umsetzung der Kenntnisse und Forschungen in die Praxis der Planung und Gestaltung. Der räumliche Bezug, der immer im Vordergrund steht, ist eine spezifische historisch-geogra­phische Sichtweise, zu der aber auch eine Viel­zahl weiterer Fächer und Disziplinen beitragen, wie z. B. die Denkmalpflege, der Naturschutz, die Landschaftsplanung, Flurbereinigung, Dorfer­neuerung usw. Aus allen diesen weit gestreuten Bereichen soll die Zeitschrift laufend über rele­vante Projekte, Tagungen, Ausstellungen, Insti­tutionen, Abschlußarbeiten, Rechtsvorschriften und Veröffentlichungen berichten. Wichtig ist uns dabei, daß hier auch die jüngere Generation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihr Forum erhält.

Arbeitsgruppe

Die Arbeitsgruppe für Angewandte Historische Geographie ist 1990 innerhalb des Arbeits­kreises für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa entstanden, einem interdiszipli­nären Zusammenschluß von Wissenschaftle­rinnen und Wissenschaftlern hauptsächlich aus den Bereichen Archäologie, Geschichte und Geographie. Hauptziel ist es, Probleme der Ent­wicklung und des Erhalts historischer Kultur­landschaften zu diskutieren. Es liegt in der Natur der Sache, daß dies nur interdisziplinär gesche­hen kann. Die Historische Geographie bildet zwar den fachlichen Kern und Ausgangspunkt, willkommen sind aber alle, die Interesse an diesem Thema haben. Die Zeitschrift wird allei­ne durch das materielle und ideelle Engagement (sprich: Mitgliedsbeiträge und lnformationsaus-

VORBEMERKUNG

tausch) der Arbeitsgruppe getragen. Deshalb ist der Bezug der Zeitschrift an die Mitgliedschaft in der Arbeitsgruppe geknüpft, die zusätzlich die Teilnahme an regelmäßigen Fachtagungen ermöglicht.

Mitgliedsbeiträge Arbeitskreis: 50 DM Arbeitsgruppe: 40 DM, für Studierende: 20 DM

Bankverbindung Jahresbeiträge für Arbeitskreis und -gruppe: Prof. Franz lrsigler, Sonderkonto Arbeitskreis, Stadtsparkasse Trier, BLZ: 58550080, Konto-Nr.: 814-608

Abonnements

Ausschließlich für Fachinstitutionen und Biblio­theken bieten wir die Möglichkeit eines ver­billigten Abonnements an. Der Preis pro Einzel­heft beträgt zur Zeit 8,- DM + 4,- DM Ver­sandkasten. Aus organisatorischen Gründen versenden wir die Hefte nur mit Einzelrechnung.

Bankverbindung Abonnement und Einzelbezug der Kulturlandschaft: Andreas Dix, Sonderkonto Kulturlandschaft, Badische Beamtenbank Karlsruhe, BLZ 660 908 00, Konto-Nr.: 2 593 890

Artikel

Auf Notizen, Informationen, Hinweise sind wir sehr angewiesen und freuen uns um Zusen­dung. Außerdem steht die Zeitschrift natürlich allen denjenigen offen, die ein Projekt, eine Insti­tution, Tagung oder Publikation vorstellen möchten. Allerdings behalten wir uns die Ver­öffentlichung vor. Unverlangt eingesandte Manuskripte werden in der Regel nicht zurück­geschickt. Der Umfang der einzelnen Beiträge sollte vier bis fünf Manuskriptseiten nicht über­steigen, außerdem bitten wir um Übersendung auf Diskette (Datei bitte in ASCII-Format und Ms-Dos kompatiblem Programm, bitte keine "Verschönerungen" und Formatierungen im Text anbringen wie Blocksatz, Trennungen, verschie­dene Schriften u. ä., die beim Lay-Out sehr viel Arbeit kosten) und als Ausdruck, damit der Text notfalls mit dem Scanner bearbeitet werden kann.

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ARBEITSGRUPPE Kulturlandschaft

Kulturlandschaft und Tourismus Bericht über die 7. Tagung der Arbeitsgruppe in Bern vom 5.3.-7 .3. 1998

Klaus-Dieter Kleefeld

Die siebte Tagung der Arbeitsgruppe für An­gewandte Historische Geographie im Arbeits­kreis für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa wurde vom Geographischen Insti­tut der Universität Bern organisiert und durch­geführt. Die örtliche Organisation lag in den Händen von PD Dr. Hans-Rudolf Egli. Die Ver­öffentlichung der einzelnen Referate ist Ende 1998 als Sammelband innerhalb der Reihe "Geographica Bernensia" geplant. Aus diesem Grund entfallen die Kurzbeiträge in der "Kultur­landschaft", so daß ein ausführlicher Tagungs­bericht folgt.

Die Tagungseröffnung erfolgte durch den Ver­fasser als ersten Sprecher der Arbeitsgruppe: das Thema Kulturlandschaft und Tourismus vor dem Hintergrund der Geschichte des Fremden­verkehrs, aber auch der jeweiligen landschaft­lichen regionalen Voraussetzung innerhalb einer Erholungsfunktion ist ein wichtiges Forschungs­gebiet der "Geographie der Erholung und des Tourismus", wie es in dem gleichlautenden Buch von Prof. Dr. Bruno Benthien (Gotha 1997) dargestellt wird. ln der Angewandten Histo­rischen Geographie sind die in der heutigen Landschaft abtesbaren historischen Strukturen und Elemente, z. B. Hotelbauten und Verkehrs­wegerelikte, aber auch das jeweilige einzig­artige Raumimage von Interesse, das in der Fremdenverkehrswerbung immer wieder fast stereotyp verwendet wird und von großer Per­sistenz ist. Landschaftswahrnehmung und die historische Begründung durch die Romantik sind wichtige Bestimmungsfaktoren der "mental maps". Aber auch die kulturlandschaftliehen Auswirkungen durch den Tourismus, somit Strategien einer integrativen Kulturlandschafts­pflege zur Bewahrung einzigartiger, eigen­artiger, erhabener Regionen, die starkem Nut-

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zungs- und Veränderungsdruck durch Massen­tourismus ausgesetzt sind, waren während der Tagung zu thematisieren.

PD Dr. Hans-Rudolf Egli (Bern) referierte zum Thema "Kulturlandschaft als Ergebnis und Vor­aussetzung des Tourismus im Bemer Oberland". Eingeleitet wurde der Vortrag mit der Hervor­hebung der direkten und indirekten Beein­flussung der natürlichen Umwelt durch Touris­mus, die zugleich als Ressource Grenzen setzt. Insgesamt bestehe eine Abhängigkeit von einer intakten Kulturlandschaft. Die Gliederung des Vortrages leitete sich aus wichtigen Epochen der Tourismusgeschichte im Berner Oberland ab. Die erste Phase bis 1850 war gekennzeich­net durch das Kurbaden, bereits 1680 doku­mentiert. Um 1850 existierten in Bern, Basel­land und Appenzeller Land 15 Bäder. Neben diesem Funktionsbereich läßt sich die Ent­deckung als Region in das 17. Jahrhundert qurch Merian datieren. Mit literarischen An­regungen und Bereisungen z. B. von Johann Wolfgang von Goethe entwickelte sich die Schweiz als ein klassisches Reiseziel im 18. und 19. Jahrhundert. Während es im 18. Jahrhun­dert kaum Hotels gab, die Übernachtungen er­folgten in Pfarrhäusern, wenigen Pensionen oder bei Bekannten, nahm der Fremdenverkehr in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts all­mählich zu. Voraussetzungen hierfür waren die gute Verkehrsanbindung des Berner Ober­landes, der Straßennetzausbau und vor allem das Erscheinen des ersten "Baedeker"-Reise­führers, der 1844 Sehenswürdigkeiten be­nannte. Ebenso weckten Lithographien das Interesse an der Region. ln dieser Frühphase standen allerdings die Elemente der "Natur" wie z. B. Gletscher und Wasserfälle im Vordergrund des Interesses.

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Die zweite Epoche der Tourismusgeschichte lag zwischen 1850-1914. Diese Phase ist gekenn­zeichnet durch verkehrstechnische Inno­vationen, wie die Eröffnung der Bern-Thuner­Eisenbahn 1859 und erste organisierte Reisen auf dem europäischen Kontinent. Der 1913 er­öffnete Lötschbergtunnel ergänzte die Gott­hardlinie.

Mit der Inbetriebnahme des ersten Dampf­schiffes auf dem Thuner See 1833 erhöhte sich die Passagierfrequenz auf den Schiffen. Ebenso steigerten Zahnrad- und Drahtseilbahnen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Attrak­tivität der Infrastruktur. Zwischen 1880-1914 wurden 60 Drahtseilbahnen eröffnet, davon 12 Hotelbahnen wie z. B. die auch in der Exkursion besichtigte zum Hotel Giesbach aus dem Jahre 1879. Kennzeichnend war in dieser Phase der Ausbau aufwendiger Hotelbauten mit der par­allelen technischen Entwicklung zur Höhener­schließung.

ln der Zwischenkriegszeit erfuhr der Fremden­verkehr nach dem Ersten Weltkrieg insgesamt einen strukturellen Zusammenbruch. Diese Phase hat kaum Spuren hinterlassen, da keine neuen Hotels gebaut worden sind und die Ein­mietung überwiegend in Bauernhäusern er­folgte.

Nach 1945 führte der Ausbau des Fremdenver­kehrs als wichtigsten Erwerbszweig zu vielfäl­tigen Veränderungen in der Landschaft und wurde damit erstmals zu einem Massenphä­nomen. Der expandierende Wintersport mit Bergbahnen, Skiliften und Ferienwohnungen, flächenhafter Erschließung und Straßenausbau führte zu einer großen Flächenbeanspruchung. Ausdruck dieser dynamischen Entwicklungen sind im Berner Oberland die Errichtung von 124 Skiliften und 76 Seilbahnen seit 1945. Dieser Strukturwandel mit im Vergleich zu Hotels grö­ßerer Flächenbeanspruchung durch Ferienwoh­nungen stellt mittlerweile in der Kulturtand­schaftspflege ein zunehmendes Problem dar.

Dr. Roland Flückiger (Bern) beschäftige sich in seinem Vortrag mit .,Schweizer Hotelbauten und Anlagen 1830-1920". Nach der Hervorhebung, daß dieses Thema bisher noch unbearbeitet sei, gliederte sich der Vortrag ebenfalls in eine Chro­nologie und zwar der Hotelbauphasen. Mit der Errichtung des ersten Hotels in Genf trafen sich

ARBEITSGRUPPE

dort seit Mitte des 18. Jahrhunderts Besucher des Genfer Sees, wobei bereits in dieser Früh­phase ein Kutschenservice existierte. Seit Be­ginn des 19. Jahrhunderts erlangte die Besich­tigung von Sonnenaufgängen eine Bedeutung als touristische Aktivität. Neben dem Berner Oberland und dem Genfer Seengebiet ent­wickelte sich das Rigi-Gebiet als Zentrum des frühen Tourismus. Die ersten Hotelbauten bis 1830 ähnelten in der Architektur Bauernhäusern und hatten noch keine eigenständige Aus­drucksform.

Dies änderte sich in der Phase 1830-1860. Am Ufer des Genfer Sees entstand mit aufwendiger Fassadengestaltung in klassizistischer Architek­tur ein in die Quartierbebauung integriertes Hotel. Dessen Innengestaltung war noch sehr einfach, aber in der Außengestaltung setzte die innovative bauliche Gestaltung als Hotelarchi­tektur ein. Mit Hilfe der Tourismusförderung durch die Bereisungen von bekannten Persön­lichkeiten wie Lord Byron setzte eine größere Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten ein.

Die Phase zwischen 1860 bis 1875 ist die erste "Boomphase" mit der "Entdeckung" neuer Orte und der Umgestaltung von Seeuferorten zu Tou­ristenorten. Die Architektur vergrößerte sich ein­hergehend mit aufwendigerer Dachgestaltung. Als ein Beispiel für diese Großarchitektur ist das Hotel Bürgenstock hervorzuheben. Kennzeich­nend waren das Aufleben des Neobarocks und steile Mansarddächer.

1880-1913 stieg die Zahl der Hotelbauten von 1 000 auf 3 600 an und erreichte damit Über­kapazitäten. Die überwiegend durch Kredite vorfinanzierten Hotels waren zu zahlreich und zu groß, was zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten führte. Charakteristisch für diese Phase sind Kurhäuser, bauliche An­passungen mit neuen Dächern und eine Schloß­architektur. Diese Monumentalarchitektur mit Blick auf den jeweiligen See wie z. B. Hotel Axenstein am Vierwaldstätter See wurde land­schaftlich erweitert durch große Parkanlagen. Das wichtigste Kriterium war die Aussicht und damit die Möglichkeit zu Panaromablicken in die Ferne und gestalteter Landschaft zur Be­gehung um die Hotels.

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ARBEITSGRUPPE

Die Ausführungen von Dipi.Geogr. Hansruedi Mösching (Bern) behandelten das Thema "lnwertsetzung historischer Verkehrswege und -anlagen für den Tourismus". Die Erforschung der historischen Wegbauten muß in den Zusam­menhang mit dem frühen Reisetourismus ge­stellt werden. So setzte eine Art Bädertourismus bereits im Mittelalter und der Frühen Neuzeit ein, als "Lustbaden" und "Lustreisen" bezeich­net. 1315 wurde das Leukarbad erwähnt, im 16. Jahrhundert erfolgte die Entdeckung der Quellen von Weissenburg. Neben Einzel­reisenden im 16./17. Jahrhundert wie Merlan, beginnt im 18. Jahrhundert die Alpenforschung. Voraussetzung hierfür waren Weganlagen wie die Route Bern-Thun. Im Vortrag wurden ver­schiedene Routen des 18. Jahrhunderts näher vorgestellt, deren Bauausführungen abschnitts­weise auch Bohlenwege und Entwässerungs­maßnahmen mit Hilfe von Querabschlägen auf­wiesen. Ebenso war abschnittsweise bereits eine Randpflasterung vorhanden gewesen. Der Weg am Grindelwaldgletscher war teilweise auch in der Trasse gepflastert. Neben den Ausführungen zur Geschichte des Wegebaus und der Routen ist aus kulturlandschaftspfle­gerischer Sicht die lnwertsetzung historischer Streckenabschnitte durch Einbeziehung z. B. in Wanderwege hervorhabenswert Hierbei er­folgten Projektmitwirkungen bei anstehenden Sanierungs- und Umlegungsverfahren der je­weiligen Wanderwegerouten. Darin sind ver­schiedene Maßnahmen zur Ausführung gelangt, so die Sanierung eines Wegstückes, Ausgra­bung aufgelassener Wegeabschnitte mit teil­weise noch erhaltener alter Pflasterung. Ent­scheidend ist hierbei neben der Zusammen­arbeit mit den Behörden die begleitende Öffentlichkeitsarbeit mit Hilfe von Publikationen wie z. B. zu Brückenbauten und Informationen durch Vorträge.

Dipi.-Geogr. Marcel Hunziker (Birmensdorf) stellte empirische Ergebnisse zur "Landschafts­wahrnehmung als Voraussetzung für die tou­ristische lnwertsetzung" vor. Die Ausgangs­fragen lauteten: Welche Landschaft wollen die Touristen? Landschaftliche Schönheit gilt als Motiv für Touristen, wenn Schönheit ausbleibt, bleiben dann auch die Touristen weg? Die letzte Frage beantwortete der Referent eindeutig: die

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Kulturlandschaft

Touristen bleiben nicht weg. Damit sind andere Bedürfnisse zu vermuten wie z. B. die Infrastruk­tur. Entscheidend ist allerdings hierbei, wann der "Kippeffekt" eintritt, der das Besucherver­halten verändert. Da die Landschaftsentwick­lung hierfür in einem ganzheitlichen Sinne zu betrachten ist, kommt den Auswirkungen zu­künftiger Prozesse für den Tourismus eine Be­deutung zu. Zwei Prozesse deuten sich an: 1. Intensivierung menschlicher Prägung mit Ver­lagerung zugunsten des tertiären Sektors und flächenwirksamen Tourismus sowie Expansion touristischer Infrastruktur. 2. Extensivierung wegen Aufgabe der Landwirtschaft in der jet­zigen Form und Verbrachung sowie Wieder­bewaldung. Hierzu stellte der Referent Ergeb­nisse empirischer Untersuchungen zur Be­urteilung der Landschaftsveränderungen durch Touristen vor. Mithilfe gemeinsamer Rundgänge und Interviews vor Ort ergab sich allerdings zu­nächst kein klares Bild zu dieser Frage, bis auf gewünschte Naturnähe. Angesprochen wurde der Zustand, wie er momentan ist, und wie er als ideal anzusprechen sei. Mithilfe weiterer Bild­vergleiche verbunden mit Bewertungen in "Schulnoten" ergab sich die Bevorzugung eines mittleren und aktuellen Zustandes. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die landschaftliche Ku­lisse einen geringeren Einfluß auf die Wahr­nehmung hatte als erwartet. Verbrachung wurde bis zu einem gewissen Grad als schön bewertet, woraus sich konkret ergibt, nicht jeden Quadrat­meter Kulturlandschaft erhalten zu müssen, um landschaftliche Attraktivität für Touristen zu be­wahren. Entscheidend sind die touristische Infrastruktur und die ökonomischen Notwendig­keiten.

Dr. Gabriele Kno/1 (Wachtendonk) referierte zum Thema "Rheinromantik - Ursprünge und Ent­wicklung eines Phänomens des internationalen Tourismus". Im 18. Jahrhundert gehörte u.a. die Bereisung von Italien zum "Standardpro­gramm". Ende des 18. Jahrhunderts "entdeck­ten" Italiener und Engländer die Schönheit des Rheintals als Verkehrsweg und als Landschaft. Das erste Zeugnis sentimentaler Landschafts­betrachtung und gefühlsbetonter Reisebe­schreibung des Rheintals stammt von George Bertula 1787. John Gardenerbereiste den Rhein 1787 und verfaßte 1791 einen Reisebericht.

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Darin sind 14 Abbildungen enthalten, deren Mo­tive als .,Werbebilder" die folgenden 200 Jahre Rheintourismus mitbestimmen sollten. Von großer Bedeutung waren Reiseführer wie der "Baedeker", der den bereits 1836 erschienen englischen Reiseführer von Murray kopierte. Die Assoziationen, die landschaftlich mit dem Rheintal daraufhin verbunden wurden, waren schroffe Felsen, das enge Flußtal, Bauwerke, Burgen (Ruinenästhetik). Es entwickelte sich das "behagliche Schauen" und damit schließ­lich die Emanzipation als eigenes Reiseziel. Hinzu kamen die Bildtradition, die Sagen und Märchenwelt, die Wertschätzung der Mittel­alterarchitekturund die Lyrik wie in dem Gedicht von Lord Byron als Hymne auf die Schönheiten des Rheintales.

Mit der Revolutionierung der Schiffahrt durch die Dampfkraft steigerte sich das Passagierauf­kommen und es änderte sich das Reisever­halten. Der Aufenthalt und die Übernachtung erfolgte überwiegend auf dem Schiff und an gezielten Anlegeplätzen mit jeweiliger Besich~ tigung der Örtlichkeiten bzw. Aussichtspunkte. Die Eisenbahn hatte im Besucherverhalten hierzu vergleichsweise geringe Einflüsse, die Schiffe wurden bevorzugt. Das "Sehen" blieb als bevorzugte Beschäftigung bestehen und er­weiterte sich auch auf die Rheinstädte wie Köln, als einer der unvollendeten Türme des Kötner Doms als Aussichtspunkt ausgebaut worden ist. ln der Hotelarchitektur erfolgten im 19. Jahrhun­dert Veränderungen zugunsten erhöhter Auf­bauten. ln den Vordergrund der Wahrnehmung rückte die gotische Architektur verbunden mit einer Verherrlichung des Mittelalters. Ein Wan­del in der Wahrnehmung bzw. der Übergang zur politischen Rheinromatik brachte die patrio­tische Literatur ab 1870/71 mit Hervorhebung des Rheins als "deutschem Rhein". Eine weitere Form der Rheinromantik ist deren Trivialisierung durch .,Weinseligkeit", so daß insgesamt ver­schiedene Formen der Rheinromantik zu diffe­renzieren sind.

Dagmar Albrecht (Bann) ging der Frage nach: "Ist der Tourismus am Mittelrhein noch zu ret­ten?" Der Schwerpunkt der Ausführungen lag in der Darstellung zum aktuellen Rheintourismus des 20. Jahrhunderts. Darin hat sich das Über-

ARBEITSGRUPPE

nachtungsverhalten der Touristen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg grundsätzlich geändert: während vor 1939 langfristige Aufenthalte noch strukturbestimmend waren, sind heute Kurz­reisen zwischen Frühjahr bis Spätherbst cha­rakteristisch. Der Marktanteil der Übernach­tungszahlen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nimmt im Mittelrheingebiet fortlau­fend ab. Somit ist in der qualitativen Bewertung vor dem Hintergrund als wichtigster regionaler Erwerbsquelle von einer Krise des Fremdenver­kehrs am Mittelrhein zu sprechen. Die Gründe hierfür liegen in der Vielzahl konkurrierender Raumnutzungen, die das Erleben der Land­schaft und ihrer zahlreichen kulturhistorischen Strukturen beeinträchtigen, in dem Massentou­rismus unabhängig von der Wahrnehmung als Region im gastronomischen Ausflugsverkehr (Kegelvereine) und in einem als unzureichend empfundenen Preis-Leistungsverhältnisses der Übernachtungsstätten und Gastronomiebe­triebe.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken sind folgende attraktivitätssteigernde Maßnahmen durchzuführen: Rückbesinnung auf die spezi­fische regionale Eigenart als Attraktivitätsfaktor, Ausbau eines marktgerechten regionalen An­gebotes in der Gastronomie, Angebotspakete für längere Aufenthalte, innergebietliehe Zu­sammenarbeit der Fremdenverkehrsverbände als Flußlandschaft, verantwortungsvollerer Um­gang mit der Ressource "Landschaft".

Neben dem positiven Effekt der Etikettierung als "Weltkulturerbe" im Sinne der UNESCO bietet das Konzept der "heritage river" kana­dische Vorbilder für den Umgang mit dem Mit­telrhein. Mit der Kennzeichnung als "Fluß des nationalen Natur- und Kulturerbes" wird in Ka­nada das Bewußtsein gefördert, daß in Fluß­systemen sich Natur, Geschichte und Gesell­schaft widerspiegeln. Unter Hervorhebung geo­logisch interessanter Formationen, Plätze von archäologischer und historischer Bedeutung wird das Erholungs~ und Freizeitpotential inner­halb von Managementplänen sowohl erhalten als auch nutzbar gemacht. Hierbei erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit Anliegern, die am Er­halt des Titels interessiert sind und die Maß­nahmen in dem Managementplan freiwillig er­füllen.

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ARBEITSGRUPPE

Die Referentin schloß den Vortrag mit der Kurz­darstellung zu den Ergebnissen einer Exkursion des Seminars für Historische Geographie der Universität Sonn im Wintersemester 1996/97 ab mit dem Thema: Analyse der schriftlichen und bildliehen Überlieferung des Mittelrheins durch frühe Rheinreisende und Landschaftsmaler und Hervorhebung der Informationen aus diesen Quellen, insbesondere in der Tradierung der Wahrnehmung des Mittelrheins und den "Sah­traditionen" im Abgleich mit dem heutigen Er­scheinungsbild aus den jeweiligen Blickposi­tionen. Die Exkursionsergebnisse wurden inner­halb eines Wettbewerbes der Körberstiftung mit dem Thema "Visuelle Zeitenwende" durch eine studentische Arbeitsgruppe (Betreuung: Andreas Dix) in Form eines Leporellos zusam­mengefaßt. Hierbei wurde der in den Reisefüh­rern nicht beschriebene "Raubbau" an der Landschaft thematisiert und bewußt provozie­rend dargestellt, um Nachdenklichkeil dem Klischee entgegenzustellen.

Prof. Dr. Bruno Benthien (Greifswald) referierte zum Thema: "Die kulturlandschaftliehen Auswir­kungen des Badetourismus an der deutschen Ostseeküste". Die deutsche Ostseeküste ist seit ca. zwei Jahrhunderten Zielgebiet eines lito­ralen Fremdenverkehrs. Die Auswirkungen des Badetourismus auf die Kulturlandschaft sind er­heblich, zugleich sind mit dieser Nutzung große wirtschaftliche Erwartungen verbunden. Die Auswirkungen wurden vom Referenten anhand konkreter Beispiele vorgeführt: dem bereits 1793 gegründeten Seebad Heiligendamm, Küh­lungsborn, Nienhagen, Warnemünde, Rügen und weitere Fremdenverkehrsorte. Der ehema­lige Minister für Tourismus der DDR 1989/1990 und Fremdenverkehrsgeograph führte hierzu folgendes aus: "Unter den kulturlandschaft­liehen Auswirkungen des Badetourismus wird von der Gesamtheit und Ganzheit aller Folge­wirkungen der vorrangig für Badezwecke im Meer genutzten Potentiale der Küstenregion der Ostsee mit den für die tourismuswirtschaftliche Nutzung geschaffenen Kapazitäten der Supra­und Infrastruktur im Sinne von Gestaltkomple­xen verstanden. Im Vordergrund stehen dabei die siedlungsgeographischen Auswirkungen des Fremdenverkehrs, zumal die sich histo­risch-gesellschaftlich wandelnden Steuerfak-

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Kulturlandschaft

toren am deutlichsten im Ortsbild zum Ausdruck kommen. Die Ganzheit der Kulturlandschafts­einheiten mit den in sie integrierten Siedlungs-, Supra- und Infrastrukturelementen ist zugleich Ergebnis bisheriger und Ausgangspunkt zukünf­tiger touristischer Entwicklung und Planung."

Die vorgestellten Beispiele bestätigten die Grundaussage von Hans Poser zur Fremdenver­kehrsgeographie, das der Fremdenverkehr einen Sondertyp der Kulturlandschaft schaffe: an der südlichen Osteeküste die "Bäderland­schaft". Die Frage, welche Interessen den funk­tionalen Ausbau und die ästhetische Gestaltung bestimmen, ist nach den Erfahrungen seit 1989/1990 eindeutig beantwortet: die Inter­essen von Grundeigentümern, als in Mackien­burg-Vorpommern ein schnell verlaufender Transformationsprozeß einsetzte. Die Fremden­verkehrsregionen haben einen spezifischen raum-zeitlichen Wandel erfahren, woraus sich eine Typisierung ableiten läßt, die wiederum für die zukünftige Gestaltung als Erholungsland­schaft und den Ausbau der Badeorte wichtig ist. Im Ostseeraum sind dies genetische Typen, die allerdings der Sicherung einer nachhaltigen Regionalentwicklung dienen müssen. Die Er­haltung ausschließlich als überkommenes Kul­turgut im Interesse eines Kulturtourismus ist angesichts der wirtschaftlichen Erfordernisse alleinig nicht ausreichend. Gefordert sind Gesamtkonzepte, die auf die Erhaltung der regionalen Identität gerichtet sind, um die Ent­stehung "pseudomaritimer Kulturlandschaften" als auf Grund von Markterfordernissen" "nach­gemachte" Erholungslandschaften mit gebiets­fremden Charakter, zu verhindern.

