Artikulation und Aggregation von Interessen 3: Verbände · nach Mancur Olson besonders...

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Grundkurs I Einführung in die Politikwissenschaft 8. Vorlesung – 01. Dezember 2009 Artikulation und Aggregation von Interessen 3: Verbände 1

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Grundkurs I Einführung in die Politikwissenschaft

8. Vorlesung – 01. Dezember 2009

Artikulation und Aggregationvon Interessen 3:

Verbände

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Parteienstaatstheorienach Gerhard Leibholz

Parteien als die eigentlichen „politischen Handlungseinheiten“

der moderne Parteienstaat als eine „rationalisierte Entscheidungsform der

plebiszitären Demokratie“

Imperatives Mandat 3

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ZDF-Verwaltungsrat

Aufsichts- und Kontrollfunktion

Neben dem Fernsehrat und dem Intendanten bildet der Verwaltungsrat die dritte Säule, die

das ZDF kontrolliert. Der Verwaltungsrat überwacht die Tätigkeit des Intendanten vor

allem in Haushaltsfragen

Der Verwaltungsrat setzt sich aus 14 Mitgliedern zusammen. Ihm gehören fünf Vertreter der Ländern und ein Vertreter des Bundes an. 4

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8. Vorlesung – 01. Dezember 2009Fernsehrat

Kontrolle durch gesellschaftliche Kräfte

Der Fernsehrat ist ein Kontrollorgan des ZDF. Er überwacht das Programm, genehmigt den vom Verwaltungsrat beschlossenen Haushalt und

wählt den Intendanten. Er nimmt diese Aufgaben stellvertretend für die Gesellschaft

wahr. Deswegen setzt sich das Gremium auch aus Vertreterinnen und Vertretern der

unterschiedlichen gesellschaftlich relevanten Gruppen zusammen. 5

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Was sind Interessen?

„ (…) subjektiv empfundene und verhaltensorientierende Ziele und

Bedürfnisse in einem sozialen Umfeld“

Rudzio, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. 5. Auflage Opladen 2000, S. 67

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Interesse

3 Dimensionen des Interesse-Begriffes:

Individuelle Dimension

Materielle Dimension

Ideelle Dimension7

Interessengruppen

„Interessengruppen sind Organisationen, die im Kontext der fortschreitenden Industrialisierung der

modernen Gesellschaft entstanden, zum einen Interessen gegenüber anderen Gruppen mit

abweichenden oder entgegengesetzten Interessen […] wahrnehmen, zum anderen die

Interessen ihrer Mitglieder durch Mitwirkung und/oder Einwirkung auf Regierung und

Ministerialbürokratie, Parlament, Parteien und Öffentlichkeit im politischen Willensbildungs- und

Entscheidungsprozeß zur Geltung bringen wollen“

Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik. München 2001, S. 210 8

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Verband/Verbände

Allg.: Verband bezeichnet den Zusammenschluss von Personen mit

gemeinsamen Interessen zur Verfolgung gemeinsamer Ziele

Pol.: Verbände sind Vereinigungen, deren Aufgabe es ist, den besonderen Interessen

ihrer Mitglieder in den politischen Entscheidungsprozess einfließen zu

lassen (Lobbyisten)Schubert, Klaus/Klein, Martina: Das Politiklexikon. Zweite,

aktualisierte Auflage Bonn 2001, S. 297

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Lobby

⇒Interessengruppe, Verbandsmitglieder, die Parlamentarier oder Regierungs- und Behördenvertreter in ihrem Sinne zu

beeinflussen suchen

⇒urspr. Bedeutung: Vorhalle des engl. Parlaments, in der die sog. Lobbyisten

Einfluss auf die Abgeordneten zu nehmen versuchten 10

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LobbyismusForm der Interessenvertretung in der Politik, in der

Interessengruppen, die Lobbys, die Exekutive und Legislative durch persönliche Kontakte

beeinflussen oder die öffentliche Meinung über die Medien

⇒Public Affairs/Politische Kommunikation/Politikberatung usw.

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Rechtliche GrundlageArt. 9 GG

[Vereinigungs-, Koalitionsfreiheit]

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden

(3) Das Recht zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen

Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufsgruppen gewährleistet

(...)12

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Die Bildung eines Interessenverbandes istnach Mancur Olson besonders unwahrschein-lich, wenn

1. die Gruppe groß ist,2. der Nutzen bei der Durchsetzung von Verbandsinteressen für das Individuum gering ist,3. die Kosten für die Verbandsgründung bzw. die Erreichung des Verbandszieles hoch sind,4. große soziale Heterogenität der Gruppe besteht, da soziale Heterogenität die Nutzung sozialer selektiver Anreize und eine Festlegung der Verbandsziele erschwert

Olson, Mancur: Die Logik kollektiven Handelns. Tübingen 1968. 15

Organisationsfähigkeit

Organisationsfähig sind gesellschaftliche Bedürfnisse und Interessen dann, wenn sie

in ausreichendem Umfang diejenigen motivitionalen und materiellen Ressourcen mobilisieren können, die zur Etablierung eines Verbandes oder eines ähnlichen Instruments der Interessenvertretung

erforderlich sind

Offe, Claus: Politische Herrschaft und Klassenstrukturen, in: Kress/Senghaas (Hrsg.): Politikwissenschaft. Frankfurt a.M.