Der letzte Vortrag stammte von Drs. Johannes Renes (Wageningen): "Tourismus - Rettung oder Bedrohung der Kulturlandschaft. Bemer­kungen am Beispiel der niederländischen Kul­turlandschaft." Einleitend wurde die historische Entwicklung der Badeorte und des Küstentou­rismus in den Niederlanden dargestellt. Zu kon­statieren ist aufgrund zu heute unterschiedliche Prioritäten ein bis zum 18. Jahrhundert geringes Interesse am Meer upd der Küste als Erholungs­raum. Ein weiterer Ungunstfaktor war die schlechte Straßenanbindung der küstennahen Fischerdörfer an das Hinterland. Eine frühe Maßnahme zur Behebung dieses Zustandes ist

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z. B. die 1653 eingerichteten Steinstraße zwi­schen Den Haag und Scheveningen, was neben der Versorgung mit frischem Fisch auch die Möglichkeit des Flanierens bot. Entscheidender für den späten Beginn des Küsten- und Bäder­tourismus ist im Gegensatz z. B. zu England die mangelnde Herausbildung einer "Bäderkultur". Diese wurde erst aus dem Ausland eingeführt, als auf französische Initiative 1818 in Scheve­ningen das erste Badehaus eröffnet worden ist.

Seit dem 19. Jahrhundert wandelten sich ehe­malige Fischerdörfer zu Badeorten wie in Sche­veningen mit Anbindung an die neue Straßen­bahn und Errichtung mehrerer Hotels. Neben sich ausdehnenden Fischerdörfern gab es noch neu gegründete Küstendörfer wie z. B. Bergen aan Zee. Im 20. Jahrhundert erreichte die Ent­wicklung eine andere Dynamik, insbesondere bedingt durch den zunehmenden Individualver­kehr und Tagestourismus.

Entscheidend ist aus kulturlandschaftspfle­gerischer Sicht die Charakterisierung des Ver­hältnisses zwischen Kulturlandschaft und Tou­rismus. Hierbei sind drei verschiedene Typen zu unterscheiden:

1. Siedlungen, die völlig vom Tourismus ge­prägt sind. Hierbei handelt es sich um die gro­ßen Badeorte, die ausschließlich wirtschaftlich auf den Tourismus fixiert sind. 2. Siedlungen und Landschaften, die stark vom Tourismus beeinflußt sind. Hierin sind neben touristischer Infrastruktur noch weitere Raum­ressourcen vorhanden, die unter Bewahrung der regionalen landschaftlichen Eigenart ge­nutzt werden können. 3. Wertvolle Kulturlandschaften. Hierbei han­delt es sich um Landschaften, die noch nicht vom ,.Tourismus" entdeckt worden sind, aber sehr behutsam diesbezüglich entwickelt werden müssen insbesondere durch Besucherlenkung.

Aus diesen drei Abstufungen her lassen sich wiederum abgestufte kulturlandschaftspfle­gerische Maßnahmen ableiten.

Generaldiskussion

Die Generaldiskussion wurde eröffnet mit der Frage, wo es eine im Vergleich zum Rheintouris­mus mit seinen spezifischen Besonderheiten

ARBEITSGRUPPE

analoge Situation gebe. Hervorgehoben wurden diesbezüglich die Donau, das Elbtal bei Dres­den und das Tal der Rhöne. Dort existieren ver­gleichbare Bilder und Erscheinungen, wie z. B. im aktuellen Nutzungswandel in den Spezialkul­turen.

Anschließend wurde die Frage gestellt, inwie­weit Verkehrsträger wie insbesondere die Eisen­bahn in Flußlandschaften empfunden werden. Während der Autoverkehr in der heutigen Zeit in seiner Massenerscheinung Störungseffekte in der Landschaftswahrnehmung hervorruft, stellt sich die Frage, ob dies für die Eisenbahn eben­falls gilt: wie kann Eisenbahn störend auf ein Flußtal einwirken? Hingewiesen wurde auf die Lärmbelastung und die Trennungswirkung von Bahnlinien zwischen den Siedlungen vom Fluß. Baulich sind allerdings die Hochstraßenkreu­zungen im Landschaftsbild wesentlich auf­fälliger. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Entwicklung von Leitbildern im Umgang mit Fremdenverkehrselementen in Abhängigkeit von Bahnlinien und Straßen.

Nach der Feststellung, daß aktuelle Prozesse häufig schlechter bewertet werden als histo­rische, wandte die Diskussion sich der Frage des historischen Wertes und der geschicht­lichen Zeugniskraft zu. Hieraus ergibt sich die Frage nach deren "Beeinträchtigungen", die uns aktuell wichtiger sind. Die ursprüngliche Rhein­romatik wirke zwar nach, gibt es aber in dieser Form nicht mehr und sollen aus kulturland­schaftspflegerischer Sicht jüngere Elemente preisgegeben werden zugunsten von älteren?

Damit wurde übergeleitet von dem lnventarisier­baren hin zu der Verklärung, dem Image einer Region unabhängig von der aktuellen Raum­nutzung. Der Verlust des Images wurde als Hauptproblem hervorgehoben. Hierbei ist die Schwellenbestimmung des ,.Kippeffektes" fest­zulegen: im Rheintal das Verschwinden der Romantik.

Hervorgehoben wurde, daß der historische Wert alleine für den Tourismus nicht entscheidend sei, sondern der ästhetische Wert von größerer Bedeutung sei. Die Kippeffekte für die Touristen liegen in der Schwellenbestimmung enorm hoch.

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ARBEITSGRUPPE

Ein Konzept zur Bewahrung von Erholungsland­schaften ist die BündeJung von Erlebniswerten. So erwarten Küstenbesucher auch das Erlebnis von ,.Natur" innerhalb der Kulturlandschaft. Diese Erwartung erweitert sich auffällig mit der hohen Auslastung der ,.Centerparks" mit meh­reren Erlebniswerten unabhängig von der jewei­ligen Region.

Hier stellt sich die Aufgabe einer Kulturland­schaftspflege mit einer lnwertsetzung, die sich nicht nur auf Erfassen beschränkt, sondern auch bewertet, die Wahrnehmung beeinflußt, Führer als ,.Biicklenker" verfassen muß, da der Besucher nur das Sehen kann, von dem er etwas weiß.

ln ihrer Erholungsfunktion unterscheiden sich diese Gebiete durchaus von denen mit einem Schutzstatus, dafür sind somit Richtlinien zum weiteren Umgang zu entwickeln. Schutz im Sinne von Konservierung ist nicht anzustreben, sondern als touristisches Nutzkonzept Eine raum-zeitliche Brücke läßt sich in der Kontinui­tät des historischen Fremdenverkehrs zum zu­künftigen schlagen, verbunden durch lnwert­setzung und zugleich Beibehaltung deren Ablasbarkelt als eigenständiger unverwechsel­barer Typus.

Mitgliederversammlung

Die Mitgliederversammlung der Arbeitsgruppe für Angewandte Historische Geographie im Arbeitskreis für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa 1998 hatte folgende Tagesord­nungspunkte:

1. Rechenschaftsbericht des ersten und zwei­ten Sprechers Zeitraum 1996-1998

2. Abstimmung zu dem Angebot für die Arbeits­gruppentagung 2000

3. Hinweis auf die Jubiläumstagung des Arbeitskreises für genetische Siedlungsfor­schung in Mitteleuropa September 1999

4. Abstimmung zum Änderungsvorschlag des bisherigen Turnus der Sprecher von 3 Jahren

5. Wahl des ersten und zweiten Sprecher

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Kulturlandschaft

1 Rechenschaftsbericht

Tagungen, Arbeitstreffen, Workshops

Die Berichterstattung zu der sechsten Tagung in Plauen 1996 ist in der "Kulturlandschaft" Jg.6, 1996, H. 1. und der Siedlungsforschung Band 13 erfolgt, verbunden mit Kurzartikeln einzelner Tagungsbeiträge in der "Kulturland­schaft" Jahrgang 1996. Der bereits angekün­digte umfangreichere Tagungsband erscheint voraussichtlich Ende 1998.

Im März 1997 fand in Bann in Ergänzung zu den im zweijährigen Abstand stattfindenden Arbeits­gruppentagungen erstmals der Veranstaltungs­typ "eintägiges Arbeitstreffen" ohne Exkursion an verkehrstechnisch möglichst günstigen Standorten statt. Das Thema der Veranstaltung lautete: Kulturlandschaftspflege und I oder Kulturtandschaftsmanagement, die Berichter­stattung erfolgte hierzu in der .. Kulturland­schaft". Die Einzelbeiträge sind in den Heften 1 und 2/1997 aufgenommen worden, die beiden letzten Beiträge aus dieser Veranstaltung folgen im vorliegenden Heft 1, 1998. Ein Bericht zu dieser Veranstaltung erscheint weiterhin in der "Siedlungsforschung" Band 14.

Den großen Zuspruch interpretieren die Spre­cher als Aufforderung, diesen Veranstaltungstyp auch in Zukunft stattfinden zu lassen. Seit län­gerer Zeit bereits angekündigt sind die Themen "Honorarordnung" und "Geographische /nfor­mationssysteme".

Das Thema "Honorarordnung für kulturland­schaftspflegerische Gutachten und For­schungsprojekte" soll zunächst intern in einem kleinen Kreis vorbereitet werden, um es an­schließend halbtägig im größeren interessierten Kreis zu besprechen.

Das zweite Thema "GIS" soll eintägig im März 1 999 in Aachen (genauere Angaben siehe unten) behandelt werden. Interessenten für einen Bei­trag sollen sich bitte an die Sprecher der Arbeitsgruppe wenden.

Neben der eigentlichen Tagung und dem Arbeitstreffen fand am 24. September 1997 ein eintägiger Workshop vorgeschaltet zur Jahres­tagung des Arbeitskreises für genetische Sied­lungsforschung in Essen statt. Das Thema lau-

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1/1998

tete: Angewandte Historische Geographie in industriellen Ballungsräumen. Damit ist die Be­zeichnung Workshop verbunden mit Spezialver­anstaltungen und diese sollen im Gegensatz zu den Tagungen auch nicht gezählt werden, sondern sind als zusätzliches Angebot für an dem jeweiligen Thema Interessierte zu ver­stehen. Die Verbindung von Anwendung und Grundlagenforschung konnte in Essen ein­drucksvoll hergestellt werden, die Artikel und der Bericht erscheinen in Heft 1 und Heft 2 des Jahrgangs 1998 der "Kulturlandschaft", ebenso ein Bericht in der "Siedlungsforschung".

Zeitschrift" Kulturlandschaft"

Seit der sechsten Arbeitsgruppentagung in Plauen sind die Jahrgänge 1996 und 1 997 er­schienen, somit 4 Hefte. Hinzuweisen ist an die­ser Stelle auf den Nachdruck des ersten Jahr­gangs und die Möglichkeit zum Erwerb älterer Hefte bei· der Redaktion. Das Erscheinen des achten Jahrgangs der "Kulturlandschaft" ist gewährleistet.

2 Angebot für die achte Tagung der Arbeitsgruppe

Für die achte Arbeitsgruppentagung im März 2000 unterbreitete Professor Dr. Rainer Graafen, Geographisches Institut der Universität Ko­blenz/Landau eine Einladung und ein Angebot. Der Themenvorschlag bzw. zunächst das Arbeitsthema lautet: Angewandte Historische Geographie in Flußlandschaften oder Flußland­schaftspflege z. 8. in Ergänzung zu den Akti­vitäten der Rheintalkonferenz, über die zu­sammen mit der Rheintalcharta im Heft 2/1997 der Kulturlandschaft berichtet worden ist.

Hierbei können dann Aspekte der Kulturland­schaft im Einzugsgebiet großer Ströme themati­siert werden und die Exkursion ins Mittelrhein­gebiet erfolgen u. a. zum Stand der Umsetzung des Antrages als Weltkulturerbe, aber vor allem in einem weiteren Verständnis und Berücksich­tigung der Burgen sowie Aspekte des Struktur­wandels. Die Tagung kann in den Räumlich­keiten des Geographischen Instituts in Koblenz stattfinden. Die diesbezügliche Abstimmung in der Mitgliederversammlung erbrachte ein ein­stimmiges Ergebnis zur Annahme der aus-

ARBEITSGRUPPE

gesprochenen Einladung. Damit findet die achte Tagung der Arbeitsgruppe für Angewandte Historische Geographie im März 2000 in Ko­blenz statt. Das genaue Tagungsprogramm wird in der "Kulturlandschaft" und den "Informatio­nen" rechtzeitig mitgeteilt.

3 Jubiläumstagung des Arbeitskreises für genetische Siedlungsforschung

1 999 besteht der Arbeitskreis für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa 25 Jahre. Aus diesem Anlaß bestehen beim Vorstand Pläne eine Jubiläumsveranstaltung mit einem entsprechenden Tagungsablauf, voraussichtlich in Bann zu organisieren. Primär geht es um den Arbeitskreis, wobei die Arbeitsgruppe im Sinne einer Positionsbestimmung, eines Rückblicks und Darstellung zukünftiger Aufgaben als Fest­vortrag und in einer Posterausstellung sich vor­stellen kann. Die Vorbereitungen und Über­legungen hierzu laufen noch, näheres ist den nächsten "Informationen" des Arbeistkreises zu entnehmen.

4 Turnus der Sprecher

Nachdem beschlossen wurde, die Arbeits­gruppentagungen zweijährig stattfinden zu las­sen, war eine dreijährige Amtsinhabe der Spre­cher hinfällig geworden, da diese entweder ein Jahr ohne Votum tätig wären oder alle 2 Jahre auf jeder Mitgliederversammlung gewählt wer­den müßten. Aus diesem Grund wurde ein vier­jähriger Turnus vorgeschlagen, somit für die an­schließende Wahl die Zuständigkeit bis zur Mit­gliederversammlung 2002. Der Vorschlag wurde in der Mitgliederversammlung einstimmig an­genommen.

5 Sprecherwahl

Die anschließende Sprecherwahl bestätigte den ersten Vorsitzenden Dr. Klaus-Dieter Kleefeld und den zweiten Vorsitzenden Drs. Johannes Renes in ihrem Amt bis März 2002.

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ARBEITSGRUPPE Kulturlandschaft

Neue Informationssysteme für die Angewandte Historische Geographie Eintägiges Arbeitstreffen der Arbeitsgruppe, Einladung und "call for papers"

Termin und Ort

Samstag 20. März 1999, 10.30 - 16.30 Uhr, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Informatikzentrum

Örtliche Organisation

KaiJakobs Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Lehrstuhl Informatik IV Ahornstraße 55 52056 Aachen Tel.: 02 41 - 80 - 2 14 05 Fax: 02 41 -88 88-2 20 e-mail: [email protected]

Anmeldung und Beitragsangebote:

Dr. Klaus-Dieter Kleefeld Büro für historische Stadt- und Landschaftsfor­schung Kaufmannstraße 81 53115 Sonn Tel.: 02 28-69 63 82

Inhalt

Das eintägige Arbeitstreffen soll sich mit neuen lnformationstechnologien, Erfahrungen aus

Hinweis in eigener Sache

dem Computereinsatz in der Anwendung, geo­graphischen lnformationssystemen, Oaten­bankverwaltung, Internet und Perspektiven weiterer Vernetzung beschäftigen.

Ziel der Veranstaltung ist die Herausarbeitung anstehender Herausforderungen durch diese neuen Technologien, die Vergegenwärtigung der Veränderung geisteswissenschaftlicher Arbeitsweisen vor allem im Hinblick auf die Anwendung mit der schnellstmöglichen Infor­mationsbeschaffung zu laufenden Projekten, Aktivitäten, aktuellen Forschungsergebnissen und Diskussionen.

Angebote zu Vorträgen, Kurzbeiträgen oder Präsentationen können bis zum 30. November 1998 beim ersten Sprecher der Arbeitsgruppe Dr. Klaus-Dieter Kleefeld eingereicht werden.

Die Kurzvorträge, Statements und Ergebnisse des Treffens werden als Sammelband in den "Aachener lnformatikerblättem" zugleich als Sondernummer der Kulturlandschaft veröffent­licht.

Das genaue Tagungsprogramm wird in der "Kulturlandschaft'' Heft 2/1998, den nächsten

• "Informationen" und auf Nachfrage ab Mitte Dezember 1998 wiedergegeben, bzw. zugesen­det.

Der Tagungsband zur Tagung in Plauen 1996 wird voraussichtlich im Herbst unter folgendem Titel erscheinen:

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Kulturlandschaft - Museum - Identität. Zur musealen Präsentation von Kulturland­schaftsrelikten.

Beucha: Sax-Verlag, ca. 200 S. ISBN 3-930076-45-4. Ladenpreis: 48,- Voraussichtlicher Vorzugspreis für Mitglieder der Arbeitsgruppe: 38,-

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1/1998 ALLGEMEINES

Deutsche Siedlungsgründungen in Ostgalizien (Westukraine) Beiträge Angewandter Historischer Geographie zu Kulturlandschaftsmanagement und Regionalmarketing

Heinz Schürmann und Hans Christian Heinz

Seit ca. einem Jahr besteht zwischen der Geographischen Fakultät der lvan Franko-Uni­versität L'viv (Lemberg) in der westlichen Ukraine und dem Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein Abkommen über wissenschaftliche Zusammenarbeit. Die praktische Zusammenarbeit umfaßt mittler­weile auch die Fakultät für Architektur der TU Lemberg, die ein ausgeprägtes Interesse an historisch-geographisch orientierten Themen besitzt.

Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Koope­ration stehen explizit Fragestellungen der An­gewandten Historischen Geographie: dabei geht es zunächst um Aufnahme und Erfor­schung der akut bestandsgefährdeten deut­schen Siedlungen südlich von Lernberg im ost­galizischen Vorkarpatenland (vgl. Abb. 1) mit dem Ziel ihrer Sicherung und behutsamen tou­ristischen lnwertsetzung im Rahmen eines ganzheitlich ausgerichteten Kultur- und Natur­landschaftsmanagements.

Abb. 1: Übersichtskarte von Ostga/izien (Arbeitsgebiet) (Quelle: Westermann 1988).

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ALLGEMEINES

Begriffe wie Landschaftsmanagement oder Regionalmarketing sind im Projektgebiet indes derzeit noch anders zu werten als in westmittel­europäischen Regionen. Zwar lassen sich die Zielsetzungen durchaus westlichen Vor­stellungen vergleichen, doch ist die Aus­gangssituation - u. a. gekennzeichnet durch den dramatischen Verfall traditioneller ländlich geprägter Kulturlandschaft, das weitgehende Fehlen landschaftserhaltender oder erst recht -pflegender Ansätze und den nahezu vollstän­digen Mangel an Fördermitteln - eine grund­legend andere. Erschwerend kommt hinzu, daß bei der ländlichen Bevölkerung- aus nahe­liegenden Gründen - zur Zeit noch von keiner besonderen Sensibilität gegenüber historisch­geographisch bedeutsamen Objekten und natürlich auch solchen deutscher Herkunft aus­gegangen werden kann; hier ist noch sehr viel an Informations- und Beratungsarbeit zu leisten.

Demgegenüber ist zumindest partiell eine relativ große Offenheit der Administration gegenüber bisher ungenutzten Formen der "Verwertung"

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Kulturlandschaft

Abb. 2: Dornfeld/Ternopillja - regel­mäßiges "Neunfelderdorf" (Quelle: CDIAUL Fond 186, Verz.8/1196, Katasterplan 1854; vgl. Petrysyn/Oiesko 1996, s. 324).

von Landschaft spürbar; die außerordentlich schwierige ökonomische Lage des Staates zwingt dazu, jedes sinnvolle endogene Potential inwertzusetzen und auszuschöpfen. Vor allem seitens der Universitäten zeigt sich heute ein großes Interesse an der vorurteilsfreien Ausein­andersetzung mit der regionalen Geschichte, insbesondere auch den deutschen Siedlungen, deren Erforschung seit der nationalen Unabhän­gigkeit der Ukraine im Jahre 1991 und der Öff­nung zuvor als geheim eingestufter Archiv- und Bibliotheksbestände kein Tabu mehr ist.

Das im vorliegenden Zusammenhang kurz skizzierte Kooperationsprojekt versteht sich als Teil einer gröberen grenzüberschreitenden Projektkonzeption mit ökotouristischer Schwer­punktsetzung, die die Vernetzung bestehender und projektierter Nationalparks von den Wald­karpaten bis zu den Beskiden (und später vom Nationalpark Podolien bis zur Sächsischen Schweiz) zum Ziel hat. Als Teil des in Genf (Rolex-Award) ausgelobten europaweiten Pro­jektes einer "ökotouristischen Trasse" von den

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1/1998

Abb. 3: Königsaue/Rivne - Pentagon­Grundriß, im traditionellen ländlichen Raum einzig in Eu­ropa. Die römisch-katholische Holzkirche auf dem zentralen Dorfplatz wurde 1995 ab­getragen und zum Neubau einer dreitürmigen Kuppel­kirche verwendet (Quelle: CDJAUL Fond 186, Verz.10/157, Katasterplan 1853/1856; vgl. Heinz 1996, S. 117 und Petrysyn/Oiesko 1969, s. 328 f.).

Seealpen bis zu den Karpaten wurde diese Kon­zeption 1995 als förderungswürdig anerkannt. Der engere Untersuchungsraum mit seiner wechselvollen, kulturlandschaftlich relevanten Geschichte soll im folgenden exemplarisch vor­gestellt werden.

Die Anfänge der deutschen Besiedlung in Gali­zien liegen bereits im 13. Jahrhundert, von einer regelrechten Besiedlungswelle kann jedoch erst seit Ende des 18. Jahrhunderts gesprochen werden. Das von 1772 bis 1918 zur öster­reichisch-ungarischen Monarchie gehörende Kronland Galizien (latinisiert nach dem west­ukrainischen Halyd) und Lodomerien (nach Vo­lodymyr bzw. Wolhynien) war nach der Zerstö­rung des Kiever Reiches (Kyjiver Rus), zu des­sen Staatsverband beide Teile seit dem 10. Jahrhundert gehörten, von der Mitte des 13. bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts eigenständig, bevor es Polen unter Kasimir dem Großen eroberte. Nach dessen Tod 1370 fielen diese Gebiete an König Ludwig von Ungarn, wurden jedoch 1387 bereits wieder von Polen

ALLGEMEINES

besetzt. Mit der ersten polnischen Teilung 1772 kamen die früheren ungarischen Territorien, die nie formell an Polen abgetreten waren, an Österreich. Weitere Gebietserwerbungen der zweiten (1792) und dritten polnischen Teilung (1795) verlor die habsburgische Monarchie nach dem Wiener Kongreß 1815 an Rußland. 1848 wurde das Territorium der freien Stadt Krakau annektiert und Galizien - als zweite Hauptstadt neben Lernberg - einverleibt.

Die ländlichen deutschen Siedlungen in Galizien wurden von 1783 bis etwa 1790 überwiegend auf staatlichem, z. T. erst kurz zuvor säkularisier­tem Großgrundbesitz eingerichtet. Die Zahl der seit 1782 eingewanderten Deutschen - zumeist aus südwestdeutschen Realerbteilungs­gebieten (vor allem der Pfalz) - betrug etwa 15 000 bis 18 000, in der Mehrheit Protestanten. Deren Immigration war erst möglich geworden durch das Einwanderungspatent Maria There­sias von 1774, das auch "akatholischen" Fachkräften die Niederlassung in gatizischen Städten erlaubte, sowie v.a. das Toleranzpatent

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ALLGEMEINES

Josephs II. von 1781, das Ansiedlungen im ländlichen Raum vorsah.

Die Österreichische Siedlungsmaßnahmen in Galizien - für die damalige Zeit (1772} mit 33 Einw./qkm (Kuhn 1930, S. 156) schon recht dicht besiedelt - hatten eindeutig qualitativen Charakter: die deutschen Kolonisten sollten im ländlichen Raum der slavischen Umgebung innovative Impulse in Landwirtschaft und Hand­werk vermitteln. Da diese Ansiedlungsmaß­nahme auch die Österreichische Bevölkerung vergröbern sollte, waren Deutschböhmen und andere "Inländer" offiziell nicht zur Kolonisie­rung zugelassen. Der Staat gewährte den Kolo­nisten Privilegien und stellte auch Haus, Vieh, Gerätschaften etc. Die Zuweisung von Wohn­und Wirtschaftsgebäuden sowie landwirtschaft­lichen Flächen erfolgte nach dem Vermögen der Kolonistenfamilien (sog. Viertel-, halbe und volle Dotierung).

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Kulturlandschaft

Abb. 4: Ausschnitt aus österreichischer Spe­cialkarte 1:75.000, Blatt 4271, Zone 8, Ko/.29 "Drohobycz/Nordostteil". (Kuhn 1938, S. 30; vg/. Heinz 1996, s. 110).

Sowohl die Anlage der Siedlungen als auch die Errichtung von Gebäuden, Brunnen und Baum­bepflanzungen waren nach Vorschriften gere­gelt. Wie in anderen Neusiedlungen (vgl. etwa die Beispiele aus dem Banat bei Westermann 1956, S. 121) haben in Galizien Ingenieure und Architekten - geprägt vom aufklärerischen Zeit­geist - regelhafte Siedlungsgrundrisse vom Reißbrett in die Landschaft umgesetzt. So ent­standen mehrere Kolonien mit Schachbrett­grundriß {z. B. Dornfeld, Brigidau, Josephberg, Abb. 2, Abb. 6) in Kreuzform (z. B. Bruckenthal, Falkenstein, Kaisersdorf, Wiesenberg) und sogar eines mit Pentagongrundriß (Königsau, Abb. 3), der überwiegende Teil jedoch als regel­mäßige, zweizellige Reihensiedlungen (z. B. Ein­siedel und Ugartsberg). Diese Siedlungen stan­den in starkem Kontrast zu den umliegenden ungeregelten slavischen Haufendörfern (z. B. Medenice, Kawsko, Abb. 4), aber auch, wenn­gleich weniger, zu den vereinzelten, im Rahmen

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1/1998 ALLGEMEINES

Abb. 5 : Einsiedei/Odynoke - ältestes noch bestehendes deutsches Kolonistenhaus in Ostgalizien (Aufnahme: H. Schürmann 8/1996).

der polnisch-deutschen spätmittelalterlichen Kolonisation hier am weitesten nach Osten vor­gedrungenen Waldhufendörfern (z. B. Letnia, Abb. 4) . Eine staatliche Nachkolonisation (die sog. Franzisceische) erfolgte 1802-1805, je­doch überwiegend zur Aufsiedlung bestehender deutscher Kolonien.

Die höchste Zahl an deutschen Bewohnern Ga­liziens wurde gegen Mitte des 19. Jahrhunderts mit ca. 100 000 Einwohnern in gut 300 Sied­lungen erreicht. Danach nahm die Zahl bestän­dig ab. Schwierig war besonders die Situation der römisch-katholischen Deutschen in Gali­zien, die beständigen Polonisierungsbestre­bungen ausgesetzt waren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte eine massive, z. T. er­folgreiche Abwerbungskampagne seitens des preußischen Staates ein, die beträchtliche Be­völkerungsteile zur Übersiedlung in die Provinz Posen bewog. Erst nach diesem substanz-

bedrohenden Akt schlossen sich die Deutschen in Galizien 1907 konfessionsübergreifend zu einer Interessen- und nationalkulturellen Selbst­schutzvereinigung zusammen, dem Bund der christlichen Deutschen in Galizien (vgl. auch Deutschtum 1914).

ln der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen gehörte Ostgalizien mit seinem deutschen Be­völkerungsanteil zum polnischen Staat, der eine eher intolerante Nationalitäten-, Kirchen-, Kul­tur- und Schulpolitik betrieb. Mit dem sog. Rib­bentrop-Molotov-Pakt wurde Ostgalizien der sowjetischen Interessensphäre zugeschlagen. Den deutschen Siedlern wurde das Options­recht zur Auswanderung nach Deutschland zwar nicht streitig gemacht, jedoch oft äußerst erschwert. Nahezu 60 000 Galiziendeutsche konnten im Winter 1939/40 - zumeist unter schwierigsten Umständen - zunächst in Über­gangslager in Thüringen, Sachsen und dem

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ALLGEMEINES Kulturlandschaft

Abb. 6: Brigidau/Lanivka -größte deutsche Kolonie mit neun öffentlichen Brunnen (Quelle: CDIAUL Fond 186, Verz.10/157, Katasterplan 1853; vg/. Petrysyn/0/esko 1996, S. 323. ·

Sudetenland umsiedeln, bevor man sie im Früh­jahr 1941 gegen ihren Wunsch in den Wart­hegau transferierte.

Unter sowjetischer Kontrolle kam es in Ostgali­zien in den verlassenen deutschen Siedlungen teilweise zu Plünderungen durch Einwohner der ukrainischen Nachbardörfer. Aus diesen rekru­tierte sich auch der gröbere Teil der Übergangs­bevölkerung, die von den deutschen Hofstellen Besitz nahm. Im Juni 1941 wurde die Deutsche Wehrmacht bei ihrem Einmarsch zunächst noch als Befreier von der Sowjetherrschaft begrüßt. ln einigen der früher deutschen Siedlungen kam es von Frühjahr 1943 bis Frühsommer 1944 zur vorübergehenden Unterbringung deutscher Kolonisten aus dem Schwarzmeerraum, die beim Rückzug der Wehrmacht mit evakuiert wurden. Dadurch mußten nun wieder ukrai­nische Bauern die entsprechenden Höfe ver­lassen, was der grundsätzlich germanophilen

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Einstellung der ukrainischen Bevölkerung ab­träglich war.

Gab es in den deutschen Kolonien schon wäh­rend der Kriegsjahre keinerlei Pflege und Instandsetzung der Bausubstanz, so ver­schlechterte sich diese Situation noch einmal durch die unmittelbaren Kampfhandlungen 1944. Nach der Eroberung durch die Rote Armee im Sommer und Herbst 1944 kam es zu grundlegenden Veränderungen in der Bevölke­rungsstruktur Ostgaliziens, das gemäß der alli­ierten Vereinbarungen dem sowjetischen Staatsgebiet zufallen sollte. Moskau und die von ihr gelenkte Lubliner Übergangsregierung Polens vereinbarten bereits im Herbst 1944 den Bevölkerungsaustausch von hunderttausenden Polen aus den neuen westlichen Gebieten der Sowjetunion sowie von Weißrussen und vor allem Ukrainern aus Polen in das jeweils andere Staatsgebiet, was bis 1947 auch im wesent-

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1/1998

Iichen verwirklicht wurde. Ein Teil dieser Ukrai­ner mußte in die zentrale und östliche Ukraine umsiedeln, woher im Gegenzug "sowjeter­probte", als linientreu geltende Ostukrainer und Russen als Funktionäre nach Ostgatizien und in die übrige Westukraine migrierten.

Der jahrhundertelang währenden Mischbe­völkerung insbesondere in den Städten Ost­galiziens (Polen, Juden, Ukrainer, Deutsche, Armenier u. a.) folgte nun - ähnlich wie im be­nachbarten Polen - eine bis dato hier un­gekannte, ethnisch weitgehend homogene Be­völkerungsstruktur. Die quantitativ dominie­rende ukrainische Einwohnerschaft fand nur durch russifizierte Ukrainer sowie das erstmals in Ostgalizien auftretende russische Bevölke­rungselement eine Ergänzung.

Nach 1945 setzten sich die Einwohner der frü­heren deutschen Siedlungen Ostgaliziens aus Ukrainern der näheren und weiteren Umgebung dieser Dörfer zusammen, gefolgt von aus Polen umgesiedelten Ukrainern und schließlich -wenn auch nur vereinzelt - von aus der Ostu­kraine immigrierten, sprachlich russifizierten Ukrainern sowie eigentlichen Russen als Kader.

Bis auf wenige Ausnahmen ging der mit dem Zweiten Weltkrieg begonnene Degradierungs­prozeß der früheren deutschen Siedlungen wei­ter- bis in die Gegenwart. Einige schon wäh­rend des Krieges stark zerstörte Kolonien wur­den dem Erdboden gleichgemacht (z. B. Bruckenthal und Ugartsberg); verwertbare Bau­materialien aus diesen Orten nutzte man zum Haus- und Straßenbau in slavischen Nachbar­dörfern. Die Bevölkerungszahl der übrigen deut­schen Siedlungen -eingemeindet in slavische Nachbarorte- war weitaus geringer als vor dem Kriege (oft weniger als ein Drittel), und zwar mit weiterhin abnehmender Tendenz. Erst nach der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 scheint man­cherorts eine Trendwende zu erfolgen.

Nur eins der ehedem deutschen Dörfer be­wahrte nicht nur seine politische Eigenständig­keit, sondern konnte auch die Höhe derfrüheren deutschen Einwohnerzahl halten bzw. über­treffen: die etwas abgelegene, aber traditionell in besonders engem Kontakt mit den ukrai­nischen Nachbarn lebende größte deutsche

ALLGEMEINES

Kolonie Galiziens: Brigidau, heute Lanivka, nordwestlich von Stryj.

Die in Text und Abbildungen exemplarisch vor­gestellten oder angesprochenen Ortschaften bzw. Einzelbauten aus dem Untersuchungs­gebiet befinden sich heute in sehr unterschied­lichen Erhaltungszuständen, die von relativ gut (siehe Abb. 5) über baulich verändert bis zu par­tiell oder total wüstgefallen und teilweise oder völlig zerstört reichen.

Eine umfassende Erfassung und lnventarisie­rung der noch existenten Substanz und deren archivalisch-wissenschaftliche Aufbereitung ist dringend geboten. Erhaltungsmaßnahmen sind im Projektgebiet jedoch in aller Regel nur in Kombination mit - ggf. neuen Nutzungen rea­lisierbar, d. h. als lnwertsetzung im Sinne des Wortes, was derzeit nur im Kontext einer von Lernberg ausgehenden, routenbezogenen tou­ristischen Attraktivierung des Vorkarpatenandes vorstellbar ist. Die lnventarisierungen und Pla­nungen sind bereits angelaufen; konkrete An­sätze einer touristischen Infrastruktur sind in dem ländlich strukturierten Raum gegenwärtig jedoch noch nicht vorhanden.

Anmerkungen.

(1) Schwerpunktmäßig beteiligt an der wissen­schaftlichen Kooperation seitens der Meinzer Uni­versität sind die beiden Verfasser dieses Beitrages (Hans Christian Heinz als Doktorand).

(2) 1994 fand an der TU Lernberg eine erstes Semi­nar über deutsche Siedlung in Ostgalizien statt (vgl. Petrysyn 1996, überarbeitete deutsche Über­setzung von Hans Christian Heinz in Vorbereitung).

Exemplarische Literatur- und Quellenhinweise:

Bredetzky, Samuel: Historisch-statistischer Be­ytrag zum deutschen Kolonialwesen in Südost­europa. Nebst einer Darstellung der deutschen Siedlungen in alphabethischer Ordnung. Brünn, 1812.

CDIAUL: Central'nyj Derzavnyj lstorycnyj Archiv Ukrajiny u L'vovi [Zentrales Staatliches Histo­risches Archiv der Ukraine in Lemberg]

Deutschtum: Das Deutschtum in Galizien. Seine geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Lage. Hg. v. Bund der christlichen Deutschen in Galizien. Lemberg, 1914.

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ALLGEMEINES

Gormsen, Erdmann: Dorferneuerung und Struktur­wandel im ländlichen Raum. ln: Schürmann, Heinz (Hg.): Ländlicher Raum im Umbruch. Mainz, 1996. (Mainzer Kontaktstudium Geographie, Bd. 2), S. 27-40.

Heinz, Hans Christian: Zakladennja poselen' paria­du josyfins'koji kolonizaciji v Halycyni ta osoblyvyj pryklad K'onigsau [Die Einrichtung der Ansied­lungen der Jassfinisehen Kolonisation in Ost-Gali­zien und das besondere Beispiel Königsau]. In: Pe­trysyn 1996, S. 80-124.

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Krallert, Wilfried, Walter Kuhn und Ernst Schwarz: Atlas zur Geschichte der deutschen Ostsiedlung. Hannover u.a., 1958.

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Kulturlandschaft

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Westermann 1956: Westermanns Großer Atlas zur Weltgeschichte. 3 Bde., Braunschweig

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Wiederinwertsetzung von Brachen durch Land- und Forstwirtschaft im Zuge von Flurbereinigungsmaßnahmen

Ulrich Stanjek

1 Einleitung

1984 wurde der Verfasser als Flurbereinugngs­planer durch die Aufgabenstellung eines Verfah­rensam Mittelrhein (Ober- und Niederheimbach) erstmals mit Brache- und Wüstungs­erscheinungen konfrontiert. ln seinen rhein­hessischen Flurbereinigungsgemeinden gab es solche kaum. Die Beschäftigung mit diesem Themenbereich führte einige Jahre später zum Beginn einer wissenschaftlichen Untersuchung: "Entwicklung, Evaluierung und Gestaltungs­möglichkeiten der Landnutzung im Bereich des oberen Mittelrheintals - Einflußmöglichkeiten der Flurbereinigung, dargestellt an Beispielen" als Dissertationsthema an der Universität Mainz.

Hauptziel der Arbeit ist die Fragestellung, wie­weit die Durchführung einer Flurbereinigung die tatsächliche Landnutzung bzw. Nichtnutzung (Brache) direkt oder indirekt zu beeinflussen und Wüstungsbildung zu verhindern vermag.

2 Erscheinungsformen des Kulturlandschaftsverfalls

Die vielfältigen Formen des Kulturlandschafts­vetialls waren erst Thema der Wüstungsfor­scher; später beschäftigte sich die Soziai­bracheforschung damit. ln jüngster Zeit haben Wissenschaftler verschiedenster Fachrich­tungen die sog. Flächenstillegung, die optisch ähnliche Auswirkungen zeigen kann, als neues Forschungsobjekt aufgegriffen.

Um die verwirrende Vielfalt der verschiedenen Wüstungs- und Brachbegriffe systematisch zu ordnen, ist eine intensive Beschäftigung auch mit Zeit- und Prozeßabläufen erforderlich.

Für den Weinbau hat sie der Verfasser in der Abhandlung "Über die Brache (Driesche) zur Rebwüstung. Zu ihrer Entstehung - Zeit- und Prozeßabläufe" dargestellt. Es wird hierbei auf rechtliche Faktoren, soziale und strukturelle Gründe und Sukzessionsabläufe eingegangen und als Schema Weinbergsnutzung/-brache mit den Zeit- und Prozeßabläufen dargestellt. Alle vorübergehenden Nutzungsunterbrechun­gen sind dabei als Brache anzusehen.

Für die Abgrenzung zur Wüstung werden die Kriterien verwendet

• wiederherstellbar

• bedingt rückführbar

• kaum rückverwandelbar

Wenn eine Fläche für die bisherige Nutzung un­wiederbringlich verloren geht, ist die Schwelle zur Wüstung im Sinn historisch-geographischer Betrachtungsweise bereits überschritten. Bei höherwertigen außerlandwirtschaftlichen Folge­nutzungen spricht allerdings niemand von Wüstung {obwohl z.B.unter manchem Univer­sitätscampus eine Acker-, Wiesen- oder Wald­wüstung liegt!).

Eine weitere Veröffentlichung "Brache - Flä­chenstillegung - Wüstung, praktische Über­legungen zur Problematik eingefahrener Be­griffe in Wissenschaft und Praxis" ist in Vor­bereitung.

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Abb. 1 Das Untersuchungsgebiet Ober- und Niederheimbach

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3 Empirische Erhebungen

ln dem o. a. Flurbereinigungsverfahren waren nach dem Flurbereinigungsgesetz (FiurbG) be­reits verschiedene Termine wie die Verfahrens­einleitung und die Vorstandswahl der Teil­nehmergemeinschaft (diese umfaßt alle be­troffenen Grundstückseigentümer) öffentlich bekanntgemacht worden. Vor allem weiter ent­fernt wohnende Eigentümer nahmen davon erst bei der ersten Zahlungsaufforderung zu Flurb­beiträgen bewußt Kenntnis. ln zahlreichen An­fragen und Einzelgesprächen mit Grundstücks­eigentümern stellte sich heraus, daß es bei etli­chen erhebliche Informationsdefizite bzgl. ihrer eigenen, nicht mehr selbst genutzten Grund­stücke gab. Für den Verfasser ließen sich da­raus erste Hintergründe für Nutzungsauf­lassungen im Heimbachtal ableiten. Es schälte sich das Gerippe möglicher Fragen für eine empirische Erhebung heraus.

Für diesen Kurzbericht werden nur insgesamt vier Fragen herausgegriffen und zwar aus dem Komplex grundstücksbezogenen Gründe "Lage unbekannt bei ... Grundstücken" und "Lage un­gefähr bekannt, aber Abgrenzung unsicher bei . . . Grundstücken" und aus den persönlichen Gründen die Fragen "Existenz der Grundstücke war vor der Flurbereinigung unbekannt" sowie "Unklare Eigentumsverhältnisse (z. B. Erben­gemeinschaft)".

4 Ergebnisse

Die Fragebögen wurden zusammen mit der Ein­ladung zum sog. Planwunschtermin an die Eigentümer versandt und kamen per Post zu­rück, wurden in dem Termin persönlich über­geben oder gemeinsam mit den erschienenen Eigentümern bzw. dessen Vertretern ausgefüllt. Ca. 500 Fragebögen konnten ausgewertet wer­den, was einer Quote von über 78% entspricht. Für die o. a. Fragen ergaben sich folgende Er­gebnisse:

• von 40 Eigentümern (8 %) wurde für ca. 85 Grundstücke die Lage als unbekannt an­gegeben

ALLGEMEINES

• 13 x Existenz unbekannt

• 80 x unklare Eigentumsverhältnisse

Eine Schlüsselrolle kommt den Inhabern von Betrieben als Hauptträgern der Bodennutzung zu. Nur neun Betriebsinhaber haben Grund­stücke, deren Lage ihnen unbekannt ist; in einem Extremfall wurden von 96 Grundstücken insgesamt ca. 15 mit unbekannter und ca. 80 mit ungefähr bekannter Lage, aber unsicheren Abgrenzung angegeben!

Insgesamt dürfte 114 bis 1;b (da teilweise An­gaben über die Zahl der betroffenen Grund­stücke fehlen, läßt sich dies nur abschätzen) der ca. 2 000 Grundstücke des Flurbereinigungs­gebiets in der Abgrenzung unsicher gewesen sein, wobei bei 91 der 116 Eigentümer kein Betrieb mehr existierte. Nur einem Nebener­werbslandwirt war die Existenz eines Grund­stücks unbekannt, während bei Betrieben drei­mal unklare Eigentumsverhältnisse (zumeist Er­bengemeinschaften) bezüglich einzelner Grundstücke angegeben wurden.

Im Hinblick auf die Nutzungsart handelt es sich überwiegend um Waldstücke, die vermutlich noch nie abgemarkt waren oder Hutungen/ehe­malige, jetzt zugewachsene Wiesen.

Für diese Ursachengruppe hält der Verfasser die Bezeichnung Grenzverwirrungsbrache bzw. Besitzverwirrungsbrache (in Anlehnung an § 920 BGB Grenzverwirrung) für angebracht!

Instrumentarium Flurbereinigung

Zunächst mußten von Amts wegen die Be­teiligten ermittelt werden (sog. Legitimation). War dies trotz langwieriger Ermittlungen nicht möglich, wurden vom Vormundschaftsgericht Vertreter bestellt, nämlich die beiden Orts­bürgermeister (für diese Fälle wurde generell· "unklare Eigentumsverhältnisse" angekreuzt).

Daneben wurde bereits die Bereitschaft zur Landabgabe gefördert.

Die rechtliche Sicherung des Grundeigentums • 116 Eigentümer (23 %) nannten die Abgren- · erfolgte durch Auflösung alter Rechte, Teilung

zung unsicher für alle oder einzelne Grund- gemeinschaftlichen Eigentums, Klärung von Be-stücke Sitzverhältnissen sowie später durch die Berich-

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ALLGEMEINES Kulturlandschaft

Abb. 2 Rechts und links von der Bildmitte sind die wiederinwertgesetzten Flächen zu sehen

tigung der öffentlichen Bücher (Grundbuch, Weinbergsrolle, Wasserbuch u. a.)

Ein neues Kataster (statt ca. 3 900 Flurstücken alt ca. 950 Flurstücke neu), die Vermarkung mit Grenzsteinen und der Anschluß aller Grund­stücke an öffentliche Wege hat die Grenzverwir­rung beseitigt. Welche Weiterentwicklung bzw. Existenzsicherung von Betrieben konnte die Flurbereinigung bewirken? Die beiden viehhalt­enden Haupterwerbsbetriebe erzielten den größten Zusammenlegungseffekt und konnten wegen der Bodenmobilisierung durch die Flur­bereinigung ihre Betriebe nach §52 FlurbG er­heblich aufstocken (von 45 ha auf 75 ha bzw. von 52 ha auf 76 ha). Eine Aussiedlung in der Feldflur bzw. eigentlich eine Ansiedlung, da der Betrieb bisher nur in einer ca. 20 km entfernten Kreisstadt Betriebsgebäude hatte, brachte die Existenzsicherung. Die Verpachtung wurde gefördert und Viehübertriebsmöglichkeiten ge­schaffen.

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6 Wiederinwertsetzung

Der entscheidende Innovationsschub wurde durch Flurberein igungsbaumaßnahmen. Im Steilhang mit teilweise. massivem Fels wurden Wegeverbindungen gebaut, alte zugewachsene Wege freigelegt und verbreitert sowie zahlreiche Furten befestigt. Die Viehhalter mieteten eine schwere Planierraupe für ihre neu zugewie­senen und arrondierten Flächen. Je nach vorhe­rigem Verbuschungs- bzw. Bewaldungszustand ist das Freilegen durch Planierschild bzw. Auf­reißzähne als "Urbarmachung" oder "Wieder­inwertsetzung" anzusehen. Nach der Neuein­saat erfolgte die Wiederaufnahme der Wiesen ­Weiden- oder in einem kleinen Teil auch de~ Ackernutzung.

Für den Weinbau erfolgte eine Selektion in Kern­und Randzonen. Die Grundstücke der Haupt­erwerbswinzer konnten teilweise vorzeitig wiederbepflanzt werden mittels Vereinbarung,

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ansonsten nach dem allgemeinen Besitzüber­gang. Neben der Rodung alter, teils verhuschter Weinberge erfolgten auch ·Pianierungen sowie in kleinem Umfang Beseitigung von Zwischen­mäuerchen oder Einbau von Böschungen. Auch diese Wiederinwertsetzungsmaßnahmen wur­den erst durch die Flurbereinigung möglich.

Für den Obstbau wurden neue Obstbäume und -sträucher mittels einer Aktion "Mehr. Grün" beschafft und damit konnten alte abgängige Obstbäume ersetzt werden.

Für die Waldflächen: Zusammen mit der Nach­barflurbereinigung in Bacharach erfolgte die Gründung eines Waldbauvereins. Dieser und die intensive Beratung durch das Forstamt be­wirken eine Umwandlung des Niederwaids in einen Wirtschaftswald, der in Bacharach schon wieder regelmäßig bewirtschaftet wird, während im Heimbachtal praktische Ergebnisse erst nach Aufhebung der Holzeinschlagssperre zu erwarten sind.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß in Real­teilungsgebieten wie am Mittelrhein durch die Wechselwirkung zwischen aktiven Betrieben und Flurbereinigung großflächige Wiederinwert­setzungsmaßnahmen erfolgt sind. Klare Grenz­und Rechtsverhältnisse bzw. deren Wieder­herstellung sind in solchen Gebieten nur durch

ALLGEMEINES

Flurbereinigung erreichbar. Erst die Rechts­sicherheit und die Verfügungsgewalt über Grundbesitz löst die aufgezeigte Wiederinwert­setzung aus, vorausgesetzt, daß noch aktive Grundstückseigentümer bzw. Betriebe vor­handen sind.

Anmerkungen und Literatur:

(1) Dieser ausgearbeitete Kurzvortrag ist Bestand­teil einer noch nicht abgeschlossenen Dissertation an der Uni Mainz

(2) Flurbereinigungsgesetz (FiurbG) i.d. F. vom 16.3.1976 (BGBL I S. 546), zuletzt geändert am 23.8.1994 (BGBL I S. 2187)

(3) Stanjek,Uirich: Über die Brache (Driesche) zur Rebwüstung. Zu ihrer Entstehung -Zeit- und Pro­zeßabläufe. ln: Die Weinwissenschaft, 51, 199!3, H. 2, S. 70 - 75.

(4) ders. {1997): Brache - Flächenstillegung -Wüstung, praktische Überlegungen zur Proble­matik eingefahrener Begriffe in Wissenschaft und Praxis. ln Vorbereitung.

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. ALLGEMEINES Kulturlandschaft

Historische Einzelhofsiedlungen als Gegenstand des Denkmalschutzes Das Schildwendetal im Hochschwarzwald

Erik Roth

Für den Denkmalpfleger ist es heute selbstver­ständlich, nicht nur das Einzelobjekt, das ein­zelne Kulturdenkmal als Gegenstand des Denk­malschutzes und der Denkmalpflege zu sehen, sondern auch größere Einheiten von geschicht­licher Bedeutung: Ensembles, Gesamtanlagen, Denkmalbereiche oder -zonen, je nach Termino­logie der einzelnen Denkmalschutzgesetze. Dabei kann es sich ebenso um städtische wie um ländliche Bereiche handeln. Betrachtet man die in Baden-Württemberg rechtskräftig ge­schützten Gesamtanlagen, so fällt auf, daß nur wenige ländliche Siedlungen als Gesamt­anlagen ausgewiesen sind und daß darunter keine Streu- oder Einzelhofsiedlung zu finden ist, obwohl in großen Teilen unseres Bundes­landes diese Siedlungsform vorherrscht (Schwarzwald, Allgäu).

Bei der Untersuchung geschichtlich geprägter Bereiche war das Interesse der Denkmalpflege vor allem auf die städtebaulich-architektonische Überlieferung gerichtet. Gerade bei den länd­lichen Siedlungen wurde aber deutlich, daß man sich bei der Beurteilung des historischen Zeug­niswerts nicht darauf beschränken darf. Der Hof und die zugehörigen landwirtschaftlichen Flä­chen, der Ort und die Flur bilden eine untrenn­bare funktionale Einheit. Im Zusammenwirken der verschiedenen Elemente des Siedlungs­gefüges ist die traditionelle Lebens- und Wirt­schaftswaise ablesbar.Wo solche Zusammen­hänge erhalten geblieben sind, sind sie wichtige Dokumente der historischen Siedlungsform.

ln unserem Amt haben wir 1996/97 - in Zu­sammenarbeit von Inventarisation und Städte­baulicher Denkmalpflege - für zwei Einzelhof­siedlungen im Schwarzwald siedlungs- und baugeschichtliche Ortsanalysen erarbeitet.

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Untersucht wurde, welche Entwicklung die Siedlungen seit dem 18. Jahrhundert erfahren haben und wefche historischen Informationen im Bestand ablasbar sind. Von besonderem Interesse waren hier die räumlichen und funk­tionalen Zusammenhänge von Hof und Flur bei einer spezifischen Form der Bodennutzung.

Die Schildwende, ein Seitental des Jostals, ge­hört naturräumlich zu den Viertäler Wannen im Mittleren Schwarzwald (Hochschwarzwald), politisch zur Stadt Titisee-Neustadt. Durch das Jastal verläuft eine alte Wegeverbindung vom Gutachtal nach Norden zum Hohlengraben und von dort über die Wagensteige nach Freiburg. Das Schildwendetal steigt von der Einmündung ins Jastal (ca~ 850 m ü. M.) nach Westen hin stetig an und gabelt sich am Talschluß. Die Tal­straße führt weiter zur Fürsatzhöhe (1 071 m ü. M.). Von hier aus bestehen Verbindungen zu den benachbarten Talern.

Noch um die Mitte des 13. Jahrhunderts dürfte es sich hier um eine unberührte Waldlandschaft gehandelt haben. Zu dieser Zeit war der Ausbau des Schwarzwalds schon weitgehend ab­geschlossen. Vor. allem die Klostergründungen der Benediktiner in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts führten zu einer Ausweitung der Siedlungsfläche in die höheren Lagen. Das Jastal und seine Seitentäler gehörten dem Be­nediktinerinnenkloster Friedenweiler, das auf einem 1123 erworbenen Besitz gegründet wor­den war. Die· Besiedlung des Gebietes setzte erst im Ietzen Drittel des 13. Jahrhunderts ein, als die Grafen von Fürstenberg die weltliche Schirmherrschaft über das Kloster über­nahmen. 1280 gaben sie die Einwilligung zur Rodung und Besiedlung des nahegelegenen Tales Schollach. Die Schildwende wird erstmals

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1/ 1998 ALLGEMEINES

Abb. 1 Die Schildwende von Osten, im Vordergrund das Jostal

Abb. 2 Blick von Westen mit dem Ohlershof

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ALLGEMEINES

1316 urkundlich erwähnt: Prozeßakten nennen 16 "Freie" als Zeugen, darunter vier aus der Schildwende. Es ist davon auszugehen, daß die Fürstenbarger als Landesherren Leute aus ihren altbesiedelten Gebieten durch zeitlich befristete Siedlungsprivilegien dazu bewogen, die Taler zu erschließen. Über Art und Umfang der Frei­heit ist nichts überliefert.

Um die Mitte des 15. Jahrhunderts hatte die Besiedlung des Hochschwarzwalds ihre Gren­zen erreicht. Das rauhe Klima und die schlech­ten Böden erlaubten keine weitere Verdichtung. Im Gebiet des Klosters Friedenweiler waren 1529 in einzelnen Talern bis zu einem Drittel der Hofstellen verlassen. Offenbar reichte die Größe der Lehen für eine ertragbringende Landwirt­schaft nicht aus. Die Kleinlehen wurden darauf­hin zu größeren, wirtschaftlich lebensfähigen Hofgütern zusammengefaßt. Zu dieser Zeit wurde auch das Anerbenrecht, die geschlosse­ne Vererbung der Höfe, eingeführt und auf diese Weise der Besitz konsolidiert.