1969, S. 155-18916

Konfliktfähigkeit

Konfliktfähigkeit beruht auf der Fähigkeit einer Organisation bzw. der ihr

entsprechenden Funktionsgruppe, kollektiv die Leistung zu verweigern bzw. eine

systemrelevante Leistungsverweigerung glaubhaft anzudrohen

Offe, Claus: Politische Herrschaft und Klassenstrukturen, in: Kress/Senghaas (Hrsg.): Politikwissenschaft. Frankfurt a.M.

1969, S. 155-18917

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Pluralismus

Das Nebeneinanderbestehen sozialer und weltanschaulicher Gruppen in einem Staat, die mit friedlichen Mitteln um einen Anteil an der

staatlichen Willensbildung ringen

⇒ Annahme, dass alle Interessengruppen in ein„Kräfteparallelogramm“ eingespannt sind;

im Ergebnis sollten sich die widerstreitenden Interessen die Waage halten

Vgl. Fraenkl, Ernst: Reformismus und Pluralismus. Hamburg 1973 18

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8. Vorlesung – 01. Dezember 2009Gemeinwohl

Gemeinwohl (lat. bonum commune) meint allgemein das Wohl(ergehen) aller Mitglieder

einer Gemeinschaft, auch öffentliches Interesse, im Gegensatz zu Privatwohl und

Partikularinteresse; es kann auch definiert werden als der allgemeine Zweck bzw. die gemeinsamen Ziele und Werte, zu deren Verwirklichung sich Menschen in einer

Gemeinschaft zusammenschließen

Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik. München 2001, S. 157 19

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Kritik an den Interessenverbänden

Mangelnde/Fehlende Gemeinwohlorientierung

Gesellschaftliche Interessen werden keineswegs gleichgewichtig vertreten

Wichtige Reformen werden erschwert, verzögert oder blockiert

⇒ Die Vielfalt der bestehenden Verbände dient also keineswegs (immer) dem Ausgleich konkurrierender Interessen im Sinne des

Gemeinwohls 20

Kritik an den Interessenverbänden

Legitimitätsdefizit⇒ Der Einfluss der Verbände entzieht sich der

öffentlichen Kontrolle

Gefahr, dass sich die Einflussmöglichkeiten der Parlamente verringern, wenn durch die Regierung

selbst Gremien und Ausschüsse eingesetzt werden, um gegensätzliche Verbandsinteressen miteinander

abzustimmen

Mögliche Konflikte von Abgeordneten zwischen ihrem Verbandsauftrag und ihrer Aufgabe als Repräsentant des Wählerwillens bleiben der Öffentlichkeit oftmals

verborgen 21

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Kritik an den Interessenverbänden

Legitimitätsdefizit

Verbände steuern über ihr Wirken zunehmend öffentliche Aufgaben oder übernehmen diese

sogar, ohne dass ihre Handlungen demokratisch legitimiert sind

Dies gilt um so mehr, als keine Verpflichtung zur innerverbandlichen Demokratie besteht

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KorporatismusBeteiligung von Interessengruppen an der

Formulierung und Implementation von politischen Programmen und zwar auf der Basis

von Interorganisationsnetzwerken zwischen Regierung und politischer Verwaltung einerseits und starken, zentralisierten gesellschaftlichen

Verbänden andererseits

Czada, Roland: Dimensionen der Verhandlungsdemokratie.Konkordanz, Korporatismus, Politikverflechtung, polis Nr. 46/2000,

Hagen 2000, S.9 24

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8. Vorlesung – 01. Dezember 2009Korporatismus

⇒ Form der polit. Willensbildung, die auf der Zusammenarbeit von Staat und

Interessenverbänden basiert

⇒ Widerspruch zu wichtigen Grundsätzen der Wettbewerbsdemokratie, weil das Politikergebnis nicht eine Folge von

Mehrheitsentscheidungen ist, sondern von miteiander abgestimmten, organisierten

Sozialinteressen 25

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Die Folien zu dieser Veranstaltung

finden Sie im Internetunter:

http://egora.uni-muenster.de/pol/gki.shtml

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