Die Höfe sind längs des Talwegs auf der son­nenzugewandten Seite des Tales aufgereiht. Zu jedem Hof gehört ein längsrechteckiges Grund­stück, in dem alle landwirtschaftlichen Flächen des Hofguts zusammengefaßt sind (Einödflur). Diese Flurstreifen erstrecken sich senkrecht zur Tatachse von Kamm zu Kamm über den Tal­grund hinweg. Jeder Hof hat damit Anteil an sämtlichen Bodenarten und Höhenlagen des Tales sowie an Sommer- und Winterseite (nörd­liche bzw. südliche Talseite). Das Tal ist in dieser Weise in neun nebeneinanderliegende Streifen ähnlichen Zuschnitts aufgeteilt.

Die Reihung der Höfe mit ihren Einödfluren ist charakteristisch für zahlreiche Taler des Hoch­schwarzwaldes. Nach dem bisherigen For­schungsstand ist diese Siedlungsform bis in die Zeit um 1500 zurückzuverfolgen. Es ist aller­dings nicht ausgeschlossen, daß schon die An­siedlung im Zuge des Landesausbaus in Form von Reihensiedlungen erfolgte und daß sich die frühneuzeitlichen Gehöftreihen daraus ent­wickelt haben.

Die historische Siedlungsstruktur in der Schild­wende kann bis ins ausgehende 18. Jahrhun­dert anhand von Flurkarten zurückverfolgt wer­den (s. Abb. 3).

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Kulturlandschaft

Es liegen eine Bannkarte aus dem Fürstlich Für­stenbergischen Archiv Donaueschingen, gefer­tigt um 1790, der badische Gemarkungsatlas von 1900 sowie Blätter der Deutschen Grund­karte,Ausgabe1995,vo~

Seit dem späten 18. Jahrhundert ist die Auf­teilung des Tales in neun nebeneinanderlie­gende Hofgüter und auch die Bezeichnung der Höfe gleichgeblieben. Die Flurstreifen wurden den natürlichen Gegebenheiten entsprechend in Abschnitte unterschiedlicher Nutzung unter­teilt. Die höchsten und damit entferntesten und steilsten Lagen nimmt der Wald ein (Winter­bzw. Sommerwald). Die Waldnutzung hatte im 18. Jahrhundert nur eine untergeordnete Be­deutung. Wichtigste Wirtschaftsgrundlage der Hofgüter waren Viehzucht und Ackerbau. Be­sonders auf der Sommerseite war der Wald durch Reuten, extensive Weidewirtschaft und Holzschlag bis auf wenige Restflächen unter­halb des Kammes zurückgedrängt worden. Die offene Flur wurde als Weide und Ackerland in Form der Feldgraswirtschaft genutzt. ln den Ur­baren des 18. Jahrhunderts sind diese Flächen als "Weid- und Wechselfelder" aufgeführt; diese wurden im Wechsel als Acker und Weide ge­nutzt. Die Äcker wurden auf trockenem, mög­lichst flachem Gelände angelegt; auf der Som­merseite lagen sie neben oder oberhalb der Höfe. Sie dienten zur Deckung des Eigen­bedarfs an Brot- und Futtergetreide und an Kar­toffeln. Im feuchten Talgrund liegen die Wiesen (Matten). Noch heute werden sie zweimal, im Frühsommer und Herbst, gemäht. Sie wurden z. T. auch künstlich bewässert, um eine häu­figere Heumahd zu ermöglichen. Besondere Be­deutung hatten die vom Hof aus berieselten Hausmatten.

Die Höfe liegen auf der nördlichen Talseite (Sommerseite), oberhalb der Wiesen. Das zwei­geschossige Höhenhaus, dessen Bauform bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, steht meist senkrecht zum Hang, mit dem Wohnteil zum Berg und dem Stall zum Tal. Auf beiden Schmalseiten ist es tief abgewalmt. Im mächtigen Dach ist der Heubergeraum unter­gebracht. Die i...age des Hauses am Hang er­laubt es, ihn von der Bergseite aus mit Fuhr­werken zu befahren. Die Höfe bildeten weit­gehend autarke Wirtschaftseinheiten. Um das

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Das Schildwendetal im historischen Wandel

Quellen Furstl Furst Arc1v Generalland.,sarchiv Amtl Top Karten

GIS B~rg1t S Neuer, 1997

Kilometer

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Abb. 3 Das Schildwendetal im historischen Wandel

• Gebäude

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ALLGEMEINES

Wald

Grünland

Hausgarten

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Wald

Weid~ und Reutfeld

Daueracker

Wiese und Grasland

Hausgarten

Hofreithe

Wald

Wechselacker und Weide

Daueracker

Wiese bzw. Matte

Hausgarten

Hofreithe

---~ Hofgutgrenze

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ALLGEMEINES

Hofgebäude selbst entstand eine Gruppe von Nebengebäuden, die für die eigenständige Be­triebsweise von Bedeutung waren: Frucht­speicher, Mühlen, auch Hofkapellen und mit­unter ein eigenes Leibgedinghaus.

Um 1900 ist eine deutliche Zunahme des Wald­anteils festzustellen. 1812 wurden alle Privat­waldungen im Bezirksamt Neustadt der Aufsicht der fürstenbergischen Revierförster unterstellt; nur noch von ihnen angewiesenes Holz durfte geschlagen werden. 1833 wurde das Großher­zogliche Badische Forstgesetz erlassen, das die planmäßige Bewirtschaftung der Waldungen anordnete: Wald und Weide wurden vonein­ander abgegrenzt, das Weiden von Schafen und Ziegen im Wald verboten, Ausstockungen untersagt und Kahlhiebe von der Erlaubnis der Fortsbehörde abhängig gemacht. Mit steigen­den Holzpreisen im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach 1870 gewann der Bauern­wald gegenüber den Weiden an Wert. Da man die Viehhaltung vom extrem langen Weidegang auf eine erweiterte Stallfütterung umgestellt hatte, konnten die Weideflächen reduziert wer­den; die höhergelegenen Flächen wurden auf­geforstet. Die Entwicklung der bäuerlichen Waldwirtschaft hatte weitere Auswirkungen: 1900 finden wir bei jedem Hof eine eigene Säge sowie ein ausgebautes System von Teichen und Kanälen, das das Tal durchzog.

Bis in die ?Oer Jahre unseres Jahrhunderts wur­den weitere Flächen aufgeforstet, so daß der Wald in einzelnen Abschnitten bis in den Tal­grund hinabreicht Heute ist man bestrebt, das für das Landschaftsbild charakteristische Grünland offenzuhalten. Der Anteil des Acker­bzw. Feldgraslands war vom Ende des 18. Jahr­hunderts bis nach dem Zweiten Weltkrieg an­nähernd gleich geblieben. Seit den 70er Jahren wird nur noch vereinzelt Ackerbau betrieben; die Flächen sind meist dem Grünland angeglie­dert. Die Lage der ehemaligen Äcker ist im Gelände z. T. noch ab lesbar (Ackerterrassen). Zwischen Wiesen und Weideflächen besteht in­zwischen keine gleichbleibende Abgrenzung mehr. Die Weiden werden zur Heugewinnung mit herangezogen.

Der Vergleich der Zustände um 1790, 1900 und heute zeigt, daß wesentliche Merkmale der

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Kulturlandschaft

historischen Siedlungsstruktur seit dem 18. Jahrhundert erhalten bzw. abtesbar geblie­ben sind: die Aufteilung des Tales in neun nebeneinanderliegende Hofgüter, die hangpar­allele Gliederung der einzelnen Parzellen, der Standort der Hofgebäude (mit Ausnahme des Gaisbauernhofs am Talschluß). Die vorgefun­denen Veränderungen in der Nutzung der land­wirtschaftlichen Flächen - die Zunahme des Waldanteils und die Aufgabe der Äcker- sind im gesamten Schwarzwald zu verzeichnen. Be­merkenswert ist, daß in der Schildwende keine Veränderungen durch Flächenausweisungen für neue Nutzungen (Wohn- oder Gewerbegebiete, neue Straßentrassen o. ä.) erfolgt sind und daß seit 1900 - trotz einzelner Aufforstungen - ein Gleichgewicht zwischen Wald und Grünland beibehalten wurde. Auch der bauliche Bestand an Höfen und Nebengebäuden - Kapellen, Speichern, Mühlen und Sägen - ist hier bemer­kenswert gut erhalten geblieben, ebenso die meisten Teiche.

Die Schildwende ist damit ein besonders an­schauliches Beispiel einer Einzelhofsiedlung mit streifiger Besitzparzeliierung und eines der we­nigen Taler im Hochschwarzwald, in denen die traditionelle Siedlungsform in diesem Umfang ab lesbar geblieben ist. Aus fachlicher Sicht sind daher nicht nur die einzelnen Höfe mit ihren Nebengebäuden erhaltenwert, sondern das Tal als Gesamtanlage.

Die Schutzmöglichkeiten sind allerdings be­schränkt: Eine Unterschutzstellung des Tales als Gesamtanlage auf der Grundlage des Denk­malschutzgesetzes kann nur von seiten der Ge­meinde- durch kommunale Satzung- erfolgen. Die Gemeinde möchte den Bewohnern des Tales keine zusätzlichen Einschränkungen auf­erlegen: Die meisten Höfe stehen bereits als Kulturdenkmale unter Denkmalschutz, das ge­samte Tal unter Landschaftsschutz. Tatsächlich stellt sich die Frage, ob hier ein weiterer Schutz durch die Denkmalpflege erforderlich ist. Nach der Verordnung für das Landschaftsschutz­gebiet "Hochschwarzwald" ist es verboten, Ver­änderungen vorzunehmen, die "die Landschaft verunstalten oder die Natur schädigen oder den Naturgenuß beeinträchtigen". Bei der Be­urteilung einzelner Vorhaben auf dieser Grund­Jage stehen für .den Naturschutz Iandschafts-

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ästhetische und ökologische Gesichtspunkte im Vordergrund. Zu den spezifischen Aufgaben der Denkmalpflege gehört es, auf den historischen Zeugniswert überlieferter Elemente und Struk­turen aufmerksam zu machen. Überschnei­dungen hinsichtlich der Erhaltungsziele sind aber offensichtlich; ein fachlicher Austausch und eine enge Zusammenarbeit der beiden Bereiche bieten sich an.

Unabhängig von einer förmlichen Unterschutz­stellung kann das fachliche Gutachten der Denkmalpflege in Form einer siedlungs- und baugeschichtlichen Ortsanalyse zur Erhaltung der Siedlung beitragen: Der Gemeinde, den Eigentümern und den mit dem Tal befaßten Fachbehörden werden umfassende Informatio­nen über die Wertigkeit der Siedlung und ihrer Bestandteile an die Hand gegeben. Diese Infor­mationen können bei kommunalen oder pri­vaten Planungen in diesem Bereich genutzt werden und in die Beurteilung von Vorhaben durch die zuständigen Behörden einfließen.

ALLGEMEINES

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Bader, Karl Siegfried: Das Benediktinerinnenkloster Friedenweiler und die Erschließung des südlichen Schwarzwaldes. Donaueschingen, 1938. (Veröffent­lichungen aus dem Fürstlich Fürstenbergischen Archiv, H. 2)

Habbe, Karl Albert: Das Flurbild des Hofsiedlungs­gebietes im Mittleren Schwarzwald am Ende des 18. Jahrhunderts. Bad Godesberg, 1960. (For­schungen zur deutschen Landeskunde, 118)

Schnitzer, Ulrich; Meckes, Franz u. a.: Schwarz­waldhäuservon gestern für die Landwirtschaft von morgen. Stuttgart, 1989. (Arbeitsheft_ des Landes­denkmalamtes Baden-Württemberg, 2)

Strobel, Richard u. Buch, Felicitas: Ortsanalyse. Zur Erfassung und Bewertung historischer Be­reiche. Stuttgart, 1986. (Arbeitsheft des Landes­denkmalamtes Baden-Württemberg, 1)

Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland: Denkmäler und kultu­relles Erbe im ländlichen Raum (Arbeitsblatt). ln: Das Dorf im Wandel. Denkmalpflege für den länd­lichen Raum. Bann, 1988. (Schriftenreihe des Deut­schen Nationalkomitees für Denkmalschutz, 35)

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ALLGEMEINES

Mit GIS gegen das Vergessen? Spuren in der Landschaft -

Kulturlandschaft

zu ihrer lnventarisierung mit GIS-Anwendung: Ein Fallbeispiel aus dem Mittleren Schwarzwald

Birgit S. Neuer

Seit sie vor einigen Jahren aus dem Olymp der Großrechenmaschinen herabgestiegen sind auf die Schreibtischoberflächen der Tischrechner haben Geographische Informationssysteme eine äußerst rasche Verbreitung gefunden. Die in ihrer Funktionalität reduzierten Desktop-GIS­Programme sind leichter zu bedienen als ihre großen Geschwister, und sie sind bezahlbar ge­worden für einen erweiterten Kreis von Benutze­rinnen. Entscheidungen werden heute zu~

nehmend auch auf der Basis räumlicher Gege~ benheiten und Bezüge gefällt, ob nun als Folge oder Ursache der enormen Vermehrung raum~ bezogener Daten sei dahingestellt. Die Her­steller Geographischer Informationssysteme jedenfalls können teilweise auf jährliche Wachs­tumsraten von mehr als 20 % blicken.

Die Erfolgsstory der GIS~Anwendungen spielt auch vor dem Hintergrund einer neuen Sensibi­lität gegenüber dem Raum. Die Globalisierungs­debatte wird in der Öffentlichkeit und quer durch die Fachdisziplinen geführt. Es "räumelt" in vielen Fachbereichen außerhalb der Geogra­phie, Landschaft ist wieder zum Thema gewor­den und innerhalb der Geographie wird eine rege theoretische Diskussion um Raum und Räumlichkeit geführt (1 ), in deren Gefolge sich inzwischen manche auch mehr empirische und methodische Umsetzungen wünschen würden.

ln seinem Kern ist ein GIS eine raumbezogene Datenbank. Dank ihrer Flexibilität finden Geo­graphische Informationssysteme mittlerweile in den verschiedensten Bereichen Anwendung. Für dieses, sehr verschieden gestaltbare und anpassungsfähige Handwerkszeug scheinen die Einsatzmöglichkeiten fast unbegrenzt zu sein, vorausgesetzt es sollen raumbezogene

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Daten verarbeitet werden (2). Die zahlreichen GIS~Produkte die auf dem Markt sind, erweitern die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten zu­sätzlich. So hat der Erfolg und die ständige, rasche Weiterentwicklung dieser Technologie bereits zu einer Unübersichtlichkeit geführt, die eher dazu geeignet ist, Verwirrung anstatt Klar­heit zu stiften.

Thema meines Vortrags im September 1997 war es aufzuzeigen, wie ich im Gebiet des Mittleren Schwarzwaldes ein GIS im Bereich der anwen­dungsorientierten historischen Kulturland­schaftsforschung in den Spannungsfeldern zwi­schen Grundlagenforschung und Anwendungs­bezug sowie zwischen Geographie und Denkmalpflege einsetze. Ich werde mich auf die beiden Aspekte meiner Ausführungen be­schränken, die sich mit der materiellen Seite der Landschaft und der "klassischen" historisch­geographischen Methodik befaßt haben, den Fragen zur lnventarisierung und zum Land­schaftswandel, möchte aber gleichzeitig darauf hinweisen, daß das Potential, das in einem GIS steckt, weitaus größer ist.

Daß die methodische Ausarbeitung eines GIS je nach Fragestellung und Gegenstand logischer­weise sehr unterschiedlich ausfallen muß, haben die einzelnen Tagungsbeiträge, die einen Bogen zwischen Ruht gebiet und Schwarzwald gespannt haben, sehr deutlich gezeigt. Auch in bezug auf die "Super-Technologie" GIS be­stimmen Fragestellung und Gegenstand die Methoden. Die Landschaft des Mittleren Schwarzwaldes in ihrem Wandlungsprozeß zu beobachten und ihre Eigenart zu begründen, das Beziehungsgefüge zwischen der Bevölke­rung und ihrer Umwelt genauer zu verstehen,

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)

1/1998

Siedeibach 1789 Gemeinde Eck- und Siedeibach

• Wald

[J Feldgrasland

• Acker

0 W1ese

l-l Hofreithe

• Teich

- Bach t Kanal

c=o Straße f Weg

0 Hofgutgrenze

• Hofgebaude

Ma&stab in Kilometer ~-·-J.-=.:--:---=3

0 ,2 ,4 ,6

ALLGEMEINES

Abb. 1 Gemeinde Eck- und Siede/bach, Querschnitt 1789 (siehe auch Abbildungen im Beitrag Roth)

Siedeibach 1898 Gemeinde Breitnau

II Wald

D Feldgrasland

II Acker

D Wiese

D Hofreithe

B Teich

- Bach I Kanal

c::t Straße I Weg

D Hofgutgrenze

• Hofgebaude Nebengebaude

Abb. 2 Gemeinde Breitnau, Querschnitt 1898

• Wald

O Grünland

[] Hofreithe

• Teich

- Bach I Kanal

c:::::::t Straße I Weg

- linienhafte Spur

• Punkthafte Spur

O Hofgutgrenze

Siedeibach 1997 Spureninventar

• Hofgebaude

Ma&stllb ln Kilometer F-""-"-:r--:=:::::_:_ T -=::. ~~--; 0 ,2 ,4 ,6

Abb. 3 Spureninventar Siedeibach 1997

Beatbildung Beg~ S Neuer. 1997

Quelle· Amll Topographooche Kar1en Baden-Württamberg

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ALLGEMEINES

um damit über diejenigen Faktoren und Pro­zesse Aussagen machen zu können, die ihren sichtbaren Niederschlag in der Landschaft fin­den, ist die umfassende Fragestellung, in die das Kulturlandschafts-GIS zum Mittleren Schwarzwald eingebunden werden soll. Der An­satz für dieses GIS ist daher ausgerichtet auf die Verhältnisse im ländlichen Raum Schwarzwald und ist zu lesen als mögliche Anregung für die Ausarbeitung anderer Geographischer lnfor­mationssysteme. Denn ein Patentrezept wird es nicht geben können.

Unter dem Schutz des Hofgüterrechts, das im Mittleren Schwarzwald seit der frühen Neuzeit bis heute eine geschlossene, ungeteilte Hof­übergabe verlangt, ist eine eigene Form zu wirt­schaften, eine eigene soziale Lebensweit und als Folge dieser Faktoren ein unverwechsel­bares, historisch geprägtes Landschaftsbild entstanden. Die berühmten Schwarzwaldhöfe, die Mensch und Vieh unter einem Dach beher­bergen, reihen sich in der Regel in den Gebirgs­tälern in einer losen Kette von Gebäuden auf. Auf der zum Hof gehörenden Flur, die als arron­dierter Besitz in Form eines breiten, quer zum Tal verlaufenden Streifens an den Hof an­geschlossen ist, finden sich verstreut noch Berghütten, in Hofnähe weitere Nebengebäude und in Wassernähe Mühlen und Sägen. Die als Familienbetriebe geführten Hofwirtschaften ba­sierten (und basieren noch heute) auf einer aus­geprägten Viehwirtschaft, der Ackernutzung und Waldnutzung untergeordnet waren. Daraus ergab sich eine charakteristische Abfolge der Bodennutzungen bei der sich der Wald nur auf den Bergkämmen erstreckte, hangabwärts Weiden und Äcker folgten, die in Bachnähe abgelöst wurden von den häufig auch be­wässerten Wiesen (Abb. 1 und Abb. 2).

ln ihrer Grundstruktur sind diese Bilder zwar immer noch erhalten, aber die Landschaft ver­liert hier wie anderswo mehr und mehr ihr histo­risch entstandenes Gesicht, im Schwarzwald nicht zuletzt dank der modernen Agrarwirt­schaft, die unter EU-Bedingungen arbeiten muß. Die Zahl der Hofgüter hat sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts um mehr als 60% verrin­gert und dort, wo sie noch bestehen, unterliegt die Landschaft einem Ausräumungsprozeß, der die unrentablen Äcker ebenso verschwinden

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Kulturlandschaft

läßt wie alte Bewässerungsstrukturen oder historische Gebäude.

Das GIS als Instrument der Spurensicherung

Dem Verlust an historischen Spuren begegnet die Denkmalpflege wie die historische Kultur­landschaftsforschung bekanntlich mit der lnventarisierung des noch Vorhandenen. ln der Geographie sind die methodischen Schwierig­keiten bei der Kulturlandschaftsinventarisierung bisher jedoch nicht wirklich zufriedenstellend gelöst worden. Wie die Einbindung der einzel­nen Landschaftselemente in größere Zusam­menhänge- und erst dann ist der Sprung vom Einzelelement über das Ensemble zur Land­schaft vollzogen (3) - methodisch zu erfassen sei, blieb eine nicht wirklich beantwortete Frage. Mit einem objektbezogenen GIS lassen sich die historischen Spuren in der Landschaft . in verschiedenen Kategorien und Klassen auf­nehmen, zugleich aber auch verwalten, be­arbeiten, analysieren und in visueller Form dokumentieren.

Die Erfassung der historisch entstandenen Landschaftselemente im Bereich der gebauten Umwelt geschieht für das Gebiet des Mittleren Schwarzwaldes auf der Ebene der Einzelele­mente. Das wären beispielsweise Gebäude und Wege, aber auch Relikte wie Reste ehemaliger Bodennutzungsgrenzen wie Ackerterrassen, historisch entstandene Wasserbauten usf. Eine Datenerhebung, bei der die historischen Spuren bereits in Kategorien vorsortiert und zusam­mengefaßt sind, wie es für andere Regionen geradezu notwendig ist, ist im Hofgütergebiet, das sich durch eine weite Streuung der Ele­mente auszeichnet, weniger sinnvoll.

Die weitere Bearbeitung wie die genauere Beschreibung und eine Einordnung der Einzel­elemente in größere Zusammenhänge und Kategorien beispielsweise in Funktionsbereiche wie Siedlung, Gewerbe oder ihre ursprüngliche und heutige Nutzung, Erhaltungszustand etc. (4) erfolgt in der Datenbank des GIS. Durch diese Form der Datenaufnahme und Datenspeiche­rung ist gewährleistet, daß innerhalb des GIS die einzelnen Objekte im Sinne der Denkmal-

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pflege weiter bearbeitet werden könnten, wäh­rend sich die Geographie aus einer auf die Landschaft ausgerichteten Perspektive den Be­ziehungsgefügen widmet. Der Datenbestand kann kontinuierlich ergänzt werden.

Das Inventar bietet die verschiedensten Mög­lichkeiten für Abfragen und deren Präsentation in kartographischer Form, letztere z. B. als Teil­ansichten oder als Volldarstellungen (Abb. 3).

Nicht zuletzt als Basisinformation für die karto­graphische Darstellung werden auch die Bodennutzungsformen in die GIS-Datenbank aufgenommen. Auf die Erhebung und Be­arbeitung der Bodennutzungsformen zu ver­zichten, würde darüber hinaus der stark agra­risch geprägten Landschaft des Mittleren Schwarzwaldes nicht gerecht werden. Die bild­hafte Erscheinung des Hofgütergebietes lebt von diesem Zusammenspiel von gebauter und grüner Umwelt. Schließlich ist es Sinn und Zweck eines Inventars sich auf historische Gegebenheiten aus "beiden Umwelten" zu be­ziehen. Inventare erfassen in der Regel auch in die gebaute Umwelt eingebrachten Reste alter Bodennutzungsformen, deren Analyse und Dar­stellung ohne eine Bezugnahme auf die histo­rischen Wirtschaftsweisen und deren Einfluß auf das Landschaftsbild unvollständig wäre.

Ein Spureninventar ohne Einbeziehung der historischen Gegebenheiten und Entwicklungen ist verständlicherweise nicht denkbar. Für eine rein praxisorientierte Ausrichtung des GIS würde jedoch m. E. ein derartiges Inventar, er­gänzt durch erläuternde Texte ausreichen. Das Inventar kann aber auch erweitert werden um eine tiefergehende historisch-geographische Analyse.

Das GIS als historisches Archiv

Die Frage nach dem .,wie war es denn damals wirklich?" ist der treibende Motor jeder histo­risch ausgerichteten Forschung. Um den wirt­schaftlichen und sozialen Lebensverhältnissen näher zu kommen, wird in der Geschichts­wissenschaft längst mit Datenbanken gearbei­tet. Über sogenannte Längs- und Querschnitte findet die historische Geographie ihren metho­dischen Zugang zur Rekonstruktion früherer

ALLGEMEINES

Lebenswelten und Landschaften. Den mentalen Geschichtsbildern auch eine visuell sichtbare Ergänzung zu geben, ist, glaube ich, nicht nur auf der (museums)didaktischen Ebene ein Er­kenntnisgewinn.

Um der historischen Tiefe willen, sind für das Hofgütergebiet zwei historische Querschnitte, einer für das ausgehende 1 9. Jahrhundert (Abb. 2), einer für das ausgehende 18. Jahrhun­dert {Abb. 1 ), angelegt worden. Bei der Rekon­struktion des Landschaftsbildes wurde auf die bewährten Quellen, alte Gemarkungspläne z. T. ergänzt durch Urbare, zurückgegriffen, die nun in digitaler Form vorliegen. Die Urbare und an­dere historische Quellen füllen den Bereich der Datenbank, der sich den Wirtschafts- und Sozi­algeschichtlichen Verhältnissen widmet.

Der große Gewinn, ein GIS als historisches Archiv zu nutzen, ist, daß auf diese Weise bewährte Methoden der Forschung in einem Sy­stem zusammengebunden werden. Dazu zählen sowohl die Datenbanken der Wirtschafts- und Sozialgeschichte wie die historisch-geogra­phischen Querschnitte, Darstellungen des Landschaftswandels u.a.m. Aus den GIS-Ab­fragen heraus können direkt Karten und, wenn die technischen Einrichtungen ausreichen, auch dreidimensionale Geländemodelle entstehen.

Festzuhalten bleibt allerdings, daß jede Visua­lisierung auf der Basis eines GIS das Produkt einer Datenbankabfrage ist. Wer "nur" eine ein­malige kartographische Darstellung historischer Gegebenheiten braucht, sollte sich m. E. auch weiterhin auf die klassische Kartographie ver­lassen. Geographische Informationssysteme sind nicht zum Zeichnen einzelner Karten ent­wickelt worden. Ein GIS ist eine umfassende Anwendung, gemacht für ein ständiges Arbeiten mit den gesammelten Daten, so daß die Karten ein Baustein unter vielen Analyseschritten sind.

Das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten historischer Karten, insbesondere in Verbindung mit einem GIS, reicht aber weit über die be­kannten Bereich der Tourismusbranche und der Didaktik hinaus. Auf den Tagungen und Work­shops der Arbeitsgruppe "Angewandte Histo­rische Geographie" ist immer wieder diskutiert worden, wo und wie die Geographie ihre Exper­tise für den Erhalt schutzwürdiger Landschaften

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ALLGEMEINES

einbringen kann. Wenn sich die historische Geographie in die politische Auseinander­setzung im Sinne der Landschaft einmischen will (und soll!), muß sie den Anforderung moder­ner Raumentwicklung und Planungspolitik ge­wachsen sein. Um dabei zu sein bei der Gestal­tung der Planung muß die Geographie in der Lage sein (1) Fakten und Daten bereitzustellen, (2) Analysen zu liefern, (3) Argumente parat zu haben und (4) Dokumentationen vorzuweisen. Für alle diese Aufgaben kann auf ein Geogra­phisches Informationssystem zurückgegriffen werden, das als ständig veränderbares und er­weiterbares Hilfsmittel mehr ist als ein reines Hardware- oder Softwareprodukt Geogra­phische Informationssysteme sind wohl eher zu betrachten als eine Art Prozeß einer ver­besserten, fundierteren Entscheidungsfindung.

Epilog

Abschließen möchte ich meinen Beitrag mit dem Hinweis, daß auf dem Geographentag in Bonn beschlossen wurde, das Internet-GIS­Tuterial von Roland Stahl als Gemeinschafts­projekt weiterzuführen. Verschiedene Autoren und Autorinnen haben die Ausarbeitung und Be­treuung einzelner Abschnitte übernommen. Seit Januar 1998 sind die neuen Seiten auf dem Netz, die nach Bedarf ergänzt und überarbeitet werden. Wer also mehr wissen will über Geogra-

36

Kulturlandschaft

phisehe lnformationssysteme, dem empfehle ich mal "vorbeizusurfen" auf: http://www.home.ivm.de/-Roland.Stahl/ g istutor /i ndex. htm

Anmerkungen

(1) So zum Beispiel die Diskussion, die in der angel­sächsischen "New Regional Geography" geführt wurde oder die Thesen zur "Time-Space-Compres­sion" von David Harvey, die Auseinandersetzung um eine "Geographie ohne Raum", angestoßen durch Benne Werlen und nicht zuletzt Edward Sojas Ansatz zu ersten, zweiten und dritten Räu­men.

(2) Bei der breiten Palette der Manipulationsmög­lichkeiten bei Visualisierungen fällt den Anwende­rinnen auch große Verantwortung zu!

(3) Vgl. hierzu Denzer, Vera (1995): Relikte und per­sistente Elemente einer ländlich geprägten Kultur­landschaft mit Vorschlägen zur Erhaltung und methodisch-didaktischen Aufbereitung am Beispiel von Waldhufensiedlungen im Südwest-Spessart. Mainz.

(4) Ich habe mich hierbei insbesondere an der Ver­gehensweise der Denkmalpflege und der Arbeit von Thomas Gunzelmann (1987): Die Erhaltung der historischen Kulturlandschaft. Samberg und von Vera Denzer {1995): Relikte und persistente Ele­mente einer ländlich geprägten Kulturlandschaft mit Vorschlägen zur Erhaltung und methodisch­didaktischen Aufbereitung am Beispiel von Waldhu­fensiedlungen im Südwest-Spessart. Mainz, orien­tiert.

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1/1998 ALLGEMEINES

Aufbau eines Kulturlandschaftskatasters für das Modellgebiet Essen-Nordost. Vorstellung des Forschungsprojektes des Seminars für Historische Geographie der Universität Bonn

Rolf Plöger

Problemstellung und Zielsetzung

Aufgaben zum Kulturlandschaftsschutz und zur Kulturlandschaftspflege setzen historisch be­zogene, flächendeckende lnventarisierungen von Kulturlandschaftsbestandteilen und -berei­chen als Grundlage für Analysen, Bewertungen, Planungen und Konzepte voraus. Für ein histo­risch-geographisches Kulturlandschaftska­taster sind u. a. lnventarisierungen im Rahmen historisch-geographischer Landesaufnahmen im Maßstab 1 :25 000 und größer erforderlich (Fehn; Schenk S. 479.w vgl. Denecke S. 42). Ein effizientes Instrument für solche Inventari­sationsaufgaben sind Geographische Infor­mationssysteme (GIS), die auch spezifische Funktionalitäten für räumliche und statistische Analysen bereithalten, repräsentative the­matische Kartenausdrucke ermöglichen und somit Informationen zur Kulturlandschaft er­schließen und effektiv für Aufgaben auf unter­schiedlichen Arbeits-, Planungs- und Ent­scheidungsebenen nutzbar machen können (Piöger S. 118f.). ln einem GIS wird die kom­plexe Kulturlandschaft in geometrischer und se­mantischer Hinsicht modellhaft beschrieben. Relevante Informationen, die als Daten im GIS gespeichert und bearbeitet werden sollen, sind dazu anwendungsorientiert durch geeignete Datenschemata zu systematisieren und zu kon­kretisieren.

Der vorliegende Beitrag berichtet über den Aufw bau eines GIS-gestützten Kulturlandschaftsw katastersfür ein Modellgebiet im Nordosten von Essen, im Bereich des auf Gelsenkirchener Ge-

biet hinüberreichenden fast 1 400 ha großen Grubenfeldes Zollverein. Über die Entwicklung der Bergbaulandschaft Zollverein hat der Ver­fasser anhand mit GIS erarbeiteter Karten auf dem Workshop der Arbeitsgruppe für An­gewandte Historische Geographie am 24.09.1997 in Essen vorgetragen, ein entspre­chender umfangreicherer Beitrag wird in der Siedlungsforschung Band 16 veröffentlicht wer­den. An dieser Stelle wird darum ein Schwer­punkt auf methodische GISwAspekte gelegt. Eingesetzt wird das vektororientierte Pro­grammsystem Atlas*GIS mit relationaler Sach­datenbank.

Quellen, Daten und Vorgehensweise

Als Datengrundtage für die Beschreibung der Kulturlandschaft im Modellgebiet Essen-Nord­ost steht ein Auszug aus der digitalen Flächenw nutzungskartierung des Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR) für das Jahr 1995 zur Ver­fügung. Diese Kartierung grenzt ausschließlich Flächen nach etwa 150 Nutzungskriterien im Bearbeitungsmaßstab 1 : 5 000 flächendeckend ab. Der Detaillierungsgrad ist bestimmt durch die Aufgaben des KVR; beispielsweise sind Verkehrswege bis herunter zum Fußweg diffe­renziert und netzartig als flächenhafte Ver­bindungen, hingegen Wohnbebauungen im Siedlungsbereich (nach dem Merkmal "Ge­schoßanzahl" abgegrenzt) und Zechenkom­plexe vielfach nur als größere Flächeneinheiten ohne weitere Aufgliederung erfaßt. Daher müs-

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ALLGEMEINES

sen - abhängig von jeweiligen Fragestellungen und zuzuordnenden Merkmalen - entspre­chende Flächen durch "Verschneiden" weiter aufgeteilt werden.

Die historisch-genetische Erfassung der Kultur­landschaftsentwicklung im Modellgebiet soll zu­rückgehen bis zur Situation um die Mitte 19. Jahrhunderts, als im Jahre 1847 der erste Schacht der "Zollverein" genannten Zeche auf einem Acker unmittelbar südlich der im selben Jahr in Betrieb genommenen Köln-Mindener Eisenbahn- der ersten Eisenbahnstrecke durch das spätere Ruhrgebiet - abgeteuft wurde und die Umgestaltung der noch agrarisch geprägten Kulturlandschaft zur Bergbaulandschaft be­gann. Die preußische Uraufnahme von 1842 und das seit der Neuaufnahme von 1892 fort­geführte topographische Kartenwerk werden neben weiteren einzelnen Karten und Plänen als wesentliche Kartenquellen für diesen Zeitraum ausgewertet. ln ratregressiver Betrachtungs­weise werden die Flächennutzungen von 1995 (KVR) mit älteren Zeitschnitten verglichen und Veränderungen im GIS erfaßt. Hinzu kommen Erkenntnisse aus Auswertungen von schrift­lichen Quellen und Literatur und nicht zuletzt aus der Landesaufnahme vor Ort. Neben Nut­zungsänderungen werden auch wesentliche Veränderungen des Erscheinungsbildes, des Aussehens oder der Gestaltungsform erfaßt, z. B. Umgestaltungen von Tagesanlagen einer Zeche durch Neubauten oder von alten Berg­arbeiterhäusern durch moderne An- und Um­bauten. Dies bedeutet im GIS, das Unter­suchungsgebiet in geometrischer Hinsicht mosaikartig und flächendeckend in einzelne Flächenelemente so zu unterteilen bzw. zu ver­schneiden, daß die einzelnen als GIS-Objekte gespeicherten Flächenelemente bezüglich zu­geordneter Merkmale homogen sind. Anders formuliert: Jedes Flächenelement unterscheidet sich von seinen Nachbarn in wenigstens einem Merkmal. Als Sachdaten zu speichernde Merk­male sind hier die Zeitstellung (ZEIT), die Funk­tion oder Nutzung (kurz: FUNKTION) und Verän­derungen von Erscheinungsbild, Aussehen oder Gestaltungsform (kurz: FORM).

Die Daten des Kulturlandschaftskatasters sollen auf Ausprägung und Strukturen der gegenwär­tigen Kulturlandschaft hin ausgerichtet sein.

38

Kulturlandschaft

Daher gilt hinsichtlich der historischen Tiefe als "Leitlinie", daß gegenwärtig landwirtschaftlich genutzte Bereiche, Wald- und Grünflächen sowie Verkehrswege in ihrer Entwicklung bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, Sied­lungsbereiche bis zur Erstbebauung und Indu­striegebiete bzgl. ihrer Ausdehnung und bis zur vorletzten Veränderung zurück verfolgt werden. Neben den von der flächendeckenden Daten­grundlage des KVR ausgehenden Flächenele­menten werden weitere GIS-Objekte als Flä­chen-, Linien- und Punktelemente gespeichert, um erkannte Strukturen oder bedeutende Ein­zelelementefassen zu können. Hinzu kommen auch Daten aus dem Biotopkataster der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten (LÖBF) und aus dem Denkmalverzeich­nis der Stadt Essen.

Für systematische Erfassungen in Datenbanken sind für die Merkmale FUNKTION und FORM geeignete Typisierungen und Codierungen vor­zunehmen. Hierzu gehen weitere Überlegungen davon aus, daß Kulturlandschaftselemente und -bereiche üblicherweise bestimmten Funktions­bereichen wie Siedlung, Landwirtschaft, Indu­strie usw. zugeordnet werden. Innerhalb solcher Funktionsbereiche wird eine Gliederungsstruk­tur zugrunde gelegt, die im Sinne einer kultur­landschaftsräumlichen Gliederung in hier­archischer Abstufung nach dem Objektklassen­prinzip baumartig zum einzelnen Objekt führt. Im Ergebnis werden alle in Frage kommenden GIS-Objekte durch eine Gliederung über 5 Ord­nungsstufen mit 5-stelligem numerischem Funktionscode für das zu speichernde Merkmal FUNKTION in einem "Objektkatalog" erfaßt. Ein Beispiel zeigt Tabelle 1 , auszugsweise für den Funktionsbereich 60000 "Bergbau, Gewerbe, Industrie".

Die seitens des KVR benutzte Codierung der Flächennutzungen wird auf diesen Funktions­code hintransformiert und fortgeschrieben. Der Objektkatalog soll desweiteren, über das Modellgebiet hinaus für die gesamte Kulturland­schaft erweitert, ein Beitrag für den von D. Oe­necke geforderten terminologischen Rahmen sein ( Denecke S. 43). Für die Codierung der Ver­änderung des Merkmals FORM ist ein 1-stelliger Formcode vorgesehen (Tabelle 2).

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1/1998 ALLGEMEINES

60000 Bergbau, Gewerbe, Industrie 61212 Schachtanlage

61000 Bergbau 61213 Betriebsbauten

61100 Steinkohlenabbau, frühe Formen 61220 Zechenbahnhof

61200 Zechen Steinkohlenabbau (Tiefbau} 61230 Nebengewinnungsanlage

61210 Tagesanlagen 61240 Aufschüttung, Abgrabung

61211 Förderturm, Schachtzugang 61250 Freifläche, Lagerplatz

Tab. 1 Auszug aus dem Objektkata/og, Funktionsbereich "Bergbau, Gewerbe, Industrie". Die Liste ist einspaltig zu lesen.

Formcode: Veränderung der Form:

a) vorhergehender Funktionscode bleibt erhalten:

0 Persistenz: FORM unverändert; auch erstmals erfaßtes bzw. Neues Element

1 Relikt: FORM unverändert oder nicht wesentlich verändert

2 Relikt: FORM wesentlich verändert

3 lnwertsetzung: ursprüngliche FORM (weitgehend) wiederhergestellt

4 Element von neuer FORM (Umbau, Neubau)

5 Element verschwunden (Punkt- oder Linienelement) oder wüst gefallen (Fiächenelement)

b) vorhergehender Funktionscode ändert sich:

6 Umnutzung: FORM unverändert oder nicht wesentlich verändert

7 Umnutzung: FORM teilweise erhalten, wesentliche Bestandteile übernommen

8 Rekonstruktion eines verschwundenen Elementes: ursprüngliche FORM angestrebt

9 Element von neuer FORM mit historischem Bezug zum verschwundenen Element

Tab. 2 Beschreibung Formcode mit Bezug auf Funktionscode

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ALLGEMEINES Kulturlandschaft

Funktionscode und Formcode werden aus datenbankspezifischen Gründen zusammen als 6-stelliger Code (5-stelliger Funktionscode er­weitert um 1-stelligen Formcode), die Zeit­stellung als 4-stellige Jahreszahl in entspre­chenden Datenfeldern von Sachdateien gespei-

chert. Tabelle 3 beschreibt die eingerichteten Datenfelder, Tabelle 4 zeigt beispielhaft einen Auszug aus der Datenbank. Auf weitere Daten­felder, die auch beschreibende Texte und Er­fassungsbogen einschließen können, wird hier nicht eingegangen.

Datenfeld Datenfeld FUNKTION-FORM: ZEIT: Erläuterung:

ALFN ALZT FUNKTION ab "ältester" Zeit ALZT, d. h. Jahr der Ersterfassung, Ersterwähnung, Erbauung, Errich-tung

ZiFF ZiZT FUNKTION und FORM ab Zwischenzeit ZiZT (i = 1, ... , n), d. h. Jahr eines Funktionswandels und/oder einer Formänderung

JUFF JUZT FUNKTION und FORM ab "jüngster" Zeit JUZT, d. h. Jahr letzten Funktionswandels und/oder Formände-rung (noch vorhandene FUNKTION, FORM) oder Jahr des Verschwindens eines Punkt- oder Linien-elementes (f = 5)

JEZT Jahr letzter Erfassung, bestätigt JUFF; entfällt bei verschwundenen Punkt- und Linienelementen

Tab. 3 Beschreibung Datenfelder

Objekt ALZT ALFN Z1ZT Z1FF Z2ZT Z2FF JUZT JUFF JEZT FF1900

Fördert. ZV 1 (P) 1847 61211 1904 61211 4 1958 61211 4 1979 61211 1 1998 61211 0

Zollverein 3 (F) 1880 61212 1932 61212 1 1935 61212 5 1995 64000 0 1997 61212 0

Zollverein 12 (F) 1932 61212 1987 612121 1989 14210 6 1998 0

Zechenbahn (L) 1871 32131 1987 32131 1 1990 32131 5 32131 0

Hegemannshof (F) 1860 12231 1960 12231 4 1986 12230 6 1995 12231 0

P = Punktelement, L = Linienelement, F = Flächenelement

Hinweis: Der 6-stellige Wert für Code Funktion und Form ist zur Verdeutlichung auseinandergezogen.

12230 Wohnsiedlung 61200 Zeche

12231 Bergarbeitersiedlung 61211 Förderturm

14210 Kulturzentrum 61212 Schachtanlage

32131 Werksbahn 61213 Betriebsgebäude

64000 Gewerbe

Tab. 4 Beispiel Belegung Datenfelder

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1/1998

Auswertungen und GIS~Karten

Die dargestellte Vergehensweise würde bei einer über die Zeit "kontinuierlich" fortlaufenden Erfassung aller Kulturlandschaftsbestandteile und -bereiche Aussagen zur Kulturlandschaft zu verschiedensten Zeitschnitten oder zum Kultur­landschaftswandel über beliebige Zeitperioden ermöglichen. Spezifisch thematisch orientierte Fragestellungen w)e z. B. zur Reliktkartierung, zu persistenten oder verschwundenen Objekten könnten beantwortet werden. Im vorliegenden Kataster für das Modellgebiet ergeben sich je­doch Einschränkungen wegen der o. a. be­grenzten historischen Tiefe. Im folgenden wer­den Aussagen zur Kulturlandschaftsentwick­lung im Bereich des Grubenfeldes Zollverein anhand eines mit GIS erarbeiteten Kartenaus­schnittes zusammengefaßt (Abb. 1 und 2).

Zollverein, bei ihrer Gründung die nördlichste Zeche im Ruhrgebiet, begann 1851 mit der Koh­lenförderung auf der ersten Schachtanlage 1/2 und baute bis zum Ende des 19. Jahrhunderts drei weitere Schachtanlagen aus, darunter ab 1891 Schachtanlage 4/5. Als jüngste und größte Anlagen wurden 1932 die zentrale Schacht­anlage 12 und 1961 die Zentralkokerei in Be­trieb genommen (zur Lage vgl. Abb. 1 ). Dem Geländebedarf der Zeche und der Ansiedlung neu zuwandernder Bevölkerungsgruppen muß­ten Höfe und Kotten mit ihren Ländereien nach und nach weichen (Abb. 1). Noch vorhandene landwirtschaftliche Nutz- und auch Brach­flächen sowie Wald- und Gehölzflächen, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts keiner anderen Nut­zung unterlegenen gewesen sind, verteilen sich mehr im Randbereich des Gebietes, wo auch einzelne landwirtschaftliche Betriebe ihre Exi­stenz auf angestammten Standorten bewahren konnten. Vereinzelt sind noch andernorts ältere Hofgebäude vorhanden, meist überformt und zu Wohnzwecken genutzt. Im Kartenausschnitt (Abb. 1) liegen zwei unter Denkmalschutz ge­stellte Fachwerkbauten: mitten in heutiger städ­tischer Umgebung der ehemalige Dortmannhof von 1791 und am Kartenrand ein Wohn- und Wirtschaftsgebäude von 1813 auf einem heu­tigen Reiterhof. Der historische Bezug zum ursprünglichen Lehngut "Schulte auf der Hee­ge" wird im heutigen Stadtbild durch Namens-

ALLGEMEINES

gebung und am ehemaligen Standort durch Gestaltungsform moderner Bauten bewahrt. Der ehemalige und späterhin für Entwässerun­gen kanalisierte Kateroberger Bach ist im Be­reich des heutigen Ortsteiles Katernberg ver­schwunden, sein Verlauf kann aber noch nach­vollzogen werden: Der Entwässerungskanal wurde in jüngerer Vergangenheit verrohrt und das Gelände als Grünstreifen neu gestaltet (vgl. Abb. 1 u. 2).

Im heutigen Straßen- und Wegenetz sind zahl­reiche Trassenführungen - sieht man von nicht wesentlichen Begradigungen und vom Ausbau ab - auch bereits Mitte des 19. Jahrhunderts vorhanden gewesen (Abb. 1). Die Wegestruktur hatte auf die Ausdehnung der Zechengelände entscheidenden Einfluß: die Schachtanlagen befinden sich nahe der bei jeweiliger Zechen­gründung vorgefundenen und bis heute be­stehenden Wege oder Straßen, die an dieser Seite das Zechengelände begrenzen. Die Ze­chen haben sich infolgedessen zur anderen Seite hin ausgebreitet. Die Karte (Abb. 2) stellt den nach 1 955 erreichten maximalen Ausbau der Zechen mit den sie untereinander verbin­denden Werksbahnen mit Anschluß an Fernver­bindungen dar. Die Tagesanlagen sind dabei im Kartenbild soweit aufgegliedert, daß ihre Struk­tur und Ausdehnung erkennbar wird. Zollverein wurde Ende 1 986 stillgelegt. Die Gebäudekom­plexe der Schachtanlage 12, Repräsentant für einen Höchststand der Bergbautechnik aus der Zeit ihrer Entstehung und eine der bedeutend­sten Schöpfungen der Industriearchitektur im Ruhrgebiet, sind heute Industriedenkmal und werden zusammen mit erhaltenen Bauten der benachbarten Schachtanlage 1/2 als kultu­rell-wirtschaftlicher Kristallisationspunkt um­genutzt. Die übrigen Zechen komplexe, z. T. noch mit vorhandener Bausubstanz, werden in Teilen für Gewerbebetriebe umgenutzt und um­gestaltet oder nach Abriß neu genutzt (Wohn­siedlung auf Zollverein 6). Die Zentralkokerei wurde 1993 stillgelegt, für zukünftige Nut­zungen stehen Entscheidungen noch aus.

Für die Unterbringung von Bergarbeiterfamilien errichtete das Zechenunternehmen ab 1860 in mehreren Bauabschnitten Bergarbeitersied­lungen auf aufgekauftem Grundbesitz von Höfen und Kotten. Ab 1920 übernahmen die neu

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ALLGEMEINES

.··· /'

-landwirtsch. Nutzung 1850-1997 odetlllndw. Brache 1997

W.ld-/Geh(IIZftactoen 1850-1997

Zecte Zoll"..,..." 112 ..n 1 850

c:J Zecl'lenllamhof..n 1850

Abb. 1

Zeel'lenkomplexa, max. lll.lldelvli.I'IQ:

1:2Z2J Zeehengel4ncle

Kulturlandschaft

-...., StfliSM/Neg 1997 HCifM .....:1 Konen:

• -.ciiW....:I.n - TraueS~eg ... 1850-1997

• inBetrieb --E--- 0 llinlrischer Bezug

tr Beudenkmel

CRoi1PI6ger Semi".,-lllr i'tn;l~ co.>g,.phie, Uniwnilllt BaM Datengrund~: F~erung eiN Kommurel-n.ndN A~ ESMO 1995. weitere Quell«!: Horligm.m/Vogetwng 1803J!le.­Ur11utr.hme 11142.- Grurleotlild Zollwreio 1851.

Essen-Katernberg: Ausdehnung Zechen Zollverein, Standorte Höfe und Kotten um 1850, seit 1850 vorhandene Waldflächen, landwirtschaftliche Nutzflächen und Hauptverkehrswege

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1/1998

Siedlung, Bebauungsperioden:

111111 11;.1919

D

1920· 1945

Mit1940

Sai(unclllrbetlauung racn ZWBitam Weltl<tieg

6afgartlailllr-$illdl...g (Ausoann..ng "_,., EmtNibauungJ

StrasH, Wag 1997

Zechen komplexe, Umfang vor Stillegung:

- Tag-nlagan

c:::J Zachanbahnhof

Q Hakla

~ Hakla, bawllchsen

12221 Kokanlö

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historisch bedeutande Wag·ISinls:&IHMNt>ind1J11!1

Abb.2

Baudenkmale 1 997: A Hof•, WoMgablluda

ilii Kirt:IW

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Zoll-.in 12

Kirt:ha 1997, nicht unter Denkmalschutz

Essen-Katernberg: Siedlungsentwicklung und Zechenkomplexe

ALLGEMEINES

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I

bedeutende St<:~ndorte: ~ ahem. Konsum, venschwunclan

~ ahem. Konsum. Nachfolganutzung

~ .r.m. W~rga, WB<:hwunclltfl

0 -- -~tg·. NachfOlgenutzung

-(1- ehltm. Ziagalei

CRoltPI(jger Sem1nar 10r Historische Geographie. Uni~Uit Bonn Datangruncll•ge: Flllcl'lennuUUngskartierung de& Komm....,lveroand• RuhrgaOiet. Essen 1995. 1111aitere Ouetl<otl: Topogmphlser- Kartenwltfl<. • Verainigt• Sta~. Kartllfl!>and 1934.

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ALLGEMEINES

gegründete Treuhandstelle für Bergmanns­wohnstätten und im Laufe der Zeit auch andere Wohnstättengesellschaften die Trägerschaft für den Bergmannswohnungbau. Weitere Betrach­tungen der Siedlungsentwicklung bis in die Gegenwart führen zu einer formalen Typisierung und Einteilung in Bebauungsperioden (vgl. Abb. 2; aus drucktechnischen Gründen in nur drei Perioden unterteilt). Für die bis kurz nach der Jahrhundertwende errichteten Berg­arbeitersiedlungen ist charakteristisch, daß die Wohnhäuser in Reihen beidseitig entlang par­allel verlaufender Straßen errichtet wurden. Zu den 1- bis 11;2-geschossigen schlichten Sack­steinhäusern mit vier Wohnungen gehörten Schuppen für Kleintierhaltung und größere Gar­tenflächen, um zur Selbstversorgung der Berg­arbeiterfamilien beizutragen. Zahlreiche Berg­arbeiterhäuser dieser Bauperiode sind nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen worden, da sie nicht mehr den Wohnbedürfnissen genüg­ten. An ihrer Stelle wurden Neubauten in einer geänderten und verdichteten Siedlungsstruktur errichtet (Abb. 2: Sekundärbebauung).

Die Bergarbeitersiedlungen liegen zechennah um das lokale Ortszentrum Katernberg herum, das sich an den Achsen von Hauptstraßen, deren Trassenführungen im wesentlichen be­reits Mitte des 19. Jahrhunderts vorgegeben waren, entwickelte (vgl. Abb. 1 u. 2). Dieser Be­reich war weitgehend nicht im Zollvereinbesitz und ist geprägt von unregelmäßigen Strukturen und durch einen privaten Wohnungsbau mit mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshäu­sern in Blockrandbebauung und im Stile gründerzeitlicher Bauarchitektur. Vergleichbar vollzog sich die Entwicklung in den benach­barten Ortsteilen Schonnebeck und Stoppen­berg. Zollverein, bis 1920 im Alleinbesitz der Familie Haniel, unterstützte das sich ent­wickelnde Gemeindeleben in vielen Bereichen, ermöglichte z. B. durch Grundstücksschen­kungen und finanzielle Zuwendungen Schul­und Kirchenbauten, engagierte sich im sozialen Bereich durch Einrichtung von Konsum­anstalten und Werksfürsorgestellen (Abb. 2).

Für den zukünftigen Umgang mit der über dem Grubenfeld Zollverein historisch gewachsenen Kulturlandschaft sind Konzepte und Neuorien­tierungen gefragt, die historisch bedeutende

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Kulturlandschaft

Zechenbestandteile sowie die vorhandenen charakteristischen Kulturlandschaftselemente und Strukturen der Bergbauzeit in an­gemessener Weise berücksichtigen, d. h. unter dem Pflegeaspekt bewahren und in neue Nut­zungskonzepte integrieren können sowie auch mögliche gesetzliche Unterschutzstellungen nutzen, wie bereits für zahlreiche Baudenkmale geschehen (Abb. 2).

Literatur

Buschmann, W.: Zeche Zollverein in Essen. Rheini­sche Kunststätten Heft 319, Neuss 1987.

Denecke, Dietrich: Quellen, Methoden, Fra­gestellungen und Betrachtungsansätze der anwen­dungsorientierten geographischen Kulturland­schaftsforschung. ln: W. Schenk; K. Fehn; D. Denecke [Hrsg.]. Kulturlandschaftspflege. Beiträge der Geographie zur räumlichen Planung, Stuttgart 1997. s. 35-48.

Fehn, K.; Schenk, W.: Das historisch-geogra­phische Kulturlandschaftskataster- eine Aufgabe der geographischen Landeskunde. Ein Vorschlag insbesondere aus Sicht der Historischen Geogra­phie in Nordrhein-Westfalen. ln: Berichte zur deut­schen Landeskunde 67, 1993, S. 479-488.

Geschichtswerkstatt Zollverein [Hrsg.]: Zeche Zoll­verein. Einblicke in die Geschichte eines großen Bergwerks. Essen 1996.

Plöger, R.: Anwendungen von Geographischen ln­formationssystemen am Seminar für Historische Geographie der Universität Bann. ln: Kleefeld, K.­D.; Burggraaff, P. [Hrsg.]: Perspektiven der Histo­rischen Geographie, Bann 1997, S. 117-124.

Wehling, H.-W.: Die Siedlungsentwicklung der Stadt Essen. Essen 1987.

Wehling, H.-W.: Zollverein und Katernberg. Berg­bau und Bergbausiedlungen im Essener Nord­osten. ln: Essen im 19. und 20. Jahrhundert, hrsg. vom Vorstand der Geographischen Gesellschaft für das Ruhrgebiet in Zusammenarbeit mit dem Insti­tut für Geographie der Universität Gesamthoch­schule Essen. Essen 1990, S. 157-169.

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1/1998 TAGUNGEN/AUSSTELLUNGEN

22.-24. Tagung des "Arbeitskreises für genetische Siedlungsforschung in MiHeleuropa" 1995 bis 1997

Klaus Fehn

Die 22. Tagung fand vom 27. bis 30. September 1995 in Leeuwarden/Niederlande zum The­ma "Kulturlandschaftsmuster und Siedlungs­systeme", die 23. Tagung vom 25. bis 28. Sep­tember 1996 in Kiel zum Thema "Maritime Kulturlandschaften am Beispiel des Ostsee­raumes" und die 24. Tagung vom 24. bis 27. Sep­tember 1997 in Essen zum Thema "Bergbau- und Industrielandschaften unter besonderer Berück­sichtigung von Steinkohlenbergbau und Eisen­und Stahlindustrie" statt.

ln Leeuwarden wurde der Anwendungsbezug vor allem in den drei allgemeiner orientierten Referaten des Archäologen H. T. Waterbolk (Archäologische Kulturlandschaftsforschung und deren praktische Anwendungsmöglich­keiten), des Geographen G. Löffler (Siedlungs­systeme und Siedlungsnetze-eine Aufgabe der genetischen Siedlungsforschung) und des Historikers C.-H. Hauptmeyer (Kulturland­schaften aus regionalhistorischer Sicht) her­gestellt. Von den Spezialvorträgen ist speziell derjenige von H.-R. Egfi über Neuzeitliche Kulturlandschaftsmuster und Siedlungssysteme in der Schweiz zu nennen.

ln Kiel entzündete sich eine intensive Diskussion an der Frage, ob es "pseudomaritime Kulturland­schaften" im Sinne der Ausführungen von S. Schumacher-Gorny (Pseudomaritime Kultur­landschaften am Beispiel der Entwicklung von Travemünde) gebe. Ein intensiver Anwendungs­bezug war auch in den Referaten von H. Behm (Maritime und nichtmaritime Kulturlandschaf­ten im Küstenbereich von Mecklenburg-Vorpom­mern) und 8. Benthien (Die "Bäderlandschaft" der südlichen Ostseeküste- ein Teil der zirkum­baltischen Erholungszone) vorhanden. Schließ­lich wurde auf der Exkursion das Haithabu­Museum besichtigt, das ein hervorragendes

Beispiel für eine moderne kulturlandschafts­orientierte Museumskonzeption darstellt.

Die Essener Tagung unterschied sich von den bisherigen Tagungen des Arbeitskreises da­durch, daß hier die Veranstaltungen des Arbeits­kreises und der Arbeitsgruppe "Angewandte Historische Geographie" zu einer organisato­rischen und thematischen Einheit zusammen­gebunden wurden, ohne die Selbständigkeit der beiden Kreise zu tangieren. Seide Tagungen be­schäftigten sich mit den Bergbau- und Industrie­landschaften unter besonderer Berücksichtigung von Steinkohlenbergbau und Eisenindustrie. Auf der Tagung des Arbeitskreises stellte vor allem H.-W Wehfing eine intensive Verbindung zwischen der Vergangenheits- und der zukunfts­orientierten Betrachtungsweise her (Montan­industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet Raum­zeitliche Entwicklung im regionalen und euro­päischen Kontext). Überlegungen zur Kulturland­sc haftspflege in Bergbaulandschaften fanden sich auch bei G. Römhild (Montanindustrie an der Peripherie. Der ehemalige Schaumburgische Kohlenbergbau am Übergang von der Früh- zur Hochindustrialisierung): J. Renes (Entstehung und Entwicklung der jungen Steinkohlenberg­baulandschaft in Südlimburg) und M. Linke (Bergbau an der Peripherie. Der Braunkohlen­bergbau am Rande der großen mitteldeutschen Bergbaugebiete und seine Relikte in der Kultur­landschaft).

Abschließend ist festzuhalten, daß die Arbeits­teilung zwischen dem Arbeitskreis und der Arbeitsgruppe sehr gut funktioniert. Es sollte auch in Zukunft darauf geachtet werden, daß - wenn es sich ohne Zwang ergibt - immer einige Entwicklungslinien bis zur Gegenwart durchgezogen und gelegentlich auch Zukunfts­aufgaben angesprochen werden.

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TAGUNGEN/AUSSTELLUNGEN Kulturlandschaft

Kulturelles Erbe und Landschaft im Spannungsfeld zwischen Zerstörung und Bewahrung. Interdisziplinäre Fachtagung vom 26. bis 28. März 1998 in Rostock

Klaus Fehn

Der Wissenschaftsverbund Um-Welt der Uni­versität Rosteck (ein Zusammenschluß aller Umwelt-Wissenschaften) unter Federführung des Instituts für Landschaftsplanung und Land­schaftsökologie, das Landesamt für Boden­denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern und die Interessengruppe für angewandte Altland­schafts- und Reliktforschung hatte zu dieser Tagung eingeladen, um "in einem multi- und interdisziplinären Diskurs Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener theoretischer und praktischer Ansätze zum Kulturlandschafts­schutz aufzuzeigen und die erforderliche inter­disziplinäre Zusammenarbeit zu befördern". ln achtzehn Vorträgen wurde ein weites Feld von der allgemeinen Positionsbestimmung aus der Sicht verschiedener Fächer (H. H. Wöbse: Landespflege; K. Fehn: Angewandte Histo­rische Geographie) und der kritischen Durch­musterung wichtiger Fragestellungen und Me­thoden (H. Behm) bis zu Spezialbeiträgen von Archäologen, Agrarwissenschaftlern, Landes­pflegern, Bodenkundlern, Meteorologen und Biologen durchmessen. Die Referenten kamen aus Deutschland, Großbritannien, den Nieder­landen und Polen. Bedauerlicherweise blieb nur wenig Zeit, die zahlreichen interessanten An­satzpunkte vergleichend zu diskutieren. Wieder

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einmal wurde jedoch deutlich, daß der Kultur­landschaftsbegriff sehr unterschiedlich verwen­det wird. Dies sollte bei jeglicher fächerüber­greifenden Beschäftigung mit Problemen und Aufgaben der Kulturlandschaftspflege immer sorgfältig beachtet werden. Ein besonderes Charakteristikum der hauptsächlich von Holger Behm konzipierten Tagung war die enge Nach­barschaft zwischen Landschaftspflege und Bodendenkmalpflege. Eindrucksvolle Beispiele für die fruchtbare Zusammenarbeit führten W. Riede/ für Schleswig-Holstein (Archäo­logische Ziele und ihre Umsetzung durch die Landschaftsplanung - dargestellt am Beispiel der Geschichtslandschaft von Haithabu/ (Schleswig), J.H.F. Bioemers für das nieder­ländische Rheingebiet (Landschaftsarchäologie und Raumordnung in den Niederlanden), W. Hartmann für Westfalen (Varns und Germani­ens Landschaft - Landespflegerische Ansätze zur Dokumentation und Entwicklung des römisch-germanischen Kampfplatzes bei Osna­brück) und 0. Kürbis für Sachsen-Anhalt (Historische Aspekte einer Kulturlandschaft -erläutert am Beispiel des nördlichen Mansfelder Landes) vor. Die Vorträge sollen in einem eige­nen Tagungsband in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht werden.

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1/1998 TAGUNGEN/AUSSTELLUNGEN

"Kevelaerer Appell" zum Kulturgüterschutz in der UVP

Norbert Heinen, Norbert Kühn, Dieter Schäfer, Wolfgang Stein

Im März 1996 haben sich in Kevelaer Fachleute aus Politik, Umwelt~ und Denkmalbehörden, Planungsbüros, Hochschulen und Verbänden zu einem interdisziplinären Erfahrungsaustausch getroffen, um die Rahmenbedingungen und den Stellenwert des Kulturgüterschutzes in der UVP zu diskutieren. Auf Grundlage des Berichtes des Arbeitskreises "Kulturelles Erbe in der UVP" (1) wurden die fachlichen Voraussetzungen zu einem fundierten Kulturgüterschutz geklärt und Standards für Begriffsbestimmungen, Be­standserfassungen und Bewertungen for~

muliert. Während dieser Tagung ist deutlich ge~ worden, daß die Instrumente zur Ausfüllung der gesetzlichen Anforderungen an den Kulturgüter­schutz zwar hinreichend vorhanden sind, der ausreichende Gesetzesvollzug allerdings fehlt. Anläßlich der Publikation des Tagungsberichtes (2) richtet der Rheinische Verein für Denkmal­pflege und Landschaftsschutz (RVDL) im Namen des Arbeitskreises "Kulturelles Erbe in der UVP" und im Namen der UVP-Gesellschaft folgenden Appell an die Öffentlichkeit:

"Kevelaerer Appell"

Nach dem Gesetz über die Umweltverträglich­keitsprüfung (UVPG) sind die Träger der dort aufgeführten Projekt-Typen verpflichtet, die Auswirkungen ihres Vorhabens auf die Umwelt zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Die Genehmigungsbehörde muß die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsuntersuchung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vor~ habens berücksichtigen. Hierzu gehören auch Auswirkungen auf die Kulturgüter als Bestand­teile der historischen Kulturlandschaft. wie z. B. Bau- und Bodendenkmäler, Zeugnisse histo~

rischer Besiedlung, historische Wege, Sicht-

oder Funktionsverbindungen, historische Land­nutzungsformen wie Niederwälder und Streu­wiesen oder daraus entstandene Landschafts­elemente wie Knicks und Hohlwege. Die Kultur­güter genießen gesetzlichen Schutz.

Den gesetzlichen Verpflichtungen wird in der Praxis jedoch vielfach nur unzureichend nach­gekommen, es herrscht ein großes Infor­mations- und Vollzugsdefizit

• Eine flächendeckende Erfassung und Kartie­rung der Kulturgüter liegt noch nicht vor.

• ln den Beteiligungsverfahren zur UVP bzw. zur Eingriffsregelung nach BNatSchG sind die Belange des Kulturgüterschutzes in der Regel nicht oder nicht ausreichend Gegenstand der Erörterung.

• Daher reduziert der Projektträger häufig seine Untersuchungen zu den Kulturgütern auf einen minimalen Aufwand, der sich erfahrungsgemäß in der Aufzählung der ohnehin geschützten Kul­turdenkmäler erschöpft.

Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) appelliert daher auf Bundes-, Landes~, regionaler und kommunaler Ebene

... an Politik und Verwaltung,

• die systematische Erfassung der Kulturgüter in amtlichen Katastern voranzutreiben,

• den Wert dieser Kulturgüter durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit stärker ins Bewußtsein der Bevölkerung und der Entscheidungsträger zu rücken,

• die Belange des Kulturgüterschutzes bei allen Planungen, Genehmigungs-, Planfeststellungs-

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TAGUNGEN/AUSSTELLUNGEN

und Zulassungsverfahren einzubringen und bei allen Abwägungen den Kulturgütern ein an­gemessenes Gewicht zu geben und

• dabei die Bürger frühzeitig zu beteiligen;

... an die Heimat- und Naturschutzverbände,

• zu der Erfassung der heimatlichen Kulturgüter beizutragen,

• den Wert dieser Kulturgüter der Bevölkerung und den Entscheidungsträgern zu vermitteln und

• die Mitwirkungsmöglichk~iten bei Planver­fahren aktiv zu nutzen;

... an die Planer, die Fachbehörden und Heimat­und Naturschutzverbände,

• zu Beginn einer Umweltverträglichkeitsprü­fung, d. h. bei der Festlegung des Unter­suchungsrahmans nach § 5 UVPG, die Anforde­rungen des Kulturgüterschutzes deutlich zu machen und

• der betroffenen kulturhistorischen Substanz entsprechend angemessene Untersuchungen der Kulturgüter einzufordern;

48

Kulturlandschaft

... an alle an der UVP Beteiligten,

• dem Arbeitskreis "Kulturelles Erbe in der UVP" Anregungen zu geben und - zum Aufbau eines zentralen Archivs - Beispiele für Beiträge zum Kulturgüterschutz in Umweltverträglich­keitsstudien oder anderen Planungs- und Ent­scheidungsunterlagen zur Verfügung zu stellen.

Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) erklärt sich bereit, als Informationsdrehscheibe für alle metho­dischen und inhaltlichen Fragen zu fungieren.

Literatur:

(1) Kulturgüterschutz in der Umweltverträglichkeits­prüfung (UVP). Bericht des Arbeitskreises "Kultu­relles Erbe in der UVP". Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Land­schaftsverband Rheinland Umweltamt, Seminar für Historische Geographie der Universität Sonn (Hrsg.), Köln 1994. Zu beziehen über den RVDL, Ottoplatz 2, 50679 Köln.

(2) Kulturgüterschutz in der UVP. Beiträge zur Landesentwicklung, Heft 53. Landschaftsverband Rheinland, Umweltamt (Hrsg.). Rheinland-Verlag. Köln 1997.

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1/1998 VERÖFFENTLICHUNGEN

Neue Fachbeiträge in Zeitschriften und Sammelbänden zu Themen der Angewandten Historischen Geographie

Andreas Dix

Kurztitel: Kulturlandschaftspflege 1997:

Schenk, Winfried, Klaus Fehn u. Denecke, Diet­rich (Hgg.): Kulturlandschaftspflege. Beiträge der Geographie zur räumlichen Planung. Berlin, Stuttgart 1997

Assmann, Thorsten u. Falke, Bodo: Bedeutung von Hudelandschaften aus tierökologischer und naturschutzfachlicher Sicht. ln: Klein, Manfred u. a. (Bearbb.): Alternative Konzepte des Natur­schutzes für extensiv genutzte Kulturland­schaften. Bann, 1997, S. 129-144. (Schriften­reihe für Landschaftspflege und Naturschutz; 4)

Bauer, Joachim u. Stratmann, Ursu/a: Das Köl­ner Grün- und Freiflächensystem: Historische Entwicklung und aktuelle planarische Ansätze zu seiner Sicherung und Fortentwicklung. ln: LÖBF-Mitteilungen, 23, 1998, H. 1, S. 84-93.

Becker, Heinrich: Von kleinbäuerlichen Dörfern zu differenzierten Standorten des Wohnens und Arbeitens: Ländliche Lebensverhältnisse im Wandel 1952, 1972, 1993/95. ln: Berichte über Landwirtschaft,75, 1997,S.619-640.

Behm, Ho/ger: Kulturlandschaftspflegerische Aspekte einer Flächennutzungsplanung in länd­lichen Räumen auf kommunaler Ebene. ln: Kul­turlandschaftspflege 1997, S. 87-91.

Behm, Ho/ger: Das Sichtbare und das Verbor­gene. Historische Kulturlandschaften- Analyse, Schutz und zukunftsorientierte Entwicklung. ln: Traditio et lnnovatio. Forschungsmagazin der Universität Rostock, 2, 1997, H. 2, S. 29-34.

Bein/ich, Burkhard u. a.: Erhaltung großflächiger Kalkmagerrasen und magerer Wirtschafts­wiesen auf der Schwäbischen Alb. ln: Klein, Manfred u.a. (Bearbb.): Alternative Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kultur­landschaften. Sonn, 1997, S. 53-76. (Schriften­reihe für Landschaftspflege und Naturschutz; 4)

Benthien, Bruno: Tourismus und Kulturland­schaftspflege. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 271-275.

Berief, Klaus-Jürgen u. Koch, Wolfgang: Die Folgenutzungsplanung beginnt mit der histo- \/ rischen Recherche. ln: TerraTech, 1996, H. 1, s. 23-27.

Berkner, Andreas: Der Südraum Leipzig - Rück­blick auf Entwicklungslinien seit 1960 und Aus­blick auf den Beginn des neuen Jahrtausends. ln: Sächsische Heimatblätter, 43, 1997, 353-361.

Born, Kar/ Martin: Historische Vereine und ihre Möglichkeiten zur Erhaltung der Historischen Kulturlandschaft. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 266-270.

Bunzei-Drüke, Margret: Großherbivore und Naturlandschaft. ln: Klein, Manfred u.a. (Be­arbb.): Alternative Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 109-128. (Schriftenreihe für Land­schaftspflege und Naturschutz; 4)

Burggraaff, Peter: Verankerte Kulturland­schaftspflege im Naturschutzgebiet "Bockerter Heide". ln: . Kulturlandschaftspflege 1997, S. 175-183.

Burggraaff, Peter: Kulturlandschaftspflege in Nordrhein-Westfalen - Ein Forschungsauftrag des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft von Nordrhein-Westfalen an das Seminar für Historische Geographie der Universität Bann. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 220-231.

Burggraaff, Peter u. Kleefeld, Klaus-Dieter: Bahnhöfe als Objekte regionaler Identität. ln: Planerin. SRL-Mitteilungen für Stadt-, Regional­und Landesplanung, 1997, H. 4, S. 23-25.

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VERÖFFENTLICHUNGEN

Cede, Peter: Kulturlandschaftskartierung in Österreich. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 215-219 .•

Denecke, Dietrich: Quellen, Methoden, Fra­gestellungen und Betrachtungsansätze der an­wendungsorientierten geographischen Kultur­landschaftsforschung. ln: Kulturlandschafts­pflege 1997, S. 35-49.

Denzer, Vera u. Kleinhans, Matthias: Erhaltende Kulturlandschaftspflege - ein Beitrag zur inte­grativen Umweltbildung. ln: Kulturlandschafts­pflege 1997, S. 243-248.

Dix, Andreas: Historisch-geographische For­schungen im Ra~men des Denkmalpflegeplans. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S. 141-145.

Dix, Andreas: Auswahlbibliographie "Kultur­landschaftspflege". ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 303-307.

Egli, Hans-Rudolf: Flächennutzungsplanung: Ortsbildpflege in der Schweiz. ln: Kulturland­schaftspflege 1997, S. 91-95.

Eidloth, Volkmar: Kulturlandschaftspflege im Rahmen von Regionalplanung: Der Regional­plan der Region Stuttgart. ln: Kulturlandschafts­pflege 1997, S. 183-188.

Erdmann, Kari-Heinz: Biosphärenreservate der UNESCO: Schutz der Natur durch eine dauer­haft - umweltgerechte Entwicklung. ln: Erd­mann, Kari-Heinz u. Spandau, Lutz (Hgg.): Naturschutz in Deutschland. Strategien, Lösun­gen, Perspektiven. Stuttgart, 1997, S. 51-69.

Erdmann, Kar/-Heinz: Biosphärenreservate und Kulturlandschaftspflege. ln: Kulturlandschafts­pflege 1997, S. 194-21 0.

Fegert, Friedemann: Nationalparkplanung und Kulturlandschaftspflege im und am National­park Bayerischer Wald. ln: Kulturlandschafts­pflege 1997, S. 202-207.

Fehn, Klaus: Zur Entwicklung des Forschungs­feldes "Kulturlandschaftspflege aus geogra­phischer Sicht" mit besonderer Berücksich­tigung der Angewandten Historischen Geogra­phie. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 13-16.

Fehn, Klaus: Konversion militärischer Liegen­schaften als Aufgabenfeld der Kulturland-

50

Kulturlandschaft

schaftspflege. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 299-

Fischer-Hüftle, Peter: Juristische Aspekte alter­nativer Konzepte des Naturschutzes für exten­sive Kulturlandschaften. ln: Klein, Manfred u. a. (Bearbb.): Alternative Konzepte des Natur­schutzes für extensiv genutzte Kulturland­schaften. Bann, 1997, S. 291-299. (Schriften­reihe für Landschaftspflege und Naturschutz; 4)

Frei, Hans: Kulturlandschaftserhaltung und Heimatpflege am Beispiel des Schwäbischen Volkskundemuseums Oberschönenfeld. ln: Kul­turlandschaftspflege 1997, S. 254-259.

Graafen, Rainer: Das rechtliche Instrumentarium der Landschafts- und Kulturlandschaftspflege. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S. 67-73.

Grabski-Kieron, Ulrike: Ziele für eine um­setzungsorientierte Landschaftsplanung in der Agrarlandschaft ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 155-165.

Gunzelmann, Thomas: Der denkmalpflegerische Erhebungsbogen zur Dorferneuerung - histo­risch-geographische Ortsanalyse in der Denk­malpflege. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 96-102.

Gunzelmann, Thomas: Die Kulturlandschafts­inventarisation in der Feldflurbereinigung. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S. 112-117.

Haase, Peter: Dynamik - ein Ziel für die Ent­wicklung und Betreuung von Schutzgebieten in der Havelaue. ln: Klein, Manfred u.a. (Bearbb.): Alternative Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 217-228. (Schriftenreihe für Land­schaftspflege und Naturschutz; 4)

Handke, Klaus: Natur- oder Kulturlandschaft -ein Beitrag zur Leitbilddiskussion in der Bremer Flußmarsch aus tierökologsicher Sicht. ln: Klein, Manfred u. a. (Bearbb.): Alternative Kon­zepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 93-108. (Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz; 4)

Hauptmeyer, Gart-Hans: Landes-, Regional­und Heimatgeschichte. ln: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte, 55, 1996, S. 11-25.

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1/1998

Henkel, Gerhard: Beschreibungen von Kultur­landschaften als Orientierungsrahmen der Regional- und Kommunalplanung. ln: Kultur­landschaftspflege 1997, S. 149-155.

Hildebrandt, Helmut u. Heuser-Hildebrandt, Bir­git: Historisch-geographische Fachplanung im ländlichen Raum: Fallbeispiel zu einer dörf­lichen Gemeinde - Welschneudorf im Unter­westerwald. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 103-111.

Hildebrandt, Helmut u. Heuser-Hildebrandt, Bir­git: Historisch-geographische Fachplanung zur Forsteinrichtung auf Abteilungsebene. Reviere Winkelhof, Staatliches Forstamt Ebrach und Großbirkach-Obersteinach, Großprivatwald v. Crailsheim im westlichen Steigerwald. ln: Kul­turlandschaftspflege 1997, S. 124-128.

Hildebrandt, Helmut, Schürmann, Heinz u. Heu­ser-Hildebrandt, Birgit: Historisch-geogra­phisch bedeutsame Kulturlandschaftselemente in Rheinland-Pfalz - Regionaltypische Objekte und Ensembles. Orientierungsrahmen für raum­bezogene Planung (Erläuterung zur beilie­genden Karte im Maßstab 1 :500.000). ln: Kul­turlandschaftspflege 1997, S. 231-233.

Hönes, Ernst-Rainer: Rechtliche Vorausset­zungen für die Erhaltung historischer Parks und Gärten. ln: Historische Parks und Gärten - ein Teil unserer Umwelt, Opfer unserer Umwelt. Dokumentation der Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz anläßlich der Fachmesse "denkmal '96" am 30. Oktober 1996 in Leipzig. Hg. v. Deutschen Nationalkomi­tee für Denkmalschutz. Bann, 1997, S. 17-42. (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomi­~~~--f-ür Denkmalschutz; 55)

Hüppe, Joachim: Vegetationsdynamik in "halb­offenen Hudelandschaften" - Abhängigkeit von Nutzungsintensität und natürlichen Ausgangs­bedingungen sowie Anforderungen an künftige Naturschutzziele. ln: Klein, Manfred u. a. (Be­arbb.): Alternative Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 145-159. (Schriftenreihe für Land­schaftspflege und Naturschutz; 4)

Jeschke, Lebrecht: Pflege einer Küstenheide auf Hlddensee durch Wildschafe. ln: Klein, Manfred u. a. (Bearbb.): Alternative Konzepte

VERÖFFENTLICHUNGEN

des Naturschutzes für extensiv genutzte Kultur­landschaften. Bann, 1997, S. 177-188. (Schrif­tenreihe für Landschaftspflege und Natur­schutz; 4)

Jung, Hans-U/rich: Konsequenzen des geplan­ten Biosphärenreservates "Fiußlandschaft Eibe" für eine zukunftsorientierte kommunale Ent­wicklung im Umfeld. ln: Raumforschung und Raumordnung, 55, 1997, S. 443-449.

Karg, Detlef: Die Potsdamer Kulturlandschaft -ein Denkmal? ln: Welterbe und Stadtentwick­lung: Das Beispiel Potsdam. Hg. v.d. Deutschen UNESCO-Kommission. Bann, 1997, S. 31-39. (Architektur und Denkmalpflege; 36)

Klaffke, Kaspar: Gefährdungen historischer Parks und Gärten im Überblick. ln: Historische Parks und Gärten - ein Teil unserer Umwelt, Opfer unserer Umwelt. Dokumentation der Ta­gung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz anläßlich der Fachmesse "denkmal '96" am 30. Oktober 1996 in Leipzig. Hg. v. Deutschen Nationalkomitee für Denkmal­schutz. Bann, 1997, S. 9-12. (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmal­schutz; 55)

Kleefeld, Klaus-Dieter: Schutz von Kulturgütern in der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) -das Beispiel Oeding (Nordrhein-Westfalen}. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S. 165-175.

Klein, Manfred, Riecken, Uwe u. Schröder, Eck­hard: Künftige Bedeutung alternativer Konzepte des Naturschutzes. ln: Klein, Manfred u.a. (Be­arbb.): Alternative Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 301-310. (Schriftenreihe für Land­schaftspflege und Naturschutz; 4)

Kolbe, Benno: Dorfentwicklung und Erforder­nisse der Dorfgestaltung. ln: Mitteilungen des Landesvereins Sächsicher Heimatschutz, 1998, H.1, S. 7-14.

Konoid, Werner: Genese und Wandel der Ober­lausitzer Kulturlandschaft. ln: Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie, 27, 1997, S. 35-44.

Konoid, Werner: Wässerwiesen, Wölbäcker, Hackäcker. Geschichte und Vegetation alter Kulturlandschaftselemente. ln: Verhandlungen

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VERÖFFENTLICHUNGEN

der Gesellschaft für Ökologie, 27, 1997, S. 53-61.

Konoid, Werner: Wechselbeziehung zwischen Kulturlandschaft und landwirtschaftlichem Pro­dukt- oder: Kann der Verbraucher Mitgestalter der Kulturlandschaft sein? ln: Beiträge der Aka­demie für Natur- und Umweltschutz Baden­Württemberg, 24, 1997, S. 137-150.

Konoid, Werner u. Bäcker, R.: Flora und Vege­tation des Museumsgeländes in Wackershofen. ln: Mitteilungen des Hohenieher Freilandmuse­ums, 18, 1997, S. 6-15.

Konoid, Werner, Wattendorf, P. u. Leisner, 8.: Naturschutz auf großen Flächen. ln: Garten und Landschaft, 107, 1997, S. 10-12.

Korsmeier, Jutta: Die künstlichen Wasserfälle im Bergpark Kassei-Wilhelmshöhe. Historisches zu ihrer Konstruktion - Konsequenzen für die Denkmalpflege heute. ln: Die Denkmalpflege, 55, 1997,S. 133-149.

Krosigk, Klaus von: Inventarisation und Bewer­tungskriterien bei historischen Gärten. ln: Histo­rische Parks und Gärten- ein Teil unserer Um­welt, Opfer unserer Umwelt. Dokumentation der Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz anläßlich der Fachmesse "denkmal '96" am 30. Oktober 1996 in Leipzig. Hg. v. Deutschen Nationalkomitee für Denkmal­schutz. Bann, 1997, S. 13-16. (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmal­schutz; 55)

Küpfer, Christian: Ökonomisch tragfähige und ressourcenschonende Formen der Landbewirt­schaftung. Teil A: Planungen für die nachhaltige Entwicklung von Agrarräumen. ln: Naturschutz und Landschaftsplanung, 29, 1997, S. 146-150.

Küpfer, Christian, Müller, Elke u. Kaiser, Roland: Ökonomisch tragfähige und ressourcenscho­nende Formen der Landbewirtschaftung. Teil B: Kommentierte Liste umsetzbarer Maßnahmen. ln: Naturschutz und Landschaftsplanung, 29, 1997, s. 366-372.

Leser, Hartmut: Von der Biodiversität zur Land­schaftsdiversität. Das Ende des disziplinären Ansatzes der Diversitätsproblematik. ln: Erd­mann, Kari-Heinz (Hg.): Internationaler Natur­schutz. Berlin u.a., 1997, S. 145-175.

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Kulturlandschaft

Lütkepohl, Manfred, Melber, Albert u. Prüfer, Johannes: Konzeptionelle Grundlagen und erste Erfahrungen mit dem Einsatz von Feuer im Naturschutzgebiet "Lüneburger Heide". ln: Klein, Manfred u. a. (Bearbb.): Alternative Kon­zepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 229-238. (Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz; 4)

Luick, Rainer: Situation und Perspektiven des Extensivgrünlandes in Südwestdeutschland. ln: Klein, Manfred u.a. (Bearbb.): Alternative Kon­zepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 25-52. (Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz; 4)

Meynen, Henriette: Inventare der Bauudenkmal­pflege am Beispiel Köln er Arbeiten. ln: Kultur­landschaftspflege 1997, S. 137-141.

Müller, Bernhard: Raumordnung und Kultur­landschaftspflege in den ostdeutschen Bundes­ländern. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 73-79.

Müller-Motzfeld, Gerd: Renaturierung eines Überflutungssalzgrünlandes an der Ostsee­küste. ln: Klein, Manfred u.a. (Bearb.): Alterna­tive Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 239-263. (Schriftenreihe für Landschafts­pflege und Naturschutz; 4)

Nagel, Frank Norbert u. Goldammer, Götz: Wasserwege als Gegenstand der Kulturland­schaftspflege.ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 275-285.

Ongyerth, Gerhard: "Landschaftsmuseen" als museumsdidaktische Wege zur Kulturland­schaft. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S. 249-253.

Peters, Jürgen: Alleen und Pflasterstraßen als kulturgeschichtliche Landschaftselemente. Ent­wicklung und methodische Ansätze ihrer Siche­rung in Brandenburg. ln: Naturschutz und Land­schaftsplanung,30, 1998,H.3,S.69-75.

Quasten, Heinz: Zur konzeptionellen Entwick­lung der Kulturlandschaftspflege. ln: Kulturland­schaftspflege 1997, S. 9-12.

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Quasten, Heinz: Grundsätze und Methoden der Erfassung und Bewertung kulturhistorischer Phänomene in der Kulturlandschaft. ln: Kultur­landschaftspflege 1997, S. 19-34.

Quasten, Heinz u. Wagner, Juan Manuel: Vor­schläge zur Terminologie der Kulturlandschafts­pflege. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S. 80-84.

Rau, Stefan u. Rupp, Cari-Jan: Virtual Vancou­ver. Stadt und Region im World Wide Web. ln: Bauwelt, 89, 1998, H. 12 (StadtBauwelt; 137), S. 642-643. [Beispiel für Aufbereitung histo­rischer und historisch-geographischer Sachver­halte im WWWJ Remmel, Frank: Kulturlandschaftsgeschicht­liche Wanderführer und Lehrpfade. ln: Kultur­landschaftspflege 1997, S. 259-265.

Renes, Johannes: Landschaftsstrukturplanung: "Neue Natur" in den Niederlanden. ln: Kultur­landschaftspflege 1997, S. 189-194.

Riecken, Uwe, Klein, Manfred u. Schröder, Eck­hard: Situation und Perspektive des extensiven Grünlands in Deutschland und Überlegungen zu alternativen Konzepten des Naturschutzes am Beispiel der Etablierung "halboffener Weide­landschaften". ln: Klein, Manfred u.a. (Bearbb.): Alternative Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften . Bann, 1997, S. 7-23. (Schriftenreihe für Landschafts­pflege und Naturschutz; 4)

Röhricht, Wieland: Die Entwicklung der Grün­planung in Halle (Saale)-Neustadt bis 1989. ln: Archives of Nature Conservation and Lands­cape Research, 36, 1997, H. 1, S. 37-52.

Römhild, Georg: Die technischen Denkmale und lndustriedenkmäler, namentlich des Bergbaus. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S. 285-295.

Rönneper, Heino: Die Rheintal-Konferenz des Rheinischen Vereins. Probleme und Chancen der Kulturlandschaft RheintaL ln: Rheinische Heimatpflege, 35, 1998, H. 1, S. 1-7.

Rönneper, Heino: Das Rheintal als UNESCO-Kulturlandschaft. ln: Rheinische Heimatpflege, 35, 1998, H. 1, S. 8-15.

Schaksmeier, Ulrike: Botanische Gärten und Naturschutzverbände. ln: Reheinsiehe Heimat­pflege,35, 1998,H. 1,S.57-61.

VERÖFFENTLICHUNGEN

Schenk, Winfried: Gedankliche Grundlegung und Konzeption des Sammelbandes "Kultur­landschaftspflege". ln: Kulturlandschaftspflege 1997, s. 3-9.

Schenker, Jürg: Das schweizerische Bundes­inventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN). ln: Kulturland­schaftspflege 1997, S. 211-215.

Schlottau, Klaus: Praktizierte Umwelt­geschichte: Der Sachverständige für die "Durchführung und Beurteilung von standort­bezogenen Erhebungen (historische Recher­che)". -Ein neues Berufsfeld für Historiker. ln: Bayer!, Günter u. Weber, Wolfhard (Hgg.): Sozi­algeschichte der Technik. Ulrich Troitzsch zum 60. Geburtstag. Münster u. a. 1998, 25-34. (Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt; 7)

Schönemann, Heinz: Das Weltkulturerbe in Postdam und seine Gefährdung. ln: Welterbe und Stadtentwicklung: Das Beispiel Potsdam. Hg. v.d. Deutschen UNESCO-Kommission. Bann, 1997, S. 45-51. {Architektur und Denk­malpflege; 36)

Schröder, Eckhard, Klein, Manfred u. Riecken, Uwe: Möglichkeiten und Perspektiven für ein "Biotopmanagement durch Katastrophen". ln: Klein, Manfred u. a. (Bearbb.): Alternative Kon­zepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 189-204. (Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz; 4)

Schübe/, K. u. Konoid, Werner: Geschichte und Vegetation von ehemaligen, aufgeteilten All­mendflächen in Gutenberg, Landkreis Ess­lingen. ln: Berichte des Instituts für Land­schafts- und Pflanzenökologie der Universität Hohenheim, 6, 1997, S. 121-136.

Schürmann, Heinz: Fremdenverkehr und Orts­bildentwicklung. ln: Kulturlandschaftspflege 1997,8.129-137.

Schumacher, Wolfgang: Naturschutz in agra­risch geprägten Landschaften. ln: Erdmann, Kari-Heinz u. Spandau, Lutz (Hgg.): Naturschutz in Deutschland. Strategien, Lösungen, Perspek­tiven. Stuttgart, 1997, S. 95-122.

Siegel, Bernd: Kulturlandschaft Eibe in Sach­sen - mittelmaßstäbliches Bewertungs- und

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VERÖFFENTLICHUNGEN

Handlungskonzept Ein Beitrag zur Weiterent­wicklung der Regionalplanung. ln: Raumfor­schung und Raumordnung, 55, 1997, S. 337-349.

Spandau, Lutz u. Boretzki, Bertram: Methoden für die Ausweisung von Landschaften als Bio­sphärenreservat ln: Erdmann, Kari-Heinz u. Spandau, Lutz (Hgg.): Naturschutz in Deutsch­land. Strategien, Lösungen, Perspektiven. Stuttgart, 1997, S. 71-86.

Ssymank, Axel: Schutzgebiete für die Natur: Aufgaben, Ziele, Funktionen und Realität. ln: Erdmann, Kari-Heinz u. Spandau, Lutz (Hgg.): Naturschutz in Deutschland. Strategien, Lösun­gen, Perspektiven. Stuttgart, 1997, S. 11-38.

Stanjek, Ulrich: Kulturlandschaftspflege im Rah­men der Rebflurbereinigung in Rheinland-Pfalz. ln: Kulturlandschaftspflege 1997, S.117-124.

Succow, Michael: Zur Situation der Landnut­zung: Chancen für mehr Umweltverträglichkeit? ln: Erdmann, Kari-Heinz u. Spandau, Lutz (Hgg.): Naturschutz in Deutschland. Strategien, Lösungen, Perspektiven. Stuttgart, 1997, S. 87-94.

Thimm, Günther: Naturschutz contra Garten­denkmalpflege- dargestellt am Greizer Park. ln: Historische Parks und Gärten - ein Teil unserer Umwelt, Opfer unserer Umwelt. Dokumentation der Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz anläßlich der Fachmesse "denkmal '96" am 30. Oktober 1996 in Leipzig. Hg. v. Deutschen Nationalkomitee für Denkmal­schutz. Bann, 1997, S. 43-45. (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmal­schutz; 55)

Thomas, Joachim: Apropos "Dorferneuerung": Zur eigenständigen und nachhaltigen umwelt­gerechten Entwicklung der ländlichen Bereiche. Jn: LÖBF-Mitteilungen, 23,1998, H. 1, 8.18-24.

Tobias, Kai: Integration der Landschaftsplanung in die Raumordnung. ln: Erdmann, Kari-Heinz u. Spandau, Lutz (Hgg.): Naturschutz in Deutsch-

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Kulturlandschaft

land. Strategien, Lösungen, Perspektiven. Stuttgart, 1997, S. 123-139.

Trier, Bendix: Archäologie und historische Parks und Gärten. ln: Historische Parks und Gärten­ein Teil unserer Umwelt, Opfer unserer Umwelt. Dokumentation der Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz anläßlich der Fachmesse "denkmal '96" am 30. Oktober 1996 in Leipzig. Hg. v. Deutschen Nationalkomi­tee für Denkmalschutz. Bann, 1997, S. 54-56. (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomi­tees für Denkmalschutz; 55)

Unselt, Christian: Katastrophen als Prinzip der Biotoppflege - Beobachtungen auf Truppen­übungsplätzen. ln: Klein, Manfred u. a. (Be­arbb.): Alternative Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 205-216. (Schriftenreihe für Land­schaftspflege und Naturschutz; 4)

Vervloet, Jelier A. J.: Ansätze einer europa­weiten Kulturlandschaftspflege - ein Überblick über wichtige Institutionen. ln: Kulturland­schaftspflege 1997, S. 233-

Vö/k/, Wolfgang: Die Offenhaltung von Grünland in Mittelgebirgen - Problematik und Möglich­keiten anhand eines Beispieles aus dem Fichtel­gebirge. ln: Klein, Manfred u.a. (Bearbb.): Alter­native Konzepte des Naturschutzes für extensiv genutzte Kulturlandschaften. Bann, 1997, S. 85-91. (Schriftenreihe für Landschaftspflege . und Naturschutz; 4)

Wagner; Juan Manue/: Zur Entwicklung und An­wendung von Bewertungsverfahren im Rahmen der Kulturlandschaftspflege. ln: Kulturland­schaftspflege 1997, S. 49-59.

Wagner, Juan Manuel: Zur emotionalen Wirk­samkeit der Kulturlandschaft. ln: Kulturland­schaftspflege 1997, S. 59-66.

Wehling, Hans-Werner: lndustrielandschaften: Werks- und Genossenschaftssiedlungen im Ruhrgebiet, 1844-1939. ln: Kulturlandschafts­pflege 1997, S. 295-299.

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Bäume als Zeitzeugen - dargestellt an aus­gewählten Beispielen im Siegerland. Hg. v.d. Landesforstverwaltung NRW. Düsseldorf, 1996. 41 5., zahlr. Abb. (Schriftenreihe der Landesforstverwaltung NRW, 3)

Nach Heft 1 (Bilder aus dem Hauberg 1995, be­sprochen in Kulturlandschaft, 5, 1995, S. 112) greift die Landesforstverwaltung NRW in die­sem Heft ihrer Schriftenreihe wiederum ein historisches Thema auf. Diesmal geht es nicht um die Geschichte ganzer Waldbestände, sondern um markanter alter Einzelbäume oder Baumformationen, deren Standort und Ausprä­gung ebenfalls ein so hoher Quellenwert zu­kommt, daß eine Unterschutzstellung auch aus kulturhistorischen Gründen wichtig erscheint. So wird als Beispiel die "Dicke Buche" bei Krambach vorgestellt, ein Baum, der im Zusam­menhang mit der Heckenpflanzung einer Land­wehr entstanden ist. Andere Beispiele stehen mit der Haubergswirtschaft im Zusammenhang wie die Friedrichseiche bei Hitehenbach und die ehemalige Haubergs-Obstplantage Eisern. So versammelt dieses dünne Heft einige gut illu­strierte Beispiele für den großen historischen Wert auch einzelner Bäume, der eben nicht nur in ihrem hohen Alter oder ihrer spektakulären Größe besteht.

AD

Bünger, Lydia: Erhaltung und Wiederbegrün­dung von Streuobstbeständen in Nordrhein­Westfalen. Hg. v. der Landesanstalt für Öko­logie, Bodenordnung und Forsten, Landes­amt für Agrarordnung NRW. Recklinghausen 1996 (LÖBF-Schriftenreihe; 9) ISBN 3-89174-021-2

Streuobstbestände, definiert als "extensiv ge­nutzte Kombination von Hochstammobst­bäumen (Obernutzung) und regelmäßiger Unter­nutzung" (S. 1 O) werden in diesem Heft in ihrer historischen Entwicklung, in der aktuellen Aus­prägung dargestellt und anschließend Verfahren der Erfassung und Bewertung und schließlich Maßnahmen des Erhalts, der Förderung und des Schutzes in Nordrhein-Westfalen erörtert.

Ein ausführliches Literaturverzeichnis rundet diesen Band ab. Am Beispiel eines Bundes-

VERÖFFENTLICHUNGEN

Iandes liegt hiermit ein alle Aspekte umfassende Darstellung dieses Kulturlandschaftselementes vor.

AD

Bender, Oliver: Die Kulturlandschaft am Brot­jacklriegel (Vorderer Bayerischer Wald). Eine angewandt historisch-geographische Land­schaftsanalyse als vorbereitende Unter­suchung für die Landschaftsplanung und -pflege. Deggendorf 1994 (Deggendorfer Geschichtsblätter 15)

Die angezeigte Veröffentlichung ist aus der in Kulturlandschaft 3 (1993), Heft 2, S. 52-57 vom Verfasser angezeigten Bamberger Diplomarbeit hervorgegangen. Erfreulicherweise war es mög­lich, diese vor allem wegen der systematischen Verbindung von naturgeographisch-öko­logischen und historisch-geographischen For­schungsmethoden wichtige Arbeit in voller Länge und mit sehr vielen Abbildungen und Kar­ten zu drucken.

KF

Böhme, Christa u. Preisler-Holl, Luise u. Mit­arb. v. Annette Taubert: Historisches Grün als Aufgabe des Denkmal- und Natur­schutzes. Berlin, Deutsches Institut für Urba­nistik, 1996. (Ditu-Beiträge zur Stadtfor­schung, 18) ISBN 3-88118-183-0.

Nach einer Bibliographie zu demselben Thema legen die Autorinnen diese Studie nun als Er­gebnis eines Forschungsprojektes vor. Sie ver­folgt das Ziel, Grundlagen des Umganges mit "begrünten Freiräumen, an denen aus histo­rischen und künstlerischen Gründen ein öffent­liches Interesse besteht" (S. 7) zwischen den Belangen der Denkmalpflege und des Natur­schutzes darzustellen. ln einem ersten großen Kapitel wird der Begriff "Historisches Grün" kurz erläutert und verschiedene Typen skizziert, wobei die Darstellung hier unterschiedlich dicht und ausführlich ist. Zur Liste der Typen, deren fehlende Vollständigkeit ausdrücklich betont wird, gehören Klostergärten, Bauerngärten, herrschaftliche Gärten und Parks, Wallanlagen, Straßenalleen, Stadt- und Volksparks, Stadt­plätze, Villen- und Landhausgärten, Vorgärten,

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VERÖFFENTLICHUNGEN

Gartenhöfe, Siedlungsgrün, Kleingarten­anlagen, Friedhöfe. Die übrigen drei umfang­reichen Kapitel widmen sich den denkmal-und naturschutzrechtlichen Aspekten, sehr ausführ­lich den inhaltlich-methodischen Aspekten wie der Erfassung und Inventarisation und dem Auf­bau von Parkpflegewerken sowie einer Auf­listung relevanter Behörden, Organisationen, Verbänden usw. Eine Literaturzusammen­stellung rundet die Darstellung ab. Durch die klare Gliederung, die guten Erläuterungen und die vielfältigen Informationen bietet dieses Heft einen vorzüglichen Zugang zu Fragen des Um­gangs mit diesen wichtigen Elementen der historischen städtischen Topographie.

AD

Born, Karl Martin: Raumwirksames Handeln von . Verwaltungen, Vereinen und Land­schaftsarchitekten zur Erhaltung der Histo­rischen Kulturlandschaft und ihrer Einzelele­mente. Eine vergleichende Untersuchung in den nordöstlichen USA (New England) und der Bundesrepublik Deutschland. Diss. Göt­tingen 1996, Selbstverlag.

Wie wichtig die vergleichende Betrachtung auch über größere Räume hinweg sein kann, zeigt die Untersuchung von Born über die Bundesrepublik Deutschland und die nordöst­lichen USA. Der Verfasser analysiert von spezi­ellen Betrachtungsansätzen der Angewandten Historischen Geographie aus die Handlung, die Akteure und das Objekt der Handlung im Rah­men eines prozeßorientierten Betrachtungs­ansatzes. ln den "Berichten zur deutschen Landeskunde" ist inzwischen eine instruktive Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse erschienen (Band 71, 1997, Heft 1, S. 39-56): "Kulturlandschaftsbezogene Handlungsfor­schung.- Die Erhaltung der Historischen Kultur­landschaft durch das raumwirksame Handeln von Landschaftsarchitekten und Historischen Vereinen".

KF

Brunotte, Ernst; lmmendorf, Ralf und Schlimm, Reinhold: Die Naturlandschaft und ihre Umgestaltung durch den Menschen. Er-

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Kulturlandschaft

Iäuterungen zur Hochschulexkursionskarte Köln und Umgebung. Köln 1994 (Kölner Geo­graphische Arbeiten, Heft 63).

Die Angewandte Historische Geographie tut sich häufig nicht leicht mit der notwendigen Be­rücksichtigung der naturräumlichen Gegeben­heiten. Um so wichtiger sind zuverlässige Grundlagenwerke. Obwohl eigentlich für einen anderen Zweck erarbeitet, leistet dies die Hoch­schulexkursionskarte für Köln und Umgebung im Maßstab 1 :50 000 und die dazugehörigen umfangreichen Erläuterungen hervorragend. Unter der Leitung von Ernst Brunotte, der am Geographischen Institut der Universität Köln lehrt, wurden systematisch Daten zur Relief­und Landschaftsgeschichte der verschiedenen naturräumlichen Einheiten im Kölner Raum er­arbeitet und in einer außerordentlich detail­reichen, aber trotzdem übersichtlichen Karte dargestellt. Wichtig für die Zwecke der An­gewandten Historischen Geographie ist die konsequente Unterscheidung -zwischen natür­lichen, quasinatürlichen und anthropogen ge­prägten Reliefformen. Folgende sechs Gebiete werden behandelt: 1. Das Stadtrelief von Köln. 2. Flußlauf und Aue im Wandel- Flußgeschichte und Auenökologie an Rhein und Sieg. 3. Äoli­sche Sedimente und äolischer Formenschatz in der Kölner Bucht. 4. Historische Bodenerosion und Siefanschluchten am Bergischen Höhen­rand. 5. Der Abbau nutzbarer Lagerstätten in der Kölner Bucht und am Bergischen Höhen­rand. 6. Das anthropogene Relief im Braunkoh­lenrevier der Ville. Erweitert wird das Buch noch durch einen Kartenausschnitt aus der Auen­landschaft im Siegmündungsgebiet

KF

Dix, Andreas: Industrialisierung und Wasser­nutzung. Eine historisch-geographische Um­weltgeschichte der Tuchfabrik Ludwig Müller in Kuchenheim. Köln 1997,344 S., zahlr. Abb. (Beiträge zur Industrie- und Sozial­geschichte, 7) ISBN 3-7927-1600-3.24,-

ln der Reihe des Rheinischen Industriemuseums des Landschaftsverbands Rheinland ist die ge­kürzte Fassung der Banner Dissertation von Andreas Dix erschienen. Trotz der etwas anders

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gelagerten zentralen Fragestellung erscheint eine Anzeige an dieser Stelle doch wegen der methodischen Bedeutung für die umweltorien­tierte Grundlagenforschung der Angewandten Historischen Geographie berechtigt. Dix inter­essiert sich besonders für den Anteil der Indu­strialisierung an den kulturlandschaftliehen Wandlungsprozessen und ihrer raumzeitlichen Differenzierung. Bei der Untersuchung werden Fragestellungen verschiedener Disziplinen, die sich mit der historischen Umweltforschung be­schäftigen, verknüpft und einer zentralen histo­risch-geographischen Perspektive zugeordnet. Im Mittelpunkt steht die Wassernutzung in der Tuchindustrie im 19. Jahrhundert in einem be­stimmten Raum. Der Verfasser interessiert sich für die räumliche Darstellung, Einordnung und Bewertung von Phänomenen historischer Um­weltbeeinflussung und -belastung und stellt deshalb Fragen nach den betroffenen Kultur­landschaftselementen, den räumlichen Maß­stabsebenen und den anthropogenen Wir­kungsfaktoren. ln der Untersuchung werden auch ausführlich Aspekte einer Anwendung der Ergebnisse in der lndustriedenkmalpflege, für den Aufbau von Industriemuseen und im Natur­schutz angesprochen.

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Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland. Hg. vom Nordwestdeutschen und vom West- und Süddeutschen Verband für Altertumsforschung. Stuttgart 1983ff. Konrad Theiss Verlag

Die Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland erscheinen regelmäßig zu den Jah­restagungen der Verbände für Altertumsfor­schung, wobei jeweils der Standort der Tagung und seine nähere Umgebung bearbeitet wird. Die Bände, die seit 1983 erscheinen, enthalten normalerweise einführende Überblicksaufsätze und Objektbeschreibungen. Bedauerlicher­weise liegt das Schwergewicht eindeutig auf der Vor- und Frühgeschichte sowie Baudenkmälern aus dem Mittelalter. Sog. Landdenkmäler im Sinne von Tilmann Breuer aus der jüngeren Zeit werden nur selten berücksichtigt. Was durch

VERÖFFENTLICHUNGEN

eine stärkere Einbeziehung der Historischen Geographie möglich wäre, zeigt der Band über den Westerwald (Band 26, 1993). Hier schreibt Helmut Hildebrandt einführend über "historisch­landeskundliche Aspekte zum Westerwald". Im Teil "Objektbeschreibungen" finden sich histo­risch-geographische Beiträge über Eisenerz­bergbau, Braunkohlenbergbau, Braunkohlen­köhlerei, Landwehren, Schläge, Wüstungen, Rückenbewässerungen, Tongruben und Alt­straßen von H. Hildebrandt, B. Kauder und B. Heuser-Hildebrandt.

Auch im Band 34, 1997 über das Braun­schweiger Land äußert sich erfreulicherweise ein Historischer Geograph und zwar Wolfgang Meibeyer über "Die mittelalterlichen Dörfer und ihre Anfänge", womit er einen wichtigen Beitrag zu der in früheren Wissenschaftsphasen sicher­lich überstrapazierten, nun aber lange Zeit ver­nachlässigten Orts- und Flurformenforschung leistet. Im Band 32, 1996 über Leipzig und sein Umland wird im Bericht über die Tagebaue im Südraum Leipzig auf interdisziplinäre Unter­suchungen in wüstfallenden Dörfern hin­gewiesen, die noch bessere Ergebnisse er­bringen würden, wenn auch die historische Geographie von Anfang an eingebunden wor­den wäre. Die sächsische Landesarchäologin Judith Oexle weist in ihrem lesenswerten Vor­wort auf die speziellen Probleme der Boden­denkmalpflege in einem Gebiet hin, das sich auf dem "Weg von einer Industrie- zu einer Konver­sionslandschaft" befinde. Etwas inkonsequent wirkt das Ausklammern von Elementen und Strukturen der neueren Jahrhunderte im Führer, wenn man folgenden Satz im Vorwort ernst nimmt: "Gerade vor dem Hintergrund dieser ,ausgehöhlten' Industrielandschaft heben sich die Kulturlandschaften, die historisches und archäologisches Potential in seiner ganzen Vielschichtigkeit erhalten haben, um so ein­drucksvoller ab. Diese Spuren menschlichen Gestaltungswillens - sei es in Form eines Baudenkmals oder eines archäologischen Denkmals- gilt es, als unverzichtbares Element einer Kulturlandschaft zu akzeptieren und im Rahmen eines sustainable development in eine zukunftsorientierte Regionalplanung zu integrie­ren".

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Heinritz, Günter u. Wießner, Reinhard: Stu­dienführer Geographie. Deutschland, Öster­reich, Schweiz. Hg. im Auftrag des Ver­bandes der Geographen an Deutschen Hochschulen in der Deutschen Gesellschaft für Geographie. Braunschweig: Georg Westermann, 2. Aufl. 1997,211 S.ISBN 3-14-160334-0. 25,-Rohr, Götz H. G. von u.a.: Geographen und ihr Markt. Hg. v. Deutschen Verband für An­gewandte Geographie. Braunschweig: Georg Westermann, 1. Aufl.1996, 141 S.ISBN 3-14-160335-4. 25,-

Beide Bände, die in der Reihe "Das geogra­phische Seminar" erschienen sind, geben einen Überblick über Studienmöglichkeiten und Be­rufsfelder der Geographie in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Studienführer Geographie bietet in seinem ersten Teil einen Überblick über die Teilgebiete der Geographie mit einem lesenswerten Abschnitt über die Historische Geographie von Dietrich Denecke (S. 12-13). Den überwiegenden Raum nimmt aber die Übersicht über die einzelnen geogra­phischen Institute an den Hochschulen ein, die auf Daten zweier Umfragen 1993, 1995/1996 beruht. Neben einer Selbstdarstellung des je­weiligen Institutes sind hier alle wichtigen tech­nischen und organisatorischen Daten auf­geführt.

Das Buch "Geographen und ihr Markt" ist in zwei Teile gegliedert. Der erste informiert über den geographischen Arbeitsmarkt allgemein und speziell über drei Berufsfelder, im zweiten teil wird auf den wichtigen Komplex der Berufs­praktika eingegangen. Im Abschnitt "Ein Geo­graph - was kann der?" wird noch ein Gegen­satz zu den in den fünfziger und sechziger Jahren dominierenden "rückwärtsblickend er­klärenden {historisch-genetischen) Ansätzen" und aktuellen Trends konstatiert, andererseits in den Abschnitten über die Berufsfelder (Räum­liche Planung, Umwelt und Landschaft, Infor­mation und Dokumentation) aber nicht explizit auf neuere Themen im historisch-geogra­phischen Umfeld eingegangen. So wird leider ein heute nicht mehr bestehender Gegensatz nochmals beschworen und Themenbereiche ausgeklammert, die für die Geographie auch insgesamt wieder ein wichtiges Thema werden

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könnten. Doch deckt die Darstellung sonst die größten heute relevanten Teilbereiche ab und zeigt somit in aller Klarheit, in wieviele hoch­spezialisierte Nischen sich der geographische Arbeitsmarkt mittlerweile aufgespalten hat. Ins­gesamt sind beide Bücher im Gespann eine gute Orientierungshilfe in unüberschaubarem Terrain und implizit die Aufforderung, sich selb­ständig nach Themen und Berufsfeldern auch im historisch-geographischen Bereich umzutun.

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Historische Kulturlandschaft. Themenheft der Zeitschrift "Die Denkmalpflege". 55. Jahrgang 1997, Heft 1 (Deutscher Kunst­verlag München/Berlin)

Im Anschluß an die Kieler Jahrestagung der deutschen Landesdenkmalpfleger 1996 in Kiel widmete die führende Fachzeitschrift der Denk­malpflege dem Thema ,.Schutz der Kulturland­schaft" ein eigenes Heft. ln diesem Heft, das durch ein Vorwort der Redaktion eingeleitet wird, sind drei Beiträge enthalten. 1. Ti/mann Breuer: Landschaft, Kulturlandschaft, Denk­mallandschaft als Gegenstände der Denkmal­kunde. 2. Volkmar Eidloth: Historische Kultur­landschaft und Denkmalpflege. 3. Klaus Fehn: Aufgaben der Denkmalpflege in der Kulturland­schaftspflege. Überlegungen zur Standort­bestimmung. Beim ersten Beitrag handelt es sich um Ausführungen des anerkannten Exper­ten für diese Fragen unter den Kunsthistorikern innerhalb der Denkmalpflege; beim zweiten um die Gedanken eines Historischen Geographen, der in der Denkmalpflege tätig ist, und im dritten Beitrag sollten die Aufgaben der Denkmalpflege in der Kulturlandschaftspflege einmal von außen her bestimmt werden. Hierzu wurde der Rezen­sent ausdrücklich eingeladen, an der Kieler Denkmalpflegertagung teilzunehmen, um die verschiedenen Argumente innerhalb der Denk­malpflege kennenzulernen. Im Vorwort der Redaktion wird zwar anerkannt, daß es sich um eine wichtige Aufgabe handle, und die Aufsätze im Spezialheft fundierte Grundlagen zur Be­urteilung des Problems bieten, der Grundtenor des Vorwort-Verfassers Peter Hahn bleibt aber sehr skeptisch. Hier ist also noch manche Über­zeugungsarbeit zu leisten. Mit dem vorl~e-

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genden Heft konnte aber m. E. zumindest ein wichtiger Schritt in Richtung auf eine um­fassende Information über das Konzept einer umfassenden integrativen Kulturlandschafts­pflege bei der Angewandten Historischen Geo­graphie getan werden.

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Kaiser, Thomas: Der Landschaftswandel im Landkreis Cella. Zur Bedeutung der histo­rischen Landschaftsanalyse für Land­schaftsplanung und Naturschutz. Hannover 1994 (Beiträge zur räumlichen Planung, 38)

Thomas Kaiser geht in seiner am Institut für Landschaftspflege und Naturschutz der Univer­sität Hannover entstandenen Dissertation auf die Bedeutung der historischen Landschaftsanalyse als Instrumentarium für Landschaftsplanung und Naturschutz ein. Er kommt zu dem Ergebnis, daß die Kenntnis des räumlich-zeitlichen Wandels der lebensräumlichen Bedingungen und der bio­tischen Ausstattung unter dem Einfluß mensch­licher Nutzungen eine präzisere Entwicklung des Soll-Zustands aus dem Ist-Zustand heraus er­mögliche. So anerkennenswert dieses Ergebnis ist, es entspricht doch nicht ganz den Erwar­tungen der Angewandten Historischen Geogra­phie, die den historischen Elementen und Struk­turen in der Kulturlandschaft doch einen höheren Eigenwert zum ißt.

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Kleefeld, Klaus Dieter: Historisch-geogra­phische Bestandsaufnahme und Darstellung der Kulturlandschaftsgenese des zukünf­tigen Braunkohlenabbaugebietes Garz­weiler. Phil. Diss. Bonn 1994 Selbstverlag.

Die heftige politische Diskussion über den ge­planten Braunkohlenabbau im Garzweiler-Ge­biet veranlaßt mich, nochmals ausdrücklich auf die Dissertation von Klaus-Dieter Kleefeld hin­zuweisen. Er hat eine umfassende historisch­geographische Landesaufnahme durchgeführt. Dabei wurden für die Erfassung der Kulturland­schaftsrelikte neuentwickelte Methoden wie Ku lturlandschaftswandelkarten, Re I iktkarten und Landnutzungskarten angewendet. Zusätz­lich wurde vorhandenes archäologisches und

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kunstgeschichtliches Material systematisch ausgewertet, um einerseits die Bauten und andererseits die untertägigen Relikte ein­beziehen zu können. Gleichberechtigt neben den Landesaufnahmen stand die Erforschung der Kulturlandschaftsgeschichte vom Altneoli­thikum bis zur Gegenwart. Die Ergebnisse bei­der Untersuchungsebenen wurden zusammen­geführt, um zu einer Charakterisierung bzw. Be­wertung des Gesamtbestandes in der heutigen Kulturlandschaft auf all ihren Strukturen und Elementen zu kommen. Die Untersuchung leistet einen Beitrag zum Übergangsbereich zwischen anwendungsorientierter historisch­geographischer Kulturlandschaftsforschung und Landschaftsarchäologie.

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Kontroversen um die Konzeption und kultu­relle Aufgabe von Freilichtmuseen - Das Bei­spiel Oberpfälzer Freilandmuseum. Nahburg 1994 (Heimat Nabburg, 15)

Im Heft 1 des Jahrgangs 4 (1994) der "Kultur­landschaft" (S. 52-53) hat Dietrich Denecke ausführlich den Sammelband zum Thema: Frei­landmuseen. Kulturlandschaft - Naturschutz, am Beispiel des Oberpfälzer Freilandmuseums (Laufener Seminarbeiträge 1992) besprochen. Dieser Band ging aus einem Seminar des Jahres 1991 hervor. Nachdem er das wegweisende Konzept, das viele Wünsche der Angewandten Historischen Geographie berücksichtigt hatte, vorgestellt hat, mußte er leider mit dem betrüb­lichen Hinweis schließen, daß das Konzept in­zwischen nicht nur aufgegeben, sondern sogar teilweise zerstört sei. Inzwischen ist ein eigener Band zum Museum erschienen, der nochmals das Konzept, seine Realisierung über viele Jahre hinweg und die Chronologie der nega­tiven Maßnahmen der letzten Zeit bringt. Von grundsätzlicher Bedeutung für die Angewandte Historische Geographie sind mehrere der Bei­träge von Dietrich Denecke, z. B. über "Die historisch-siedlungsgeographische Konzeption der Museumslandschaft und die Aufgaben eines Freilandmuseums im Rahmen einer kultur­landschaftsgenetischen und siedlungshisto­rischen Forschung".

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Marten, Florian: Kaputtgeplant. Das Elend der Raum· und Stadtplanung. Campus-Ver­lag.- Frankfurt am Main 1997. ISBN 3-593-35702-X

Kapitelüberschriften wie "Kohlen & Bohlen", "Juris & Prudenz" oder "Schlieffenplan & Unter­tan" und etliche andere provokante Wortspiele könnten den Verdacht aufkommen lassen, der vorliegende Band sei das Textbuch eines Vor­stadtkabaretts, und tatsächlich ist sein Inhalt von der Realsatire vor Ort überhaupt nicht weit entfernt: Nadelspitz und messerscharf legt der Autor, freier Journalist in Harnburg und nach eigenem Bekunden auch freier Verkehrsplaner, die wertvernichtende Erbarmungslosigkeit von Planem, Planungen und Planungsfolgen offen. Auf rund 300 Textseiten zieht er unvorein­genommen und sehr persönlich eine kritische Bilanz zur weithin wahrgenommenen Perversion von Planungsinstanzen und Planungsinhalten. Unter den Leitmotiven (I) Geplante Wirklichkeit, (II) Wirkliche Planer und (111) Planung und Wirk­lichkeit analysiert er in den ersten drei Euchtei­len - so die Vorankündigung in der Einleitung -Taten, Tater und Tatwaffen, während Teil IV die berechtigte Frage stellt, welche Zukunft Pla­nung haben kann oder darf.

Man mag dem Autor in seinen bissig bis sar­kastisch kommentierten Diagnosen nicht in jedem Fall folgen, da sie viele Abläufe oder Zu­sammenhänge durch perspektivische Verkür­zung so darstellen, daß sie nicht wiedererkenn­bar sind. Auf der anderen Seite zeigt er an zahl­reichen Beispielen vor allem aus seinem Erfahrungsterrain Harnburg oder an Fallstudien aus den neuen Ländern manch widersinnige Planungsinhalte oder eine bürokratische Sach­waltung auf, die man nicht einfach nur kopf­schüttelnd hinnehmen kann.

Naturzerstörung und ökologische Nivellierung, die planerische Verwässerung von Naturschutz­ansprüchen und -vorhaben oder der flächen­weite Primat von Verkehrsentwicklungsvor­haben sind Themen, die sich axial durch die Darstellung verfolgen lassen. "Kaputtgeplant" ist sicherlich keine seriöse, sachlich distanzierte Dokumentation von Fehlentwicklungen oder Mißständen, aber läßt in jeder Zeile erkennen, daß sich hier jemand mit themenreichen Insider-

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wissen und kritischem Blick für offenkundige Fehlentwicklungen die jahrelang angestaute Wut von der Seele geschrieben hat. Gerade deswegen und auch angesichts der äußerst er­frischenden Boshaftigkeit seiner Diktion ist das Buch dennoch unbedingt lesenswert.

Bruno P. Kremer

75 Jahre "Natur und Landschaft: Rückblick­Einblick-Ausblick". Natur und Landschaft. Zeitschrift für Naturschutz, Landschafts· pflege und Umweltschutz 70 (1995), Heft 8.

ln dem vorliegenden Heft sind aussagefähige Ausschnitte aus früheren Heften der Zeitschrift zusammengestellt, ergänzt durch kurze Kom­mentar. Dabei finden sich bemerkenswerte Selbsteinschätzungen des Naturschutzes. Be­klagt wird sowohl die Fragmentierung, Verinse­lung, Isolierung und Zerfaserung des Natur­schutzes, als auch die Verwendung neuer Be­griffe. So heißt es z. B. auf S. 345: "Mit jeder neuen Begriffsbildung erfüllt sich ein neues (magisches?) ,Nomen est omen', kommt es für jeden Begriff zu einer Eigenentwicklung, einem Eigenleben (wie beim ,Biotopverbund' statt Hecken, ,Rote-Liste-Art' statt gefährdeter Art, ,Kulturlandschaft' statt Landschaft)". ln dem ab­schließenden Kommentar mit dem Titel "Zum letzten Vierteljahrhundert 1970-1995" wird diese Kritik noch verschärft: "Als neue, modi­sche Ganzheit, als idealistischer wie prag­matischer Überbau wird derzeit die historische, harmonische, bäuerlich geprägte Kulturland­schaft angeboten. Ist das noch Naturschutz? Sollte man das Teilthema ,Natur' aus dem Titel der Zeitschrift streichen (und vielleicht durch ,Kultur' ersetzen?"

Diese Betrachtungen sollten von den Vertretern der Angewandten Historischen Geographie gewissenhaft zur Kenntnis genommen werden. Hier zeigt sich nämlich m. E. sehr deutlich, wie wichtig die stärkere Verbreitung eines inte­grierten interdisziplinären Kulturlandschafts­pflegekonzepts mit umfassender Einbeziehung des Naturschutzes wäre.

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Pilotbuch Industriekultur Saar: Industrietou­ristischer Leitfaden durch das Saarland. Texte u. Fotos: Thomas Schäfer. Hg. v.d. Stif­tung lndustriekultur. Völklingen 1997.25,-

Bezugsadresse: Stiftung lndustriekultur. Tor­haus 1 I Im Hochofenbüro. 66333 Völklingen. Tel. 0 68 98-2 77 31, Fax: 0 68 98-2 77 45

Im Saarland wird seit geraumer Zeit konsequent das industrielle Erbe mit in die Tourismuskon­zeption dieses Bundeslandes und seiner Wer­bung einbezogen. Durch die Eintragung der Völklinger Hütte in die Liste des Unesco-Welt­kulturerbes hat das Saarland ein Reiseziel mit überregionaler bekommen, in dessen Gefolge auch andere Stätten des Industriezeitalters mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. ln diesem Pilotbuch sind 59 solcher Ziele in der Weise beschreiben, daß man es als industrietou­ristischen Reiseplaner nutzen kann. So findet sich zu jedem Punkt eine kurze historische Be­schreibung, eine Übersichtskarte, Hinweise zu Sehenswürdigkeiten und Industriedenkmalen im Umfeld, Hotels und Restaurants in der Nähe. Alle Ziele sind auf einer Übersichtskarte am Ende des Buches nochmals abgebildet. Der thematische Schwerpunkt der Ziele liegt natur­gemäß im Montanbereich, umfaßt aber auch Relikte des Verkehrs und Arbeitersiedlungen, wie die für das Saarland typischen Prämienhäu­ser. Dieses Pilotbuch ist als Planungshilfe für industriegeschichtliche Ausflüge und Exkur­sionen in das Saarland gut geeignet.

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Saving America's Countryside - A guide to rural conservation. Samuel N. Stokes, A. Elizabeth Watson, Shelley S. Mastran for the National Trust For Historie Preservation, The Johns Hopkins University Press, Baiti­more and london, 2. Aufl. 1997. ISBN 0-8018-5548-9.70,20 DM.

Dieses sehr erfolgreiche und bereits in zweiter Auf:age erschienene Werk (Erstauflage 1989) kann als eine Art Handbuch für den Schutz länd­licher Regionen in den USA angesehen wer­den - viele seiner Aussagen lassen sich jedoch auf andere Gebiete der Welt übertragen.

Nach einer Beschreibung der Charakteristika ländlicher Gegenden, inklusive biotischer und

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abiotischer Faktoren und der sich ergebenden Probleme, wird beschrieben, wie ein Programm zum Schutz ländlicher Gegenden organisiert werden muß. Anhand zahlreicher Fallbeispiele wird erläutert, wie eine Identifikation der Men­schen mit ihrer Region erreicht werden kann, wie Personen zum Schutz ihrer Heimat/Umge­bung motiviert werden können und nicht zuletzt, was eine ländliche Gemeinschaft überhaupt ausmacht.

Anschließend werden verschiedene Strategien und organisatorische Möglichkeiten für Schutz­vorhaben dargestellt: ländlicher Schutz durch die örtlichen Behörden, ehrenamtliche Auf­gabentelder für den Schutz von Land und Eigentum, wirtschaftliche Entwicklung und ländlicher Schutz sind nur einige der angespro­chenen Themenbereiche. Außerdem wird der Frage nachgegangen, wie man Hilfe bzw. Unter­stützung von Außen - sprich von wissenschaft­licher und politischer Seite- erhalten kann. Zum Schluß werden einige Schutzprogramme und Quellen für organisatorische Unterstützung an­gegeben. Die meisten Kapitel enden mit einer Problemanalyse.

Dieses sicherlich einzigartige Werk stellt nicht nur eine sehr umfangreiche Sammlung von Fall­beispielen dar. Es enthält viele Tips gerade auch für privat oder ehrenamtlich engagierte Per­sonen bzw. Vereinigungen und stellt fast eine Art "Knigge" für deren Umgang mit der The­matik und vor allem auch mit offiziellen Dienst­stellen, Wissenschaftlern, Politikern dar.

Alexandra Schmidt

Schmidt, loki: Die Botanischen Gärten in Deutschland. Berlin, Hoffmann und Campe, 1997, 320 S., zahlr. Farbabb., ISBN 3-455-11120-3. 68,-

Botanische Gärten sind in vielen Städten wich­tige Elemente der historischen Topographie und als Grünanlagen ebenso bedeutend wie Parks oder Friedhöfe. Bei ihrer großen Zahl erstaunt es, daß erst jetzt ein Überblick in Form eines be­schreibenden Kataloges vorliegt. Für insgesamt 61 Städte und 70 Einzelanlagen hat die Autorin ihre Geschichte, botanische Besonderheiten, sowie jeweils einen Informationsabschnitt mit den wichtigsten Daten (Adresse, Träger, Öff-

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nungszeiten, Fläche, Artenzahl usw.) und - be­sonders erwähnenswert - einen farbigen Grund­riß in einheitlicher Gestaltung mit Maßstab zu­sammengestellt. So bekommt man einen sehr guten kulturgeschichtlichen Überblick über die Entwicklung der Botanischen Gärten in Deutsch­land, während der Schwerpunkt in der neueren Zeit auf der Darstellung besonderer Samm­lungen und seltener Pflanzenarten liegt, die man in den jeweiligen Gärten finden kann. Wenn man über die Erhaltung und Darstellung historischer Kulturlandschaftsrelikte und historischer Anbau­formen in Freilichtmuseen diskutiert, wie dies die Arbeitsgruppe 1996 in Plauen getan hat, liegt der Gedanke nahe, einmal nachzuprüfen, inwieweit sich denn die Botanischen Gärten dieser Auf­gabe angenommen haben. Auch wenn hier noch keine abschließende Analyse erfolgen kann, so überrascht doch, in wie vielfältiger Weise die Botanischen Gärten Informationen zur Kultur­landschaftsgeschichte bereithalten. Es fängt mit den in vielen Gärten vorhandenen Beständen an Nutzpflanzen an, geht über die vegetations­geschichtlichen Abteilungen (z. B. Neuer Bota­nischer Garten der Universität Hohenheim). die die Entwicklung der Flora seit dem Ende der Eiszeit darstellen, bis hin zu Spezialsammlungen wie die des Botanischen Gartens in Konstanz, die sich mit der Unkraut- und Ackerbegleitflora beschäftigt. Auch ist es vielerorts möglich, ver­schiedene Biotoptypen auf engem Raum ver­gleichend zu betrachten. Es gäbe hier viele sol­cher Spezialbestände und Abteilungen in den Gärten zu erwähnen. Besonders interessant ver­spricht der seit 1989 im Aufbau befindliche Bota­nische Garten in Chemnitz zu werden, der sich zur Aufgabe gestellt hat, Pflanzengesellschaften einzelner auch historischer Kulturlandschafts­typen gärtnerisch darzustellen. Ähnliches unter­nimmt der Neue Botanische Garten der Univer­sität Göttingen, in dem die historische Form der Dreifelderwirtschaft gezeigt wird. Die Verbindung zu den Freilichtmuseen ist hier nicht mehr weit und ein Vergleich der bisherigen Aktivitäten ein­mal sehr reizvoll. Im übrigen ist dieses sorgfältig erarbeitete und mit Farbbildern reich aus­gestattete Buch geradezu eine Einladung Bota­nische Gärten· etwas häufiger zu besuchen und sie stärker zu beachten.

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Kulturlandschaft

Die Weichbildsteine von Dresden. Hg. v. Denkmalschutzamt Dresden. Dresden, 1994. (Denkmalschutz für Dresden 1-94).

Bezugsadresse: Landeshauptstadt Dresden, Postfach 120020, 01 001 Dresden

Herzberg, Helmut: Dokumentation Histo­rische Grenzsteine. Gemeinden Frankfurt -Bonames, -Kalbach, - Heddernheim, -Nie­derursel, -Harheim. Hg. v. Hassischen Mini­sterium für Wirtschaft, Verkehr und landent­wicklung. Referatsgruppe Vermessung, Flur­neuordnung und dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Wiesbaden, 1997.

Bezugsadresse: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landentwicklung, Post­fach 3129, 65021 Wiesbaden

Grenzsteine sind häufig noch die einzigen histo­rischen Dokumente, die vor Ort historische Ter­ritorial- und Grenzverhältnisse dokumentieren. Zwar überrascht ihre zahlreiche Überlieferung, wie Helmut Herzberg im Vorwort seines Heftes anmerkt, trotzdem ist ihr Bestand vielfach durch Vernachlässigung, Raub und Vandalismus er­nsthaft gefährdet.

Seide Publikationen sollen hier als Beispiel für eine Inventarisation, Darstellung und Be­schreibung von Schutzmöglichkeiten histo­rischer Grenzsteine vorgestellt werden. Das Dresdener Heft stellt zunächst in einer Ein­leitung den historischen Hintergrund vor. An­schließend folgt ein listenmäßiges Inventar der Steine und eine Karte mit dem historischen Ver­lauf der Stadtgrenze, wie er erstmals 1651 kar­tographisch exakt dargestellt wurde. Am Ende werden in einem Bildteil einige der Steine exem­plarisch in vorzüglichen farbigen Bildern ab­gebildet. Das hessische Beispiel, die For­schungsergebnisse eines einzelnen Forschers, ist in seiner Aufmachung als kopiertes Heft schlichter gehalten. Es ist im wesentlichen ein Inventar mit genauen Angaben zu Standorten, Gestaltung, Erhaltungsgrad und Gefährdung. Teilweise sind ihm stark gerasterte Schwarz­weiß-Fotos beigegeben. Seide Publikationen verdeutlichen den relativ großen Aufwand bei der Inventarisation dieser zunächst so un­scheinbaren Denkmale. Sie zeigen auch, daß sich der besondere Quellenwert aller Steine aus dem historisch-geographischen Zusammen-

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hang an ihren Originalstandorten ergibt. Von daher ist der Erhalt vor Ort, wie er in Dresden angestrebt wird, allen anderen Maßnahmen vor­zuziehen. Ob aber andererseits eine Erhaltung am Originalstandort immer die beste Lösung für eine sichere Überlieferung ist, erscheint fraglich und muß im Einzelfall entschieden werden.

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Wiegand, Christian: Landschaft erzählt Ge­schichte. Auf Spurensuche in Hagen am Teutoburger Wald.- Hagen a.T.W. 1998, 46 S.

Herausgeber und Bezug: Gemeinde Hagen am Teutoburger Wald, Postfach 1209, 49165 Hagen a.T.W.

Die im Format für die Jackentasche praktische Broschüre stellt in gestalterisch ansprechender

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Form historische Kulturlandschaftselemente um Hagenffeutoburger Wald vor. Gegliedert in sechs Kapitel: Landwirtschaft, Waldwirtschaft, Siedlungs- und Bauwesen, Rohstoffabbau, Gewässerbau und Verkehrswesen wird all­gemeinverständlich und aussagefähig bebildert die lokale Landnutzung anhand der vorzufin­denden Relikte beschrieben. Neben der kultur­landschaftlichen Information zur Region ist die didaktische Aufmachung wichtig für die Her­beiführung der Akzeptanz der Belange einer Kulturlandschaftspflege als öffentlicher Auf­gabe. Letztlich geht es in der Anwendung nicht um Spezialisten, sondern um Bewohner und Besucher einer Region, deren Landschafts­geschichte durch Erläuterungen zu den histo­rischen Spuren vermittelt werden muß. Die Bro­schüre setzt diesen Anspruch gelungen um.

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Autorinnen und Autoren

Dr. Norbert Heinen (Vorsitzender), Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Dr. Norbert Kühn (Geschäftsführer) Ottoplatz 2, 50679 Köln, Tel. 02 21-8 09 28 04/28 05,

Fax0221-8092141

Dr. Bruno P. Kremer

Birgit S. Neuer

Dipi.-Phys. Ralf Plöger

Dr. Erik Roth

Dipl.-lng. Dieter Schäfer, Dipi.-lng. Wolfgang Stein

Dipl.-lng. agr. Alexandra Schmidt

HD Dr. Heinz Schürmann, Cand.phil. Cristian Heinz

Dipl.-lng. Ulrich Stanjek

Impressum

Herausgeber

Redaktion

Geschäftsführung

Satz und Druck

Johann-Henk-Str. 35a, 53343 Wachtberg

Universität Freiburg, Institut für Kulturgeographie, Werderring 4, 79085 Freiburg/Br., Tel. 0761-203-3572, Fax: 0761-203-3575, E-Mail: [email protected]

Werner-Egk-Straße 12 D, 53340 Meckenheim, Tel. 0 22 25-94 55 20, Fax: 0 22 25-94 55 21

Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Außenstelle Freiburg/Br., Sternwaldstraße 14, 79102 Freiburg/Br., Tel. 07 61-7 03 68-31

Landschaftsverband Rheinland, Umweltamt, 50663 Köln, Tel. 02 21-8 09 32 88

Iltisstraße 32, 24143 Kiel, Tel. 04 31-73 22 29

Universität Mainz, Geographisches Institut, 55099 Mainz, Tel. 06131-394495 o. 393446, Fax 06131-394736

Tucholskystraße 2, 67574 Osthafen

Arbeitsgruppe "Angewandte Historische Geographie" im "Arbeitskreis für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa". Vorsitzender: Dr. Klaus-Dieter Kleefeld, Büro für historische Stadt­und Landschaftsforschung, Kaufmannstraße 81, 53115 Bann, Tel. u. Fax: 02 28- 69 63 82, priv. Rathausstraße 13, 51143 Köln, Tel. u. Fax: 0 22 03- 5 15 35.

Drs. Peter Burggraaff (PB), Dr. Andreas Dix (AD), Prof. Dr. Klaus Fehn (KF), Prof. Dr. Rainer Graafen (RG), Dr. Klaus-Dieter Kleefeld (KDK)

Dr. Andreas Dix, Seminar für Historische Geographie der Universität Bonn, Konviktstraße 11, 53113 Bann, Tel.: 02 28- 73 58 71, Fax: 02 28-73 76 50, priv. Londoner Straße 28, 53117 Sonn, Tel.: 02 28-67 24 52.

Fa. Hartmann, Satz und Druck, Bonn

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Alle weiteren Hinweise zu Bezugsbedingungen u. ä. sind den Vorbemerkungen zu entnehmen.

Bann 1998

ISSN 0940-0435